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Über dieses Buch:

Burg Chirk, 1355. Die junge Lady Raven sucht verzweifelt nach einem Ausweg, um der Heirat mit einem Mann zu entkommen, der ihr zutiefst zuwider ist. Erst, als sie auf einem Ritterturnier Drake wiederbegegnet, dem sie einst ihr Herz schenkte, schöpft sie Hoffnung. Doch schon bald muss sie erkennen, dass der stürmische Lord nicht mehr der edle Ritter von früher ist. Als sie ihn um Hilfe anfleht, fordert Drake einen schockierenden Preis: Sie soll sich ihm hingeben und zum Spielball seiner dunklen Wünsche werden – denn er gibt Raven die Schuld an einer grausamen Intrige, die ihn alles gekostet hat: sein Erbe, seinen Stolz, sein Herz. Trotzdem ist Raven fest entschlossen, um Drake zu kämpfen … aber wird das gefährliche Spiel zwischen ihnen ihr eigenes Herz brechen?

Über die Autorin:

Connie Mason hat früh ihre Leidenschaft für das Lesen und Schreiben entdeckt. 1984 veröffentlichte sie ihren ersten Roman. Im Jahr 1990 wurde die Amerikanerin vom »Romantic Times Magazine« zur »Erzählerin des Jahres« gekürt. Die Bestsellerautorin hat bereits mehr als 50 historische Liebesromane erfolgreich veröffentlicht. Heute lebt Connie Mason mit ihrem Mann in Florida. Sie hat drei Kinder und neun Enkel.

Bei dotbooks veröffentlicht Connie Mason bereits »In den Armen des Lords«, »In den Armen des Marquis«, »Rebell meines Herzens«, »Die Liebe des Outlaws«, »Die Leidenschaft des Outlaws«, »Das Verlangen des Outlaws«, »In den Fängen des Wikingers«, »Die Gefangene des Ritters«, »In den Armen des Ritters«, »Die Gefangene des Lairds«, »Der Rebell und die Schöne«, »In den Armen des Rebellen« und »Ein unwiderstehlicher Rebell«.

Die letzten drei Romane sind auch im Sammelband »Die Liebe der Rebellen« erhältlich.

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eBook-Neuausgabe November 2020

Die amerikanische Originalausgabe erschien erstmals 1999 unter dem Originaltitel »The Black Knight« bei Leisure Books, New York. Die deutsche Erstausgabe erschien 2005 unter dem Titel »Sklave ihrer Leidenschaft« bei Lübbe. Unter dem Titel »Das Herz des schwarzen Ritters« erschien die Neuausgabe 2017 bei dotbooks.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1999 by Connie Mason

Copyright © der deutschen Erstausgabe 2005 Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, Bergisch Gladbach

Copyright © der Neuausgabe 2017 dotbooks GmbH, München

By arrangement with Natasha Kern Literary Agency.

Dieses Werk wurde vermittelt durch Interpill Media, Hamburg.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von © shutterstock / vishstudio / FX Quadro / Satyrenko / Kanea / Matt Gibson

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (rb)

ISBN 978-3-96148-059-3

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Connie Mason

In den Fesseln des Lords

Roman

Aus dem Amerikanischen von Irene Paetzold

dotbooks.

Vorwort

Ein Junge strebt nach der Ritterschaft.

Wales, 1336

Der große, stattliche Ritter schaute den kräftigen, zehnjährigen Jungen an, wobei seine kalten, grauen Augen keinerlei Gefühlsregung zeigten. »Weißt du, wer ich bin, Junge?«

Unerschrocken erwiderte der Knabe den kühlen, humorlosen Blick des fremden Ritters. »Nein, Sir.«

»Hat deine Mutter dir nie etwas über deinen Vater erzählt?«

»Sie sagte, er sei Engländer und hätte sie nicht haben wollen. Er hat sie geheiratet und dann verlassen. Ich hasse ihn!«, sagte der Bursche wütend. »Obwohl ich ihn noch nie in meinem Leben zu Gesicht bekommen habe, werde ich ihn immer hassen!«

»Hmmm«, meinte der stattliche Ritter und strich sich dabei über sein bartloses Kinn. »Erhalte dir deinen Hass, Junge. Nähre ihn. Du wirst ihn brauchen, um die nächsten Jahre zu überstehen. Die Welt hat wenig übrig für Bastarde.«

Die Haltung des Jungen straffte sich, energisch streckte er sein kantiges Kinn vor und verkündete: »Ich bin kein Bastard, Sir! Granny Nola sagte, dass mein Vater und meine Mutter von einem Priester in der Dorfkirche getraut worden sind und sie lügt nicht.«

»Du wirst große Schwierigkeiten haben, das zu beweisen, Junge«, sagte der Ritter barsch. »Es wäre besser, dir diese Spinnereien aus dem Kopf zu schlagen, wenn du überleben willst.«

»Was geht Euch das an?«, fragte der Junge herausfordernd. »Wer seid Ihr?«

»Wie ich hörte, hat deine Mutter dich Drake genannt«, sagte der Ritter, die Frage des Jungen ignorierend. »Sie hat eine gute Wahl getroffen. Es bedeutet Drache. Ist ein passender Name. Du tätest gut daran, dich an diese Bedeutung ständig zu erinnern und entsprechend zu leben.«

Drake blickte über seine Schulter zu der Hütte, in der er mit Granny Nola lebte. Er sah seine verängstigte Großmutter, die verzweifelt die Hände rang, in der Tür stehen. Würde der englische Ritter ihnen Schaden zufügen?

Der Ritter hielt seinen Blick unverändert auf Drake gerichtet, als sei er im Begriff, etwas sehr Wichtiges zu entscheiden.

»Warum starrt Ihr mich so an?«, fragte Drake kühn. »Wer seid Ihr? Was wollt Ihr von mir und Granny?«

»Ich bin Basil von Eyre, dein Vater.«

»Nein!«, rief der Junge aus und wich zurück. »Geht weg! Ich brauche Euch nicht! Ich hasse Euch!«

Basil griff nach Drakes Schulter. »Du trägst eine Menge Zorn in dir, Bursche, aber das ist nicht schlecht. Du wirst jeden Schritt deines Weges erkämpfen müssen, wenn du im Leben zurecht kommen willst. Verstehst du, was ich sage?«

Drake schüttelte den Kopf.

