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GLÜCKS
GEFÜHL
TO ROLL ON

Ein Blick
auf die Welt
in spannenden
Essays

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INHALT

Vorwort

Glücksgefühl – to roll on

Die Kuh, dein Psychiater, der dir keine Fragen stellt

Die drei „M’s“

Die Handy-Scheibenwischer

Heubig

Den Boden unter den Füßen verlieren

Den Kälbern die Zähne putzen

Früher war er anders, der Verbraucher

Ein Sofa macht Karriere

Generation Matschhose

Um was ich meinen Opa Josef beneide

Bauer sucht Frau

Du, Franz, ein Biobauer – das ist eine Schnapsidee

Der stille Aufschrei

Mit 60 Euro in der Tasche

Ein einfaches Wort von großer Bedeutung

Bauern-Soli, ist das die Lösung?

Hast du schon mal Milch getankt?

Landwirtschaft 4.0 – Große Herausforderungen warten auf uns

Die strengsten Eltern der Welt

Ein faires Miteinander, statt Ausbeutung

Warum ich so gerne Bauer bin

Autorenporträt

Nachwort

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VORWORT

Hätte vor 20 Jahren jemand zu mir gesagt: „Franz, du schreibst einmal ein Buch“, ich hätte ihm geantwortet: „Du bist komplett verrückt“.

Damals: Ein junger Bauer Franz, den Kopf voll mit Plänen, Träumen und Wünschen, angetrieben von einem ungeahnten Tatendrang – ich wäre niemals vor ein leeres Blatt Papier gesessen und hätte eine Geschichte aufgeschrieben. Die Zeit dafür wäre viel zu schade gewesen.

Heute sieht das anders aus. Im gesetzten Alter spielen Gedanken, Beziehungen, Erinnerungen, Lebenserfahrungen und der Blick in die Zukunft eine wichtige Rolle. Das Materielle rückt in den Hintergrund.

Auf den folgenden Seiten lasse ich euch ein wenig in mein bewegtes Leben blicken.

Ich hoffe, ihr spürt die Lebensfreude und die Begeisterung, mit der ich meinen Beruf ausübe.

Viel Freude beim Lesen wünscht der

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GLÜCKSGEFÜHL – TO ROLL ON

Ungefähr im halbjährlichen Rhythmus ereilt mich die freundliche Einladung meiner Frau, sie nach Füssen zum Einkaufen zu begleiten. Wenn ich ihre Worte höre: „Franz, du brauchst a neues Häs“, (Gewand, in Hochdeutsch) dauert es nicht mehr lange.

Vorige Woche war es dann so weit: Hoch motiviert und in bester Kauflaune, wohl wissend, dass zu Hause ein Haufen Arbeit liegen bleibt, bestieg ich unser Auto und chauffierte meine Frau in die Stadt.

Schon am Ortsschild, die Karawane vor mir betrachtend, beschlich mich die Ahnung: „Bauer Franz, das ist nicht dein Tag.“ Nach unendlichem Suchen erscheint der ersehnte Parkplatz. Natürlich weitab jeglicher Zivilisation. Das heißt, Fußmarsch in Richtung Innenstadt. Den Menschenmassen folgend, schreiten wir in die Fußgängerzone. Die Unterhaltung beschränkt sich auf das Notwendigste.

Einkaufen ist halt nichts für Männer

Mein Gesicht erhellt sich erst, als ich die Eisdiele erkenne. Drei Kugeln Eis in der Waffel. Das muss einfach sein, das hebt die Stimmung.

Frisch gestärkt geht es nun von einem Bekleidungsgeschäft ins nächste. Die eine Hose zwickt, die andere ist zu kurz, und dort ist das Hemd zu bunt. Mit großer Geduld und freundlicher Mine präsentiert mir eine nette Verkäuferin im letzten Geschäft ein Häs, das meinen Vorstellungen entspricht. So, das war‘s jetzt wieder für ein halbes Jahr, denke ich mir.

Mit vollbepackten Einkaufstüten verlassen wir den Laden in Richtung Drogerie. Meine Frau ist auf der Suche nach Kosmetikartikeln. Damit die Zeit einigermaßen sinnvoll vergeht, schlendere ich durch die Regale und spähe nach Zahnpasta mit biologischem Hintergrund.

