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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

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3.

4.

5.

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10.

11.

12.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2004

 

Im Bann der NACHT

 

Zwei Jugendliche in ungewohnter Umgebung – und ein Mutant läuft Amok

 

von Horst Hoffmann

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

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Auf der Erde und den Tausenden von Planeten in der Milchstraße, auf denen Menschen leben, schreibt man das Jahr 1303 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 4890 alter Zeit. Seit dem Ende des Konstituierenden Jahres gehört die Milchstraße zur Koalition Thoregon, jenem Zusammenschluss von sechs Galaxien, der künftig für Frieden und Unabhängigkeit in diesem Bereich des Kosmos stehen soll.

Als Sechster Bote von Thoregon ist Perry Rhodan gewissermaßen das Bindeglied zwischen der Menschheit und den Superintelligenzen sowie den anderen Völkern des Galaxienbundes. Als einziger Terraner kann er die mysteriöse Brücke in die Unendlichkeit benutzen.

Leider entspricht die Lage innerhalb der Menschheitsgalaxis nicht den Zielen Thoregons. Vor allem das aggressiv auftretende Kristallimperium dehnt seine Macht immer weiter aus. Zuletzt besetzten mehrere zehntausend Kampfraumschiffe das kleine Sternenreich der Topsider, gewissermaßen direkt »vor der Haustür« der Terraner.

Davon können die Menschen an Bord der SOL nichts ahnen. Das legendäre Hantelraumschiff, das von Perry Rhodan und seinen Gefährten erst unlängst zurückerobert wurde, ging zuletzt im Kessel von DaGlausch durch den dort existierenden gigantischen Pilzdom auf unbekannte Fahrt. Seither hat man in der Milchstraße nichts mehr von Atlan und den sechstausend Besatzungsmitgliedern gehört. Auch nicht von Mondra Diamond und dem kleinen Delorian Rhodan …

Die SOL kommt an einem Punkt des Universums heraus, der eigenen Gesetzen unterliegt. Sie strandet IM BANN DER NACHT …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Crom Harkanvolter – Der wagemutige Mom'Serimer steht vor einer großen Laufbahn.

Yessim Shrankangard – Der junge Mom'Serimer folgt seinem Freund bis zur Säule der Nacht.

Vincent Garron – Der sogenannte Todesmutant entscheidet sich endgültig für eine Seite.

Mondra Diamond – Die ehemalige TLD-Agentin kämpft für 6000 Leben – und für ihr Kind.

Delorian Rhodan – Der Sohn des Sechsten Boten hilft indirekt.

1.

Nacht-Acht

 

»Psst, sei doch leise!«, zischte Crom seinem Begleiter zu. »Vielleicht gibt es noch funktionierende Überwachungsanlagen.«

Yessim Shrankangard verstummte sofort. Seine beiden Gehirntentakel bewegten sich auf und ab, ein Zeichen seiner Erregung.

Crom Harkanvolter neigte mehrmals den Kopf und richtete ihn wieder auf. Das geschah alles in rascher Folge, so, wie das ganze Leben der Mom'Serimer sich im Zeitraffertempo abspielte – hektisch und schnell. Sogar ihre Sprache war entsprechend, ein schnelles, etwas abgehacktes Schnattern.

»Oder willst du, dass die Erwachsenen uns entdecken?«, fragte er flüsternd. »Du weißt doch, was sie mit ungehorsamen Kindern tun. Und wir sind erst 35 Segaf alt.«

»So alt werde ich erst noch«, flüsterte Yessim zurück. »Ich bin erst 33 Segaf.«

»Was macht das schon?«, seufzte Crom und stieg weiter.

»Bald haben wir es geschafft«, sagte Crom triumphierend.

Er flüsterte jetzt nicht mehr und stieg schneller nach oben. »Gleich sind wir oben, Yessim, und dann werden wir die NACHT in ihrer ganzen Schönheit sehen …«

 

*

 

Als sie die Decke erreichten, wurde Croms Euphorie jäh gebremst.