»Du wirst es erfahren«, sagte Basil. »Wie ist deine Mutter gestorben?«

»Was geht Euch das an?«

Basil gab ihm einen Klaps auf den Kopf. »So spricht man nicht mit mir. Wie ist Leta gestorben?«

»Das Fieber hat sie uns genommen. Wir waren alle krank, aber nur Mama ist gestorben. Sie war die Schwächste.«

Basils Gesichtsausdruck wurde für einen kurzen Moment weicher. »Schade«, murmelte er. Dann verhärteten sich seine Züge wieder. »Weißt du, warum ich hier bin?«

»Nein und das ist mir auch egal. Lasst mich und Granny zufrieden. Wir brauchen Euch nicht.«

»Ich denke, Lord Nyle wird dir ganz schnell beibringen, dich besser zu benehmen. Als ich deine Mutter kennen lernte, war ich gerade zu Besuch bei Nyle von Chirk, weißt du. Ich war damals erst achtzehn Jahre alt und hatte wenig anderes als die Jagd im Kopf. Nyles Ländereien liegen an der Grenze und wir überquerten sie nach Wales, um einen Bären zu verfolgen. Ich traf Leta, die im Wald Beeren pflückte. Aber das führt zu weit«, meinte er abweisend. »Du wirst jetzt deine Sachen zusammenpacken und mit mir kommen.«

Trotz seines Wagemutes, begann Drakes Kinn zu zittern. »Ich soll Granny verlassen? Auf keinen Fall, ich werde mit Euch nirgendwohin gehen. Egal, wer Ihr auch sein mögt.«

»Du wirst mitkommen«, beharrte Basil.

»Wie habt Ihr das mit Mama herausgefunden? Wer hat Euch gesagt, dass sie gestorben ist?«

»Schon vor Jahren habe ich Nyle von Chirk gebeten, mich über dein Wohlergehen zu informieren. Seine Spione haben ihn regelmäßig auf dem Laufenden gehalten. Sie berichteten ihm vom Tod deiner Mutter und Nyle gab daraufhin mir Bescheid.«

In Drakes silbergrauen Augen, die denen seines Vaters so sehr ähnelten, zeigte sich unverhohlener Hass. »Warum? Ihr habt uns doch nie gewollt?«

»Die ganze Geschichte ist sehr kompliziert«, erklärte Basil. »Mein Vater hatte mich bereits mit Elise von Leister verlobt und erlaubte mir nicht, dieses Gelöbnis zu brechen. Ich habe eine Frau und einen Sohn, der einige Monate jünger ist als du. Mehr brauchst du nicht zu wissen. Jetzt geh und pack deine Sachen.«

»Wohin bringt Ihr mich?«

»Zur Burg Chirk. Waldo, mein Sohn und Erbe, wächst bei Nyle von Chirk auf. In einigen Jahren wird er zum Ritter geschlagen und du wirst zu seinem Knappen ausgebildet.«

Drake schüttelte energisch den Kopf. »Ich will kein Knappe, sondern auch Ritter sein!«

»Bastarde werden keine Ritter.«

»Ich werde später ein Ritter sein!«, erklärte der Junge mit einer für einen Zehnjährigen ungewöhnlichen Entschlossenheit.

»Erhalte dir deine Hartnäckigkeit, Junge, du wirst sie brauchen!«

Kapitel 1

Die Liebe verleiht einem Ritter Mut.

Burg Chirk, 1343

Raven von Chirk stellte sich ihm in einer Nische am Ende des Rittersaales in den Weg. Sie hatte ihn um ein Treffen nach dem Essen gebeten, um etwas sehr Wichtiges mit ihm zu besprechen. Den siebzehnjährigen Drake No Name, wie sein Halbbruder Waldo ihn taktlos getauft hatte, traf Ravens überraschende Bitte vollkommen unvorbereitet.

»Küss mich, Drake!«

Drake hielt sich Nyles ungestüme, zwölfjährige Tochter lächelnd vom Leib.

»Du weißt, dass ich das nicht tun kann. Du bist mit Aric von Flint verlobt«, erinnerte Drake sie. »Sei nicht so ungezogen, Raven.«

»Ich werde Aric nicht heiraten!«, rief Raven lauthals aus. »Ich will dich heiraten. Magst du mich nicht wenigstens ein bisschen, Drake?«

»Natürlich mag ich dich, Raven. Aber du weißt doch, dass ich deine Schwester liebe. Daria bedeutet mir alles.«

»Daria ist Waldo versprochen«, wandte Raven ein.

Drake senkte seine Stimme. »Kannst du ein Geheimnis für dich behalten?« Raven nickte, ihre grünen Augen vor Neugier weit aufgerissen.

»Daria und ich werden zusammen weglaufen«, vertraute er ihr an.

»O nein! Das darfst du nicht«, rief Raven entsetzt. »Daria spielt nur mit dir. Sie würde niemals einen Mann heiraten, der weder Land noch Reichtümer besitzt. Sie ist erst vierzehn und wankelmütig. Sie liebt dich nicht so wie ich!«

Ein zorniger Schimmer verdunkelte Drakes silbergraue Augen. »Du bist erst zwölf und hast eine blühende Fantasie, wenn du glaubst, ich würde dich heiraten.«

Sie stampfte mit dem Fuß auf. »Ich habe keine blühende Fantasie. Daria ist nicht die Richtige für dich.«

»Mit welchem Recht erklärst du mir, wer für mich die Richtige ist?«

»Vater würde es niemals erlauben. Du bist nichts weiter als ein Knappe in der Ausbildung. Waldo wird sich schon bald seine Sporen verdienen und ist der Erbe einer Grafschaft.«

»Du musst mich nicht extra daran erinnern, dass ich nur ein Bastard bin«, sagte Drake zornig. »Seitdem ich auf Burg Chirk angekommen bin, hat mir Waldo jeden einzelnen Tag meine niedere Geburt und meinen Stand vor Augen geführt. Wir haben zwar denselben Vater, aber das ist auch schon unsere einzige Gemeinsamkeit. Daria beurteilt mich zumindest nicht nach meiner Herkunft.«

»Ich bitte dich, denke genau darüber nach, was du vorhast«, riet ihm Raven. »Daria ist verliebt in die Liebe. Vielleicht spielt sie wirklich mit dem Gedanken, mit dir wegzulaufen, aber für sie wird es nichts weiter als ein großes Abenteuer sein. Glaube mir, wenn ich dir sage, dass sie ganz erleichtert sein wird, wenn Vater sie finden und nach Hause bringen wird. Du wirst derjenige sein, den man bestraft.«

Mit seinen siebzehn Jahren war Drake ein unabhängiger junger Mann, eigentlich schon seit dem Augenblick, als er auf Burg Chirk angekommen war. Unter den anderen Burschen, die zu Knappen ausgebildet wurden, hatte er nur wenige Freunde und diejenigen, die für die Ritterschaft vorgesehen waren, hatten keine Zeit für Drake No Name. Er wurde von Waldo und Duff von Chirk, dem Sohn von Lord Nyle sowie ihren Freunden gnadenlos verspottet, sodass er schon in sehr jungen Jahren gelernt hatte, sich gegen Tyrannen zu verteidigen.

Mit fünfzehn hatte sich Drake hoffnungslos in Daria von Chirk verliebt und sie schien seine Gefühle zu erwidern.

