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AUSSERDEM VON PANINI ERHÄLTLICH:

Star Wars: Ahsoka

E. K. Johnston – ISBN 978-3-8332-3450-7

Star Wars: Meistgesucht

Rae Carson – ISBN 978-3-8332-3637-2

Star Wars: Leia, Prinzessin von Alderaan

Claudia Gray – ISBN 978-3-8332-3569-6

Star Wars: Blutlinie

Claudia Gray – ISBN 978-3-8332-3354-8

Star Wars BATTLEFRONT: Twilight-Kompanie

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Star Wars: THE OLD REPUBLIC – Eine unheilvolle Allianz

Sean Williams – ISBN 978-3-8332-2036-4

Star Wars: THE OLD REPUBLIC – Betrogen

Paul S. Kemp – ISBN 978-3-8332-2249-8

Star Wars: THE OLD REPUBLIC – Revan

Drew Karpyshyn – ISBN 978-3-8332-2373-0

Star Wars: THE OLD REPUBLIC – Vernichtung

Drew Karpyshyn – ISBN 978-3-8332-2608-3

Star Wars: CORUSCANT NIGHTS Band 1 – Im Zwielicht

Michael Reaves – ISBN 978-3-8332-2906-0

Star Wars: CORUSCANT NIGHTS Band 2 – Straße der Schatten

Michael Reaves – ISBN 978-3-8332-2983-1

Star Wars: CORUSCANT NIGHTS Band 3 – Schablonen der Macht

Michael Reaves – ISBN 978-3-8332-2984-8

Star Wars: Shadow Games – Im Schatten

Michael Reaves – ISBN 978-3-8332-3158-2

Nähere Infos und weitere Bände unter:

www.paninibooks.de

ROMAN

VON E. K. JOHNSTON

INS DEUTSCHE ÜBERTRAGEN
VON ANDREAS KASPRZAK &
TOBIAS TONEGUZZO

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in
der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Titel der Amerikanischen Originalausgabe: „Star Wars: Queen’s Shadow“ by E. K. Johnston, published by Disney, Lucasfilm Press,
an imprint of Disney Book Group, March 2019.

© & TM 2019 LUCASFILM LTD.

Design by Leigh Zieske

Cover Illustration von Tara Philips

Deutsche Ausgabe 2017 by Panini Verlags GmbH, Rotebühlstraße 87,

70 178 Stuttgart. Alle Rechte vorbehalten.

Geschäftsführer: Hermann ‚Paul

Head of Editorial: Jo Löffler

Head of Marketing: Holger Wiest (E-Mail: marketing@panini.de)

Presse & PR: Steffen Volkmer

Übersetzung: Andreas Kasprzak und Tobias Toneguzzo

Lektorat: Mathias Ulinski

Umschlaggestaltung: tab indivisuell, Stuttgart

Satz und E-Book: Greiner & Reichel, Köln

YDSWYA001

ISBN 978-3-7367-9967-7

Gedruckte Ausgabe: 1. Auflage, Juli 2018

ISBN 978-3-8332-3636-5

Findet uns im Netz:

www.starwars.com

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PaniniComicsDE

Für alle Mädchen, die ein großes Herz und
immer einen Plan B, C und D haben …
Und vor allem für Emma, die mir in beidem
ein Vorbild ist.

Sabé hielt die Augen geschlossen und versuchte, nicht jedes Mal zusammenzuzucken, wenn der Pinsel ihre Nase berührte. Das weiße Puder musste vorsichtig aufgetragen werden, was kitzelte, aber jetzt war keine Zeit für Gelächter. Sie achtete darauf, langsam zu atmen, während Rabé sie mit ruhiger Hand schminkte. Wie sie aus eigener Erfahrung wusste, atmete man das Puder besser nicht ein, wenn man keinen Niesanfall bekommen wollte – denn auch dafür war jetzt keine Zeit …

Rings um sich spürte sie die anderen Zofen, die ihren jeweiligen Aufgaben nachgingen. Niemand rannte durch das Zimmer, nirgends durchbrachen Emotionen die professionelle Fassade, aber Sabé wusste, wie angespannt alle waren. Saché flocht ihr Haar zu Ende, und Sabé spannte den Nacken in Erwartung des schweren Kopfschmucks, den Yané ihr nun aufsetzen würde. Rabé entfernte derweil das Stofftuch um ihren Hals, das ihr kunstvolles schwarzes Kleid vor der Schminke geschützt hatte, und Sabé öffnete die Augen.

