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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

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14.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2288

 

Notruf von Terra

 

Das Warten auf die zweite Welle – falsches Spiel in der RICHARD BURTON

 

Arndt Ellmer

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Die Erde befindet sich im Würgegriff des angeblichen »Gottes« Gon-O, der aus der unglücklichen Verbindung eines wahnsinnigen Nocturnenstocks mit einem unsterblichen Kunstgeschöpf entstanden ist. Gon-O giert nach ARCHETIM, dem seit mehr als 20 Jahrmillionen in der Sonne existierenden »Leichnam« einer mächtigen Superintelligenz.

In einer Verzweiflungstat opfern Myles Kantor und sein Wissenschaftler-Team ihr Leben, um den drohenden Untergang des gesamten Solsystems aufzuhalten.

Am Entstehungsort des »Gottes«, in der Großen Magellanschen Wolke, weiß die terranische Expedition unter Malcolm S. Daellians Leitung nichts von diesen dramatischen Ereignissen. Die Terraner an Bord der RICHARD BURTON mussten sogar vor den überlegenen militärischen Kräften des Gegners fliehen.

Ihr Ziel bleibt allerdings, das Übel an der Wurzel auszurotten: Die Vernichtung des Nocturnenstocks Satrugar, der das Zentrum von Gon-Os Wahn darstellt, scheint derzeit die einzige Herangehensweise zu sein. Während die RICHARD BURTON zwischen fremden Sternen kreuzt, erreicht sie zudem noch ein NOTRUF VON TERRA ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Prak-Noy – Der Ara-Mediker kämpft um eine zweite Chance für Bré Tsinga.

Malcolm S. Daellian – In den Händen des Wissenschaftlers liegen die Leitung der Magellan-Expedition und das Schicksal der RICHARD BURTON.

Kantiran – Perry Rhodans Sohn schickt seine Dwarmaris aus.

Ascari da Vivo – Die Admiralin dient in jedem Fall Arkons Interessen.

Mal Detair – Der Fuertone setzt sich für seinen Freund ein.

1.

8. Februar 1333 NGZ,

21:58:12 Uhr Bordzeit

 

Wozu geben wir uns eigentlich solche Mühe? Bré Tsinga ist tot und wird dadurch nicht wieder lebendig!

Malcolm S. Daellian hielt am unteren Ende des OP-Tisches an. Er beobachtete Prak-Noy, der ihm gegenüber am Kopfende stand. Zwei Medoroboter streiften dem Ara in Windeseile einen Operationskittel und antiseptische Handschuhe über. Der Chefmediker flüsterte Anweisungen an die Roboter und an seine Mitarbeiter.

Silbern glänzende Maschinen fuhren in Position; sie erinnerten Malcolm S. Daellian an plumpe Skulpturen eines mittelmäßig begabten Künstlers. Die filigranen Instrumente an den Enden ihrer Tentakel sprachen jedoch eine andere Sprache. Hoch spezialisierte Operationsroboter waren das, vermutlich die besten, die es jemals an Bord eines terranischen Schiffes gegeben hatte.

Daellians Kameraaugen wanderten abwärts zu der reglosen Gestalt. Die Mediziner hatten alles Menschenmögliche versucht, nachdem er die Frau aus ihrem abgeschirmten Container in die Bordklinik hatte bringen lassen.

Nicht genug ...

Die Entschlossenheit in den Gesichtern der Mediker Özghar DaHor, Doran Fa Dorano und Masrana Thadur hätte Malcolm einen Schauer über den Rücken gejagt, wenn er noch einen Körper besessen hätte. Wie gegossen standen sie um den Tisch herum, stumme, maskierte Zeugen eines Versuchs, der nach Daellians Auffassung zum Scheitern verurteilt war.

Allein die Assistenzroboter verbreiteten Hektik, verbanden den Körper mit Schläuchen, projizierten energetische Brückenfelder oder richteten Spindeln aus, die unmittelbar im Körperinnern 3-D-Felder erzeugten.

Daellian rechnete jeden Augenblick damit, den Rettungsversuch abbrechen zu müssen, wenn die Sicherheit des Schiffes es erforderte. Die Orter der RICHARD BURTON lauschten in die Parrakhon-Wolke, um jede Annäherung eines Parr-Jägers sofort zu erkennen. Aber noch schien der ENTDECKER in Sicherheit zu sein. Das würde sich in dem Augenblick ändern, da Gon-O wieder Kontakt zum Bewusstsein der Kosmopsychologin erhielt. Solange Bré eines besaß, lebte sie, auch wenn ihr Körper längst tot war.