»Du täuscht dich in Daria, Raven«, erwiderte Drake schroff. »Sie liebt mich. Waldo kann sich eine andere Frau suchen.«

Raven seufzte unglücklich. Drake war derjenige, der sich in Daria täuschte. Es war zwar möglich, dass sie sich von Drake küssen ließ, ihm sogar Hoffnung machte, dass sie mit ihm durchbrennen wollte, aber sie würde ihn niemals im Leben gegen den Willen ihres Vaters heiraten. Raven hingegen würde sich mit dem Teufel anlegen, um Drakes Liebe zu gewinnen. Sie kannte ihre Schwester gut. Drake war ein attraktiver Bursche. Daria genoss seine Aufmerksamkeiten, würde ihn aber niemals heiraten. Sie war dazu ausersehen, eines Tages Gräfin zu werden und würde nichts unternehmen, um ihre Verlobung mit Waldo zu gefährden. Warum erkannte Drake das nicht?

In diesem Augenblick erschienen Waldo und Duff in der Nische, in der Raven und Drake standen.

»Was macht ihr zwei hier?«, fragte Duff argwöhnisch. »Versuchst du, meine Schwester zu verführen, Drake No Name?«

»Sir Bastard versucht immer das zu kriegen, was er nicht haben kann«, sagte Waldo mit höhnischem Lächeln.

Anders als Drake, der ein Ebenbild seines Vaters war, hatte Waldo keinerlei Ähnlichkeit mit Basil. Er war groß für seine sechzehn Jahre, und hatte eine massige Statur, die erahnen ließ, dass er später Fett ansetzen würde. Im Gegensatz zu dem dunkelhaarigen Drake war er blond und hatte blassblaue Augen, während die seines Halbbruders von einer faszinierend silbergrauen Farbe waren. Waldo war nicht unattraktiv, aber irgendetwas an ihm ließ ihn abstoßend wirken. Vom ersten Tag an, als sie sich vor sieben Jahren trafen, war Drake für Waldo ein Hassobjekt gewesen.

»Ich habe Drake gebeten, mich hier zu treffen«, gab Raven offen zu. »Wir haben uns nur unterhalten. Drake ist mein Freund.«

»Das nächste Mal unterhaltet euch dort, wo euch jeder sehen kann«, empfahl Duff. »Sollte mein Vater auch nur vermuten, dass Drake versucht, seine Tochter zu verführen, würde er ihn von Burg Chirk verbannen, wenn er ihm nicht sogar auf der Stelle Schlimmeres antut.«

»Ich sagte doch …«

Drake stieß Raven zur Seite. »Ich verführe keine Kinder. Und ebenso wenig brauche ich deine Hilfe, Raven. Ich bin durchaus in der Lage, mich selbst zu verteidigen.«

Waldo trat einen Schritt nach vorne, sein kräftiges Gesicht war noch stärker gerötet als sonst. Man konnte deutlich erkennen, dass er beim Abendessen reichlich Bier getrunken hatte.

Er schob seinen Kopf vor, bis er sich Nase an Nase mit Drake befand. »Hör mir gut zu, Sir Bastard«, sagte er, wobei Drake seine Bierfahne entgegenschlug. »Du bist hier nichts weiter als ein Knappe in der Ausbildung. Mit deiner Respektlosigkeit gegenüber Leuten, die über dir stehen, wirst du dir den Zorn von Lord Nyle einhandeln. Du bist ein Bastard, vergiss das niemals.«

Drakes Miene versteinerte sich und ließ die Bitterkeit erahnen, die tief in ihm verborgen war. »Du wirst schon dafür sorgen, dass ich es nicht vergesse«, stieß er hervor. »Höre mir jetzt gut zu, Waldo von Eyre – eines Tages wird Drake No Name einen Namen haben und beweisen, wer er ist.«

»Als Knappe?«, forderte Duff ihn heraus.

»Als Ritter!«, erwiderte Drake mit Bestimmtheit.

»Ich glaube ihm«, unterstützte Raven ihn.

»Geh ins Bett, Schwester«, befahl Duff ihr. »Du bist ein unverschämtes Frauenzimmer und benimmst dich unmöglich, was sich absolut nicht gehört. Was würde Aric of Flint sagen, wenn er wüsste, dass du hinter seinem Rücken flirtest?«

Duff, der einzige Sohn von Nyles, war ein vierschrötiger junger Mann mit einem stämmigen Körper und schlichtem Geist. Er war ein Gefolgsmann, kein Anführer. Obwohl er drei Jahre älter als Waldo war, folgte er ihm wie ein Hund. Als er erkannte, wie sehr Waldo seinen Halbbruder verachtete, behandelte auch er Drake auf abscheuliche Weise.

Nyle von Chirk war die meiste Zeit unterwegs, zog für König Edward in den Krieg, und wenn er sich zu Hause aufhielt, unternahm er nichts, um Waldo und Duff davon abzuhalten, Drake mit Worten und Taten zu misshandeln. Tatsächlich bemerkte er es nicht einmal. Seine beiden hübschen Töchter dagegen schenkten Drake ihre volle Aufmerksamkeit.

Im Alter von siebzehn Jahren war Drake ein wohlproportionierter, junger Mann mit einem muskulösen, wenn auch noch etwas schlaksigen Körperbau. Zudem hatte er ein ausgesprochen hübsches Gesicht, in dem besonders die Augen auffielen, deren silbergraue Farbe so ungewöhnlich war. Er hatte die Pubertät schnell hinter sich gelassen und sich zu einer Augenweide für jedes junge Mädchen, das seinen Weg kreuzte, entwickelt. Aber Drake interessierte sich nur für Daria, die Frau, die er heiraten wollte. Wenn auch Raven durchaus hübsch war, obwohl ihr Darias zarte Schönheit fehlte, benahm sie sich viel zu forsch und unverblümt für Drakes Geschmack. Außerdem war er der festen Überzeugung, dass Waldo Daria nicht verdienen würde.

Raven warf Duff einen vernichtenden Blick zu. »Ist mir ganz egal, was Vater sagt; ich werde Aric nicht heiraten.« Dann stolzierte sie davon, wobei ihr kastanienbraunes Haar, das eigentlich von einem Schleier und Reif hätte zusammengehalten werden sollen, über ihren Hintern wippte.

»Ich beneide Aric nicht«, sagte Waldo, wobei seine Augen die Worte Lügen straften, als er Raven mit erkennbarer Lust hinterher starrte. »Raven zu zähmen wird keine leichte Aufgabe sein.«

»Du hast mit Daria eine kluge Wahl getroffen«, stimmte Duff ihm zu. »Sie ist süß und fügsam.«

»Trotzdem«, meinte Waldo nachdenklich, Raven weiterhin beobachtend, »schadet ein bisschen Temperament einer Frau eigentlich nicht. Würde Raven mir gehören, würde ich ihr schon zeigen, wo es lang geht. Es wäre mir geradezu ein großes Vergnügen, sie zu bändigen.«

»Du bist erst sechzehn«, spottete Drake. »Was weißt du schon darüber, wie man eine Frau zähmt? Oder ihr Vergnügen bereitet?«

»Mehr als du, Sir Bastard.«

Drake verzog seinen Mund. Er hasste diesen Namen. Von dem Tag an, als er auf Burg Chirk erschienen war und kühn verkündet hatte, dass er einmal ein Ritter sein würde, hatte Waldo ihn Sir Bastard getauft. Seitdem wurde er von Waldo und Duff nur noch so oder Drake No Name genannt.

