Die Autorin

Stefanie London – Foto © privat

Stefanie London stammt ursprünglich aus Australien, lebt aber inzwischen mit ihrem ganz persönlichen Helden in Toronto. Sie ist USA Today und iBooks Bestseller Autorin und hat bereits mehr als fünfzehn Liebesromane veröffentlicht. Für ihre Bücher erhielt sie verschiedene renommierte Auszeichnungen. Stefanie wuchs in einer Familie von Frauen auf, die es lieben zu lesen. Sie absolvierte ein Studium der Betriebswissenschaft und arbeitete eine zeitlang im Kommunikationsbereich, bevor sie zum Romanschreiben fand. Stefanie liebt es, die ganze Welt zu bereisen. Sie hat eine Schwäche für guten Kaffee, Lippenstift, Love Storys und alles, was mit Zombies zu tun hat.

Das Buch

Was wäre, wenn es eine App zur Bewertung von New Yorks heißesten Single-Männern gäbe? Und warum sich auf Prince Charming konzentrieren, wenn man den neuesten Klatsch über die am schlechtesten bewerteten Bachelors lesen kann – New York Citys berüchtigtste Bad Boys!

Reed McMahon kann den Tratsch über die Bad Bachelors App nicht mehr hören. Er ist ein PR-Genie und als „Image-Fixer“ bekannt, aber nun holen ihn seine Frauengeschichten ein. Denn er ist New Yorks Bad Bachelor Nummer 1. Reed braucht dringend ein PR-Wunder, um seinen Ruf und seinen Job nicht zu verlieren.
Als Reed Darcy Greer anbietet, ihr bei der Rettung ihrer kurz vor der Schließung stehenden Bibliothek zu helfen, glaubt sie ihm zunächst kein Wort. Denn Darcy weiß, dass Reed genau die Art Mann ist, von der sie sich fernhalten sollte. Aber die Bibliothek braucht wirklich Hilfe. Also stimmt Darcy zu und beginnt gemeinsam mit Reed eine Charity-Veranstaltung zu planen. Dabei erkennt sie, dass manchmal mehr hinter einem Menschen steckt, als sein Ruf verrät …

Von Stefanie London sind bei Forever by Ullstein erschienen:
Bad Bachelor (New York Bachelors 1)
Bad Boss (New York Bachelors 2)
Bad Boss (New York Bachelors 3)

Stefanie London

Bad Bachelor

Aus dem Englischen
von Christiane Bowien-Böll

Forever by Ullstein
forever.ullstein.de

Deutsche Erstausgabe bei Forever.
Forever ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin
Januar 2019 (1)
© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2019
© 2018 by Stefanie London
Titel der amerikanischen Originalausgabe: Bad Bachelor

Umschlaggestaltung: zero-media.net, München
Titelabbildung: © FinePic®
Übersetzung: Christiane Bowien-Böll
Autorenfoto: © privat
E-Book powered by pepyrus.com

ISBN 978-3-95818-333-9

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Posting

So böse, dass es schon wieder gut ist? Spar dir das für deinen Liam-Neeson-Film-Marathon. Für böse ist kein Platz in deinem Liebesleben!

Mit mehr Möglichkeiten als je zuvor, den Richtigen zu finden, sollte man meinen, die New Yorkerinnen wären im Vorteil. Aber in der Welt von Instagram-Filtern und mobilen Dating-Apps gestaltet sich die Suche nach einem Seelengefährten schwierig – die Erwartungen sind hoch, die Aufmerksamkeitsspannen kurz.

Es ist ja so leicht für dein Date, nach anderen Kandidatinnen Ausschau zu halten, während du auf der Toilette bist. Er könnte ein Dutzend anderer Frauen in der Umgebung nach rechts wischen. Womöglich ist er weg, bevor er überhaupt deine Bio zu Ende gelesen hat.

Wie also die Guten von den Serientätern unterscheiden? An diesem Punkt kommt die Bad-Bachelors-App zum Einsatz und rettet dich. Unsere App gibt den Frauen von New York eine Stimme. Du gehst zu einem Date? Gib einfach den Namen deines Bachelors ein und erfahre, was dessen frühere Dates über ihn erzählen.

Wie das funktioniert? Auch nicht anders, als das Bewerten von Lieblingsrestaurants auf Yelp. Bad Bachelors verwendet ein 5-Sterne-Bewertungssystem und stellt Nutzerinnen einen Kommentarbereich zum Teilen weiterer Details zur Verfügung. Schlüsselfragen – wie z. B. »Ist er pünktlich erschienen?« oder »Wollte er mehr über dich erfahren?« – führen dich durch den Prozess, um sicherzustellen, dass deine Beiträge von anderen genutzt werden können.

