Fesselnde Überstunden - Maledom Kurzgeschichten

 

 

 

Tanja Russ

 

Fesselnde Überstunden

Maledom Kurzgeschichten

 

ISBN 978-3-94596-752-2

 

(c) 2018 Schwarze-Zeilen Verlag

www.schwarze-zeilen.de

 

Alle Rechte vorbehalten.

 

Die auf dem Coverfoto abgebildeten Personen stehen in keinem Zusammenhang mit dem Inhalt dieses Buches!

Hinweis

 

Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind nicht beabsichtigt und rein zufällig.

 

Dieses Buch ist nur für Erwachsene geeignet, bitte achten Sie darauf, dass das Buch Minderjährigen nicht zugänglich gemacht wird.

 

1. Fitness ist geil

 

Ich bin topfit. Noch nie war ich so durchtrainiert, wie ich es im Moment bin. Dabei bin ich noch nicht einmal besonders ehrgeizig. Auch kein extremer Bewegungsjunkie. Schuld an meiner Fitness ist dieser Typ, der seit zwei oder drei Monaten bei uns im Studio trainiert. Er ist kein George Clooney oder Brad Pitt. Ein ganz normaler Typ von nebenan. Dunkelblond, schlank, T-Shirt, schwarze Trainingshose. Er ist kein Bodybuilder und das ist auch gut so. Ich stehe nicht auf diese muskelbepackten Kerle. Der Mann hat was, das meine Fantasie beflügelt. Ich mag sein Lächeln, auch wenn ich es selten zu sehen bekomme. Nicht, dass er ein Miesepeter wäre, aber Sport ist nun einmal anstrengend. Da gibt es nicht so viel zu lachen.

Leider scheint er keine festen Trainingszeiten zu haben. Deshalb bin ich viel öfter im Studio, als mich mein sportlicher Ehrgeiz dort hinzieht.

Heute ist es relativ voll. Ich verschaffe mir einen kurzen Überblick über die Leute an den Geräten. Da! Er ist da! Mein Herz macht einen kleinen Hüpfer. Er trainiert auf dem Stepper. Dort habe ich in schon öfter gesehen.

Ich wähle ein Fahrrad, um meine Muskeln aufzuwärmen, weil ich ihn von da am besten im Auge behalten kann. Er hat Kopfhörer in den Ohren. Auf welche Musikrichtung er wohl steht? Es muss etwas Fetziges sein, denn er hat ganz schön Elan.

Mir fällt auf, dass er seine Blicke durch den Trainingsraum schweifen lässt. Holla, der checkt die Mädels hier! Er tut das sehr unauffällig, stiert niemanden blöd an. Ich bemerke es nur, weil ich ihn so genau beobachte. Ob er mich auch schon abgecheckt hat? Ich schaue an mir hinab. Unförmiges Schlabbershirt mit verwaschenem Schriftzug darauf und auch meine ausgeleierte Jogginghose hat schon bessere Zeiten gesehen. Hat mich bisher nie gestört. Hier trainieren völlig normale Leute, keine aufgedonnerten Tussen und Showboys. Trotzdem, jetzt ist mir mein nachlässiger Look unangenehm. Ich brauche dringend neues Sportzeug!

Nach dem Training springe ich schnell unter die Dusche. Dabei träume ich mit offenen Augen, stelle mir vor, er käme jetzt rein und stellt sich zu mir unter den Wasserstrahl. Ja, ich weiß, sie würden ihn rauswerfen, wenn er sich in die Frauendusche verirrt. Schade, diese Fantasie wird wohl niemals wahr werden.

Zwei Tage später gehe ich wieder ins Studio. Den gestrigen Nachmittag habe ich genutzt, um Sportklamotten zu shoppen. Mein neuer Look ist gewagt. Kurze Hose aus schwarzglänzendem Lycra, die eher schon als Hotpants durchgeht. Ich habe sie eine Nummer kleiner genommen, damit sie schön knapp sitzt. Dazu ein ziemlich figurbetontes orangefarbenes Shirt. So kurz, dass es beim Trainieren hochrutschen und immer mal ein Streifen Haut zu sehen sein wird.

