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Wilfried A. Hary, W. A. Travers

STAR GATE 073-074: Das Heiligtum der Dhuuls

…und „Nergaards Fluch“


Nähere Angaben zum Herausgeber und Autor siehe WIKIPEDIA unter Wilfried A. Hary: http://de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._Hary


BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

STAR GATE – das Original – 073-074:

 

Das Heiligtum der Dhuuls

von Wilfried A. Hary:

Die Dhuuls hinterließen es – ausgerechnet im Großen Krieg!

 

Nergaards Fluch

von W. A. Travers:

Es gibt sie tatsächlich auf Phönix: Die PSI-Quelle!

 

Impressum:

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original:

Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de

Diese Fassung: © 2013 by HARY-PRODUCTION ISSN 1860-1855

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken * Telefon: 06332-481150 * www.HaryPro.de * eMail: wah@HaryPro.de

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Coverhintergrund: Anistasius * Logo: Gerhard Börnsen

Lektorat: Werner Schubert

 

 

STAR GATE – das Original - 73

  

Das Heiligtum der Dhuuls

von Wilfried A. Hary:

Die Dhuuls hinterließen es – ausgerechnet im Großen Krieg!


Vor zweitausend Jahren lebte und wirkte der für die Galaxis der Prupper größte Entdecker aller Zeiten. Er hieß Eg-Ul-Eg, ein Name, der nicht nur für Prupper äußerst gewöhnungsbedürftig war. Doch nach hundert Jahren aufsehenerregender Entdeckungen fremder, bewohnbarer Welten kannte jedes Prupperkind diesen Namen. Auf seiner letzten Exkursion geschieht es: Zum ersten Mal findet er auf einem noch jungfräulichen Planeten das Artefakt einer fremdartigen Kultur, verborgen in einem Berg. Alles deutet darauf hin, dass es sich um ein Erbe des Alten Feindes handelt, der dreitausend Jahre zuvor den Großen Krieg in die Prupper-Galaxis brachte und danach spurlos verschwand. Allerdings kann er nicht herausfinden, was genau sich in dem Berg befindet, da dieser undurchdringlich für jedwede Art von Ortung ist.

Nach ihm kommen hochrangige Wissenschaftler auf die nach ihrem Entdecker benannte Welt, und am Ende haben sie nur noch zwei Tage, bis eine planetenweite Naturkatastrophe sie zum Abzug zwingt. Wenn sie bis dahin das Geheimnis des Rätselberges nicht enthüllt haben, wird dieser Planet möglicherweise vernichtet – wegen eines Risikos, das vielleicht gar nicht besteht?


DIE HAUPTPERSONEN:

Professor Dr. Flar Nesral – Er ist der wissenschaftliche Leiter der »Wissenschaftsstadt« auf EG-UL-EG und hasst es, so sehr unter Zeitdruck zu stehen.

Vi-eil Sredna – Ein Experte im Auffinden von Unauffindbarem, so möchte man ihn umschreiben, und deshalb hat ihn Flar Nesral zum Leiter eines der Forschungsteams gemacht, dem es gelingen soll, dem »Rätselberg« seine Rätsel zu entreißen. Falls es jemand schafft, dann nur er!


1


Professor Dr. Flar Nesral erreichte die Baustelle am Rätselberg und sah bereits von Weitem, dass in einiger Höhe eine Art Plattform entstanden war. Man hatte alle Verschüttungen darüber entfernt und die vorher schon vorhandene Plattform erheblich vergrößert, indem man sämtliche Verschüttungen unterhalb des Einganges in den Berg belassen hatte. Wie Sredna es schon in Aussicht gestellt hatte.

Aber es sind trotzdem nur noch zwei Tage Zeit, nicht nur endlich den Eingang zum Rätselberg freizuschaufeln, sondern vor allem, ihn zu öffnen, hineinzugelangen und außerdem noch alle Geheimnisse in seinem Innern aufzuklären!, dachte Nesral, beinahe resignierend.

Nein, er konnte sich über den im Grunde genommen immensen Fortschritt doch nicht so recht freuen. Obwohl Sredna wirklich schier Unglaubliches geleistet hatte. Allein schon die Tatsache, dass er gewaltige, im Laufe der Zeit regelrecht festgebackene Gesteinsmassen bewegt hatte, ohne auch nur für einen Augenblick die Technik des freizulegenden Einganges zu gefährden, zeugte von seinem Können.