Wir verstehen, dass unsere Userinnen diese Beiträge ungern mit Klarnamen posten, deshalb erlauben wir anonyme Beiträge. Allerdings können nur verifizierte Nutzerinnen einen Bachelor zur Datenbank der App hinzufügen – dein Profil muss also mit einem Datensatz, der eine Identitätsbestimmung ermöglicht, z. B. einem Facebook-Profil oder einer Handynummer, verlinkt sein.

Wenn dein Date im Schlafzimmer endet, dann ist das wunderbar! Wir möchten dich nur bitten, Beiträge auf einem jugendschutzgerechten Niveau zu halten. Wir brauchen hier keine Neuauflage von Fifty Shades of Grey.

Unsere Userin MidTownMolly hatte ihr bestes Date seit Wochen, nachdem sie die positiven Beiträge über einen Kollegen gesehen hat, in den sie schon lange verknallt war. »Seine Bewertung hat mich dazu veranlasst, ihn zu fragen, ob er mit mir ausgeht, und er hat ja gesagt! Wir haben den Abend in einem Restaurant verbracht und die ganze Zeit geredet, dann hat er mich nach Hause gebracht. Ich freue mich schon auf unser nächstes Date.«

Wenn du mit einem vielversprechenden Mann ausgehst und das Date verläuft trotzdem nicht gut, dann zögere nicht, deine Geschlechtsgenossinnen darüber zu informieren, dass dieser Mann Potenzial hat. Denk daran, auch wenn er dich nicht umgehauen hat, muss das nicht bedeuten, dass es mit ihm nicht für eine andere Frau ein Happy End geben kann.

Uns geht es darum, unseren Userinnen zu helfen, mithilfe von Informationen richtige Entscheidungen zu treffen, und dafür benötigen wir qualitativ hochwertige Daten. Wenn du also wieder ein Date hast, vergiss nicht, eine Bewertung abzugeben. Morgen werden wir ein Profil-Spotlight über unseren »Bad Bachelor« veröffentlichen. Das ist der, dem man auf jeden Fall aus dem Weg gehen sollte. Ich möchte nicht zu viel verraten, bevor unser Post online geht, nur das: Es handelt sich um den Bachelor mit der schlechtesten Bewertung überhaupt!


Liebe Grüße
Eure Dating-Informationskriegerin
Unterstützt weibliche Singles in New York, seit 2018

1. Kapitel

Reed McMahon ist ein Meister der Manipulation; er weiß genau, was er sagen muss und wie er es sagen muss. Glaubt ihm kein Wort. – MisguidedinManhattan

Schweißperlen glitten an Darcy Greers Augenbraue entlang. Mit zitternden Händen strich sie über den gebauschten Rock ihres Hochzeitskleids. Ihre Nägel blieben in der feinen Struktur des Musters hängen, mit dem die Seide bestickt war. Die langen Ärmel verbargen ihre Tattoos und machten sie zu einer Bilderbuchbraut. Ihre Mutter war ja so froh gewesen, als sie sich für dieses Kleid entschieden hatte, denn der Pfarrer war von ihren Tätowierungen überhaupt nicht begeistert. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, Darcy war nicht gerade scharf darauf gewesen, wie eine Torten-Deko auszusehen, aber sie hatte an ihrem großen Tag auch kein Theater machen wollen. Außerdem, es war schließlich nur ein Kleid.

Ich kann nicht glauben, dass ich das tatsächlich tue …

Sie atmete tief ein und betrachtete den postkartenblauen Himmel mit Wölkchen, so weiß und flauschig wie kleine Marshmallows. Ein perfekter Tag, hatte der Fotograf ihr versichert. Beste Bedingungen, um diesen wichtigen Augenblick festzuhalten.

Vor ihr erstreckte sich die menschenleere Landschaft und sie fühlte sich plötzlich klein, wie ein winziger Punkt auf der Erdoberfläche. Ein Lächeln spielte um ihre Mundwinkel, sie legte den Kopf zurück und schloss die Augen, als eine kühle Brise vorbeistrich.

Einfach durchatmen …

Ihre besten Freundinnen standen bei ihr, makellos in ihren Brautjungfernkleidern. Jede von ihnen trug die Farbe, die ihrer Persönlichkeit entsprach. Remi, die Ballerina, zartes Rosa, und die praktisch veranlagte Annie klassisches Königsblau. Das waren die Frauen, die ihr über die schwierigste Zeit ihres Lebens hinweggeholfen hatten. Sie hatten dafür gesorgt, dass sie heute hier war, wohlbehalten und in einem Stück − und endlich bereit, ihr altes Leben loszulassen.

