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Über dieses Buch:

Sie sind wie Feuer und Eis! England im 14. Jahrhundert: Auf Anordnung des Königs wird die freiheitsliebende Danielle D'Aville gegen ihren Willen mit dem Schotten Adrien MacLachlan verheiratet, einem Ritter Edwards III. Doch niemand kann sie zwingen, ihn zu lieben, denn es trennt sie mehr voneinander, als ihr Angetrauter ahnt: Danielle hütet ein dunkles Geheimnis, das sie beide in größte Gefahr bringen könnte … Adrien darf nie davon erfahren! Mit einem hat sie jedoch nicht gerechnet – seiner ungezähmten Leidenschaft, die ein grenzenloses Verlangen in ihr weckt …

Über die Autorin:

Heather Graham wurde 1953 geboren. Die New-York-Times-Bestseller-Autorin hat über zweihundert Romane und Novellen verfasst, die in über dreißig Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden. Heather Graham lebt mit ihrer Familie in Florida.

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eBook-Neuausgabe März 2019

Dieses Buch erschien bereits 1999 unter dem Titel »Brennendes Herz« bei Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München.

Copyright © der amerikanischen Originalausgabe 1998 by Shannon Drake

Die amerikanische Originalausgabe erschien 1998 unter dem Titel »The King's Pleasure«.

Copyright © der deutschen Ausgabe 1999 by Wilhelm Heyne Verlag GmbH & Co. KG, München

Copyright © der Neuausgabe 2019 dotbooks GmbH, München

Published by arrangement with Shannon Drake.

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Covergestaltung: Wildes Blut – Atelier für Gestaltung Stephanie Weischer unter Verwendung mehrerer Bildmotive von shutterstock/Book Cover Photos, Daniel_Kay , blue pencil, Imichman und pixabay/Yuri_B und Kdsphotos

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH (aks)

ISBN 978-3-96148-746-2

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Heather Graham

In den Händen des Highlanders

Roman

Aus dem Amerikanischen von Eva Malsch

dotbooks.

Inhalt

Prolog Liebende und Feinde

Teil I Für den Sieger ...

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Teil II Verlorener Gewinn ...

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Teil III

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Lesetipps

Prolog
Liebende und Feinde

Im Jahre des Herrn 1357

Die Tavernentür öffnete sich. Eine Zeitlang blieb Adrien MacLachlan auf der Schwelle stehen und schaute sich um. Er zählte zu den berühmtesten Rittern König Edwards III. Aber an diesem Abend trug er keine Rüstung. Auf den Ort des Stelldicheins hingewiesen, hatte er sich so gekleidet wie die Gauner, die das übel beleumdete Gasthaus zu besuchen pflegten. Über dem weichen Leinenhemd trug er eine schlichte braune Tunika, eine Hose und Stiefel. Ein weiter dunkler Umhang mit einer Kapuze verbarg sein Gesicht ebenso wie seine Waffen – das schöne Toledo-Schwert und das Rapier in der Scheide an seiner Wade, dessen Gebrauch er von seinen schottischen Verwandten gelernt hatte. Aus bitterer Erfahrung wußten sie, wie schnell man in Kämpfe verwickelt werden konnte.

Offenbar war sie noch nicht erschienen. Er betrat die Taverne und setzte sich an einen Tisch, mit dem Rücken zur Wand. Von hier aus konnte er die Tür im Auge behalten. Als die vollbusige Kellnerin zu ihm kam, bestellte er einen Becher Ale. Dann musterte er die fragwürdige Gästeschar – einem Gerücht zufolge lauter Mörder, Strolche und Diebe. In dieser Taverne konnte man alle möglichen dunklen Geschäfte treiben. Am Tisch zu seiner Linken saß ein Seemann mit schwarzen Zähnen, der ihn abschätzend anstarrte und seinem ebenso unansehnlichen Gefährten etwas zuflüsterte. Vermutlich überlegen die beiden, was für Wertsachen ich bei mir trage, dachte Adrien. Gewiß, er hätte nicht allein hierherkommen müssen. Mehrere tapfere Männer wären ihm gern gefolgt. Aber es ging um eine persönliche Angelegenheit. Vielleicht hing das Leben der jungen Frau davon ab.

Er hoffte, seine Informanten würden recht behalten. Denn wenn sie dieses Gasthaus nicht besuchte ... Angst und Zorn erfaßten ihn. Warum nahm sie ein solches Wagnis auf sich? Glaubte sie wirklich, sie wäre so stark, so mächtig, daß sie die niedrigen Instinkte gemeiner Verbrecher ausnutzen könnte? Seine Pflicht gebot ihm, hier auf sie zu warten, weil er die Verantwortung für sie trug.

Jetzt ... Die Tür schwang auf, und sein Herz schlug schneller.

In den Rauchwolken, die das zischende Wildschwein am Spieß über dem großen Herd verbreitete, tauchte eine Gestalt auf, so wie Adrien und die meisten anderen Gäste in einen dunklen Umhang gehüllt. Allein schon an ihren anmutigen Bewegungen hätte er sie erkannt. Sie schob die Kapuze aus der Stirn und schaute sich um.

Ja, sie war es. Dichte schwarze Wimpern umrahmten smaragdgrüne Augen, die ein schönes, ebenmäßiges Gesicht beherrschten. Glücklicherweise blieb ihre wohlgeformte, verführerische Figur unter dem Umhang verborgen.

Sie war hier, um einen Franzosen zu treffen – einen Feind.

Ah, da drüben ... Am anderen Ende des Raums erhob sich ein Mann und eilte ihr entgegen.

Auch er trug einen dunklen Umhang, aber die Kapuze war von seinem Kopf geglitten. Comte Langlois, im Dienst des französischen Königs. Aus der Ferne hatte Adrien ihn schon öfter gesehen, auf dem Schlachtfeld.

Nun steckten die beiden ihre Köpfe zusammen. Dann stiegen sie eine Treppe hinauf, die zu den Privaträumen führte, und Adrien folgte ihnen unauffällig.

Noch nie in ihrem Leben hatte Danielle d'Aville so schreckliche Angst empfunden. Aber sie hatte schon früh gelernt, daß der Anschein des Mutes fast so viel bewirkte wie echte Tapferkeit. Vor allem, wenn man eine majestätische Haltung zeigte ...

Nicht nur kalte Furcht quälte sie, sondern auch der Konflikt ihres Herzens. Am Sterbebett ihrer Mutter hatte sie ein Gelübde abgelegt, und deshalb schuldete sie König Jean eine Warnung. Nur noch ein einziges Mal würde sie Jean helfen – und König Edward verraten.

Auch der Mann, der sie jetzt durch einen düsteren Flur führte, weckte ihr Unbehagen. Der elegante Comte Langlois, am französischen Hof überaus beliebt, war stets höflich und ehrerbietig gewesen. Aber an diesem Abend glich er einem Raubtier. Beklommen dachte sie an die Halbwahrheiten, die sie ihm mitgeteilt hatte, um ihn herzulocken.