Nesral würde ihm danken. Und dann würde es darum gehen, diesen Eingang auch zu öffnen. Ob Sredna dafür bereits eine Idee hatte?

Nesral verdrängte seine wieder einmal äußerst quälende Skepsis und gab sich stattdessen lieber der Neugierde hin. Er konnte es kaum noch erwarten, bis sein Fluggleiter gelandet war und er hinausspringen würde.

Die Landung erfolgte in der Nähe des Einganges, den Nesral aus der Luft genauer betrachtete: Es handelte sich um ein großes Tor, das in einer Tiefe von etwa drei Metern errichtet war. Der Felsrand davor war ziemlich schroff. Man konnte ihm nicht ansehen, dass die enormen Gesteinsmassen davor weggeräumt worden waren, denn es gab keinerlei Spuren davon. Ein Kunststück an sich, wie Nesral nicht ohne Anerkennung fand.

Sein Herz pochte viel zu schnell, während er sich weiter orientierte: Das Tor begann oberhalb einer Stufe, mit einem Absatz von schätzungsweise zwanzig Zentimetern. Also eine Stufenhöhe, die recht üblich war. Aber warum hatte man überhaupt eine Stufe angebracht?

Er schaute nach der Plattform vor dem Eingang. Man konnte sie klar erkennen, denn es gab einen deutlichen Übergang von ihr zu dem aufgeschütteten Gestein, das aus einer gigantischen Gerölllawine stammte. Oder waren es im Verlauf der letzten dreitausend Jahre mehr als eine Gerölllawine gewesen? Jedenfalls hatten sich diese Gesteinsmassen mit der Zeit so verfestigt, dass es so ausgesehen hatte, als würden sie zum ursprünglichen Berg gehören. Deshalb war der Eingang vorher nicht entdeckt worden. Erst Sredna war dieses Kunststück gelungen, anhand einer eher unbedeutend erscheinenden Unregelmäßigkeit im Ortungsschutz des Berges.

Nesral sah wieder hinüber zum Tor.

Er hatte keine genauen Vergleichsmöglichkeiten, weil sich niemand nahe genug am Tor aufhielt, sondern alle in Erwartung seiner Landung in einigem Abstand dazu versammelt hatten. Unter ihnen erkannte Nesral Vi-eil Sredna, den Leiter dieser Aktion vor Ort.

Zurück zum Tor wanderte sein Blick: Es war mit allerlei Verzierungen versehen, deren Bedeutung sich ihm zunächst zu hundert Prozent entzog. Nein, das waren keine Zeichen von irgendwelchen Halbwilden, sondern es konnte sich durchaus um eine Art Schriftzeichen handeln von denjenigen, die dieses Tor hier angebracht hatten und die ergo auch für das verantwortlich zeichneten, was sich im Innern des Berges vor ihren Blicken verbarg.

Noch verbirgt!, verbesserte er sich in Gedanken.

Seine Schätzung lautete: Das Tor ist mindestens fünf Meter hoch und vielleicht vier Meter breit. Es zeigt oben einen leicht spitzwinkeligen Bogen und passt sich damit perfekt in die natürlich entstandene Öffnung ein.

Ob diese tatsächlich so natürlich entstanden war, basierte lediglich auf seiner Vermutung. Aber vielleicht wusste Sredna darüber mehr?

Endlich konnte Nesral aus dem Fluggleiter springen. Sredna grinste breit, als er seinen obersten Chef ansah.

»Gratuliere!«, sagte Nesral anstelle einer Begrüßung. »Wie sieht es aus? Können wir das Tor öffnen?«

»Haben Sie die Verzierungen gesehen?«, stellte Sredna ungerührt die Gegenfrage.

