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Tanja Russ

 

Fesselnde Sehnsucht

Ein Highland BDSM-Liebesroman

 

ISBN 978-3-94596-739-3

 

(c) 2017 Schwarze-Zeilen Verlag

www.schwarze-zeilen.de

 

Das Coverfoto wurde von Visage_deux (Visage-deux.de) fotografiert, das Model ist Miss Suzume.

 

 

Alle Rechte vorbehalten.

Hinweis

 

Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind nicht beabsichtigt und rein zufällig.

 

Dieses Buch ist nur für Erwachsene geeignet, bitte achten Sie darauf, dass das Buch Minderjährigen nicht zugänglich gemacht wird.

1

Rebecka liegt still neben dem Typen. Hellwach und ungeduldig wartet sie, bis er schläft. Dann steigt sie vorsichtig aus dem Bett und zieht sich an, bevor sie lautlos wie ein Schatten in der Nacht verschwindet. Eine Gewohnheit, die sie über die Jahre perfektioniert hat.

›Ein gelungener Abend mit nettem Sex‹, denkt sie, während sie über die dunkle Straße zu ihrem Auto läuft. Der Kerl, dessen Name ihr inzwischen schon wieder entfallen ist, hatte sich bemüht, nicht nur seine, sondern auch ihre Bedürfnisse zu befriedigen. Wie sollte er auch ahnen, dass sie nur zum Höhepunkt kommt, wenn sie es sich selbst besorgt?

Becky liebt Sex, solange er nicht mit unschönen Verpflichtungen einhergeht. Dazu zählt sie auch den Kaffee und das inhaltslose: ›war schön mir dir‹ am nächsten Morgen. Einer der Gründe, weshalb sie nie bleibt, bis die Sonne aufgeht.

Grundsätzlich geht sie niemals zweimal mit demselben Mann ins Bett. Das führt nur zu unerwünschten Komplikationen. Doch seit einiger Zeit verursachen diese zwanglosen Abenteuer einen schalen Geschmack in ihrem Mund. Ein Gefühl der Leere sorgt dafür, dass von den vergnüglichen Stunden nur noch ein Kloß in ihrem Hals zurückbleibt.

Sie steigt in den Wagen und fährt los. Höchste Zeit, endlich unter die eigene Decke zu kriechen.

Unwillkürlich stellt sie sich vor, zu IHM zu fahren. Wie gern würde sie jetzt in seine dunkelblauen Augen schauen, die sie an einen rauen, unendlichtiefen Ozean erinnern. Sein Blick, gewöhnlich eine einzige Herausforderung, der sie, je nach Gemütslage entweder zur Weißglut treibt oder ihr ein feuchtes Höschen beschert.

Sie hat ihn schon viel zu lange nicht mehr gesehen, mindestens einen Monat. Wie wird er wohl reagieren, wenn sie mitten in der Nacht unangemeldet bei ihm auftaucht? Ob er sich mit überflüssiger Fragerei aufhalten wird, was sie um diese Uhrzeit bei ihm will? Oder wird er sie einfach gegen den Türrahmen drücken und sie küssen, bis sich ihr Verstand verabschiedet? Wie wäre es wohl, in seine Augen zu schauen, während ihr Körper mit seinem verbunden ist? Ihn zu spüren, zu riechen, zu schmecken und dabei lustvoll unter ihm zu erbeben? Welche Farbnuance nehmen seine Augen an, wenn sinnliche Begierde sie verschleiert?

Seit gut zwei Jahren schleichen sie beide umeinander herum, wie zwei hungrige Raubtiere. Er könnte sie, ohne sich mit langen Vorreden aufzuhalten, gleich im Stehen gegen die Wand gepresst nehmen. Oder würde er sie in sein Bett tragen, fesseln und ...?

Lautes Hupen reißt sie aus ihren Gedanken. Verdammt! Vor lauter Träumerei hat sie doch glatt eine rote Ampel überfahren! Wenn der von rechts kommende Wagen nicht im letzten Moment ausgewichen wäre, hätte es ordentlich gekracht!

›Was ist nur mit mir los? Konzentrier dich gefälligst auf die Straße, Rebecka!

Wenn er doch jetzt mit diesem leicht arroganten, teuflisch dunklen Grinsen im Gesicht neben mir säße.‹

Nur ein kleines Zeichen von ihr und er würde sich auf sie stürzen, das weiß sie. Aber das geht auf keinen Fall. Denn sie ist sicher, er würde die zweite Variante wählen und sie in seinem Schlafzimmer wie ein Paket verschnüren, denn er steht auf Frauen, die sich ihm vollständig ausliefern. Dazu war und ist sie nicht bereit.

Mit einiger Mühe konzentriert sie sich auf den Straßenverkehr. Nicht viel los, mitten in der Nacht. Trotzdem keine gute Idee, auf Autopilot zu schalten.

In ihrer Wohnung angekommen, springt sie als erstes unter die Dusche, um den belanglosen Sex mit dem nichtssagenden Kerl von sich abzuwaschen. Doch das miese Gefühl bleibt. Sie fühlt sich schmutzig und weiß, dass es albern ist. Nachdem sie sich abgetrocknet hat, kriecht sie endlich in ihr eigenes, vertrautes, kuscheliges Bett.

Langsam wandert die Hand über ihre Haut, streichelt ihre Brüste, den Bauch, streicht voller Vorfreude durch ihre Löckchen.

Sie schließt die Augen und beschwört sein Bild herauf. Schon glaubt sie, seine Nähe zu spüren. Kaffeebraunes Haar, im Nacken kurz geschnitten, fällt ihm vorn lässig in die Stirn. Klare Linien, markante Wangenknochen, energisches Kinn.

Alec.

Eine Stimme, die einen Geschmack von Espresso und Schokolade auf ihre Zunge zaubert und ein unruhiges Flattern in ihrem Magen verursacht. Dunkel und kräftig, angenehm ruhig. Eine Stimme mit Suchtfaktor, zumindest für sie.

Schmunzelnd erinnert sie sich, an ihr erstes Treffen.

Sie hält inne.

Damals ist sie mit ihrer Freundin im ›Joker‹, einem angesagten Club in der Stadt gewesen.

Lea, war zu dem Zeitpunkt längst die Sklavin von Alecs bestem Kumpel Lukas, besaß jedoch die Frechheit, Rebecka diese Tatsache zu verschweigen.

In dem Lokal trafen sie rein zufällig auf die beiden Männer. Lea täuschte vor, die Zwei nicht zu kennen, und warf sich Lukas regelrecht an den Hals. Becky traute ihren Augen kaum, denn es entsprach nicht Leas Art, so massiv auf Männer loszugehen. Alec schaute sich das Schauspiel von der Bar aus an und amüsierte sich, genau wie Lea und Lukas, köstlich auf ihre Kosten. Und alles nur, weil sie Lea beim Betreten der Bar hatte überreden wollen, sich von einem der männlichen Gäste abschleppen zu lassen. Schließlich glaubte sie damals, die Freundin sei schon Ewigkeiten nicht mehr flachgelegt worden.