Ob er heute kommt? Wahrscheinlich nicht. Er war ja erst vorgestern da. Hach, ich kann es nicht abwarten. Es treibt mich ins Studio. Wenn er nicht da ist, kann ich mich zumindest schon mal daran gewöhnen, mich in diesem Outfit in der Öffentlichkeit zu zeigen. In der Umkleidekabine werfe ich einen letzten Blick in den Spiegel. Gewagt ... aber dank ihm und meinem verdammt häufigen Training sind meine Schenkel straff und mein Hintern knackig. Ich kann mir den neuen Look erlauben, stelle ich zufrieden fest und betrete beschwingt den Trainingsraum. Im Vorbeigehen grüße ich Olli: Trainer, Aufsicht und Getränkeverkäufer in einem. »Wow! Heiß, Jasmin!«, ruft er mir nach und stößt einen Pfiff aus.

»Danke,« rufe ich lässig über die Schulter und wackele provozierend mit dem Arsch. Kaum angekommen und schon ein Kompliment eingeheimst. Ich kann mich gerade noch zurückhalten eine Pirouette zu drehen.

Heute gehe ich auch mal auf den Stepper. Kann ja nicht schaden, Oberschenkel und Hintern noch ein bisschen mehr zu trainieren.

Ich bin höchstens drei Minuten auf dem Gerät, habe mich gerade eingegroovt, da kommt ER rein. Wow, damit hatte ich nicht gerechnet. Mein Herz schlägt einen Purzelbaum. Jetzt bloß nicht stolpern. Ich möchte mich bitte nicht blamieren. Er steuert ebenfalls die Stepper an, lässt dabei den Blick durch den Raum schweifen und bleibt an mir hängen. Weil ich ihn beobachte, ohne dass er es mitbekommt, sehe ich, wie sein Blick zuerst auf meiner Hose verweilt. Moment mal, der schaut mir doch wohl nicht genau in den Schritt, oder? Ich sollte empört sein, aber ich spüre lediglich ein lustvolles Ziehen in meinem Schoß und muss mich konzentrieren, um nicht doch noch aus dem Takt zu geraten. Seine Augen wandern weiter zu meinen Brüsten. Ja, ich weiß, die kommen in dem engen Shirt ziemlich gut zur Geltung. Dann erst sieht er mir ins Gesicht. Was soll ich von der Reihenfolge halten? Vielleicht einfach nur, dass meine Shoppingtour erfolgreich war. Ich kann mir ein kokettes Grinsen nicht verkneifen.

Unsere Blicke treffen sich und ihm scheint bewusst zu werden, dass ich ihn schon eine Weile beobachtet habe. ›Ja, ich hab dich erwischt mein Lieber!‹

Doch das scheint ihm nicht peinlich zu sein. Er zwinkert mir zu und grinst mich verschmitzt an. Wow, ich mag sein Lächeln wirklich! Ich sag ja, der Typ hat was!

Er steigt auf einen Stepper in meiner Nähe und legt los.

Eine Viertelstunde später bin ich fertig mit dem Aufwärmen und beginne mein Zirkeltraining. Ab und zu schaue ich zu ihm rüber, ansonsten verläuft das Training ziemlich ereignislos – zumindest, bis ich mich auf den Adduktorentrainer begebe. Ich spreize die Schenkel, um die Gewichte, im unteren Bereich der Oberschenkel, nach außen zu drücken. Gerade als ich die Beine wieder schließe, um die Spannung zu lösen, besetzt er den Butterfly direkt gegenüber. Er hebt die Arme im rechten Winkel, umfasst die Griffe und drückt die Gewichte in Brusthöhe auseinander. Während ich meine Übung absolviere, guckt er mir ungeniert zwischen die Beine. Ich bin verlegen, verunsichert und spüre gleichzeitig wieder dieses lustvolle Ziehen in meinem Schoß. Er steht auf.

›Was denn, hat er doch keine Lust auf das Gerät ... oder den Anblick? Oh, hey er kommt zu mir rüber.‹

Herausfordernd grinst er mich an und legt ein Gewicht mehr auf.

›Nanu, was soll denn das jetzt? Glaubst du vielleicht, das krieg ich nicht hin? Na warte, du wirst schon sehen!‹

Ohne ein Wort nimmt er seinen Platz am Butterfly wieder ein. Er wirft mir einen auffordernden Blick zu und drückt die Gewichtstangen langsam auseinander. Dann hält er die Spannung, ganz so als würde er auf mich warten.

