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Robert Gruber, Wilfried A. Hary

HdW-B 015: Im Zeichen der Macht





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

HdW-B 015:

Im Zeichen der Macht

von Robert Gruber

und Wilfried A. Hary

 

John Willard im Zentrum

- und sein Ringen um Anerkennung!

 

Dieses Buch basiert auf der gleichnamigen

Heftserie – Band 45 bis 47!

 

ISSN 1614-3302

Copyright 2015 by HARY-PRODUCTION

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HARY-PRODUCTION!

 

Coverhintergrund: Anistasius

Titelbild: Gerhard Börnsen

 

Einführung


Über eine Million Jahre in der Zukunft:

Auf Baldagor-3 gibt es zwei rivalisierende Menschenrassen: Die Kadamo'on sind eins mit der Natur und hassen die Madari, die sich in ihren Städten gegen sie und die Natur verschanzen. Und jetzt sind die Madari dabei, das Monopol des Sternenvogts zu brechen, des Herrn der Welten: Sie entwickeln die verbotene überlichtschnelle Raumfahrt und gefährden damit wegen der besonderen kosmischen Position von Baldagor die Stabilität des Raum-Zeit-Kontinuums.

John Willard ist hier, um das zu verhindern. Doch er muss vorsichtig vorgehen, um die wirtschaftliche Ordnung nicht zu gefährden: Die Madari sind seit Jahrhunderttausenden Mitglieder des interstellaren Handelsverbundes. Aber der HERR DER WELTEN hat vorgesorgt und die Kadamo'on auf seinen Diener vorbereitet, rechtzeitig, um eines Tages dies zu nutzen. Zum Wohle des Universums.

Nun muss John Willard sich beweisen - als eben dieser Diener und Gesandte, als der lange prophezeite Messias. Er erzählt uns davon...


1


Wochen vergingen.

Der Ablauf von Tag und Nacht wiederholte sich und ich, John Willard, bekam noch des öfteren Gelegenheit, mich als F'antoi-Führer zu bewähren, als Führer dieser gigantischen Skorpionwesen, die auf ihrem Rücken die Dörfer und Städte der Kandamo'on durch die ewige Wüste von Baldagor-3 trugen.

Schließlich erreichte der Stamm der Paragar die Eiablage-Plätze seiner F'antoi.

Im Licht der Monde sah ich sie eines Nachts auftauchen. Pyramidenförmige Erhebungen, geformt aus Sand, der durch die Sekrete der F'antoi in seinen chemischen Eigenschaften verändert worden war.

„Wie kommt es, dass die F'antoi die Pyramidenform für ihre Eiablageplätze benutzen?“, fragte ich, an Sakari, den Schamanen, gewandt.

„Kein Mensch vermag das zu sagen. Möglicherweise weiß der Herr der Welten darauf eine Antwort, aber die Pyramide ist eine besondere göttliche Form. Sie konzentriert Kräfte. Das Nachbilden dieser Form muss im genetischen Programm der F'antoi verankert sein, aus welchem Grund auch immer.“

„Der Stamm muss jetzt seine F'antoi verlassen“, erläuterte mir Torlanas. „Nicht einmal die F'antoi-Führer werden auf ihren Plätzen verbleiben.“

„Warum nicht?“

„Weil die F'antoi jetzt damit beginnen werden, ihre geschlüpften Jungen auszugraben und neue Gelege anzulegen. Während dieser Zeit sind ihre Reaktionen unkontrollierbar. Es wäre lebensgefährlich, auf einem F'antoi während dieser Zeit zu reiten.“

„Wie behaltet ihr die PSI-Kontrolle über die Tiere?“, fragte ich.

Torlanas lächelte.

„Das ist nicht schwer. Nach getaner Arbeit sind die F'antoi dermaßen erschöpft, dass wir sie leicht wieder in Besitz nehmen können.“

„Und die geschlüpften Jungtiere?“

„Sie folgen der Herde automatisch. Ein Band des Bewusstseins bindet sie mit jenem F'antoi, die sie ausgegraben haben.“

Torlanas streckte den Arm aus, deutete auf eine der Pyramiden.

