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Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

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PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2789

 

Plothalos Trümmerwelten

 

Gucky und Monkey im Einsatz – auf der Suche nach tefrodischen Agenten

 

Michael Marcus Thurner

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

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Seit die Menschheit ins All aufgebrochen ist, hat sie eine wechselvolle Geschichte hinter sich: Längst sind die Terraner in ferne Sterneninseln vorgestoßen, wo sie auf raumfahrende Zivilisationen und auf die Spur kosmischer Mächte getroffen sind, die das Geschehen im Universum beeinflussen.

Mittlerweile schreiben wir das Jahr 1517 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ). Die Milchstraße steht weitgehend unter dem Einfluss des Atopischen Tribunals. Dessen Richter behaupten, nur sie könnten den Weltenbrand aufhalten, der sonst unweigerlich die Galaxis zerstören würde. Auf diese Weise zementiert das Tribunal in der Milchstraße seinen Machtanspruch, während der Widerstand dagegen massiv aufrüstet.

Perry Rhodan und die Besatzung des Fernraumschiffes RAS TSCHUBAI haben in der fernen Galaxis Larhatoon in Erfahrung gebracht, dass das eigentliche Reich der Richter die Jenzeitigen Lande seien. Um dorthin zu gelangen, braucht es aber Atlan als Piloten und ein Richterschiff als Transportmittel.

In der Milchstraße befindet sich Lordadmiral Monkey vom galaktischen Geheimdienst der United Stars Organization (USO) auf der Spur des tefrodischen Machtpolitikers Vetris-Molaud. Ein Hinweis führt ihn zu den Paramags und zu PLOTHALOS TRÜMMERWELTEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Plothalo – Ein Paramag sehnt sich nach alter Gabe.

Gucky – Der Mausbiber trauert um seine alten Gaben.

Monkey – Der Oxtorner tarnt sich.

Vazquarion – Der Laosoor lernt, über seine Grenzen hinauszugehen.

Munroe Cardan – Ein XP-Experte geht in den Einsatz.

1.

Gucky

 

Eine vierbeinige Gestalt erschien aus dem Nichts. Sie hatte schreckliche Fangzähne, die blassgelben Augen waren von Nickhäuten zur Hälfte verdeckt, der pantherhafte Körper zum Sprung geduckt.

Gucky fiel es schwer, die Ruhe zu bewahren. Der Laosoor weckte eine Urangst in ihm. Eine, die er sich nicht erklären konnte und die womöglich mit einer Spezies in Verbindung stand, die einst auf seinem Heimatplaneten Tramp gejagt hatte. Vor vielen Tausend Jahren ...

»Fünfundvierzig Meter!«, rief Vazquarion, deutete mit einer Ohrenhand auf ein Messgerät, das um seinen Hals baumelte, und stampfte mit den Hinterbeinen kräftig auf. Das Plastik seiner Fußbeschichtung erzeugte einen hohlen Ton. »Das liegt nahe an meinem Rekord.«

»Du könntest dennoch viel mehr leisten!« Gucky umrundete seinen Trainingspartner und Schüler. Dort, wo Schulter- und Flankentaschen den Leib nicht bedeckten, zeigte sich Schwitzschaum. Der Laosoor hatte sich gehörig angestrengt. »Du besitzt eine Parabegabung, die für einen Vertreter deines Volkes bemerkenswert stark ausgeprägt ist. Ich behaupte, dass du über deine Rekordmarke von siebenundvierzig Metern springen könntest, würdest du stärker auf dein Ziel fokussieren.«

»Und wie soll das gehen?«, fragte der Halbraum-Physiker ungehalten.

»Konzentrier dich auf mich!«, forderte Gucky und sah dem Laosoor tief in die Augen. »Denk an meine Berührung. Versuch, sie mit deinen besonderen Sinnen zu ertasten. Und dann erst fokussier und lass den Sprung geschehen.«

Über was für Lappalien reden wir denn da eigentlich? Fünfundvierzig oder ein paar Meter mehr ... Es gab Zeiten, da schaffte ich Distanzen von einer Million Kilometer. Heute jedoch beneide ich dich um deine Gabe, mein Freund. Ich bin nicht mehr komplett. Ich fühle mich behindert und eingeschränkt, seit ich nicht mehr teleportieren kann.

»Ich versuche es.« Vazquarion reichte ihm die Schwanzhand, Gucky umfasste sie fest.