›Ach was? Du möchtest, dass wir unsere Übungen synchron absolvieren? Bitte sehr.‹ Ich spreize die Beine. Hui, das eine Gewicht mehr zieht ganz schön. Er hält die Anspannung in seinen Armen und schaut mir dabei erneut ungeniert in den Schritt. Meine Schenkel beginnen zu zittern. Endlich sieht er mir ins Gesicht, nickt und lässt den Butterfly gemächlich zurück in die Ausgangsposition gleiten. Ich folge seinem Beispiel.

Er wartet eine halbe Minute. So ungefähr jedenfalls. Fasziniert von seinem Lächeln bekomme gerade nicht viel mit. Wieder trifft mich sein auffordernder Blick und ich drücke die Gewichte mit ihm zusammen auseinander. Er die Arme, ich die Beine. So trainieren wir eine ganze Weile. Ich habe vergessen mitzuzählen, wie oft wir die Übung absolvieren. Meine Oberschenkel zittern immer heftiger. Er macht größere Pausen und hält die Spannung nicht mehr so lange.

Er führt mich! Wahnsinn! Mir wird heiß, als ich das erkenne. Das spornt mich an und ich halte mehr Wiederholungen durch, als ich jemals an dem Gerät absolviert habe. Und das sogar obwohl ein Gewicht mehr aufliegt! Doch er bemerkt, wie schwer mir jede weitere Runde fällt, sieht, dass ich nicht mehr kann, steht auf und kommt zu mir herüber.

»Gut gemacht«, sagt er mit diesem schelmischen Lächeln und hält mir seinen Trinkbecher hin. So ein Plastikteil mit einem integrierten Strohhalm. Das ist fast schon ein indirekter Kuss, oder? Ich nehme den Becher, murmele einen Dank und versuche ihn anzuschauen, während ich trinke. Aber ich senke automatisch den Blick, ohne dass ich es verhindern kann.

»Danke«, sage ich noch einmal, als ich ihm sein Getränk zurückgebe.

Er zieht mich an sich, womit er mich vollkommen überrascht. Mit einer Hand greift er ungeniert nach meinem Arsch und knetet meine Backen.

›Ähm hallo? Das kannst du doch nicht einfach so machen.‹

Was für ein dummer Gedanke. Ich spreche ihn auch nicht aus. Genau das wollte ich doch schließlich! Darauf habe ich es mit meinem neuen Outfit angelegt. Ein voller Erfolg! Seine Hand auf meinem Hintern fühlt sich gut an. Ich wünschte, er würde mich in irgendeine ruhige Ecke ziehen. Aber wohin? Hier sind überall Leute. Weit und breit kein geeignetes Fleckchen. Ich hätte Lust, mich an ihm zu reiben, aber ich traue mich nicht. Verdammte Schüchternheit! Vielleicht auch ganz gut so. Ich möchte nicht rüberkommen, wie eine läufige Hündin.

Die Wärme seines Körpers hüllt mich ein, steigt mir zu Kopf. Ich mag nicht mehr denken. Will mehr von ihm spüren.

»Ich bin Freitag wieder hier, gleiche Uhrzeit.« Sein Atem streichelt mein Ohr. Seine leise Stimme bewirkt, dass sich sämtliche Härchen auf meinen Armen aufrichten. Ich stehe in Flammen. Wie zum Teufel stellt er das an? Er lässt mich abrupt los, dreht sich um und steuert ein anderes Gerät an. Verwirrt bleibe ich zurück. Atme tief durch. Schaue mich um. Wahrscheinlich starren mich alle Leute hier an, oder? ... Nein ... nur ein älterer bärtiger Mann lächelt mich an, zwinkert mir zu und zeigt mir eine Daumen-Hoch-Geste. Was soll das? Ach der ist einfach nur nett. Vermutlich sieht man mir an, wie verrückt ich nach diesem Typen bin ... dessen Namen ich immer noch nicht kenne, wird mir gerade klar. Verdammt. Wie nenne ich ihn, wenn ich an ihn denke? Typ finde ich unpassend für einen Mann, der meinen Arsch schon geknetet hat. Ich könnte ihn Butterfly nennen. Wegen dem Gerät, an dem er trainiert hat ... und weil er schon wieder weggeflattert ist. Passt doch. Ich schlendere durch den Raum. Butterfly ... Schmetterling? Ne, das hört sich schwuchtelig an. Würde ihm sicher nicht gefallen. Mein Blick fällt auf Olli, der einer Frau, die ich hier noch nie gesehen habe, den korrekten Bewegungsablauf am Rudergerät erklärt.