„Das, was du hier siehst, Fremder Willard, das ist nur die Spitze, der Großteil liegt unter Sand begraben, den der Wind herbeigeschafft hat, Tonnen von Sand.“

„Die Spitze eines Eisbergs also“, murmelte ich und musste unwillkürlich über den etwas unpassenden Vergleich lächeln.


*


Der Stamm der Paragar verließ seine F'antoi. Überall war zu sehen, wie sich zunächst einige der Männer hinunter seilten, dann folgten die Reitkäfer. Schließlich der Rest der jeweiligen Sippe.

Sie bestiegen die Reitkäfer.

Auch ich saß auf einem dieser Tiere und nun zahlte es sich aus, dass ich es zu lenken wusste.

Die F'antoi waren jetzt kaum noch zu halten.

Sobald das PSI-Band zu ihrem jeweiligen F'antoi-Führer zerriss, stürzten sie auf die Eiablage-Plätze zu und begannen mit ihrem Werk.

Ein geradezu fantastischer Anblick.

Vom Horizont her war ein Geräusch zu hören.

Mehrere dunkle Punkte näherten sich. Summgeräusche mischten sich in den Lärm, den die F'antoi veranstalteten.

Viele der Kadamo'on stoppten ihre Reitkäfer, wandten den Blick angstvoll in den Himmel.

Lichter blinkten dort, die in diesem fast sternenlosen Firmament natürlich besonders auffielen.

„Transport-Gleiter“, mur­melte ich.

„Madari!“, zischte Torlanas hervor.

Zum ersten Mal sah ich Angst in den Augen der Kadamo'on, selbst Torlanas, der gelassene Stammensführer, war nicht frei davon.

Und dies hatte seinen Grund, denn in diesem Moment waren die Kadamo'on verwundbar.

Es gab keine Möglichkeit für sie, vor ihren überlegenen Feinden zu flüchten, wie sie es sonst taten.

Der Weg unter die Planetenoberfläche war ihnen versperrt, denn nichts konnte die F'antoi unter ihren Einfluss zwingen.

„Ich glaube nicht, dass wir von denen etwas zu befürchten haben“, sagte ich.

Torlanas verzog das Gesicht.

„So, wie kommst du zu dieser Ansicht?“

„Es handelt sich um Transport-Gleiter“, sagte ich.

Über die unterschiedlichen Gleitertypen war ich durch mein Vorwissen, das der Sternenvogt mir gegeben hatte, informiert.

„Du scheinst dich ja gut mit den unterschiedlichen Gleitertypen der Madari auszukennen“, sagte Sakari schneidend.

Torlanas Gesicht wurde grimmig.

„Sieh dir die kleinen Schnellen dort hinten mal an, Willard.“

Mir fielen sie jetzt auch auf.

Wie Sternschnuppen wirkten sie zunächst, dann näherten sie sich.

Das Licht der Monde wurde durch die metallene Außenhaut reflektiert.

Es handelte sich um kleinere Jägertypen.

Sie schienen eine Art Begleitschutz für die Transportgleiter darzustellen.

Es musste sich um einen Transport von außergewöhnlicher Wichtigkeit handeln, wenn er von diesen schnellen Gleitern geschützt werden musste. Denn normalerweise war kaum eine Bedrohung für die Gleiter vorstellbar.

Dass die schwachen Laserwaffen der Kada­mo'on ihnen etwas an­haben konnten, war mehr als unwahrscheinlich.

Wer immer diesen Transport in Auftrag gegeben hatte, er schien auf Nummer Sicher gehen zu wollen.

Möglicherweise soll damit auch für den Fall des Absturzes sichergestellt werden, dass niemand in den Besitz des Trans­portgutes gerät, überlegte ich.

Ich begann, mich zu fragen, was an Bord dieser Transportgleiter wohl geladen worden war.

