Elsbeth Weckerle

 

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Tatort Bhutan

 

oder

 

Berge, Mörder und Senioren

 

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Aus der Reihe

Elsbeths Schwaben-Urlaubs-Krimis

 

Impressum

Tatort Bhutan

Berge, Mörder und Senioren

Copyright: © 2016 Elsbeth Weckerle

published by: epubli GmbH, Berlin

www.epubli.de

 

Die Personen und Handlungen dieses Buches sind frei erfunden. Jede Ähnlichkeit mit lebenden Personen oder tatsächlichen Ereignissen wäre rein zufällig und ist nicht gewollt oder beabsichtigt.

 

Die Orte, Klöster, Hotels und Sehenswürdigkeiten in Nordindien und Bhutan existieren tatsächlich, wurden jedoch für die Erzählung dieser Geschichte teilweise etwas modifiziert.

 

Inhaltsverzeichnis

 

Das Ende vom Anfang

Urlaub oder nicht?

Der Beginn

Von Delhi nach Darjeeling

Wichtige Erfahrungen

Was ist los mit Graui-Claudia?

Graui, immer noch?

Kloster über Kloster oder Klöster über Klöster?

Kloster und Tee

Indien ade, wir kommen nach Bhutan

Auf nach Thimphu

Es passiert doch noch mehr!

Das Kranich-Klosterfest und einiges mehr

Über Thimphu nach Paro

Es hört nicht auf

Das Haa-Tal

Rückreise, auch passend!

Das kriminalistische Ende

Danksagung

Weitere eBooks von Elsbeth Weckerle

 

Das Ende vom Anfang

 

„Hallo Elli, ich bin‘s Hans. Wollte mich nur schnell melden und mich mal wieder einladen, denn du hattest leider recht, es war Mord! Nachweisen konnten wir den wenigstens bei drei Personen und vor allem natürlich bei deinem „speziellen Freund“. Das Restliche ist weiterhin noch etwas unklar und noch nicht ganz geklärt. Zu allem sollte ich doch so einiges loswerden und dann muß und möchte ich von dir und Lausi ganz ausführlich alles über eure Reise erfahren.“

Hans Köberle, ich bezeichne ihn schon als unseren Kommissar, aus dem nahen „Stutengarten“ braucht also mal wieder etwas Schwäbisches und Selbstgekochtes zum Essen und wird uns dann sicher auch einiges über die Ergebnisse seiner Ermittlungen wegen der Vorfälle auf unserer Reise berichten. Diese Vorgehensweise hat sich in den letzten Jahren so bei uns eingebürgert, denn immer öfter gibt es leider um uns herum, also um meinen Sohn Lausi, eigentlich Ladislaus und mich Elsbeth, genannt Elli, viel zu viel an üblen Ereignissen, die man nur als Mord, Morden oder Mörderisches bezeichnen kann.

Schnell vereinbare ich mit Hans einen Abendessenstermin für den kommenden Freitag, der sich dann auch auf das restliche Wochenende ausdehnen kann.

Trotz nicht gerade guter oder gar bester Laune, denn ich stecke gefühlsmäßig in einem absoluten „Tief“, versuche ich mich doch an unseren, erst vor drei Wochen beendeten Urlaub zu erinnern.

Das „Tief“ ist einmal wieder oder besser weiterhin auf meinen Nochehemann Johann Weckerle, von allen außer mir Wecki genannt, zurückzuführen. Er legt noch immer und leider weiterhin ein total unverständliches und inakzeptables Verhalten seinem Sohn Lausi und mir gegenüber an den Tag. Wir sind kaum einen Tag aus dem Urlaub zurück, als er uns einige Seiten bedrucktes Papier so im Vorbeigehen hinhält, mit der Aussage, daß er nun doch, wegen meines angeblichen Mobbing-Verhaltens ausziehen wird. Er will sein Leben genießen und das kann er mit mir und seinem Sohn nicht. Er teilt uns in diesem, seinem Schreiben mit, daß er sich eine Wohnung gekauft hat, kauft oder kaufen will und zwar auch noch hier, ganz in der Nähe. Geschmackloser geht es doch wirklich nicht!

Lausi und ich waren als „schlechte“ Hilfskräfte in und um unser bisheriges Haus gerade noch akzeptabel gewesen, ich zudem noch zum Erben bei meiner Verwandtschaft, zu mehr aber taugten wir schon lange nicht mehr. Ich war dann plötzlich noch nicht einmal mehr gut genug zum Essenkochen, denn da brauchte er plötzlich ständig, bevor er probierte, Mengen an verschiedenen Zusatzwürzmittel. Selbst zum Waschen und Bügeln war ich nicht mehr zu gebrauchen, denn das konnten andere dann nach vierzig Jahren auch besser. Also ließ ich diese Tätigkeiten für ihn sein und wenn das dann Mobbing ist, weiß ich nicht was dieses Wort bedeutet.

