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Nr. 2609

 

PR 2609 – Im Reich der Masken

 

In der Zone des Todes – Alaska Saedelaere trifft Abgesandte des Reiches der Harmonie

 

Christian Montillon

 

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In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1469 Neuer Galaktischer Zeitrechnung (NGZ) – das entspricht dem Jahr 5056 christlicher Zeitrechnung. Der furchtbare, aber kurze Krieg gegen die Frequenz-Monarchie liegt inzwischen sechs Jahre zurück. Die Hoffnung auf eine lange Zeit des Friedens bleibt leider unerfüllt. Die geheimnisvolle Macht QIN SHI schlägt zu, und es geschieht zweierlei:

Perry Rhodan verschlägt es mitsamt der BASIS in die unbekannte Doppelgalaxis Chanda, und auch das gesamte Solsystem wird an einen fremden Ort entführt.

Alaska Saedelaere wiederum befindet sich auf der Suche nach der Kosmokratenbeauftragten Samburi Yura, wozu sich ihm deren Raumschiff LEUCHTKRAFT unterstellt hat. Sie, QIN SHI, das Botnetz und das Reich der Harmonie hängen irgendwie zusammen. Saedelaere findet Hinweise IM REICH DER MASKEN ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Alaska Saedelaere – »Alraska« begegnet Repräsentanten des Reichs der Harmonie.

Eroin Blitzer – Der Zwergandroid begibt sich auf die Suche nach sich selbst und fühlt sich zurückgewiesen.

Pridon – Der Gardeleutnant versucht, seine Herzogin zu erreichen.

Dom-helo-Rom und Mel-anta-Sel – Die beiden Firibirim sehen sich mit Riesen konfrontiert.

Prolog

Eroin Blitzer

 

Ich dachte nach, mehr noch: Ich gab mich meinen Erinnerungen völlig hin.

Alles andere als üblich zwar, dass jemand wie ich so etwas tat, aber das war mir gleichgültig. Auch für Zwergandroiden gab es Zeiten der Veränderung, und was war schon normal, seit die Frau Samburi verschwunden war?

Ich tauchte in die Vergangenheit ab, in die Zeit vor der Ankunft bei dieser höchst seltsamen Raumanomalie, diesem Ort mit fremdartigen Naturgesetzen. Damals hatte ich die LEUCHTKRAFT noch nicht an Bord des Beiboots ROTOR-G verlassen.

Wir flogen vom System des singenden Schwarzen Lochs ins Unbekannte, und Alraska – Begleiter, Auserwählter, Werkzeug oder Freund, wie soll ich das feststellen? – grämte sich wegen seiner Fragen und seiner Rolle im kosmischen Geschehen.

Ich wusste, dass es Wichtigeres gab. Zumindest Wichtigeres für mich. Für mein eigenes Schicksal.

Doch dürfen Androiden überhaupt ein Schicksal haben?

Eine wenig tröstliche Frage, die letztlich auf ein ganz anderes Phänomen verweist: Bin ich ein Lebewesen und aus mir selbst heraus wertvoll? Ich schreckte stets davor zurück, mich damit genauer zu befassen. Stattdessen ging ich in meinen Gedanken und Vorstellungen zurück zu jenem Tag, als ich mehr denn je zuvor darauf achtete, allein zu sein.

Als einfacher Beibootkommandant, als Commo'Dyr, war ich durch die Umstände in verantwortungsvolle Position für die gesamte LEUCHTKRAFT geraten. Daher schlich ich, obgleich gegenwärtig alles mir unterstand, wie ein Dieb durch die Gänge.

 

*

 

Niemand soll und darf mich sehen, weder ein anderer Androide noch Alraska. Er ganz besonders nicht!

Meine Untergebenen wegzuschicken, ist einfach. Schließlich bin ich derjenige, der in der LEUCHTKRAFT befiehlt, solange die Frau Samburi verschwunden bleibt.

Und so trete ich den schwierigen Weg an, der jeder Regel widerspricht. Ein Weg, der im Gegensatz zu allem steht, für das ich bislang gelebt habe.

Gelebt?

Eben das ist die Frage, die hinter den Dingen lauert. Die mich umtreibt. Und die mich letztlich auch diesen Pfad beschreiten lässt. Schließlich bin ich nur ein Androide.

Oder?