Auf einmal sehe ich das Glücksgefühl

Unscheinbar, versteckt zwischen allerlei Deodorants, entdecke ich plötzlich das Glücksgefühl. Ich wundere mich, was die Kosmetikindustrie alles herstellen kann. Und so bequem zum Auftragen auf die Haut… Ich bin begeistert. In dieser Firma müssen schon sehr intelligente Leute arbeiten, die es fertigbringen, das Glück in so eine kleine Glasflasche abzufüllen. Woher die das wohl zukaufen? Oder stellen die das selber her, so ähnlich wie bei der Homöopathie? Fragen über Fragen.

Mein Entschluss steht aber fest: Das will ich unbedingt probieren. Ob das wirklich hilft, wenn ich mir das Deo unter die Arme schmiere? Ich suche mir einen Tag raus, an dem ich geladen bin. Wenn mich irgendwas besonders ärgert. Dann gehe ich ins Bad und wage das Experiment.

Der Tag ist gekommen

Es hat zwar eine Weile gedauert, aber irgendwann war er da. Der Tag, an dem alles schief ging, was schief gehen konnte. Irgendwann erinnerte ich mich an mein Glücksgefühl, das so einsam im Badschrank stand, und das ich doch ausprobieren wollte.

Missmutig stiefelte ich ins Bad und forschte nach dem Fläschchen Deo. Oberkörperfrei, und los geht’s. Jetzt nicht sparen, denn viel hilft ja bekanntlich viel.

Wie die Geschichte ausgegangen ist, das kann ich euch noch nicht berichten. Ich vermute, das dauert eine Weile, bis das Glücksgefühl wirkt. Inkubationszeit heißt das, soweit ich mich erinnern kann.

Meine Frau hat mich dann im Bad stehen sehen, mir ins Gesicht gesehen und gemeint: „Franz, komm zu mir in die Küche, trinken wir einen Kaffee und essen einen Faschingskrapfen. Dann sieht die Welt wieder anders aus.“ Und da war es, das Glücksgefühl…

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»Obwohl man es einer Kuh nicht ansieht, so behaupte ich,
hat sie ein Vertrauen in ihren Bauern.
Sie merkt, dass es der Bauer gut mit ihr meint.«

Kuhkuscheln

Einige Bauernhöfe in Deutschland bieten das Kuscheln mit ihren Kühen an. Kuhkuscheln stammt ursprünglich aus den Niederlanden. Da beim Streicheln von Tieren Glückshormone ausgeschüttet werden, entspannen Menschen dabei und bauen Stress ab. Das ist auch die Grundlage tiergestützter Therapieverfahren in der Medizin. Bekannt ist der Einsatz von Hunden, Katzen, Pferden, Lamas oder Delfinen. Offenbar haben auch Kühe das Potenzial, Balsam für die Seele zu sein.

DIE KUH, DEIN PSYCHIATER,
DER DIR KEINE FRAGEN STELLT

Urlaub auf dem Bauernhof boomt. Das ist keine Frage. Aber was ist es genau, das die Ferien auf dem Bauernhof so beliebt macht?

Ich behaupte, das ist die Kuh und auch die anderen Tiere auf dem Hof, die eine einzigartige Ruhe ausstrahlen und allem eine gewisse Sinnhaftigkeit geben. Wir alle leben in einer stressigen Welt. Alles ist getaktet, organisiert und verplant. Wenn wir dann mal freihaben, und abschalten könnten, dann geben wir uns dem Smartphone hin, chatten meist sinnlos, oder lassen uns zu Spielen hinreißen, die nur kostbare Zeit verschwenden.

Sehnen wir uns dann insgeheim nicht in eine Welt, in der wir Ruhe spüren?

Ja, diese Oase gibt es, und ich zeige euch, wo ihr sie findet: auf einem kleinbäuerlichen, familiär geführten Bauernhof. Wir zum Beispiel haben so einen. Mir war schon lange klar, dass ich kein Großbetrieb sein will. Ich mag den persönlichen Bezug zum Tier, besonders zur Kuh. Bei uns hat jedes Tier einen eigenen Namen, und wir respektieren uns gegenseitig. Obwohl man es einer Kuh nicht ansieht, so behaupte ich, hat sie ein Vertrauen in ihren Bauern. Sie merkt, dass es der Bauer gut mit ihr meint. Der Landwirt, der die „Sprache“ der Kühe versteht, der hat einen gewissen Frieden im Stall. Die Kühe sind ruhig, sie bewegen sich träge, was ein deutliches Zeichen von Entspanntheit ist. Und wenn sie mal der Hafer sticht, wenn sie wirklich mal auf der Weide ausbüxsen, dann kommen sie nach einer gewissen „Austobe-Phase“ wieder zu ihrem „Herrn“ zurück.