Sie hatten einen uralten Schacht entdeckt, in dem sie an stählernen Griffen in die Höhe steigen mussten. Aber er brachte sie wahrscheinlich ebenso zur Oberfläche wie die Antigravschächte, in denen sie Gefahr liefen, mit Erwachsenen zusammenzustoßen. Und diese würden Fragen stellen …

Die beiden jungen Mom'Serimer waren durch Zufall auf den Schacht gestoßen, bei einem ihrer Ausflüge. Crom hatte die Wände abgeklopft, um da nach verborgenen Höhlen zu suchen. Stattdessen hatten sie diesen Schacht entdeckt, aber keine Öffnung, durch die sie in ihn hineingelangen konnten.

Ihre Neugier war aber wie ein Geschwür gewesen, das an Crom fraß, und so hatte er etwas Unglaubliches getan: Als sein Vater für etwa zehn Seg nach Nacht-Acht 1 musste, hatte er heimlich dessen Strahler an sich genommen und sich damit einen Durchgang zum Schacht geschaffen.

Yessim hatte ihn davor gewarnt. Der Freund wurde auch jetzt nicht müde, auf Crom einzureden.

Er war der zauderliche, ängstlichere von beiden. Crom stellte die treibende Kraft dar. Er war der gewitztere, stets weniger gehorsame und intelligentere der beiden Freunde und fungierte deshalb bei ihren gemeinsam ausgeführten Streichen meist als der Anführer.

»Die Schwerkraft ist schon kaum mehr vorhanden«, flüsterte Yessim. »An der Oberfläche ist sie bestimmt gleich Null. Und dann müssen wir aufpassen, dass wir nicht einfach davontreiben und von der NACHT verschlungen werden.«

»Hör auf zu jammern, Yessim!«, schnatterte Crom. »Das hast du doch schon gewusst, als wir aufgebrochen sind. Das Schwerkraftzentrum im Kern von Nacht-Acht 5 ist eben zu schwach. Im Kern des Planetoiden ist die künstliche Gravitation stark, aber je weiter man nach außen vordringt, desto mehr nimmt sie ab. Das ist für uns kein Problem.«

Yessim neigte den Kopf schnell hintereinander zur Seite. Er schloss geblendet die Augen, als es plötzlich hell wurde im Schacht. Crom hatte den Scheinwerfer auf dem Brustteil seines dunkelblauen Schutzanzugs mit den vielen Taschen und dem inzwischen ausgefahrenen und geschlossenen Helm eingeschaltet und leuchtete nach oben.

Bisher hatten sich die beiden auf ihre Infrarotsichtgabe verlassen können, um einander nicht zu verlieren. Doch das reichte Crom jetzt nicht mehr.

Noch war kein Ende des Schachts in Sicht.

Yessim gab seinem overallähnlichen Anzug ebenfalls den Befehl, den im Kragen verborgenen Helm auszustülpen. Das transparente Material schob sich an den Gehirnfühlern vorbei und schloss sich luftdicht um sie.

Er sagte jetzt nichts mehr. Nur das Zittern der Fühler verriet, dass er Angst hatte. Er und Crom hatten schon vieles zusammen erlebt, was meistens unerlaubt war, aber noch niemals so etwas. Sie waren dabei, Nacht-Acht 5 zu verlassen! Oder doch zumindest die Oberfläche zu betreten, die sie nur aus Holovorführungen kannten. Es war eine andere Welt, und sie schickten sich an, die gewohnte, beschützende Welt zu verlassen.

Yessims Herz klopfte wild. Die kaum vorhandene Schwerkraft machte das Klettern an den Sprossen leicht, aber er hätte dennoch gerne eine Pause gemacht. Andererseits wollte er Crom nicht auf die Nerven fallen und zwang sich weiter in die Höhe.

Nach einem Viertelseg tauchte endlich die Decke im Licht des Scheinwerfers auf. Crom triumphierte, und Yessim fröstelte es.

Hätte er sich doch nur nie auf dieses Abenteuer eingelassen! Stimmten die Geschichten, die die Erwachsenen von der Oberfläche erzählten? Oder wollten sie den Kindern nur Angst einjagen, damit sie nicht auf dumme Gedanken kamen?

Sie bestand aus einem metallenen Schott, an dem auf den ersten Blick kein Öffnungsmechanismus zu erkennen war. Der nur 1,27 Meter große Mom'Serimer war zuerst tief enttäuscht, aber entmutigen ließ er sich so schnell nicht. Wenn dieser Schacht hier je einen Sinn gehabt hatte, musste es auch eine Möglichkeit geben, das Schott zu öffnen.

Und er fand sie.