Seine wohl altersbedingten Beziehungen zu anderen weiblichen Wesen darf ich doch wohl etwas höhnisch kommentieren, wenn dies vor meinen Augen geschieht und dennoch geleugnet wird. Das könnte man zwar als Mobbing ansehen, aber Fremdgehen ist ja wohl eher Mobbing mir gegenüber!

Ich bin und war für ihn und seine sogenannten Freunde immer nur eine einfache, schwäbische Lehrerin an einer, wie man es so nett bezeichnete, „Dummenschule“ gewesen. Ich hatte dafür ja weder studiert noch war ich sonst etwas Wichtiges, hatte auch keinen Titel, egal welchen, wie und woher auch immer! Seine neuen Freundinnen und Freunde haben so etwas und sind erfolgreich, ich nicht! Ich unterstütze lediglich heute meinen Sohn Lausi, da sein Vater dies nicht für nötig hält und auch nie gehalten hat!

Deshalb stehen nun Lausi, ich und unsere zwei Stubentiger da und wissen nicht, wie wir unter anderem das doch recht große Haus, das Wecki einst aus Prestigegründen unbedingt haben wollte und haben mußte, unterhalten sollen und ob wir dies überhaupt können.

Um es einmal ganz deutlich zu sagen, wir beide sind gerade ganz schön durch den Wind und vor allem ich bin eigentlich genau zu den Taten angestachelt, die unseren erst gerade beendeten, absolut fantastischen Urlaub zusätzlich mal wieder so mörderisch hochinteressant gemacht hatten.

Urlaub oder nicht?

 

Bereits im vergangenen Jahr hatten wir, mein Sohn und ich, Wecki braucht seit Jahren ausschließlich sportliche oder weibliche „Aktivitäten“ im Urlaub, eigentlich vor, Bhutan, eines unserer seit langem bevorzugten Wunschländer, zu besuchen und unserer Reisebürobesitzer Herr Mahr war sogar dabei, selbst eine Reise dorthin zu organisieren und diese selbst zu betreuen. Nur leider kam uns gerade da eine andere, sicher bis dahin absolut einzigartige Reise dazwischen, die Nordostpassage, und die konnten und wollten wir uns nicht entgehen lassen. Denn zum ersten Mal in der Geschichte dieses Schiffahrtsweges sollte ein ganz normales Kreuzfahrtschiff, genau zu derselben Zeit wie die geplante Bhutanreise, diesen bisher fast ständig mit Eis bedeckten Seeweg durchfahren. Wie nicht anders zu erwarten wurde diese Reise nicht nur landschaftlich, sondern auch mörderisch hoch interessant (Tatort Nordostpassage).

Deshalb stand nun endlich in diesem Jahr Bhutan auf unserer Wunschliste und Herr Mahr suchte schon im Voraus für uns einige Reisen aus dem vielfältigen Angebot heraus. Da nur eine hiervon alle unsere Wünsche erfüllte, fiel uns die Wahl dieses Mal sehr leicht, obwohl Wecki uns ständig mit seiner eigenen, angeblich ach so sportiven, natürlich bereits gebuchten Reiserei, einen Strich durch unsere Wunschtermine zu machen versuchte.

Eigentlich gibt es schon seit einigen Jahren eine Abmachung zwischen uns, da er ja zwei Katzen bei uns im Haus aufgenommen hatte, daß immer jemand im und zu Hause ist, um sich um die beiden zu kümmern. Nur er hatte, wie immer schon, angeblich alle seine wichtigen Termine seit langem festgemacht und wir konnten und können meist sehen, wo wir bleiben.

Unsere beiden „Tiger“, denn es sind in der Praxis nur unsere, Wecki kümmert sich höchstens mal ein paar Sekunden um sie, brauchen jemand, der sich etwas länger, liebevoll und vor allem nicht nur futtermäßig mit ihnen abgibt. Selbst das mit dem Futterbeschaffen bleibt allein an uns hängen, denn er ist noch nicht einmal in der Lage Futter zu kaufen, da er angeblich nicht weiß, welches das richtige sei. Es ist ja nicht so, daß ausreichend Anschauungsmaterial bereit steht, aber eine Verpackung anschauen und ein vergleichbares Exemplar im Zoogeschäft zu finden, ist für einen studierten Kaufmann eine viel zu einfache Aufgabe.

Trotzdem sind wir froh, auch wenn sein „Kümmern und Füttern“ meist nur so eingeschränkt und selten ist, daß er dies wenigstens zu unseren Urlaubszeiten übernimmt, sofern wir im Vorfeld einen ausreichenden Futtervorrat anlegen.

