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Apokalypse

Wann ist denn nun Weltuntergang?

Kosmologen und Propheten über ein
Lieblingsthema des Menschen

Herausgeber:

GEO
Die Welt mit anderen Augen sehen
Gruner + Jahr AG & Co KG, Druck- und Verlagshaus,
Am Baumwall 11, 20459 Hamburg
www.geo.de

Nichts ist ewig. Selbst Sterne und Galaxien vergehen. Lange Zeit war die Lehre von den letzten Dingen die Domäne von Theologen und Philosophen. Inzwischen reden auch Physiker und Kosmologen mit. Sie entwerfen kühne Szenarien vom Ende des Universums. Wann also geht die Welt nun unter? Das kommt darauf an, wen man fragt. Forscher oder Propheten. Letztere verkünden seit jeher: Die Apokalypse steht kurz bevor.

Inhalt

Apokalypse 1

Wie alles enden wird
von Klaus Bachmann

Apokalypse 2

Die Lust am Untergang
von Mathias Mesenhöller

Apokalypse

Wie alles enden wird

Wir haben das Glück, ein prachtvolles Weltall zu erleben. Noch entstehen ständig Myriaden neuer Sterne, doch eines Tages wird tiefe Dunkelheit herrschen

von Klaus Bachmann

Es tut sich was in den Kulissen des Universums. Das Verhältnis der Kräfte, die Sterne und Planeten, Galaxien und Schwarze Löcher über die kosmische Bühne bewegen, ändert sich einschneidend. Mehr und mehr bestimmt ein neuer Regisseur das Geschehen.

„Wir stecken mitten in einem dramatischen Wandel“, sagt Paul Steinhardt, Professor an der Princeton University und einer der profiliertesten Kosmologen der Gegenwart. Als Theoretiker hat er verfolgt, welche Einsichten Astronomen beim Blick ins All in der letzten Dekade gewonnen haben. Und er kommt zum Schluss: Die Entdeckungen „zwingen uns, über die Zukunft unseres Universums neu nachzudenken“.

Dabei ist Zwang vielleicht das falsche Wort. Denn „wo alles enden wird“, welches Schicksal derart mächtigen Strukturen wie den Galaxien mit ihren Milliarden von Sternen blüht, das hat die Köpfe der Menschen schon immer beschäftigt. Auch wenn sie dieses Ende nie erleben werden – weder sie noch andere intelligente Wesen irgendwo im Universum. Vielleicht liegt es daran, dass Homo sapiens sich seiner Rolle im kosmischen Schauspiel vergewissern muss, dass er klären möchte, ob die Epoche, die ihn hervorgebracht hat, nur einen Lidschlag in der Historie des Universums währt oder einen markanten Abschnitt definiert.

Wo also stehen wir in der Ordnung der Dinge?

Während des größten Teils der Menschheitsgeschichte war die Eschatologie, die Lehre von den letzten Dingen, das Feld von Religion und Philosophie. Inzwischen mischen auch Physiker und Kosmologen mit. Ermutigt dadurch, dass sie so viel über die Vergangenheit des Kosmos und seine Gegenwart gelernt haben, wagen sie es, dessen Geschichte in die Zukunft fortzuschreiben. Modernen Propheten gleich, aber mit physikalischem Unterbau.

Eine Entdeckung vor allem hat die Fantasie der Forscher beflügelt und lässt Paul Steinhardt nun vom Wandel sprechen: die 2011 mit dem Nobelpreis in Physik ausgezeichnete Erkenntnis, dass sich das Universum mit wachsendem Tempo ausdehnt. Schneller und schneller bläht der Kosmos sich auf, mehr und mehr neuer Raum entsteht. Es ist, als ob eine gewaltige Kraft die Himmelsstrukturen mit wachsendem Tempo auseinandertreiben würde. Und weil die Forscher noch ratlos sind, was dahintersteckt, nennen sie die mysteriöse Macht einfach Dunkle Energie.

Dass das Universum sich ausdehnt, beobachtete allerdings schon in den 1920er Jahren der amerikanische Astronom Edwin Hubble. Seither sahen Kosmologen in der Expansion den Schwung, den das All aus dem Urknall, dem Beginn von Raum und Zeit, mitgenommen hat. Sie gingen aber lange davon aus, dass die Anziehungskraft der Materie dem entgegenwirke und die Ausweitung langfristig abbremse. Das konnte – je nachdem wie viel Materie das Universum füllt – zwei Folgen haben: Entweder würde das All langsam bis in alle Ewigkeit weiter wachsen, weil zu wenig bremsende Materie vorhanden ist. Oder das All enthält so viel Materie, dass irgendwann die Gravitation die Oberhand gewänne und das Weltall wieder schrumpfte.

Inzwischen wissen wir, dass anfangs tatsächlich alles so ablief, wie sich die Kosmologen das zunächst vorgestellt hatten. Dass aber vor etwa fünf Milliarden Jahren Dynamik in den Prozess des Wachstums kam und der Kosmos seither immer rascher expandiert.