Er tastete nach dem Geist seines Gegenübers. Drang ein, nicht allzu tief. So, dass sich seine Sinneswahrnehmungen mit denen des Laosoor überlagerten und Gucky ein ungefähres Gefühl dafür bekam, wie er ... schwang. Wie sein Lebensrhythmus war.

Er sah Bilder des Mutes, der Zuversicht, der Angst, der Freude. Aufregung. Und den unbedingten Wunsch, über Grenzen hinauszugehen.

Gucky hatte weder Einfluss auf das Potpourri an Emotionen, das den Laosoor ausfüllte, noch vermochte er auf seine Präsenz aufmerksam zu machen. Vorerst war er bloß ein blinder Passagier auf jener Reise durch den fünfdimensionalen Raum, die Vazquarion antreten wollte. Einer, der Zugriff auf sein eigenes Psipotenzial anbot.

»Finde mich!«, forderte Gucky leise. »Versuch mich zu spüren.«

Sekunden oder Ewigkeiten vergingen, wer wusste das schon zu sagen in einem Raum, der fast ausschließlich dem Geist vorbehalten war?

Die Gedanken des Laosoor wurden allmählich glatter. Konzentrierter. Er fokussierte. Offenbar hatte er eine Spur von Guckys Geist entdeckt und folgte ihr nun.

Gut so.

Der Mausbiber wartete geduldig, und als er den bewussten Kontakt fühlte, gab er die Kontrolle über sein eigenes Psipotenzial frei.

Vazquarion griff zu und teleportierte. Er tat es mit einer Form von Gier, die Gucky Unwohlsein bereitete. Sie war die eines hungrigen Raubtiers, das unerwartet fette Beute aufgespürt hatte.

Die Lagerhalle der YART FULGEN, in der sie sich aufgehalten hatten, machte einem anderen, wesentlich engeren Raum Platz. Dort herrschte unangenehm grelles Licht, es roch nach Duftflöckchen.

Der Halbraum-Physiker ließ ihn los, stieg kurz auf die Hinterbeine, wohl zum Zeichen seiner Freude, und rief dann: »Einundfünfzig Meter! Mehr, als ich jemals zuvor geschafft habe!«

»Ausgezeichnet!«, lobte Gucky und drängte den erneut aufkeimenden Gedanken an die Lächerlichkeit dieser Distanz zurück. »Wie hast du mich wahrgenommen?«

Vazquarion beruhigte sich rasch wieder und wurde zu jenem nüchternen und beherrschten Wissenschaftler, als der er sich seinen guten Ruf erarbeitet hatte. »Als ... hm ... als Sphäre, die von Vitalenergien durchpulst wurde. Sie leuchtete golden, mit bunten Einsprengseln.«

»Sehr gut. Merk dir das Bild. Es ist bloß eine Krücke, die dir dein Geist vorgaukelt, um etwas Unbegreifliches begreiflich zu machen. Aber es wird dir beim nächsten Versuch helfen, den Weg zu mir rascher zu finden.« Gucky war zufrieden. Der Weg zu einem gut funktionierenden Parablock war vorgezeichnet.

»Beim nächsten Versuch? Meinst du nicht, es wäre genug für heute?«

»Fühlst du dich müde?«

Der Laosoor bewegte beide Ohrenhände zum Zeichen des Nachdenkens. »Ein wenig. Andererseits bin ich neugierig. Und aufgeregt.«

»Na also! Ich bin mir sicher, dass wir gemeinsam noch viel mehr erreichen können.«

»Sechzig, vielleicht sogar siebzig Meter?«

»Lass uns unsere Ziele ein wenig höher stecken. Greifen wir nach den Sternen. Was meinst du?«

»Wir sind bereits zwischen den Sternen«¸ antwortete Vazquarion, der mit terranischen Redensarten nicht immer gut zurechtkam.

»Ich meinte, dass du weitaus mehr erreichen könntest.«

»Du redest von Sprüngen von über ... hundert Meter?«

»Lass uns weiter üben. Außerdem sollten wir an deiner Zielgenauigkeit arbeiten. Es mag zu Missverständnissen kommen, wenn wir wie gerade jetzt in einer Nasszellenanlage der YART FULGEN landen und tatsächlich Betrieb herrscht. Terranische Frauen verstehen üblicherweise wenig Spaß, wenn ein Laosoor und ein Ilt unvermutet neben ihnen in der Dusche auftauchen.«

 

*

 

Gucky beendete die Übungseinheit und zog den SERUN aus. Angesichts der beachtlichen Steigerung von Vazquarions Sprungreichweite hatte die Gefahr bestanden, dass sie im freien Raum landeten. Mit der Zielgenauigkeit hatte es der Laosoor noch nicht so sehr.