Als er am Schott selbst nichts feststellen konnte, suchte er die Wände des Stollens darunter ab – mit Erfolg. Er entdeckte eine Vertiefung in der Wand und darin drei Knöpfe. Crom überlegte nicht lange, sondern berührte in hektischer Eile einen von ihnen. Als nichts geschah, drückte er auf den zweiten, dann den dritten.

Es gab ein knirschendes Geräusch, das im Schacht hallte, als sich das Schott zur Seite schob und den Blick in eine darüber liegende Kammer freigab, über der sich wiederum ein Schott befand. Crom nahm voller Aufregung Yessims Hand und zog ihn mit sich in die Höhe.

Kurz darauf lagen beide in der Schleusenkammer, und Crom brauchte auch diesmal nicht lange, um die Knöpfe zu finden, die das untere Schott wieder zufahren ließen.

»Hier herrscht noch immer Atmosphäre«, sagte er zu seinem Begleiter. »Das wird sich gleich ändern, wenn ich das obere Schott öffne. Dann sind wir am Ziel, Yessim. Wir werden zum ersten Mal in unserem Leben die NACHT sehen!«

»Wenn uns die Erwachsenen dabei erwischen, dürfen wir uns bestimmt für eine lange Zeit nicht mehr sehen, Crom«, befürchtete Yessim. »Du wohnst hier in Nacht-Acht 5 und ich in Nacht-Acht 6. Und es ist uns Kindern strikt verboten, die Kavernen unserer Wohnplanetoiden zu verlassen.«

»Jaja«, sagte Crom; es klang halb geistesabwesend. »Bisher war jeder Erwachsene, der uns bei unseren Ausflügen erwischte, zwar zornig, aber dann hat er uns doch wieder gehen lassen. Glaubst du, was ich denke? Die Erwachsenen erinnern sich an ihre eigene Kindheit, denn sie waren genauso wie wir. Was wir heute nicht tun können, tun wir vielleicht nie mehr, denn unser Leben ist kurz. Wir werden vielleicht 230 Segaf alt – und bis dahin will ich soviel von unserer Welt und der Welt da draußen gesehen haben wie nur irgend möglich.«

Yessim riss sich zusammen, während Crom nach den Kontrollen suchte, die das obere Schott öffneten. Als er sie fand, betätigte er sie. Die Luft wurde abgesaugt, und das Schott fuhr langsam auf – sehr langsam, so als wolle es den Wagemutigen noch eine letzte Gelegenheit geben, ihr Vorhaben zu überdenken.

Doch das beeindruckte Crom nicht sonderlich. Nur für einen kurzen Augenblick fühlte er Zweifel an dem, was er zu tun im Begriff war, und die etwas über einen halben Meter langen Gehirntentakel, die hinter den Augen auf der fliehenden Stirn nach hinten wuchsen, zitterten leicht.

Er sah durch den Falthelm in Yessims Gesicht, sah den knollig ausgeprägten Vorderkopf mit dem kleinen Mund auf der Unter- und der flachen, breitgedrückten Nase auf der Oberseite mit nur einer Öffnung und den beiden kleineren Löchern darunter, die gesonderte Riechsensoren beinhalteten, und las die Angst in den mandelförmigen Augen seitlich hinter der Nase.

Yessim war nur etwas kleiner als er. Er berührte mit seiner vierfingrigen Hand leicht die Schulter des Freundes und sprach ihm Mut zu.

»Wir werden die NACHT sehen, Yessim. Dieses Erlebnis ist einmalig für Mom'Serimer in unserem Alter. Und wenn ich sie geschaut habe, ist es mir gleich, ob wir nach der Rückkehr von den Erwachsenen erwartet werden.«

Crom drehte sich um und entdeckte eine Eingabeeinheit vor einer der wie glattpolierten Wände aus ihm unbekanntem Material. Er studierte sie und berührte ein Symbol, das in seiner Phantasie für »Ausstieg« stehen konnte.

Und tatsächlich entstand wie aus dem Nichts heraus eine Treppe, offenbar aus Formenergie, was gar nicht so recht zu dem primitiven Schacht und den bisher kennengelernten Teilen der Schleusenkammer passen wollte. Aber er zögerte nicht und bestieg sie.