Die dann von uns ausgesuchte Reise, die uns zu den Berggöttern und Donnerdrachen (Donnerdrachen deshalb, weil es in Bhutan oft starke Stürme und heftige Winde gibt) führen sollte, konnte auch wegen Lausis Terminen erst sehr spät im Jahr, das heißt, erst Ende Oktober stattfinden. Leider gibt es zu dieser Zeit nur noch sehr wenige der berühmten Klosterfeste in Bhutan, auf die wir natürlich schon gehofft hatten, denn die gehören dort einfach, vor allem bei einer ersten Reise, sicherlich dazu. Jedoch nach dem Lesen von einigem an Literatur wollte ich mich auch mit Land, Leuten und den Klöstern an sich zufrieden geben. Man kann schließlich nicht alles haben und vielleicht kommen wir nochmals in dieses Land, wenn es uns so gut gefällt.

Die Reise sollte jedoch nicht allein Bhutan beinhalten, sondern auch wegen meiner medizinischen Befürchtungen, ob ich die doch ganz nette Höhe dort auch auf Grund meines Alters gut vertrage, schon im tiefer gelegenen Indien beginnen. Wir wollten deshalb langsam in Nordindien, in Darjeeling anfangen und dann über Sikkim auf dem Landweg nach Bhutan fahren.

Die Reiseroute sah vor, von Delhi, dem Zwischenstop, weiter nach Bagdogra in Darjeeling zu fliegen, denn einen Direktflug dorthin gibt es nicht. In Bagdogra, in einer Höhe von etwa 130m Höhe, sollte dann die eigentliche Reise beginnen und wir würden mit dem Auto zunächst auf knapp 2000m Höhe fahren und uns erst später noch darüber hinaus hocharbeiten. Auf diese Weise, so meine Hoffnung, werde ich keine Höhenprobleme bekommen.

Zudem erwartete ich vor allem auch in diesen nordindischen Gebieten, doch einiges zum Buddhismus, Hinduismus und vor allem zu Land, Leuten und Kultur zu erfahren, zumal wir in diesen Gegenden, wie überhaupt in Indien, noch nie zuvor gewesen waren, außer auf mehreren Zwischenstops bei einigen unserer früheren Tauchreisen.

Der Beginn

 

Wie immer, sicherlich bei allen Reisen, macht die mitzunehmende Kleidung zwar keine Probleme, aber ich will weder zu viel noch zu wenig und vor allem nicht das Falsche einpacken. Deshalb versuche ich mich, wenn möglich, immer schon Wochen im Voraus rundherum darüber zu informieren, was so allgemein angesagt ist.

Wichtig ist natürlich auch immer zu wissen, welche Menge, Art und welches Gewicht des mitzunehmenden Gepäcks angesagt ist, je nachdem welche Reise wir machen wollen. Denn nicht bei jeder Reise ist ein Schalenkoffer das Richtige, denn wenn es um eine Wanderreise geht sind sicher Rucksäcke weitaus geeigneter, wobei bei einer Reise im Auto, mit Gepäck auf dem Dach, dann doch der gutschließende Schalenkoffer, vor allem bei wüstenähnlichen Fahrten, von Vorteil ist.

Diesmal waren für Delhi, Darjeeling und Sikkim, wie auch für Bhutan, die Aussagen rundherum sehr different. Selbst die mitzunehmende Menge an Gepäck, einschließlich dessen Gewicht stellen sich sogar in den Unterlagen des Reiseveranstalters als ziemlich unklar heraus. Es fängt schon mit der Angabe an, daß man auf dem Rückflug von Paro in Bhutan nach Delhi in Indien, dem Zwischenstop, nur 20 kg pro Person mitnehmen darf, dagegen sind auf dem Hinflug von Frankfurt nach Delhi und von dort zurück 2x25 kg möglich. Bei derartigen stimmigen Aussagen muß dann schon im Voraus gewichts- und kostengünstig gepackt werden.

Von Herrn Mahr bekomme ich den guten Tip, daß sportliche Kleidung im Zwiebellook das Sicherste ist und gutes bis sehr gutes Schuhwerk ebenfalls empfehlenswert sei. Also packe ich alles, was gut waschbar und bequem ist ein und dies zusammen mit so vielem an Medikamenten wie vielleicht nötig. Jedoch alles sehr gewichtssparend.

Extra für das Handgepäck kommen bei uns dann noch eben die Fotoausrüstungen und der Laptop, da man angeblich dort, sowohl in Indien wie auch in Bhutan, überall problemlos ins Internet kommen kann. Lausi will schon deshalb, von unterwegs aus, noch einige seiner rechtlichen „Arbeiten“ erledigen, falls nötig und soll das, laut diverser Auskünfte, wenigstens rein technisch gesehen, auch tun können.