»Hast du gar nichts zu sagen, Sir Bastard? Hast du schon mal eine Frau gehabt? Oder hindert dich dein Ehrenkodex daran, den Körper einer Frau zu genießen?«

»Ich werde auf die Frau warten, die ich heirate«, antwortete Drake, dachte dabei an Daria und wie gerne er sie küsste. Aber mehr hatte er sich nicht gestattet.

»Nur Narren halten sich an einen so strengen Ehrenkodex«, spottete Waldo. »Frauen sind dazu da, dass man sie genießt. Einige Priester sagen sogar, dass sie keine Seele haben. Es heißt, wenn eine Frau sich weigert, sich dem Willen des Mannes zu beugen, sollte sie zum Gehorsam geprügelt werden. Ich bin zwar erst sechzehn, aber ich habe bereits gelernt, mit Frauen den Spaß zu haben, für den Gott sie vorgesehen hat. Wenn sie mich verärgern, bereuen sie es auf der Stelle. Bist du meiner Meinung, Duff?«

Duff schluckte sichtlich. »Nun, ja, aber ich möchte nicht, dass meine Schwestern schlecht behandelt werden.«

»Ich werde den Mann umbringen, der Daria verletzt«, drohte Drake und starrte dabei in Waldos blasse Augen.

Waldo lachte, wich aber dennoch einen Schritt zurück. »Du bist wohl auf Daria scharf«, sagte er. »Lass meine Verlobte in Ruhe, Sir Bastard. Ich werde derjenige sein, der ihr in unserer Hochzeitsnacht die Jungfräulichkeit nimmt. Vergiss das nicht.«

»Es gibt vieles, das ich nicht vergessen werde«, gab Drake heftig zurück.

»Komm, Duff, im Dorf warten zwei hübsche Weibsbilder auf uns. Vielleicht finden wir einen Heuhaufen, um sie darin zu wälzen.«

Drake beobachtete, wie die beiden sich entfernten. Seine Augen verengten sich vor Hass. Er konnte es einfach nicht zulassen, dass Daria Waldo heiraten würde. Waldo richtete sich nicht nach dem ritterlichen Kodex. Er missachtete alle Frauen. Als Kind war Waldo schon ein Rüpel gewesen, aber mit zunehmendem Alter wurde seine Boshaftigkeit immer ausgeprägter. Drake war zwar kein Ritter, aber er hielt sich an den ritterlichen Kodex. Er zweifelte daran, dass Waldo jemals ein Ritter im wahren Sinne des Wortes sein würde.

Ein wahrer Ritter ehrte die Frauen.

Eine Woche später beobachtete Drake, wie Daria alleine zu den Stallungen ging und folgte ihr, um mit ihr zu sprechen. Drake hatte den ganzen Tag Lanzenstechen zu Pferde trainiert, war erhitzt und müde, aber als er bemerkte, wohin Daria unterwegs war, ging er ihr schnell nach.

Mit verhaltener Stimme rief er ihren Namen.

Daria drehte sich herum und lächelte, als sie Drake sah. »Ich habe dich auf dem Übungsplatz gesehen und hoffte, dass du mir folgen würdest«, sagte sie kokett, während sie sich auf die Zehenspitzen stellte, um ihm einen zarten Kuss auf die Lippen geben zu können. »Ich wollte gerade nach meinem Lieblingsfalken sehen. Er ist gestern von einem Habicht verletzt worden.«

Drake interessierte sich nicht für den Falken. Er verspürte den Wunsch, Daria in seine Arme zu ziehen und ihren Körper gegen seinen zu pressen, aber er hielt sich zurück. Obwohl er mit seinen siebzehn Jahren häufig den Wunsch nach körperlicher Liebe verspürte, kam für ihn, um diesen zu befriedigen, keine andere Frau außer Daria in Frage und er wollte sie nicht entehren. »Dein Vater ist heute zurückgekehrt«, sagte er.

»Stimmt. Es ist geplant, mich bald mit Waldo zu vermählen. Ich bin fast fünfzehn und Waldo drängt meinen Vater, einen Termin festzusetzen.«

»Und willst du es selber auch?«

Sie zuckte mit den Achseln und senkte den Blick. »Ich muss Vater gehorchen.«

Drake umfasste ihre schmalen Schultern. »Aber du kannst Waldo nicht heiraten. Du weißt gar nicht, wie er wirklich ist.«

In Darias braunen Augen blitzte der Schalk auf, was Drake hätte bemerken müssen, wäre er nicht so blind vor Liebe zu ihr gewesen.

»Es gibt nichts, was ich dagegen tun kann«, sagte Daria seufzend.

Drake zog sie zu sich heran, wobei er tunlichst darauf achtete, sich nicht von ihr an dieser angespannten Stelle seines Körpers berühren zu lassen, die ihm so arg zu schaffen machte. »Wir können durchbrennen«, schlug er ernsthaft vor. »Wir haben doch schon darüber gesprochen. Wenn wir dann verheiratet sind, werde ich dich mit meinem Leben beschützen.« Als er bemerkte, wie sie ihre Augen aufriss, fügte er hinzu: »Schau mich nicht so schockiert an, viele Paare vor uns haben ihre Familien verlassen, um zu heiraten.«

»Ich weiß, aber … nun, ich hätte niemals gedacht, dass es dir wirklich ernst damit ist.«

»Ich liebe dich, Daria. Das solltest du inzwischen wissen. Du bist vierzehn, fast fünfzehn, alt genug, um zu heiraten und ich bin siebzehn, alt genug, um dich zu beschützen.«

»Vorsicht, ich höre etwas«, warnte Daria und schaute sich um.

»Da ist nichts«, wehrte Drake ab. »Hör mir zu, meine Geliebte. Treff dich mit mir heute Nacht am hinteren Tor. Ich hole zwei Pferde aus dem Stall, die uns forttragen werden. Bring nur ein paar Kleidungsstücke zum Wechseln mit.«

»Durchbrennen?«, vergewisserte sich Daria mit übermütiger Stimme. »Aber ich meinte doch nicht … Das heißt … Bist du sicher, dass es der richtige Weg ist?«

»Liebst du mich, Daria?«

»O ja, wie könnte ich nicht? Du bist so hübsch und tapfer, und so ritterlich.«

»Dann treff mich heute nach dem Abendessen am hinteren Tor. Lass mich nicht warten.« Dann küsste er sie und eilte davon.

Mit bestürztem Gesichtsausdruck starrte Daria ihm nach. Der Flirt mit Drake hatte Spaß gemacht und war auch ein bisschen dreist gewesen, aber Daria hatte dabei nie vergessen, dass sie einmal Gräfin werden sollte. Waldo entsprach sicher nicht ihrer Vorstellung von einem perfekten Ehemann, aber er besaß alles, was sie sich vom Leben wünschte. Obwohl Drake sehr gut aussah und zudem tapfer und ritterlich war, war er doch unehelich geboren und besaß weder Landgüter noch Reichtum.