Schon als sie Alec zum ersten Mal wahrnahm, fand sie ihn heiß, wie er da lässig am Tresen lehnte. Groß, breitschultrig und mit diesem leichten Schmunzeln in den Mundwinkeln. Auf den ersten Blick sah es aus, als schaue er gedankenverloren in sein Bierglas. Doch der Eindruck täuschte. Aufmerksam maß er seine Umgebung. Und für einen kurzen Moment, in dem die Welt aufhörte, sich zu drehen, trafen sich ihre Blicke, hielten einander fest. Auf seinem Kinn hatten sich über den Tag dunkle Bartstoppeln gebildet, die ihm etwas Verwegenes gaben. Rebecka stellte sich damals unwillkürlich vor, wie herrlich die an ihrer Wange kratzen würden ... oder an anderen Stellen. Während sie ihn musterte, geriet ihr Herz kurzzeitig aus dem Takt. Verlegen schlug sie als Erste die Augen nieder. Aber dann wurde sie abgelenkt durch Leas Baggerattacke und beschäftigte sich nicht weiter mit ihm. Als Alec den Mund aufmachte, um sich mit ihrer Freundin zu unterhalten, kroch ihr eine Gänsehaut über den Rücken. Diese Stimme ... er sprach nicht laut und was er sagte, war so belanglos, dass sie sich nicht mehr an den Wortlaut erinnerte. Doch der Klang seiner Stimme streichelte ihre Nerven, rieselte über ihre Nippel, die sofort steinhart wurden, ließ sie gleichzeitig ruhig und nervös werden.

Er und Lukas verabschiedeten sich früh an diesem Abend und sie rechnete nicht damit, ihn wiederzusehen. Obwohl sie sich über Leas Heimlichtuerei aufregte, bekam sie Alec nicht aus dem Kopf. Sie bedauerte, ihn nicht näher kennengelernt zu haben. Damals ahnte sie noch nicht, wie oft sich ihre Wege zukünftig kreuzen würden. Denn Lea und Lukas bildeten, nach ein paar Anfangsschwierigkeiten, eine unerschütterliche Einheit. Jetzt, zwei Jahre später, planen sie ihre Hochzeit, und haben Alec und sie gebeten, ihre Trauzeugen zu sein.

Im Laufe der Zeit kam es öfter vor, dass man zu viert ausging, oder einen gemütlichen Abend bei einem Glas Wein in Lukas’ urigen Farmhaus verbrachte. Lea war schon nach weniger als einem Jahr Beziehung dort eingezogen. Die Beiden sind glücklich miteinander, das sieht man ihnen an.

Rebecka lächelt. Alec ist aus ihrem Leben nicht mehr wegzudenken und die ständig wachsende sexuelle Spannung zwischen ihnen nicht zu verleugnen.

Doch sie ist fest entschlossen, sich nicht anmerken zu lassen, wie verrückt sie nach ihm ist. Denn Alec steht, genau wie sein Freund Lukas, auf harten Sex. Mit Männern, die BDSM praktizieren, möchte sie nichts zu tun haben. Es fröstelt sie und mit starrem Blick verharrt sie einen Moment.

Als Lea vor einigen Jahren zum ersten Mal mit ihr über ihre Neigungen geredet hat, konnte Becky es kaum glauben. Ihre Freundin wirkte doch vollkommen normal. Eine Frau, die mit beiden Beinen im Leben steht. Und trotzdem gefällt es ihr, sich von einem Kerl den Arsch versohlen zu lassen? Ein bizarres Vergnügen.

Anfangs konnte Becky Lukas nicht ausstehen, denn sie sorgte sich um ihre Freundin. Die Vorstellung, dass er Lea schlug und dominierte, war für Rebecka nur schwer zu ertragen. Sie beobachtete die beiden mit Argusaugen, fand jedoch an der Art, wie sie miteinander umgingen, nichts auszusetzen. Sie behandelten einander liebevoll und respektvoll. Die Nähe und Vertrautheit zwischen ihnen konnte einen fast schon neidisch werden lassen.

Becky gibt sich seitdem Mühe, sich besser in das Thema BDSM hineinzudenken, denn sie will ihre beste Freundin verstehen. Oft löchert sie Lea mit Fragen, denn irgendetwas fasziniert sie daran, auch wenn sie bis heute nicht dahintergekommen ist, was.

Einmal zog Lea mit funkelnden Augen ihr Oberteil aus, um ihr die Striemen auf ihrem Körper zu zeigen. Die roten Male, die ihre Freundin offensichtlich mit Stolz trug, entsetzten Rebecka. Sie verstand das einfach nicht.

»Das muss doch wehgetan haben. Was zum Teufel ist denn bitteschön toll an Schmerzen?«, hatte sie Lea erschüttert gefragt.

»Es gibt einen feinen, aber entscheidenden Unterschied zwischen Schmerz und Lustschmerz«, hatte Lea bedächtig geantwortet. »Probier es aus!«

»Ganz bestimmt nicht!«, hatte Becky entrüstet erwidert. Lea hatte nur gelächelt.

Sie zieht die Decke etwas höher. Lustschmerz ... das klingt absurd. Ausgeschlossen, dass ihr das gefallen würde!

Es liegt auch nicht an der Erinnerung an dieses Gespräch, dass es gerade aufs Neue in ihrem Schoß kribbelt, sondern nur an Alec. Wie geil müsste es sein, mit ihm die Nacht zu verbringen. Sie seufzt leise.

›Ach was, es wäre nicht anders, als mit jedem x-beliebigen Kerl. Wenn ich tatsächlich mit ihm schlafen würde, wäre es vorbei, sobald er eingeschlummert ist. Da ist es besser so, wie es jetzt ist. So kann ich wenigstens von ihm träumen.‹

›Lass dich fallen,‹ raunt er ihr mit diesem unverschämten Grinsen im Gesicht zu.

›Das wird niemals geschehen, ich kann es nicht‹, flüstert sie in Gedanken zurück. ›Aber jetzt und hier, in der Stille der Nacht, wo es niemand weiß, noch nicht einmal du, da gehör’ ich dir.‹

Aufs Neue sucht ihre Hand den Weg an ihrem Körper entlang. Sanft teilt ihr Zeigefinger feuchtes Fleisch. Mit kreisenden Bewegungen massiert sie ihre Perle, glaubt, seinen gierigen Blick auf ihrer Haut zu fühlen, während sie das Ziehen in ihrem Schoß genießt.

Durch die dichten Brauen erscheinen seine dunkelblauen Augen noch strahlender. Sein Blick wirkt auf sie so intensiv, fast schon hypnotisch, dass ihr der Atem stockt. Oft hat sie sich aber auch darin gefangen gefühlt. Ein Empfinden, das sie ängstigt und verärgert. Wieder fröstelt sie leicht und ihre Handbewegung kommt kurz aus dem Takt.

Sie erinnert sich, wie böse sein Blick oft war, wenn er sie anschaute, seine markanten Gesichtszüge wirkten dann düster. Er schaffte es mit Leichtigkeit, ihr einen Schauer über den Rücken zu jagen, der jedes Mal als sanftes Kribbeln in ihrem Unterleib ausklang. Wenn er mit Lea und Lukas scherzte, veränderte sich das ganze Gesicht auf wunderbare Weise. Dann strahlten seine Augen warm und auf seinen Wangen bildeten sich zwei süße Grübchen. Wenn er lachte, flog ihr Herz ihm zu und dann bemühte sie sich krampfhaft um eine neutrale Miene, damit er es nicht bemerkte.

Der Anblick seiner vollen, sinnlichen Lippen brachte ihren Magen ein ums andere Mal zum Flattern. Doch in ihrer Gegenwart kniff er sie oft zu einem dünnen Strich zusammen, weil er sich über sie ärgerte. Er hasste es zum Beispiel, wenn sie sich früher aus der Runde verabschiedete, um sich mit irgendeinem namenlosen Kerl zu einer belanglosen Vögelei zu treffen. Hin und wieder legte sie ihre One-Night-Stands absichtlich so, dass er es mitbekam. Natürlich sorgte sie dann durch entsprechende Andeutungen dafür, dass er verstand, was sie für die Nacht noch geplant hatte. Seine Reaktion darauf, die mühsam unterdrückte Wut, löste jedes Mal Euphorie bei ihr aus und bewirkte, dass sie sich lebendig fühlte.