Mit zwei Trolleys, zwei Rucksäcken und meiner Bauchtasche bewaffnet, machen wir uns am Morgen unseres Abflugs auf den Weg. Wie fast immer in den letzten Jahren geht es zu Fuß zur nahegelegenen S-Bahn Station und von dort nach Stuttgart. Wegen der genialen, sinnfreien Verplanung und dem Umbau eines bisher absolut reibungslos und für die Fahrgäste hervorragend funktionierenden Bahnhofs müssen wir nun die ewig lange und äußerst beschwerliche Wegstrecke aus dem Rest-Bahnhof heraus zu den neuen Bahngleisen erwandern.

Laut den „profitierenden Planern“, narzißtischen Politikern und nimmersatten Milliardärsfamilien in ihren vierrädrigen Luxuskarossen wird und ist ja bereits, an den nur noch wenigen, der ehemals über 16 funktionierenden Bahnsteigen, des eigentlich bisher absolut praktischen Stuttgarter Bahnhofs, alles viel einfacher, vor allem das Hinkommen zu den Zügen und damit das Einsteigen.

Nur ist es für diese Erneuerer, welcher Couleur auch immer, natürlich nicht so schlimm, daß es trotz ihrer genialen Erneuerung nun viel komplizierter, viel länger und sehr viel enger auf den dann nur noch wenigen Bahnsteigen des Tiefbahnhofes wird. Aber das hat die große Menge an S21 Befürwortern nie gestört, denn die kennen und kannten weder den ursprünglichen Bahnhof, noch fahren oder fuhren die je mit der Bahn.

Armer Architekt Paul Bonatz! Was hat man mit seinem hervorragend funktionierenden, wirklich genialen, bisher eigentlich auch denkmalgeschützten Bahnhof nur gemacht, nur damit einige wenige finanziell davon profitieren!

Bis wir beide schließlich unser Wagenabteil mit den vorreservierten Sitzplätzen am Ende des provisorischen oder doch neuen Bahnsteigs finden, also fast am Nordbahnhof, sind wir außer Atem und mit mehreren, schmerzenden, blauen Flecken versehen.

Es machte so richtig Spaß, sich zwischen all den entgegenkommenden Pendlern und sonstigen Reisenden, auf diesem schmalen Bahnsteig mit den Gepäckstücken durchzukämpfen, ohne selbst hinunter auf die tieferliegenden Gleise zu fallen oder gestoßen zu werden!

Dieses Provisorium wird schon bei der bislang behaupteten Bauzeit noch mindestens 10 Jahre andauern. Betrachtet man allerdings die Unfähigkeit von Planern bei Großbaustellen, so dürfen wir ja noch mindestens mit 20 Jahren Provisorium rechnen, bis dann vielleicht einmal der Tiefbahnhof auch nur ansatzweise fertig ist. Lausi meint allerdings, daß wir bald eher das größte Mineralwasserbecken Deutschlands hier haben werden, denn fertig wird dieser sinnfreie und völlig überteuerte Bau nie werden. Vielmehr wird die gewaltige, unterirdische Talsperre irgendwann dem Wasserdruck der vielen Quellen rundherum nicht mehr standhalten und vollaufen.

Erstaunlicherweise hat unser Zug einmal keinen der ansonsten ach so unvorhergesehenen Aufenthalte auf den üblichen freien Strecken und wir kommen fast pünktlich in Frankfurt an. Dort geht sogar das Einchecken sehr schnell. Nur um dann zu dem Gate der tollsten und besten aller Fluglinien zu gelangen, müssen wir unerwarteter weise auch noch einen weiteren recht langen Gewaltmarsch durch absolut „unbewohnte“, menschenleere Gänge und Hallen hinter uns bringen.

Da in dem angegebenen, weit abgelegenen Gebäude viele, der doch ganz wenigen Sitzplätze belegt sind, nur Automaten, bestückt mit irgendwelchen Flaschen und Päckchen herumstehen, überlege ich es mir doch, ob wir es uns leisten wollen und sollen, in die öffentlich angebotene Business Lounge zu gehen und dafür doch so einiges zu bezahlen. Trotz schwäbischer Sparsamkeit leisten wir es uns, bevor wir stehend oder auf dem Boden sitzend unsere Gesundheit ruinieren müssen, um mit schlechtester Laune unseren Urlaub zu beginnen.

Auf diese Weise können wir so wenigstens die Zeit bis zum Abflug etwas ruhiger, bequemer und essensmäßig versorgt, wenn dies auch nur minimal, angehen.