„Sie wissen genau, in welcher Situation wir sind“, sagte Torlanas. „Wir sind hilflos.“

Die ersten Laserblitze zuckten.

Sie wurden nicht auf uns gefeuert, nicht auf die Kadamo'on. In der Dunkelheit waren wir vielleicht auch nicht die geeigneten Ziele.

Nein, sie feuerten auf die wie wahnsinnig mit ihren Grabungsarbeiten beschäftigten F'antoi und ihre Brutgelege-Pyramiden.

Grimm erfasste mich.

Sie tun es einfach nur aus Spaß, dachte ich. Eine Art Sport für sie, ohne sich darüber Gedanken zu machen, dass die Nomaden von den Gelegen abhängig waren.

Wenn ein Kadamo'on-Stamm durch diese Schießerei zum Sterben verurteilt war, so stellte das für die Piloten vermutlich einen durchaus gewünschten Nebeneffekt dar.

Nur ein toter Nomade war ein guter Nomade.

Nach dieser Devise handelten viele von denen. Ich selbst hatte es erlebt, als ich zum ersten Mal mit Torlanas und dem Stamm der Paragar zusammengetroffen war.

Die ersten Riesenskorpione gingen in Flammen auf.

Ein verbrannter, bei­ßender Geruch verbreitete sich bis zu uns hin.

Kreischlaute der ster­benden F'antoi ertönten, ein wahrer Höllengesang.

Die Reitkäfer wurden unruhig. Es wurde schwieriger, sie unter Kontrolle zu halten.

Ich spürte den Widerstand des primitiven Bewusstseins meines Tieres. Und den anderen Reitern erging es nicht anders.

Und ich spürte auch noch etwas anderes. Die Blicke der Kadamo'on. Sie waren auf mich gerichtet.

Ich wusste, dass ich jetzt etwas tun musste.

Ich hatte die Madari einmal besiegt und das erwarteten sie jetzt wieder von mir.

Ich nahm den Energieprojektor vom Gürtel, jenes kleine, unscheinbare Gerät, das der Sternenvogt mir mitgegeben hatte und einen ganz wesentlichen Teil meiner Ausrüstung darstellte.

Ich brauchte diesen Projektor noch, um seine Vernichtungskraft dorthin zu lenken, wo die Madari versuchten, hinter das Geheimnis des Überlichtfluges zu kommen.

Die Energiereserven dieses Moduls waren natürlich begrenzt. Das wusste ich. Und ich wusste auch, dass ich mir einen Teil dieser Re­serven aufheben musste, für jenen Moment, wenn der entscheidende Teil meines Auftrages erledigt werden musste.

Aber wenn ich einen Teil dieser Gleiterflotte vom Himmel holte, so überlegte ich, war es wahrscheinlich gar nicht mehr nötig, die anderen auch anzugreifen.

Im übrigen bestand für mich im Moment nicht die geringste Entscheidungsfreiheit, denn wenn ich nichts gegen die Madari-Gleiter unternahm, dann bedeutete das unweigerlich wohl auch mein eigenes Ende. Denn auch für mich gab es kein Überleben in dieser Wildnis, dieser trostlosen Gluthölle, deren Hitzeaufwallungen einzig und allein den F'antoi-Eiern zur Reifung nützten, ansonsten aber der Feind jeglichen Lebens waren.

Ich hatte nur Sekunden Zeit, um das Modul zu justieren. Der Energieblitz zuckte, breitete sich aus, bildete eine Energieblase, in die mehrere der kleinen Jäger eingeschlossen wurden und ebenfalls einer der Transportgleiter.

Dem Transportgleiter gelang es, sich aus der Blase wieder zu befreien.

Er trudelte jedoch Richtung Planetenoberfläche.

Die kleinen Jagdgleiter zerbarsten einer nach dem anderen, während der Transportgleiter in einiger Entfernung auf die Oberfläche von Baldagor-3 einschlug.