Wie sich sein Mund auf ihrem wohl anfühlen würde? Sie leckt sich über die Lippen und meint seine feuchten Küsse zu spüren. Leise stöhnend erhöht sie den Druck auf ihre Klit, aber das reicht ihr heute einfach nicht. Keuchend greift sie in die Nachttischschublade und zieht ihren Vibrator heraus.

»Fick mich, Alec«, flüstert sie in die Dunkelheit ihres Schlafzimmers und führt den Freudenspender tief in sich ein. Langsam und genüsslich stößt sie ihn in ihr nasses Geschlecht, gibt sich ganz und gar ihrer Fantasie hin. Bis das erlösende Beben ihren Körper erfasst, ihre Muskeln sich entspannen und alle Gedanken fortgewischt werden, sodass sie endlich schlafen kann.

2

 

Feierabend und drei Wochen Urlaub! Sich von seinem Schreibtisch zu lösen, fällt Alec nicht leicht. Aber sein bester Freund und Geschäftspartner Lukas hat in der Firma alles im Griff, darauf kann er sich verlassen. Alec hat schon immer viel und gern gearbeitet, doch allmählich gelangt er an seine Grenzen. Gewöhnlich schaufelt er sich alle paar Monate mal eine oder zwei Wochen frei, um seine Heimat Schottland zu besuchen. Doch seit seinem letzten Trip ist jetzt fast ein Jahr vergangen. Höchste Zeit für ein wenig Erholung. Übermorgen, lange bevor die Sonne aufgeht, wird das kleine Charterflugzeug abheben, das ihn nach Hause bringt.

Er fährt mit dem Fahrstuhl in sein Penthouse im elften Stock. Der Aufzug entlässt ihn direkt in sein riesiges Wohnzimmer. Die Wohnung bietet jede Menge Platz, kühle Eleganz und Luxus pur, doch wohlgefühlt hat er sich hier noch nie. Er seufzt. Das Penthouse und seine Ehe. Seine zwei größten Fehler der letzten zehn Jahre, an die er täglich erinnert wird, wenn er den Luxusschuppen betritt. Er durchquert den mit feinem weißen italienischen Marmor ausgelegten Wohnbereich. Schwarze Hochglanzmöbel, die Chillout-Area mit der pompösen Sitzlandschaft aus schwarzem Leder, alles Marys Werk. Den überdimensionalen hochmodernen Flatscreen schaltet er seit ihrem Auszug vor vier Jahren kaum noch ein. Er liest lieber ein gutes Buch oder genießt die traumhafte Aussicht über die Stadt und die Felder, Wiesen und Wälder dahinter. Das Panorama und die Tatsache, dass sich Heim und Firma im gleichen Haus befinden, stellen die einzigen Pluspunkte dieser Bude dar. Daran trägt er selbst Schuld, denn er hatte ihr freie Hand und seine Kreditkarte gelassen und von beidem machte sie reichlich Gebrauch. Damals beging er den Fehler, Unterwürfigkeit mit Bescheidenheit gleichzusetzen. Eine Dummheit, wie sich herausstellte. Mary war für ihn in jeder Hinsicht zuviel gewesen. Zu devot, zu süchtig nach Qualen und zu verliebt in Luxus. Aber diese Erkenntnis kam ihm erst nach der Hochzeit. Ihrer beider Vorstellungen von gutem Sex und erfüllendem BDSM deckte sich nur für eine relativ kurze Zeit. Mary wollte mehr, immer mehr. Erheblich mehr als er zu geben bereit war. Ihre Ergebenheit grenzte an Selbstaufgabe. Sie bot keinen Gegenpol mehr, an dem er sich reiben konnte und langweilte ihn schon wenige Monate nach der Eheschließung. Ihre Lust am Schmerz nahm Ausmaße an, die er eher als beängstigend, denn als lustbringend empfand. Dennoch zögerte er lange, sie freizugeben, einfach weil er Angst um sie hatte. Er befürchtete, sie könnte sich blindlings in eine Beziehung stürzen, in der sie gesundheitlichen oder seelischen Schaden nehmen könnte, wenn er nicht mehr auf sie aufpasste. Es dauerte eine ganze Weile und brauchte viele lange Gespräche mit seinem besten Freund Lukas. Doch schließlich verstand er, dass diese Ehe nicht nur ihn, sondern auch sie ins Unglück stürzte. Mary wäre zwar nie aus eigenem Antrieb gegangen, aber auch für sie war die Trennung eine Erleichterung.

Er schaut sich um. Sein Blick fällt auf den schon fast vollen Koffer. ›Endlich nach Hause,‹ freut er sich und verstaut noch zwei Lieblingsbücher im Gepäck.

Schnell springt er unter die Dusche. Das prickelnde Wasser macht ihn wieder munter. Zurück aus dem Bad zieht er sein Handy hervor, scrollt kurz durch die Kontaktliste und ruft Sandra an. Eine süße Maus, mit einem anbetungswürdigen Körper, dazu stets begierig, seine Wünsche zu erfüllen. Selbst wenn er sie, wie heute, kurzfristig davon in Kenntnis setzt, dass er Lust verspürt, sie zu besuchen.

Sandra ist nicht die einzige Sub, mit der er sich vergnügt. Seit seiner Scheidung ist er keine feste Beziehung mehr eingegangen. Er spielt mit offenen Karten. Seine Mädels wissen voneinander, kennen sich teilweise sogar. Keine bildet sich ein, Exklusivrechte auf ihn zu haben, und alle kommen wunderbar damit klar.

Eine halbe Stunde später steht er mit seiner Spielzeugtasche, die für spontane Dates immer im Kofferraum seines Wagens lagert, vor Sandras Tür. Sie empfängt ihn in einem Outfit, das ihm für einen Moment den Atem verschlägt. Ihre endlos langen Beine stecken in Netzstrümpfen, die von dunkelblauen Strapsen gehalten werden. An ihre Scham schmiegt sich ein dunkelblauer Tanga und ihre Brüste drohen den BH zu sprengen. Der blaue, mit hauchzarter Spitze verzierte Stoff so durchsichtig, dass er mehr preisgibt, als er verbirgt. Ihre Hände und Knöchel zieren bereits Manschetten und ihren Hals schmückt ein breites Lederband mit einer Öse vorn, an dem locker eine Leine baumelt. Ihre Füße stecken in schwarzen High Heels, wodurch ihre Wahnsinnsbeine noch länger wirken. Dunkel lächelt er sie an. Sie kennt ihn gut und weiß, worauf er steht, keine Frage.

»Guten Abend, Herr«, flüstert sie und schlägt die Augen nieder. Statt einer Antwort greift er nach der Leine.

»Auf die Knie!«

Sie führt seinen Befehl widerspruchslos aus, hält den Blick auf den Boden gerichtet. Er schließt die Eingangstür, geht an ihr vorbei und steuert mit langsamen Schritten das Wohnzimmer an. Sie folgt ihm auf allen vieren.

»Möchtest du ein Bier?«, fragt sie, ohne ihn anzusehen.

