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Nr. 7

 

Drei hoch Psi

 

Ein Orbiter in Einzelmission – auf der Spur der Vernichtungswaffe

 

Dietmar Schmidt

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

 

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1. SOL – Unweit des Mauritiussystems

2.

3.

4.

5.

6.

7. CALAMAR – Raxulsystem

8. SOL – Raxulsystem

9. Xilu

10. Tensilea

11.

12. EXUR VII

13.

14.

15. SOL – Raxulsystem

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

SOL – dieser Name hat einen ruhmvollen Klang in der 3000-jährigen Geschichte der terranischen Raumfahrt. Das Fernraumschiff spielt immer wieder eine entscheidende Rolle im schicksalhaften Konflikt zwischen den kosmischen Mächten der Ordnung und des Chaos.

Im Jahr 1552 Neuer Galaktischer Zeitrechnung ist Perry Rhodan in die ferne Galaxis Yahouna versetzt worden. Dort sollen er und die Besatzung der SOL herausfinden, ob die Superintelligenz BARIL auf der Seite der Ordnung oder des Chaos steht. Die SOL gerät schnell in Bedrängnis und wird in den Dienst einer Ritterin BARILS gezwungen.

Der Kosmokratendiener Eroin Blitzer hat sein Urteil bereits gefällt. Er plant, der chaotarchischen Präsenz in Yahouna ein Ende zu setzen, auch um den Preis einer Vernichtung der SOL. Als Perry Rhodan das verhindern will, stößt er auf eine neue Gefahr – sie wächst mit dem Faktor DREI HOCH PSI ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Terraner begibt sich auf eine Einzelmission.

Eroin Blitzer – Der Zwergandroide macht sich selbstständig.

Agom, Jotan und Ulat – Die drei Weisen von Xilu unterscheiden zwischen einzeln und allein.

Gamt, Tira und Lodom – Die drei Eltern stehen Rhodan bei.

1.

SOL

Unweit des Mauritiussystems

 

Im Außenbeobachtungshologramm lösten sich winzige, schwarze Punkte von der goldenen Hantel. Sie schwebten aus den Öffnungen der Beiboothangars und zogen davon. Vergrößerungen zeigten pyramidenförmige Raumschiffe mit vier oder fünf Flächen, die allesamt einem gemeinsamen Ziel zustrebten. Sie verbanden sich zum Tetraeder der Schlachtspitze, des Ritterschiffs von A-Kuatond.

Eroin Blitzer verabscheute die Ritterin zutiefst. Der ganze Vorgang verursachte ihm Übelkeit – ein Gefühl, das der Androide mit einem einzigen Gedanken hätte abschalten können. Doch er befand, dass solche körperlichen Reize wertvolle Informationen für seine Situationsbewertung beisteuerten.

Die Zentrifaal A-Kuatond war eine Ritterin BARILS, einer verräterischen Superintelligenz. Nach außen hin gab BARIL vor, für Neutralität zu stehen, für Ausgleich zu sorgen. Ihre Prediger und Missionare schwadronierten in endlosen Litaneien davon; BARIL gehörte zu jenen Superintelligenzen, die sich von ihren Hilfsvölkern quasireligiös verehren ließen.

Aber aller angeblichen Neutralität zum Trotz hatte BARIL lange insgeheim für die Kosmokraten gearbeitet, die Ordnungsmächte des Multiversums, denen auch Eroin Blitzer verpflichtet war. Die Kosmokraten hatten ihn erschaffen lassen. Blitzer war ein künstliches Lebewesen, jedem natürlichen Geschöpf inhärent überlegen und nicht darauf angewiesen, dass sein Körper Bedrohlichkeit ausstrahlte. Deshalb war er nur so groß wie ein Menschenkind und musste es sich gefallen lassen, als Zwergandroide bezeichnet zu werden.

Von seinem Äußeren getäuscht, hatte die Besatzung der SOL anscheinend vergessen, welche Machtfülle er in sich vereinte. Statt seine Anweisungen zu befolgen, paktierten sie mit der Ritterin.