Für diesen Flug hatten wir uns diesmal etwas Besseres geleistet, nämlich die neuangebotene Premium Economy Klasse und Herr Mahr hatte für uns sogar eine Zweierreihe herausgesucht. Passend!

Nur wie sich schnell herausstellt, dann doch sehr unpassend, aber das konnte er bei der Buchung nicht wissen, war die Belegung der beiden Sitzreihen vor uns. Dort machen sich nämlich mehrere Öschis, man verzeihe mir diese Bezeichnung, aber bei denen zutreffend, aus der Gegend mit demselben, schrecklichen, lauten und sehr gehörschädigenden Dialekt, wie dem meiner Nochschwiegermutter, breit.

Meine Schwiegermutter konnte oder wollte diesen Dialekt ihr ganzes Leben nicht ablegen, obwohl sie seit ihren ganz jungen Jahren in Deutschland in einer Gegend lebt, in der der deutsche Dialekt auch extrem grausig und das Gehör schädigend ist. Vielleicht war dies für sie der Grund, ihren eigenen Dialekt nicht abzulegen, obwohl dann etwas Hochdeutsch, besser Schriftdeutsch, ihr ab und zu nicht geschadet hätte! Einen Dialekt zu pflegen, nur um zu zeigen, daß man etwas vermeintlich Besseres ist, finde ich schlichtweg doof.

Dazu muß ich aber doch noch bemerken, daß ich durchaus nicht ausländerfeindlich bin und vor allem nichts gegen die ganz normalen Österreicher habe, im Gegenteil, denn ich habe sehr gute Erinnerungen an sehr, sehr viele, sehr schöne Urlaube in Österreich und an viele, sehr nette Österreicher!

Aber nun zurück zu den anscheinend doch nur vier Personen vor uns. Zuerst dachten wir, es handle sich um zwei Paare, wobei schon das Paar unmittelbar vor uns keinen sehr engen Kontakt, geschweige denn viel Zuneigung zueinander zu haben scheint. Er, der männliche Teil davon, glaubt sofort ein Büchlein aus der Ablage über sich heraus und sie vertieft sich in eine der ach so beliebten Bilderzeitschriften, die sie in Mengen mitgebracht hatte.

Beide scheinen nicht mehr ganz jugendfrisch, gut über oder an die 70, wenn nicht mehr. Der männliche Teil hat Probleme mit einem seiner Finger, den er gestreckt abspreizt und dazuhin auch noch mit der Technik rund um sich herum. Mit dieser Technik des Bordsystems hat seine Partnerin ebensolche Probleme und sie läßt es dann, wie auch er, nach wenigen Versuchen sein. Beide können ihre Unkenntnis vermutlich nicht zugeben und deshalb tun sie so, als ob sie lesen würden.

Ich habe nichts gegen Behinderte, auch nicht gegen die ältere Mitbevölkerung, schließlich gehöre ich, Elli, auch zu diesen Gruppierungen, aber der Typ vor mir, schon im Geiste als „Finger“ bezeichnet mit seiner Frau oder was sie auch immer ist, von mir als Tussi bezeichnet, sind einfach mehr als nur einen Blick zwar nicht wert, aber so abartig, daß ich doch immer wieder grinsend einen Blick darauf werfen muß, vor allem dann, wenn mich deren sprachliche Lautstärke von den wirklich guten Filmen im Bordsystem abzulenken droht.

Irgendwann bemerke ich, daß in der Reihe davor nur das weibliche Wesen scheinbar zu den beiden auch sprachlich dazugehört, denn der Mann, der dabeisitzt, steht immer wieder kopfschüttelnd auf und geht für längere Zeit spazieren. Entweder kann auch er die dialektische Lautstärke seiner Sitznachbarin und generell ihre recht sinnfreie Unterhaltung nach hinten nicht ertragen oder vielleicht leidet sie, ein absoluter grauer Grauschopf mit dichtem, mittellangen Haar, auch noch an etwas anderem und er muß schon deshalb das Weite suchen?

Nein, nein! Ich bin schon wieder böse, aber es ist einfach beinahe filmreif, was da läuft oder nicht läuft. Zu Lausi bemerke ich lediglich, daß wir nur hoffen könnten, derartiges nicht auch noch in unserer Reisegruppe ertragen zu müssen.

Der Flug vergeht ansonsten ganz gut, lediglich das Einreisen in Delhi am frühen Morgen, so gegen halb zwei Uhr, ist weniger bis absolut gar nicht lustig. Die doch recht große Flughafenhalle ist vor allem recht heiß und bedingt durch die Menge an Menschen, stehen wir alle auch noch sehr, sehr eng aufeinander, da vermutlich erst um diese frühmorgendliche Zeit die ganze Welt ausgerechnet in Delhi landen muß.