»Ja, habe ich. Handelt es sich vielleicht um Schriftzeichen?«

Sredna lachte respektlos. »Nein, keineswegs Dr. Nesral. Diese Verzierungen haben nicht die geringste Bedeutung, wenn Sie mich fragen. Es sind einfach nur Verzierungen, nichts weiter. Damit entsprechen sie den ästhetischen Vorstellungen der Erbauer, also unserer einstigen Todfeinde.«

»Sie sind überzeugt davon, es handelt sich um die Dhuuls?«

»Um wen sonst?«

»Aber eine so blutrünstige Rasse, denen damals ungezählte Prupper zum Opfer fielen, als ganze bewohnte Planeten ausgelöscht wurden von den Angreifern, bei einem Holocaust ohnegleichen...«

»Für die Dhuuls waren wir keine lebenswerten Geschöpfe, aber Sie kennen diese Theorie ja sicherlich selbst. Für die Dhuuls waren wir einfach nur ein Hilfsvolk, das ihren eigentlichen Feinden in die Hände spielte. Es interessierte sie gar nicht, dass es sich dabei um einen fatalen Irrtum handelte, denn wir waren auf keiner Seite der beiden Kriegsparteien. Die Dhuuls hatten eine Art Herrenanspruch. Sie fühlten sich als die Auserwählten des Universums, so jedenfalls die Analyse ihres Vorgehens von damals. Aber warum sollte eine Rasse mit einer solch übersteigerten Selbstsucht keinerlei Auge für Kunst haben? Und dieses Tor ist sogar ein Ausdruck hochentwickelter Kunst. Es wurde nicht etwa von Maschinen so verziert, sondern da haben lebende Wesen mit ihren eigenen Händen daran gearbeitet! Künstler im wahrsten Sinne des Wortes.«

Nesral schaute fassungslos zwischen Sredna und dem Tor hin und her. Wie war es möglich, dass Sredna dermaßen vom Alten Feind redete, anstatt sich darum zu kümmern, endlich dieses vermaledeite Tor aufzumachen? Egal, ob die Verzierungen nun kunstvoll waren oder nicht: Das war ja schließlich ganz und gar nicht ihr Problem, nicht wahr?

Er schüttelte den Kopf. »Moment mal, Sredna: Sie halten mir hier einen Vortag über Kunst bei den Dhuuls – und vergessen darüber anscheinend Ihre eigentliche Arbeit?«

Sredna grinste breit und schüttelte jetzt seinerseits den Kopf: »Ganz und gar nicht, Dr. Nesral: Sie haben dieses Tor deshalb so kunstvoll gestaltet, weil es offensichtlich das einzige ist, das in das Innere führt. Und sie haben es deshalb so meisterhaft verziert, weil es für sie den Eingang zu etwas Besonderem darstellte. Und was halten beispielsweise Prupper für das Besondere, dem eine solche Ehre gebührt? Glauben Sie mir, Dr. Nesral, so verschieden sind Prupper und Dhuuls gar nicht, wie wir es gern hätten! Wir sind zwar insgesamt gesehen nicht so blutrünstig wie die, aber wer weiß: Wenn wir in derselben Lage gewesen wären wie sie, damals...«

»Worauf wollen Sie hinaus, Sredna?«, rief Dr. Nesral genervt. Er hatte ernsthaft Zweifel am gesunden Verstand des Mannes, den er eigentlich als eine Art Genie ansah.

»Ich verstehe nicht, wieso Sie das noch immer nicht durchschauen, Dr. Nesral: Eine solche Verzierung findet man beispielsweise auf Türen, Toren und Pforten, die zu religiösen Einrichtungen führen. Zum Beispiel in ein Gotteshaus von besonderer Bedeutung!«

Unwillkürlich fiel Nesral die Kinnlade herunter. »Sie – Sie wollen mir damit sagen, dass dieser Berg hier eine Art ...« Er suchte nach Worten: »... eine Art Kirche ist?«

»Wohlgemerkt: Kirche im Sinne der Dhuuls, einer Herrenrasse, die sich selbst als gottgleich empfand und nur deshalb gegen die Uralten mit solch blutigem Hass kämpfte, damit diese ihr nicht länger den Rang streitig machen konnten.«

»Ja, ja, ich weiß, aber ...«, fuhr Nesral dazwischen.

Verdammt und zugenäht, die Zeit brennt uns unter den Nägeln, Mann: Wann begreifst du das denn endlich?, schrien indessen seine Gedanken.

