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Thomas West

Der Gangster-Clan

Kriminalroman





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Der Gangster-Clan

Krimi von Thomas West

 

Der Umfang dieses Buchs entspricht 113 Taschenbuchseiten.

 

Das FBI ist Bronco Belucci in die Quere gekommen, einer seiner Söhne ist tot. Das schreit nach Rache, ganz in der Tradition der sizilianischen Blutrache: Trevellian und Tucker müssen sterben! Gleichzeitig aber ist der Gangster daran interessiert, seine Geschäfte in Las Vegas zu festigen und bis nach New York auszuweiten. Eine harte Nuss für die Agenten des FBI, die sich einer gerissenen Verbrecherfamilie gegenüber sehen.

 

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker.

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© dieser Ausgabe 2017 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

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1

McLynn wachte auf, weil irgend jemand die Jalousie hochzog. Das Licht der Morgensonne prallte ins Zimmer.

Das gefiel McLynn nicht. Er schlief erst seit anderthalb Stunden; und davor hatte er sich eine Nacht lang mit übermüdeten Ärzten, zickigen Krankenschwestern und schwerverletzten Unfallopfern herum geschlagen.

Noch weniger gefiel ihm allerdings, dass überhaupt jemand die Jalousie hochzog. Er hatte keinen Schluck getrunken, seit Jahren kein Dope mehr eingeworfen – die ganze Nacht gearbeitet, wie gesagt. Mit anderen Worten: McLynn war sich ziemlich sicher, allein in sein Apartment gekommen zu sein.

Er stemmte sich auf beide Arme und blinzelte zum Fenster. Dort zog sich ein Mann einen Küchenstuhl an die Wand, schob das Fenster hoch und setzte sich auf den Stuhl. „Wer zum Teufel bist du, und was hast du in meinem Apartment verloren?!“

Der Mann sah ihn nicht einmal an. Er legte einen flachen Koffer auf seine Schenkel, öffnete ihn und nahm ein paar Metallteile heraus, die McLynn nicht auf den ersten Blick identifizieren konnte. Erst als der Mann sie zusammensteckte, sah McLynn ein Gewehr in den Händen des Fremden entstehen. Ja, ein Gewehr.

„Hast du sie noch alle!?“, brüllte McLynn.

Nicht nur, weil er wütend war, brüllte er. Er brüllte auch, weil er Angst hatte. Mach so viel Krach wie möglich, wenn du Angst hast – das war eben seine Erfahrung, und natürlich auch sein Temperament. Nur: Den Fremden beeindruckte das überhaupt nicht. Seelenruhig steckte er ein Zielfernrohr auf sein Gewehr.

Etwas in McLynn sagte: Steh auf, mach ihn fertig. Es fiel ihm aber sehr leicht, diesem Impuls zu widerstehen. Nicht nur wegen des Gewehres – der Mann war größer als er selbst und kräftig gebaut. McLynn dagegen war, nun ja, ein schmales Hemd, wie man so sagt. Also drehte er den Kopf auf die andere Seite seine Bettes. Dort, auf einem Nachttisch, stand ein altes Telefon …


2

Es war einer der ersten milden Tage im Jahr; Mitte März, wenn ich mich recht entsinne. Es roch nach Frühling, ein Hauch von Leichtigkeit lag über den Menschenmassen auf dem Canal Street Flea Market, die Morgensonne streichelte die Gipfel der Skyscraper, und wir waren in Wochenendstimmung.

Und in Einkaufsstimmung: Ich hatte einen prächtigen, weißen Stetson mit breiter Krempe erstanden, und zwei CDs vom alten Mississippi John Hurt; Steinzeitblues. Milo trug einen runden Spiegel mit Perlmuttrahmen unter dem Arm, und an seiner linken Schulter baumelte ein Waffengurt, in dessen Halfter ein .44er Remington-Revolver steckte – hundertzwanzig Jahre alt, aber so gut wie nie benutzt; praktisch fabrikneu also.