Etwas hat sich unauslöschlich in meine Erinnerung gebrannt – jener Augenblick, als sich die Herrin Samburi Yura über mich beugte und zu mir sagte: »Zu meiner großen Verwunderung sehe ich in dir ein Glimmen, aus dem dereinst eine kräftige Flamme erwachsen könnte. Deshalb höre meine Worte, Commo'Dyr: In der Not wirst du finden – aber nur, wenn du danach suchst.«

Diese Sätze verliehen meiner Existenz neue Bedeutung und hoben mich auf eine neue Ebene. Wie leicht es für die Herrin war, damit zu jonglieren. Wie eine Göttin sprach sie und hebelte mich und mein Leben aus, stellte es auf den Kopf und brachte die Gesetze ins Wanken, die mein Dasein bestimmten. Sie brauchte dazu nur ein paar Worte und nur wenige Sekunden.

Kein Wunder, dass sie eine Auserwählte der Kosmokraten ist. Vielleicht wusste sie nicht einmal, dass sie mit dem Schicksal würfelte.

Ihre Worte veränderten mein Handeln, und das, was ich jetzt tue, wird wiederum die Zukunft verändern. Das vermute, hoffe und befürchte ich.

Sei es, wie es sei – dies ist eine Zeit der Not, und somit ist es unerlässlich, endlich mit der Suche zu beginnen. Ich halte es für möglich, dass sich gerade heute das Glimmen zur lodernden Flamme entzündet.

Und ich hoffe nur, dass ich nicht darin verbrenne.

Also betrete ich den Bereich des Schiffes, der mir aufs Strengste verboten ist: das Allerheiligste, den privaten Rückzugsbereich der Frau Samburi.

 

*

 

»Eroin!«, rief Alraska.

Binnen Nanosekunden kehrte ich mit allen Sinnen in die Gegenwart zurück. Dennoch bedauerte ich es. Sobald mir wieder einige volle Sekunden blieben, wollte ich mir erneut vor Augen halten, was damals geschehen war.

»Alraska?«

»Versuch mehr über meinen Gesprächspartner herauszufinden!«, verlangte er. »Über sein Schiff, darüber, ob andere Einheiten in der Nähe sind ... einfach alles.«

Ich wusste, was ihn so in Aufregung versetzte. Der Fremde, der soeben auf dem Bildschirm aufgetaucht war, trug genau wie er eine Maske. Wahrscheinlich erahnte er eine Art Verwandtschaft, einen Bezug zur Frau Samburi Yura. Und eine Verbindung zum Reich der Harmonie.

Zugegeben, dieser Gedanke lag nah. Dennoch glaubte ich, dass er zu falscher Hoffnung verführte. Man durfte nicht vorschnell urteilen. Eine typische Schwäche vieler Lebewesen.

»Ich werde beobachten und analysieren«, versprach ich. Dafür benötigte ich jedoch nicht meine volle Aufmerksamkeit, und so blieb mir Zeit für wichtigere Dinge. Ich hatte jenen Tag schon tausend Mal nachvollzogen. Vielleicht würde das tausendunderste Mal neue Erkenntnisse bringen, auch wenn der Verstand diese Hoffnung Hohn sprach. Was sollte ich in meinem Gedächtnis Neues entdecken?

Beging ich am Ende exakt den Fehler, den ich eben noch Alraska in Gedanken vorgehalten hatte?

So unlogisch der Versuch war – was konnte ich dagegen tun? Es gab nun einmal dieses Verlangen in mir, diesen drängenden Wunsch, dieses Begehren, mehr zu erfahren und zu verstehen.

Ich durfte das alles nicht verleugnen.

Selbst wenn ich deshalb letztlich in der Flamme der Erkenntnis verbrannte. Der lodernde Tod wäre ... schön. Ein würdiges Ende. Und auf jeden Fall besser als die Zweifel, die mich auffraßen.

 

*

 

Ein Wesen aus Metall springt auf mich zu.

Es ist kleiner als ich, hüpft auf vier Beinen, schlägt einen Haken und steht plötzlich vor mir. Eine Ahnung ergreift mich, als ob ich es kennen müsse.

»Was machst du?«, will es wissen, während ich gleichzeitig frage: »Wer bist du?«

Dann schweigen wir beide und überlegen, wer den nächsten Schritt tun soll; im direkten wie im übertragenen Sinn.

Das Wesen starrt mich an. Es ist künstlich, doch seine Augen leuchten lebendig. Obwohl es mir nur bis zu den Knien reicht, habe ich Angst vor ihm.

Tatsächlich, ich fürchte mich. Vielleicht, weil ich mich ertappt fühle. Ein eigenartiges Empfinden, gerade in der LEUCHTKRAFT, im Hort der Sicherheit und der Zuversicht.

Lange Ohren hängen an der Seite des Kopfes hinab, die sich nun aufrichten und wie dünne Metallfolie knistern. Über dem kleinen Mund ragen einige Drähte in beiden Richtungen in die Luft.