Dennoch wäre es sicher ein Abenteuer, mit Drake durchzubrennen, dachte sie verträumt. Sie war sich sicher, dass ihr Vater und Waldo sie ziemlich schnell aufspüren würden, warum sollte sie also nicht noch ein bisschen Spaß haben, bevor sie sich ins eheliche Joch begeben musste.

Natürlich würde sie ihre Jungfräulichkeit nicht an Drake verlieren, die gehörte ihrem zukünftigen Ehemann. Und sie wusste, dass Drake sie nicht anrühren würde, wenn sie es nicht wünschte. Lächelnd verließ sie die Stallungen und ihr romantisches Herz schlug wild.

Raven wartete, bis Daria zur Burg zurückgekehrt war, bevor sie hinter einem Fass hervortrat, hinter dem sie sich versteckt hatte. Loyalität ihrer Schwester gegenüber und das Wissen um deren blühende Fantasie kämpften miteinander. Tief in ihrem Herzen wusste sie, dass Daria nicht die Richtige für Drake war. Daria würde Drake niemals heiraten und damit die Chance aufgeben, Gräfin zu werden. Sie fragte sich, ob sie ihren Vater über Drakes und Darias Plan informieren sollte. Oder wäre es besser, so zu tun, als hätte sie die Unterhaltung der beiden nicht belauscht? Schließlich entschied sie sich dafür, Daria mit ihrem Wissen zu konfrontieren.

»Du hast gelauscht!«, fauchte Daria Raven an, als diese ihr erklärte, was sie von dem Plan, mit Drake durchbrennen zu wollen, hielt.

»Na ja, ich …« Raven nagte an ihrer Unterlippe. Sie konnte Daria nicht anlügen. »Nun ja, ich bin Drake zu den Stallungen gefolgt.«

»Du willst ihn für dich haben«, beschuldigte Daria sie. »Das spielt keine Rolle. Drake will ja nur dich.«

»Er sagte, dass er mich liebt«, bestätigte Daria stolz.

»Ich kann einfach nicht glauben, dass du wirklich mit ihm durchbrennen willst. Das sieht dir gar nicht ähnlich, Daria. Mir scheint, du spielst nur mit dem armen Jungen.«

»Und wenn das so wäre? Hätte Drake einen Titel und Ländereien, würde ich mit ihm im Handumdrehen verschwinden. Er sieht besser aus als Waldo und ist viel netter. Aber leider hat Drake No Name außer einem hübschen Gesicht und einem attraktiven Körper nichts vorzuweisen.«

»Dann brennst du also nicht durch?«, fragte Raven erleichtert. »Hast du es Drake schon erzählt?«

»Nein, ich werde es ihm heute Abend sagen, wenn ich ihn am hinteren Tor treffe. Vielleicht behandelt mich Waldo ja auch ein wenig ritterlicher, wenn er erfährt, dass ich vorhabe, mit Drake durchzubrennen.«

Ravens grüne Augen verengten sich. »Wie soll Waldo das herausbekommen?«

»Er wird es schon erfahren«, verkündete Daria verschwörerisch.

»Aber … wie?«

»Ich habe noch was zu erledigen«, wehrte Daria ab. »Wir sprechen später darüber.«

Wütend über die Gefühllosigkeit ihrer Schwester gegenüber Drake, entschloss sich Raven, ihn zu suchen und ihm zu erzählen, dass Daria nicht beabsichtigte, mit ihm durchzubrennen. Nach dem Abendessen gelang es ihr, ihn abzupassen, um alleine mit ihm sprechen zu können.

»Drake«, rief sie verhalten, nachdem sie ihm nach draußen gefolgt war.

Drake blieb stehen, starrte in die Dunkelheit und erkannte Raven im Schatten des Bergfrieds. »Raven, bist du es?«, vergewisserte er sich trotzdem.

»Ja, ich muss mit dir sprechen, bitte, Drake.«

»Na gut, aber beeil dich. Ich habe Vorbereitungen zu treffen.«

»Gerade darüber möchte ich mit dir reden. Ich weiß, dass du vorhast, heute Nacht mit Daria durchzubrennen. Du machst einen großen Fehler, Drake. Daria hat gar nicht vor, wirklich fortzugehen!«

Drakes jugendliches Gesicht nahm einen harten Ausdruck an und in seinen silbergrauen Augen zeigte sich ein unheilverkündender Glanz, der erahnen ließ, welche Düsterkeit in ihm schlummerte.

»Versuch gar nicht erst, mich von meinem Vorhaben abzubringen, Raven. Außerdem passt es nicht zu dir, so schamlos zu lügen.«

»Es ist wahr. Ich sage es dir. Daria benutzt dich nur, um Waldo eifersüchtig zu machen. Treff dich heute Nacht nicht mit ihr. Die Sache könnte schlimm ausgehen.«

»Lass mich in Ruhe, Raven. Deine Besorgnis ist wirklich fehl am Platz.«

»Dann sage ich es Vater!«, stieß Raven hervor.

Drake machte einen bedrohlichen Schritt auf sie zu und Raven erschauerte. Nie zuvor hatte sie Drake in einer derartigen Verfassung gesehen. Er hatte die Fäuste geballt und sein Kinn angriffslustig vorgeschoben. Sein Gesichtsausdruck war hart, erbittert. Seine ganze Feindseligkeit richtete sich gegen sie und zum ersten Mal, seitdem sie ihn kannte, hatte sie Angst vor ihm.

Sie wartete nicht ab, was er als nächstes tun würde, sondern drehte sich um und floh. Einen solchen Drake kannte Raven nicht. War ihm denn nicht klar, dass sie ihn niemals verraten würde? Sie wollte ihn doch nur warnen, ihn wissen lassen, dass er sich in Gefahr begab. Sie liebte ihre Schwester von Herzen, aber sie wusste, dass Daria ihre Ziele weit höher gesteckt hatte, als bei einem mittellosen Bastard zu bleiben. Sie hat ihren Flirt mit Drake sicher genossen, aber Waldo war derjenige, den sie heiraten würde. Ungeachtet der harten Worte von Drake, hatte Raven vor, sich in der Nacht am hinteren Tor zu verstecken und alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um diesen Wahnsinn zu stoppen.

Drake schritt ungeduldig an dem mit Wein bewachsenen hinteren Tor auf und ab. Daria war spät. Die Pferde, die er aus dem Stall geholt hatte, waren in einem Waldstück außerhalb der Burgmauern angebunden. Er war dabei äußerst vorsichtig vorgegangen, um seine Aktion geheim zu halten. Er hörte eine Stimme und seine Sinne schärften sich. Dann drehte er sich herum und sie stand plötzlich neben ihm. Impulsiv zog er sie in seine Arme und küsste sie.