Er öffnete eine Tür, und sie betraten ein kleines Zimmer, in dem eine Kerze brannte. Auf dem Tisch stand eine Weinkaraffe, neben einem Brotlaib und einem Stück Käse. Ein Feuer brannte im Kamin, die Bettdecke war zurückgeschlagen. Hatte der Comte gewisse Vorbereitungen getroffen, um ein Schäferstündchen zu genießen?

Den Kopf stolz erhoben, wandte sie sich zu ihm. Er schloß die Tür, und Danielle erwiderte den Blick seiner glitzernden braunen Augen. Mit seinem schmalen Gesicht, dem sorgsam gestutzten Bart und dem langen dunklen Haar sah er zweifellos sehr attraktiv aus. Trotzdem erinnerte er sie an einen Geier – oder einen Wolf. »Diese romantische Szenerie wäre nicht nötig gewesen«, erklärte sie kühl, »weil ich Euch nur bitten möchte, dem König von Frankreich eine Nachricht zu überbringen. Dafür sollt Ihr reichlich belohnt werden.«

»Wie könnt Ihr mir so kalt begegnen, Lady? Wo ich doch mein Leben aufs Spiel gesetzt habe, um hierherzukommen und Euch zu retten?«

»Was meint Ihr, Sir?«

Sie hörte, daß er die Tür verriegelte, und ihr Puls raste. O Gott, worauf hatte sie sich eingelassen? Als er zu ihr ging, rang sie entschlossen nach Fassung, immer noch überzeugt, sie würde die Oberhand gewinnen – was er auch beabsichtigen mochte.

Galant ergriff er ihre Hände und verneigte sich. »Was König Edward Euch zugedacht hat, scheint nicht Eure Zustimmung zu finden, Lady. Und man behauptet sogar, zwischen Euch und diesem schottischen Wilden, den Seine Majestät für Euch erkor, sei ein erbitterter Kampf entbrannt.«

Seine Worte jagten ihr einen Schauer über den Rücken. Wie gern hätte sie ihm ihre Hände entrissen ...

Im dunklen Flur an die Tür gepreßt, hob Adrien MacLachlan die Brauen.

»Ich schrieb Euch, weil ...«, begann Danielle, und der Comte fiel ihr hastig ins Wort.

»Wenn die Ehe nicht vollzogen wurde, seid Ihr frei, Lady, und der französische König kann sich an den Papst wenden, um die Heirat für ungültig erklären zu lassen.«

Die Ehe war nicht vollzogen worden? Wütend ballte Adrien seine Hände, die er am liebsten um Danielles schönen Hals gelegt hätte. Vorsichtig stemmte er sich gegen die Tür. Verriegelt. Aber aus morschem Holz, mühelos aufzubrechen. Ehe er sich dazu entschloß, wollte er Danielles Antwort abwarten.

Sie verfluchte ihre Dummheit. Warum hatte sie geglaubt, diesem Mann würde das Wohl seines Königs am Herzen liegen? Offenbar verfolgte Comte Langlois nur seine eigenen Interessen. Er wollte sie erringen – und Aville. Doch sie durfte ihren Zorn nicht zeigen. »Über gewisse andere Dinge reden wir später. Zuerst muß diese Angelegenheit geregelt werden. Würdet Ihr mich zu König Jean bringen. Dann informiere ich ihn persönlich ...« Als sich seine dunklen Augen verengten, fügte sie rasch hinzu: »Natürlich möchte ich Euch nicht beleidigen, Comte. Ihr seid sicher ein ehrenwerter Mann. Aber es geht nicht um meine Wenigkeit oder Aville.«

In wachsendem Zorn biß Adrien die Zähne zusammen.

»Überlegt doch, Lady«, bat Langlois. »Wie würde sich König Jean freuen, wenn wir in Liebe vereint vor ihn hinträten! Mühelos ließe sich eine Heirat arrangieren, und Ihr wärt diesen schottischen Heiden los. Vorhin erwähntet Ihr einen Lohn für meine Hilfe. Und nun kennt Ihr meine Wünsche.«

Entrüstet entzog sie ihm ihre Hände und betrachtete ihn mit jenem eisigen Hochmut, den sie in ihrer Kindheit am englischen Königshof erlernt hatte. »Nein!« rief sie und eilte an ihm vorbei.

Ehe sie die Tür erreichte, packte er ihre Schulter. »Lady, ich wollte Euch sanft und liebevoll verführen und unseren Pakt mit Eurer Zustimmung besiegeln. Leider zähle ich an König Jeans Hof zu den Aristokraten minderen Ranges. Ich brauche Eure französischen Ländereien und deren Erträge. Gar nicht zu reden von meinem Verlangen nach Eurer Schönheit. Und ich schwöre Euch, wir werden als Liebespaar vor dem König von Frankreich stehen. Sein Segen soll unseren Bund legalisieren.«

»Niemals!« fauchte sie und rammte ein Knie zwischen seine Schenkel.

Gequält schrie er auf und krümmte sich zusammen. Bevor sie zur Tür laufen konnte, krallte er seine Finger in ihren Umhang und brachte sie zu Fall. Im nächsten Moment lag er auf ihr. »Eigentlich hatte ich vor, Euch im Bett zu lieben, teure Lady. Aber wenn Ihr den Fußboden vorzieht ...«

Mit aller Kraft befreite sie ihre Handgelenke von seinem schmerzhaften Griff und schlug ihn ins Gesicht. Sie glaubte einen Krach zu vernehmen, war jedoch nicht sicher, weil sich der Comte mit einer schallenden Ohrfeige rächte. Verzweifelt versuchte sie, ihn abzuwehren. Ihr Ellbogen an seiner Kehle, ihre Fingernägel, die seine Wange zerkratzten ... Konnte sie ihn besiegen, einen kampferprobten Ritter?

»Um Himmels willen, Lady, laßt den Unsinn! Ich will Euch nicht weh tun ...« Plötzlich verstummte er und starrte nicht mehr Danielle an, sondern jemand anderen.

Jetzt wußte sie, welchen Lärm sie vorhin gehört hatte. Die Tür war aufgebrochen worden, von einem großen, breitschultrigen Mann mit kantigen Zügen, rotblondem Haar und goldbraunen Augen. In seiner rechten Hand hielt er ein Schwert, das den Hals des Franzosen bedrohte.

Adrien! Obwohl sie ihm dankbar für die Rettung war, stieg wilde Panik in ihr auf. Adrien ... Großer Gott, er hatte sie ertappt.

Und sie war doch nur bestrebt gewesen, Jean zu warnen. Sonst nichts ... Sie hatte geglaubt, Adrien würde ihr nicht auf die Schliche kommen und statt dessen seinen endlosen Kampf ausfechten. Wie oft hatte sie wach in ihrem Bett gelegen und sich gewünscht, ihn wiederzusehen ... Aber nicht so, nicht mit dieser eiskalten Wut in seinen Augen.

»Laßt die Lady sofort los, Sir!« befahl er. »Oder ich schneide dieses elende Ding von Eurem Unterleib ab, das Euch zu solchen Dummheiten verleitet. Und dann enthaupte ich Euch.« Seine Stimme klang fast freundlich. Trotzdem gellte sie wie ein Donnerschlag in Danielles Ohren.