So ließen wir uns von dem Menschengedränge über den Flohmarkt schieben und waren auf alles Mögliche gefasst: Auf exotische Schnäppchen, auf einen spontanen Flirt, auf allerhand Spaß, und in einer Ecke unserer Köpfe vielleicht auch auf einen Anruf unseres Chefs, der unser Wochenendprogramm über den Haufen werfen könnte. Nur auf den Tod nicht. Nein, mit dem rechneten wir an diesem Morgen wirklich nicht.

„Hey! Das wär’ doch was für unser Büro!“ Mit einer Kopfbewegung deutete mein Partner auf einen Stand mit Gemälden und Drucken. Er blieb so abrupt stehen, dass ich gegen ihn lief. Das Ölbild, das er meinte, stach mir sofort ins Auge: Es zeigte unseren FBI-Patriarchen Edgar Hoover mit strenger Miene und Arm in Arm mit einer Marilyn Monroe, die weiter nichts trug als ein kurzes, weißes Negligé und eine rote Krawatte.

„Kommt nicht in Frage“, sagte ich. „Edgar hat zu viel an und guckt zu ernst.“

„Oder wir schenken es Mandy zum Geburtstag.“ Milo, begeistert von seiner Idee, drehte sich schwungvoll nach mir um – und stieß dabei einer junge Frau seinem Spiegel gegen die Schulter.

„Können Sie nicht aufpassen, Mann!“, raunzte die ihn an.

„O, sorry Ma’am!“ Milo wandte den Kopf nach ihr. Die Betroffenheit in seinen Zügen wich sofort einem wohlgefälligen Lächeln, denn die Lady war nicht nur auffällig elegant, sondern vor allem sehr attraktiv. Vermutlich gratulierte er sich dazu, sich genau im richtigen Moment nach mir umgedreht zu haben.

„Ist Ihnen vielleicht aufgefallen, dass Sie nicht der einzige Mensch hier sind?!“ Ihre Stimme klang schon eine Spur versöhnlicher, nur die steile Falte zwischen ihren Brauen zürnte noch. Schwarze Brauen übrigens, so blauschwarz, wie ihr glattes Langhaar. Das schmale, ziemlich markante Gesicht und die dunklen Augen gaben ihr ein orientalisches Flair.

„Selbstverständlich, Ma’am!“ Milo strahlte sie an. „Und ich muss Ihnen gestehen: Ich bin froh darüber.“

Noch heute sehe ich Marion genau vor mir, wie sie Milo erst ärgerlich taxierte, dann lächelte und schließlich sagte: „Nichts passiert, Mister. Besser von Ihnen angerempelt zu werden, als in einen Hundehaufen zu treten.“

Ja, genau das sagte sie, und ich hielt den kreisrunden Lichtfleck auf ihrem Trenchcoat zunächst für Spuren eines Besuchs bei McDonald’s. Mayonnaise oder Joghurt, dachte ich. Erst als er zu ihrer Schulter wanderte, der verfluchte Fleck, erst als er kurz verschwand, um dann auf Milos Stirn wieder aufzutauchen, erst dann begriff ich.

„Deckung!“ Samt Spiegel und Remington stieß ich Milo auf den Asphalt und warf mich auf die Frau. Fast gleichzeitig fiel der Schuss.


3

Seine Stimmung stieg mit jeder Glitzerfassade, die links und rechts der Seitenfenster an ihm vorbeiglitt: Palmen, Türmchen, Onkel Dagobert, Zugbrücken, orientalisch anmutende Minarette – oder war es ein Penis? – Engel, Micky Maus, Elefant.

Las Vegas, Mythos aus Neonlicht! Las Vegas, glitzernde Seifenblase! Nichts sprach an diesem Morgen dafür, dass sie sich ihm zum letzten Mal aufblähte.

Er stoppte vor Caesars Theatre. Es war kurz nach sechs Uhr Pacific Time. Zu Hause war es jetzt drei Stunden später, und sie würden gerade den Frühstückstisch decken. Er zog den Schlüssel ab und stieg aus. Der Gedanke an zu Hause machte ihn beklommen. Aber nicht sehr.

