Vorwort

Wie schon bei meinem ersten Buch „Meine Lust an der Unterwerfung“ handelt es sich auch hier um Texte, die sadomasochistische Sexualität darstellen. Mein Anliegen ist es, das sexuelle Empfinden des Menschen als integralen Bestandteil seiner Psyche aufzuzeigen, welcher sich nicht losgelöst von seiner Gesamtpersönlichkeit und seinem soziokulturellen Hintergrund betrachten lässt.

Aus diesem Grunde bin ich in meinen drei aktuellen Büchern sehr intensiv auf den Lebenshintergrund und die Geschichte der jeweiligen Figuren eingegangen. Es kommen teilweise Szenen vor, welche in der Kindheit spielen, und ich bin mir absolut bewusst, wie heikel die Darstellung derartiger Inhalte ist; ich habe mich bemüht alles zu vermeiden, was in irgendeiner Form auf einen Missbrauch hindeuten könnte. Aus zahlreichen Unterhaltungen mit älteren und teilweise auch gleichaltrigen Menschen habe ich erfahren, dass sich Dinge, wie sie an einigen Stellen hier beschrieben werden, vor allem in der schon ferneren Vergangenheit, durchaus so zugetragen haben. Selbstverständlich sind meine Bücher kein Plädoyer für die Anwendung der Prügelstrafe und ich habe mich bemüht, das hinreichend zum Ausdruck zu bringen. Die entsprechenden Szenen sind um des angestrebten Gesamtbildes willen mit eingefügt und sie sollen eine Vergangenheit wiedergeben, so wie sie war und wie sie in so manch einer Erinnerung noch immer gegenwärtig ist.

In meinen Texten wird der Sadomasochismus und insbesondere der Flagellantismus als bereichernde Liebesform zwischen erwachsenen Menschen im gegenseitigen Einvernehmen dargestellt. Ich habe bewusst auf Skandale und Ausschreitungen, wie sie leider häufig in erotischer Literatur dargestellt werden, verzichtet, denn es ist mein Wunsch und Anliegen, neben der Unterhaltung und dem Lesevergnügen der Sexualität den Makel des Schmutzigen und Primitiven zu nehmen und den im allgemeinen Bewusstsein kaum verankerten Begriff der Paraphilie zu verdeutlichen; gleichzeitig jedoch habe ich Gefahren und Risiken, wie sie in S/M-Beziehungen grundsätzlich stecken, in den Bänden mitbehandelt, um sie nicht unter den Teppich zu kehren und nicht zu verleugnen. Es ist leider so, dass in den Medien häufig verbrecherische, amoralische und ungezügelte Ausschreitungen und gepflegter, kultivierter S/M, welchen ich als eine Kunstform sehe, in einen Topf geworfen werden. Mein Anliegen ist es, zwischen diesen ganz und gar verschiedenen Paar Schuhen streng zu unterscheiden und das Verständnis im Leser, möglichst in der breiten Masse, zu wecken. Bewusst habe ich meine Charaktere als Menschen mit Bildung, Kultur und Format dargestellt, denn diese Dinge sind Voraussetzungen für das Gelingen komplexer, erfüllender und bereichernder Beziehungen, in denen die Betreffenden sich gegenseitig tolerieren und aneinander wachsen. Die Anspielungen auf Künstlerisches und die metaphorischen Bilder sollen die sexuellen Wünsche und Handlungen als primär seelische Anliegen erkennen lassen.

Vor allem habe ich mich bemüht darzustellen, in welchem Maße unsere erotischen Empfindungen unterschwellig und oft auch unbewusst sind, an Situationen gebunden, die keinen offensichtlich sexuellen Charakter zu besitzen scheinen oder diesen verleugnen, wie es besonders häufig, aber nicht nur dort, bei inzestuösen Wünschen der Fall ist. Ich möchte damit auch verdeutlichen, wie vielseitig die menschliche Sexualität ist und wie erheblich die individuellen Unterschiede in der Empfindung und Wahrnehmung sind, wie schwierig es ist, Sexuelles als solches zu definieren, denn es geht weit, weit über den gewöhnlichen Koitus hinaus und ist eine Frage der individuellen Veranlagung und Neigung. Das Sexuelle geht nahtlos in alle anderen Aspekte des Lebens über und ist von diesen nicht zu trennen. Um das zu verdeutlichen hat meine Trilogie, deren ersten Teil dieses Buch darstellt, den Anstrich einer Familiensaga, eines gewöhnlichen Romans. Sie soll neben einem erotischen Werk ein ganz normales Buch sein, in dem die diversen gewöhnlichen und ungewöhnlichen Ausdrucksformen der Liebe als beglückend und bereichernd auftreten, unbelastet von dem Makel des Perversen, Krankhaften, welcher ihnen leider unangemessenerweise oft anlastet.


Ihre Valerie Morell