Aber was hieß das schon – tot? Daellian selbst war das anschaulichste Beispiel dafür, was es bedeutete, gestorben zu sein und dennoch zu leben – ein Gehirn in einem Sarg, zusammen mit Geweberesten eines Körpers, der einmal sein eigener gewesen war. Der Frau auf dem Tisch wünschte er alles, nur kein ähnliches Schicksal. Lieber ganz sterben, als ein solches »Leben« führen zu müssen.

Vor zehn Minuten hatte Bré Tsingas Herz aufgehört zu schlagen. Seither ersetzten energetische Felder die Arbeit des Organs und pumpten das Blut durch die Adern.

Dennoch schien es, als wolle der Körper sich nicht mit dieser lebenserhaltenden Maßnahme abfinden. Aus dem Gesicht der blonden Psychologin wich langsam die Farbe.

Es ist besser für dich, glaube mir! Gon-O hatte aus Bré Tsinga eine Mörderin gemacht. Wäre sie wieder erwacht, befreit von dem mentalen Bann der Wesenheit, hätte sie den Rest ihres Lebens unter dieser furchtbaren Gewissenslast leben oder eine Löschung ihrer Erinnerungen in Kauf nehmen müssen – ein solches Ende hatte sie gewiss nicht verdient.

Neben diesen Aspekten gab es allerdings noch einen weiteren Grund, und der besaß in den Augen des Expeditionsleiters ein weit höheres Gewicht. Deshalb war Daellian hier, starrte aus seinen Linsen auf den OP-Tisch, der eigentlich eine Bahre war.

»Versucht alles an Informationen aus ihrem Gehirn zu holen, was geht!«, wies Daellian das Ärzteteam an. Die Sicherheit des Schiffes hing davon ab, noch mehr allerdings die Existenz der Menschheit. Seit sie in der RICHARD BURTON über das Flugziel von TITAN-09 Bescheid wussten, suchte die Besatzung nach einem Weg, das Solsystem und Terra zu warnen.

»Du schaffst es, Bré!«, flüsterte eine leise Stimme hinter Daellian. »Ganz bestimmt!«

Im Halbdunkel des sterilen Raumes nahm er eine Bewegung wahr. Eine Gestalt tauchte in seinem Blickfeld auf – Fran Imith, Bullys Lebensgefährtin. Die Sorgen um den in der Hand Gon-Orbhons befindlichen Gefährten hatten sich tief in ihr Gesicht gegraben, aber jetzt strahlte sie so etwas wie Zuversicht aus.

Malcolm scannte das Gesicht und wertete es mit Hilfe seiner Mikropositronik blitzschnell aus.

Unter der Maske aus Zuversicht zeigten sich bei Fran Spuren von Verzweiflung.

»Was tust du hier?«, flüsterte er ihr zu.

Sie lächelte flüchtig. »Ich muss etwas tun, sonst werde ich wahnsinnig. Und momentan glaube ich, dass es am besten ist, wenn jemand hier ist, um Bré Beistand zu leisten.«

»Du glaubst tatsächlich, die Tote spüre die Gegenwart eines Menschen?« Es gelang Daellian nicht, den Spott in seiner Stimme zu verdrängen.

Fran funkelte ihn an. Ohne die Stimme zu erheben, hielt sie ihm eine Standpauke, die sich gewaschen hatte: »Du bist immer so verdammt selbstgefällig und zerfließt zudem vor Selbstmitleid! Du ignorierst alles Wahre, Schöne und Gute, als seien dir dein Herz und deine Seele verloren gegangen! Kannst du mir mal verraten, ob das schon immer so war?«

Daellian wollte gerade zu einer Entgegnung ansetzen, da bemerkte er den scharfen Blick Prak-Noys. »Ihr beide verhaltet euch entweder wie disziplinierte Erwachsene oder verlasst augenblicklich den Raum! Ihr stört!«

Fran Imith blieb mit vor dem Körper verschränkten Armen stehen. Er blieb ebenfalls, beide schwiegen.

»Die Dosis Gerinnungshemmer reicht nicht aus!«, rief Prak-Noy plötzlich. »Wir verdoppeln. Alle raus, die keine Ärzte sind!«

Ein leises Zischen erklang. Einer der Medoroboter injizierte das Mittel in die Halsarterie, von wo aus es auf direktem Weg das Gehirn erreichte.