Die Erde erbebte unter dem Aufprall.

Die Kadamo'on begannen, ein Kampfgeheul auszustoßen.

Es kam wie ich vorher gesehen hatte. Der Gleiterverband zog ab, wohin auch immer.

„Wahrlich, du bist der, auf den wir gewartet haben“, sagte Sakari. Seine Stimme vibrierte leicht dabei.

Ich wandte mich an Torlanas.

Ich hatte das Gefühl, dass es ein günstiger Augenblick war, meine Bitte zu äußern.

„Wie lange werden die F'antoi noch damit beschäftigt sein, ihren Nachwuchs auszugraben?“, fragte ich.

„Bestimmt noch die ganze Nacht.“

„Dann möchte ich mir gerne die Absturzstelle des Gleiters ansehen.“

„Warum? Was versprichst du dir davon? Beutegut?“

Torlanas lachte.

„Das Meiste, was sie an Bord haben, ist frevelhaft, ist vom Herrn der Welten verboten und widerspricht dem Gortoch.“

Gortoch - das war das Prinzip der kosmischen Ordnung, das in der Religion der Kadamo'on eine zentrale Bedeutung inne hatte.

Gortoch - Gesetz war eine zu schwache Bedeutung für diesen Begriff. Nicht allumfassend genug.

„Ich möchte mir die Absturzstelle ansehen“, beharrte ich. „Sie kann nur wenige Meilen entfernt sein und mit den Reitkäfern werden wir diese Strecke innerhalb kürzester Zeit hinter uns gebracht haben.“

Torlanas wirkte nachdenklich. Er wechselte einen Blick mit Sakari, dann nickte er schließlich.

„Gut“, sagte er. „Aber du sollst nicht allein reiten. Parakas und Lordoi werden dich begleiten. Ich muss hier beim Stamm bleiben, dessen Anführer ich bin.“

„Ja, das verstehe ich“, sagte ich.

Parakas und Lordoi hatte ich ja bereits als zuverlässige F'antoi-Führer kennen gelernt.

Ich hatte nichts dagegen einzuwenden, dass sie mich begleiteten, obgleich ich nicht genau wusste, ob dies eine Begleitung zu meinem Schutz oder zu meiner Beaufsichtigung darstellte.

Ich beschloss, mir darüber nicht weitere Gedanken zu machen.

Ich durfte keine Zeit verlieren. Wir brachen auf.

Die Reitkäfer krabbelten in einem erstaunlichem Tempo vorwärts, selten habe ich in einer anderen Welt, die ich im Auftrag des Sternenvogts besuchte, derart schnelle Reittiere gesehen.

Und selbst viele hochmoderne Fahrzeuge, sofern es sich nicht um Gleiter handelte, hätten Schwierigkeiten gehabt, mit ihnen in diesem unwegsamen Gelände mitzuhalten.

Wir erreichten die Absturzstelle.

Eine schwarze Rauchfahne zeigte sie uns auf großer Distanz bereits an.

Ich stieg von meinem Reitkäfer. Inzwischen wusste ich, dass ich ihn durch einen gezielten Schlag an eine bestimmte Stelle seines Kopfes in eine Art Starre versetzen konnte.

Die Kadamo'on höhl­ten dazu den Panzer des Reitkäfers dermaßen aus, dass man direkt an die Nervenbahnen des Tieres gelangte. Dieser Schlag, auch Galsch genannt, brauchte etwas Übung. Und nun zeigte sich, dass ich diese Übung nicht hatte.

Parakas half mir.

Er stieg von seinem Reitkäfer herunter, versetzte ihn in Starre und führte dann den Galsch an meinem aus.

„Ich danke dir“, sagte ich.

„Keine Ursache. Was du für uns getan hast, ist viel mehr, Willard. Und ich bin froh, mich revanchieren zu können.“

Ich nickte ihm zu, dann wandte ich mich herum, sah mir das Wrack des Gleiters an.