»Auf geht’s, meine Damen.« Der Fotograf hob seine Kamera, sodass sich das große Objektiv auf Darcy richtete, wie das unverwandt starrende Auge eines Zyklopen. »Bitte alle auf ihre Positionen. Dieser erste Schuss muss perfekt sein.«

Darcys Herz setzte einen Schlag aus. Es war soweit. Die letzte Chance, diesem Irrsinn Einhalt zu gebieten.

»Alles in Ordnung?« Annie formte die Frage lautlos mit den Lippen.

Darcy nickte. Alles wird gut, alles wird gut, alles wird gut.

Peng!

Der erste Schuss traf sie direkt zwischen die Rippen und tat verdammt weh. Sie keuchte und presste die Hände auf die Stelle, wo sich die weiße Seide blutrot färbte. Die Kamera klickte. Der Moment war eingefangen.

Der Schmerz war stärker, als sie erwartet hatte, aber es hatte etwas zutiefst Befriedigendes, die Farbkleckse auf der hässlichen weißen Seide zu betrachten.

»Wow, Leute, gebt mir 'ne Chance.« Darcy fuhr zurück und wich einem grünen Ballon aus, der durch die Luft geflogen kam. »Und freut euch nicht so unverschämt, nur weil ihr dieses Zeug nach mir schmeißen dürft.«

Sie griff ihrerseits nach einem Ballon, holte aus und zielte auf Remis zartrosa Kleid. Der Wurf ging jedoch daneben und der Ballon zerplatzte auf dem Boden und verspritzte orange Farbe auf Remis Füßen und Beinen.

»Du siehst aus wie ein kitschiger Sonnenuntergang«, stellte Annie fest. Sie schürzte mit einer Hand ihren langen Rock und griff mit der anderen nach einer Ketchupflasche voll roter Farbe. Dann machte sie einen Satz auf Darcy zu und spritzte eine ordentliche Portion auf den herzförmigen Ausschnitt ihres Brautkleids. »Sieht doch gleich viel besser aus!«

»Ich sehe aus, als würde ich die Hauptrolle in einer Neufassung von Psycho spielen.« Darcy blickte an sich herab. Rote Farbe tropfte zu Boden und floss in kleinen Bächen über die Seide. »Ich brauche mehr Farben.«

»Kommt sofort.« Remi packte eine kleine Farbdose und einen winzigen Pinsel. »Achtung, jetzt zeige ich euch meine künstlerische Seite.« Sie verspritzte lila Farbe in einem eleganten Bogen und verwandelte Darcy von einer Horrorfilmfigur in ein modernes Kunstausstellungsobjekt.

»Wahnsinn, Ladys.« Der Fotograf klickte und klickte und erwischte Darcys Schrecksekunde, als Annie aus dem Nichts eine Farbbombe auf sie schmetterte. »Das werden fantastische Bilder.«

Ein schriller Schrei zerschnitt die Luft, als Annie sich Remi zuwandte. Die beiden gingen mit ihren Waffen aufeinander los und bald sahen ihre eleganten Kleider aus, als ob eine Lektion in Fingerfarbenmalerei ganz schrecklich aus dem Ruder gelaufen wäre. Remis blondes Haar war orange und grün gesprenkelt.

Sie hatten sich gegen die Paintball-Pistolen entschieden, die der Besitzer des Geländes ihnen aushändigen wollte. Sicherheit ginge vor, und so weiter und so weiter. Aus größter Nähe beschossen zu werden, war offenbar doch verdammt schmerzhaft. Also hatten sie sich die Mühe gemacht und vor dem Fototermin eine Stunde lang Ballons und andere Behältnisse mit Farbe gefüllt.

Darcy nahm eine weitere mit Farbe gefüllte Ketchupflasche und malte damit ein trauriges Gesicht auf den Rock ihres Kleids. »Ich hasse dieses verdammte Kleid.«

Annie legte die Hand auf den Mund in dem vergeblichen Versuch, ein Lachen zu unterdrücken, und beschmierte sich dabei das Gesicht mit Farbe. »Tut mir leid, Darcy. Ich weiß, du hast es nur ausgesucht, um deine Mom glücklich zu machen.«

»Stimmt.« Darcy runzelte die Stirn. »Die ganze verdammte Hochzeit war mehr für sie als für mich.«