Obwohl BARIL offenbar eine Kehrtwende vollzogen und sich mit der Terminalen Kolonne TRAITOR eingelassen hatte, einem in vielen Universen operierenden militärischen Machtinstrument der Chaotarchen, den erbitterten Gegnern der Kosmokraten. Mithilfe des Sphärenlabyrinths ermöglichte BARIL der Kolonne, mühelos von einem Universum ins andere zu wechseln.

Auf diesen Verrat gab es nur eine logische Antwort. Das Sphärenlabyrinth musste vernichtet werden. Genau zu diesem Zweck hatte Blitzer die SOL in die Galaxis Yahouna entsandt. Doch Perry Rhodan weigerte sich, seine Aufgabe zu erfüllen.

Der dunkelblonde Terraner mit den graublauen Augen musste Blitzers anklagenden Blick in seinem Rücken gespürt haben, während er sich im Ergebnis seines Erfolgs sonnte: Voll Unbehagen sah er das Kunstwesen über die Schulter an.

Plagt dich das schlechte Gewissen, Rhodan?, dachte Blitzer. Das sollte es. Du lässt dich mit dem Feind der Ordnung ein.

Vor der Reise nach Yahouna hatte Blitzer ein Machtmittel nutzen können, um die Solaner von der Notwendigkeit einer Kooperation zu überzeugen: Das kosmokratische Raumschiff NEUBEGINN hätte die SOL vernichtet, wenn sie die Mission verweigert hätte, und eine andere Einheit wäre entsandt worden.

Doch nun war die SOL unterwegs, und die NEUBEGINN war am Ausgangspunkt zurückgeblieben. Seitdem war Blitzer darauf angewiesen, dass die Solaner glaubten, sie seien entbehrlich. Zwar stand es ihm nach wie vor frei, die Kontrolle über den Hantelraumer zu übernehmen und ihn sogar zu zerstören. Doch ohne ein vergleichbar kampfstarkes Ersatzschiff war das keine Option.

Die zunehmenden Unbotmäßigkeiten der Solaner wiesen darauf hin, dass sie diesen Umstand erkannt hatten. Blitzers Handlungsmöglichkeiten waren entsprechend eingeschränkt. Er musste hoffen, dass die Besatzung Vernunft annahm, sobald die Ritterin von Bord war.

»Nun heißt es Abschied nehmen, Orbiter«, sagte A-Kuatond.

Rhodan wandte sich der Ritterin BARILS zu, die neben ihm vor dem Zentralholo stand.

Blitzer musterte sie voller Widerwillen.

Sie hatte sich der Kooperation der Solaner auf dieselbe Weise versichert wie er: mit der Androhung der Zerstörung ihres Schiffs.

Auf A-Kuatonds Kommando hatten sich die Pyramidensegmente ihrer Schlachtspitze in den Beiboothangars der SOL postiert und auf molekularer Ebene mit dem Material des Rumpfs verbunden. Sie waren förmlich in die SOL eingewachsen und hätten jederzeit explodieren können, sollte sich Rhodan gegen die Ritterin BARILS auflehnen.

Zentrifaal waren im Wesentlichen humanoid, auch wenn der Aufbau des Gesichts sich deutlich von Terranern unterschied. Eine weitere Auffälligkeit waren die Hände, rechts mit Daumen und vier Fingern, allerdings mit Respekt einflößenden Krallen bestückt, links nur ein schaufelförmiger, muskulöser Hautlappen. Mit dieser linken Hand umschloss A-Kuatond zurzeit die Rechte, sodass die Krallen nicht zu sehen waren.

»Kann ich noch irgendwie helfen, Ritterin?«, fragte Rhodan.

Trotz der ursprünglichen Feindschaft, trotz A-Kuatonds Erpressung war ihr etwas gelungen, das Blitzer verwehrt geblieben war: Sie hatte Rhodans Vertrauen gewonnen. Bei der Bekämpfung der tödlichen Seuche an Bord der SOL und auf dem Planeten Praraytiap hatten sie zur Zusammenarbeit gefunden. A-Kuatond ihrerseits hatte sich mehr und mehr dazu durchgerungen, Rhodan als ihren ersten Diener und Stellvertreter zu akzeptieren, je mehr sie über Haldukass, den Leiter ihres Ritterordens, herausgefunden hatte. Es gab immer deutlichere Zeichen, dass er mit der Terminalen Kolonne paktierte.