Ein junger Afro in kurzem Rock aus einer Art Sacktuch und mit Lederharnisch lief die Treppe herunter. An seiner Hüfte baumelte ein Kurzschwert. „Willkommen, Mr. Singer!“

Mr. Singer warf ihm den Wagenschlüssel entgegen. „Ich verlass mich auf dich, Dencil!“ Er fischte ein paar Dollarnoten aus seinem Jackett.

„Sie kennen mich doch, Sir.“ Der schwarze Charmeur präsentierte sein perlweißes Gebiss. „Neulich war Präsident hier – er hat mir Airforce One anvertraut.“ Mit einem Diener bedankte er sich für das Röllchen aus drei oder vier Dollar, das Mister Singer ihm in die Hand drückte.

Singer grinste. „Ich hab davon gehört, Dencil.“ Er sah zu, wie der Gladiator in den schwarzen Ferrari stieg und die Luxuskarosse Richtung Tiefgarage steuerte.

Er hatte den Wagen in Los Angeles gemietet. Dort hatte er zwei Tage mit Baufirmen verhandelt und einen millionenschweren Vertrag unter Dach und Fach gebracht. Und danach von Los Angeles im Ferrari nach Las Vegas: Ein Gedicht, ein Fest, ein Orgasmus! Zwei oder drei Mal im Jahr gönnte er sich das.

Zwei Stufen auf einmal nehmend lief er die Treppe zum römischen Eingangspavillon hinauf. Mit jeder Stufe wuchs seine Erregung, mit jeder Stufe spürte er seine Kraft deutlicher, mit jeder Stufe verblasste der Gedanke an zu Hause. An Wanda und vor allem an Lorraine.

Die Rolltreppe trug ihn einem nackten Jüngling aus weißem Marmor entgegen, eine Nachbildung des berühmten Davids von Caravaggio. Der Marmorschönling sah mit spöttischer Lässigkeit auf ihn herab, und Singer winkte zu ihm hinauf, als wollte er einen alten Bekannten grüßen.

Auf ähnliche Weise pflegte er an guten Tagen sein Spiegelbild zu grüßen. Und tatsächlich: Ein bisschen so kam ihm die Skulptur da oben am Treppenabsatz vor, wie sein Spiegelbild. Und fühlte er sich nicht genauso, wie der Bursche aussah? Jung, stark, über alles erhaben, und bereit zu jedem Abenteuer?

Dabei war er dem nackten David um ein paar Lenze voraus, mindestens fünfundzwanzig, schätzte er. Singer hätte seinen Bauch einziehen und sein langes Haar nach vorn über die Stirnglatze streichen müssen, um wenigstens annähernd an den antiken Jüngling zu erinnern.

Egal – Äußerlichkeiten. Außerdem: Jedes Alter hat seine Reize. Wenn man Geld genug hatte, sowieso. Und Geld? Kein Thema für Mister Singer.

„Herzlich Willkommen, Desmond!“ Oben an der Rolltreppe tauchte ein grauhaariger Mann in weißem Anzug und rotem Hemd auf. Der Empfangschef. „Wie laufen die Geschäfte?“

Etwas gedrungen und ziemlich breitschultrig war der Mann; so braun gebrannt, dass man ihn auf den ersten Blick für einen Mulatten hielt. Aber er war ein Weißer, ein Texaner aus Austin. Viel weißer konnte man nicht sein. Doch vermutlich verbrachte er den halben Tag im Sonnenstudio; und mit irgendwelchen Diäten, die ihm den Altersspeck in Schach hielten.

„Kann nicht klagen, Brian.“

Kaum zu zwei Dritteln hatte die automatische Rolltreppe Desmond Singer hinauf getragen, da streckte der Grauhaarige ihm bereits die Hand entgegen. Singer ergriff sie mit der für ihn so typischen Beiläufigkeit.

„Wie geht’s so, Brian?“ Seine Augen streiften den Empfangschef nur. Schon durchdrangen sie das römische Ambiente vor dem eigentlichen Kasino: Säulen, Springbrunnen, Skulpturen, Kellnerinnen in Kleopatra-Kostümen, Kellner, die wie römische Zenturios aussahen.