Schnurrhaare. Dies ist eine seltsame Abart eines Wesens, wie es auf Terra heimisch ist, der Heimatwelt von Alraska. Ehe ich ihn dort ausfindig machte, hatte ich die Daten dieser Welt studiert. Ich weiß alles über die dortige Flora und Fauna, die durchaus faszinierende Elemente aufweist.

»Ich bin einer der Wächter«, sagt das Metallwesen nach einer kurzen Zeit des Schweigens. »Manchmal auch ein Bote. Ich bin nicht festgelegt, vielleicht erhebt mich das über andere.«

»Warum siehst du so aus?«, will ich wissen.

Es richtet sich auf die Hinterbeine auf, wie ein Tier, das Männchen macht. Die Metalldrähte vor seinem Gesicht zittern leicht. »Alaska Saedelaere hat mich als Kaninchen gesehen und seine Wahrnehmung mit dir geteilt. Seitdem habe ich meine Gestalt nur ein bisschen geändert, damit sie zu dir passt. Es ist ökonomisch.«

Ich starre das Wesen an. Daher kenne ich es also. »Zu mir?« Wieso soll dieses seltsame Kaninchen-Ding zu mir passen? Das verstehe ich nicht.

»Du verstehst nicht?«, fragt es, als habe es meine Gedanken gelesen. »Das spielt keine Rolle. Vielleicht wirst du irgendwann so weit sein. Dann kannst du dich daran erinnern, was du soeben gehört hast. Du solltest es nicht vergessen.«

»Ich vergesse nie etwas«, erwidere ich.

Das Wesen starrt mich nur weiter an. »Was willst du hier im Reservat der Proto-Enthonen, im privaten Heiligtum der Frau Samburi Yura?«

»Ich will, dass das Glimmen zur Flamme entfacht wird«, antworte ich, ohne mich groß zu erklären. Es ist mir gleichgültig, ob das Kaninchen-Ding meine Worte nachvollziehen kann oder nicht. Nicht der Bote ist von Bedeutung, sondern ich. Nicht er ist erhoben. Ich.

»Du bist nur hier im Außenbereich geduldet«, meint er zu meiner Überraschung. »Ich werde dich nicht angreifen. Aber mehr nicht. Geh wieder.«

»Das kann ich nicht! Frau Samburi hat mir einmal etwas mitgeteilt, was für mich ein Rätsel bildet. Sie sagte zu mir, dass ich in der Not finden werde, aber nur, wenn ich suche.«

»Und?«

»Ich glaube, dass die Zeit des Suchens gekommen ist.«

»Ein jedes hat seine Zeit.« Das Wesen lässt sich wieder auf seine vier Beine nieder. »Eine Zeit des Suchens und eine Zeit des Findens. Eine Zeit des Säens und des Erntens. Eine Zeit des Verstehens und eine Zeit der Unwissenheit. Das alles ist doch nur ein Haschen nach Wind, den du ohnehin nicht greifen kannst.«

Ich weiß nicht, was ich mit diesen seltsamen Worten anfangen soll. »Ich möchte weitergehen«, beharre ich. »In den Bereich, in dem Samburi Yura wohnte, wenn sie sich kurzzeitig von ihren Pflichten in der LEUCHTKRAFT zurückzog. Ist es schlimm, wenn ich weiter vordringe?«

»Ein jedes hat seine Zeit«, wiederholt das Wächterwesen seine Worte. Der Blick der roten Augen verschleiert sich.

Es zeigt keine Anstalten, mich aufzuhalten, als ich an ihm vorbeigehe.

Kurz drehe ich mich um. Es starrt mir nach.

Mir wird klar, dass sehr schlimm ist, was ich tue. Es steht im Widerspruch zu allem, wofür Androiden geschaffen wurden. Etwas regt sich in mir – das Wissen, gleichzeitig einen Fehler zu begehen und doch das Richtige zu tun.

Mir bleibt keine Wahl. Ich muss die Frau Samburi enttäuschen, um sie nicht zu enttäuschen.

Nach einigen Schritten wende ich mich noch einmal um, um eine Frage zu stellen, doch der Wächter ist verschwunden. Ich gehe weiter, in der Gewissheit, dass ich etwas finden werde.

Doch was wird es mir bringen? Schuld? Verdammnis? Erlösung?

 

*

 

Aber ehe ich rekapitulieren konnte, was ich damals tatsächlich fand, forderte die Gegenwart meine völlige Aufmerksamkeit.

Leider.

1.