Der Comte erhob sich langsam und vorsichtig, denn das Schwert war immer noch auf seine Kehle gerichtet.

»Steh auf, Danielle«, fuhr Adrien fort, ohne seinen Blick von Langlois abzuwenden.

Beklommen gehorchte sie. »Wie – lange bist du schon hier?«

»Lange genug.«

»Und du hast ihm erlaubt, mich anzugreifen?«

»Irgendwie gewann ich den Eindruck, du könntest dich sehr gut verteidigen. Und außerdem dachte ich, du willst gar nicht gerettet werden – nachdem du so erpicht auf dieses Stelldichein warst.«

»Ich bin der Mann, der diese Lady rettet!« verkündete Langlois. »Fürchtet Euch nicht, meine Liebe. Wer ist dieser Rüpel? In diesem Haus würde ich viele Männer finden, die dem französischen König treu ergeben sind und den englischen Schurken nur zu gern niederstrecken würden.«

»Ruft sie doch!« schlug Adrien vor.

In diesem Augenblick ertönten polternde Schritte im Flur. Ein dicker Mann mit einer Schürze, offensichtlich der Wirt, stürmte ins Zimmer, begleitet von zwei großen, kräftigen Burschen, die ihre Messer zückten. »Braucht Ihr Hilfe, Mylord?« fragte er den Comte.

»In der Tat!« Die Schwertspitze immer noch an der Kehle, hielt er die Frage für überflüssig.

»Mit euch habe ich nichts zu schaffen«, erklärte Adrien den Neuankömmlingen. »Ich will nicht noch mehr Leichen auf mein Gewissen laden. Auch den Comte werde ich nicht töten. Ich möchte nur gehen und die Lady mitnehmen ...«

»Um den Engländern zu entrinnen, floh sie zu mir«, behauptete Langlois. »Ich werde sie heiraten.«

»Da sie bereits einen Mann hat, ist das unmöglich, Sir.«

»Diese Ehe ist nicht gültig!«

»Doch.« Adrien warf Danielle einen kurzen Blick zu. Erschrocken wich sie vor dem goldenen Feuer in seinen Augen zurück. »Wenn's die Lady nicht zugeben will, würde ich's gern beweisen. Man soll eine Hebamme holen.«

»Aber ...«, begann Langlois.

»Zweifellos hat sie Euch zu umgarnen versucht, Sir. Das kann sie sehr gut, und es gelingt ihr fast immer. Es sei denn, man kennt sie. So wie ich. Laßt Euch vor ihren verlockenden Reizen warnen. Heute verschone ich Euch. Sollten wir uns noch einmal begegnen, werdet Ihr's nicht überleben.«

Erst jetzt erkannte Langlois seinen Angreifer. »MacLachlan!«

»Derselbe«, bestätigte Adrien. »Der wilde, schottische Heide.«

Mühsam rang der Comte nach Luft. In der ganzen christlichen Welt war MacLachlan als ausgezeichneter Kämpfer bekannt, auf Turnieren und Schlachtfeldern. Andererseits – würde er der Übermacht gewachsen sein, der er sich jetzt gegenübersah? »Packt ihn!« rief Langlois.

Sofort sprang einer der beiden Messerstecher vor, Stahl prallte klirrend gegen Stahl, und der Mann fiel zu Boden.

»Pack ihn, du Narr!« herrschte Langlois den zweiten an, der Adriens rot geflecktes Schwert musterte und rasch zurückwich.

»Adieu, Sir.« Adrien hielt seine Waffe wieder an den Hals des Comte. »Eigentlich sollte ich Euch erstechen. Aber ich will wegen dieses tückischen Verrats nicht noch mehr Blut vergießen und bedenken, daß Euch die Lady hierherbestellt hat.«

Als er Danielles Hand umklammerte, stieß sie einen halberstickten Schrei aus. Unsanft zerrte er sie in den Flur. Vor der Treppe blieb er zögernd stehen, weil weitere Männer heraufrannten.

»Gib mir dein Rapier!« drängte sie.

»Damit ich's wenig später im Rücken spüre?«

»Niemals habe ich dich mit Waffengewalt bekämpft. Gegen diese Überzahl bist du machtlos. Oder warten deine Männer im Schankraum auf dich?«

»Nein, ich bin allein gekommen.«

»Allein!« stöhnte sie.

»Ich brauche keine Zeugen, wenn ich ein halsstarriges kleines Biest daran hindere, sich in Gefahr zu bringen und den englischen König zu verraten. Von mir ganz zu schweigen. Schnell, tritt hinter mich! Und wenn du mich noch einmal betrügst, wirst du's bitter büßen. Das schwöre ich.«

Da er ihre Finger immer noch festhielt, mußte sie wohl oder übel gehorchen. Sein Zorn schürte ihre Angst. Sogar jetzt – angesichts der Gefahr, die ihnen beiden drohte – wäre er nicht überrascht, wenn sie ihn erneut hinterginge. Mehrere Männer warfen sich auf ihn, geübt in Messerstechereien. Aber keiner konnte es mit Adriens Fechtkunst aufnehmen. Der erste Angreifer flog die Stufen hinab, die anderen stürzten ihm nach wie gefällte Bäume.

Am Fuß der Treppe wartete ein riesiger Bursche. Adrien stieß Danielle beiseite, sprang zu ihr, und der Mann, von der Wucht seiner eigenen Attacke getrieben, schlug mit der Stirn auf einer hölzernen Stufe auf.

»Duck dich, Danielle!« befahl Adrien, ehe ein Schwert über ihre Köpfe hinwegsauste und der Besitzer der Waffe starb.

Dann drehte sich Adrien blitzschnell um, erstach einen Verfolger, und alle anderen Gegner gaben ihm den Weg frei. Hastig führte er Danielle aus der Taverne, in die Nacht hinaus. Draußen wartete Matthew, das schnellste seiner vier Schlachtrösser.

Etwas abseits stand ein Wallach – aus Prinz Edwards Stall entwendet. Adrien band ihn los und schlug auf seine Kruppe, um ihn nach Hause zu schicken. Ehe er auf Matthews Rücken stieg, hob er Danielle in den Sattel. Sie schaute nicht zurück.

Aber sie hörte das Wutgeheul der Männer, die sich aus der Tavernentür drängten. Von einem kraftvollen Schenkeldruck angespornt, galoppierte der Hengst davon. Sie spürte Adriens harte muskulöse Brust an ihrem Rücken, die Zweige, die während des wilden Ritts an ihrem Umhang zerrten, und schloß die Augen.

Bald waren sie der Gefahr entronnen. Nur die Wut trieb den Reiter jetzt noch zur Höchstgeschwindigkeit an. Erst am Flußufer zügelte er das Pferd. Die beiden Brücken waren zu weit entfernt. Entschlossen trieb er Matthew an.

»Es ist zu kalt!« protestierte Danielle.

