image

Rob Blackwell

VERFLUCHT

– NACHT DER TOTEN

image

Titel der englischen Originalausgabe:

1. Auflage
Veröffentlicht durch den
MANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYK
Frankfurt am Main 2017
www.mantikore-verlag.de

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe
MANTIKORE-VERLAG NICOLAI BONCZYK
Text © Rob Blackwell 2013

DIE LEGENDE VON SLEEPY HOLLOW
erschienen in den Aufzeichnungen des Geoffrey Crayon – eine
Kurzgeschichte von Washington Irving (1820)

Deutschsprachige Übersetzung: Uschi Prawitz und Andrea Blendl
Lektorat & Korrektorat: Michael Jaegers
Satz: Karl-Heinz Zapf
Covergestaltung: BetiBup33design studio und Matthias Lück

VP: 154-119-01-04-0717

ISBN: 978-3-945493-96-0
eISBN: 978-3-945493-94-6

Rob Blackwell

VERFLUCHT

– NACHT DER TOTEN

Aus dem Englischen von
Uschi Prawitz und Andrea Blendl

Roman

Inhalt

KAPITEL 1

KAPITEL 2

KAPITEL 3

KAPITEL 4

KAPITEL 5

KAPITEL 6

KAPITEL 7

KAPITEL 8

KAPITEL 9

KAPITEL 10

KAPITEL 11

KAPITEL 12

KAPITEL 13

KAPITEL 14

KAPITEL 15

KAPITEL 16

KAPITEL 17

KAPITEL 18

KAPITEL 19

KAPITEL 20

KAPITEL 21

KAPITEL 22

KAPITEL 23

KAPITEL 24

KAPITEL 25

EPILOG

ANMERKUNGEN

Die Aufzeichnungen des Geoffrey Crayon, von Washington Irving

POSTSCRIPTUM

DANKSAGUNGEN

Für Maia, selbstverständlich.

„Der dominante Geist, jedoch, der diese verwunschene Region heimsucht und der Oberbefehlshaber über alle Mächte der Luft zu sein scheint, ist die Erscheinung einer Gestalt auf einem Pferderücken, ohne Kopf. Einige sagen, das sei der Geist eines hessischen Soldaten, dessen Kopf von einer Kanonenkugel in irgendeiner unbedeutenden Schlacht während des Revolutionskrieges davon gerissen wurde, und der seitdem von der ländlichen Bevölkerung gesehen wird, wie er durch die glänzende Nacht eilt, als würde er auf den Flügeln des Windes gleiten.

Das ist der allgemeine Inhalt dieses legendären Aberglaubens, der Material für so manche wilde Geschichte im Reich der Schatten lieferte; und das Phantom ist an allen Lagerfeuern als der kopflose Reiter von Sleepy Hollow bekannt.“

(Die Legende von Sleepy Hollow).

„Die Situation ist um einiges schlimmer als wir erwarteten. Robert hat sich selbst hinter den Schlossmauern verbarrikadiert und weigert sich, mich oder Doktor Frank zu sehen.

Ich mache mir große Sorgen um sein Wohlbefinden. Basierend auf diskreten Nachforschungen in Hinsicht auf seine Aktivitäten scheint es, dass Ihr Sohn sich öffentlich als eine Art keltischer Prinz mit mystischen Kräften ausgerufen hat. Meine Kontakte erzählen mir, dass er eine Art ‚Ereignis‘ für das Fest von Sanheim - Allerheiligen geplant hat.

Ich weiß, dass Sie die künstlerischen Ambitionen Ihres Sohnes immer toleriert haben, aber ich fürchte, er ist dieses Mal zu weit gegangen. Seine Unbesonnenheit könnte Ihre Position unterminieren, sollte man in London davon Kenntnis erlangen. Ich bitte Sie, sobald es Ihnen besser geht hierher zu kommen. Es gibt noch ein paar Dinge, die wir lieber persönlich besprechen sollten.“

- Brief von David Burns an Sir Crowley, 16. Oktober 1873.

Horace Camden, „Der Prinz von Sanheim“

KAPITEL 1

image

Mittwoch, 4. Oktober 2006

Quinn stand im Wohnzimmer und hielt das Messer fest mit seiner Hand umklammert. Es war das Erste, was ihm durch den Kopf geschossen war, als er erwachte, aus dem Bett jagte und direkt nach der einzigen Waffe griff, die er in seiner Wohnung hatte.

Was ihm aber ein Messer, oder was ihm letztendlich überhaupt eine Waffe nützen sollte, war ihm nicht klar. Er fühlte sich dadurch auch kein bisschen sicherer. Und so stand er einfach nur da an der Tür und wartete auf das, was herein kommen würde.

Es war natürlich nur ein Traum. Wieder einer dieser unendlichen, unsäglichen Albträume. Aber das war egal. Er konnte das Gefühl - oder vielmehr die Gewissheit, dass etwas hinter ihm her war, einfach nicht abschütteln. Es konnte jede Minute so weit sein. Oder noch schlimmer, es könnte bereits hier sein.

Quinns Hände schwitzten. Sein Atem ging so laut, dass er ihn kurz anhielt um sicher gehen zu können, dass niemand sonst anwesend war. Wie viele Nächte hatte er schon so da gestanden und auf einen Dämon gewartet, der sich nicht zeigte? Wie lange hatte er überhaupt geschlafen?

Er schaute auf die Uhr an seiner Wand, sah, wie die Zeiger sich auf 5:42 Uhr schoben. Er rechnete kurz nach, dass er vier Stunden geschlafen hatte, und ließ dabei die Tür nicht aus den Augen. Es würde kommen, er wusste es.

Er konnte sich nicht einmal daran erinnern, wie lange er dort bereits gestanden hatte. Fünfzehn Minuten? Zwanzig? Sein Herz raste noch immer. Wenn er Glück hatte, hatte er dieses Mal nicht geschrien. Falls doch, würde es ihn Gertrude aus dem Stockwerk über ihm sicher wissen lassen. Sie schien zu glauben, dass er aufgrund von satanistischen oder bizarren sexuellen Praktiken mitten in der Nacht los schrie. Den wahren Grund - nämlich einen schlimmen Albtraum - schien sie gar nicht ins Kalkül zu ziehen.

Er fragte sich, ob er sich zumindest zum Hinsetzen zwingen konnte. Das war für gewöhnlich der erste Schritt, wieder ruhiger zu werden. Ohne die Augen von der Tür zu wenden ließ er sich in seinen Sessel an der hinteren Wand nieder.

Janus hatte sich oft lustig darüber gemacht, dass Quinn der einzige Kerl war, den er kannte, dessen Lehnstuhl nicht zum Fernseher gerichtet war. Quinn hatte ihm nie den Grund dafür genannt.

Nach weiteren fünfzehn Minuten nahm das Gefühl, dass ihn etwas beobachtete, etwas auf ihn wartete, langsam ab. Bis es 6.15 Uhr wurde konnte er es zumindest riskieren, seinen Blick jeweils 30 Sekunden lang von der Tür zu wenden.

Bis 6.40 Uhr fühlte er sich gut genug, sich etwas zu trinken zu holen, also holte er sich eine Cola aus dem Kühlschrank, ließ den Stöpsel ploppen und schüttete sie gierig in seinen Schlund.