»Ich habe schon befürchtet, du hättest deine Meinung geändert«, flüsterte er. »Bist du bereit? Wo ist dein Reisebündel?«

Daria warf einen unsicheren Blick über ihre Schulter. »Ich … nun. Ich … habe es vergessen.«

»Macht nichts. Ich habe einige Male bei Turnieren gewonnen und konnte deshalb etwas sparen. Wir können dir kaufen, was du brauchst.« Er griff nach ihrer Hand. »Komm, wir müssen los!«

Plötzlich war das Geräusch sich nähernder Schritte zu hören. Drake wirbelte herum und sah zu seinem Erstaunen, dass Männer mit Fackeln auf sie zukamen. In einer spontanen Reaktion umklammerte er Darias Hand und versuchte, sie durch das Tor zu ziehen. Dann befahl ihm jemand stehen zu bleiben. Es war Lord Nyle höchstpersönlich.

Wenig später war er von Nyle, Waldo, Duff und einigen anderen bewaffneten Männern umzingelt. Aus den Augenwinkeln sah Drake, wie Raven aus dem Schatten trat und wusste sofort, was passiert war. Raven hatte es ihrem Vater erzählt.

Blanker, nackter Hass keimte in ihm auf. Verraten von einer eifersüchtigen Frau. Nein, von einem rachsüchtigen Kind, das sich für eine Frau hielt. Er hatte seine Lektion gelernt. Eine, die er niemals vergessen und die er schon gar nicht vergeben würde. Bis zum Tage seines Todes würde er sich daran erinnern, dass Raven von Chirk ihn verraten hatte. Regungslos beobachtete er, wie Waldo Daria, seine große Liebe, aus seinen Armen zerrte und sie zu ihrem Bruder hinüberstieß.

»Du hast mein Vertrauen missbraucht, Drake No Name«, beschuldigte ihn Lord Nyle. »Ich könnte dich für die Entehrung meiner Tochter töten oder zumindest auspeitschen lassen. Aber aufgrund meiner Freundschaft zu deinem Vater werde ich nachsichtig sein.«

»Er verdient keine Nachsicht!«, schrie Waldo.

Drake sah, wie sich Raven näherte und warf ihr einen feindseligen Blick zu. Er spürte eine zornige Befriedigung, als er bemerkte, dass sie zusammenzuckte. Wenn er mehr Bewegungsfreiheit gehabt hätte, wäre es ihr schlecht ergangen, dachte er kalt. Es bereitete ihm großes Vergnügen, sie sich auf der Folterbank vorzustellen, um Gnade bettelnd, die er ihr natürlich verweigern würde.

Er wandte seine Gedanken von der verräterischen Raven ab und konzentrierte sich auf die Worte von Lord Nyle.

»Zur Strafe wirst du von Chirk verbannt. Du bist siebzehn, weder ein Ritter noch ein Knappe. Es wird nicht einfach sein, deinen Lebensweg ohne meinen Schutz zu gehen, aber ich kann es dir nicht vergeben, dass du dich an meiner Tochter vergriffen hast. Daria ist mit Waldo von Eyre verlobt, falls er sie noch haben will.«

Drakes große, schlanke Gestalt straffte sich vor Stolz. »Ich habe mich nicht an Eurer Tochter vergriffen, Lord Nyle. Wir taten nichts weiter, als einen oder zwei flüchtige Küsse auszutauschen. Ich würde sie niemals entehren.«

»Starke Worte, Drake, aber sie ändern nichts. Du bist weder in meinem Haus noch auf meinem Land länger willkommen. Geh jetzt, bevor ich meine Meinung ändere und dich bis an dein Lebensende in den Kerker werfen lasse.«

»Du sollst wissen, dass ich Daria immer noch haben will«, reizte ihn Waldo. »Du hattest niemals einen Anspruch auf sie. Sie wird in meinem Bett liegen und meine Kinder zur Welt bringen. Nimm dieses Wissen mit, Sir Bastard.«

Nachdem er sein Urteil gefällt hatte, griff Lord Nyle nach Darias Arm und zog sie fort. Alle anderen folgten ihm. Das ist der trostloseste Augenblick meines Lebens, dachte Drake, als er allein in der Dunkelheit zurückblieb. Er hatte nicht nur sein Zuhause verloren, sondern auch die Liebe seines Lebens. Und das alles nur wegen eines eifersüchtigen Mädchens. Ravens Verrat hatte ihm alles genommen.

Als hätte sie seine Gedanken gelesen, löste sich Raven aus dem Schatten. »Ich habe dich nicht verraten, Drake, ehrlich nicht«, sagte sie sanft. »Ich könnte deinen Hass für einen solchen Verrat nicht ertragen.«

»Du wirst ihn bis zum Tage deines Todes ertragen müssen«, schwor Drake. »Ich werde dir niemals vergeben, Raven von Chirk. Warum hast du das getan? Ich dachte, wir wären Freunde.«

»Aber wir sind Freunde! Ich bitte dich inständig, hör mich an, Drake. Ich würde dich niemals verletzen. Ich liebe dich!«

Drake antwortete mit einem verächtlichen Schnauben. Aber er brauchte auch gar nicht zu sprechen, sein hasserfüllter Blick sagte mehr als Worte. Er würde ihr niemals glauben, ganz gleich, wie leidenschaftlich sie ihre Unschuld beteuerte. Er öffnete das Tor und trat hinaus.

»Wohin gehst du?«

»Ist das von Bedeutung?«

»Werde ich dich jemals wiedersehen?«

»Nicht, wenn ich es verhindern kann.«

Dann war er fort. Eins geworden mit der Dunkelheit, bis auch sein Schatten nicht mehr zu sehen war. Raven schloss das Tor und schluchzte, wie es nur ein zwölfjähriges Mädchen mit gebrochenem Herzen tun konnte.

Drakes Stimmung hellte sich etwas auf, als er sah, dass sich die Pferde, die er im Wald versteckt hatte, immer noch dort befanden. Das eine war das Pferd, das ihm sein Vater gegeben hatte und das andere ein edles Tier aus Lord Nyles Besitz. Drake verspürte kein schlechtes Gewissen, die wertvolle Stute genommen zu haben. In der Tat war er ganz zufrieden mit sich, dass er die Weitsicht gehabt hatte, genau dieses Tier aus dem Stall entwendet zu haben. Neben den Pferden besaß er noch Nahrung für mehrere Tage, einige Münzen, die er bei Wettkämpfen mit anderen Knappen gewonnen hatte und seine Kleidung. Er würde das Reservepferd verkaufen und sein Glück versuchen. So manch einer hatte mit weniger überlebt.

Hätte er nicht die Frau verloren, die er liebte, hätte sich Drake glücklich schätzen können. Er war jung, gesund und stärker als alle anderen Knappen in der Ausbildung. Er könnte alleine schon durch seinen Hass überleben, wenn er das müsste.

Eines Tages, das schwor er sich, würde Drake No Name einen Namen und Ländereien haben. Und was Frauen anbelangte, würde er vielleicht sogar Waldo nacheifern. Er würde sich Frauen nur noch für sein Vergnügen suchen, für nichts anderes. Ja, genau so werde ich es machen, schwor er sich. Er hatte seine Lektion gut gelernt. Liebe tut weh und er sollte sie um jeden Preis meiden. Nie wieder würde er sich erlauben, sich so verwundbar zu machen. Von jetzt an würde er seinem Kopf statt seinem Herzen folgen und Frauen wie Raven von Chirk meiden.