Sie sah in das Gesicht der Königin. Es war nicht das erste Mal, aber diesmal wirkte es verzweifelter als je zuvor. Die beherrschte Ruhe des Ankleideraums reichte nicht über seine Wände hinaus; draußen auf dem Hof des Palasts waren landende Schiffe und das charakteristische Klacken von Droidenfüßen auf dem Steinboden zu hören. Wut stieg in Sabé auf. Die Handelsföderation hätte zumindest die offiziellen Landeplätze benutzen können. Es war nicht so, als wären sie weniger gut geschützt als der Palast.

Eine Bewegung im Spiegel erregte Sabés Aufmerksamkeit. Padmé und Eirtaé kehrten in den Hauptraum zurück. Padmés Gesicht war gewaschen, alle Spuren ihrer Schminke waren beseitigt, und sie hatte die Kapuze ihrer feuerroten Robe tief in die Stirn gezogen, um ihre Identität noch mehr zu verschleiern. Aber auch wenn sie ihr Gesicht nicht sah, Sabé kannte ihre Gedanken.

„Das Team hat es zum königlichen Schiff geschafft“, sagte Eirtaé. „Aber sie wurden gefangen genommen. Captain Panaka wartet im Korridor auf uns. Wo möchtet Ihr sein, wenn sie hier eintreffen?“

Sabé wusste, dass Padmé die Frage nicht beantworten würde. Allein die Königin hatte das Sagen und sobald sie mit dem Täuschungsmanöver begonnen hatten, war sie die Königin.

„Schaffen wir es zum Thronsaal?“, fragte Sabé mit tiefer Stimme. Ihr sonorer – und lange eingeübter – Tonfall erfüllte den Raum.

„Nein, Mylady“, erwiderte Eirtaé.

„Falls sie uns hier erwischen, im Ankleideraum der Königin, unterschätzen sie uns vielleicht und glauben, wir wären unvorbereitet“, sagte Yané. Sie stellte sich dicht neben Saché, während sie auf Sabés Entscheidung warteten.

„Wir werden auf die Terrasse gehen“, verkündete Königin Amidala. „Captain Panaka soll dort zu uns stoßen, mit so vielen Wachen, wie er für nötig hält.“

Rabé huschte davon, um die Anweisung weiterzuleiten, und die anderen schritten nach draußen. Sabé legte die Hände auf das Geländer und ließ den Blick über Theed gleiten. Normalerweise schenkte der Anblick ihr Frieden, aber nicht heute. Da waren zu viele Schiffe der Handelsföderation, die das Stadtbild verschandelten. Sie konnte die mechanischen Geräusche der Invasionsarmee hören, die die breiten Marmorstufen hochmarschierte, und – glücklicherweise ein gutes Stück näher – auch die schweren Schritte von Captain Panakas Stiefeln.

Padmé kniete sich neben sie, um eine Falte am Saum ihres voluminösen schwarzen Kleides glatt zu streichen.

„Wir schaffen das“, flüsterte sie so leise, dass selbst Sabé es kaum hörte. Sie griff nach unten und Padmé nahm ihre Hand und drückte sie. „In diesem Kleid ist so viel Karlini-Seide verwoben, dass es Euch und die Person hinter Euch in einem Feuergefecht schützen würde, und Ihr wisst, das ist nur der Anfang. Naboo leistet auf seine ganz eigene Weise Widerstand. Euer Volk ist mit Euch, Eure Hoheit. Wir sind bereit.“

Es waren tröstliche Worte und Sabé konnte sich gut vorstellen, dass sie etwas ganz Ähnliches sagen würde, wären ihre Rollen vertauscht – nur dass sie ihre Königin niemals einer so gefährlichen Situation aussetzen würde, ganz gleich, welcher Schutz im Stoff ihrer Roben verwoben war. Panaka hüstelte und die Tür zur Terrasse wurde von einer Metallhand aufgestoßen. Es war Zeit für Sabé von Naboo, Zofe und Leibwächterin, ihre Pflicht zu erfüllen. Und sie würde es tun, weil sie ihre Pflicht noch immer erfüllt hatte.

Sabé drehte sich um und blickte ihren Feinden als Königin von Naboo entgegen, während Padmé in ihrem Schatten verschwand.

I. TEIL

1. KAPITEL

Padmé Amidala lag sanft und reglos da. Das braune Haar umgab ihren Kopf wie ein Strahlenkranz eine Sonne, hier und dort besetzt mit weißen Blütenblättern, die der Wind zwischen ihre Locken geweht hatte. Ihre Haut war blass und rein, ihr Gesicht friedlich. Ihre Augen waren geschlossen, ihre Hände über ihrem Bauch gefaltet, während sie dahintrieb. Das Leben auf Naboo ringsum ging ohne sie weiter.

Trotzdem wurde sie auch jetzt, am Ende, noch beobachtet.