Dennoch zog die Ritterin nicht die richtigen Schlüsse. Sie klammerte sich an die Hoffnung, dass nur Haldukass, die Stimme BARILS, korrupt war. Blitzer hätte das Übel an der Wurzel gepackt und unterschiedslos den ganzen Ritterorden vernichtet – zu diesem Schritt war A-Kuatond nicht in der Lage. Auch der Vernichtung des Sphärenlabyrinths stand sie vollkommen ablehnend gegenüber. Sie drängte darauf, zunächst mehr zu erfahren, und vergeudete so wertvolle Zeit.

»Nein, Orbiter«, lehnte die Zentrifaal ab. »Ich muss das allein tun.« Weshalb, begründete sie nicht. Rhodan in seiner Verblendung glaubte vielleicht, ihr Vertrauen gewonnen zu haben, aber in Wirklichkeit wahrte sie ihre Geheimnisse. »Ich muss erfahren, wieso BARILS Ritter ein Heilmittel gegen eine tödliche Seuche besitzen, es aber nicht einsetzen. Und ob es in der Vergangenheit ähnliche Vorfälle gegeben hat. Du erforschst währenddessen, warum Haldukass das Sphärenlabyrinth geschaffen hat.«

»Das werde ich.«

Wieder regte sich Übelkeit in Blitzer. Das Labyrinth musste nicht erforscht, sondern zerstört werden!

Er hatte jedoch kein Druckmittel, um diese Notwendigkeit durchzusetzen. Er konnte die SOL mit seinen mentalen Kräften in Fernsteuerung nehmen, doch auch seinen Fähigkeiten waren Grenzen gesetzt. Die Zerstörung des Labyrinths war ein diffiziles Manöver, das höchste Präzision verlangte. Hierfür brauchte er eine erfahrene, eingespielte Mannschaft, die ihn unterstützte. Jedenfalls auf einem so relativ primitiven Raumfahrzeug wie der SOL.

»Bevor ich von Bord gehe«, sagte A-Kuatond, »möchte ich dich als meinen Orbiter legitimieren.«

»Ich dachte, ich bin schon ...«, begann Rhodan überrascht, brach jedoch ab, als die Ritterin sich bewegte.

Sie machte eine Bewegung mit dem linken Arm, und über dem Greiflappen erschien das Siegel der Superintelligenz BARIL: eine stilisierte Waage in einem goldenen Funkengestöber. Die Waage symbolisierte den Ausgleich, den BARIL angeblich vertrat. »Die Stimme BARILS hat dich lediglich zu meinem Orbiter ernannt«, erläuterte die Zentrifaal. »Jetzt akzeptiere ich dich. Berühre das Hologramm.«

Rhodan gehorchte.

Blitzer presste die Lippen zusammen. Kein Zögern, kein Moment der Besinnung. Rhodan konnte es wohl nicht erwarten, sich in den Dienst einer zweifelhaften Superintelligenz zu stellen.

Der Terraner streckte die Rechte vor, und als sein Zeigefinger mit der goldenen Waage in Kontakt kam, verwehte die Darstellung und zog in Rhodans Hand hinein.

»Ein sehr angenehmes Gefühl«, konstatierte Rhodan mit einem Staunen, das Blitzer kindlich erschien. »Wärme, die mir durch den Arm läuft und sich in der Brust sammelt.«

»Es ist BARILS Herzenswärme, und mit ihr kannst du dich jederzeit als Orbiter einer Ritterin BARILS ausweisen.«

»Wie aktiviere ich das Siegel?«

A-Kuatonds Gesicht blieb reglos wie immer. »Du wirst es wissen.«

Blitzers Übelkeit verschärfte sich sprunghaft. Musste alles, was BARIL betraf, von Mystik verbrämt werden?

A-Kuatond legte die rechte Hand auf den Rücken und reichte Rhodan die linke. Zentrifaal verbargen die Krallenhand, wenn sie jemanden freundschaftlich begrüßten – oder verabschiedeten. Rhodan ergriff ihre Schaufelhand mit seiner Linken und schüttelte sie nach Art der Terraner.