»Ja, danke. Du darfst aufstehen, wenn du in die Küche gehst. Aber beeile dich, ich will dich zu meinen Füßen sehen.«

»Ja, Herr.« Sie steht auf und kehrt zügig mit einer Flasche Bier und einem Glas Rotwein zurück. Zwischenzeitlich hatte er in einem Sessel platzgenommen. Mit gesenktem Kopf reicht sie ihm sein Getränk und kniet sich vor ihn auf den Boden. Er betrachtet sie einen Moment lang.

Sie ist schön. Kurzes hellbraunes Haar, zu einem Pagenkopf frisiert, große himmelblaue Augen, süßer Schmollmund, einen Körper zum Niederknien, tabulos und masochistisch veranlagt.

Eigentlich wollte er sich ein wenig mit ihr unterhalten. Doch trotz ihrer reichlichen Vorzüge geht ihre Unterwürfigkeit ihm heute auf die Nerven.

»Vierfüßlerstand, quer vor mich«, befiehlt er mit einem leichten Anflug schlechter Laune.

Nachdem sie die gewünschte Position eingenommen hat, stellt er die Flasche Bier auf ihrem Rücken ab und beobachtet ihre Reaktion. Die Augen starr auf den Boden geheftet, traut sie sich offenbar nicht, auch nur einen Muskel zu rühren, aus Angst, die Flasche könnte ins Wanken geraten und fallen. Sein missbilligendes Kopfschütteln bekommt sie deshalb gar nicht erst mit. Er schlüpft aus seinen Schuhen, nimmt die Bierflasche kurz an sich, legt seine Beine quer über ihren Rücken und stellt die Flasche neben seine Füße. Erwartungsvoll lehnt er sich im Sessel zurück, ohne sie aus den Augen zu lassen. Minuten dehnen sich. Das Schweigen empfindet er als unangenehm, doch er wartet gespannt, wie sie reagiert. ... Vergebens ... es passiert nichts.

›Vielleicht hätte ich die Schuhe anbehalten sollen,‹ denkt er ironisch. ›Aber vermutlich hätte das auch nichts geändert.‹ Im Übrigen weiß er sich zu benehmen. Sicher, es gibt genug BDSMler, die auf diese Art der Erniedrigung stehen, jedoch nicht Alec. Er merkt, dass er gerade eine Menge Respekt vor ihr verliert und schimpft sich selbst einen Idioten. Er ist sechsunddreißig Jahre alt und geht schon fast sein halbes Leben mit Submissiven um. Er steht auf diesen Typ Frau, also kann er sich nicht beschweren, wenn sie sich ihm unterordnen und seine Wünsche erfüllen. Selbstverständlich besteht er darauf, dass sie ihm gehorchen, aber manchmal wünscht er sich, einfach mal an eine Grenze zu stoßen. Nicht an ihre Schmerzgrenze während einer Session. Er verfügt über eine gute Beobachtungsgabe und ein sicheres Gespür für seine Partnerinnen. Dass er über die Stränge schlägt, passiert ihm äußerst selten. Nein, er sucht nach der Grenze dessen, was sich eine Sub von ihm gefallen lässt, gerade außerhalb einer Session, wenn man, wie jetzt beisammen ist.

Unwillkürlich denkt er an Leas Freundin Rebecka. In seinen Füßen zuckt es leicht, doch er widersteht dem Impuls, die Beine herunterzunehmen. Wäre dies hier nicht Sandra, sondern die freche kleine Hexe mit den grünen Augen und den rotblonden Dreadlocks, würde er nicht so ruhig hier sitzen. Bestimmt würde sie sich wutschnaubend auf ihn stürzen, wenn er es wagte, sie als Fußbank zu benutzen.

Seitdem Lukas und Lea zusammengekommen sind, treffen sie sich öfter mal zu viert auf ein Bier oder zum Essen.

Becky besitzt ein spezielles Talent, ihn zu reizen. Mit ihren flotten Sprüchen, mit denen sie ihn verbal attackiert, mit ihren grünen Hexenaugen und ihren engen Shirts, die ihre Titten so schön in Szene setzen. Und damit, dass sie zwar scharf auf ihn ist, sich aber dennoch seit nunmehr zwei Jahren ziert. Nicht schwer, ihr am Gesicht abzulesen, dass sie ihn genauso sehr will, wie er sie. Das bildet er sich nicht nur ein. Die Art, wie sie ihn ansieht, die Röte auf ihren Wangen. Ihre Nervosität, wenn er sie mit seinen Blicken fixiert oder absichtlich näher an sie herantritt, als es unter Freunden üblich ist. Sie sendet Signale, so deutlich wie Leuchtfeuer bei Nacht. Gleichzeitig hält sie ihn auf Abstand, behauptet, mit einem dominanten Mann wie ihm und vor allem mit BDSM, nichts zu tun haben zu wollen.

Dabei gibt es so viele geile Dinge, die er gern mit ihr anstellen würde. Er malt sich aus, wie sie sich in seinen Fesseln windet und ihn anfleht, sie zu vögeln. Er versucht, sich vorzustellen, wie ihre Lustschreie klingen, aber es gelingt ihm nicht. Ob sie überhaupt laut ist beim Sex? Oder ob sie lediglich etwas heftiger atmen würde, wenn er sie nähme? Nein, in ihr schlummert eine Menge Temperament. Er ist sicher, die Frau wäre ein Vulkan im Bett.

Missbilligend schüttelt er den Kopf. Er denkt öfter an sie, als ihm lieb ist. Er ruft sich selbst zur Ordnung, reißt seine Gedanken von der kleinen Hexe los und richtet seine Konzentration wieder auf Sandra.

Ihr Glas Wein steht vor ihr auf dem Boden. Ihm fällt auf, dass sie es anstarrt. Sie würde gern einen Schluck trinken, wird ihm klar. Aber sie traut sich nicht, sich zu bewegen, aus Sorge, ihre Körperspannung zu verlieren und die Bierflasche auf ihrem Rücken umzukippen. Herrgottnochmal! Wenn sie etwas trinken möchte, wieso bittet sie ihn nicht einfach, die dämliche Flasche festzuhalten? Er ist doch kein Unmensch und er ist sicher, dass sie keine Angst vor ihm hat. Schön, wenn sie nicht darum bitten kann oder will, muss sie eben auf ihr Getränk verzichten. Er unterdrückt einen Seufzer. Am liebsten würde er aufstehen und gehen. Doch er weiß, dass sie sich dann die nächsten drei Wochen fragen würde, was sie falsch gemacht hat und das will er nicht. Wahrscheinlich ist es noch nicht einmal ihr Fehler, sondern seiner. Vielleicht stößt er ja an seine Grenze. Womöglich waren fünfzehn Jahre BDSM genug und er sollte sich mal nach einem anderen Typ Frau umschauen. Aber Blümchensex? ... Nein, keine Option.

Er schiebt die wirren Gedanken entschlossen von sich, zieht ihren Slip zur Seite und streicht mit einem Finger durch ihre Spalte. Die Situation scheint ihr wesentlich besser zu gefallen, als ihm, denn sie ist klitschnass. Sie steht drauf, gedemütigt zu werden.

Einmal, als sie im Vierfüßlerstand auf ihrem Bett kniete, hatte er ihr Klemmen mit kleinen, gemeinen Gewichten an die Nippel gehängt. Dann schlug er zweimal kräftig auf ihre Backen, öffnete seine Hose und nahm sie, ohne sich mit langen Spielchen aufzuhalten. Er trieb sie bis kurz vor einen Höhepunkt, ergoss sich in ihr, ohne ihr die Chance zu geben, zu kommen, richtete seine Kleidung und ging, ohne ein Wort. Wer ihm mangelnde Raffinesse unterstellen wollte, der irrte. An dem Tag war es ihm nicht um kunstvolle Fesselung oder einfallsreiche Spiele gegangen, sondern ausschließlich um Demütigung. Und dieses Ziel hatte er erreicht, wie sie ihm bestätigte, als er sie ein paar Tage später nach allen Regeln der Kunst bespielte und ihr einige berauschende Orgasmen bescherte.