Annie schlang den Arm um Darcys Schulter. »Komm schon, das ist dein Anti-Hochzeitstag. Deine ›Gott-sei-Dank-ich-bin-raus-solange-es-noch-ging‹-Party. Zeit, zu feiern, statt über Familienprobleme zu grübeln. Das Kleid ist sowieso hässlich wie die Nacht.«

Darcys Mundwinkel zuckten. »Es ist wirklich hässlich, nicht wahr?«

»Absolut übel. Im Ernst, ich wollte nichts sagen, weil, du weißt schon, ich mag deine Mom …« Annie rümpfte die Nase. »Aber in dem Ding würde ich nicht einmal meine Katze beerdigen.«

Wie aus dem Nichts zerplatzte plötzlich ein Ballon zwischen ihnen in der Luft. »Hey!«

»Zwei zum Preis von einem«, krähte Remi. Ihr australischer Akzent verstärkte sich, wenn sie die Stimme hob und die Faust reckte. »Schöne Maid.«

»Wir hatten gerade ein tiefsinniges Gespräch«, empörte sich Darcy theatralisch.

»Ja, und hier kommt ein tiefsinniger Regenbogen.« Remi ließ zwei weitere Farbballons von den Fingern baumeln und grinste schelmisch.

»Tu’s nur«, sagte Annie. »Du traust dich ja doch nicht.«

»Wollt ihr mich doppelt herausfordern?« Remi ging auf sie zu und bewegte mit der für sie typischen fließenden Anmut beide Arme auf und ab.

Annie versuchte, sie zu stoppen, doch Darcy umschlang von hinten ihre Taille und hielt sie fest. »Auf sie, Remi.«

Die Ballons platzten und die jungen Frauen kreischten.


Als sie schließlich nichts mehr hatten, womit sie sich gegenseitig bewerfen konnten, verspürte Darcy Hunger. Der Besitzer des Geländes – es war eigentlich eine Outdoor-Paintball-Arena – hatte ihnen großzügig einen Bereich für das Fotoshooting und auch die Freiluft-Cafeteria zur Verfügung gestellt.

Sie sah hinüber zu dem mit Cupcakes beladenen Picknicktisch und betrachtete das, was einmal die Spitze ihrer Hochzeitpyramide hatte sein sollen. Offenbar war es üblich, diese Pyramidenspitze einzufrieren und für den ersten Jahrestag aufzuheben.

Aber was, wenn die Hochzeit nie stattgefunden hatte? Bestimmt wäre das ein guter Grund gewesen, sie nicht aufzuheben. Ihre Mutter hatte es dennoch getan; sie hatte diese oberste Tortenstufe gerettet, als die ganze übrige Pyramide im Müll landete. Und jetzt, ein Jahr, nachdem Darcy hätte heiraten sollen, hatte ihre Mutter sie ihr heimlich untergeschoben, als wollte sie sie verhöhnen.

Das sagte eine Menge aus über das Verhältnis zwischen ihnen.

Diese blöde Tortenspitze war nach italienischer Konditortradition rundum von einer dicken Marzipanschicht bedeckt und befand sich auf einem Tapeziertisch. Darcy stieß sie mit dem Zeigefinger an, als wäre sie ein Objekt vom Mars, und überlegte, was sie damit anstellen sollte. Essen oder entsorgen?

»Pass auf, ich zeige dir, was man damit macht.« Remi nahm die Torte und winkte dem Fotografen, ihr zu folgen. Sie schleuderte die Torte hoch in die Luft, sodass sie in ein paar Metern Entfernung mit einem befriedigenden Platschen auf dem Boden landete.

»Siehst du«, sagte Remi. »Schluss mit der bösen Teufelstorte.«

Annie klatschte Beifall. »Jetzt kann die Party losgehen.«

Zu dieser »Party« hatte man Darcy mühsam überreden müssen. Sie wollte eigentlich diesen Tag einfach vorbeigehen lassen, ohne irgendeine Art von Zeremonie. Sie wäre völlig zufrieden damit gewesen, in ihrer Sweathose auf der Couch zu sitzen und Eiscreme aus der Packung zu essen, wie das perfekte Bridget-Jones-Klischee. Aber sie war eine Frau, die durchaus zugeben konnte, wenn sie falsch lag: Die »Trash-your-Dress-Party« war wider Erwarten recht amüsant geworden. Außerdem war es eine interessante Abwechslung zu ihren sonstigen Verabredungen zum »Trinken und Tratschen«.