Nicht, dass etwas anderes zu erwarten gewesen wäre. Seitdem sie die Arena planetarer Politik betreten hatte, war sie unter ständiger Beobachtung. Zuerst hatten ihre Beobachter ihre Interessen und Ideale kommentiert, später dann ihre Wahl zur Königin. Viele hatten an ihrer Stärke gezweifelt, als sie sich einer Invasion gegenübersah, bei der das Leben und das Wohl ihres Volkes als Druckmittel gegen sie eingesetzt werden sollte, um sie zu einer Unterschrift zu zwingen. Aber sie hatte alle Zweifler Lügen gestraft. Sie hatte gut geherrscht, war weiser und erfahrener geworden, und beides sehr schnell. Sie hatte sich den Herausforderungen ihrer Position unerschrocken und furchtlos gestellt. Und jetzt war ihre Zeit zu Ende.

Eine kleine Verwirbelung, eine kaum wahrnehmbare Bewegung auf dem ansonsten reglosen Wasser, war die einzige Warnung, bevor Padmés Angreifer zuschlug. Ein Arm schlang sich um ihre Mitte und zog sie in die klaren Tiefen hinab, wo er sie gerade lange genug festhielt, um ihr zu zeigen, dass sie geschlagen war.

Die Königin von Naboo tauchte wieder auf und spuckte Wasser, während ihre Zofen – ihre Freundinnen – ringsum lachten. Yané und Saché, die während der Besatzung für ihre Welt gelitten hatten. Eirtaé und Rabé, die dafür gesorgt hatten, dass dieses Leid nicht umsonst war. Sabé, die die meisten Risiken einging und ihr deshalb besonders am Herzen lag. Gemeinsam – jung und scheinbar sorglos – formten sie eine Kraft, die oft unterschätzt wurde. Ganz gleich, wie oft sie sich als fähig erwiesen, die Leute nahmen sie einfach nicht ernst; sie beurteilten sie letztlich nur anhand ihrer Jugend und ihrer Kleidung. Aber genauso wollten sie es auch.

Das Seenland war berühmt für seine Abgeschiedenheit. Hier konnte selbst eine Königin unentdeckt bleiben, oder zumindest wurde sie leicht übersehen. Naboos Naturerbe wollte geschützt und geschätzt werden, so war es schon vor den neuen Verträgen mit den Gungans gewesen. Der Trubel der Hauptstadt war weit entfernt, und Padmé konnte ein wenig – aber wirklich nur ein wenig – Zeit für sich selbst haben. Das hieß, für sich und ihre Zofen und die Wachen, die Captain Panaka für nötig befunden hatte, und für das gesamte Hausgesinde. Abgeschiedenheit war eben doch nur ein relativer Begriff.

Vom Ufer aus beobachtete Quarsh Panaka, wie seine Schutzbefohlenen im sonnenbeschienenen Wasser umhertollten. Seine Züge wiesen einen nur allzu vertrauten Ausdruck auf. Er hatte darauf bestanden, sie mit zehn seiner Leute bis an den Rand des Wassers zu begleiten, und Padmé hatte nachgegeben. Nach einer Weile. Dieses Hin und Her zwischen ihnen war er inzwischen gewöhnt, wenn er mit der Königin zu tun hatte – auch wenn ihre Beziehung in letzter Zeit etwas kühler und förmlicher geworden war. Er war ein Profi, also stand er still da und blickte finster drein, wohl wissend, dass Padmé nicht gestört werden wollte, heute noch weniger als sonst.

„Ihr habt mich absichtlich gewinnen lassen“, sagte Saché. Die jüngste der Zofen trug einen Badeanzug nach demselben Schnitt wie der Rest, doch wo die anderen schöne, glatte Haut preisgaben, offenbarte sich bei ihr eine Ansammlung fleckiger Narben, die ihre Arme, Beine und ihren Hals bedeckten. Yané strich mit der Hand durch Sachés Haar.

„Ich hätte dich nicht abwehren können“, erwiderte Padmé. Sie schüttelte den Kopf so heftig, dass Wassertropfen in alle Richtungen flogen, und mit ihnen die letzten der Blütenblätter. Während sie so dastand, bis zur Hüfte im schillernden Wasser des Sees und mit ihrer eigenen Stimme sprechend, hätte man sie für ein ganz normales Mädchen halten können, aber selbst jetzt war etwas an ihrer Haltung, das auf Größeres hindeutete. „Ich hätte höchstens schreien können und das hätte mir auch nicht mehr gebracht als einen Mundvoll Seewasser.“

„Und Captain Panaka hätte sich verpflichtet gefühlt, Euch zu retten.“ Sabé sprach mit Amidalas Stimme, und Saché und Yané richteten sich beide reflexartig auf, bevor Yané zur Vergeltung mit Wasser nach dem älteren Mädchen spritzte. Sabé wischte lediglich eine Blume fort, die dabei auf ihrer Wange landete, und ließ sich weiter unbeeindruckt im See treiben. „Genau genommen habt Ihr also nicht nur seine Würde verschont, sondern auch ein Paar guter Stiefel.“

Sabé sprach sorglos – aber wohlbewusst – und so laut, dass nicht nur die anderen Mädchen im Wasser sie hören konnten, sondern auch einige der Wachen, die nicht wirklich versuchten, ihre Belustigung zu verbergen.