Er zwickt kurz in ihre Klit. Sie zuckt heftig und die Bierflasche wäre heruntergefallen, wenn er sie nicht im letzten Moment festgehalten hätte.

»Du schaffst es also nicht einmal, eine halbe Stunde stillzuhalten?« Sein strenger Ton lässt nichts von seiner unschlüssigen Stimmung erahnen. »Das bringt dir fünfundzwanzig Hiebe mit der Gerte ein. Sei froh, dass ich heute großzügig bin und dich nicht härter bestrafe.«

Ein Keuchen ist die einzige Antwort.

Er holt eine biegsame Gerte aus seiner Tasche.

»Du wirst still für dich mitzählen und nur die letzten beiden Hiebe laut ansagen.«

»Ja He ... ah!«

Er wartet ihre Entgegnung gar nicht erst ab, sondern zeichnet eine dunkelrote Strieme auf ihre rechte Backe.

›Das wird zu viel für sie,‹ wird ihm sofort klar.

Der Schlag war fest und schmerzhaft gewesen und ihr Schrei viel zu qualvoll für den ersten Hieb.

Er hat sich hinreißen lassen und seine negative Energie in den Schwung gelegt. Verdammt! So etwas passiert ihm selten und es ärgert ihn maßlos. Er drosselt seine Kraft. Der zweite Schlag bereitet ihr weniger Pein und eine hübsche hellrote Linie erscheint auf ihrer Haut. ›Besser, viel besser.‹

Alec liebt es, eine Frau an ihre Grenzen zu treiben. Das gilt für ihre Schmerzgrenze genauso wie für ihre Lust. Er steht darauf, sie zu beobachten, wie sie sich verliert und in ihrer absoluten Hilflosigkeit neu erfindet. Es macht ihn glücklich, wenn sie für ihn erträgt, was er ihr zumutet. Und natürlich muss eine Strafe härter ausfallen, als ein lustvolles Spanking. Doch er achtet genau auf seine Gespielin. Wenn er ihr mehr gibt, als sie ertragen kann, fühlt sich das für ihn wie eine persönliche Niederlage an. Er schenkt immer nur so viel Schmerz, dass er auch ihre Lust steigert.

»Rühr dich nicht«, befiehlt er und holt aus dem angrenzenden Schlafzimmer einen Spiegel, den er so platziert, dass er ihr Gesicht sehen kann, wenn er hinter ihr steht. Dann züchtigt er sie.

Die Gleichmäßigkeit seiner Hiebe, das Zischen der Gerte, wenn sie durch die Luft saust und das Klatschen, wenn sie trifft, beruhigen ihn. Er beobachtet auch die kleinste Regung in ihrem Gesicht, jeden Ausdruck in ihren Augen. Alles andere tritt in den Hintergrund.

Seine Partnerinnen wissen um seine Umsicht und geben sich gern in seine Hände. Daher mangelt es ihm nie an willigen Subs.

Ihr Arsch nimmt nach und nach die Farbe von reifen Tomaten an. Er sieht den feuchten Glanz auf ihren Schamlippen. Es wird eng in seiner Hose. Die Hingabe einer Frau war und ist ein Geschenk. Eines, das nicht nur seinen Schwanz strammstehen lässt, sondern ihn auch mit Ehrfurcht erfüllt. Und trotzdem ist es nicht perfekt. Es fehlt etwas. Doch daran hat er sich inzwischen gewöhnt und damit abgefunden. Das Leben ist nun einmal nicht vollkommen, aber es ist gut und wert ausgekostet zu werden.

Er genießt ihre Schreie, bis sie mühsam »vierundzwanzig« zwischen den Zähnen hervorpresst. Der letzte Hieb zischt auf die andere Backe. »Fünfundzwanzig.«

»Okay, es ist alles gut, du hast es geschafft«, flüstert er ihr ins Ohr, während er ihre Schamlippen streichelt. Zitternd vor Gier kniet sie vor ihm und wartet auf seinen nächsten Befehl.

Er gönnt ihr eine Minute, schaut auf sie herab, berauscht sich an ihrer Hilflosigkeit und an ihrer Hingabe. Langsam entledigt er sich seiner Kleidung, registriert zufrieden, dass sie gebannt in den Spiegel starrt und jede seiner Bewegungen verfolgt. Nachdem er sich ausgezogen hat, kniet er sich hinter sie und taucht seinen Schaft tief in heißes, nasses Fleisch. Genussvoll stößt er in sie, mit gedrosseltem Tempo, dafür sehr intensiv. Eine Hand krallt er in ihre Haare, entlockt ihr kleine spitze Schreie, während er immer wieder zustößt. Ganz allmählich wird er schneller, rammt sich härter in sie. Ihre Lautstärke steigert sich, ihre inneren Muskeln beginnen zu zucken, krampfen sich um seinen Schwanz zusammen, während ihre Laute zu einem lang gezogenen Jaulen anschwellen. Mit einem tiefen Stöhnen kommt auch er und entlädt sich tief in ihr.

Vielleicht ist es nicht perfekt, aber es ist trotz allem verdammt geil.

3

 

Nerviges Klingeln reißt sie aus dem Tiefschlaf. Rebecka zieht das Kissen über den Kopf. Doch jetzt lauscht sie geradezu angestrengt und wird dadurch erst richtig wach. Da, schon wieder das lästige Geräusch. Es hört nicht auf! Leise vor sich hin schimpfend schwingt sie die Beine aus dem Bett. Dem störenden Klang folgend, findet sie schließlich ihr Festnetztelefon unter einigen Zeitschriften auf dem Couchtisch im Wohnzimmer.

»Ja?«, knurrt sie gereizt.

»Guten Morgen, Süße. Sag bloß nicht, du hast noch geschlafen, es ist fast Mittag«, klingt die fröhliche Stimme ihrer besten Freundin an ihr Ohr.

»War spät gestern«, murmelt Becky schon etwas versöhnlicher. Lea verzeiht sie großzügig die Störung ihrer wohlverdienten, auf den Tag ausgedehnten, Nachtruhe.

»Ah, dann hattest du wohl eine ereignisreiche Nacht, was? Erzähl, wie war es? Geiler Typ? Hammermäßiger Sex?«

»Nett, aber nicht der Rede wert«, erwidert Rebecka knapp. Nicht, dass sie ihrer besten Freundin die delikaten Details verweigern würde, aber es gibt wirklich nichts Aufregendes zu berichten.

Die Freundinnen kennen sich schon seit ihrer Schulzeit, also gute fünfzehn Jahre. Lea ist die einzige Person auf der Welt, der Becky von ganzem Herzen vertraut.

Von Anfang an schätzte sie Leas unbeschwerte Fröhlichkeit sehr. Genau wie ihr Auge für die kleinen Dinge, die den Alltag so lebenswert machen. Ihren Enthusiasmus, mit dem sie sich mit allem, was sie zu geben hat, in Lebenslagen stürzt, die ihr wichtig erscheinen. Und wie sie sich für die Menschen einsetzt, die sie liebt. Außerdem bewundert sie die Freundin für ihren Mut sich fallenzulassen. Wäre Lea an ihrer Stelle, sie würde nicht zögern, sich in Alecs Hände zu gegeben. Hin und wieder beneidet Rebecka sie um ihre Risikobereitschaft und manchmal ist sie überzeugt davon, dass Lea komplett verrückt ist.