Einmal die Woche trafen sich die drei Freundinnen, um sich zu erzählen, was während der Woche witzig oder schwierig gewesen war. Es war eine Tradition seit der Highschool, als Darcy und Annie sich regelmäßig trafen, um gemeinsam Hausaufgaben zu machen. Was bedeutete, um über Jungen zu reden und Ihre MySpace-Profile zu aktualisieren oder was immer sechzehnjährige Mädchen taten, wenn sie sich mit ihren Smartphones beschäftigten.

Remi hatte das Trio vervollständigt, als sie ein Jahr zuvor von Australien nach New York gekommen und bei Darcy eingezogen war. Diese beiden Frauen hatten ihr den Rücken gestärkt – und taten es weiterhin – nachdem vor einem Jahr ihre Hochzeit geplatzt war.

»Die sehen lecker aus.« Annie blickte interessiert auf eine Etagere, die Remi mit Cupcakes gefüllt hatte. »Ich wünschte, ich könnte so backen wie du.«

»Ich wünschte, ich könnte backen, ohne den Ofen dabei in Brand zu setzen«, entgegnete Darcy, während sie sich die Hände an dem kleinen Outdoor-Waschbecken wusch und die grüne Farbe unter den Fingernägeln wegschrubbte. »Aber es können eben nicht alle sein wie Martha Stuart, oder?«

»Erzählt bloß niemandem in meiner Familie, dass ich Zucker und Weizenmehl verwende, sonst glauben die, ich will dich vergiften.« Remi schauderte. »Bei denen gibt es nichts außer Hanf-basiertem pflanzlichem Kram.«

»Tja, und ich kann weder kochen noch backen«, stellte Annie fest. »Meine Mutter sagt immer, ich werde einmal eine miserable Ehefrau abgeben.«

»Igitt.« Darcy unterdrückte eine Welle von Übelkeit. Nichts sorgte so schnell dafür, dass ihr übel wurde, wie der Gedanke an mütterliche Erwartungen. »Bitte benutze dieses Wort nicht in meiner Gegenwart. Mom versucht schon die ganze Zeit, mich mit den Söhnen ihrer Freundinnen zu verkuppeln. Sie versucht es wirklich mit jedem einzelnen. Ich glaube, es ist ihr egal, wer es ist, solange ich nur einen Ring an den Finger bekomme.«

»Hast du sie daran erinnert, was das letzte Mal passiert ist, als sie dich verkuppelt hat?« Annie schnaubte. »Oder will sie etwa dafür keine Verantwortung übernehmen?«

»Sie hat die Spitze der Hochzeitspyramide vorbeigebracht, als Wink mit dem Zaunpfahl, dass ich mir ›Mr. Right‹ suchen soll. Und dann war sie noch so dreist zu sagen, sie hätte mich noch nicht aufgegeben. Als ob ich eine hundertjährige Jungfer wäre, die demnächst von ihren eigenen Katzen aufgefressen wird.«

Annie blinzelte. »Also wirklich.«

»Wenn sie dich jetzt sehen könnte.« Remi grinste.

Der Fotograf bewegte sich um sie herum und machte weiterhin Schnappschüsse von der ausgelassenen Szene. Was für ein Bild: Drei Frauen, frisch frisiert und gestylt, elegant gekleidet, aber von oben bis unten mit Farbe besudelt, aßen Cupcakes.

»Vielleicht wollte sie dich damit anstacheln«, meinte Remi.

»Deutlicher hätte sie es nicht sagen können. Es ist jetzt ein Jahr vergangen und sie will wissen, warum ich nicht versuche, endlich einen Mann zu finden, damit ich meiner Bestimmung gerecht werden und anfangen kann, Babys zu bekommen.«

»Scheiß drauf.« Remi rümpfte die Nase.

Mit einem Knall öffnete Annie die Champagnerflasche und füllte drei Champagnerflöten mit der perlenden Flüssigkeit, sorgfältig darauf bedacht, dass alle Gläser gleich hoch gefüllt waren.

»Auf dich, Darcy. Alles Gute zum Anti-Hochzeitstag.« Annie verteilte die Gläser und hob ihres. »Herzlichen Glückwunsch, du bist der Kugel ausgewichen.«

»Fühlt sich trotzdem an, als wäre ich erschossen worden.« Darcy schüttelte den Kopf, als sie zu dritt die Gläser klingen ließen.

»Besser richtig lieben und am Ende verlieren, als mit dem Falschen vor den Altar zu treten«, verkündete Remi und nippte an ihrem Glas. »Auf die Zukunft.«

»Hört, hört«, riefen sie einstimmig und ließen erneut die Gläser klingen.