Daellian hielt den Zeitpunkt für gekommen, den Ärzten das Feld zu überlassen. »Nehmt ihr auf keinen Fall das PsIso-Netz ab!«, wiederholte er seine Warnung. Fran und er zogen sich synchron in den Hintergrund des Raumes zurück und verließen den Operationssaal, ohne einander noch eines Blickes zu würdigen.

Daellian setzte sich über Funk mit dem LPV des ENTDECKERS in Verbindung. Der »Logik-Programm-Verbund« bestand aus zwei autarken bio-positronischen Großrechner-Netzwerken, von denen jedes variabel schaltbar war.

»Alles in Ordnung?«, erkundigte er sich.

»Alles in Ordnung, Malcolm!«

Seit die RICHARD BURTON quasi aus eigenem Antrieb alle Maschinen hochgefahren und eine Linear-Notetappe ausgeführt hatte, neigte er dazu, an Gespenster zu glauben. Die Anweisungen für das Manöver waren mit seinen Überrang-Kodes als Expeditionsleiter erfolgt. Bloß wusste er nichts davon, jemals eine solche Anordnung gegeben zu haben. Er und alle Lebewesen in dem Schiff hatten durch die psionische Schockwelle das Bewusstsein verloren.

Malcolm lauschte argwöhnisch in sich hinein. Stimmte etwas mit seiner Erinnerung nicht? Oder hing der Vorgang mit anderen, ähnlichen Phänomenen zusammen, von denen Besatzungsmitglieder zu berichten wussten?

Der permanente Alarmzustand an Bord bewies, dass Ranjif Pragesh dem Frieden ebenfalls nicht traute. Der Kommandant rechnete mit einer Attacke des Gegners von außen oder von innen.

Daellian dachte an die drei Unsterblichen, die Gefangene Gon-Os waren. Bully, Tolot und der Ilt ...

Gucky fehlte ihnen in der RICHARD BURTON am meisten. Er hätte das Eindringen von fremden Mutanten in den ENTDECKER besser erkennen können, als es die gleichmäßig verteilten Para-Fallen taten.

 

*

 

»Verfolger auf hundertzwanzig Grad Steuerbord!« Shabor Mellis Stimme klang heiser. »Es sind Kybb-Traken. Die Ortungsgefahr liegt bei neunzig Prozent!«

Kein Wunder, dachte Malcolm S. Daellian. Auf Parr können sie sich denken, dass wir in der Nähe bleiben. Er blendete seine Optiken in die Bildübertragung der Hauptleitzentrale ein.

Die Männer und Frauen saßen noch in derselben Haltung auf COMMAND wie bei ihrer überhasteten Flucht aus der Nähe Parrs. Den ersten Verfolgern war das Schiff entkommen, aber es befand sich längst nicht in Sicherheit.

Gon-O hatte einen Fehler gemacht und Bré Tsinga getötet. Hätte er sie am Leben gelassen, wäre er noch immer über den Standort der RICHARD BURTON informiert gewesen.

»Wir sind entdeckt!«

Alarm heulte auf. Ein Dröhnen lief durch das Schiff, als die gewaltigen Lineartriebwerke aus ihrem vorübergehenden Schlaf erwachten. Die Speicher pumpten übergangslos Energie in die Systeme.

»Geschwindigkeit bei fünfzig Komma eins Prozent«, meldete die Hauptpositronik.

»Fertig zur Überlichtetappe!« Das war Oberst Ranjif Pragesh, der inzwischen kampferprobte Kommandant der RICHARD BURTON. »Und los!«

Übergangslos wich das Sternenfunkeln des Parrakhon-Haufens den grauroten Schlieren des Linearraums.

Nachdem sie im Linearraum eine Distanz von etwa zwei Lichtmonaten zum Parr-System zurückgelegt hatten und die Rechner eine Ortungsgefahr von knapp sechzig Prozent meldeten, befahl der Oberst den Rücksturz in den Normalraum.

Malcolm sah Shabor Melli vor sich, als befände er sich selbst auf COMMAND, dem Halbrund mitten in der Hauptleitzentrale. Der feuerrote Zopf des Funk- und Orterchefs zuckte bei jedem Wort, als er die einlaufenden Ergebnisse zusammenfasste.