Und dann stand er an der Oberfläche des Planetoiden, der seit seiner Geburt seine einzige Welt gewesen war. Sein Herz schlug schnell, das Blut pochte in seinen Schläfen, wo die Ohren saßen. Er atmete in schnellen Zügen die komprimierte Luft aus dem Rückentornister seiner Kombination. Ein Blick nach oben ließ ihn heftig zusammenzucken. Es gab keine schützende Decke, kein Dach über ihm. Sein ganzes Leben lang hatte er eine Decke über dem Kopf gehabt und jetzt – nur Leere!

Doch Crom kämpfte den Anflug von Panik und den Schwindel nieder. Er hatte ja gewusst, dass es so sein würde. Er senkte den Kopf und drehte sich um die eigene Achse, um das Wunder zu bestaunen.

Es gab kein Licht in der NACHT, nur die hellen Pünktchen, die von den Außenlichtern von Nacht-Acht stammten. In der Acht-Planetoiden-Anlage herrschte Kunstlicht. Crom konnte einige der Planetoiden sehen und die vier Kilometer langen und bis zu dreihundert Meter dicken Röhren, die sie miteinander verbanden. Er sah sie nur durch das wenige Licht, das aus ihnen drang.

Sonst gab es nur absolute Schwärze, so weit das Auge reichte. Es drohte Crom zu erdrücken. Nie im Leben war er sich so klein vorgekommen wie in diesen Augenblicken – aber zugleich auch als Teil dieses absolut schwarzen Nichts.

Yessim war zögernd nachgekommen. Er hielt sich noch am Geländer der Formenergietreppe fest, und das war ihrer beider Glück.

»Yessim!«, rief Crom über Funk. »Sieh dir das an! Ich habe nie daran geglaubt, dass ein Dunkel so vollkommen sein kann! Ich werde …«

Er hatte sich mit einem Ruck zu seinem Freund umgedreht und dabei den Halt verloren. Jetzt trieb er langsam, aber sicher vom Wohnplanetoiden fort und hinein in die Schwärze. Crom schrie. Yessim stand wie erstarrt da und geriet in Panik.

»Hilf mir, Yessim!«, schrie Crom. Dieser Funkverkehr – ihr ganzer Funkverkehr – wurde garantiert von den Erwachsenen registriert. Aber daran dachte Yessim jetzt überhaupt nicht. Als der erste Schock überwunden war, tat er das, was Crom unter keinen Umständen tun durfte, sonst hätte ihn der Rückstoß endgültig ins Nichts katapultiert.

Yessim drückte einen Knopf an seinem Gürtel und schoss dem in tödliche Not geratenen Freund eine selbstleuchtende, lange Leine aus elastischem, millimeterdickem Stahl zu, die unter seiner Gürtelschnalle untergebracht und dort verankert war. Er hatte so genau gezielt wie nur möglich, und es hatte sogar die Gefahr bestanden, dass er Crom damit treffen und wegschleudern könnte. Aber das Glück schien sich noch nicht von den beiden abgewandt zu haben.

Crom konnte die Leine ergreifen und sich daran zum Planetoiden herunterhangeln, wo Yessim stand und sich mit beiden Händen am Geländer festhielt. Nach kurzer Zeit, die Yessim dennoch wie eine Ewigkeit vorkam, stand er wieder neben ihm und ergriff ebenfalls das Geländer.

»Danke, Yessim«, sagte er mit bebenden Gehirntentakeln. »Das werde ich dir niemals vergessen. Ich verdanke dir mein Leben.«

»Mir und meiner übertriebenen Vorsicht«, sagte Yessim ironisch.

Im nächsten Moment flammten rechts von ihnen Lichter auf, und sie konnten halb geblendet sehen, wie sich um sie herum 1,25 Meter große, humanoide Gestalten in Raumanzügen mit Flugaggregaten näherten. Gleichzeitig wurden sie über Funk aufgefordert, sich nicht zu bewegen.

»Die Erwachsenen«, sagte Crom seufzend. »Sie haben uns gefunden und bringen uns zurück. Aber das soll es mir wert gewesen sein. Ich habe die NACHT gesehen und einen Teil unserer Anlage. Dafür verzichte ich lieber in den nächsten zehn Seg auf neue Abenteuer.«

2.