Er legte sich auf das Sofa und überlegte kurz, die Fernbedienung in die Hand zu nehmen. Aber er hatte Angst. Was, wenn er den Fernseher einschaltete und sein Traum dort ablief? Das wäre schließlich nichts Neues.

Er sollte daran gewöhnt sein, dachte er. Seine Albträume hatten begonnen, als er noch ein Kind war - aber damals empfand er zumindest eine gewisse Erleichterung, wenn er erwacht war.

In letzter Zeit hatte sich Quinn nicht so gefühlt. Stattdessen wurden seine Träume immer greifbarer. Das Geräusch eines Pferdes, das ihn verfolgte, der Geruch des Pinienwaldes, durch den er rannte, ja er konnte sogar fühlen, wie seine Füße auf dem Lehm wegrutschten, während er einen Hügel hinab lief. Im Gegensatz dazu fühlten sich die Wachphasen vage und irgendwie unklar an, als wäre das der Traum und nicht umgekehrt.

Quinn hörte einen dumpfen Schlag an der Tür.

Sofort war er aus seinem Sessel aufgesprungen, hielt das Messer wieder in seiner Hand. Die Cola auf seinem Schoß war auf den Boden gefallen und die braune Flüssigkeit ergoss sich über den weißen Teppich. Er wartete darauf, dass das Ding durch die Tür kam. Nachdem er eine gefühlte Ewigkeit gewartet hatte, erkannte er, dass das Geräusch nicht von einem Monster gekommen war.

Es war nur der Lieferjunge gewesen, der die Zeitung in der Nähe seiner Wohnungstür abgelegt hatte. Quinns Körper sank vor Erleichterung in sich zusammen. Er seufzte und ging zurück in die Küche, legte das Messer auf den Tresen und nahm einen Schwung Papiertücher, um das verschüttete Getränk aufzusaugen.

Er wartete weitere zehn Minuten, bevor er zur Eingangstür ging, sie schnell öffnete und die beiden Zeitungen schnappte. Die erste war die Washington Post, ein Muss für jeden, der am Stadtrand des Bezirks Columbia wohnte. Er ließ sie auf den Boden fallen, während er sich wieder setzte.

Stattdessen widmete er dem Loudoun Chronicle seine Aufmerksamkeit. Die Titelstory hatte die Überschrift „Loudoun Board verweigert neue Unterteilung.“ In einer weiteren ging es um die Bemühung, den Ort eines Scharmützels aus dem Bürgerkrieg an der Route 15 zu schützen. Da war ein riesiges Foto eines Footballspielers, der unter einer Headline mit dem Wortlaut „Potomac Falls erringt Sieg über Broad Run“ einen Ball fing.

Unten auf der Seite gab es eine kleinere Überschrift, die besagte: „Debatte um die Phillips Farm hat begonnen“.

„Himmel, da werden sie aber Augen machen“, sagte Quinn sarkastisch zur Wand. Die Wand hatte ihm noch nie geantwortet, aber Quinn hatte in seinem aktuellen Zustand durchaus schon die Befürchtung gehabt, dass sie es tun könnte. Dann konnte er sicher sein, dass er in ernsten Schwierigkeiten war.

Er seufzte. Die winzige Verfasserzeile - von Quinn O‘Brion - würde zweifelsohne von den meisten unbemerkt bleiben, die sich überhaupt die Mühe machten, den Bericht zu lesen. Aber es tat schon ein wenig weh zu wissen, dass er zwei Tage lang an einer Story gearbeitet hatte nur um dann festzustellen, dass die Überschrift sich in ein helles Neonschild verwandelte, das die Leute davor warnte, weiter zu lesen.

„Phillips Farm-Debatte begonnen“, sagte er. „Warum sagen sie nicht einfach: ‚Langweilige Weiße kämpfen mehr‘, oder ‚Probleme beim Einschlafen? Lesen Sie weiter, und Ihnen wird geholfen.‘“

Quinn hörte auf zu lesen.

Es war schwer, sich nicht von der Arbeit für eine Zeitung frustrieren zu lassen, die jede Woche über das gleiche Zeug zu berichten schien, das Leben im Bezirk Loudoun, Virginia in allen Einzelheiten zu durchwälzen. Jahr für Jahr redete man mit denselben Leuten, schrieb viele dieser Geschichten. Und selbst wenn man einmal eine gute Story hatte - und die Phillips Farm-Debatte war seiner Ansicht nach durchaus von Bedeutung - würde es wahrscheinlich niemand bemerken.

Er legte den Chronicle auf den Boden und nahm die Post zur Hand. Er blätterte durch bis zur „Loudoun Extra“ - einer 15-seitigen Beilage, die versuchte, eine lokale Zeitung zu replizieren. Die Post war da in letzter Zeit auf einem Trip. Da immer mehr Leser sich mit Nachrichten aus dem Internet versorgen - und das kostenfrei -, hatte die Zeitung angefangen, in mehreren Regionen lokale Beilagen zu verteilen.

Das Endergebnis war, dass immer weniger Einwohner Zeitungen wie den Chronicle abonnieren wollten. Es machte keinen Unterschied, ob die Belegschaft des Chronicle hier schon länger arbeitete oder die Leute besser kannte. Den Leuten war es inzwischen zu viel, zwei Zeitungen zu abonnieren.

Er warf einen Blick auf die Überschriften der Extrabeilage und grunzte. „Gibson bereit, den neuen Phillips-Plan zu enthüllen.“

„Scheiße“, sagte Quinn.

Er las den Beitrag schnell durch. In der Tat hatte Paul Gibson, der Vorstandsvorsitzende von Loudoun damit begonnen, einen Plan in Umlauf zu bringen, nach dem einem Bauunternehmer Zweidrittel der alten Hofstelle zugesprochen werden würden, der Rest aber durch eine Umweltauflage geschützt werden würde.

All seine Arbeit, dachte Quinn, und sein Bericht obendrein waren überholt. Es gab selten etwas Schlimmeres als aufzuwachen und festzustellen, dass einem jemand zuvorgekommen war. Wie konnte das passieren? Er hatte mit jedem gesprochen, inklusive Gibson. Und niemand hatte auch nur Andeutungen über einen neuen Plan gemacht. Verdammt.

Er musste sich die Verfasserzeile noch nicht einmal ansehen. Er wusste, Summer hatte ihn geschlagen und sie würde gewiss einen Weg finden, ihm das bei ihrem nächsten Zusammentreffen unter die Nase zu reiben.

Quinn ließ die Zeitung angewidert sinken und stand auf. Er stolperte den Korridor entlang zum Badezimmer. Als er am Spiegel über dem Waschbecken vorbei kam, hielt er inne. Das Spiegelbild zeigte einen 30-jährigen von durchschnittlicher Größe und Körperbau - er war dünn genug, aber nicht wirklich in Form. Er schob seine Finger durch sein braunes Haar. Waren da ein paar graue? Vielleicht lag es an den Albträumen. Sah er gut aus? Er wusste es nicht. An ihm schien wenig Außergewöhnliches zu sein.

Außer… seine Augen. Er starrte sich selbst mit elektrisierend blauen Augen an. Eine alte Freundin hatte ihm einst gesagt, seine Augen wären der einzige Grund gewesen, weshalb sie mit ihm ausging. Sie wollte schon ablehnen, als sie ihm in die Augen sah. Dann hatte sie ihre Meinung geändert.