»Unglaublich!«, sagte Vazquarion ein ums andere Mal. »Unglaublich! Das hätte ich niemals für möglich gehalten.«

»Bleiben wir am Boden!«, bremste Gucky die Euphorie seines Partners. »Der Zweier-Parablock funktioniert recht gut. Wenn du allein teleportierst, reicht es nach wie vor bloß für siebenundvierzig Meter.«

»Aber das Gefühl während des Sprungs ... Es ist, als würde ich vor Energien bersten!«

Gucky erwiderte nichts darauf. Er wandte sich ab und packte seine Sachen zusammen. Er wollte nicht darüber reden, wie schwer es ihm fiel, mit dem Laosoor in einen Parablock zu gehen. Zumal diese ganz besondere Gier in ihm loderte und er sie mit jedem Sprung aufs Neue unterdrücken musste.

Gucky hatte während der letzten Jahre im Umgang mit seinen neuen Begabungen bemerkenswerte Fortschritte gemacht. Er beherrschte sie nun gut genug, um keine Furcht mehr zu spüren, wenn er einen anderen Parabegabten berührte. Doch da war die andere Angst. Die Angst, die Kontrolle zu verlieren.

Vazquarion mochte ein herausragender Wissenschaftler sein, doch er war auch ein gutmütiger Tropf. Er hatte das Misstrauen ihm gegenüber binnen kurzer Zeit abgelegt und ging mittlerweile, ohne nachzudenken, in den Parablock.

Anstelle des Laosoor wäre ich weitaus misstrauischer. Ich bin ... gefährlich. Ich bin ein Paravampir, der seine Opfer bis auf den letzten Tropfen Psipotenzial aussaugt, wenn ich mich nicht ständig kontrolliere.

Man merkte Vazquarion in mancherlei Hinsicht an, dass er ein Terrageborener war und dass er in einem liberalen Umfeld aufgewachsen war. Seine gepflegte Ausbildung, sein offenes Weltbild, sein Glaube an das Gute in allen Lebewesen und die Hoffnung, dass eines Tages milchstraßenweit Frieden herrschen würde ... Dies alles steckte tief in ihm drin.

Wenn er bloß mehr Verständnis für terranische Redensarten hätte ...

Gemeinsam erreichten sie die Zentrale der YART FULGEN. Die Tuglantin Thamis Bascy, Pilotin des Schiffs, unterhielt sich mit zwei Offizieren der Ortungs- und Funkabteilung. Visco da Ghozar, der arkonidische Kommandant, stand statuengleich vor seinem Kommandoplatz und starrte aufs Zentralholo.

Der Erste Offizier Poraan wurde von unzähligen Sonden umschwirrt, die seine gefunkten Anweisungen entgegennahmen. Als Posbi war er gewissermaßen ein Verwandter dieser Quälgeister. Es war eine sonderbare Eigenart Poraans, dass er sich von Zeit zu Zeit mit anderen Robotwesen umgab. Es wäre nicht notwendig gewesen, war er doch über unzählige Wege mit dem Plasmakoordinator YART vernetzt, mit dem Rechnerverbund der YART FULGEN, und konnte auf diesem Wege alle positronisch-biologischen Geschöpfe an Bord des Schiffs erreichen.

»Ich mach mich mal wieder an die Arbeit«, sagte Vazquarion und strebte seinem Arbeitsplatz zu. Seine Schicht begann.

Gucky nickte dem Laosoor zu. Er wirkte mit einem Mal gedrückt und befangen. Doch das war kein Wunder. Nach dem so befreienden Training war er auf einmal mit Monkey konfrontiert.

Mit Monkey, der weitaus mehr einem Roboter ähnelte als Poraan. Er saß da, rechts vom Kommandanten, und stierte mit seinen seelenlosen Metallaugen vor sich hin. Der Oxtorner machte keine Bewegung, sagte kein Wort, er schien nicht einmal zu atmen, selbst das Klicken seiner Augenobjektive war verstummt.

»Hier ist ja wieder mal der Bär los«, sagte Gucky und ließ sich neben dem Chef der USO nieder.

»In der Ruhe liegt viel Stärke.«

Monkey widmete ihm keinen Blick, und das war auch gut so. Die Optiken seiner Ersatzaugen erzeugten stets ein unangenehmes Gefühl in Gucky.