Ich hoffte nicht, dass wir auf überlebende Besatzungsmitglieder stießen, denn in dem Fall hatten diese durch die Kadamo'on-Nomaden nichts anderes als Grausamkeit zu erwarten.

Und ich hatte keine Lust, ein Zeuge dieser Grausamkeiten zu werden.

Im hinteren Teil des Wracks herrschte ein Schwelbrand. Durch die geborstene Scheibe drang der schwarze Qualm nach außen, aber die Fahrerkabine war relativ unversehrt.

Ich öffnete mit Hilfe eines elektronischen Moduls, das ich bei mir trug, die Tür, deren elektronisches Schloss nicht sehr schwer zu knacken war.

Der Pilot und der Copilot waren durch den Aufprall getötet worden. Die Wucht dieses Geschehens hatte sie vorne gegen die Scheiben geschleudert.

Blut klebte dort jetzt.

Was mich interessierte, war der Rechner. Über das Modul, das ich bei mir trug, gelang es mir, in das System hinein zu kommen. Es ließ sich sogar teilweise aktivieren.

Computer waren eben widerstandsfähiger als Menschen, dachte ich.

Einen Teil der Daten lud ich in das Modul hinein. Alles, was ich bekommen konnte.

Mich interessierte die Fracht und der Bestimmungsort. Denn vom ersten Augenblick an war mir klar gewesen, dies war kein gewöhnlicher Transport. Er musste eine besondere Bedeutung haben und ich war entschlossen, herauszufinden, welche.

Ich verließ die Fahrerkabine wieder, klappte die Tür hinter mir zu.

Parakas stand da, beobachtete mich. Er­stau­nen stand in seinem Gesicht.

„Du kennst dich gut aus in der Technik der Madari!“

„Ich will wissen, wohin dieser Transporter unterwegs war“, sagte ich.

„Warum ist das wichtig?“

„Es ist wichtig“, erklärte ich. „Die Madari sind die Feinde eures Volkes. Warum fragst du nach dem Grund dafür, dass ich ihre Absichten kennen will?“

„Und ihre Absichten kannst du aus dem Zielort dieses Transporters erkennen?“, fragte Parakas.

Unverhohlenes Misstrauen!, überlegte ich. Genau das war es, was in Parakas' Worten mitschwang. Und das, nachdem ich für ihn und seinen Stamm diesen Transporter vom Himmel geholt hatte. Trotzdem verdächtigte er mich insgeheim, vielleicht doch ein Spion der Madari zu sein.

„Hat es je Spione der Madari unter euch gegeben?“, fragte ich Parakas.

Lordoi war nun ebenfalls herbeigetreten.

„Es hat“, nickte Lardoi. „Vor zwei Generationen haben die Madari einen Versuch unternommen, uns ganz von der Planetenoberfläche zu tilgen. Sie haben Agenten bei uns eingeschleust, als Händler getarnt. Sie haben versucht, die Eiablageplätze unserer F'antoi herauszubekommen und hin und wieder ist es ihnen gelungen. Das bedeutete dann stets das Ende des Stammes.“

„Ich verstehe“, sagte ich. „Aber seit einiger Zeit ist das doch nicht mehr die Politik der Madari“, fuhr ich fort.

„Die Politik der Madari hat sich nie geändert“, korrigierte mich Parakas. „Es ist nur so, dass sie eingesehen haben, dass sie letztlich nur in Koexistenz mit uns hier auf Baldagor-3 leben können. Sie können uns dezimieren. Sie können dafür sorgen, dass wir uns gegenseitig mit ihren Laserwaffen zu Tode bringen. Aber sie werden uns niemals von hier vertreiben können. Dazu sind wir viel zu sehr mit dem Planeten selbst eins. Wenn du verstehst, was ich meine, Willard?“

„Ja, ich glaube, ich verstehe sehr gut, was du meinst“, nickte ich.