»Beinahe hättest du uns beide umgebracht. Und jetzt fürchtest du dich vor ein bißchen Wasser?«

»Vor gar nichts ...«

»Heute nacht solltest du mich aber fürchten.«

»Nur weil du uns ertränken willst!«

»Freu dich lieber auf die kalten Wellen. Vielleicht werden sie meinen Zorn kühlen.«

»Fahr zur Hölle!« schrie sie, als er das Pferd in den Fluß lenkte.

Am anderen Ufer begann Matthew wieder zu galoppieren. Ein eisiger Wind peitschte den nassen Umhang gegen Danielles zitternden Körper. Endlich sah sie die steinernen Mauern ihrer Festung Aville. Das Tor schwang auf und wurde wieder geschlossen, sobald sie in den Hof geritten waren. Nachdem Adrien abgestiegen war, übergab er die Zügel einem Reitknecht, hob Danielle aus dem Sattel und führte sie in die Halle. Sie konnte sich kaum auf den Beinen halten. Inständig hoffte sie, ein bekanntes Gesicht zu sehen – Rem, Daylin, Monteine ...

Aber die Halle war menschenleer. »Nach oben!« Adrien zerrte sie die Treppe hinauf, ins herrschaftliche Schlafgemach. Während sie schwankend am Fuß des geschnitzten Vier-Pfosten-Betts stand, wanderte er vor dem knisternden Kaminfeuer umher. Sehnsüchtig blickte sie zur Tür. »Heute werden dich keine Dienerinnen betreuen. Als ich von deinem törichten Verrat erfahren hatte, sorgte ich dafür, daß ich dich unauffällig in die Festung bringen konnte, und schickte die Dienerschaft für eine Nacht weg. Also schau dich nicht hilfesuchend um.«

»Das tue ich nicht«, entgegnete sie und erschauerte. »Zieh das nasse Zeug aus!« Er ging auf sie zu, und sie wich erschrocken zurück.

»Wie du – befiehlst ...«, stammelte sie. In seinen Augen las sie nichts, was bekundet hätte, sein Zorn würde verebben. Wenigstens wandte er sich ab, als der Umhang zu Boden glitt, nahm die Decke aus weicher flämischer Wolle vom Bett und wartete. Die Zähne zusammengebissen, schlüpfte sie aus ihren Schuhen, aus ihrer Hose, der Tunika und dem Hemd. Verächtlich warf er ihr die Decke zu, und Danielle wickelte sie rasch um –ihren Körper.

Erst jetzt legte er seinen eigenen feuchten Umhang ab und ließ ihn fallen. Die schlichte, aber teure Kleidung schmiegte sich an seine sehnige Gestalt. Nur zu gut kannte Danielle die Kraft dieser Muskeln und spürte ein Zittern, das sie vergeblich zu ignorieren suchte.

»Großer Gott, diesen Haß hat Edward wirklich nicht verdient!« stieß er hervor, und sie zwang sich zur Ruhe.

»Ich hasse ihn nicht, und ich wollte König Jean nur warnen ...«

»Zweifellos weiß Jean bereits, daß ein Krieg ausbrechen wird, und was dem französischen König nützt, schadet dem englischen.«

Ihr Herz krampfte sich schmerzhaft zusammen.

Für Edward empfand sie ähnliche Gefühle wie für Adrien. Sie verabscheute ihn – und liebte ihn.

»Weißt du eigentlich, daß wegen geringerer Missetaten als deiner Köpfe rollten und Hälse brachen?« fauchte er. »Verdammt, ich sollte dich windelweich prügeln!«

»Natürlich, du bist Edwards Lakai. Ihm verdankst du alles.«

»Dich eingeschlossen.«

»Und meine Ländereien, meine Adelstitel ...«

»Sollte ich's zurückweisen? Aye, ich bin sein Lakai, sein Mann. Vergiß das nie wieder!«

»Und wie willst du mich bestrafen? Für meine Absichten kann ich mich nicht entschuldigen. Was meine Loyalität und meine Gefühle betrifft, habe ich dich nie belogen ...« Doch. Sie hatte ihm verschwiegen, daß es ihr immer schwerer fiel, jenes alte Gelübde zu befolgen – daß sie ihn ebenso leidenschaftlich liebte, wie sie ihn bekämpfte.

Das konnte sie ihm auch jetzt nicht gestehen. Sie hatte ihn schon einmal hintergangen und den Preis dafür gezahlt, aber so empört wie in dieser Nacht war er noch nie gewesen. Wenn sie doch seinem Zorn entkäme ...

Abrupt hatte er ihr den Rücken gekehrt. Sie versuchte zur Tür zu schleichen. Da drehte er sich blitzschnell um und vertrat ihr mit langen Schritten den Weg. »O nein, du bleibst hier. Willst du mich noch mehr reizen? Sei froh, daß ich mich nicht an dir vergreife!«

»Ich mußte es tun ...«

»Selbstverständlich! Zum Teufel mit dem englischen Blut in deinen Adern! Für Frankreich empfindest du viel mehr, und du fühlst dich an deinen Schwur gebunden. Nun, das erklärt zumindest teilweise, warum du den König verrätst, an dessen Hof du aufgewachsen bist.«

»Übergib mich dem König!« Danielle erschrak, weil ihre Stimme so flehend klang.

Langsam schüttelte er den Kopf. »Ich bin noch nicht mit dir fertig.«

»Wirst du nicht woanders gebraucht?« spottete sie nun. »Du bist doch Edwards treuer Anhänger. Mußt du heute nacht keine Feinde bekämpfen, keine Drachen töten?«

Adrien lächelte. »Ausnahmsweise nicht.« Nach einer kurzen Pause fuhr er fort: »Erzähl mir, was du diesem Narren Langlois geschrieben hast. Daß deine Ehe nicht vollzogen wurde?«

»Nein ...«, erwiderte sie, und das Blut stieg ihr in die Wangen. »Ich bat ihn um Hilfe.«

»Und um an den französischen König heranzukommen, wolltest du mit dem Comte schlafen?«

»Du weißt, daß ich nicht ...«

»Zum Glück würdest du nicht alles geben. Ja, das weiß ich. Du hast ihm nur deine Hand versprochen und ihn damit geködert. Erinnerst du dich nicht mehr an unsere Heirat?«

Als er zu ihr ging, wich sie zurück. »Doch – ich entsinne mich.«

»Auch an die Hochzeitsnacht?«

Auf diese Frage gab sie keine Antwort. Angriff ist die beste Verteidigung, sagte sie sich. »Heute abend wolltest du mich in der Taverne vor diesem Abschaum demütigen und eine Hebamme rufen ...«

»Nur um deinem liebestollen Comte zu beweisen, daß du kein unschuldiges Mädchen bist, sondern meine Frau. Ich glaube, ich habe meine ehelichen Pflichten nicht vernachlässigt. Und falls ich dein Gedächtnis auffrischen muß ...«

»Sicher nicht ...« Entsetzt verstummte sie, als er die Decke von ihrem Körper riß und zu Boden schleuderte.