»Ein Verband aus zwanzig Würfelraumern verlässt soeben Parr«, fuhr Shabor Melli fort. »Ihr Kursvektor deutet auf den Raumsektor, in dem wir uns zuletzt aufgehalten haben.«

»Countdown für die nächste Etappe läuft bereits«, antwortete Lei Kun-Schmitt, während sie zur SERT-Haube emporschielte. Das goldfarbene Gebilde blieb nach wie vor oben. Lei überließ die Flugmanöver dem LPV des ENTDECKERS.

»X minus zwanzig«, verkündete die freundliche Stimme der Hauptpositronik.

Wieder verschwand der ENTDECKER im Linearraum, brachte ein halbes Lichtjahr zwischen sich und die Verfolger. Pragesh ordnete Schleichfahrt an. Das Schiff reduzierte seine Energieemissionen auf ein Minimum. Lediglich die Schutzschirmprojektoren blieben in Bereitschaft. Mit 50,05 Prozent Lichtgeschwindigkeit zog die RICHARD BURTON durch Parrakhon.

Gon-O schickte keine Verbände aus. Die Wesenheit beschränkte sich auf die Absicherung des Parr-Systems. Die Würfel der Kybb-Traken kehrten nach Parrakh zurück.

»Es ist nur ein kleiner Aufschub«, hörte Daellian den Kommandanten sagen. »Gon-O weiß um die Bedrohung seiner Existenz, die nach wie vor von uns ausgeht.«

Und ausgehen muss! Angesichts der Gefahr für das Solsystem und die Menschheit wäre es töricht gewesen, dem Parrakhon-Haufen in der Großen Magellanschen Wolke den Rücken zu kehren.

Daellian schaltete sich eine Funkbrücke zur Zentrale. »Wir müssen ihm zuvorkommen. Je schneller wir zurückkehren und dem Spuk ein Ende bereiten, desto besser.«

Er dachte an die Menschen in der Heimat. Wenn sie die durch Gon-O heraufziehende Bedrohung richtig einschätzten, würden sie alle unter dessen mentale Fuchtel geraten. Dann doch lieber körperlich sterben – oder in Daellians Fall: fast sterben –, als seelisch und geistig abgetötet zu werden. Die Sorge um das Solsystem wirkte sich auch direkt auf Daellian aus: Die Abstände zwischen seinen Albträumen verkürzten sich zunehmend, je mehr er sich mit dem Gefahrenpotenzial Gon-Os auseinander setzte.

Sie brauchten dringend das Wissen aus Brés Gehirn über alles, was Gon-O plante. Die Vergangenheit und die Gegenwart kannten sie schon bis zu dem Zeitpunkt, als die TITAN-09 aufgebrochen war und die Wesenheit das unsichtbare Band zwischen sich und der Kosmopsychologin entdeckt hatte. Bis dahin hatte das PsIso-Netz die Verbindung zwischen Gon-O und seiner Jüngerin offenbar gedämpft, sogar ziemlich stark, wie Daellian fand. Vor dem Todesimpuls hatte es sie allerdings nicht oder nur unzureichend geschützt. Das war ein Zeichen für die Macht und die Kraft, die Gon-Orbhon nach Jahrtausenden des Schlafs besaß.

Mittlerweile kannten sie dank Bré Tsingas »Wahrtraum« die Hintergründe des selbst ernannten »Gottes«: Bei Gon-Orbhon handelte sich um ein Wesen, das durch Barmherzigkeit entstanden war. Der Schutzherr Gon-Orbhon, vor langer Zeit durch Kosmokratentechnologie erschaffen, hatte einst geglaubt, den verrückten Nocturnenstock Satrugar durch positive Beeinflussung heilen zu können.

Als er seinen Irrtum bemerkt hatte, war es zu spät gewesen. Er selbst war psychisch mit Satrugar verschmolzen, die Wesenheit, die sich selbst als »der Gott Gon-O« betrachtete, war entstanden. Das Unheil hatte seinen Lauf genommen.

Der Orden der Schutzherren und ihr Reich des Friedens waren durch Gon-O zerstört worden, und erst ES' Eingreifen hatte ihn zumindest »wegsperren« können. Nachdem 1331 NGZ das Schloss zerbrochen war, hatte sich Gon-O immer stärker wieder im Standarduniversum bemerkbar gemacht, und mittlerweile war er wieder vollständig heimgekehrt. Sein Wiedererstarken geschah mit zunehmender Schnelligkeit, binnen weniger Tage und Wochen war ihm die Magellansche Wolke in die Hände gefallen, und seit kurzem befand sich ein Teil des Nocturnenstocks auf dem Weg in die Milchstraße, um mit seiner Hilfe die Menschheit zu unterjochen und zu willfährigen Dienern Gon-Os zu machen.