Ich sah mir die Anzeige auf dem Modul an. Die neuen Daten wurden durchsucht und... ich wurde fündig. Zielort dieses Transports war ein inselartiges Stück Land inmitten eines großen Salzsees.

Ich ließ mir auf dem Modul eine Kartenprojektion anzeigen. Keine der großen Städte lag dort. Nicht einmal in der Nähe. Die nächsten Siedlungen der Madari lagen Tausende von Kilometern entfernt und das hatte seinen guten Grund, denn dieser Salzsee lag mitten in der äquatorialen Glutzone. Kein Gebiet, in dem man eine menschliche Siedlung erwarten konnte.

Vor allem dann nicht, wenn anderswo Platz genug war. Aber irgendetwas ist dort, ging es mir durch den Kopf.

Ich durchforstete weiter die Daten und Parakas und Lardoi sahen mir interessiert zu.

Sie verstanden nicht, was ich tat. Für sie war es eine Art Magie.

Anstatt eines Moduls hätte ich vielleicht ebenso gut irgendein Chitinteil des F'antoi in der Hand halten können, dem die Kadamo'on eine rituelle Bedeutung zumaßen.

Ich sah mir die Frachtliste an und dort wurde ich fündig. Es konnte keinen Zweifel daran geben, ich hatte inmitten der Salzwüste einen Ort gefunden, an dem die Madari die Überschreitung der Lichtgeschwindigkeit zu erproben gedachten.

Ich konnte nur hoffen, dass sie in ihren Vorbereitungen noch nicht allzu weit fortgeschritten waren, aber mir war klar, dass die Zeit drängte.

Ich musste etwas unternehmen.

Offensichtlich waren die Madari jetzt in das Stadium der praktischen Erforschung und Erprobung getreten. Sie begnügten sich nicht mehr nur mit Simulationen am Computer.

Ursprünglich hatte ich gedacht, dass die großen Rechner von Gar Maduna ein geeignetes Vernichtungsziel gewesen wären, um die Pläne der Madari zu vereiteln. Aber diese Überlegungen stellten sich nun als Makulatur heraus.

Sie waren hinfällig geworden, weil die Madari offensichtlich schon um einiges weiter waren.

„Lasst uns zurück reiten!“, forderte ich.

Lardoi und Parakas hatten nicht dagegen einzuwenden. Mir war klar, dass sie Sakari und den anderen Kadamo'on davon berichten würden, was sie gesehen hatten.

Dass sie einen Fremden dabei beobachtet hatten, seltsame Dinge zu tun, die sie nicht verstanden. Dass sie gesehen hatten, wie der Fremde namens Willard scheinbar mühelos mit der Madari-Technik umzugehen wusste.

Aber in einer Nacht wie dieser, in der ich dem gesamten Stamm das Leben gerettet hatte, war meine Position wahrscheinlich unangreifbar.


2


Abran war außer sich, als er die Nachricht erfuhr.

„Ein Angriff der Kadamo'on auf unseren Transporter? Das kann nicht sein.“

Segum, der Pilot von Jagdgleiter 24, stand der Schock ins Gesicht geschrieben, aber er konnte nicht mehr als wiederholen, was sich ereignet hatte.

„Es ist wirklich geschehen. Daran kann es keinen Zweifel geben. Sehen Sie sich doch die Aufzeichnungen unserer Bordrechner an.“

„Das werde ich“, sagte Abran, „und ich werde sie genau unter die Lupe nehmen.“

„Tun Sie das.“

Zebulos stand etwas abseits. Er hatte die Arme vor der Brust ver­schränkt. Mit dem Aufbau des Camps konnte man zufrieden sein. Er selbst war her gekommen, um alles mit zu überwachen, denn was dieses wichtige Projekt anging, sollte nichts dem Zufall überlassen wer­den.

Diese neue Entwicklung warf einen Schatten auf die glorreiche Zukunft, die er für das Projekt 'Überlicht' prognostiziert hatte.