Einen Moment bleibt es still in der Leitung.

»Schade, hätte ja mal ein Hauptgewinn sein können«, sagt Lea dann bedauernd.

»Eher ein Trostpreis, obwohl eigentlich bin ich ungerecht. Er war nicht übel, wirklich. Es lohnt sich nur einfach nicht, groß darüber zu reden. War nett und Punkt. Aber nun erzähl, warum du mich aus dem Bett geholt hast.«

»Okay, also Lukas, Alec und ich gehen heute Abend in diese süße kleine Weinstube, die wir neulich entdeckt haben. Alec fliegt heute Nacht für drei Wochen nach Schottland und da wollen wir uns vorher noch mal treffen, ein bisschen quatschen, ein oder zwei Weinchen schlürfen. Fände schön, wenn du mitkommst. Hast du Lust?«

Alec ... schon wieder. Reicht völlig, dass er ständig durch ihre Gedanken und Fantasien geistert, da muss sie ihn wirklich nicht auch noch sehen. Gut, dass er wegfährt! Das bedeutet mindestens weitere drei Wochen, die er sie nicht mit seinen dunkelblauen Augen und seiner Stimme, die ihr durch Mark und Bein geht, durcheinanderbringt.

»Ja, warum nicht. Klingt nett, da komme ich gerne mit«, hört sie sich sagen. ›Moment mal, bin ich verrückt? Ich hatte doch ablehnen wollen.‹ Aber das hieße, ihn insgesamt wenigstens zwei Monate nicht zu sehen. Sie könnte sich einreden, dass es ihr nur darum geht, Lea zu treffen, aber sie weiß, dass sie sich damit selbst belügt. Seufzend ergibt sie sich in ihr Schicksal, als Lea fröhlich weiter plappert:

»Lukas und ich holen dich um sieben Uhr ab und bringen dich später auch wieder nach Hause. Dann kannst du was trinken. Das wird bestimmt ein toller Abend!«

Sie beenden das Gespräch und Becky schwankt zwischen Freude und Ärger. Warum zum Teufel hat sie zugesagt? Und wieso kribbelt die Vorfreude in ihrem Magen? Und mal ganz ehrlich, warum zieht sich der Tag wie ein Kaugummi?

Als Lea endlich klingelt, ist Rebecka schon seit einer gefühlten Ewigkeit fertig und unruhig durch ihre kleine Wohnung getigert.

Die Weinstube ist gut besucht und sämtliche Tische sind besetzt. Alec hockt bereits an einem, doch jetzt steht er auf, um die Neuankömmlinge zu begrüßen. Nachdem sie ihn freundschaftlich gedrückt haben, setzen sich Lea und Lukas nebeneinander auf die beiden Stühle. Damit ist der einzig noch freie Platz der neben Alec auf der engen Bank. Er umarmt auch sie zur Begrüßung kurz. Nicht mehr als eine kameradschaftliche Geste, doch sein Duft, eine würzige Mischung aus frischem Laub und Waldboden steigt ihr in die Nase und vernebelt ihre Sinne.

Er sitzt viel zu nah neben ihr und nachdem der Kellner die erste Runde eines vorzüglichen, süßfruchtigen Rotweins serviert hat, leert sie ihr Glas viel zu schnell. Immerhin gibt ihr der Alkohol die nötige Gelassenheit und sie beginnt seine Gesellschaft und ihre Viererrunde zu genießen. Anstatt so weit wie möglich von ihm abzurücken, rutscht sie so nah an ihn heran, dass sie seine Körperwärme spüren kann. Der durchdringende Blick, den er ihr daraufhin zuwirft, geht ihr durch Mark und Bein. Doch, statt etwas mehr Abstand zu gewinnen, trinkt sie ihr zweites Glas in einem Zuge aus.

»Wow, du legst ein mächtiges Tempo vor«, leicht irritiert fixiert Lukas ihr schon wieder leeres Glas. »Sei vorsichtig, das Zeug hat es in sich.«

»Ach lass sie nur, wenn sie Lust darauf hat, soll sie ruhig mal über die Stränge schlagen«, meint Alec grinsend und bestellt ein weiteres Glas Wein für sie. Bildet sie sich das nur ein, oder ist er jetzt noch ein Stückchen näher herangerückt? Zumindest pressen sich ihre Schenkel aneinander. Genießerisch, und wie sie hofft unauffällig, kuschelt sie sich an ihn. Warum Lea und Lukas sich so verschwörerisch angrinsen, bleibt ihr ein Rätsel. Was weiß sie schon, was für stumme Zwiegespräche die beiden führen. Ist ihr aber auch egal.

Alec erzählt ihnen von der zerklüfteten Landschaft der Highlands, den grünen Hügeln und den Bergen mit den vielen kleinen klaren Bergseen. Besser gesagt, er schwärmt davon. Sie wagt kaum, ihren Kopf zu drehen, um ihn anzuschauen. Seine Augen glitzern wie das Meer, wenn die Sonne darauf scheint. Man hört deutlich heraus, wie sehr er seine Heimat liebt.

Becky erhebt sich.

›Huch, entweder ich bin zu flott aufgestanden oder ich habe doch ein bisschen zu schnell getrunken‹, denkt sie und hält sich einen Moment am Tisch fest.

»Die Natur ruft«, kichert sie und steuert mit leicht unsicheren Schritten die Toiletten an. Beim Händewaschen lächelt sie ihrem Spiegelbild zu. ›Ist doch gar nicht so übel, warum will er mich nicht?‹ Sie zieht einen Schmollmund. ›Nein, tatsächlich ist es wohl eher so, dass ich auf die Bremse trete. Wieso eigentlich? Bin ich bescheuert? Ach ja, seine komischen Vorlieben beim Sex ...‹ Sie streckt der Frau im Spiegel die Zunge raus. »Ich habe Lust auf ein Abenteuer!« Damit dreht sie sich um und macht sich, leicht wankend auf den Weg, zurück zu ihren Freunden.

Dort lässt sie sich wieder neben Alec auf die Bank plumpsen und entdeckt ein neues Glas Wein auf dem Tisch vor ihrem Platz.

So nahe wie nur möglich rutscht sie an ihn heran. Ob er das bemerkt oder nicht, ist ihr mittlerweile egal. Selig nippt sie an ihrem Wein und hört Alec zu, der seinen Bericht Gott sei dank noch nicht beendet hat.

Becky staunt nicht schlecht, als das Glas kurze Zeit später schon wieder leer ist. Sie fühlt sich berauscht, doch daran ist eher der Klang seiner Stimme schuld. Mit offenen Augen träumt sie vor sich hin. Sie und Alec in Schottland. Kennenlernen, woran sein Herz so sehr hängt, dass es dieses Strahlen auf sein Gesicht zaubert. Erleben, was ihn begeistert.

›Wie gerne würde ich ihn küssen. Einmal nur spüren, wie sich das anfühlt. Es wird mindestens einen Monat dauern, bis ich ihn wiedersehe. Seine Stimme wieder höre. Eine Ewigkeit. Warum eigentlich? Wieso soll ich so lange auf seine Gesellschaft verzichten?‹ Ihr wird etwas schwindelig.

»Bitte nimm mich mit. Lass mich nicht alleine hier«, lallt sie mühsam, erstaunt wie schwer ihr das Sprechen fällt.

Drei Augenpaare richten sich abrupt auf sie, doch das macht ihr gar nichts aus. Gut gelaunt schlürft sie ihren Wein, stolz auf sich, weil sie auf diese wunderbare Idee gekommen ist.