Alaska Saedelaere

Männer mit Masken

 

Alaska Saedelaere spiegelte sich auf dem für zweidimensionale Bilder ausgerichteten Display, vor und über dem die Holoaufnahme seines Gesprächspartners schwebte. So sah er den anderen ebenso wie sich selbst.

Eine dreidimensionale Wiedergabe und ein verwaschenes Abbild: zwei Maskenträger.

Eine der Masken war wunderschön und filigran. Sie umschloss sanft geschwungen den Kopf ihres Trägers, ließ Augenschlitze genau da, wo auch ein Terraner sie benötigen würde. Ein Muster wie aus kristallinem Feuer zog sich in schwerelos wirkendem Tanz darüber – und bewegte es sich nicht sogar tatsächlich?

Die zweite Maske war einfach und simpel, schwarz, aus Plastik, eine glatte, glänzende Fläche, an einer Stelle schlecht geflickt. Im Vergleich wirkte sie wie Abfall, als habe sie jemand von einem Müllhaufen geklaubt, weil er sich nichts Besseres leisten konnte.

Diese zweite, schäbige Maske war jene von Alaska Saedelaere. Er hatte nie Wert auf Schönheit gelegt. Zumindest nicht auf die eigene. Die Maske bedeckte und verdeckte das Cappinfragment in seinem Gesicht, und nur dies zählte. Denn sie musste einen Zweck erfüllen. Er trug sie nicht, um schön zu sein oder um etwas nach außen zu demonstrieren.

Und nun diese seltsame Begegnung!

Nicht nur sein Gesprächspartner aus dem fremden Schiff verhüllte sein Antlitz auf diese Weise; im Hintergrund des Hologramms erkannte Saedelaere einige weitere Besatzungsmitglieder. Sie alle waren maskiert.

»Ich bin Gardeleutnant Pridon aus dem Reich der Harmonie«, stellte sich der andere vor. Gardeleutnant. Was immer dieser Rang genau bezeichnete, es handelte sich um einen militärischen Titel und erklärte die streng wirkende Uniform, die die humanoide Gestalt des anderen umschloss. »Kannst du mich verstehen?«

»Das kann ich«, sagte Saedelaere.

Das Reich der Harmonie! Er war also tatsächlich der richtigen Spur gefolgt! Schon seit er die Maskierten zuerst erblickt hatte, vermutete er es. Die Sprache des anderen kannte er, denn sie war im System des singenden Schwarzen Lochs gesprochen worden, von den Projektionen des Geisteswesens Tafalla.

Gardeleutnant Pridon hob zwei kräftige Arme, die bis zu den Handgelenken in der blaugrünen Uniform steckten. Die Hände selbst hatten sechs Finger und grau marmorierte Haut, auf der am Handrücken einige Adern rasch pulsierten.

Sechs?

Nein, sieben. Oder? Ehe Saedelaere genauer hinsehen konnte, verschwanden sie aus dem Bereich der Wiedergabe.

»Dennoch glaube ich dir nicht, Fremder«, sagte der Gardeleutnant, »dass du zum Reich der Harmonie gehörst – trotz deiner Kenntnisse und deiner Maske.« Das letzte Wort sprach er geringschätzig und abwertend aus.

»Das ist korrekt«, gab Saedelaere unumwunden zu. »Ein solches Schauspiel wäre mir niemals in den Sinn gekommen. Ich wollte dich nicht täuschen. Ich verberge mein Gesicht aus völlig anderen Gründen. Doch das Reich der Harmonie ist mir wichtig. Ich suche es.«

»So?«

Da erst fiel Saedelaere auf, was er bislang versäumt hatte. Er nannte seinen Namen. Danach entschloss er sich zu einer vorsichtigen Geste der Freundlichkeit, um ein Signal zu setzen. »Es sieht aus, als könnte dein Schiff Hilfe gebrauchen.«

Der Gardeleutnant zögerte kurz. Diese Zeit nutzte Alaska, um ihn genau zu mustern, insbesondere seine Maske.

Kein Zweifel, die kristallinen, an Feuerflammen erinnernden Strukturen darauf bewegten sich tatsächlich kaum merklich. Ein verwirrender Effekt, der dem Schädel des Fremden eine eigenartige Tiefenwirkung verlieh und sich je nach Blickwinkel zu verändern schien.

»Wir benötigen in der Tat Hilfe«, gab Pridon schließlich zu. »Wir können in dieser Zone des Todes nur mit äußerster Not bestehen, geschweige denn manövrieren. Dein Schiff scheint diese Probleme nicht zu haben.«

Zone des Todes. Eine treffende Beschreibung, wie Alaska zugeben musste.