Endlich ist auch diese Einreise geschafft. Gut durchgekocht oder durchgebraten suchen wir unser Gepäck und dann unseren Reiseleiter oder Reisenden-Empfänger, einen Inder, der sein Schild auch artig hochhält und uns bittet, in seiner Nähe zu warten, bis alle Mitreisenden da sind. Er vergißt lediglich zu erwähnen, daß er auch noch auf eine zweite kleinere Gruppe wartet. Die vermischt sich dann irgendwie mit uns und dann nach viel hin und her entmischt sich alles wieder!

Während Lausi noch etwas Geld tauscht, geschieht das dann doch für mich fast nicht Faßbare:

Die Öschis tauchen auf und das auch noch im Viererpack, aber nicht mit dem Mann neben der Grauen, sondern mit einem weiteren weiblichen Wesen, dieses in blond und im Gegensatz zu den übrigen dreien sehr elegant gekleidet, im dunkelblauen Hosenanzug mit hellgrüner Seidenbluse und halbhohen Lackschühchen.

Man unterhält sich lautstark, ist aber nicht in der Lage, wie auch fast alle bisherigen, neu dazugekommenen Mitreisenden, ein „Hallo“ oder sonst etwas zur allgemeinen Begrüßung an die Dastehenden von sich zu geben.

Das kann ja heiter werden! Schon jetzt setzt sich ein Begriff in meinem Hinterkopf fest, den Lausi als Kind immer benutzt hatte, nämlich „Astlöcher“. Dies ist ein Wort, das im Original als ganz echt schwäbisch gilt und umgangssprachlich im Schwabenland, bei den echten Einheimischen, fast in jedem Satz irgendwie verwendet wird, meist ist es nicht einmal beleidigend gemeint! Na ja, hier werden wir sehen!

Schon draußen vor der Halle drängelt man sich, eigentlich nur die Öschis, auf dem Weg zum Bus und im Bus vor, weshalb auch immer. Ebenfalls nach Verlassen des Busses vor dem Übernachtungshotel, in der Nähe des Flughafens, muß man als Öschi gleich vorne dran sein. Vermutlich bringen das höhere Alter und die sicher bessere „Historie“ derartige Verhaltensauffälligkeiten mit sich. Wie genau diese österreichische Gruppierung jedoch zusammenhängt, ist mir eigentlich recht unklar. Selbst als unser angeblicher, tatsächlicher und auch deutscher Reiseleiter, der in der Hotelhalle auf uns wartet, um die Zimmerschlüssel zu verteilen, die einzelnen Namen aufruft, kann eigentlich von Gleichnamigkeit nicht nur bei diesen vieren, nicht die Rede sein. Jedoch sollen davon je zwei Personen ein Doppelzimmer beziehen, so ist nämlich die Schlüsselverteilung. Jedoch ruft gerade diese dann, wie ich mitbekomme, bei zweien der österreichischen „Damen“, der Grauen und der Blonden, nicht nur leichten Unmut hervor!

Unser Reiseleiter empfängt uns, nach einer doch recht langen Anreise sicher nicht mehr sehr gutgestylten und munter aussehenden Reisenden, in einem frisch gebügelten Hemd, dunklem Sakko und strahlend weißer Hose. Er stellt sich nur kurz bis gar nicht vor, da er meint, morgen früh gehe es bald los und wir sollten die Zeit nutzen, um uns etwas auf den Zimmern zu erholen. Frühstück gebe es sehr früh und danach bringe uns der Bus wieder zum Flughafen für den Weiterflug nach Bagdogra in Darjeeling. Näheres käme dann morgen früh. Wir brauchen jetzt auch nicht mal unser Gepäck suchen, das sei bereits im Zimmer.

Also auf in den Aufzug und durch ewig lange Korridore in unser Zimmer, wenn auch nur für wenige Stunden. Wir beide duschen noch schnell, bevor wir in die Betten sinken und weg sind.

Von Delhi nach Darjeeling

 

Das Frühstück am sehr frühen Morgen in Büffetform ist etwas gewöhnungsbedürftig, da es eindeutig eine echt englische Ausrichtung hat, aber wir sind ja auf vieles vorbereitet. Kellner rennen herum und für unsere Reisegruppe ist sogar ein riesiger Tisch reserviert. Bisher sind jedoch sehr wenige Personen, der bisher nicht nur namentlich unbekannten Gruppe, bereits am Tisch vorhanden und wir beide wollen vor der Abfahrt noch unsere biologischen Bedürfnisse erledigen. Also wird ohne große Vorstellung, lediglich mit einem kurzen Gruß in die Gegend, schnell gefrühstückt und dann geht es hoch ins Zimmer, wo alles vollends erledigt wird. Wir schnappen das Gepäck und fahren mit dem Lift nach unten in die Halle.