„Ihr habt mich vorzeitig altern lassen, meine Damen“, sagte Panaka. Da war ein Anflug von Wärme in seiner Stimme, aber es blieb eine unüberwindbare Distanz. „Meine Frau wird mich kaum noch wiedererkennen, wenn ich nach Hause zurückkehre.“

„Wenn das das einzige Problem ist“, warf Mariek ein, die drei Schritte neben Panaka stand. Sie trug keine Uniform, weil sie bis eben bei der Königin im See gewesen war. Stattdessen hatte sie sich in einen hellorangenen Sarong gehüllt, der ihre braune Haut in der vormittäglichen Sonne regelrecht glühen ließ. Wasser tropfte von ihrem dunklen Haar auf den Rücken, während der Rest von ihr trocknete.

„Nun“, erwiderte Padmé, während sie zum Ufer ging, Sabé wie immer dicht hinter ihr. „Bald werden wir uns alle ein wenig ausruhen können.“

Und da war es: das Thema, an das sie alle dachten, das bislang aber keiner hatte ansprechen wollen. Denn das Ende nahte, und weder die Schönheit des Seenlandes von Naboo noch die Gesellschaft ihrer Freunde konnte daran etwas ändern. Sobald die Wahl vorüber war, würde man eine neue Königin küren. Padmé Amidala würde sich dann nach einer neuen Berufung umsehen, ebenso wie die meisten derer, die ihr gedient hatten. Manche, so wie Panaka, blickten dem Ruhestand entgegen, sofern es auf Naboo überhaupt so etwas wie Ruhestand gab. Padmé vermutete, dass Panaka bereits mehrere Angebote erhalten hatte, aber die Zeit, als er noch über Persönliches mit ihr geredet hatte, war längst vorbei. Die Jüngeren, so wie Eirtaé und Saché, würden ihren eigenen Weg gehen, ob nun als Musiker, Ärzte, Eltern, Farmer oder was auch immer – für sie war es eine Zeit der Träume. Große Veränderungen standen bevor und sie rückten rasch näher. Aber niemand, nicht einmal Sabé, hatte es gewagt, die Königin nach ihren Plänen zu fragen.

Rabé stand auf und folgte der Königin. Eirtaé tauchte noch ein letztes Mal unter – wie zum Abschied –, dann schloss sie sich den anderen an, während sie sich sammelten und gemeinsam aus dem Wasser stiegen. Eigentlich war es nicht nötig, nicht, wo so viele Wachen in der Nähe waren, aber sie suchten stets die Nähe der Königin, und schon bald würden sie genau das nicht länger tun können.

Abseits des Hauses am See wurde gerade gewählt. Die Zahnräder der Demokratie waren gut geölt und Jahrhunderte der Tradition sorgten dafür, dass dieses zweijährliche Ritual reibungslos ablief, auch wenn diesmal gunganische Wähler mit abstimmen durften – erst zum zweiten Mal in der Geschichte des Planeten. Natürlich würden nur die wenigsten von ihnen tatsächlich ihre Stimme abgeben, aber Padmé wusste, dass die Bemühungen, sie mit einzubeziehen, geschätzt wurden; Boss Nass hatte es ihr selbst gesagt. Naboo war noch nicht so vereint, wie sie es am Ende ihrer Regentschaft gerne gehabt hätte, aber das Volk schien glücklich mit dem, was sie geleistet hatte.

Fast schon zu glücklich, wie sich herausgestellt hatte. Eine Fraktion hatte sich angeschickt, die Verfassung zu ändern, damit Padmé für eine weitere Amtszeit antreten könnte. Das war erst einmal zuvor versucht worden, während einer Zeit großer Umwälzungen in der Vergangenheit von Naboo, und Padmé sah keinen Grund, für etwas zu kämpfen, was sie nicht wollte und auch nicht für richtig hielt. Sie hatte Naboo vier ihrer Jahre gegeben und jetzt war es Zeit für eine neue Vision, eine neue lenkende Hand, die den Kurs in die Zukunft vorgab. Das war das Herzstück von Naboos Demokratie – die Überzeugung, dass Wandel und vergleichsweise kurze Regentschaften besser waren als ein stagnierendes Herrschertum. Padmé war froh, all die Aspekte zu erfüllen, die ihre Rolle verlangte, so auch diesen.