SOL

 

Vincent Garron hatte die Annäherung des Generationenschiffs an den gigantischen Pilzdom inmitten des PULSES über sein Kabinenholo mitverfolgt. Er hatte das riesige Gebilde, 104 Kilometer hoch und 23 Kilometer breit, vor sich wachsen sehen, bis es den gesamten Holo-Kubus ausfüllte. Was dann folgte, war ein greller Blitz gewesen, der kein Ende nehmen wollte.

Garron hatte geschrien. Wahrscheinlich war er aus seinem Sessel aufgesprungen und gestürzt. Jedenfalls registrierte er in einem seiner wenigen lichten Momente, dass er am Boden lag und sich nicht rühren konnte.

Immer noch erfüllte die Helligkeit des Blitzes die Kabine. Der Sprung der SOL ins Unbekannte musste eigentlich längst vorbei sein – zeitlos! Und nun waberte die peinigende Helligkeit im Schiff, und Garron wälzte sich stöhnend auf dem Boden. Es war ihm nicht möglich, aufzustehen. Er war froh, dass er überhaupt noch Luft bekam. Es war, als schleife man ihn durch sämtliche Höllen.

Höllen …

Das war sein vorerst letzter bewusster Gedanke. Unterbewusst spürte er, dass dies kein normaler Hyperraumsprung war, alles andere als das. Es war etwas Widernatürliches, dem er kaum noch standzuhalten vermochte. Er sah seinem Tod in die Fratze oder sich zu einem lallenden Wrack werden. Nie hätte er diesen Flug mitmachen, sondern mit Gucky und den anderen im PULS zurückbleiben sollen.

Buße hatte er tun wollen, Buße für das, was er früher einmal angerichtet hatte. Bevor ihn Mhogena, der Gharrer, gewissermaßen befriedet hatte. Doch der Entschluss, diese Buße zu tun, war ein Irrtum gewesen, ein schrecklicher Fehler.

Der Androidenkörper, in dem er steckte, bot ihm einen gewissen Halt, doch viel zuwenig. Garron besaß nicht die notwendige Willenskraft, um in dieser Situation seine Vernunft zu bewahren.

Er spürte, dass er endgültig und für alle Zeiten den Verstand verlor, und er konnte nichts dagegen tun.

Oder doch?

Sein Körper wälzte sich im gleißenden Licht weiter über den Boden, stieß an den Wänden an und erlitt entsprechende Qualen. Er hörte nicht auf zu schreien, brüllte wie ein verwundeter Stier. Warum kam niemand, um ihn zu erlösen? Er brauchte Hilfe! Warum ließen sie ihn alle im Stich?

Das schreckliche Licht! Wenn es nur verlöschen würde. Es machte ihn fertig. Er war ihm ausgeliefert. Es durchdrang die geschlossenen Lider wie die Glut einer Sonne. Und immer noch hörte niemand seine Schreie.

Wieder ein bewusster Gedanke: Ging es allen an Bord so wie ihm?

»Nein!«, brüllte Garron, mit Schaum vor dem Mund. »Es ist meine persönliche Hölle – meine ganz allein!«

Geistig bäumte er sich gegen das drohende Schicksal auf. Er konnte halbwegs wieder denken. Und immer noch das Licht! Ging denn dieser Sprung ins Nichts niemals zu Ende? Wie viel Zeit war schon vergangen? Fünf Minuten? Zehn?

Sein Blick fiel auf das Chronometer an seinem linken Handgelenk. Nur knapp zwei Minuten! Aber auch das war zuviel – viel zuviel!

Der Wahnsinn griff mit glühenden Klauen nach ihm. Er zog die Beine an und umklammerte seine Knie, so dass er dalag wie ein Embryo. Er schrie um Hilfe, doch niemand antwortete ihm.

Aber da war diese Stimme in seinem Kopf. Er verstand nicht, was sie ihm sagen wollte, dazu war sie noch zu schwach. Aber sie wurde lauter, und plötzlich verstand er den Sinn der Frage, die sie ihm unablässig stellte:

»Willst du dich für die gute oder die böse Seite entscheiden, Vincent?«, hörte er die lautlose Stimme, die dennoch sein ganzes Bewusstsein erfüllte und es zum Platzen zu bringen drohte. Sie hallte in jedem Winkel seines Seins.

»Willst du dich für die gute oder die böse Seite entscheiden?« Immer wieder. »Du hast nicht mehr viel Zeit. Triff jetzt deine Wahl!«