In seinen Augen lag ein Glanz, der nicht mehr mit seinem Zorn zusammenhing. Sie hielt den Atem an, dachte an ihre schlaflosen Nächte. Wie oft hatte sie sich nach ihm gesehnt!

Was an diesem Abend geschehen war, würde er weder vergessen noch verzeihen. Wie mochte die Zukunft aussehen? Während sie sich anschauten, schienen die letzten Jahre vor Danielles geistigem Auge vorbeizuziehen – der Schmerz, die Sorge, der Schwarze Tod, der Verlust, den sie beide erlitten hatten. »Nein«, wisperte sie.

Vergeblich versuchte sie, ihm auszuweichen. Er umfaßte ihre Schultern. »Nun wirst du dich entsinnen, wer du bist.«

»Und zu wem ich gehöre?«

»Aye, in der Tat.« Als er sie küßte, drohten seine Lippen ihren Mund zu verbrennen. Unbarmherzig entzündete er die vertraute Erregung in ihrem Innern, aufreizend spielte seine Zunge mit ihrer.

Nach einer Weile hob er den Kopf, und ihre Gedanken kämpften sich mühsam durch den Nebel ihrer verwirrten Sinne. Sie durfte nicht vergessen, daß er sie verachtete und ihr mißtraute und Rache üben wollte. »Bitte ...«

»Flehst du um Gnade?«

Endlich konnte sie wieder etwas klarer denken. »Niemals würde ich dich um etwas bitten.« Sie stemmte sich gegen seine Brust, aber er packte ihre Handgelenke, und sie glaubte, sein Blick würde in die Tiefe ihrer Seele dringen.

»Heute nacht wirst du mich beglücken, Lady, denn ich wünsche mir alles, woran ich mich erinnere. Die Sehnsucht so vieler Nächte muß gestillt werden. Erfreue mich und lindere den Zorn. Das verlange ich von dir.«

Er hob sie hoch, trug sie zum Bett, und sie sank in die kühlen Laken. Auf ihrer nackten Haut spürte sie seinen heißen Körper, seine Zunge schob sich zwischen ihre Zähne, erforschte begierig ihren Mund. Erfolglos suchte sie den Angriff abzuwehren. Seine Hände wanderten über ihre Hüften und Schenkel, liebkosten ihre Brüste. Und sein Gewicht hielt sie eisern fest. Mit seinen Fingern übte er den gleichen unwiderstehlichen Reiz aus wie mit seinen hungrigen Lippen. Schließlich richtete er sich auf, schlüpfte ungeduldig aus seiner Tunika, aus der Hose und dem Hemd, das er in seiner Hast zerriß. Doch er schien es nicht zu bemerken. Im zuckenden Flammenschein betrachtete sie seine breiten, bronzebraunen Schultern, die muskulöse Brust, vernarbt und trotzdem so schön ...

Nein, sie wollte sich nicht an seinem Feuer verbrennen. Aber ihr blieb nichts anderes übrig, denn er preßte ihre Hand an seine Brust. Unter dem rotgoldenen Kraushaar spürte sie seine starken Herzschläge. Ohne ihr Gesicht aus den Augen zu lassen, zog er ihre Finger nach unten, ließ sie fühlen, wie sehr er sie begehrte. »Damit du's nie wieder vergißt ...« Lächelnd beobachtete er, wie sie am ganzen Körper zitterte. Dann glitt er hinab, öffnete ihre Schenkel. Sie erkannte seine Absicht und wußte, daß es kein Entrinnen gab. Trotzdem stöhnte sie protestierend. Seine Zunge liebkoste sie mit intimer Hingabe, bis sie in einen Abgrund zu stürzen schien, leise aufschrie und nach Luft rang. Dieses sengende, bezwingende Feuer ...

Sein Körper bedeckte ihren, und sie verschmolzen miteinander. Zu beiden Seiten ihres Kopfes schlang er seine Finger in ihre. Immer tiefer drang er in sie ein. »Damit du's nie mehr vergißt ...«

Wie könnte sie? Nicht diesen Sturm, diese Flammenströme, nicht den Mann, der ihr alles gab und alles nahm. Süßer Wahnsinn, drängende Qual, ersehnte Erfüllung ... Von heißem Entzücken erfaßt, genoß sie das erlösende Beben und spürte, wie auch er den Gipfel der Lust erreichte. Sie schloß die Augen, um ihre brennenden Tränen zu verbergen.

In dieser Nacht hatte er sie aufgesucht, am nächsten Morgen würde er wieder zu den Schlachtfeldern reiten – und sie war eine Verräterin. Krieg. So wie immer, seit sie sich kannten. Seit sie ihren Feind liebte. Schon vorher hatte der Krieg begonnen, vor ihrer Geburt, und welche verschiedenen Rollen sie spielen mußten, war längst festgelegt worden.

Teil I
Für den Sieger ...

Kapitel 1

Schloß Aville, Herbst 1336

»Ich weiß, wie man die Mauern stürmen könnte«, sagte Adrien MacLachlan.

Aber niemand hörte ihm zu. Edward tobte vor Wut. In seinem weiten, wehenden Mantel eilte der hochgewachsene Plantagenet-König umher und schrie: »Bei Gott, das ist Wahnsinn! Ich, Edward, König aller Krieger, vermag die Mauern nicht zu überwinden, die eine Frau befehligt!« Rings um sein Lagerfeuer ließen die illustren Ritter den königlichen Zorn schweigend über sich ergehen – selbst zutiefst enttäuscht, müde und durchfroren. Es war ihnen einfach erschienen, Aville einzunehmen, eine kleine Festung innerhalb von Edwards Herzogtum, in der Lenore die Stellung hielt, die Tochter des verstorbenen Comte Jon d'Aville, mit dem Valois-König verwandt.

Angeblich versteckte sich der französische König hinter diesen Mauern. Deshalb wollte Edward die Festung mit aller Macht erobern, obwohl die Comtesse hervorragende Verteidigungsstrategien beherrschte und kochendes Öl ebenso wirksam einzusetzen wußte wie brennende Pfeile.

»Kann mir jemand einen Rat geben?« fragte der König.

»Sire!« rief Adrien. »Ich weiß, wie man vorgehen muß.«

Endlich wandte sich Edward zu seinem Mündel, dem schottischen Jungen, der im Eingang des Zelts stand. Der Bursche war erst zehn Jahre alt, aber sehr groß, mit breiten Schultern, die künftige Kräfte ahnen ließen. Ausdrucksvolle goldbraune Augen erwiderten den Blick des Königs. Eifrig lernte er mit Waffen umzugehen. In der Freizeit stillte er seinen unersättlichen Wissensdurst und studierte zahllose Bücher. Außerdem beweist er erstaunlichen Mut, dachte der König, wenn er sich trotz seines zarten Alters in einen Kriegsrat einmischt.