»Es geht nichts über eine neue Affäre, wenn man eine alte vergessen möchte.« Remi wedelte mit ihrem Glas. »Vergiss ernsthafte Beziehungen und gönn dir ein bisschen Spaß. Du hast es dir verdient.«

Es hörte sich so einfach an, wenn Remi das sagte, aber Darcy war aus der Übung. Außerdem gab es da noch ein gewisses Problem, das sich seit jener Beinahe-Hochzeit entwickelt hatte. Die wenigen Male, die sie einem Mann körperlich nähergekommen war, hatten damit geendet, dass sie Panik bekommen und jedes Gefühl von Verlangen verloren hatte. Gab es so etwas wie Sex-Angst? Denn genau daran schien sie zu leiden.

»Ich weiß nicht …« Darcy knabberte an der Glasur ihres Cupcakes.

»Überleg doch. Wenn du einen miesen Job aufgibst, suchst du dir einen anderen, oder?«, erwiderte Annie. »Du hörst nicht auf zu arbeiten, nur weil du einmal den falschen Job erwischt hast.«

Remi schnaubte. »Typisch für dich, einen Job mit einer Beziehung zu vergleichen.«

»Im Ernst. Einen Job zu suchen und sich mit Männern zu verabreden − da ist gar kein so großer Unterschied. Man muss sich gegenseitig einschätzen und herausfinden, ob man zusammenpasst, dann kommt eine Probezeit, um festzustellen, ob es gut läuft.«

»Lässt du deine Dates auch einen Vertrag unterschreiben?«, witzelte Darcy.

»Das sage ich dir, wenn ich erst einmal genug Zeit habe, um jemanden zu daten.« Annie seufzte. »Vielleicht im Jahr 2045.«

Remi schälte ihren nächsten Cupcake aus der grellbunten Papierhülle. »So lächerlich der Vergleich auch ist, sie hat nicht ganz unrecht. Eine schlimme Erfahrung bedeutet nicht ein Leben ohne Sex. Für Männer ist Gelegenheitssex doch auch total normal, warum nicht auch für uns?«

Alle drei murmelten zustimmend. Sogar der Fotograf nickte mitfühlend.

»Hattest du jemanden seit Ben?«, fragte Annie.

Ihre Freundinnen blickten sie neugierig an. Darcy hatte kaum über das Ende ihrer Verlobung oder ihre kläglichen Versuche, erneut in der Dating-Szene Fuß zu fassen geredet. Sie war immer die Stillste von den dreien gewesen. Da sie bei einer Mutter aufgewachsen war, die ihre Emotionen in extremer Weise auslebte, hatte sie eine tiefe Scheu davor entwickelt, Gefühle zu zeigen.

Vielleicht hast du deswegen überhaupt nichts gemerkt. Du hast nicht genug Fragen gestellt oder nicht auf die richtigen Dinge geachtet.

»Den einzigen Sex, den ich im vergangenen Jahr hatte, hatte ich mit mir, mir selbst und mir ganz allein.« Darcy seufzte.

»Oh, ein Dreier.« Remi zwinkerte ihr zu. »Pervers.«

»Und sogar das war nicht so toll«, gestand Darcy. »Nicht, dass ich es nicht probiert hätte, wirklich, ich hatte ein paar Dates. Aber immer, wenn einer versucht, mich zu küssen, erstarre ich.«

Annie streckte die Hand aus und tätschelte ihr Knie. »Du bist gestresst. Das ist nur zu verständlich.«

»Wovon soll ich denn gestresst sein? Ich liebe meinen Job, ich bin gesund, ich habe eine wunderbare Familie …«

Annie hob eine Braue.

»Okay, nicht wunderbar, aber sie sind ganz in Ordnung … meistens.« Nun ja, abgesehen von der Sache mit der Torte. »Wenn man seinen Verlobten einen Tag vor der Hochzeit dabei ertappt, wie er es mit jemand anderem treibt, muss ja nicht das ganze Leben verpfuscht sein. Single ist das neue Schwarz, oder?«

»Ich liebe dich, Darcy, aber dieses Hashtag-für-immer-allein-Ding muss aufhören. Jetzt.« Sie stellte ihren Teller mit der übrigen Hälfte des Cupcakes auf dem Tisch ab. »Du musst den Bann brechen.«

Nach der Trennung war ihr Plan, sich wieder mit Männern zu verabreden, zunächst in der »Noch-nicht«-Schublade gelandet, um schließlich in der »Nie-wieder«-Schublade zu verschwinden. Das Dumme war nur, dass sich ihr in letzter Zeit immer wieder gefährliche Gedanken aufdrängten. Fragen, die sie nicht zu beantworten wusste, wie z. B., ob sie glücklich war, so allein, oder ob es ihr nichts ausmachen würde, ihre schönen Freundinnen eines Tages vor den Altar treten zu sehen und selbst nie diese Erfahrung zu machen.

