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GEO
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Wir Russenkinder
Von Mathias Mesenhöller
Zusatzinfos
Kinder des Krieges: Versteckt, verfemt – und endlich angekommen
Lektüretipps
Winfrieds Tante: „Sie kamen zu zweit auf einem Motorrad. Mich hatten die Biester schon oft erwischt. Sie schleppten dieses Mal deine Mutter ins Wohnzimmer. Deine Mutter hat geschrien. Er hat sie auf dem Tisch vergewaltigt.“
Dies ist eine Geschichte, die es lange nicht geben durfte – sodass die Zeugen stumm blieben, oft bis es zu spät war. Sie handelt von Gewalt und Liebe, von Scham, Angst und Schweigen. In ihrem Zentrum steht eine schmerzende Leere: der abwesende, unbekannte Vater. An dessen Stelle trat vielfach ein Bild, das schlimmer sein konnte als die Lücke selbst. Das eines Verbrechers. Oder eines Verräters. Statt einer vertraulichen Koseform setzten sich bösartige Worte fest, „Feind“ und „Untermensch“.
„Russenkinder“: Das war ein Schmähwort zunächst. Für Jungen und Mädchen, die gegen Ende des Zweiten Weltkriegs und danach von sowjetischen Soldaten mit deutschen Frauen gezeugt wurden. Später haben viele von ihnen es als Selbstbezeichnung übernommen. Und noch viel später, erst vor Kurzem, haben sie vermehrt begonnen zu reden: bei Begegnungen untereinander, mit Wissenschaftlern – öffentlich. Einige haben ihre Erfahrungen aufgeschrieben und werden sie demnächst als Lesebuch herausbringen.
So die Gruppe um Winfried, Winfried Behlau, die sich fand, um das Schweigen zu brechen. Aus dem Band „Distelblüten. Russenkinder in Deutschland“, den er im Eigenverlag herausgibt, stammen die hier wiedergegebenen Zitate. Ihren Nachnamen aber wollen die meisten nicht gedruckt sehen.