›Coach‹, ja, das klingt viel besser.

Er absolviert jetzt an einem Trainingsgerät, dessen Namen ich nicht kenne, eine Übung für den Rücken. Wenige Meter neben ihm liegen die Bodenmatten. Ich schmunzele in mich hinein und beschließe, dass ich ihn für heute noch nicht genug gereizt habe.

Ich knie mich im Vierfüßlerstand auf die Matte, strecke ein Bein grade nach hinten, halte es einen Moment in der Waagerechten und stelle es zurück auf den Boden. Fünfzehn Wiederholungen mit jedem Bein. Natürlich habe ich mich so gedreht, dass er mir genau auf den Arsch schauen kann. Nur sehe ich jetzt leider nicht, ob er überhaupt hinsieht. Ich bin angespannt. Habe das Gefühl, er schaut hin, aber ich kann mich auch täuschen. Nachdem ich die Übung endlich beendet habe, drehe ich mich um und lege mich auf die Seite. Jetzt kann ich ihn wieder sehen. Ich stütze mich auf dem Ellenbogen ab und spreize das obere Bein grade nach oben, halte einen Moment die Spannung und setze es langsam wieder ab. Er sitzt immer noch am gleichen Gerät, aber er trainiert nicht. Er hat sich in meine Richtung gedreht und sieht mir zu. Die Arme hat er so auf seine Schenkel gestützt, dass man ihm nicht in den Schritt gucken kann. Zufall oder Notwendigkeit?

Mit einem Mal fällt mir auf, dass er nicht der Einzige ist, der mich beobachtet. Heute ist viel los hier. Mich treffen ein paar unfreundliche Blicke von anderen Frauen und ein paar ziemlich lüsterne von einigen Männern.

Das ist mir unangenehm. Ich fühle mich plötzlich unwohl. Hätte ich doch meine unförmigen weiten Klamotten an und würde ich mich hier nicht präsentieren, als bräuchte ich auf der Stelle einen Schwanz!

Ich breche meine Übung ab, lege mich auf den Bauch, das Gesicht auf meine Arme. Ja, ich weiß, das ist albern. Aus dem Alter, in dem ich glaubte, es sieht mich niemand, den ich nicht sehe, bin ich raus. Vermutlich starren sie mir jetzt auf den Arsch.

»Was ist, bist du schon fertig?«

Überrascht gucke ich hoch und meinem Coach direkt in die Augen. Mein Herz setzt zwei Takte aus und die anderen Leute sind vergessen.

»Hm, ja.« Mehr bringe ich nicht raus. Ziemlich dämlich, diese plötzliche Schüchternheit, nachdem ich mich hier angebiedert und zur Schau gestellt habe.

Er hält mir seine Hand hin. Ich ergreife sie und lasse mich von ihm auf die Füße ziehen. Wow ein total angenehmes Gefühl, ihn zu berühren. Seine Hand ist warm, aber nicht schwitzig und ein bisschen schwielig. Er arbeitet mit seinen Händen. Das gefällt mir. Ich mag das Gefühl auf meiner Haut ... Meine Gedanken nehmen schon wieder einen gefährlichen Kurs. Ich merke, dass ich rot werde, Mist. In stiller Übereinkunft steuern wir die Stepper an. Ich könnte ihn fragen, wie er heißt. Aber ich verkneife es mir, obwohl ich es liebend gern wüsste. Irgendwie finde ich das aufregend.

»Was hältst du davon, wenn wir uns anstatt Freitag, am Samstag hier treffen? Wenn alles klappt, bin ich mittags, so gegen zwei Uhr da. Falls du Zeit hast, könnten wir nach dem Training noch einen Kaffee trinken gehen.«

Mein Herz beginnt zu rasen und meine Wangen fühlen sich an, als könnte man ein Spiegelei darauf braten. »Ist das ein Date?«

Sein Gesicht verzieht sich zu diesem süßen verschmitzten Grinsen, während er sich ein wenig vorbeugt. Seine Lippen berühren mein Ohr. »Wenn du es so nennen willst.« Er zieht mein Ohrläppchen in seinen Mund, saugt einmal kurz daran, bevor er es wieder freigibt und mir zuzwinkert. »Bis Samstag.« Damit dreht er sich um und verschwindet in die Herrenumkleide.