Auch wenn ihr die übermäßig spießige Art ihrer Mutter zuwider war, tief im Innersten träumte auch Darcy den Traum vom trauten Heim − Hochzeit, Liebe, Ehe − sogar von Kindern.

Aber dafür müsste sie sich erst einmal mit jemandem verabreden. Und das bedeutete, der Tatsache ins Auge zu blicken, dass sie eigentlich keine Ahnung hatte, wie man das machte. Die Chance, sich mit dieser Materie vertraut zu machen, hatte sie vertan, als sie sich mit neunzehn Jahren für ein Leben in Doc Martens entschied. Jetzt, acht Jahre später, musste sie ganz von vorn anfangen, mit null Erfahrungen, auf die sie hätte zurückgreifen können.

Gelegenheitssex mochte für manche Leute völlig unproblematisch sein. Aber allein schon die Vorstellung, sich mit jemandem zu verabreden, war beängstigend. Eine flüchtige Sexaffäre? Darcy hatte ja noch nicht einmal einen einzigen One-Night-Stand gehabt. Noch nie.

»Ich wüsste nicht einmal, wo ich hingehen sollte, um jemanden kennenzulernen«, brummte sie. »Und Tinder habe ich gleich wieder deinstalliert, als die ersten Penisbilder reinkamen. Ganz zu schweigen davon, dass ich so aus der Übung bin mit allem. Selbst wenn ich es über ein erstes Date hinausschaffen würde. Ich kann nicht flirten. Ich beherrsche dieses geistreiche Geplänkel nicht. Die Verführerin spielen kann ich auch nicht. Wie soll ich also jemals eine Sexaffäre haben?«

Und das war noch nicht einmal das Schlimmste. Jemals wieder jemandem zu vertrauen, ohne ständig Angst zu haben, dass ihr Partner heimlich ein Doppelleben führte, das war die eigentliche Herausforderung.

»Zölibatär zu leben ist so viel einfacher.«

»Na, wenn es das ist, was du willst, meine Unterstützung hast du, zu hundert Prozent.« Annie drückte Darcys Schulter.

»Du musst es nur sagen, dann werden wir das Wort Dating nie wieder erwähnen«, fügte Remi hinzu.

Darcy zupfte an einem Stück getrockneter Farbe auf ihrem Kleid. »Ich will zurück in die Welt da draußen«, gestand sie, »aber ich habe Angst, wieder den Falschen zu erwischen.«

»Du musst einen finden, dem du vertrauen kannst.« Annie nippte an ihrem Glas. »Jemanden, der das Gleiche will wie du.«

»Und wie finde ich so einen? Ich kann ja wohl nicht einfach auf das vertrauen, was sie in ihren Dating-Profilen schreiben.«

»Versuch es doch mal mit der Bad-Bachelors-App«, meldete sich der Fotograf zu Wort. Alle Blicke richteten sich auf den jungen Mann mit Weste und Fliege. Eine schwere Kamera hing an einem Band um seinen Hals. »Ich habe neulich darüber gelesen.«

Darcy schüttelte den Kopf. »Was um alles in der Welt ist die Bad-Bachelors-App?«

»Oh!« Remi hüpfte auf ihrem Platz auf und ab. »Ich habe auch davon gehört. Anscheinend hat jemand eine App erstellt, in der alle ledigen Männer von New York gelistet sind und bewertet und kommentiert werden können.«

»Sag bloß.« Darcy blinzelte. »Das ist also wie Yelp … für Männer?«

»Oder Uber? Du weißt schon, lass dich irgendwohin fahren und bewerte deinen Fahrer«, ergänzte Remi. Annie verschluckte sich fast an ihrem Cupcake.

Darcy trank den Rest ihres Champagners und griff sofort nach der Flasche, um ihr Glas erneut zu füllen. »Das glaubst du doch selbst nicht.«

»Es ist wahr, ich schwöre. Hat keine von euch diese App?«, fragte Remi und erntete nur Kopfschütteln. »Gib mir dein Handy.«

Innerhalb weniger Minuten hatten sie die App heruntergeladen und schauten sich ein Profil nach dem anderen an − alles sagenhaft attraktive männliche Singles aus New York. Jedes Profil enthielt mindestens ein Foto, eine kurze Beschreibung und eine Sterne-Bewertung. Die App schien ziemlich neu zu sein, doch es gab schon unglaublich viele Beiträge.