„Gar nicht in Versuchung gekommen?“, hatte Sabé gefragt, als der Bote Padmé einen Entwurf der geplanten Verfassungsänderung gebracht hatte, den sie nach kurzem Überfliegen wieder zurückschickte, ohne ihn zu unterzeichnen. Es war das einzige Mal, dass sie so etwas wie eine Unterhaltung über die Zukunft geführt hatten.

„Natürlich war da eine gewisse Versuchung“, antwortete Padmé, während sie sich auf ihrem Stuhl zurücklehnte und Sabé weiter ihr Haar bürstete. „Während ich den Entwurf durchgelesen habe, sind mir noch mindestens zehn Dinge eingefallen, die ich gern in einer weiteren Amtszeit tun würde. Aber so funktioniert die Thronfolge nicht. Jedenfalls nicht hier. Wir tun unseren Teil und dann geben wir anderen die Chance, ihren zu tun.“

Sabé hatte nichts weiter dazu gesagt.

Am Ufer schlüpften sie nun alle in ihre Sandalen, hüllten sich in farbenfrohe Sarongs und folgten den Wachen zum Haus. Am Fuße der breiten Steinstufen angelangt, blieb Padmé stehen, um ihre Füße im Gras abzustreifen. Die anderen hielten ebenfalls inne.

„Sand“, erklärte sie ihnen.

„Ich bin sicher, die Haushaltsdroiden werden Eure Umsicht zu schätzen wissen, Eure Hoheit“, sagte Eirtaé. Ihr Gesicht war emotionslos, wie es sich für eine Zofe gehörte, weswegen nur die wenigsten Leute merkten, wenn sie einen Scherz machte.

Auf dieser Seite des Hauses war die Eingangstreppe nicht sehr steil. Die Anlegestelle – für Wasserfahrzeuge; es gab nicht genug Raum, um hier mit einem Raumschiff zu landen – befand sich auf der anderen Seite des Gebäudes. Und dort waren die Stufen direkt in den Hügel gehauen, auf dem das Anwesen ruhte. Hier drüben war die Treppe bewusst als Pfad ans Wasser angelegt, weswegen der Aufstieg deutlich bequemer und müheloser war. Padmé und Mariek gingen voran, dicht gefolgt von Panaka. Der Rest der Zofen und Wachen marschierte hinter ihnen her wie Küken hinter ihrem Muttertier.

Sabé blieb noch einmal kurz stehen, um den Riemen ihrer Sandalen festzuziehen. Padmé sah, wie sie das Gesicht verzog, als sie dabei Sand zwischen ihren Zehen entdeckte. Die Zofe schüttelte ihre Schuhe aus, so gut es ging, und begann dann in gemächlichem Tempo hinter ihnen herzugehen. Sabé erlaubte sich nur selten, in Gedanken zu schwelgen, wenn sie in Gegenwart der Königin war, aber hier und jetzt, wo alles so entspannt war und ein friedlicher Wandel seinen Schatten vorauswarf, entspannte sie sich – zu Padmés großer Freude. Sie sah, wie Sergeant Tonra sich zu Sabé zurückfallen ließ; er war ein wenig größer als Panaka, mit weißer, unnatürlich blasser Haut, auch wenn zwei Wochen in der Sonne sein Gesicht deutlich gerötet hatten. Er war gerade die Stufen heruntergestiegen, als Padmé beschlossen hatte, wieder zum Haus zurückzukehren, aber die zusätzliche Anstrengung schien ihm nichts auszumachen.

„Mehrere Nachrichten sind für Ihre Hoheit eingegangen.“ Er sprach leise zu Sabé, aber Padmé konnte ihn trotzdem hören. „Keine davon ist dringend, aber eine ist eine offizielle Botschaft und muss von der Königin persönlich geöffnet werden.“

„Danke, Sergeant“, erwiderte Sabé so gefasst wie immer. „Wir werden uns umgehend darum kümmern.“

Tonra nickte, ging aber weiter neben ihr her. Padmé erwartete, dass Sabé ihn unsanft zurückweisen würde; das tat sie meistens, wenn sie das Gefühl hatte, dass jemand ihr zu nahe rückte. Ihre Privatsphäre war ihr ebenso wichtig wie Padmé die ihre, wenn auch aus anderen Gründen. Aber bei Tonra zeigte sie sich etwas nachsichtiger. Vielleicht, weil er ein Veteran der Schlacht von Naboo war. Oder vielleicht, überlegte Padmé, weil Sabé sich endlich gestattete, den Ausblick zu genießen.