Sredna blieb die Ruhe selbst. Gelassen schürzte er die Lippen. »Ja, genau darin liegt der berüchtigte Hund begraben. Wer sich selbst als die wahren Götter dünkt, hat keine Kirchen nötig, um einem noch höheren Wesen zu huldigen. Nein, die Dhuuls haben bekanntlich etwas anderes getan: Sie haben alle höheren Wesen, als die sie eben zum Beispiel die Uralten ansahen, blutig verfolgt, um sie auszurotten.«

Schlagartig begriff Nesral. Er war ja schließlich nicht dumm.

»Nicht wahr!«, ächzte er.

Zufrieden nickte Sredna. »Sie wissen ja, Dr. Nesral, mir ist es immer lieber, man kommt selbst darauf, ehe ich mich bemühe, jemanden vollzulabern mit irgendwelchen Erklärungen.«

Nesral war zwar völlig anderer Meinung und fand, es wäre alles viel rationeller abgelaufen, hätte Sredna nicht so sehr in Rätseln gesprochen, doch er sagte jetzt, halbwegs fassungslos: »Sredna, Sie Genie! Es handelt sich im Innern des Berges um eine sogar für die Begriffe der Dhuuls revolutionäre wissenschaftliche Neuentwicklung! Sie haben womöglich diese Welt hier ausgewählt, weil es keine Tiere gibt, die ihrem Heiligtum eigener wissenschaftlicher Großtat gefährlich werden könnten, wie beispielsweise Saurier oder entsprechend große Flugtiere. Nein, die Tiere hier sind ganz besonders scheu. Ja, ja, jetzt ergibt alles endlich einen Sinn! Sogar, was die Rätsel dieses Planeten betrifft: Er ist so, wie er ist – und deshalb wurde er von den Dhuuls auserwählt, um ihr Heiligtum zu bergen. Und Sie sind draufgekommen, allein nur wegen der Verzierungen auf dem Tor?«

»So ist es!« Sredna nickte. »Und noch etwas: Ich habe zwar selbst noch nicht versucht, das Tor zu öffnen, aber meinen Sie nicht auch, das müsste besonders leicht möglich sein? Immerhin, es handelt sich um ein Heiligtum der Dhuuls – und sie haben nicht die geringste Gefahr dafür gesehen, dass jemals ein Unbefugter vor dieses Tor treten würde. Warum also sollten sie das Öffnen besonders kompliziert machen?«

»Was meinen Sie: Wird es mechanisch geöffnet oder maschinell?«

»Wir haben keinerlei Energieemissionen messen können. Also tippe ich auf mechanisch.«

»Worauf warten wir jetzt noch? Wir haben nur noch zwei Tage, bis wir von hier verschwunden sein müssen, und bis dahin bleibt noch ungeheuer viel zu tun! Denken Sie daran, wir wollen doch wohl nicht, dass dieser Planet am Ende doch noch sicherheitshalber vernichtet wird.«

»Sie hoffen, dass dieses Heiligtum des Alten Feindes nicht wirklich gefährlich werden kann?«

»Ich bin eigentlich überzeugt davon, denn wenn es gefährlich werden könnte, warum wurde es das bis jetzt noch nicht?«

»Außer für Eg-Ul-Eg, den Entdecker dieser Welt!«, erinnerte ihn Sredna.

Nesral machte eine wegwerfende Handbewegung. »Das werte ich als eine Art Sonderfall. Niemand außer ihm spürte etwas von dem, was sich im Berg verbirgt. Die Untersuchungen an ihm haben gezeigt, dass er ein stark erhöhtes PSI-Potenzial hat. Ja, ich weiß, für viele ist das nur Humbug, aber es gibt auch ernsthafte Forschungen in dieser Richtung. Und vergessen Sie nicht: Ich bin Exobiologe und habe auch in solchen Dingen einige Erfahrung. Es gibt Wesen auf anderen Planeten, die Möglichkeiten haben, von denen wir nicht einmal träumen dürfen. Dabei können wir froh sein, dass es sich in der Regel nicht um intelligente Wesen handelt: Bei ihnen hat sich gewissermaßen PSI anstelle von Intelligenz als Überlebensfaktor entwickelt.«

»Nun denn, Sie haben völlig recht, mit allem, und deshalb zögern wir nicht mehr länger, Dr. Nesral: Schreiten wir zur Tat! Wir alle hier warten darauf.«

»Wie bitte?«

Nesral sah sich verständnislos um.