»Es wäre an der Zeit, dass du mir verrätst, warum wir zur Trümmerwelt der Paramags unterwegs sind. Findest du nicht? Immerhin befinden wir uns seit mehr als vierundzwanzig Stunden an Bord der YART FULGEN, ohne dass du ein Wort über den Grund unseres Einsatzes gesagt hättest.«

»Ja. Es ist an der Zeit.« Monkey erhob sich.

Augenblicklich verstummten alle Gespräche in der Zentrale, die Offiziere wandten sich ihm zu.

»Bevor es zur Einsatzbesprechung kommt, möchte ich in groben Zügen rekapitulieren, was wir über die Paramagnetiseure wissen«, sagte der Oxtorner mit leiser, Aufmerksamkeit heischender Stimme. »Sie nennen sich selbst Thoitemi. Es gab seit dem Jahr 3444 alter terranischer Zeitrechnung kaum offizielle Kontakte zu den Vertretern dieses Volks. Die Paramags bleiben gerne unter sich. Zumal sie ein Leben führen, das uns fremd ist.«

»Das kann man wohl sagen«, pflichtete Gucky bei. Er wurde sich dessen bewusst, dass er einer der wenigen überlebenden Zeitzeugen der Geschehnisse im Jahr 3444 war.

»Keine Unterbrechungen mehr, Gucky, wenn ich mit der Zentralebesatzung rede!«

Der Ilt wollte etwas erwidern, ließ es dann aber bleiben.

Monkey öffnete mehrere Holos, die seinen Worten mehr Gewicht gaben. Sie zeigten Thoitemi in ihrem natürlichen Umfeld – und wie sie von der Bildfläche verschwanden, um ins Metall einzutauchen.

»Die Paramags nennen ihren Staat Payn-Gath, das Gemeinsame Leben. Ihre Sonne, Ptish, ist ein roter Riesenstern, die sternenreiche Umgebung am Randbereich des galaktischen Zentrums wird als flammende Lebenskulisse bezeichnet.«

Wird das nun ein langweiliger Kosmologie-Vortrag? Ich wollte doch bloß wissen, was wir in der Heimat der Thoitemi zu suchen haben!

»Der Planet Pordypor, Heimat der Paramags, wurde vor mehr als hunderttausend Jahren von seinen eigenen Bewohnern im geistig geführten Metapsychischen Krieg zerstört. Irgendwie gelang es den Überlebenden, die nun endlich wieder zu Sinnen kamen, aus den Trümmern ihrer Welt ein zusammenhängendes Kunstwerk aus Kleinplaneten zu formen. Es besteht aus etwa zweitausend größeren und unzähligen kleineren Trümmern, die sie WABEN nennen.« Monkey stockte, als müsste er weitere Informationen eines auswendig gelernten Textes aus seinem Gedächtnis abrufen. »Durch ihre sonderbare Gabe der Paratransdeformation können die Thoitemi entstofflichen und durch das überreich in den Trümmerstücken vorkommende PEW-Metall von einem Kleinplaneten zum nächsten reisen.«

Jetzt erst holte Monkey Atem. Der Metabolismus eines Oxtorners war in jeglicher Hinsicht bemerkenswert, und der Lordadmiral der USO war es aufgrund seines Charakters, seiner Aura und seiner Kompetenz umso mehr.

»So weit, so gut.« Gucky schob sich neben den Mann. Es war ungewöhnlich, dass sich Monkey so lange um die Antwort auf eine einfache Frage drückte. »Aber sag uns bitte endlich, was wir im Heimatsystem der Thoitemi verloren haben.«

»Lan Meota befindet sich auf einer der WABEN.«

Oha. Jetzt wurde es interessant.

»Die USO hält die tefrodische Führungsspitze rings um Vetris-Molaud so gut es geht unter Beobachtung. Ein Doppelagent hält uns über die Geschehnisse innerhalb der Gläsernen Insel auf dem Laufenden ...«

»Darf ich seinen Namen erfahren?«

»Das ist USO-Angelegenheit.«

Monkey verschränkte die mächtigen Arme vor der ebenso mächtigen Brust. Er würde nichts über diesen Mann verraten.

»Lan Meota ist einer der wichtigsten Männer im Dunstkreis Vetris-Molauds. Er und dieser geheimnisvolle beste Mann der tefrodischen Mutantenschule Assan-Assoul werden observiert.« Monkeys Stimme nahm einen Ton leichter Verärgerung an. »Wobei wir über diesen Supermutanten noch fast nichts in Erfahrung bringen konnten.«

»Du schweifst ab, Monkey.« Gucky hatte Spaß daran, den Oxtorner auf geringste Abweichungen von seinem sonst so emotionslosen Verhalten hinzuweisen.