Der See breitete sich unter ihnen aus, während sie die Stufen hochstiegen, und sah man von ein paar Wellen ab, reflektierte er den Himmel so makellos, dass man fast glauben konnte, Himmel und Wasser hätten die Plätze getauscht. Die grünen Hügel, die sich ringsum von den Ufern erhoben, schienen gleichermaßen in die Tiefen des Sees hinabzusinken, und die Handvoll watteartiger Wolken, die über das Blau über ihnen zogen, spiegelten sich ebenso perfekt auf dem Blau unter ihnen. Es war, als hätte man zwei Schalen übereinandergelegt und der bewaldete Horizont stelle ihre Ränder dar. Es gab keine Spur menschlicher Behausungen zwischen den Bäumen, nur das Haus, zu dem sie gerade hochstiegen. Am Himmel waren auch keine Schiffe oder fliegenden Überwachungsdroiden zu sehen und auch sonst nichts, was mit unerwünschtem Lärm die Stille hätte stören können.

Das Haus selbst bestand aus gelbem Stein, mit einem roten Dach und kupfergrünen Kuppeln. Es gab mehrere Flügel, von denen jeder einem eigenen Zweck diente, von Wohnunterkünften bis hin zur Küche, und alle waren sie durch wunderschöne Gärten miteinander verbunden. Das Anwesen gehörte der Regierung und Padmé hatte es ihre ganze Laufbahn über als Rückzugsort genutzt, seit ihren Tagen im Junior-Gesetzgebungsprogramm für Kinder. Natürlich gehörte es ihr nicht, aber sie hatte Aufbau und Einrichtung des Hauses auf subtile Weise beeinflusst, und jeder wusste, wie sehr sie diesen Ort liebte. Es war eine Oase, eine Zuflucht. Padmé kam immer hierher, wenn sie sich entspannen wollte, aber obwohl dies für sie theoretisch der entspannendste Besuch überhaupt sein sollte, konnten alle sehen, dass ihre Gedanken einfach keine Ruhe fanden.

Die Königin war vor zwei Wochen hier angekommen, um sich traditionell vor den Wahlen zurückzuziehen. Und heute wurde endlich abgestimmt. Offiziell hatte Padmé keine Präferenzen, was ihre Nachfolgerin anging, obwohl sie natürlich ihre bürgerliche Pflicht getan und ihre Stimme abgegeben hatte. Ein Droide war vor ein paar Stunden mit ihren Wahlscheinen davongeflogen, aber seit ihrer Ankunft hatten sie über Politik nur dann gesprochen, wenn es unbedingt nötig war, und seit heute Morgen überhaupt nicht mehr. Padmé hatte vor ihrer zweiten Amtszeit keinen Gegenkandidaten gehabt, auch wenn es ein paar Kritiker gegeben hatte – die gab es immer. Dies war für sie das erste Mal seit dem Beginn ihrer Ausbildung, dass sie nicht aktiv in die Politik ihres Planeten involviert war. Es gefiel ihr, aber gleichzeitig war es auch befremdlich, auf eine Weise, die sie nicht erklären konnte.

Padmé hatte gehofft, dass körperliche Anstrengung helfen würde. Sie war seit mehreren Monaten nicht mehr zur Insel hinübergeschwommen, obwohl ihre Zofen stets dazu bereit gewesen wären. Der Ausflug hätte sie müde machen sollen. Zu müde, um nachzudenken. Aber stattdessen hatten ihre Gedanken sich immer wieder neu geordnet. Nicht einmal, dass Saché sie unter Wasser gezogen hatte, hatte sie ablenken können.

Es gab viel, worüber sie sich Gedanken machen musste. Wer war sie, wenn sie nicht länger die Königin von Naboo war? Sie hatte sich so jung und mit solchem Feuereifer der Politik verschrieben, dass sie keine andere Identität besaß. Sie hatte fünf Zofen mit hierhergebracht und jede von ihnen war ebenfalls durch ihre Aufgaben geformt worden. Das ging so weit, dass sie Padmé zu Ehren sogar neue Namen angenommen hatten, als sie gewählt worden war. Wer waren sie, wenn sie endlich sie selbst sein konnten? Jeder wusste, dass Rabé von Musik träumte und Yané von einem Haus voller Kinder, ebenso wie Saché, und auch die anderen hatten alle ihre eigenen Visionen. Doch es fiel Padmé schwer, sich selbst in einer dieser Visionen zu sehen. Würden sie noch Platz für Padmé haben, wenn sie Königin Amidala keine Verpflichtungen mehr schuldig waren? Und selbst falls ja, wer würde sie dann sein?