Der Reiseleiter, wieder in Sakko, anderem Hemd und rotbraunen Lederschnürschuhchen empfängt uns mit der Bitte, das Gepäck selbst zum Bus zu bringen. Die Helfer draußen, rund um den Bus, verstauen alles sehr schnell unten in den Gepäckablagen und dann geht es auch schon wieder los. Wegen des Sakkos und der Schuhchen muß ich dann doch die Empfehlungen einiger Darjeeling-, Sikkim- und Bhutankenner erwähnen, doch stets und immer gutes bis sehr gutes Schuhwerk in Wanderqualität zu tragen und ebenfalls nur die Lagen- oder Zwiebelbekleidung für die Fahrten, Besichtigungen, Wander- und Spaziergänge einzupacken und anzuziehen, vor allem solche, die leicht und gut zu waschen ist. Sakkos in Indien mögen allenfalls vielleicht in Rajasthan eine angepaßte - wenn auch dort wenig zweckmäßige - Kleidung sein.

Daran hatten wir uns gehalten, einige unserer Mitreisenden ebenfalls, aber eben nicht alle!! Soviel auch zu der Ankündigung in der Reisebeschreibung, daß wir teilweise in sehr, bis ganz einfachen Hotels untergebracht sein werden. Ein Sakko, eine Businesshose, Lederschuhe, das kleine Schwarze oder gar ein Abendkleid sind dann wohl kaum die erste Wahl bei solch einer Reise! Aber vielleicht haben wir uns geirrt und alle unsere Ratgeber ebenfalls.

Im Bus herrscht wieder das übliche, völlig sinnfreie aber bei uns Touris wohl unvermeidbare, Drängeln und die vorderen Plätze werden sogleich von den Öschis in bester Mallorca-Manier belegt - wenngleich hier das Handtuch durch Handtäschchen und Jacke ersetzt wird. Nach einem obligatorischen Blick in den Gepäckraum steigen dann alle wieder ein. Die übrigen Mitreisenden haben keine Probleme auch hinten zu sitzen, zumal der Weg zum Flughafen nicht weit ist und die Aussicht auf die 6-spurige Zubringerstraße keinen Platz in der ersten Reihe benötigt. Trotz frühem Morgen ist es jedoch schon ganz nett warm, aber etwas ausziehen ist bei unserem Zwiebellook gleich möglich.

Für den Weiterflug, geht das Einchecken am einheimischen Flughafen sehr viel schneller als das gestrige Auschecken. Der zusätzliche einheimische Begleiter, der uns hier am Flughafen auch empfangen hatte, kümmert sich um alles und so warten wir dann lediglich im hier angenehmen, nicht so heißen Gate auf den Flieger nach Bagdogra. Wobei das Shoppen bei den wenigen Geschäften nicht gerade der Renner ist und ich mich deshalb lieber hinsetze und meinen Reiseführer lese.

Weiterhin kennen wir eigentlich unsere Mitreisenden immer noch nicht. Eine allgemeine Vorstellung und vielleicht sogar einiges zu Land und Leuten in Darjeeling wäre sicher beim Warten schon mal möglich gewesen! Aber nein vom deutschen Reiseleiter kommt und kommt auch später, während des Wartens nichts. Dafür versuche ich mich wenigstens ein kleines Bißchen über unser erstes Reiseziel schlau zu machen:

 

Darjeeling oder auch Darjiling

 

Darjeeling ist sowohl eine Stadt wie auch ein Bezirk in West-Bengalen, also Indien. Der Bezirk ist relativ klein, gehört zu den wenig bevölkerten Bezirken und hat eine Fläche von 29 mal 26km. Der Name Darjeeling stammt vom tibetischen Wort Dorje = Donnerkeil und Ling = Ort oder Land ab.

Darjeeling gehörte ehemals zu dem Königreich von Sikkim und wurde in die Kämpfe der Gurkhas oder Gorkhas, der Soldaten aus dem kleinen Königreich Gorkha im westlichen Nepal verwickelt. Diese Gurkha-Kriege zogen sich lange hin, auch später sogar noch mit den Briten und endeten erst um 1816.

Die Briten und auch die Inder nahmen desertierte Gurkhas auf und setzten sie in noch heute existierende Bataillone, die Gurkha- Bataillone, ein. Lange Zeit regelte zuerst einmal die British East India Company selbst die Streitigkeiten hier im Norden mit ihren eigenen Soldaten. Erst etwas später, so um 1857, griff dann doch die Englische Krone ein, vermutlich war zu diesem Zeitpunkt das Kostenrisiko geringer.