„Kann nicht klagen.“ Brian tänzelte einen halben Schritt voraus. Sein Büro lag gegenüber der Rezeption hinter einem Säulendurchgang. Singer kam sich vor, als würde er einen Tempel betreten. „Ich habe einen Platz im Exklusivsalon für dich reserviert, Desmond.“

Leute wie Desmond Singer spielten selbstverständlich nicht mit der Masse in den öffentlich zugänglichen Spielsalons, sondern in abgeschirmten Luxusräumen, in denen die Spieltische rund um die Uhr von Geldmagnaten aus allen Teilen der Staaten und dem Rest der Welt belagert wurden.

„Nett von dir, Brian.“ Hinter dem Empfangschef trat er in dessen Büro, ein Traum aus Mahagoni und schwarzem Leder. „Drei harte Tage liegen hinter mir – ich zieh mich erst einmal ein paar Stunden zurück. Vielleicht lässt du mir gegen zwölf ein Frühstück in die Suite bringen.“

„Kein Problem.“ Brian reichte ihm das Gästebuch. „Für zwei Personen nehme ich an.“

Singer lächelte. „Ich wusste, dass du sie engagiert hast. Vermutlich wartet sie schon in der Suite.“ Er trug sich ein.

Brian antwortete nicht gleich. Etwas umständlich schloss er seinen Schreibtisch auf und kramte in einer Schublade herum. „Sicher.“ Er holte einen Schlüssel heraus und drückte ihn Desmond Singer in die geöffnete Hand. „Sicher habe ich eine Frau engagiert.“

„Eine Frau?“ Singer runzelte die Stirn. „Nicht Diana?“

„Sorry, Desmond. Diana arbeitet seit vier Monaten nicht mehr in Las Vegas. Aber mach dir keine Sorgen: Ich weiß inzwischen, was du bevorzugst.“

Die Enttäuschung auf Singers Miene wich einem Lächeln. Er war zwar ein Gewohnheitstier – jedenfalls, wenn es um sein spärliches Privatleben ging – andererseits aber reiste er nicht zuletzt der sexuellen Abwechslung wegen alle vier, fünf Monate nach Las Vegas. Wenn also nicht Diana, dann eben eine andere. Hauptsache nicht Lorraine.

„Da bin ich aber gespannt, Brian.“

„Du wirst Augen machen. Sie ist neu im Geschäft. Ein Bild von einer Frau, blutjung.“

Das Gesicht seiner Tochter blitzte vor seinem inneren Auge auf. Er schob es weg. Schob Wandas Bild weg und sein schlechtes Gewissen. Diese Kunst hatte er schon als kleiner Junge gelernt. Und in seiner Branche zur Vollkommenheit gebracht. Ein Immobilienmakler von Singers Kaliber konnte sich kein Gewissen leisten.

„Okay. Bis heute Nachmittag.“ Singer berührte Brian an der Schulter. Durch die offene Tür und das Säulenportal lief er zu den Aufzügen.

Seine Suite lag im siebten Stockwerk. Seinesgleichen kam gratis in den Genuss solcher Luxusherbergen. In Caesars Theatre und in zwei oder drei anderen Casinos auch. Männer wie Singer ließen mehr Geld an der Bar, im Restaurant und bei Begleitagenturen, als man mit Zimmermiete verdienen konnte. Von den Summen, die an den Spieltischen blieben, ganz zu schweigen.

Die Lifttüren schlossen sich hinter ihm, Schritte und Stimmengewirr verstummten.

Minuten später sah er sich in der Suite um. Ein Salon, ein Schlafzimmer, ein Bad wie ein Saal. Alles in tiefem Blau, genau so, wie Singer es liebte. Der Gladiator hatte sein Gepäck bereits vor den Wandschrank gestellt.

Singer drehte die Hähne der Badewanne auf. Danach legte er sich aufs Bett. Auf dem Nachtisch stand eine Champagnerflasche. Seine Hausmarke. Er öffnete sie und schenkte sich ein.