Diese wunderschönen dunkelblauen Augen scheinen bis auf den Grund ihrer Seele blicken zu wollen. Selbst wenn sie es wollte, wäre sie nicht in der Lage wegzuschauen.

»Sei vorsichtig mit dem, was du dir wünschst, kleine Hexe. Manchmal gehen Wünsche in Erfüllung«, sagt er sehr ernst.

Hexe? Wünsche? Der Sinn seiner Worte bleibt ihr verborgen, aber das ist nicht weiter schlimm, solange sie nur dem Klang seiner Stimme lauschen darf.

»Mit dir gehe ich bis ans Ende der Welt«, nuschelt sie, mühsam, aber enthusiastisch. Sie fühlt sich so leicht und frei und immer noch ein bisschen schwindelig. Warum soll sie ihm nicht zeigen, dass sie gerade sehr glücklich an seiner Seite ist? »Aber ich gehe immer einen halben Schritt vor dir her«, setzt sie augenzwinkernd hinzu. »Weil ich mich nämlich nicht vor dir führen lasse, so!«

Er lacht und kommt ihr so nahe, dass sie die Bewegung seiner Lippen an ihrem Ohr spürt. So leise, dass nur sie ihn versteht, flüstert er: »Ob du vor oder hinter mir gehst, ist mir egal, mo shìtheag. Irgendwann wirst du vor mir knien und wir beide werden es genießen.«

Sie bemüht sich, den Sinn seiner Worte zu erfassen, doch es gelingt ihr nicht. Auch dem Tischgespräch kann sie nicht mehr folgen. Ihre Augen werden schwer. Unerheblich. Sie schmiegt ihren Kopf an Alecs Schulter und schläft tief und fest ein.

4

 

Rebecka erwacht aus einem tiefen, traumlosen Schlaf. Sie fühlt sich ein bisschen benommen. Nur langsam findet sie in die Realität zurück. Irgendetwas erscheint ihr merkwürdig.

›Das ist doch nicht mein Bett, oder?‹, grübelt sie. ›Nein, wohl nicht. Oh verdammt, bin ich etwa gestern bei dem Kerl eingeschlafen? Gar nicht gut! Bin ich mit neunundzwanzig tatsächlich schon zu alt für diesen Mist?‹

Offenbar hat sie lange geschlafen, denn Tageslicht flutet das Zimmer. Sie weiß nicht, wo sie ist, wie sie hierher kam, oder auch nur welcher Tag heute ist. Irritiert setzt sie sich in einem großen Doppelbett mit grau-rot-weiß kariertem Bettzeug auf. Ein Fehler, wie sich herausstellt, denn augenblicklich glaubt sie, jemand habe ihr mit einem Hammer auf den Kopf geschlagen. Stöhnend kneift sie die Augen zu und lässt sich zurück in das weiche Kissen sinken. Ihr Mund ist staubtrocken. Was um Himmels willen ist geschehen?

Als sie letzte Nacht mit dem Typen auf seiner Matratze landete, war es stockfinster gewesen. Dennoch beschleicht sie das Gefühl, in einem ganz anderen Raum aufgewacht zu sein. Moment mal, jetzt erinnert sie sich. Sie ist nach Hause gefahren und hat dabei um ein Haar einen Unfall verursacht! Das hat sie doch nicht geträumt, oder?

Mühsam öffnet sie die Lider erneut und sieht sich blinzelnd um. Das Schlafzimmer wirkt gemütlich, aber ungewohnt rustikal. Dafür sorgen der dicke dunkelrote Teppich, und das Karomuster, das sich sogar in den Vorhängen vor den Fenstern wiederfindet. Ihr Blick wandert durch das Zimmer und bleibt an einem großen Glas Wasser und einer Packung Alka Seltzer auf dem Nachttisch hängen. Wer auch immer die Umsicht besessen hat, das an ihr Bett zu stellen, sie ist unendlich dankbar dafür. Sie drückt gleich zwei Tabletten aus der Verpackung und leert das Wasserglas in einem Zug. Alles in ihr drängt danach, aus dem Bett zu springen, das ihr nicht gehört, um herauszufinden, wo zum Teufel sie sich befindet. Doch die rasenden Kopfschmerzen zwingen sie, ruhig liegen zu bleiben. Ihr Hirn dagegen arbeitet auf Hochtouren.

Sie hält sich nicht mehr in der Wohnung ihres One-Night-Stands auf. Sie war nach Hause gefahren ... Dunkel erinnert sie sich daran, ein paar Lebensmittel eingekauft und ihre Wäsche gewaschen und aufgehangen zu haben. Demnach hat sie sich nicht gestern, sondern vorgestern mit dem Typen vergnügt? Aber was hat sie gestern gemacht? War sie nicht mit Lea, Lukas und Alec verabredet gewesen? Natürlich! Das kleine Weinlokal, der süffige Rotwein ... ›Verdammt ja, der Alkohol ist sicher schuld an diesem furchtbaren Hämmern in meinem Kopf.‹

Sie hatte neben Alec gesessen, so nah, dass sie ihn riechen konnte. In ihrem aufgestauten Gefühlschaos war das entschieden zuviel Intimität gewesen. Warum hatte sie es nicht fertig gebracht, Abstand zu halten oder einfach früh zu gehen?

Langsam kehrt die Erinnerung zurück, wenn auch verschwommen, unwirklich und vollkommen grotesk. Vage kommen ihr verworrene, im Rausch entwickelte Ansichten in den Sinn, doch an konkrete Inhalte kann sie sich beim besten Willen nicht erinnern.

»Bitte nimm mich mit! Lass mich nicht alleine hier.«

Nein ... das hatte sie nicht zu ihm gesagt ... es nicht laut ausgesprochen, sodass er es gehört hatte ... oder doch?

Aber wenn er es nicht mitbekommen hätte, dann hätte er sie nicht so überrascht angeschaut. Dann hätten seine dunkelblauen Augen, die jedes Mal ihren Verstand ausschalten und ihr das Gefühl geben, im Meer zu treiben, ihr nicht den Boden unter den Füßen weggerissen.

Oh Gott, wie zum Teufel hatte das passieren können? Sie erinnert sich dunkel, immer wieder ein neues volles Glas Wein vor sich gehabt zu haben.

›Verdammt! Der Mistkerl hat mich abgefüllt!‹ Ihr schwant Böses. Sie schwingt die Beine aus dem Bett. Benommen schaut sie an sich herab, als ihre nackten Füße in den weichen Teppich sinken. Sie trägt nichts am Leib außer ihrem Slip. ›Wer hat mich ausgezogen? Alec etwa?‹. Gehetzt blickt sie sich um und erspäht erleichtert ihre Kleidung, die zusammen mit ihrer Handtasche ordentlich über einem Stuhl hängt. Heilfroh fischt sie ihr Handy heraus. Das Gerät ist aus, der Akku leer. Wie gut, dass sie gewöhnlich ein Ladekabel mit sich herumschleppt. Sie angelt es aus ihrer Tasche, doch als sie es einzustecken versucht, stutzt sie. Die Steckdosen in diesem Zimmer sehen merkwürdig aus. Ihr Netzstecker passt nicht hinein. ›Das darf doch nicht wahr sein! Wo zum Teufel bin ich?‹

Wortfetzen wabern durch ihr Hirn.