Quinn lächelte, was aber relativ freudlos wirkte. Sollten seine Augen jemals eine fesselnde Wirkung gehabt haben, so war davon nicht mehr viel übrig. Seine Haut sah grau und fahl aus, als würde er sich vor der Sonne verstecken. Und seine Augen waren umrundet von dunklen Kreisen, den Zeichen eines Mannes, der nicht gut schlief. Herrje, dachte er, ich sehe aus wie ein… Gespenst.

Er drehte das Wasser auf und wusch sein Gesicht, als wollte er sein Aussehen wegwischen. Das einzige, was jetzt allerdings anders war, war dass er jetzt nass aussah.

Was soll‘s, dachte er. War ja auch egal. Doch gerade, als er sich umdrehte und nach dem Duschhahn griff, hielt er inne und lauschte gespannt. Quinn packte die Seite der Duschtür, um sich Halt zu verschaffen. Das konnte nicht sein, oder? Er ging langsam auf den Korridor und dann zu seinem Fenster, um nach draußen zu blicken. Sein Apartment war nach hinten hinaus gerichtet, von dort konnte er ein spärliches Waldstück überblicken, das vor einer weiteren Gruppe von Apartmenthäusern stand.

Er öffnete sein Fenster. Über den Verkehrslärm hinweg, der sich durch Leesburg seinen Weg bahnte, und das Vogelgezwitscher ausblendend konnte er ein Pferd laufen hören. Das Geräusch ergriff Besitz von seinem Magen und er kämpfte gegen das Gefühl an, sich übergeben zu müssen. Es hörte sich ganz nah an.

Quinn versuchte es kurzerhand abzutun. Pferde waren in Loudoun nichts Ungewöhnliches, dachte er. Es hat nichts zu bedeuten. Aber wie konnte er das dennoch hören? Die meisten Leute hörten den Klang eines Pferdes nicht einmal, wenn es zehn Meter entfernt war, schon gar nicht durch eine Badezimmerwand - und schon gar nicht in einer Wohnung.

Quinn schloss das Fenster. Er wollte nicht darüber nachdenken. Er wollte sich nicht daran erinnern. Das war nur ein Pferdeliebhaber auf einem Ausritt, und es machte keinen Sinn, daraus eine Art Dämon entwickeln zu wollen. Schließlich hatte er genug echte Dämonen, die ihm Angst machten, nicht wahr?

Er seufzte als er sich auszog und die Dusche andrehte. In Gedanken hakte er die Dinge ab, die an diesem Tag bereits schiefgelaufen waren: Er hatte vier Stunden Schlaf gehabt, startete seinen Tag damit, indem er eine Tür mit einem Küchenmesser bedrohte und war von Summer Mandaville, der Reporterin der Post und eine absolute Nervensäge, ausgestochen worden.

Der einzige Vorteil, seinen Tag auf solch lausige Weise zu starten lag darin, dass zumindest nichts mehr schlimmer werden konnte.

Aber auch damit lag er falsch.

LH Akte: Brief # 1

vom 1. Oktober 1994

Untersuchungsstatus: geschlossen

Inhalt: klassifiziert

Sehr geehrter Herr Anderson,

Einiges von dem, was ich Ihnen erzähle, sind Lügen. Ich möchte hier nicht gleich für Unstimmung sorgen, aber ich dachte, das sollte ich von vornherein klarmachen. Es gibt mindestens einen guten Grund für diese Warnung. Noch an diesem Tag wird sich dieses Schreiben in den Händen der Polizei befinden und sie werden über jedes Detail grübeln, sei es real oder eingebildet. Würde ich nur die Wahrheit anbieten, könnte sie dies direkt zu mir führen, und dafür bin ich noch nicht ganz bereit. Noch nicht.

Ich lese den Chronicle seit vielen Jahren - und das ist keine Lüge, wie ich Ihnen versichern kann. Insbesondere Ihre Arbeit hat mich fasziniert. Irgendwie hat es etwas, wie Sie über Verbrechen schreiben. Nicht so langweilig wie andere. Sie aber bieten mir genug Einzelheiten, dass ich das Reifenquietschen bei einem Verkehrsunfall beinahe hören und den Rauch eines Brandes beinahe riechen kann. Sie sind sehr talentiert und ich habe keinen Zweifel daran, dass Sie es noch weit bringen werden.

Erlauben Sie mir also, Ihnen die größte Story Ihrer Karriere zu vermitteln.

Etwa 6,7 Meilen von hier in nordwestlicher Richtung kommen Sie auf der Clover Hill Road an Waterford vorbei. In einem flachen Bachlauf werden Sie eine Leiche finden. Natürlich könnte irgendein ortsansässiger Bengel sie zuerst entdecken, aber sie ist, denke ich, ausreichend frisch, so dass Sie gute Chancen haben, der erste vor Ort zu sein. Ob Sie sie selbst sehen wollen, oder die Polizei rufen überlasse ich Ihnen.

Der Name des Opfers ist Henrietta Verclamp. Ich hatte nichts gegen sie persönlich. Sie war eine attraktive 37-jährige Künstlerin, die gerne Landschaften malte, und kurz vor ihrem Tod plauderten wir recht freundlich miteinander. Selbst als sie das Messer sah, konnte sie es nicht wirklich verstehen. Warum sollte sie auch? Monster lauern doch im Dunkeln, sie begegnen einem nicht am Tag, und schon gar nicht lassen sie sich auf ein Plauderstündchen ein.

Um Ihre Story etwas auszuschmücken, möchte ich Ihnen noch Folgendes erzählen: Sie besuchte die George Mason University und studierte Geschichte.

Kunst war etwas, mit dem sie sich in ihrer Freizeit beschäftigte, als sie nach Leesburg, Va. nach Hause kam, Zeit die sie nutzte, um zu entscheiden, was sie mit ihrem Leben anfangen wollte. Zum Spaß reichte sie eines ihrer Gemälde bei einem Wettbewerb ein, und der Rest, wie man so schön sagt, ist Geschichte. Sie hat gewonnen. In den 15 Jahren seitdem erreichte sie nie mehr größeren Ruhm. Aber Sie werden wohl herausfinden, dass ihr Ansehen gut war und stetig wuchs.

Sie hatte wundervoll rotes Haar, ein gelöstes Lachen und dieses Funkeln in ihren Augen, wenn sie lächelte. Oh, falls es eine Rolle spielt, sie schrie ganz reizvoll, als ich sie mit meinem Messer aufschnitt. Leider kam ich etwas zu nah an ihren linken Lungenflügel und sie erstickte an ihrem eigenen Blut, was den Effekt etwas abschwächte.

Niemand hörte sie. Sie starb um 11.33 Uhr heute Morgen. Ihre Eltern, die laut Ihrer Auskunft noch in Leesburg leben, denken zweifelsohne, dass sie unterwegs ist um zu malen. Sie können sie anrufen und es ihnen selbst sagen, oder ist das zu geschmacklos? Ich wünschte wirklich, ich würde etwas mehr von den Feinheiten der Berichterstattung verstehen. Ich meine, so könnten Sie einen richtig großen Coup landen, oder? Sie könnten aus erster Hand darüber erzählen, wie sie reagierten als sie erfuhren, dass ihre einzige Tochter umgebracht wurde. Das würde das Ganze doch richtig aufpeppen, meinen Sie nicht? Gott, ich wünschte, ich könnte das sehen, aber ich werde mich wohl auf Ihre Beschreibungskünste verlassen müssen. Ich überlasse es Ihnen, die Situation entsprechend einzuschätzen. Ich kann ja nicht alles wissen, und bislang war ich von Ihrer Arbeit hinreichend beeindruckt, so dass ich zuversichtlich bin, dass Sie wissen, was zu tun ist.