»Unser Doppelagent hat sich also auf Lan Meota konzentriert und konnte in Erfahrung bringen, dass er sich in einen Einsatz auf den Trümmerwelten der Paramags begeben hat. Was er dort vorhat, bleibt unklar. Ebenso, wo genau im Ptishsystem er sich aufhält. Unsere Aufgabe ist es, ihn zu finden. Zu erfahren, was er in Vetris-Molauds Auftrag bei den Thoitemi zu suchen hat. Ihn aufzuhalten und gegebenenfalls auszuschalten.«

»Du hältst Lan Meota für eine Art Schlüsselfigur im tefrodischen Machtgefüge? Wichtig genug, um ihm überallhin zu folgen und herauszufinden, was er vorhat?«

»Du etwa nicht, Gucky?«

»Kann es sein, dass bei der Verfolgung des Schmerzensteleporters persönliche Vorbehalte eine Rolle spielen? Ronald Tekener war immerhin dein Stellvertreter und dir vielleicht sogar so etwas wie ein Freund.«

»Lan Meota ist weit mehr als bloß ein Bauer in jenem Schachspiel, das große Teile der Milchstraße umfasst«, wich Monkey einer direkten Antwort aus.

»Na schön. Dann werde ich dir meine Sicht der Dinge klarlegen: Er ist für mich mehr als ein Feind. Er ist ein kaltblütiger Mörder.«

»... wie du und ich es ebenfalls sind«, sagte Monkey so leise, dass niemand außer Gucky ihn hören konnte.

»Ich nehme für mich eine gewisse moralische Integrität in Anspruch. Ich vermeide es, zu töten, und suche stets nach friedlichen Lösungen. Im Laufe meines langen Lebens hat es sich gezeigt, dass dies der richtige Weg ist.«

»Das mag für den Multi-Mutanten an der Seite Perry Rhodans richtig sein. Nicht aber für den Chef eines Geheimdienstes. Für mich zählen andere Gesichtspunkte. Mord ist ein Mittel der Zweckmäßigkeit, wenn auch stets das allerletzte. Um Frieden zu schaffen oder zu bewahren. Selbst der TLD weiß das.«

Gucky schauderte. Er wusste, dass der Oxtorner recht hatte – und er hasste diesen Gedanken. Nicht umsonst galt die Abteilung Null innerhalb des TLD als ebenso geheimnisumwittert wie umstritten – damit bildete der Liga-Geheimdienst allerdings eine Ausnahme. Moral und Anstand waren in der Branche der Geheimdienste oftmals hohle, nichtssagende Begriffe. Es waren stets die Überlebenden und die Sieger, die die Geschichte nach ihren Vorstellungen schrieben.

Gucky nahm für sich in Anspruch, andere Ansichten zu haben. Sein Wortschatz umfasste Begriffe wie Idealismus, Güte, Freundschaft, Treue. Wusste der Oxtorner mit ihnen etwas anzufangen, oder beurteilte er sie mit dem Zynismus eines Geheimdienstchefs?

»Wie weit ist es noch bis zum Ptishsystem, Kommandant?«, fragte Monkey Visco da Ghozar.

»Etwa sechs Stunden Flugzeit. Die Entfernung beträgt knapp tausend Lichtjahre. Wir erreichen die Grenzen des Sonnensystems kurz nach Anbruch des 3. Juli. Wir reduzieren allmählich den Überlichtfaktor. Derzeit liegt er noch bei einskommaacht Millionen.«

»Du bekommst gegen Mitternacht präzise Anweisungen, wie wir bei der Annäherung weiter verfahren.«

»Verstanden.« Der Arkonide nickte und wandte sich ab, wie auch die anderen Offiziere nun wieder ihren Routinearbeiten nachgingen.

»Das ist doch nicht alles, was du sagen wolltest, Monkey«, sagte Gucky leise.

Der Oxtorner schaltete ein Akustikfeld zu, das bloß sie beide umfasste. »Natürlich nicht.«

»Dann rück endlich raus!«

»Ich weiß sehr wohl, was du während der letzten Jahre zu erleiden hattest, Gucky. Der Unfall bei Luna, im Repulsorwall. Das Koma. Die Umgruppierung deiner Parafähigkeiten ...«

Gucky ahnte, was Monkey ihm sagen wollte – und es machte ihm Angst. »Weiter.«

»Du besitzt die Möglichkeit, neue Fähigkeiten zu gewinnen. Du bräuchtest zum Beispiel Lan Meota bloß zu töten, um seine Parakapazitäten zu übernehmen.«

Kameraaugen blickten Gucky kalt und emotionslos an. Monkey konnte mit demselben Tonfall ein Glas Wasser bestellen und einen Mord befehlen.