»Das ist gigantisch.« Remi wischte über das Display. »Schaut euch den hier an. Trenton Conner, achtunddreißig. Arzt. Das einzig großartige an diesem Typen sind sein Ego und seine Kreditlinie.«

»Lass mich lesen.« Annie grapschte nach dem Handy und wischte ein paarmal über das Display. »Jacob Morales, neununddreißig. Technologie-Manager. Alles lief sehr gut, bis er sich direkt nach dem Sex auf die andere Seite drehte und einschlief. Dann tauchte plötzlich sein Dienstmädchen im Schlafzimmer auf und scheuchte mich aus dem Apartment.«

Darcy lachte. »O mein Gott.«

»Das hier klingt nett.« Annie hielt das Handy in einer Hand, das Glas in der anderen. »Darren Montgomery, einunddreißig. IT-Manager und Unternehmer. Darren ist ein wundervoller Mann, sehr lieb und romantisch. Aber wir hatten nicht viel gemeinsam – ich hoffe, er findet die Richtige. Ich gebe diesem Mann fünf Sterne für euch.«

»Gib her.« Remi riss das Handy wieder an sich. »Und der hier? Alexei Petrov. Dreißig. Investor. Mit diesem Mann wirst du das Abenteuer deines Lebens … o nein. Sieht aus, als hätte er schon einige Frauen im Vorbeigehen vernascht. Der Nächste!«

Darcy drückte die Fingerspitzen an die Schläfen. »Keine Fremdgänger, bitte.«

»Ach du meine Güte.« Remi drehte das Smartphone herum, damit die anderen den schönsten Mann betrachten konnten, den Darcy je gesehen hatte. Ja, schön war das richtige Wort. Er sah so perfekt aus, und wirkte doch männlich hart, wie eine Marmorstatue. Schön und kalt und unnachgiebig. »Reed McMahon. Zweiunddreißig. Marketing- und PR-Manager. Reed McMahon ist ein Meister im Manipulieren; er weiß genau, was er sagen muss und wie er es sagen muss. Glaubt kein Wort von dem, was er sagt. Er konsumiert Frauen wie Süßigkeiten.«

Darcy zog die Nase kraus. »Hört sich wirklich an, als müsste man vor ihm auf der Hut sein.«

»Guckt mal, man kann nach höchster oder niedrigster Bewertung sortieren.« Remi lachte. »Dieser Typ hat die niedrigste Bewertung von allen – Nummer eins auf der Bad-Bachelors-Liste. Fünfzig Frauen haben ihn schon bewertet. Serien-Bachelor, nicht an Beziehung interessiert, kälter als Eis … er scheint ständig eine andere Frau am Arm zu haben.«

»Und die Guten? Gibt es da überhaupt einen anständigen Mann?« Darcy seufzte. »Ich komme mir vor, als wäre ich auf der Suche nach einem Einhorn.«

»Wir werden den Richtigen für dich finden.« Remis Augen funkelten bei der Aussicht, die virtuelle Ehestifterin zu spielen. »Warum wischen wir uns nicht durch alle durch und stellen eine Liste auf?«

»Eine Liste, ja, das finde ich gut«, sagte Annie.

Remi verdrehte die Augen. »Natürlich findest du das gut.«

»Mal angenommen, ich stimme zu, dass es eine gute Idee ist.« Darcy trommelte mit den Fingern auf die Tischplatte. »Was soll ich denn tun? Einfach auf die Typen zugehen und sagen ›Hey, du hast fünf Sterne gekriegt, treffen wir uns?‹«

»Man nennt das Informationensammeln.« Annie grinste und Darcy konnte förmlich sehen, wie sich die Zahnräder in ihrem Kopf zu drehen begannen. »Wir arbeiten uns durch die Liste ›Beste Bewertungen‹ und helfen dir, die Auswahl auf ein paar Kandidaten einzugrenzen. Man weiß nie, vielleicht habt ihr ja eine entfernte Bekannte gemeinsam, die dich vorstellen kann. Aber wenigstens weißt du von vornherein, dass der Mann ein anständiger Mensch ist … anders, als wenn du jemanden in einer Bar kennenlernst.«

Darcy überlegte.

Vielleicht war die Idee ja gar nicht so schlecht; eine weniger riskante, informationsbasierte Art, sich zu verabreden. Der Bibliothekarin in ihr kam das sehr entgegen. Sie konnte sich alle Informationen, die sie benötigte, im Voraus beschaffen und damit die Risiken einer völlig spontanen Verabredung umgehen.

Außerdem, was konnte es schaden, ein bisschen Recherche zu betreiben?