Jetzt zu Ihren Fragen. Ich schätze, die vorrangigste ist: Warum? Das ist natürlich für jeden die schwerste Frage. Warum schaut ein Mann gerne Football am Sonntagnachmittag, mit einem kalten Bier in seiner Hand und den Füßen auf der Couch? Nein, das ist ein schlechter Vergleich.

Warum spielt eine Frau gerne an einem Sonntagmorgen Tennis mit ihrer besten Freundin? Das ist besser - viel aktiver. Glauben Sie mir, Mord ist schweißtreibendes Training.

Was ich sagen will: Man tut diese Dinge, weil sie auf einer gewissen Ebene viel Spaß machen. Man kann sich entspannen. Man kann nach einem harten Arbeitstag Dampf ablassen. Und ich dachte, es sei ein guter Weg, den Monat richtig zu beginnen.

Es gibt noch andere Gründe. Sie sollen nicht denken, ich hätte sie nur zum Spaß umgebracht. Ich tat es, weil ich etwas beweisen wollte: Die Welt verändert sich. In der Luft und im Wasser liegt etwas Undefinierbares. Die Geschichte ist ein Zyklus des Aufstiegs und Falls von Zivilisationen und Einzelnen. Man kommt an einen gewissen Punkt, an dem der Gipfel erreicht ist und alles beginnt, im Dunkel zu verschwinden.

Dieser Punkt ist jetzt da. Wann sich das Blatt wendete, kann ich nicht genau sagen, aber ich kann es unter meiner Haut spüren. Unter dem Rosenduft, den man riechen kann, wenn Verrottung und Verfall einsetzen.

Und das meine ich nicht nur auf einer nationalen Ebene. Auch hier ist es bereits zu spüren. Vielleicht tun Sie das schon. Sie sind ein einfühlsamer Mann.

Der Bezirk Loudoun hat sich 200 Jahren kaum verändert. Aber das beginnt zu rutschen. Der Bezirk Fairfax wächst und dehnt sich aus. Schon bald wird die Zukunft vor der Tür stehen. Es wird Immigranten geben, Bauunternehmer und Yuppies, die hier einfallen. Und mit im Gepäck befindet sich der Feind der gesamten Menschheit: die Veränderung.

Veränderung ist unvermeidlich, aber im Leben gibt es Zeiten, zu denen wir einen Standpunkt vertreten müssen. Und das habe ich vor. Mein Hilfsmittel wird von jedem auf diesem Planeten am besten verstanden, angefangen von der einfachen Made bis hin zu uns - Furcht.

Keine Angst, ich werde mich jetzt nicht über Immigranten oder Minderheiten hermachen. Ich habe keine Vorurteile und - ganz ehrlich - das wäre auch banal und so vorhersehbar. Damit Terror am effektivsten ist muss er wahllos sein. Man darf sich nie in Sicherheit wägen. Man muss sich immer umdrehen, sich fragen, wer sich dort in den Schatten hinter der Straßenlaterne aufhält. Ab heute also könnte jeder an der Reihe sein.

Ich werde die Sache sein, die die Menschen fürchten. Und für alle Zeit wird mein Name ihnen Schauder über den Rücken jagen. Ich werde das Synonym der schleichenden Dunkelheit sein.

Heute ist der 1. Oktober. Bis zum Monatsende werden fünf Frauen, fünf Männer und fünf Kinder im Boden verrotten. Sie können mich nicht aufhalten, ebenso wenig wie die Veränderung. Ich bin die Nacht. Ich bin die Kälte. Ich bin Fleisch, ausgelassen und zerfetzt. Ich bin der Stahl. Ich bin der Vorbote des Falls: Ich bin der Tod.

Sie dürfen mich Lord Halloween nennen.

KAPITEL 2

image

Mittwoch, 4. Oktober 2006

Kate wachte auf und dachte an einen Körper.

Das Bild hätte verblasst sein müssen, wie eine dieser alten Fotografien, die an den Rändern schon abgenutzt war. Stattdessen fühlte es sich frisch an, noch realer als gestern, so lebendig wie noch vor einer Minute.

Da war ein brummendes Geräusch. Sie hatte etwas Mühe, ihren Kopf frei zu bekommen (sie konnte noch immer sehen, wie die Hand merkwürdig vom Bett herab hing - das Fleisch war pink, fühlte sich aber kalt an) und zu erkennen, dass es nur der Wecker war.

Sie streckte ihre Hand aus und drückte auf Knöpfen herum, bis der Lärm endlich verstummte.

Langsam wurde sie sich ihrer Umgebung bewusst und versuchte, sich aus dem Traum zu lösen. Natürlich war es überhaupt kein Traum. Es war eine Erinnerung, ein bekanntes, aber grundsätzlich anderes Biest.

Der Raum war stickig. Kate stand auf und ging zur Glasschiebetür. Sie öffnete sie und fühlte die Brise, die ins Zimmer strömte. Sie trat hinaus auf den Balkon des Hotels Leesburg und wurde mit einem teilweisen Blick auf die Stadt belohnt. Die Gesetze zur Flächennutzung erlaubten keine hohen Gebäude innerhalb der Stadtgrenzen, also war die Aussicht nicht wirklich spektakulär.

Und doch atmete sie die frische Herbstluft ein und saugte das Orange der Blätter in sich auf. Es mochte wunderschön sein, aber sie hatte nicht wirklich Sinn dafür. Warum ist es immer wieder das Gleiche? Das Bild, wie sie durch das Erdgeschoss ihres Elternhauses läuft, so real, dass sie den Teppich unter ihren Füßen spüren konnte.

In dem Traum weiß sie, was über ihr passiert, aber sie kann nicht aufhören. Sie hängt in der Wiederholung fest, wie ein Darsteller in einem alten Schmalfilm, der immer und immer wieder das gleiche macht. Aber der Traum (oder die Erinnerung, es war ja inzwischen auch ganz gleich), konnte nicht erklären, weshalb sie hier war - weshalb sie zurückgekommen war. Kate starrte hinab auf die Straße und ihre Hände umklammerten das kalte, rostige Geländer. Was machte sie hier überhaupt?

Sie konnte die Vögel zwitschern hören, unterbrochen von einem langen, klagenden Ruf, der die Morgenluft durchbrach. Es war die einzige Antwort auf ihre Frage.

Merkt man es eigentlich, wenn man verrückt wird? Da sollte ein Haken dabei sein - man kann doch nicht verrückt sein, wenn man sich fragt, ob man verrückt ist. Es fühlte sich aber nicht wie eine pauschale Befreiung an. Was passiert, wenn man sein eigenes Verhalten betrachten kann, es bei Tageslicht nüchtern bewerten kann, es als heillosen Irrsinn erkennt, aber nichts dagegen tun kann?

Es gab keinen Grund, weswegen sie Ohio hätte verlassen, einen Koffer in ihren Kofferraum werfen und hierher zurückkommen sollen. Zumindest keinen guten. Vielleicht erwartete sie eine Antwort, eine Heilung, oder…

Sie hing weiter diesem Gedanken nach. Ein Zwang. Was sie verspürte war ein Zwang, eine Obsession, und sie war nicht mehr in der Lage gewesen, es auszuhalten.