»Mit dir gehe ich bis ans Ende der Welt.«

Nein ... nein unmöglich! Das hatte sie nicht gesagt! So etwas Peinliches und vollkommen Dämliches würde sie niemals von sich geben! ... Schottland ... das Ziel seiner Reise war Schottland! Und damit in diesem Fall wohl auch das ›Ende der Welt‹. Nein, das wagt der Mistkerl nicht! Ausgeschlossen, dass er sie zuerst abgefüllt und dann verschleppt haben könnte!

So schnell ihre Kopfschmerzen es zulassen, zieht sie sich an und stolpert aus dem Raum, über einen Flur mit holzverkleideten Wänden und knarzenden Dielen und eine Treppe mit ausgetretenen Stufen. Unten angekommen stürzt sie aus der Haustür und erstarrt.

Die Steckdose ... die Erinnerungsfetzen ... Ihre Umgebung bestätigt ihre schlimmsten Befürchtungen. Kein Zweifel, sie ist nicht mehr in Deutschland.

Das Wetter, grau, trüb und empfindlich kühl, passt gut zu ihrer Stimmung. Leichter Nebel liegt über grünen Wiesen. Linker Hand, ein gutes Stück tiefer erblickt sie Wasser, so weit das Auge reicht. Ein großer See? Ein Ozean? Keine Ahnung. Immerhin ist die frische Luft eine Wohltat für ihren brummenden Schädel. Ganz bewusst atmet sie die würzige Seeluft ein, während sie auf wackeligen Beinen über feuchtes Gras, auf felsiges Gestein zu rennt. Sie ist noch nicht einmal außer Atem, als sie nicht mehr weiter kommt. Eine Klippe. Das Meer, tief unter ihr, wirft schäumende Wellen gegen das Gestein. Faszination und Entsetzen kämpfen in ihr. Entmutigt setzt sie sich auf einen Felsen und blickt aufgewühlt in die raue Brandung.

›Was habe ich mir da eingebrockt? Wie komme ich wieder nach Hause? Ich will hier weg! Vielleicht ist das ja nur ein Albtraum und ich wache jeden Moment in meinem eigenen Bett auf.‹ Fröstelnd und ratlos schlingt sie die Arme um ihren Körper. ›Wie bin ich bloß hier her gekommen?‹

5

 

Alec hört, wie sie aus seinem Schlafzimmer hastet, denn die alten Holzdielen ächzen und knarren. Nicht immer ein Vorteil, aber heute kommen ihm die Geräusche gelegen. Er steht unten in der Küche, gönnt ihr ein paar Minuten allein. Sie kennt sich hier nicht aus und ist nicht so dumm, blindlings davonzulaufen. Am Fenster stehend beobachtet er, wie sie auf die Klippe zusteuert und sich auf einen der großen Steine setzt. Sie wendet ihm den Rücken zu, trotzdem wirkt sie so verloren, dass sich etwas in seiner Brust zusammenzieht. Eine Schnapsidee, sie hierher gebracht zu haben.

Er wusste, dass er ihre im Rausch gelallte Bitte, sie mitzunehmen, nicht als Einwilligung zu dieser Reise werten durfte. Dennoch hatte er die Chance beim Schopf gepackt.

Ihre lange rotblonde Filzmähne leuchtet gegen das trübe schottische Wetter an. Warum läuft eine Frau, die auf die Dreißig zugeht, mit Dreadlocks herum? Zugegeben, die Frisur schmeichelt ihrem hübschen Gesicht, lässt ihre Züge noch zarter wirken und betont ihre grünen Hexenaugen. Er malt sich aus, wie sie vor ihm kniet. Die Beine mithilfe einer Spreizstange weit geöffnet. Die Arme auf dem Rücken gefesselt und mit einem zweiten Seil mit der Stange verbunden, wodurch sie ins Hohlkreuz gezwungen würde. Lebhaft stellt er sich vor, wie ihr Busen sich ihm entgegenstreckt. Gestern, als er sie auszog, hatte er sich kaum beherrschen können, ihre Brüste zu umfassen, nur um zu testen, wie sie sich unter seinen Händen anfühlen. Aber er riss sich zusammen, um dieses Vergnügen mit ihr gemeinsam zu genießen. Eine große Männerhand voll reizvoller runder Kugeln schätzte er. Abgebunden und mit Nippelklemmen verziert würden sie noch verführerischer aussehen. Ihre vollen roten Lippen wirkten im Schlaf so weich und einladend. Höchste Zeit, sie endlich zu kosten.

Wie gewöhnlich trägt sie ein enges Shirt in einer kräftigen Farbe. Diese Stofffähnchen bringen ihre scharfen Titten immer so gut zur Geltung, dass er sich zwingen muss, nicht ständig dorthin zu starren. Besonders wenn ihre Knospen sich so vorwitzig gegen den Stoff pressen, als wollten sie ihn durchbohren.

Schon öfter hatte er bemerkt, wie ihre Nippel hart wurden, wenn sie sich unbeobachtet glaubte und ihn anschmachtete. Bestimmt träumte sie dann von süßem zahmen Blümchensex mit ihm. Er wusste immer noch nicht genau, ob er amüsiert oder eher pikiert sein sollte. Schmeichelhaft, der Gegenstand ihrer schmutzigen kleinen Fantasien zu sein. Doch bei der Vorstellung von langweiligem, spießigen Verkehr im Dunkeln unter der Bettdecke, wollte sich beim besten Willen nichts in seiner Hose regen.

Überhaupt, die Frau ist unmöglich! Frech, vorlaut und mit einem merkwürdigen Sinn für Stil ausgestattet. Ihre üppigen Kurven versucht sie mit weiten, bunten Hosen oder Röcken aus fließenden Stoffen zu kaschieren. Vermutlich glaubt sie, ihr draller Arsch würde dadurch weniger ins Auge stechen, dabei ist eher das Gegenteil der Fall. Die Textilien scheinen ihren Hintern zu streicheln.

Er hatte schon mehr als einmal um Beherrschung gerungen, nicht nach ihren Backen zu greifen, um herzhaft hineinzukneifen. Himmel, wie peinlich wäre das denn? Immerhin ist er ein erwachsener Mann und kein pickliger Teenager!

Ihre Augen sind bestimmt sehr ausdrucksstark, wenn sie vor Leidenschaft glühen. Er findet sie sogar faszinierend, wenn sie vor Wut funkeln. Doch meistens sieht er bedauerlicherweise überhaupt kein Licht in ihren Hexenaugen.

Vielleicht war das einer der Gründe, warum er gestern spontan beschloss, sie mitzunehmen. Der Mensch, der sich hinter der Fassade verschanzte, interessierte ihn. Es kam vor, dass sie so laut und überdreht war, dass sie seine Nerven strapazierte. Dann wieder war sie still und in sich gekehrt und er glaubte, eine tiefe Traurigkeit in ihr zu spüren. Dann musste er sich zurückhalten, um sie nicht einfach in den Arm zu nehmen.

»Was ist nur mit dieser Frau los? Erklär mir das bitte mal. Ich würde es gerne verstehen«, hatte er Lea erst vor ein paar Wochen gefragt.

Die hatte ihn lange angesehen, jedoch bedauernd den Kopf geschüttelt. »Du weißt, ich liebe dich wie einen Bruder, Alec. Und ich sehe, dass sie dich fasziniert. Deshalb wäre es sinnvoll, wenn du einige Dinge über sie wüsstest. Aber ich bin die falsche Person, dir davon zu erzählen. Ich kann sie unmöglich so hintergehen. Wenn du ihr Vertrauen gewinnst, wird sie dir deine Fragen selbst beantworten, wenn du sie darum bittest. Schaffst du das nicht, gehen dich ihre Geheimnisse auch nichts an. Tut mir leid.«