„Soweit ich weiß, haben die Kadamo'on überhaupt nicht die Möglichkeit, unsere Gleiter vom Himmel zu holen“, beharrte Abran. „Wie kann das geschehen sein?“

„Ich habe keine Ahnung, aber Tatsache ist, dass mehrere unserer Jagdgleiter und ein Transporter von einer Energieblase erfasst wur­den.“

„Keine Überleben­den?“, fragte Zebulos.

Der Pilot schüttelte den Kopf. „Nein, keine Überlebenden. Die entsprechenden Sensoren haben den Tod der Besatzung gemeldet.“

„Und was ist mit der Ladung?“, fragte Abran.

„Die dürfte zerstört sein.“

„Es ist mir nicht wohl bei dem Gedanken, dass diese technischen Gerätschaften, die an Bord des Transporters waren, in die Hände der Kada­mo'on gefallen sind“, erklärte Abran.

Der Pilot hob die Augenbrauen. „Ich glaube nicht, dass das irgendwelche Folgen haben könnte.“

„So? Sie glauben?“

„Sie wissen, wie rückständig die Kadamo'on sind. Sie können mit diesen technischen Apparaturen überhaupt nichts anfangen und es gibt niemanden, der sie ihnen etwa abkaufen würde.“

„Haben Sie eine Ahnung“, erwiderte Abran ungehalten. „Sie haben ja auch geglaubt, dass die Kadamo'on keine Möglichkeit hätten, die Schutzschilde Ihrer Gleiter zu zerstören. Aber offensichtlich haben sie das wohl.“

„Es muss ihnen jemand geholfen haben.“

„Es muss sie jemand unterstützen“, warf jetzt Zebulos ein. „Anders kann ich mir diesen Vorfall nicht erklären. Auf jeden Fall müssen wir ihn an den Föderationsrat melden.“

„Das werden wir schön sein lassen“, sagte Abran. „Wir haben hier genug Möglichkeiten, um uns zu schützen und außerdem ist nicht anzunehmen, dass die Kadamo'on den großen Salzsee durchqueren, um hier her zu gelangen. Was sollten sie wohl hier? Dies ist ein Ort, der völlig abseits ihrer Routen liegt.“

„Ihrer Routen, soweit wir sie kennen“, korrigierte Zebulos.

„Und wenn schon. Aber wenn wir jetzt dem Föderationsrat diese beunruhigenden Nachrichten zukommen lassen, Zebulos, dann wird man dort vielleicht über das ganze Projekt noch einmal nachdenken und falls es zu weiteren Vorfällen anderswo auf diesem Planeten kommt, wird man die Prioritäten anders setzen, wenn Sie verstehen, was ich meine?“

Zebulos verstand genau, was Abran meinte. Wenn das von Abran skizzierte Szenario eintraf, würde wahrscheinlich die Verteidigung gegen die Kadamo'on den Vorrang genießen und nicht mehr die Vielen ohnehin utopisch anmutende Erforschung des Überlichtantriebs.

„Der Vorfall wird unter der Decke gehalten“, entschied Abran. „Oder ist irgendjemand hier an­derer Meinung?“

Zebulos zögerte noch.

Dann schüttelte er den Kopf.

„Nein“, gestand er zu. „Ich glaube, Sie haben recht.“


*


„Gepriesen sei der Gesandte des Herrn der Welten!“, rief Sakari. Und ein dumpfer Chor fiel in diesen Ruf mit ein.

Die Feuer brannten.

Die Reitkäfer befanden sich im Zustand der Starre.

Fester Boden!, dachte ich. Wie sehr habe ich das vermisst. Und dabei war es sogar lediglich feiner Sand, der unter den Füßen in erschreckender Weise nachgab. Und doch war es ein schönes Gefühl, direkten Kontakt mit der Planetetenoberfläche zu haben - nach all diesen Wochen auf dem Rücken der Riesenskorpione.

„Du hast unseren Stamm gerettet!“, stellte Torlanas fest. „Wir stehen für alle Zeiten in der Schuld.“