Kate drehte sich um und ging zurück ins Innere. Sie setzte sich auf das Bett und legte den Kopf in ihre Hände. Noch bevor sie überhaupt anfangen konnte, deprimiert zu sein, überkam sie wieder diese vertraute Wut, die schnell in ihr hoch kochte. Warum? Es war eine Frage, die jede Sekunde eines jeden Tages in ihrem Kopf hämmerte. Warum war ihr das passiert?

Sie stand wieder auf und ging ins Bad, um zu duschen. Als sie das Wasser aufdrehte, versuchte sie ihre eigenen Gedanken aus dem Kopf zu schieben. In ihrem Kopf gab es ohnehin keine Antworten. Sie musste sich auf den Instinkt verlassen - den Zwang -, der sie hierher zurückgebracht hatte. Sie hoffte, dort draußen irgendwelche Antworten zu finden.

Erst als sie sie abtrocknete, sah sie es. Sie hatte angefangen ihre Zähne zu putzen und schaute abwesend in den Spiegel. Als sie aufblickte, sah sie ein Wort, das auf den Spiegel geschrieben stand. Es war mit sorgfältigen Strichen gezeichnet, als hätte sich der Verfasser ausreichend Zeit genommen. Kate war derart überrascht, dass sie aus der Badezimmertür stolperte.

„Sanheim“, lautete es.

Einen Moment lang war Kate versucht, loszuschreien. Aber als sie den Mund öffnete, gab er keinen Laut von sich. Stattdessen war die Botschaft fort, als sie blinzelte. Alles, was sie sah war ein beschlagener Spiegel.

Sie schüttelte ihren Kopf. Sie wurde verrückt. Ganz einfach, sie knallte langsam durch.

Egal wie, aber das musste aufhören.

image

Quinn saß an seinem Stammplatz im Starbucks von Leesburg und starrte aus dem Fenster. Dieser Halt war zu einem Ritual geworden, und er wusste, dass es eine schlechte Gewohnheit war. Starbucks war eine gigantische Grube, in die er sein Geld warf. Er hätte eine Kaffeemaschine kaufen können - sie würde vielleicht sogar noch besseren Kaffee bereiten -, aber irgendwie fühlte er sich besser, wenn er hierher kam. Vielleicht fühlte er sich dadurch etwas weniger einsam.

Er blätterte durch den Hauptteil der Washington Post und suchte nach etwas, das seine Aufmerksamkeit erregte. Aber abgesehen von den üblichen politischen Skandalen, den zahlreichen Auseinandersetzungen im Kongress und den unvermeidlichen Kriminalitätsberichten konnte er nicht viel finden. Schon gar nichts, was ihn ablenken konnte.

Und dann kam sie herein. Quinn spürte den kühlen Luftzug, der an ihm vorbei zog, als die Tür aufging und sich dann wieder schloss. Aus dem Augenwinkel sah er, wie ihr blondes Haar über ihre Schulter rutschte, weil sie beiläufig ihren Kopf schwenkte. Ihr Haar reichte gerade bis auf ihre Schultern und lockte sich ein wenig in verschiedene Richtungen. Es war einfach, und doch elegant, ebenso wie ihre khakifarbenen Hosen und die weiße Bluse.

Inzwischen starrte sie Quinn schamlos an. Sie war zweifelsohne wunderschön. Zierlich und grazil, etwa sein Alter, mit zarten Händen, wie er sehen konnte, als sie an der Kasse das Geld aus ihrer Börse holte. Sie war jedoch auf eine Weise fesselnd, die Quinn auch nicht ansatzweise erklären konnte.

Als sie sich umdrehte, um nach einem Platz zu suchen, hielt Quinn beinahe den Atem an, als er ihre hellblauen Augen erblickte. Es kostete ihn einige Mühe, sie nicht mehr anzustarren, aber es gelang ihm, dennoch ein paar verstohlene Blicke zu werfen, als sie sich in einem Sessel niederließ, um die Zeitung zu lesen.

Noch nie hatte er sich von einer fremden Person derart angezogen gefühlt, derartiges Augenmerk auf jede Einzelheit gelegt. Ihre silbernen Ohrringe, die Art und Weise, wie ihre Finger beim Lesen an ihrer Augenbraue ruhten.

Er schüttelte seinen Kopf. Das war albern. Nichts mehr als eine Reaktion auf zwei Jahre ohne Verabredung und zu viel Zeit,

die er unter Frauen verbrachte, die schlichtweg zu alt für ihn waren. Es war ein neues Gesicht, das war alles, redete er sich ein. Ein neues Gesicht mit einem tollen Körper.

Plötzlich bemerkte sie, dass er sie beobachtete. Aber wie bei einem Kind, das man dabei ertappt, wie es jemanden anstarrt, konnte er es nicht verbergen. Sie blickten einen Moment lang einander in die Augen, dann senkte sich ihr Blick wieder auf ihre Zeitung - seine Zeitung, genau genommen, die seines Arbeitgebers. Nach einer Weile stand sie auf und vermied es, beim Verlassen von Starbucks in seine Richtung zu schauen.

Nachdem sie weg war, seufzte er so laut, als hätte er die ganze Zeit seinen Atem angehalten. Was war sein Problem?

Sicher war sie jetzt schon weg, dachte er. Sollte das Schicksal seine Finger im Spiel gehabt haben, hatte er jetzt sicher seine Chance wieder einmal verpasst.

Er warf die Zeitung in den Papiermülleimer und ging aus dem Laden.

image

Quinn starrte seinen Schreibtisch an und fragte sich zum 15. Mal in dieser Woche, wie er überhaupt etwas schaffen konnte. Der Schreibtisch war mehr als ein Desaster - er glich mehr einem Krater angefüllt mit Papier, Blöcken, Stiften, Markern und Büroklammern. Irgendwo darunter könnten sich die Schriftrollen vom Toten Meer befinden, aber Quinn bezweifelte, dass er das je herausfinden würde.

Es war eine Müllhalde, die er hin und wieder von A nach B schob, um dadurch wieder ein paar braune Flecken des Schreibtischs zum Vorschein zu bringen. Er hatte nicht das Gefühl, jemals wieder den gesamten Schreibtisch zum Vorschein zu bringen, zumindest nicht, solange er hier arbeitete.

Auf dem Tisch waren mehrere Tupperdosen verteilt, von denen er hoffte, dass sie irgendwann einmal ihren Weg zurück in seine Wohnung finden würden. Da er aber jeden Tag aufs Neue vergaß, sie mitzunehmen, würden sie wohl irgendwie alleine ihren Weg finden müssen.

Quinn hängte seine Tasche über einen separaten Stuhl und schaltete den Computer an. Der Computer hatte kaum gebootet, als eine kleine Meldung auf dem Bildschirm erschien.

„Wie kannst du blöde Maschine jetzt schon eine illegale Funktion durchgeführt haben?“, fragte Quinn das Gerät.

Quinn schaltete den Computer aus und startete erneut.

Er hasste Computer. Und eindeutig beruhte dieses Gefühl auf Gegenseitigkeit. Jeder Tag, an dem kein größerer Computerfehler einen seiner Berichte verschlang oder an dem sich der Computer nicht aufhängte, musste gefeiert werden. Quinn dachte, es würde vielleicht helfen, wenn Ethan tatsächlich einmal ein bisschen Geld hierfür locker machen würde, aber das würde einem Wunder gleichkommen.