Ganzkörpergänsehaut! Ich rühre mich nicht vom Fleck, schaue ihm nach, wie eine komplette Idiotin. Ich wollte was Cooles sagen. So etwas wie ›Mal sehen, wenn ich es einrichten kann, bin ich da.‹ Stattdessen frage ich ihn, ob das ein Date ist? Herrgott, ich möchte im Boden versinken! Soll ich überhaupt am Samstag herkommen? Sind ja noch vier Tage bis dahin. Mir bleibt also Zeit, darüber nachzudenken.

 

Selbstverständlich packe ich am Samstag meine Tasche und fahre ins Studio. Bedenken habe ich schon. Allerdings muss ich mich nicht fragen, ob ich ihn treffen will. Es ist das Wetter, das Zweifel in mir aufkommen lässt. Heute ist mit Abstand der heißeste Tag des Jahres. Zweiunddreißig Grad und total drückend. Gefühlt sind es eher fünfundvierzig Grad. Echt kein Wetter, um sich sportlich zu betätigen. Und im Studio fällt ständig die Klimaanlage aus. Bei der Hitze funktioniert die bestimmt wiedermal nicht. Unter normalen Umständen bekämen mich heute keine zehn Pferde da hin ... der Coach dagegen schon.

Auf dem Parkplatz herrscht gähnende Leere. Im Studio ist tatsächlich niemand, außer Olli. Es ist geradezu gespenstisch still und auch vom Coach ist weit und breit nichts zu sehen. Enttäuscht steuere ich die Stepper an. Wahrscheinlich kommt er bei dem Wetter gar nicht. Immerhin funktioniert die Klimaanlage, was an ein Wunder grenzt. Dann kann ich zumindest ein bisschen was tun, wenn ich schon mal hier bin. Ich habe gerade mein Handtuch auf das Gerät gelegt, da kommt Er rein, schaut sich um, sieht mich und winkt mir lächelnd zu. Dann geht er zum Tresen und spricht mit Olli. Nach einigem hin und her drückt Olli ihm etwas in die Hand. Dann gehen die beiden Richtung Ausgang. ›Hä? Was wird das denn?‹ wundere ich mich. Eine Minute später kommt der Coach allein zurück und bleibt vor meinem Stepper stehen. Er hält mit triumphierenden Grinsen einen Schlüsselbund in die Höhe.

»Heue trainiert hier kein Mensch. Einfach zu heiß draußen. Ich konnte Olli davon überzeugen, zwei Stunden Pause in der Eisdiele einzulegen.« Er hält einen Moment inne, schaut mir tief in die Augen. »Zwei Stunden nur du und ich« der Ton, in dem er das sagt, nimmt mir die Luft zum Atmen. Er klimpert mit dem Schlüsselbund. »Die Eingangstür ist abgeschossen, niemand stört uns. Es sei denn, du möchtest sie lieber wieder aufschließen. Dann nimm den Schlüssel und tu es.«

Ich steige vom Stepper, ohne den Blick auch nur für eine Sekunde von ihm abzuwenden. Ich kann froh sein, dass ich nicht stolpere. Auffordernd strecke ich die Hand aus. Er gibt mir den Schlüssel, sieht aber ein wenig enttäuscht aus, oder bilde ich mir das nur ein? Ich werfe den Bund ein kleines Stück hoch und fange ihn wieder auf. ›Hui, der Plan war, mit ihm Kaffee trinken zu gehen. Dass es sofort heiß wird, hatte ich nicht geplant. Will ich das? Kann ich mich auf ihn einlassen? Einfach so? Vertraue ich ihm genug? Ja, verdammt! Ich will ihn! Schon seit Wochen schmachte ich ihn an. Obwohl ich eigentlich nichts über ihn weiß, noch nicht einmal seinen Namen. Aber das macht einen Teil des Reizes aus. Ich lächele ihn an, vielleicht ein bisschen zu strahlend, aber das ist mir egal, und werfe den Schlüsselbund auf den Sattel eines Fahrrads.

»Zwei Stunden ... Ich gehöre dir, Coach. Mach mit fit.«