„Ihr werdet noch stolpern, wenn Ihr so weiter vor Euch hinträumt“, kommentierte Mariek, die neben der Königin die Stufen hochstieg. „Und das wäre keine angemessene Art, Eure Herrschaft zu beenden: die Treppe runterzufallen, weil Ihr zu angestrengt über Dinge nachgedacht habt, die nicht länger Euer Problem sind.“

„Ich kann nicht anders“, gestand Padmé. So ging es ihr immer. „Aber du hast recht. Ich werde warten, bis ich allein bin, bevor ich wieder so abschweife.“

„Ihr werdet nie allein sein, Eure Hoheit“, erwiderte Mariek. „Und damit meine ich nicht diese Gefolgschaft.“ Sie deutete in Richtung ihrer königlichen Entourage und ihr Lächeln wurde breiter. „Es wird anders sein, aber Ihr werdet auch anders sein. Und Ihr seid schlau genug, um Euren Weg zu finden.“

„Danke“, sagte Padmé. „Es ist seltsam, zwei Dinge zu wollen, die so gegensätzlich sind. Ich bin bereit aufzuhören, aber gleichzeitig habe ich auch das Gefühl, dass ich mehr hätte tun können.“

„Ich weiß“, nickte Mariek. „Darum habe ich auch für Euch gestimmt.“

„Das ist eine vergeudete Stimme!“, protestierte Padmé, die abrupt stehen blieb. Alle hinter ihnen stoppten ebenfalls und blickten auf, um zu sehen, warum die Königin angehalten hatte. „Außerdem sollst du mir nicht verraten, für wen du gestimmt hast!“

Mariek begann zu lachen, woraufhin Quarsh vortrat und seine Frau am Arm nahm.

„Ärgere die Königin nicht, Liebling. Ich weiß aus persönlicher Erfahrung, dass sie ihre ganz eigene Art hat, einem so etwas heimzuzahlen, und auch wenn ihr nicht mehr viel Zeit als Königin bleibt, habe ich absolutes Vertrauen in ihre Fähigkeiten.“ Einen Moment lang war er wieder ihr Captain – der Captain, der sie alle so gut ausgebildet hatte, bevor sich Wachsamkeit in Paranoia verwandelt hatte. Padmé vermisste diesen Captain schrecklich.

Mariek lachte nur noch lauter.

„Mylady?“ Panaka bot ihr seinen anderen Arm an. „Ich weiß, Ihr braucht sie nicht, aber Ihr würdet mir eine große Freude machen, wenn Ihr meine Hilfe annehmen würdet.“

„Natürlich, Captain“, sagte Padmé förmlich, während sie seinen Arm nahm und sich wieder in Bewegung setzte. „Da sich meine Zeit als Königin dem Ende zuneigt, ist es vermutlich wirklich das Beste, ein wenig bedächtiger bei meinen Entscheidungen zu sein.“

„Das wart Ihr immer, Mylady, auch wenn wir nicht immer derselben Meinung waren“, erwiderte Panaka. Es klang fast wie ein Friedensangebot. „Darum hatte ich auch für Euch gestimmt.“

Die Königin von Naboo lachte im Sonnenschein, bis sie mit ihren Zofen und ihren Wachen das Haus erreichte. Die Tür stand weit offen, denn dies war ein Ort des Friedens und der Besinnlichkeit, und er musste nie gegen eine feindliche Macht verteidigt werden.

Vor ihr lagen der stille Hof und die sonnengeküssten Gärten, wo sie auf das Wahlergebnis warten würden. Die Welt, die gerade über diese Wahl entschied, blieb hinter ihr zurück.

Ein letztes Mal betrat Königin Amidala das Haus als Herrscherin eines Planeten.

2. KAPITEL

Die Holonachricht, die nur durch den Sicherheitscode der Königin geöffnet werden konnte, stammte von niemand Geringerem als Kanzler Palpatine. Sie kündigte an, dass der Kanzler dem Haus am See in Kürze einen formellen Besuch abstatten würde, außerdem entschuldigte er sich dafür, dass alles so kurzfristig war. Das Holo sorgte für einige Aufregung, vor allem, weil alle noch immer ihre Badesachen trugen, doch Padmé hatte sich schon immer mit absoluten Profis umgeben, die extrem flexibel sein konnten.

Rabé bürstete die Haare ihrer Königin und überdachte die Herausforderung, die nun vor ihr lag. Als sie für den Ausflug gepackt hatten, hatten sie und Yané beschlossen, schlichte Kleider für alle mitzunehmen, auch für Padmé. Dementsprechend hatten sie keine Gewänder zur Hand, die für ein solch hochrangiges politisches Treffen angemessen wären – eben weil es während dieser Phase im Wahlzyklus keine hochrangingen politischen Treffen geben sollte. Aber Kanzler Palpatines bloße Anwesenheit machte ein gewisses Maß an Förmlichkeit notwendig und das stellte Sabé nun vor ein kniffliges Problem.