»Ah, der schottische Knabe will uns belehren!« stöhnte Brian of Perth ärgerlich. Nachdem ein brennender Pfeil seine Schulter gestreift hatte, befand er sich in miserabler Stimmung. »Verschwinde!«

»Nein!« entschied Edward und warf Brian einen eisigen Blick zu. »Die Schotten haben uns schon mehrere Lektionen erteilt. Was hast du mir zu sagen, mein Junge?«

Adrien trat in den Lichtkreis des Lagerfeuers, den Kopf hoch erhoben, die Schultern gestrafft. Wenn er die Ritter beeindrucken wollte, mußte er Kraft und Klugheit ausstrahlen, die weit über seine Jahre hinausgingen. Das hatte er von seinem Vater gelernt. »Ein armer Mann, mag er auch von edler Herkunft sein, muß sich stark zeigen, mein Sohn. Dann wird er in diesen schweren Zeiten zu guter Letzt siegen. Nimm niemals eine Niederlage hin, mein Sohn. Nicht einmal, wenn du einen stärkeren Gegner fürchtest. Unterwirf dich niemals. Nur der Tod ist eine ehrenwerte Kapitulation. Kämpfe mit allem, was du besitzt, mit deinem Verstand und deiner Kraft. Versuch möglichst viel zu lernen. Kämpfe für deine Ehre, für deinen Platz in dieser rauhen Ritterwelt. Kämpfe hart und unnachgiebig, dann wirst du sogar Könige bezwingen.«

Vor nicht allzu langer Zeit hatte Carlin, das Oberhaupt des MacLachlan-Clans, diese Worte ausgesprochen. Der Enkel eines schottischen Earls, verwandt mit dem verstorbenen großen Robert the Bruce, litt unter der Niederlage von Roberts Sohn David II., als Edward von England einen weiteren Prätendenten, einen anderen Baliol, auf den schottischen Thron setzte. Wegen jener Unruhen gewann Adrien den Eindruck, er wäre geboren worden, um zu kämpfen. Die unaufhörlichen Schlachten gegen die Engländer hatten sie Ernten und Vieh gekostet. Baliol saß auf dem Thron. Doch die MacLachlans fochten für David II.

Eines Tages, während die Kämpfe verebbten, hatte er seinen Vater inmitten gut bewaffneter Ritter gesehen. Ein Reiter starrte Carlin an, der seinen schlimmsten Feind erkannte – Edward III. Und Adrien glaubte, der englische König wäre gekommen, um den Vater zu töten. Seinen kleinen Dolch in der Hand, rannte er über das Feld. Mit einem Wutschrei stürzte er sich auf Edward, warf ihn beinahe aus dem Sattel und hielt ihm die Klinge an den Hals. Aber Carlin zerrte ihn zurück. »Nein, mein Sohn!«

»Hängt den jungen!« schrie ein Ritter. »Euer Gnaden, beinahe hätte er Eure Kehle durchschnitten!«

Doch der König stieg ab, klappte sein Visier nach hinten, und Adrien sah strahlendblaue Augen, ein attraktives, von goldblondem Haar umrahmtes Gesicht. »Soll ich den Sohn eines tapferen Kriegers hängen lassen, der sich hier einfand, um mit mir zu verhandeln? Der Junge hat soeben mehr Mut und Geschick bewiesen als ihr alle zusammen!« Einige Männer brachen in schallendes Gelächter aus. »Laird MacLachlan«, fuhr Edward fort, »wenn Ihr einverstanden seid, soll Euer Junge an meinem Hof aufwachsen und zusammen mit meinem ältesten Sohn erzogen werden. Ich sorge für ihn. Und Ihr werdet meine nördlichen Grenzen nicht länger bedrohen.«

»Aye, Edward, König von England«, stimmte Carlin zu.

»Nein, Vater, ich verlasse dich nicht ...«, begann Adrien, aber Carlin hielt ihm den Mund zu.

Später, in den Ruinen der Familienfestung, erfuhr das Kind, worum es ging. »Wenn wir ihn auch tapfer bekämpft haben – er ist ein Feind, den ich achte. Er versteht nicht, daß die Schotten einen Baliol auf ihrem Thron niemals anerkennen werden. Nun, eines Tages wird David Bruce zurückkehren. Und während wir hier hungern, sollst du am Königshof zum Ritter ausgebildet werden. Dabei kannst du jederzeit herausfinden, was sie planen, und uns Bescheid geben. Hoffentlich wirst du Edward so treu und gehorsam sein wie mir, mein Sohn.«

Kurz nachdem Adrien mit den königlichen Rittern südwärts geritten war, rief Edward ihn zu sich. »Dein Vater war einer der besten Kämpfer, die ich kannte, mein Junge. Sei stolz auf ihn. Die Engländer und die Schotten werden sein Andenken stets in Ehren halten.«

»Sein – Andenken?«

»Er gab dich in meine Obhut und schloß Frieden mit mir, weil er wußte, daß er sterben würde«, hatte der König erwidert. »Unter euren ungebärdigen Clansmitgliedern trachten dir viele nach dem Leben, da sie sich die Ländereien deiner Familie aneignen wollen. Deine Mutter war Lady Margaret of Meadenlay. Soeben fiel ihr Bruder auf dem Schlachtfeld, sein Sohn erlag letzte Woche einem Fieber. Du hast englische Ländereien im Süden geerbt. Jetzt bist du der Count of Meadenlay und der Laird of Reggar. Nach dem Wunsch deines Vaters bin ich dein Vormund, und du wirst mir dienen.«

Da Adrien dem König nahestand, durfte er es nun wagen, im Kreis der Ritter zu sprechen. Er hatte an einigen Angriffen auf Aville teilgenommen. Widerwillig erkannten die Männer seine Fähigkeiten an, teils in Schottland erworben, teils in der Ausbildung, die er gemeinsam mit Edwards Söhnen erhielt. Aber die Attacken waren erfolglos verlaufen. Er hatte die schöne Lenore d'Aville auf den Zinnen gesehen, wo sie den zerstörerischen Flammenregen befohlen hatte. Angeblich war sie eine Hexe, eine Verführerin, die ihre Feinde in den Tod lockte. Und das mochte stimmen, denn viele Ritter hatten zu ihr hinaufgestarrt, gebannt vom Anblick ihrer flatternden ebenholzschwarzen Haare, und waren gefallen. Sogar der erboste König behauptete, sie würde seine Ritter verzaubern.

»Also, was schlägst du vor, Adrien?« fragte der König. »Wir müssen einen Tunnel graben.«

»Einen Tunnel!« spottete Sir George.

»Wollt Ihr die Männer weiterhin dem siedenden Öl opfern, Sire?« gab Adrien zu bedenken. »Wenn jemand durch einen unterirdischen Gang in die Festung schleicht, kann er uns das Tor öffnen, und wir besiegen die Feinde im Nahkampf.«

»Pah!« rief William of Chelsey, ein erfahrener Ritter. »Verlassen wir uns lieber auf den Sturmbock! Zertrümmern wie das Fallgatter!«

»Welche Verluste würden wir dabei erleiden, Sire?« fragte Adrien. »Womöglich finden wir hinter dem Fallgatter ein zweites, mit Schießscharten darüber.«

Robert of Oxford, ein älterer Ritter, der dem König schon lange diente, verteidigte den Jungen. »Immerhin hat er die Architektur dieser Schlösser studiert, Sire.«

»Das stimmt«, bestätigte Edward. »Robert, bring uns ein Pergament. Adrien soll einen Plan zeichnen.«

Mit Roberts Hilfe gehorchte der Junge und erläuterte, wie die Römer und Griechen solche Strategien angewandt hatten.