»Du könntest wieder teleportieren, Gucky. Wenn auch auf besondere Art. Stell dir dieses Gefühl vor ...«

Falsch klang die Stimme nun, falsch und bemüht, sich bei ihm einzuschmeicheln. Es funktionierte ganz und gar nicht. Monkey bewegte sich auf einem Gebiet, das er kaum beherrschte.

»Du hast dir darüber wohl einige Gedanken gemacht.«

»Ja.«

»Warum? Ist es also doch die Lust auf Rache an einem der Mörder Ronalds?«

»Rache ist sinnlos. Sie nützt dem Lebenden nichts, und den Toten ist sie einerlei.«

»Was ist es dann, Monkey? Warum möchtest du, dass ich Lan Meotas Leben nehme?«

Der Oxtorner räusperte sich. Es klang, als würde eine Terkonitkette durch ein altertümliches Geschützrohr rasseln. »Ich wollte dir helfen. Ich wollte dir einen Gefallen tun.«

War es tatsächlich so? War dies Monkeys Art, so etwas wie Gefühle der Freundschaft zu zeigen? Oder steckte kaltes Kalkül hinter seinen Worten?

»Teks Tod war bitter. Zumal ich weiß, dass er mich kurz zuvor in der Klinik besuchte und mit mir redete. Als ich noch im Koma lag.« Gucky zögerte. »Vielleicht habe ich gehört, was er zu mir sagte. Da sind vage Erinnerungen an jemanden, der mit mir plauderte. Ich glaube, der Smiler ahnte, dass er nicht mehr lange zu leben hatte, und suchte ein letztes Gespräch mit guten Freunden.«

»Glaube ist etwas für Priester. Komm auf den Punkt.«

»Lan Meota trägt an Teks Tod zumindest Mitschuld. Doch das war vor drei Jahren. Es ist viel geschehen seitdem.«

»Ist die Verantwortung des Schmerzensteleporters etwa geringer geworden, bloß weil einige Zeit vergangen ist?«

»Nein. Aber die Umstände haben sich geändert. Denk dran, dass ich in der Zwischenzeit auch mit Toio Zindher zu tun hatte, die ebenfalls auf tefrodischer Seite in Istanbul im Einsatz war. Deiner Logik nach hätte ich sie ebenfalls töten und mir ihre Fähigkeiten aneignen müssen.«

»Ja.«

»Ich habe mich öfters mit ihr unterhalten. Diese Gespräche waren selten angenehm. Aber ich kann vieles, was sie sagt, nachvollziehen. Sie hat bloß einen anderen Blickwinkel auf die Dinge.«

»Das ist, was sie dich glauben lassen möchte. Toio Zindher ist ein Instrument Vetris-Molauds.«

»Glaubst du etwa, ich würde mich von ihr beeinflussen und reinlegen lassen?«

»Ja. Du magst jahrtausendelange Erfahrung haben, Gucky. Aber du bist immer noch ein Ilt. Ein – Verzeihung – etwas naives Geschöpf.«

Weil du niemals meine Plofre-Seite kennengelernt hast ... »Nun, wenn du es so siehst. Aber um auf deine Frage zurückzukommen: Ich werde Lan Meota nicht töten, um mir seine Begabung einzuverleiben.«

»Und warum nicht?«

»Hast du nicht zugehört, Monkey?«

»Du hast über Gefühle und Vermutungen und Glauben gesprochen, aber keinerlei Fakten auf den Tisch gelegt.«

»Damit wirst du leben müssen.«

Monkey nickte ihm zu, ausdruckslos wie immer. »Man wird sehen, in welche Situation wir kommen.« Er verließ die Zentrale mit schweren Schritten.

2.

Plothalo

 

»Du schaffst es! Komm schon, streng dich an! Beiß dich rein ins Metall!«

Plothalo deutete ein zustimmendes Nasenblasen an und lehnte seinen Kopf dann gegen die Metallplatte. Sie fühlte sich süß und unverderblich an, schief gelagert und raspelig. Vieles in ihr war richtig, vieles in ihr war falsch. Die geometrischen Muster, die ein Thoitemi für die Reisen benötigte, waren nicht sauber genug.