Ein Blick auf die Armbanduhr: Kurz nach halb acht. Wanda würde längst unter der Dusche stehen. Oder schon auf dem Weg zu den Tennisplätzen sein? Samstags verbrachte sie in letzter Zeit den halben Tag dort. Ein Verehrer, was sonst?

Und Lorraine? Vielleicht gab sie gerade dem Gärtner Anweisungen. Oder dem Hausmädchen. Oder machte sich fertig für den Kosmetiker. Jedenfalls wartete sie auf seinen Anruf.

Er zog sein Handy aus der Hemdtasche und wählte die Nummer seiner Villa in Brooklyn. „Lorraine Singer?“ Dünn und müde klang ihre Stimme. Wie immer.

„Guten Morgen, mein Schatz. Ich hoffe, du hast gut geschlafen.“

Wie immer hatte sie schlecht geschlafen, wie immer klagte sie über Migräne. Und er klagte über die Hitze in San Diego, über das mittelmäßige Hotel und über zähe Verhandlungen mit der kalifornischen Bank, die sich angeblich zierte, den geforderten Mietpreis im Financial District Manhattans zu zahlen. Dabei lag der Vertrag längst in seinem Gepäck.

Kein Wort über Las Vegas natürlich. Was ist ein Mann ohne Geheimnisse?

Nach dem Gespräch zog er sich aus und stieg in die Wanne. Die Badezimmertür ließ er offen. Er trank Sekt und rauchte eine Zigarre. Der Alkohol und das warme Wasser erhitzten seine Fantasie. In allen Variationen malte er sich die bevorstehenden Stunden mit dem neuen Mädchen aus.

Als sich dann die Tür seiner Suite öffnete, und sie hereinkam, stockte ihm für einen Moment der Atem. Nicht, weil sie schön und beunruhigend jung war – weiß Gott, das war sie auch! – sondern, weil sie ihn an seine Tochter erinnerte.

„Hallo“, sagte sie, während sie die Tür hinter sich zudrückte. Und selbst ihre dunkle Stimme klang ein wenig wie Wandas Stimme.

„Hallo.“ Er zwang sich zu einem Lächeln, und für einen Moment wusste er nicht was sagen, was tun.

Sie warf ihre Tasche aufs Bett und begann sich auszuziehen. „Ist noch Platz in der Wanne?“

„Aber ja, Miss ...“

„Nennen Sie mich Nancy.“ Sie zog sich die schwarze Bluse über den Kopf. Ihre Brüste waren weiße, feste Glocken. Die brünetten Locken fielen auf ihre Schultern wie Kastanien auf Schnee.

Singer schluckte, trocken fühlte sein Mund sich plötzlich an. „Ich bin Desmond.“ Er lächelte verlegen und trank einen Schluck, um die Heiserkeit zu vertreiben. „Nehmen Sie sich ein Glas aus der Bar, Nancy.“ Er deutete auf die Champagnerflasche im Eiskübel neben der Wanne.

Betont langsam schälte sie sich aus Rock, Strümpfen und Höschen. Seine Blicke klebten an ihrer mädchenhaften Gestalt. Kurz verschwand sie aus seinem Blickfeld. Er lauschte ihren Schritten. Mit dem Sektkelch in der Hand kam sie ins Bad und stieg zu ihm in die Wanne.

Er schenkte ihr ein. Eine Zeitlang saßen sie sich gegenüber, schwiegen und lächelten sich an. Irgendwann stieß er sein Glas gegen ihres. Der helle Klang erfüllte das Bad.

„Ein gutes Omen“, sagte Singer. „Geht es Ihnen auch manchmal so, dass Sie einem fremden Menschen begegnen und schwören könnten, ihn schon immer zu kennen?“

Wenn Desmond Singer später an diesen Augenblick zurückdachte, war ihm immer, als hätte er es schon gewusst, als Nancy seine Suite betrat. Als hätte er es von Anfang an gewusst, dass Nancys Eintritt in seine Suite – in sein Leben – der Anfang vom Ende gewesen war.