»Dann soll unser kluger junge Schotte in die Festung eindringen und unseren siegreichen Angriff vorbereiten, Sire«, schlug William of Chelsey vor.

»Aber er ist erst zehn Jahre alt!« protestierte Edward.

»Trotzdem bin ich dazu bereit, Sire«, verkündete Adrien, eifrig bestrebt, seine Talente zu beweisen.

Schließlich willigte der König ein, und die nötigen Vorbereitungen wurden getroffen. Im Schutz der finsteren Regennacht eilten die Männer zu den Mauern und begannen, den Tunnel zu graben. Wenn man sie entdeckte, wären sie verloren, denn die Verteidiger des Schlosses würden Wasser in den Gang schütten und sie alle ertränken. Doch der Tunnel wurde nicht aufgespürt. Unbemerkt drang Adrien in die Festung ein, durchschnitt die Stricke, die das Tor festhielten, und die Engländer stürmten hindurch. Entschlossen kämpfte er gegen ein Dutzend Franzosen und seine eigene Angst, die er tapfer besiegte. In derselben Nacht wurde er von allen englischen Rittern und Fußsoldaten gefeiert.

Endlich innerhalb der Mauern, sah Edward III., König von England, die Flammen tanzen. Wie erschöpft er sich fühlte ... Niemals hätte er erwartet, an diesem Ort so lange zu kämpfen – nur um festzustellen, daß sich der französische König nicht im Schloß Aville versteckte.

Während er vor dem Herd stand, einen Kelch edlen Claret in der Hand, ließ seine innere Anspannung ein wenig nach. Da betrat Robert of Oxford die Halle. »Die Comtesse wartet draußen.«

Die Comtesse, dachte der König wütend. Wie alle Plantagenets neigte er zu wildem Zorn. Er war ein kriegerischer König, der seine Macht mit eisernen Händen festhielt. Wie er aus Erfahrung wußte, blieb ihm nichts anderes übrig, wenn er die Krone bewahren wollte. Sein Großvater war Edward I. gewesen, der ruhmreiche ›Hammer der Schotten‹. Und sein Vater, der unglückliche Edward II. – ein Schwächling, mit bösen Mächten im Bunde – hatte Schottland an Robert the Bruce verloren. Schließlich war er der Tücke seiner Königin und ihres Liebhabers zum Opfer gefallen, festgenommen und gezwungen worden, zugunsten seines Sohnes abzudanken, und letzten Endes hatte man ihn ermordet.

Mit fünfzehn zum englischen König gekrönt, wurde Edward vor dem Liebhaber seiner Mutter gewarnt, Roger Mortimer, dem Earl of March, der selbst den Thron besteigen wollte. Doch die Aristokraten wehrten sich ebenso gegen Roger wie das Volk.

Nach Edwards achtzehntem Geburtstag wurde Mortimer auf dem Richtplatz Tyburn gehängt. Da hatte der junge Mann längst erkannt, daß er sich als starker König bewähren mußte. Im selben Jahr wurde sein erster Sohn geboren, Edward of Woodstock, und er schwor sich, eine mächtige Monarchie aufzubauen. Glücklicherweise stand ihm eine gute Königin zur Seite, Philippa of Hainault – keine Schönheit, aber warmherzig und klug und beim Volk beliebt.

Doch seine edlen Absichten oder die Liebe zu seiner Frau konnten sein hitziges Plantagenet-Blut nicht zähmen. Und an diesem Abend zeigte er das Temperament, das zu den Leoparden in seinem Wappen paßte.

Fast dreihundert Jahre waren seit der Eroberung Englands verstrichen, beinahe zweihundert, seit Henry II. und Eleanor der englischen Monarchie ihre französischen Ländereien hinzugefügt hatten. Gewiß, zu Beginn des dreizehnten Jahrhunderts hatte der König von England einen Großteil der königlichen englischen Stellungen und seines Ansehens verloren. Aber einige Gebiete waren in englischer Hand geblieben. Seit langer Zeit nannten sich die englischen Könige auch Könige von Frankreich. Dazu durfte sich vor allem Edward berechtigt fühlen, denn seine Mutter, Isabelle, die ›Wölfin von Frankreich‹, war die Tochter Philip des Schönen gewesen. Drei ihrer Brüder hatten die französische Krone erobert, alle drei waren kinderlos gestorben. Vom Pariser Parlament wurden die Ansprüche der weiblichen Linie nicht anerkannt, und die Krone ging an Philip von Valois, einem Vetter der drei verstorbenen Kapetinger, und schließlich an Edward. Dieser argumentierte, die Frauen könnten vielleicht keine Ansprüche geltend machen, aber er sei ein Mann und stamme in direkter Linie von Philip dem Schönen ab.

Wie er sehr wohl wußte, verfügte er nicht über die erforderlichen Streitkräfte, um den französischen Thron zu erringen. Aber nun hatte es Philip VI. auf das Herzogtum Acquitaine abgesehen, dem vielleicht wichtigsten englischen Besitz auf französischem Boden. Außerdem drohte er, das Problem von Acquitaine könne nicht gelöst werden, solange Edward den Schotten ihre Rechte verweigere. Verdammt wollte Edward sein, wenn er sich von einem Franzosen vielleicht vorschreiben ließe, wie er die Schotten behandeln müßte!

Um sich mit seinem französischen Vetter auseinanderzusetzen, war er hierhergekommen – und hatte statt dessen gegen eine Frau gekämpft.

»Führt sie herein!« befahl er Robert.

Als Lenore auf Edward zuging, erwartete er, sie würde um Gnade flehen. Doch sie blieb hoch aufgerichtet vor ihm stehen. Schwarz wie die Nacht, fiel ihr langes Haar auf den Rücken hinab. Ihr purpurrotes Kleid war am Hals, an den Ärmeln und am Saum mit Pelz besetzt. In den smaragdgrünen Augen lag keine Reue – und gewiß keine Bitte. Zarter Rosenduft schien sie zu umschweben. Vielleicht war es ihr Parfüm, das seine plötzliche Begierde entfachte – oder der Anblick ihrer vollen Brüste, die sich sichtbar hoben und senkten – das einzige Zeichen ihrer Erregung. Hingerissen betrachtete er ihr ebenmäßiges Gesicht. Wenn ich ihre Wangen berührte, dachte er, würden sie sich wie Seide anfühlen.

Verächtlich und herausfordernd starrte sie ihn an. Glaubte sie, sein edles Blut würde sie schützen? Verdammt, da täuschte sie sich. Wütend über das Verlangen, das sie geweckt hatte, trat er näher zu ihr. »Hexe!« schrie er und schlug sie so heftig ins Gesicht, daß sie auf ein Knie sank.