Verneige dich am besten noch, Orbiter, dachte Blitzer.

»Pass auf dich auf, Ritterin«, sagte Rhodan.

Sogar Blitzer merkte, dass es für ihn keine bloße Floskel war.

»Das werde ich.« A-Kuatond ließ seine Hand los und wandte sich zum Gehen. Rhodan begleitete sie zum Beiboothangar.

Eroin Blitzer sah ihnen nach, bis sich das Zentraleschott hinter ihnen schloss.

Die SOL wartete noch auf die Rückkehr eines Beiboots aus dem Sphärenlabyrinth, der CALAMAR unter dem Kommando von Roi Danton, Rhodans Sohn. Danach musste die Entscheidung fallen, das Sphärenlabyrinth zu vernichten. Oder etwas anderes würde geschehen. Länger würde Eroin Blitzer dem Treiben der Menschen jedenfalls nicht mehr zusehen.

2.

 

Von einer Sekunde auf die andere erschien die CALAMAR im Zentralholo. Roi Danton hatte den kosmokratischen Ortungsschutz abgeschaltet, sodass die Korvette für die SOL sichtbar wurde.

Gleich darauf zeigte sich Danton selbst im Kommunikationshologramm. Die rotblonden Haare erinnerten Perry Rhodan immer wieder an die Mutter seines Sohns. In den dunkelblauen Augen paarte sich Energie mit Entschlossenheit.

Der Terraner verspürte einen Anflug von Sentimentalität, als er Michael Reginald Rhodan zu Gesicht bekam, wie Danton eigentlich hieß. Sie hatten oft ein schwieriges Verhältnis gehabt; unter anderem deshalb hatte sein Sohn einen anderen Namen angenommen. In Rhodans Gedanken jedoch blieb er Mike. Erst vor wenigen Wochen hatten sie sich nach mehr als hundertachtzig Jahren der Trennung wiedergetroffen. Das war indes bei Weitem nicht das erste Mal gewesen, dass Mike verschwunden war, und auch nicht der längste Zeitraum, in dem Rhodan nichts von ihm gehört hatte.

Danton hatte mit der CALAMAR einen Vorstoß in das Sphärenlabyrinth unternommen, um Näheres über den Zustand der Terminalen Kolonne zu erfahren und herauszufinden, inwieweit TRAITOR und BARIL kooperierten. Rhodan konnte kaum abwarten zu hören, welche Erkenntnisse sein Sohn gewonnen hatte.

»SZ-2-K 34 CALAMAR an SOL«, meldete sich Danton in unpersönlichem Ton. »Erbitte Erlaubnis zum Einschleusen. Wir haben einiges zu berichten.« Kurz schwieg er, dann blickte er Rhodan direkt in die Augen. »Und danach, Daddy, schuldest du mir ein Essen. Ich habe einen Bärenhunger. Vielleicht machst du mal wieder deine Spaghetti mit Teufelssoße, die ich so gern mag.«

Rhodan verzog keine Miene, obwohl dieser familiäre Ton zwischen Danton und ihm nun wirklich nicht an der Tagesordnung war. Er musste sich beherrschen, um nicht zu Eroin Blitzer hinüberzusehen. Mike nannte ihn niemals Daddy. Und von Spaghetti mit Teufelssoße hörte Rhodan zum ersten Mal. Danton ließ ihn eindeutig wissen, dass er etwas zu berichten hatte, das nicht für die Öffentlichkeit bestimmt war – jedenfalls vorerst.

»Das trifft sich gut«, sagte Rhodan gut gelaunt. »Die Bordversorgung hat mir gerade alle nötigen Gewürze in meine Kabine geliefert. Ich wollte sowieso mal wieder den Kochlöffel schwingen.«

SENECA verzichtete auf seinen üblichen Kommentar.

 

*

 

Sie saßen im Besprechungsraum des Expeditionsleiters, und Eroin Blitzer strafte sie mit Schweigen.

Rhodan hätte den Zwergandroiden lieber nicht dabeigehabt, aber ihm war nichts anderes übrig geblieben, als ihn einzuladen.