Sredna deutete auf das Tor in einer Entfernung von ungefähr zwanzig Schritten. Zwischen ihnen und dem Tor stand der Fluggleiter, mit dem Nesral gekommen war. Der Pilot war an Bord geblieben.

»Wir warten darauf, dass Sie höchstpersönlich das Tor öffnen! Was sonst?«

»Äh, ich – ich allein?«

»Ich weiß es nicht sicher, aber ich bin überzeugt davon, dass eine einzelne Person genügt. Sie müssen einfach nur herausfinden, wie der Mechanismus funktioniert. Kein Tier dieser Welt würde den Mechanismus enträtseln können, also wird sich das Tor nur einem Würdigen öffnen. In ihrer Eitelkeit nahmen die Dhuuls natürlich an, nur ihresgleichen könnte sich als würdig genug erweisen.«

Nesral machte dieser hohe Anspruch einigermaßen nervös. Widerstrebend wandte er sich ab und schritt auf das Tor zu.

Es war eilig, ja, sicher, aber das äußerte sich nicht in der Geschwindigkeit, in der er darauf zuschritt. Ganz im Gegenteil: Seine Schritte waren zögerlich, beinahe unbeholfen.

Seine Gedanken rasten unterdessen im Kreis.

Verdammt, Sredna, was hast du mir da eingebrockt? Soll ich mich vor allen hier blamieren? Auf der Zentralwelt hält man mich für ein Genie, vergessen? Wenn ich jetzt und hier versage, hat das schlimme Folgen für mein Image!

Mit dieser Skepsis erreichte er sein Ziel.

Überhaupt, Skepsis war dasjenige Gefühl, unter dem er seit seinem Hiersein ganz besonders litt. Nicht nur bei dieser Gelegenheit.

Er blickte auf das Tor, auf seine Mitte.

In einer Höhe von fast zwei Metern – das Tor war insgesamt mindestens sechs Meter hoch, sah er jetzt, und vielleicht fünf Meter breit – befand sich ein Zeichen, das er als Sonnensymbol interpretierte, denn ein Strahlen ging davon aus, das fein ziseliert eingearbeitet war, um immer schwächer zu werden, mit jedem Zentimeter, den es sich von diesem, gemessen an der Gesamthöhe doch ziemlich nach unten versetzten, Zentrum entfernte. Es ging über in andere Verzierungen, die eigentlich keinen rechten Sinn ergaben. Doch wenn man sie intensiver betrachtete, schienen sie lebendig zu werden. Ein eigenartiger optischer Effekt, der ihn schwindlig machte.

Er blinzelte verwirrt und schaute wieder zum Sonnensymbol.

Nein, das war keine Sonne. Es musste etwas anderes darstellen, denn es sah eher aus ... wie eine Handfläche, leicht unregelmäßig geformt. Und die Strahlen? Wenn es sich nicht um ein Sonnensymbol handelte, was er zunächst vermutet hatte, sondern tatsächlich um eine Handinnenfläche...?

Finger?

Nein, nein, er zählt immerhin zehn Strahlen. Das konnten also keine Finger sein. Die Dhuuls hatten gewiss keine zehn Finger an einer Hand. Das wäre sicher überliefert worden.

Halt, klar, nicht an einer Hand, aber an ... zwei!

Und die Dhuuls waren Zweihänder, weil sie durchaus den Pruppern ähnlich sahen. Es gab keine Aufzeichnungen mehr von ihnen, aber die ersten flüchtigen Kontakte vor dem Vernichtungsfeldzug der Dhuuls gegen die Prupper-Galaxis waren zumindest in der Form von schriftlichen Beschreibungen dokumentiert worden.

Sie sahen fast aus wie Prupper, hatten aber eigenartigerweise ... goldene Augen!

Bis heute blieb die Erklärung dafür rätselhaft. Was hatte zu dieser Einfärbung geführt? Was hatten goldene Augen für einen evolutionstechnischen Vorteil gegenüber normalen Augen – grauen eben, wie es bei Pruppern üblich war?

Die Augen!

Unwillkürlich richtete er seinen Blick nach oben.