Sofort sprang sie auf. Aus ihren Augen schienen Funken zu sprühen. »Hier seid Ihr kein König! Edward, der große Krieger, der gegen Kinder kämpft, die Ernte niederbrennt, das Vieh schlachtet! Nehmt Euch, was Ihr wollt! Aber hier wird sich niemand vor Euch beugen oder um Gnade winseln!«

Und dann stürzte sie sich auf ihn und versuchte, sein Gesicht zu zerkratzen. Verblüfft über den tollkühnen Angriff, hob er gerade noch rechtzeitig einen Arm, um sich zu verteidigen. Trotzdem fielen sie beide auf den Holzboden vor dem Herd. Im winzigen Messer, das sie aus ihrer Tasche zog, spiegelte sich der Feuerschein, und damit besiegelte sie ihr Schicksal. Er packte ihr Handgelenk, entriß ihr die Waffe und schleuderte sie in eine Ecke. Blitzschnell zerfetzte er ihr schönes purpurrotes Kleid, und der Haß in ihren grünen Augen entflammte ihn genauso wie das warme Fleisch ihrer nackten Brüste.

Als sie ihre Niederlage erkannte, schrie sie gellend auf und trommelte mit beiden Fäusten gegen seine Schultern. Verbissen wehrte sie sich, bis ihre Kräfte erlahmten. Ohne ihre Jungfräulichkeit zu beachten, nahm er sie, in wilder, zorniger Leidenschaft. Erst später ging er etwas sanfter mit ihr um, fasziniert von ihrer Vollkommenheit, ihrem süßen Duft, ihrer weichen Haut.

Danach drehte sie sich zur Seite, um ihre Tränen zu verbergen. Scham und Reue erfüllten sein Herz – Gefühle, die ihn erneut in Wut brachten. »Wenn du jetzt um Gnade bittest, werde ich dir das Leben schenken.«

»Hier wird sich niemand unterwerfen«, flüsterte sie, »oder um Gnade flehen.«

Er dachte an Philippa, die Söhne, die sie ihm geschenkt hatte und die sein Königreich stärken würden. Wie oft hatte sie ihn ins Feldlager begleitet, um ihn während seiner Schlachten beizustehen ... Aber an diesem Abend war sie nicht bei ihm. Und er pflegte sich stets zu nehmen, was er wollte. »Vielleicht wirst du irgendwann um Gnade bitten.« Er hob Lenore hoch, und sie wehrte sich nicht. Längst war ihr Widerstand gebrochen, und er trug sie ins herrschaftliche Schlafgemach. Die ganze Nacht blieb er bei ihr, liebte sie voller Glut und zärtlich zugleich. Doch sie ergab sich nicht. Und sie flehte nicht um Gnade.

Am nächsten Morgen verließ er sie, um neue Kämpfe auszufechten, und gab die Festung in Roberts Obhut.

Philip VI. von Frankreich versprach, ihn auf dem Schlachtfeld zu treffen, und Edward erwartete ihn ungeduldig. Aber dann erfuhr er, Philip habe sich hastig nach Paris zurückgezogen. Edwards Berater empfahl ihm, sein Heer nach Hainault zu führen und dort zu überwintern. Damit war er einverstanden. Während er in der Halle von Aville seine Reisevorbereitungen traf, ließ er Robert rufen und befahl ihm, Lenore zu holen.

Seit seiner Rückkehr in die Festung hatte Edward jede Nacht mit ihr verbracht, ihre Jugend und Schönheit genossen, ihren Stolz. Offenbar war sie tatsächlich eine Hexe, denn sie hatte ihn vollends verzaubert.

Ohne von dem Dokument aufzublicken, das er unterzeichnen und versiegeln wollte, erklärte er: »Man wird dich nach England bringen, Lenore. Von dort aus wird man mit deinem Verwandten, dem König von Frankreich, über deine Freilassung verhandeln.«

»Das ist meine Festung, du kannst sie nicht behalten. Und du darfst mich auch nicht nach England bringen.« Erbost trat sie an den Tisch, und er hob lächelnd den Kopf.

»Bittest du jetzt um Gnade?«

»Hätte das einen Sinn?«

»Nein. Man wird dich im Tower von London einsperren.«

In der letzten Nacht auf Aville betrat er das Schlafzimmer und sah sie vor dem Herdfeuer sitzen, frisch gebadet und nackt, nur in weichen Pelz gehüllt. Eine weiße Schulter schimmerte im Flammenschein. Schweigend nahm sie seine Leidenschaft hin. Dann bat sie leise: »Laß mich gehen!«

»Das kann ich nicht.«

Im Morgengrauen betrachtete er seine schlafende Geliebte und wußte, was ihn verzauberte. Sie hatte sein Herz besiegt, was noch keinem anderen Menschen gelungen war. Aber er mußte die Pflichten eines Königs erfüllen, und so ritt er davon.

In diesem Winter verbündete sich Edward III. mit den Flamen, die ihm Treue schwören wollten, wenn er das Wappen Frankreichs übernahm. Also teilte er seine Leoparden mit dem französischen Fleur-de-lis, was Philip erzürnte. Der französische König ließ verlauten, er ärgere sich nicht, weil sein Vetter Edward das Wappen Frankreichs trage, sondern weil es gleichberechtigt neben den Leoparden stehe, als wäre die englische Insel so grandios wie die französische Nation.

Nachdem Edward an seinen heimischen Hof zurückgekehrt war, gebar ihm Philippa einen weiteren Sohn, den er John nannte. Wenig später machte ihm Robert of Oxford seine Aufwartung. Edwards Atem stockte, denn er hatte seinen treuen Freund zu Lenore nach London geschickt.

Zunächst gratulierte Robert dem König zur Geburt seines Sohnes. Dann fuhr er fort: »Gewiß bin ich der einzige, der den Zustand der Comtesse d'Aville kennt. Aber Euer Interesse an der Lady ist niemandem entgangen. Da die Königin soeben von einem schönen, gesunden Knaben entbunden wurde, könnte ihr die Neuigkeit von einem königlichen Bastard mißfallen. Auch an die Lady sollten wir denken. Wie ich Euch gestehen muß, bedeutet sie mir sehr viel, Sire.‹

Eine Zeitlang starrte der König seinen Ritter wortlos an. Allein schon der Gedanke an die junge Frau erhitzte sein Blut. Und trotz der Umstände empfand er eine geradezu lächerliche Freude, weil sie ihm ein Kind schenken würde. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Natürlich muß die Comtesse d'Aville sofort verheiratet werden.«

»Mit einem guten, diskreten Lord – ich flehe Euch an!«

Edward lächelte. »Mit dem gütigsten, diskretesten Mann, den ich kenne. Bald werde ich wieder Krieg gegen meinen lieben Vetter Philip führen, diesmal auf hoher See, und ich werde Euch brauchen, alter Freund. Aber vorher wollen wir die Angelegenheit regeln. Noch in dieser Woche wird Lenore verheiratet.«

»Mit wem?«

»Mit Euch, mein Freund. Neulich starb der Count of Gariston, ohne Erben zu hinterlassen. Also kann ich Euch seine Ländereien und Titel übertragen. Das Schloß ist sehr schön.«