Wenn Kühe dich anschauen, dann blickst du in große, tiefgründige Kulleraugen mit langen Wimpern. Gelegentlich beobachte ich während meiner Arbeit die Feriengäste im Stall. Ich merke, dass ihnen der Kontakt zu meinen Kühen gut tut. Hingebungsvoll schieben die Gäste den Tieren das Futter vor die Schnauze und geben sich Mühe, dass jedes Tier gleich viel Gras oder Heu bekommt. Dankbar wühlen die Kühe in dem Futter herum, suchen sich mit ihrer feinen Nase die besten Grashalme heraus, und stupsen den Rest wieder von sich weg – wohl wissend, dass die Menschen auf dem Futtertisch ja noch da sind und das Gras geduldig wieder hinschieben.

Die Schmuse-Kuh

Im Leben einer Kuh gibt es auch Momente, in denen sie satt ist. Dann hat sie Zeit, um zu schmusen. Sie leckt dabei liebevoll ihre Nachbarin am Kopf oder sie streckt ihre raue Zunge raus, um den Gästen am Arm oder am Schienbein zu schlecken. Dann höre ich meist ein lautes „Iiih, das kratzt ja!“ durch den Stall rufen.

Viele Kinder haben eine Lieblingskuh. Diese erkennen sie auf Anhieb aus den dreißig Kühen heraus. Wenn sich die Kinder unbeobachtet fühlen, und keiner der „Großen“ zuschaut, dann setzen sie sich ins Heu und kuscheln mit ihrer Schmuse-Kuh. Wenn die Kuh dann ihre großen Ohren nach vorne richtet, fangen die Kinder an zu erzählen und unterhalten sich auf ihre Weise mit der Kuh. Manchmal höre ich auch Stimmen von Erwachsenen, die mit den Kühen reden. Als jemand, der von klein auf gewöhnt ist, mit Kühen umzugehen, macht man sich Gedanken darüber, was das für ein Phänomen ist. Es muss etwas Besonderes sein, seine eigenen Gedanken den Tieren anzuvertrauen.

Schon als kleiner Knirps war es mein Job, die Kühe von der Weide zu holen. Die Begeisterung hielt sich damals in Grenzen, als es hieß, bei sommerlicher Hitze in die Gummistiefel zu schlüpfen, den steilen Hang hinunterzulaufen, die Tiere auf der Weide einzusammeln und sie meist widerwillig nach oben in den Stall zu treiben. Glücklicherweise war auf halber Strecke ein großer Brunnentrog. Ich stieg in den Trog, ließ das eiskalte Wasser in die Stiefel laufen, und suchte die letzte Kuh, meist eine ältere Dame, und hielt mich an deren Schwanz fest. Auf diese Weise hatte ich unbewusst die ersten Kneipp-Anwendung und zugleich ein Taxi, das mich mühelos nach oben brachte. Schon damals war mir klar, dass eine Kuh neben der Milchproduktion noch ganz andere, nützliche Eigenschaften hat.

Inzwischen lebe ich schon seit über 40 Jahren mit Kühen. Ich kenne die Eigenheiten jedes Tieres. Ich weiß, um welche Kuh ich einen Bogen machen sollte, welches Tier leicht erschrickt, und welche immer zum Schmusen aufgelegt ist.

Meine Gäste erkennen in den 14 Tagen, die sie auf unserem Hof sind, die Charaktere meiner Kühe meist nicht. Sie tauchen in ihrem Urlaub in eine andere, ursprüngliche Welt ein und übernehmen für eine gewisse Zeit eine Verantwortung für die Tiere. Die Ruhe und die Gelassenheit – so glaube ich – überträgt sich auf meine Helfer im Stall.

Mit einfachen Worten zusammengefasst kann ich behaupten: Der Umgang mit Kühen ist Balsam für die Seele.

Und das ist im Endeffekt doch nichts anderes als ein Besuch beim Psychiater. Danach geht es einem besser – genauso wie nach einem Urlaub auf dem Bauernhof.

»Der Umgang mit Kühen ist
Balsam für die Seele.«

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»Wer als Landwirt diese Billigschiene beliefert,
braucht sich nicht wundern,
wenn er nichts verdient.«

DIE DREI „M’S“