Er wurde von Kyle abrupt aus seinen Gedanken gerissen, der förmlich vom Treppenhaus durch die Tür brach, schnell zu seinem Schreibtisch eilte und seine Tasche auf einen Stuhl fallen ließ.

„Fantastisch“, posaunte Kyle in den Raum. „Absolut fantastisch.“

Quinn reagierte nicht. Das war bei Kyle auch nicht nötig. Irgendwie entsprach seine Konversationsweise der eines schlechten Computerprogramms. Ganz gleich, welchen Input er erhielt, der Output war stets gleich.

„Ich meine fantastisch“, wiederholte Kyle, und wandte sich erst jetzt Quinn zu.

„Was ist denn so fantastisch?“, fragte Quinn, auch wenn er glaubte, dass dies keinen Unterschied machen würde.

„Das Feuer letzte Nacht. Du meine Güte“, schüttelte Kyle seinen Kopf als ob er es nicht glauben könnte, jemand hätte diese „fantastische“ Sache tatsächlich verpasst. „Ich wünschte, ich wäre noch immer Feuerwehrmann.“

„Ich dachte, du warst Polizist“, schoss Quinn zurück.

„Ja klar, natürlich“, sagte Kyle, als wäre dies ein geringfügiges Detail. „Aber wir hatten ständig mit Feuern zu tun. Aber letzte Nacht. Letzte Nacht war…“

Er hielt inne auf der Suche nach dem richtigen Wort.

„Fantastisch?“, ergänzte Quinn und lächelte in sich hinein.

„Ja, genau“, sagte Kyle, deutete auf Quinn und machte mit seinem Finger eine Geste zu seiner Nase. „Ja. Absolut fantastisch. Dieses dumme Kind spielte in der Garage mit Streichhölzern und hatte es geschafft, etwas herum liegendes trockenes Holz anzuzünden.“

„Das klingt doch gar nicht so schlimm“, sagte Quinn.

„Meinst du! Aber du hättest sehen sollen, was dann passierte“, sagte Kyle und kostete den Moment aus. Seine Hände verdrehte er leicht, während seine Augen von Quinn abschweiften und ins Leere starrten.

„Das Kind rannte nach draußen, um seine Eltern zu holen. Und sie kamen angerannt. Und der Vater sah es als erstes. Er wusste, was passieren würde.“

„Und was ist passiert?“, fragte Quinn noch immer vage, wobei er mehr auf seinen Computer achtete, der Anstalten machte, erneut abzustürzen.

„Das Benzin, Mann“, rief Kyle und trat direkt neben Quinn, als ob er ihm verschwörerisch etwas zuflüstern wollte. „Zwei Kanister - die einfach da standen. Du würdest es nicht glauben. Als sie hoch gingen, war das wie eine Bombe. Eine Riesenexplosion.“

„Himmel, wurde jemand verletzt?“, fragte Quinn und sah jetzt Kyle zum ersten Mal wirklich an. Aber Kyle sah noch immer irgendwie abwesend aus, als würde er das ganze Szenario in seinem Kopf nochmals durchspielen.

„Wurde jemand verletzt?“, wiederholte Quinn mit etwas mehr Nachdruck.

„Was? Äh, nein“, sagte Kyle. „Nein, der Typ wusste genau, dass er keine Chance hatte. Er packte einfach nur seine Familie und rannte. Nahm die Beine in die Hand und rannte. Aber die Garage ging so richtig hoch. Ich habe das Feuer gesehen, Mannomann! Allererste Sahne. Die Feuerwehrleute sagten, sie hatten kein solches Feuer mehr gesehen seit der Gasexplosion drüben in Ashburn.“

Quinn antwortete nicht. Er wollte nicht über die Gasexplosion in Ashburn reden.

Janus und er waren damals als erster vor Ort gewesen - noch vor der Polizei. Es war nichts, an das man sich gerne erinnern möchte.

„Unglaublich“, sagte Kyle erneut und schüttelte den Kopf.

„Aber es wurde doch niemand verletzt“, wiederholte Quinn.

„Nein, nein“, sagte Kyle und in seiner Stimme schien Enttäuschung mitzuschwingen.

Quinn war sich aber dessen nicht ganz sicher und verwarf den Gedanken wieder. Verletzte sorgten vielleicht für eine bessere Story, aber er bezweifelte, dass selbst Kyle derart kaltblütig war.

Der Typ war hinter seiner muskulösen Fassade und seinem Fu Manchu Bart ein echter Softie - auch wenn er eine absolute Leidenschaft für das WWF Wrestling hegte, die an eine ernsthafte Psychose grenzte. Er wollte die Story, aber er war nicht die Art Mensch, die jemanden tot sehen wollte.

„Unglaublich“, sagte er erneut und schlenderte zurück zu seinem Schreibtisch.

Quinn verdrehte die Augen.

Binnen zwei Stunden war auch ein Großteil der restlichen Belegschaft angekommen.

Janus tauchte zuerst auf und warf wie immer beim Hereinkommen einen Mini-Basketball in Richtung von Quinns Kopf.

„Kopf hoch“, rief er eine Sekunde bevor er loslegte.

Quinn schnappte ihn mit Lichtgeschwindigkeit aus der Luft.

„Himmel, wie zum Teufel hast du das geschafft?“, fragte Janus.

„Schnelle Reflexe“, antwortete Quinn.

„Als ob du es geahnt hättest“, murmelte Janus.

„Ich hab‘s dir schon mal gesagt - ihr Waliser seid keine großartigen Werfer. Ihr spielt viel zu viel Fußball“, sagte Quinn und grinste.

„Als ob du besser werfen könntest“, kicherte Janus. „Das mit der Story tut mir leid.“

„Mit der was?“, antwortete Quinn.

„Nun komm schon, Kumpel. Ich habe den Bericht von Summer gesehen“, sagte Janus.

Quinn zog eine Grimasse und log: „Der war Scheiße.“

„Das stimmt nicht und das weißt du“, antwortete Janus.

Seine Stimme war jedoch nicht gänzlich teilnahmslos. Er hatte wohl seine eigenen Probleme mit Summer, aber selbst ein Fotograf wusste wie es sich anfühlte, ein besseres Bild in einer anderen Zeitung zu sehen.

„Was willst du denn von mir hören? Sie hat mich geschlagen“, sagte Quinn.

„Nun, zumindest hattest du die Woche vorher die Nase vorn“, konterte Janus.

„Was, bei der Stalker-Sache?“, sagte Quinn. „Mag sein, aber daran wird sich niemand erinnern, und sie zollte mir auch nicht wirklich Anerkennung, als sie die gleiche Story zwei Tage später brachte.“

„Hast du das denn erwartet? Du bist aber wirklich optimistisch.“

„Nein“, sagte Quinn. „Ich schätze, die Grundsätze des zivilen Journalismus zu befolgen wäre wohl zu viel verlangt.“

Janus lachte, drehte sich um und ging zurück in die Dunkelkammer in der Ecke des Nachrichtenraums - der Ort, an dem die Photographen arbeiteten, lebten und atmeten. Quinn fragte sich kurz, warum man immer noch von einer Dunkelkammer sprach. Da alles schon vor Jahren auf digital umgestellt worden war, bestand kein Anlass mehr, alles im Dunkeln zu erledigen.