»Wir sollten reden«, sagte er. »Und zwar ohne jeden Hintergedanken.«

 

*

 

Alaska war einige Zeit zuvor mit der LEUCHTKRAFT auf eine Anomalie gestoßen; eine Zone des Chaos kurz vor jenem Bereich, der zum Herrschaftsgebiet des Reichs der Harmonie gehören sollte.

In einem ausgedehnten Sternhaufen waren von allen Planeten nur ausgebrannte Schlackehaufen übrig geblieben. Zwischen zwei Schwarzen Löchern befand sich ein Gebiet undefinierbarer Raumzeit. Dieses astrophysikalische Phänomen durchmaß in etwa den Bereich, den auch ein Sonnensystem beanspruchte; die Ortung erbrachte jedoch keine vernünftigen Ergebnisse aus seinem Inneren.

DAN, der Bordrechner, hatte sich geweigert, das Schiff näher an die Anomalie zu manövrieren. Also hatten Alaska und Eroin Blitzer die LEUCHTKRAFT mit dem Beiboot ROTOR-G verlassen. Dass sich der Commo'Dyr gegen DAN gestellt und auf die Seite Alaskas geschlagen hatte, hatte andere Zwergandroiden an Bord – wie Fallun Vierauf und N'tur Lind – befremdet. Aber schließlich war er ja lediglich ein Commo'Dyr, er gehörte ursprünglich nicht einmal in die Zentrale der Blauen Walze.

Laut DAN herrschten in dem Gebiet fremdartige Naturgesetze, und alles, was von außerhalb eindrang, drohte mitsamt der Anomalie zu kollabieren.

Dennoch gelang es der ROTOR-G, sich in ihrem Umfeld zu bewegen, einer Librationszone, in der sich jene andersgearteten Bedingungen und die des Normalraums vermischten. In diesem Übergangsbereich herrschten chaotische Verhältnisse. Dort war Alaska nicht nur auf einen winzigen Flugkörper getroffen, aus dem zwei kleine pelzige Lebewesen gesprungen waren, sondern auch auf das Schiff des maskierten Gardeleutnants.

Über die offenbar friedfertigen Pelzwesen, die als bauschige Kugeln mit großen Augen den Eindruck von kuscheligen Tieren erweckten, wusste der Maskenträger bislang nur, dass sie die Strahlung seines Cappinfragments zu genießen schienen. Außerdem waren sie augenscheinlich intelligent, hatten sie sich doch in einem kleinen Raumschiff fortbewegt und auf das Hologramm des Schiffes des Gardeleutnants reagiert.

»Ich bin gern zu einem offenen Austausch bereit«, antwortete Pridon auf Saedelaeres Vorschlag. »Zunächst interessiert mich, wieso sich dein Raumer in dieser Todeszone rund um die Anomalie so sicher bewegen kann.«

»Es könnte mit der Größe zu tun haben, unser Mutterschiff ist der Zone ferngeblieben. Die ROTOR-G ist lediglich ein Beiboot mit besonderer, noch nicht hinlänglich geprüfter Ausstattung«, begann Saedelaere vorsichtig.

In Wirklichkeit, das wusste er, gab es einen anderen Grund: Die Strahlung, die von Saedelaeres neuem Cappinfragment ausging, schützte die ROTOR-G. Eroin Blitzer hatte das als Eisbrechereffekt bezeichnet, weil eine eigene Raumzeit um das Beiboot entstand. In dieser Hülle kamen sie in der Übergangszone zurecht. Saedelaere war vorsichtig damit, gleich zu Gesprächsbeginn die volle Wahrheit kundzutun – sowenig wie er verriet, dass es sich um kosmokratische Technologie handelte. Denn dies hätte durchaus einen falschen Eindruck hervorrufen können.

Unter Pridons Maske drang ein leises Lachen hervor, und die Flammenkristalle darauf bewegten sich stärker als zuvor. Ob die Maske mit den Emotionen ihres Trägers verbunden war?

»Ich verstehe, dass du nur vorsichtige Andeutungen machst«, erklärte der Gardeleutnant. »Doch sei gewiss, dass ich nicht versuchen werde, dein Schiff in meine Gewalt zu bringen. Wie mir scheint, ist dies ein wichtiges Zusammentreffen, denn wir können uns gegenseitig helfen. Du suchst Kontakt zum Reich der Harmonie? Ich sage dir hiermit, dass ich noch vor Kurzem in einem größeren Verband geflogen bin – gemeinsam mit dem Verwaltungspalast des Reiches! Meine Schiffe stellten die Schutzflotte, doch wie du siehst, konnten wir dieser Aufgabe nicht gerecht werden!«