Außer Rhodan, Danton und Blitzer war Tess Qumisha anwesend, Chefwissenschaftlerin und seit Neuestem Kommandantin der SOL. Rhodan beobachtete mit Freude, wie sie immer besser in ihre neue Rolle hineinwuchs. Auch in dieser Eigenschaft trug sie die gewohnte schwarze Kombination statt der Borduniform, aber am Kragen prangte der goldene Komet, das Rangabzeichen eines Flottillenadmirals, das er ihr als Nachfolgerin von Fee Kellind aufgenötigt hatte.

Danton legte die Hände vor sich auf die Tischplatte. »Die gute Nachricht zuerst«, sagte er. »TRAITOR ist zerfallen.« Er sah von einem zum anderen. »Das bedeutet nicht, dass TRAITOR nicht mehr bestünde. Aber eine zentrale Führung fehlt, und es haben sich mehrere Fraktionen gebildet, die miteinander im Kampf stehen und versuchen, sich gegenseitig zu vereinnahmen. Sie führen, um eine historische Analogie zu benutzen, Diadochenkriege.«

»Was sind das für Fraktionen?«, fragte Rhodan.

»Wir können noch nicht allzu viel darüber sagen. In den Datenbanken der Skapalm-Bark GRAGRYLO hatte ich einen Hinweis auf die Welt Doliuto gefunden. Dort sind wir auf eine Gruppierung getroffen, die etwas sehr Interessantes tat. Und Beunruhigendes.« Danton machte eine kurze Pause. »Sie sammelte PEW-Metall.«

»Parabio-Emotionaler Wandelstoff?«, fragte Qumisha. »Hyperphysikalisch hochinteressantes Material mit erstaunlichen Einsatzmöglichkeiten. Ist mir aber lange nicht mehr begegnet.«

»Kann ich leider nicht behaupten«, warf Rhodan ein. »Ich hatte erst vor Kurzem mit dem Zeug zu tun. Ein Meister der Insel hat sein Bewusstsein in mehreren Statuen aus PEW-Metall konserviert und dient mittlerweile dem Herrscher des Neuen Tamaniums als Berater.« Er sah zu Blitzer. »Alte Gegner. Haben nichts mit den Kosmokraten zu tun.«

Der leise Spott glitt an dem Zwergandroiden ab. Blitzer verzog kaum das Gesicht, das menschlich wirkte, aber ungewöhnlich flach war. Der kindergroße Zwergandroide hatte runde, kindliche Augen, die nun jedoch misstrauisch zusammengekniffen waren. Im Verein mit den greisenhaften Runzeln und Falten, die seine gelbliche Haut furchten, wirkte Eroin Blitzer wie Gestalt gewordener Argwohn. Er trug seine übliche, glänzend-dunkelblaue, einteilige Kombination mit steifem, hellblauem Kragen.

»Wir haben jedenfalls herausgefunden, wohin das PEW-Metall im Sphärenlabyrinth transportiert wird«, ergänzte Danton. »Dort müssen wir weiter nachforschen.«

Im Stillen fragte sich Rhodan, wieso sein Sohn das nicht schon längst tat. Es sah Mike überhaupt nicht ähnlich, Zeit zu verlieren, indem er der SOL einen Zwischenbericht ablieferte. Diese Frage – und andere mehr – würde wohl beim Spaghettiessen beantwortet.

»Und du kommst her, statt diese Spur zu verfolgen?« Blitzer stellte die Frage, die sich Rhodan wohlweislich verkniffen hatte. »Auf diese Weise verlierst du Zeit. Und Zeit ... ist ein begrenztes Gut.«

»Der Einsatzplan ist schon fertig, aber ich brauche dazu ein paar Spezialisten, die noch an Bord der SOL sind«, rechtfertigte sich Danton. »Notgedrungen bin ich deshalb zurückgekommen.«

Blitzer schüttelte den Kopf. »Wir nutzen deine Rückkehr zu unserem Vorteil. Es ist gut, dass die Korvette wieder in ihrem Hangar steht. Wie gesagt, die Zeit ist knapp. Durch A-Kuatonds Abzug haben wir unsere Handlungsfreiheit zurückerhalten. Der Vernichtung des Sphärenlabyrinths steht nichts mehr entgegen.«