Kapitel 2

Ein Ritter kämpft, um Ländereien und Titel zu erwerben.

Burg Chirk, 1355

Er durchquerte den Außenhof auf seinem schwarzen Schlachtross. Raven beobachtete ihn vom Fenster ihres Schlafgemachs aus. Ein Knappe trug sein Banner, ein roter Drache, der sich stolz von einem schwarzen Hintergrund abhob.

Der Schwarze Ritter.

Er ist so prachtvoll und gleichzeitig doch so Furcht erregend, dachte Raven und lehnte sich über die Brüstung, damit sie mehr von ihm sehen konnte. Von seinem schimmernden Helm bis zu den Zehenspitzen in schwarz gekleidet, ritt er einer Schar von Rittern und bewaffneten Männern, die in seinen Diensten standen, voraus.

Barden und Minnesänger, die Chirk besuchten, um den Lord und seinen Hofstaat zu unterhalten, berichteten von den Heldentaten des Schwarzen Ritters. Sie erzählten, wie er das Leben des Schwarzen Prinzen gerettet hatte und noch auf dem Schlachtfeld vom König zum Ritter geschlagen worden war. Sie priesen seinen Mut, seine Stärke und seine Liebesabenteuer. Sollte er einen Namen haben, so erinnerte sich niemand daran, denn seit der Zeit, als er Kämpe des Schwarzen Prinzen wurde, und wie dieser ganz in schwarz gekleidet auf dem Schlachtfeld erschien, nannte man ihn nur noch den Schwarzen Ritter.

Raven von Chirk war stark beeindruckt von der Statur und dem Auftreten des Schwarzen Ritters. Stolz, fast hochmütig, saß er auf seinem Ross, als er durch das Fallgatter in den Innenhof ritt. Raven erschrak, als er den Kopf hob und zu ihrem Fenster schaute. Geschwind wich sie zurück, behielt ihn jedoch weiterhin im Blick. Hatte er sie gesehen? Es würde nichts ausmachen. Soweit sie wusste, hatte sie den legendären Schwarzen Ritter nie zuvor getroffen.

Raven hatte soviel über diesen geheimnisvollen Mann gehört, dass sie schon jetzt sehr beeindruckt war. Jedoch war es nicht der geeignete Moment, Fremde zu bewundern.

Nach dem Ende des Turniers sollte sie Waldo, den Earl von Eyre, heiraten. Sie hatte nur noch vier kurze Tage Zeit, diesem makaberen Ereignis zu entkommen. Obwohl sie geweint und gefleht hatte, wollte sich Duff nicht erweichen lassen. Einige Jahre zuvor hatte sie Mutter und Vater durch ein bösartiges Fieber verloren, das Tod und Verderben über das ganze Land gebracht hatte. Raven wusste, dass ihre Eltern, würden sie noch leben, sie niemals gezwungen hätten, Waldo zu heiraten, vor allen Dingen nach dem, was ihrer armen Schwester zugestoßen war.

Nur wenige Monate nach ihrer Hochzeit war Daria mit sechzehn Jahren an einer geheimnisvollen Magenerkrankung gestorben. Es ereignete sich kurz nachdem Lord Basil von Wilderem getötet worden war. Raven wurde das Gefühl nicht los, dass Waldo für Darias frühen Tod verantwortlich gewesen war. Dann zogen Duff, Waldo und Aric nach Frankreich, um dort in der Armee des Königs zu kämpfen. Unglücklicherweise fiel Aric in der Schlacht bei Crécy.

Als Waldo aus Frankreich zurückkehrte, erbat er Duffs Erlaubnis, Raven heiraten zu dürfen. Duff gab seine Zustimmung, aber nur unter der Voraussetzung, dass er eine Ausnahmebewilligung vom Papst erhielt, da es als Blutschande betrachtet wurde, seine Schwägerin zu heiraten.

Diese Ausnahmebewilligung traf erst vier lange Jahre später ein und Duff hatte sie mit Waldo verlobt. Während dieser vier Jahre hatte Raven wenig von Waldo gesehen. Sie hatte eine friedliche Zeit in scheinbarer Freiheit genossen, war mit ihrer Lieblingsstute über Hügel und durch Moore geritten oder hatte sich um die Belange der Bewohner der Burg und des Dorfes gekümmert. Nun aber stand die Hochzeit unmittelbar bevor.

Raven stieg die steinerne Wendeltreppe zur Halle hinunter und durchquerte den Innenhof zur Küche. Als Herrin der Burg gehörte es zu ihren Pflichten, die Vorbereitungen für das Bankett, das am Abend stattfinden sollte, zu überwachen. Es wurde zur Begrüßung der Ritter gegeben, die angereist waren, um an den Turnieren teilzunehmen, die Duff als einen Teil der Hochzeitsfestlichkeiten geplant hatte. Aus allen Teilen des Königreiches waren Ritter nach Chirk gekommen, um sich in den Wettkämpfen zu messen und sich an den reichhaltigen Speisen und Getränken zu laben, die der Burgherr ihnen anbot. Nach den Turnieren waren alle eingeladen, die Eheschließung von Raven von Chirk und Waldo von Eyre zu feiern.

Raven würde schon bald eine Gräfin sein. Diesen Titel hatte sie nie angestrebt. Sie hasste Waldo und fragte sich, wie sie ihren Körper einem Mann überlassen sollte, den sie verabscheute.

»Rauen, wartet!«

Raven blieb stehen, damit sich ihre Zofe zu ihr gesellen konnte.

»Seid Ihr gar nicht aufgeregt? Ich kann es kaum erwarten, einen Blick auf den Schwarzen Ritter zu werfen.«

»Ich habe ihn schon gesehen, als er ankam, Thelma«, vertraute Raven ihr an. »Er ist auch nur ein Mann, der nach Ruhm strebt.«

»Oh, den hat er doch längst«, schwärmte Thelma. »Man sagt, dass er noch auf dem Schlachtfeld von König Edward selbst zum Ritter geschlagen worden sei, weil er das Leben des Schwarzen Prinzen beschützt hat. Als er den Prinzen ein zweites Mal gerettet hat, gab ihm der König einen Titel und Grundbesitz.«

»Das habe ich auch gehört. Er ist jetzt der Earl von Windhurst. Wie ich erfahren habe, besteht sein Besitz aus einer zerfallenen Festung, die auf einem kahlen Felsen an der Südküste weit weg in Wessex liegt. Sie ist schon länger unbewohnt, als ich auf der Welt bin. Ich bezweifele, dass der verarmte Ritter es sich leisten kann, das morsche Gemäuer in Stand setzen zu lassen, noch wird er die Mittel haben, um Männer anzuheuern, die es verteidigen.«

»Woher wisst Ihr, dass er verarmt ist?«, wollte Thelma wissen.

»Ich weiß es nicht wirklich, ich vermute es nur.«

»Oh, Lord Waldo kommt. Er wird wahrscheinlich vor dem Bankett heute Abend ein Wort unter vier Augen mit Euch wechseln wollen«, sagte Thelma und eilte davon, um sich einer Gruppe von Bediensteten anzuschließen, die sich am Brunnen versammelt hatten.