Der leicht spitz zulaufende Bogen. Eigentlich wie ... ein Kopf. Nur symbolisch zwar, aber man konnte dies mit ein wenig Fantasie tatsächlich erkennen. Und die beiden goldenen Augensymbole? Tatsächlich, da waren sie! Und all diese Intarsien, in ihrer verwirrenden Anordnung, die lebendig wurden, wenn man sie betrachtete...

Schlagartig überfiel Nesral die Erkenntnis: Ja, selbstverständlich hatten diese Verzierungen nicht nur einen ästhetischen Nutzen, sondern sie erzählten etwas; sie erzählten von den Gedanken, die jemand hatte. Eine Art göttliches Wesen, das gewissermaßen als Siegel dieser Pforte in das Heiligtum der Wissenschaft dienen sollte. Oder sein Wächter? Wie man es auch sehen mochte.

»Genial, einfach genial!«, murmelte Nesral verstört, während in seinem Gehirn die Resonanz der eingearbeiteten Gedanken erfolgte. »Was waren das für Künstler, die solches schufen?«

Nesral lachte triumphierend – und handelte beinahe gegen seinen Willen, indem er nachvollzog, was die Resonanz der »gefrorenen Gedanken«, wie er die Verzierungen jetzt nannte, ihm vormachte.

Klar, deshalb gingen die Strahlen nur zur Seite und nach oben. Sonst hätte er das Kunststück gar nicht erst fertiggebracht.

Nesral schaute auf eine Stelle zwischen den goldenen Augen, ganz intensiv. Dabei geschah es fast von allein, dass seine eigenen Augen sich unabhängig voneinander zu bewegen begannen, um jedes für sich Kontakt mit den beiden goldenen Augen zu finden. Seine Augen wurden dabei geleitet von den Verzierungen, die auf beinahe magisch anmutende Weise eine optische Täuschung erzeugten.

Das Prinzip der Anordnung erinnerte an die berühmten Apfelmännchenstrukturen, nur handelte es sich hier eben um Pyramidenformen.

Innere

Er wusste nicht, dass er aus Leibeskräften schrie und schrie, bis er keine Luft mehr bekam und es ihm schwarz vor den Augen wurde.

Ihm war kotzübel.

Zeit, die Sredna und die anderen nutzten, um näherzutreten. Als sie Nesral erreichten, klatschten sie frenetisch Beifall.

Sredna deutete nach vorn.

»Ein ebenso simpler wie genialer Mechanismus«, erläuterte Sredna bewundernd. »Die das hier geschaffen haben, waren wahrlich Genies. Auch wenn sie zu unserem Alten Feind gehörten. Der Kontakt Ihrer warmen Hände war gewissermaßen der Schlüssel, und dann: Der Mechanismus wurde letztlich ausgelöst durch Ihren Schrei, Dr. Nesral. Anscheinend haben Sie dabei tatsächlich wie ein Dhuul geklungen, sonst hätte der Mechanismus nicht prompt darauf reagiert.« Sein Lachen jedoch bewies, dass er diese Äußerung nur scherzhaft meinte.

»Ja, irgendwelche Gegengewichte vielleicht, eine Sperre, die durch die besonderen Vibrationen Ihres Schreies gelöst wurde ... Sie mussten dabei natürlich den Schrei in genau diese Richtung ausstoßen. Herrjeh, das waren wirklich Genies. Ich kann es nicht oft genug wiederholen. Bei einem solchen technischen Fortschritt legten sie äußersten Wert auf kunstvolle Handarbeit – und geniale, wenngleich verspielt anmutende Mechanismen, die keinerlei Zuführung von Energie benötigen. Nicht zu fassen ist das. Was waren das eigentlich für Wesen, diese Dhuuls? Wie können solche Wesen einerseits dermaßen genial und andererseits dermaßen vernichtungswütig sein? Wahrlich nicht zu fassen!«

Einmal ganz abgesehen davon, dass sie auf dem Höhepunkt des Großen Krieges und des Holocausts in der Prupper-Galaxis gewissermaßen von heute auf morgen verschwanden, und zwar spurlos. Genauso wie auch ihre Gegenspieler, die Uralten, die von vielen Völkern des Universums als Götter verehrt worden waren.