Shabor Melli hatte mittlerweile die jüngsten Funksprüche der Kybb-Traken gesammelt und ausgewertet. Die TITAN-09 mit Bully, Gucky, Tolot und dem Schutzherrn Gon-Orbhon hatte Parrakhon inzwischen verlassen. Mit den Triebwerken galaktischer Schiffe vermochte die BURTON den Giganten nicht mehr einzuholen.

Eine Möglichkeit, die Menschheit per Funk vorzuwarnen, gab es ebenfalls nicht. Die RICHARD BURTON und ihre Begleitschiffe hatten keine durchgehende Funkrelaiskette nach Magellan errichtet, es hätte die Expedition zu sehr aufgehalten. Dasselbe galt für die zweite Welle, jene zehn ENTDECKER der neuen Generation und die sie begleitenden PONTON-Tender, die ihnen gefolgt waren und Ende Januar am Treffpunkt Navo-Nord hätten eintreffen müssen.

Bisher lag keine Meldung der EAGLE vor, die dort Patrouille flog. Die RICHARD BURTON blieb auf sich allein gestellt.

»Ich benötige eine genaue Aufstellung aller im Parr-System stationierten Einheiten«, funkte Daellian den LPV an.

Die Antwort erfolgte verzögerungsfrei. »Acht Kybb-Titanen, 14.000 Parr-Jäger, 6000 Einheiten der Arvezen und Kybb-Traken, darunter auch 3000 Schlacht-Traponder und 1000 Sektor-Wächter. Inzwischen sind 2000 Birnenschiffe der Gurrads zur Verstärkung eingetroffen.«

Diesen Sperrriegel würden sie niemals durchbrechen, nicht mit einem ENTDECKER, auch nicht mit elf Stück davon und einer Horde Tender oder LFT-BOXEN.

Daellian setzte sich mit dem Kommandanten in Verbindung. »Habt ihr es noch einmal durchgerechnet?«

»Ja, Malcolm.« Der Terraner, der sich so kleidete und auch so aussah wie ein Bewohner des Subkontinents Indien zur Zeit der ersten Mondlandung, wirkte gestresst. »Wir können den verrückten Nocturnenstock nicht aus der Ferne angreifen, wir müssen selbst hin.«

Daellian wusste, dass der Kommandant Recht hatte: Mit einer Arkonbombe konnten sie nicht antreten. Die RICHARD BURTON führte keine einzige Arkonbombe mit sich, weil diese Waffe unter den Bedingungen der Hyperimpedanz nicht funktionierte.

Sonst hätte er ohne Bedenken einen Kreuzer der RICHARD BURTON geopfert, ihn per Automatiksteuerung nach Parrakh geschickt und in der Atmosphäre des Planeten die Bombe ausgeklinkt. Der unlöschbare Atombrand hätte innerhalb eines überschaubaren Zeitraumes den kompletten Planeten vernichtet.

»Es hätte wahrscheinlich sowieso nicht funktioniert«, sagte der Kommandant. »Den Nocturnenstock hätten wir kaum auf 500 Meter genau getroffen, und dann hätten die Kybb immer noch reagieren können.«

Ähnliches galt für einen Angriff mit Raumtorpedos, ausgerüstet mit starken Explosivgeschossen: Es gab keine Torpedos mit miniaturisiertem Linearantrieb, und alle anderen Systeme arbeiteten unter den Bedingungen der erhöhten Hyperimpedanz so unzureichend, dass sie den Planeten nie unbeschadet erreichen würden.

Daellian sah im Augenblick nur eine Möglichkeit, den verrückten Nocturnenstock auszuschalten. Sie mussten selbst in die Höhle des Löwen fliegen und Satrugar mit den Bordgeschützen vernichten. Satrugar, nicht Gon-Orbhon. Die eigentliche Gefahr ging von Satrugar aus, dessen Wahn alles andere dominierte. Gon-Orbhon selbst war eigentlich eher Opfer als Täter, aber zugleich besaß er auch Schlüsselfunktion. Gelänge es, ihn aus der Verbindung zu reißen, ginge damit eine Schwächung Satrugars einher, und der »Gott Gon-O« würde zu existieren aufhören.