Ravens Abneigung war an ihrer Miene deutlich abzulesen, als sie auf Waldo wartete. Er war ein plumper Bär von einem Mann, mit einem mächtigen Brustkorb und kurzen, kräftigen Beinen. Er war weder besonders groß, noch übermäßig dick, aber seine stämmige Gestalt strahlte Stärke und Autorität aus.

»Du möchtet mich sprechen, Waldo?«

»Ja«, bestätigte Waldo. »Seit ich nach Chirk für die Turniere und die Hochzeitsfeierlichkeiten zurückgekehrt bin, haben wir wenig Zeit für ein Gespräch gefunden. Schon bald wirst du die Meine sein, Raven von Chirk. Ich habe lange auf dich gewartet. Daria habe ich geheiratet, um dem Wunsch deines Vaters zu entsprechen und weil mich die Mitgift lockte, aber du bist es, die ich schon immer wollte, die ich begehrt habe. Ich war erfreut, als Aric von Flint starb und du somit für mich frei wurdest. Ich habe Duff überredet, dich mit niemandem anderen in den Jahren zu verloben, die vergingen, bis der Papst die Ausnahmegenehmigung erteilte, die mir erlaubte, dich zu heiraten. Du musst zugeben, ich war geduldiger als manch anderer Mann, Raven.«

Ravens Haltung versteifte sich. »Du weißt, dass diese Heirat nicht nach meinem Geschmack ist. Es ist nicht Recht. Es ist Blutschande, die Schwester deiner verstorbenen Frau zu heiraten.«

»Ich habe viele Jahre auf das Einverständnis des Papstes gewartet«, entgegnete Waldo barsch. »Du bist weit über das Alter hinaus, in dem die meisten Mädchen heiraten, aber ich finde dich immer noch begehrenswert. Ich werde mich nicht zurückweisen lassen, Raven von Chirk.«

Raven zuckte zusammen, als er nach einer Strähne ihres kastanienbraunen Haares griff und sie durch seine Finger gleiten ließ. »Dein Haar ist wie loderndes Feuer, genau wie du, Raven. Nicht bleich und leblos wie Daria. Du wirst nicht mit einem leidenden Gesichtsausdruck wie ein Holzklotz unter mir liegen. Selbst wenn du mich nicht magst, wirst du sicher lebhafter sein als Daria.« Er warf ihr einen boshaften Blick zu. »Vielleicht ist es ganz gut, dass du mich nicht leiden kannst. Ein bisschen Temperament hat noch keiner Frau geschadet.«

Ravens Gesicht verzog sich zornig. »Wie kannst du es wagen, derart beleidigend von Daria zu sprechen! Meine Schwester ist tot; sie hatte wahrlich Besseres verdient als dich.«

»Vielleicht würdest du einen Mann wie den Schwarzen Ritter bevorzugen.«

»Vielleicht würde ich das«, antwortete Raven wütend. »Jeder wäre besser als du!«

Waldo grinste. »Dein Feuer, dein Temperament – genau das mag ich besonders an dir, Raven. Dich zu zähmen wird mir große Freude bereiten. Den Schwarzen Ritter schlag dir aus dem Kopf. Er verachtet Frauen. Man sagt, dass er sich ihrer entledigt, sobald er sein Vergnügen mit ihnen gehabt hat.«

Ravens Interesse war umgehend geweckt. »Woher weißt du das?«

»Wir haben beide bei Crécy gekämpft, obwohl wir keine Gelegenheit hatten, uns zu treffen. Er war der Günstling des Schwarzen Prinzen und zu seinem persönlichen Schutz abgestellt. Duff und ich waren nur Ritter, die in der Armee des Königs kämpften. Aber die Geschichten seiner Heldentaten bei den Ladies sind in ganz Frankreich und England bekannt.«

»Hast du ihn jemals ohne seinen Helm gesehen?«

»Nein, aber ich kannte Mädchen, die ihn gesehen haben und meinten, dass er sehr attraktiv sei, auf eine gefährliche Art und Weise.« Seine Augen verengten sich und er warf ihr einen misstrauischen Blick zu. »Warum fragst du? Es gehört sich nicht für eine Braut, an einen anderen Mann als ihren Verlobten zu denken.«

»Alle Bediensteten sprechen über den Schwarzen Ritter und ich war neugierig. Hat er keinen Namen?«

»Das weiß ich nicht.« Seine Gesichtszüge verzerrten sich zu einer hässlichen Fratze. »Vergiss den Schwarzen Ritter. Sollte er alle seine Gegner während des Turniers vom Pferd holen, wird er immer noch mich besiegen müssen, um die Prämie zu erhalten, die Duff dem Gewinner versprochen hat. Und mich hat bisher niemand aus dem Sattel gestoßen«, brüstete sich Waldo. »Die Prämie wird mir gehören.«

Raven ging wortlos davon. Aber tief in ihrem Herzen betete sie, dass der Schwarze Ritter den Grafen Waldo von Eyre ordentlich verprügeln würde.

Der Schwarze Ritter war selbstsicher in den Innenhof geritten, bis er ganz zufällig zum Turmfenster hinaufschaute. Er erblickte eine Frau mit kastanienbraunem Haarschopf und wusste, dass sie ihn beobachtete. Sein Gesichtszüge verhärteten sich und er verzog seine Lippen verächtlich.

Raven von Chirk.

Allein der Gedanke an sie weckte schmerzliche Erinnerungen, die selbst die vielen Kriegsjahre und Turnierkämpfe, die er bestritten hatte, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, nicht hatten auslöschen können.

Erst bei seiner Ankunft hatte er erfahren, dass das Turnier Teil der Feierlichkeiten anlässlich der Hochzeit von Raven von Chirk und Graf Waldo of Eyre, seinem Halbbruder, war. Nur die beträchtliche Prämie, die Duff dem Gewinner aushändigen würde, hatte ihn nach Chirk zurückgeführt, an den Ort seiner verlorenen Liebe.

Raven von Chirk.

Er hasste sie immer noch, selbst nach all diesen Jahren. Ihr Verrat hatte ihn zu dem gemacht, der er heute war. Fast über Nacht war er von einem ritterlichen Jugendlichen, der davon geträumt hatte, ein Edelmann zu werden und die Ehre seiner Herzensdame zu verteidigen, zu einem gefühllosen Ritter geworden, der sich sein Ansehen mit dem Schwert erkämpft hatte. Nachdem er von Chirk verbannt worden war, hatte man den König scheinbar auf seine Qualitäten aufmerksam gemacht, woraufhin dieser ihn als Knappen in seine Dienste nahm. Drakes selbstloser Einsatz für den Schwarzen Prinzen war großzügig belohnt worden.

Schon kurz nachdem man ihn zum Ritter geschlagen hatte, war er dem Beispiel des Prinzen gefolgt und hatte eine schwarze Rüstung angelegt. Damit begann die Existenz des Schwarzen Ritters. Das war ein weitaus besserer Name als Drake No Name oder Sir Bastard.