Schon gleich wurde er aber aus seinen Gedanken gerissen, als Rebecca aus ihrem Büro trat und streng ihren Blick schweifen ließ.

„Warum ist denn niemand im Konferenzraum?“, fragte sie laut in die Runde und funkelte sie alle an. „Haben wir denn kein Meeting mehr, oder habe ich irgendetwas verpasst?“

Niemand wies darauf hin, dass es erst zwei Minuten nach zehn war und man daher wohl kaum von einer echten Verspätung reden konnte. Stattdessen schauten sie sich alle an und drängten sich nach ihr in den Raum.

KAPITEL 3

image

„Fünfzig Mann bestiegen einen Hügel,

Keiner kehrte zurück.

Fünfzig Mann gingen zu ihm,

Keiner wurde gefunden.“

−Traditioneller schottischer Reim, etwa um 1880

Schon weniger als 20 Minuten, nachdem sie den Job beim Loudoun Chronicle angenommen hatte, regten sich bereits die Zweifel in Kate. Bevor sie diese doch recht impulsive Entscheidung getroffen hatte, hierher zurückzukehren, hatte sie sorgfältig Pro und Contra überdacht.

Die Zeitung gab es schon seit knapp zweihundert Jahren, sie war in der Gemeinde fest verwurzelt und eine der wenigen bezahlten Abonnementzeitungen, die es nach den letzten Expansionen der Washington Post in der Gegend noch gab. Da es unwahrscheinlich war, dass die Post sie einstellte, und der Journalismus der einzige Beruf war, den sie jemals in Betracht gezogen hatte, schien der Chronicle genau der richtige Ort zu sein.

Aber ihr Gleichgewichtsempfinden hatte sie gezwungen, ein paar unangenehme Wahrheiten zu erkennen. Die Abonnementraten des Chronicle schwanden dahin; den Beiträgen fehlte es oft am letzten Schliff; und sie fürchtete, alles würde viel provinzieller ablaufen, als sie es gewohnt war.

Schon in diesen ersten paar Minuten wusste sie, dass sie in jeder Hinsicht richtig gelegen hatte. Sie waren aber wirklich nett. Lawrence, der Redakteur, führte sie herum und überall begegnete sie nur lächelnden Gesichtern und grüßend nickenden Köpfen. Aber aus dem Meeting entwickelte sich schnell eine Reihe von Insider-Witzen, groben Spitzen zwischen Reportern und allgemeine Verwirrung.

Und um ihre Zweifel noch zu stärken saß auch dieser Typ, den sie am Morgen im Café gesehen hatte - der, der sie die ganze Zeit angestarrt hatte - da und machte genau dort weiter, wo er heute früh aufgehört hatte.

Sie hatte das Gefühl, dass er versuchte sich ganz subtil zu verhalten, aber das gelang ihm nicht allzu gut. Jedes Mal, wenn sie den Kopf wegdrehte konnte sie spüren, wie er sie beobachtete.

Dabei fühlte sie sich keinesfalls bedroht - von ihm schien nichts Bösartiges auszugehen - es war vielmehr nervig. Vorübergehend kam ihr der Gedanke, sie hätte vielleicht etwas im Gesicht, oder sei unangemessen gekleidet. Aber wenn das der Fall gewesen wäre und nur einem Typenwäre dies aufgefallen, dachte sie, wäre das wohl eher unwahrscheinlich.

Rebecca versuchte, das Meeting am Laufen zu halten, indem sie die verschiedenen Zeitungssparten auflistete: Schulen, Kriminalität, Politik, Wirtschaft und Sport. Hier wurde das Leben in einfach nachvollziehbare Kategorien aufgeteilt, die für die Außenwelt wenig Tragweite hatten - das Leben in einer Reihe von Schuhschachteln. Nicht, dass Kate der Ansicht gewesen wäre, man könnte eine Zeitung anders leiten; es fühlte sich nur so aufgezwungen an.

Aber das Meeting verzettelte sich von Anfang an. Die Schulreporter stritten sich mit den Kriminalitätsreportern. Der Typ, der sie dauernd anstarrte - Quinn - kabbelte sich mit dem Politikreporter. Der Sportreporter sagte keine zwei Worte, was ihm den Zorn von Rebecca einbrachte, und der Wirtschaftsreporter war nicht aufzufinden.

So ziemlich das einzig Gute daran war, dass es schnell vorbei war. Rebecca ging doch sichtlich genervt die Optionen durch und wählte schnell die aus, die ihrer Meinung nach auf der ersten Seite erscheinen sollten. Der Gesamteindruck war jedoch provinziell - daran bestand kein Zweifel.

Binnen Minuten nach dem Meeting wurde es sogar noch schlimmer. Kyle, der Kriminalreporter, wartete draußen auf sie und hatte Redebedarf.

„Wissen Sie, was einen guten Reporter ausmacht?“, begann Kyle. Das war natürlich eine rein rhetorische Frage. Ob sie wusste, was es bedeutete, ein guter Reporter zu sein? Nun, da sie jetzt schon drei Jahre hinter sich hatte, hoffte sie das doch sehr.

„Ah, da wären wir mal wieder“, sagte eine andere Stimme, die von einem der Photographen kam.

Kate warf Bill einen Blick zu. Er war ein riesiger Kerl, fett von jeder Seite, aber doch fröhlich und freundlich.

„Was?“, sagte Kyle und sah verärgert aus.

„Lassen Sie sich von ihm nicht nerven“, sagte Bill.

„Kyle, nervst du die Neue denn jetzt schon?“, sagte eine andere Stimme hinter Kate.

Es war Janus - sie erinnerte sich an den Namen, weil er wie ein Mädchenname klang, aber anders geschrieben wurde.

Hinter Janus bemerkte Kate den Typ aus dem Café - Quinn.

„Kein Problem“, antwortete Kate Janus.

„Wie dem auch sei“, sagte Kyle deutlich aufgrund der Unterbrechungen und der um ihn Herumstehenden irritiert.

„Oh, Kyle hält mal wieder seinen Uhrenvortrag?“, fragte Janus und streckte Kate seine Hand entgegen. „Ich bin Janus.”

„Er ist Waliser”, sagte Quinn hinter ihm. Quinn hielt es nicht für unmöglich, dass dies der schlimmste erste Satz war, den er jemals von sich gegeben hatte.

Janus drehte sich um und sah ihn mit aufgesetzt beleidigter Miene an.

„Wie kannst du es wagen, meine Ethnizität hier ins Spiel zu bringen?“, sagte er viel zu laut. „Ich sage Ihnen Kate, die Stereotypisierung des Rassismus ist hier einfach lächerlich.“

„Am besten ignorieren Sie ihn“, sagte Quinn und streckte Kate seine eigene Hand entgegen. „Er geht zwar nicht weg, aber man kann ihn sukzessive ausblenden.“

„Meine Herren, ich glaube, ich habe mich gerade mit der Dame unterhalten“, sagte Kyle.

„Schon gut“, sagte Janus. „Dem Uhrenvortrag darf man keinesfalls im Weg stehen.“

„Der Uhrenvortrag?“, fragte Kate etwas befremdet angesichts der kunterbunten Ansammlung von Typen um sie herum.