Rhodan widersprach. »Nach wie vor gilt: Am besten fahren wir, wenn wir die Strategie des Gegners vereiteln, am zweitbesten, wenn wir seine Bündnisse aufbrechen. Kämpfen sollten wir erst, wenn das versagt.«

»Das werden wir tun«, beharrte Blitzer. »Wir vereiteln die Pläne der Terminalen Kolonne, indem wir sie des Instruments berauben, das sie zur Umsetzung ihrer Ziele benötigt.«

»Die Kolonne hat seit jeher auch ohne Sphärenlabyrinth schon gewaltige Flotten von einem Universum ins andere verlegt«, erinnerte Danton ihn. »Das Labyrinth erleichtert das nun, und ich stimme zu: Das allein wäre schon großer Grund zur Sorge. Aber mein Gefühl sagt mir, dass weitaus mehr dahintersteckt. Wenn wir nicht wissen, was TRAITOR bezweckt, erreicht die Kolonne ihr Ziel vielleicht auf einem anderen Weg, und für uns ist es zu spät, um noch etwas dagegen zu unternehmen.«

»Wichtig wäre es auch zu erfahren, was die Kolonne mit dem PEW-Metall vorhat«, pflichtete Tess Qumisha ihm bei.

»Wie du siehst, steht es drei gegen einen.« Danton grinste den Zwergandroiden an.

»Diese Entscheidung ist nicht Gegenstand einer demokratischen Abstimmung«, begehrte Blitzer auf. »Ich habe einen Plan ausgearbeitet. Ich lasse bereits einen Teil eurer Transformgeschütze modifizieren und die Munition anreichern, um eine wirksame Waffe ...«

»Du hast recht.« Als Blitzer ihn überrascht anblickte, sah Rhodan dem Kosmokratendiener fest in die Augen. »Es ist keine demokratische Entscheidung. Die Schiffsführung der SOL ist es, die die Entscheidung fällt, und niemand sonst. Also: Wir werden weiterhin aufklären, was dort vor sich geht – das ist nicht nur das Gebot der Stunde, wie auch Tess und Mike es sehen. Ich habe A-Kuatond mein Wort gegeben. Und auch du solltest ein Interesse daran haben, TRAITORS Pläne zu erfahren und das weitere Vorgehen auf diese Erkenntnisse zu gründen. Denn handeln werden wir – aber erst wenn die Zeit reif ist.«

Eroin Blitzer kniff verdrossen die Lippen zusammen, doch dann gab er nach. »Also gut. Ich halte mich vorerst zurück.«

Der Zwergandroide stand auf. Wie um seine Überlegenheit zu demonstrieren, verzichtete er auf die Benutzung der Tür. Sein Körper wurde transparent, und er ging direkt durch die Wand.

»Jetzt habe ich richtig Appetit auf die Spaghetti.« Perry Rhodan winkte Roi Danton zu sich. »Komm mit, du kannst Chilis schneiden.«

3.

 

Eroin Blitzer empfand weder Behagen noch Bequemlichkeit. Solche Empfindungen trübten sein Urteil, statt es zu schärfen. Nicht, dass er in Gefahr gewesen wäre, sich allzu wohlzufühlen: Wie alles an Bord der SOL genügte das Quartier keinem Standard, den er gewöhnt war. Er saß auf einem primitiven Stuhl vor einer primitiven Positronikkonsole. Letzteres benötigte er nicht. Er nutzte die Möbel nur, weil es zweckmäßig war, beim Nachdenken zu sitzen.

Zur Übelkeit hatten sich mittlerweile Kopfschmerzen gesellt, wie sie ihn schon seit einiger Zeit regelmäßig störten. Dieser Anfall hatte jedoch eine neue Qualität. Blitzer erwog ernsthaft, seine Empfänglichkeit für körperliche Warnreize zu reduzieren oder ganz abzuschalten. Er entschied sich dagegen, nahm sie stattdessen als Motivation, endlich Ordnung auf der SOL zu schaffen.

So groß kann man das bauen?