1835 wurde Darjeeling vom König von Sikkim an die British East India Company verpachtet. Dafür halfen ihm die Briten im Kampf gegen die Nepalis. Darjeeling wurde nun Luftkurort für britische Beamte und Offiziere und dazuhin wurde der Teeanbau gefördert.

Der Teeanbau selbst geht auf den Engländer Dr. A. Campbell (1805-1874), den Leiter des Sanatoriums in Darjeeling, zurück. Das A. wird bei ihm für die unterschiedlichsten Vornamen in der Literatur verwendet. Er experimentierte in seinem Garten in Darjeeling mit verschiedenen Teesamen, die er mit seinem Freund, einem Botaniker, von Reisen durch China mitgebracht hatte. Schon Ende der 1840iger Jahre schien er Erfolg zu haben. Deshalb wurde bereits 1864 die Darjeeling Company gegründet, aus der 1896 die Darjeeling Consolidated Tea Company wurde. Darjeeling Tee gehört zu den besten Teesorten der Welt, nur werden heutzutage viel mehr Tonnen davon verkauft, als geerntet werden. Woran mag das wohl liegen?

Die Unruhen in Indien zogen sich hin, nicht nur die mit den Briten, sondern auch die inländischen zwischen den Hindus und den Moslems. Erst nach dem zweiten Weltkrieg, bei dem Indien auf Seiten der Briten kämpfte und eine allgemeine Demokratisierung einsetzte, bekam auch Indien am 15. August 1947 seine Unabhängigkeit.

Damit sind aber die innerindischen Verhält-nisse nicht und weiterhin nicht geklärt. Es gibt bis heute Probleme und Auseinandersetzungen mit den verschiedenen Separatistengruppen und weiterhin zwischen Hindus und Moslems, die leider allzuoft tödlich ausgehen.

 

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So viel zur Geschichte aus dem Reiseführer, den ich auch noch während des dreistündigen Fluges im Halbschlaf gelesen habe. Waren wir noch in Delhi in Dunst und Smog gestartet, so beschreibt mir Lausi während des Fluges immer wieder die Landschaft unter uns, denn es wird zunehmend wolkenloser, sonniger und dann sind die Wolken ganz weg.

Lausi stört mich dabei immer wieder beim Lesen mit den Hinweisen auf die vielen Felder und auch Wälder unter uns und für manche Ausblicke lasse ich mich auch sehr gerne sogar stören. Dazu gibt es überall zahlreiche Flüsse und Kanäle, also kein Wunder, daß hier sehr viel an Getreide und Reis wachsen kann. Da wir nicht sehr hoch fliegen, sind auch viele kleinere Dörfer gut zu erkennen und immer wieder fleißige Menschen auf ihren Feldern bei der Arbeit.

Als dann in der Ferne die ersten Berge durch die kleinen Fenster zu sehen sind, beginnt unser Flieger auch schon mit dem Landeanflug auf Bagdogra.

Der Flughafen von Bagdogra ist angeblich ein reiner Militärflughafen und deshalb, so wird uns nicht nur vom Reiseleiter, sondern auch im Flieger nochmals mitgeteilt, sollen wir dort auch nicht fotografieren und nach dem Aussteigen auf aktuelle Anweisungen warten. Nach dem Aufsetzen auf einer, mir doch sehr kurz erscheinenden Start- und Landebahn, stehen wir alle sehr schnell auf dem Rollfeld und sollen da abwarten, bis wir in den einzigen Bus, der die Fluggäste die nur knapp hundert Meter zum Flughafengebäude fährt, besteigen dürfen.

Na ja, wir sind schließlich auf einem militärischen Gelände und da ist eben alles etwas eingeschränkter. Jedoch wie nicht anders zu erwarten, müssen doch einige der Reisenden ihre Fotoapparate zücken und rundherum fotografieren. Es starten ja auch ständig in unserer unmittelbaren Nähe irgendwelche interessante Militärmaschinen der verschiedensten Arten. Nur sind die Fotoapparate und Handys der Fotografierenden dann plötzlich ganz schnell weg und sie selbst ebenfalls, denn einige Militärs tauchen wie aus heiterem Himmel auf und walten ihres Amtes. Wer nicht hören will, muß eben fühlen! Mit etwas Bedauern muß ich jedoch feststellen, daß aus unserer Gruppe niemand verschwunden zu sein scheint. Na ja, was nicht ist, kann ja noch werden!

Nachdem wir endlich auch den einzigen Bus zum sogenannten Flughafengebäude besteigen und diesen auch nach wenigen Metern wieder verlassen dürfen, betreten wir ein Gebäude mit dem klassischen Charme der etwa 50iger Jahre. Das völlig überladene Gepäckförderband kommt an der Außenwand zum Flugfeld herein, nur um etwa 5m weiter hinten, genauso voll und überladen, wieder nach draußen zu verschwinden.