„Wie ich schon sagte ist das Wichtigste an einem Reporter…“

Janus meldete sich sofort mit seiner Hand und Bill tat es ihm gleich. Quinn lachte und Kyle ignorierte sie alle.

„Das Wichtigste ist, seine Uhr drei Minuten vorzustellen“, sagte Kyle mit ernster Miene.

Die anderen begannen zu kichern.

„Drei Minuten vorstellen?“, wiederholte Kate und hatte das Gefühl, sie wurde verschaukelt.

Die anderen fingen wieder an zu lachen.

„Hören Sie nicht auf die“, sagte Kyle erneut und winkte abweisend mit der Hand. „Es ist sehr wichtig.“

„Warum?“, stammelte Kate vollkommen ratlos.

„Na damit man nie zu spät kommt“, sagte Kyle und sah noch immer ganz ernsthaft aus.

„Und wieso sollte das dabei helfen?“

Kyle starrte sie einen Moment lang ausdruckslos an, als könnte er nicht verstehen, wie sie die Weisheit seiner Worte nicht begreifen konnte. Dann lächelte er.

„Das ist doch ganz einfach“, sagte er während Janus und Bill anfingen, sich untereinander zu unterhalten. „Alle Reporter schieben Dinge gern auf die lange Bank, oder?“

Kate nickte.

„Und alle Reporter kommen immer zu allem etwa zwei Minuten zu spät, oder?“

„Mag schon sein“, sagte sie.

„Aha“, sagte er selbstzufrieden. „Wenn man also seine Uhr drei Minuten vorstellt, kann einem das nicht mehr passieren. Sie sehen drauf, und anstatt zwei Minuten zu spät zu kommen, werden Sie genau rechtzeitig da sein.“

„Oh“, sagte Kate.

„Es ist ganz einfach, aber ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie oft mir das schon den Arsch gerettet hat“, sagte Kyle und lächelte noch immer unverwandt.

„Ich verstehe“, antwortete sie. Sie hielt inne und wartete unbehaglich auf eine Eingebung, auf irgendetwas, das ihr hier wieder heraushelfen würde. „Nun, das scheint sehr hilfreich zu sein.“

„Natürlich könnte man auch einfach früher losgehen“, sagte Quinn.

Kyle grunzte angewidert auf.

„Ja klar“, sagte er. „Das könnte man natürlich. Du machst dich über mich lustig, aber wie oft bist du schon zu spät gekommen, Quinn? Hm?“

„Ständig, Kyle“, antwortete er.

„Na also“, sagte Kyle und sah Kate triumphierend an. „Sehen Sie? Ich komme nie zu spät. Ich komme immer eine Minute zu früh. Darauf kommt es in dieser Welt an, Kate.“

Kyle stieß seinen Finger in Quinns Richtung. „Genau darauf“, sagte er erneut.

„Das ist super, Kyle“, sagte Janus und legte seinen Arm um Kyle, um ihn zum Weggehen zu bewegen. „Du verschreckst ja das arme Mädchen. Noch schlimmer, du machst mir Angst.“

„Hast du wieder deine Medikamente vergessen, Kyle?“, fragte Bill.

Kyle schüttelte Janus Arm ab, warf ihm einen bösen Blick zu und stampfte davon.

„Danke Kyle“, rief Kate ihm nach, aber der schaute Bill und Janus nur unheilvoll an.

„Ich würde ihm heute lieber aus dem Weg gehen“, riet ihnen Quinn.

„Ach Quatsch“, antwortete Bill. „Er wird schon drüber hinwegkommen.“

„Machen Sie sich um Kyle keine Gedanken“, sagte Janus. „Irgendetwas wird explodieren, oder irgendwo wird eingebrochen, dann ist er wieder in seinem Element.“

Laurence steckte seinen Kopf aus der Tür.

„Janus, Quinn, gut“, sagte er. „Ich möchte, dass ihr Kate herumführt, in Ordnung? Zeigt ihr alles, was es hier zu sehen gibt.“

„Und nach den fünf Minuten, die das dauert?“, sagte Janus.

„Nun ja…“, sagte Laurence.

„Schon okay, wir machen das“, antwortete Quinn. Laurence ging in sein Büro zurück.

„Janus hat jedoch recht“, sagte er anschließend. „Das wird sicher nicht den ganzen Tag dauern.“

„Schon in Ordnung“, sagte sie. Sie lächelte Quinn an.

„Nun“, sagte er. „Ich schätze, den Nachrichtenraum haben Sie hiermit schon gesehen. Wenn Sie geradeaus gehen, kommen Sie zur Grafikabteilung.“

Sie gingen nur ein paar Meter den Flur entlang. Währenddessen begutachtete Kate ihre drei Begleiter. Quinn war attraktiv, auch wenn er müde aussah. Janus stach ihr aufgrund seiner Größe am meisten ins Auge. Er sah nicht größer aus als sie, etwa 1,62 m groß mit glattem, schwarzem Haar und braunen Augen. Angesichts seiner Redseligkeit im Personalmeeting fragte sie sich, ob er einer von den Typen war, die einen Napoleonkomplex hatten. Als sie neben ihn trat, konnte sie auch den Geruch von Zigaretten an seiner Kleidung wahrnehmen.

Bill war ein großer Kerl, nicht unbedingt fettleibig, aber doch mehr als mollig, wie Kate feststellte. Sie hatte schon beinahe ein schlechtes Gewissen, so über ihn zu denken, denn er war sehr nett.

Er war etwa mittelgroß, hatte braune Augen und schwarzes Haar und wirkte angenehm vergnügt, als hätte ihm jemand vor kurzem ein Kompliment gemacht. Vielleicht hatte er nur einen guten Tag, aber dennoch hatte sie den Eindruck, dass er für gewöhnlich so aussah.

„So ziemlich das einzige hier, das es sich lohnt anzusehen ist die Druckerei“, sagte Janus.

„Es ist cool, dass man sie hier sehen kann“, sagte Kate. „Bei der Gazette ging das nicht. Es wurde alles außerhalb gedruckt.“

„Es ist wirklich cool“, sagte Quinn und öffnete die Doppeltüre, die nach unten führte.

Sie gingen runter und sahen gerade den Start des Papierlaufs. Das Rumpeln der Presse würde schon bald so laut sein, dass man sich nur noch anschreien konnte. Sie sahen einen Moment lang zu.

In der Ecke stand auf einem Schild: „Sicherheit ist oberste Priorität. Seit 54 Tagen unfallfrei…“, stand mit einem Marker ergänzt darauf.

„Keine sehr eindrucksvolle Rekordzahl“, sagte Quinn als er sah, dass Kate es betrachtete. „Kommen Sie, hier hinten können Sie sehen, wie alles herauskommt.“

Sie gingen um die gigantische Maschine herum auf die andere Seite.

„Der Loudoun Chronicle ist ein breit angelegtes Blatt“, sagte Quinn und deutete nach oben. „Wenn Sie dort hinauf schauen, können Sie sehen, wo die Folien hereinkommen. Alles wird elektronisch von oben geschickt, dann fotografiert und auf die Folien platziert. Sie wird in Abschnitten durchgeschickt und kommt dann dort drüben wieder heraus.“

Er deutete mal hierhin, mal dorthin.

Es dauerte eine Minute bevor Quinn merkte, dass Kate ihm gar nicht zusah. Er folgte ihrem Blick in die hinterste Ecke des Raumes. Aber dort war nichts, was er entdecken konnte.