Manchmal war es gar nicht so leicht, zu erklären, was eine königliche Zofe eigentlich machte. Ein Teil ihrer Aufgaben war zurückhaltend – beratend –, ein anderer war ästhetischer Art. Und ein weiterer Teil war es, alle anderen Teile auszubalancieren. Für einen Außenstehenden, selbst wenn er von Naboo stammte, war es leicht, die Augen zu verdrehen, wenn der Tross der Königin vorbeimarschierte. Man konnte die Unmengen kunstvoller Kleider und Kopfbedeckungen, die die Königin überall hinbegleiteten, verschwenderisch oder wunderlich schimpfen, je nachdem, was einem daran nicht gefiel, aber jedes Stück – und wie es platziert wurde – erfüllte einen ganz bestimmten Zweck. Die meisten der Stoffe wurden mit einem Harz behandelt, das sie widerstandsfähiger gegen Blasterfeuer machte. In den juwelenbesetzten Broschen konnte man Aufnahmegeräte oder einen persönlichen Körperschild verbergen. Die schwersten Kleider stellten eine physische Barriere rings um die Königin dar und sie verfügten über eine Art „Notfallluke“, sodass Padmé die gesamte Aufmachung – abgesehen von dem Körperanzug, den sie darunter trug – in Sekundenschnelle abstreifen konnte, wenn sie sich schnell bewegen musste. Die Kopfbedeckungen lenkten vom Gesicht der Königin ab, sodass sie leichter durch eine Doppelgängerin ersetzt werden konnte, sollte das nötig sein. Rabé betrachtete die Garderobe und die Accessoires der Königin auf dieselbe Weise, wie sie die königliche Pistole betrachtete: als notwendige Werkzeuge, die bewusst und intelligent eingesetzt wurden.

„Yané, fang schon mal mit Sachés und Eirtaés Zöpfen an“, dirigierte Rabé. Eine junge Wache erschien an der Tür, die ihre Hände vor dem Bauch gefaltet hatte, und ohne fragen zu müssen, wusste Rabé, dass Palpatine gelandet war. „Ein einfacher, dreisträngiger Zopf, und nimm die Jadenadeln. Schaffst du das allein?“

„Natürlich“, sagte Yané. „Das heißt, mit den Nadeln hinten brauche ich vielleicht Hilfe.“

„Das kann ich machen“, bot Saché an. „Ich habe geübt.“

„Ausgezeichnet“, nickte Rabé. „Zieht die dunkelroten Roben an. Die Kapuzen bleiben unten. Wer nicht als Erster seine Zöpfe bekommt, kann sie schon mal rauslegen.“

Saché hatte sich bereits gesetzt, also stand Eirtaé auf und ging in den Ankleideraum. Sie konnten alle das Surren der Droiden hören, als die Zofe ihnen die gewünschten Kleider nannte und sie begannen, sie herauszusuchen.

„Sabé, wir müssen das Seenkleid nehmen“, erklärte Rabé derweil. „Es ist das schönste, das wir eingepackt haben. Und wir müssen nicht mit einer Bedrohung rechnen. Sieh nach, ob du eine Jacke findest, damit man ihren Rücken nicht sieht, und dann hol die grünen Roben für uns. Wir werden die Kapuzen tragen – auch wenn es eigentlich zu warm dafür ist.“

Sabé erhob sich vom Rand des Bettes, wo sie ihr eigenes Haar gebürstet hatte, und folgte Eirtaé in den Ankleideraum.

„Was ist mit mir?“, fragte Padmé in verschmitztem Ton. „Ich möchte euch nicht im Weg herumstehen.“

„Ach, seid still“, sagte Rabé. „Typisch, dass der Kanzler so plötzlich auftaucht, wenn niemand auf einen Empfang vorbereitet ist!“

„Er ist hier, um seine Stimme abzugeben“, erklärte Padmé. „Aber er kann nicht für die Krönungszeremonie bleiben. Vielleicht hätten wir mit ihm rechnen sollen, aber es ist wohl kaum dein Fehler, dass du seine Gedanken nicht lesen konntest, als er noch nicht mal auf dem Planeten war.“

Rabé gab ein Schnauben von sich und bürstete weiter Padmés Haar. Es gefiel ihr nicht, überrascht zu werden – und es kam auch nur selten vor, wie sie sich selbst zugutehielt. Mit der Effizienz jahrelanger Übung wob sie ein halbes Dutzend Zöpfe in Padmés Haare, jeder von ihnen durch goldene und silberne Bänder verziert, dann steckte sie sie in sechs breiten Kringeln rings um Padmés Kopf fest, die ersten beiden vor ihren Ohren, sodass die Illusion von Größe entstand, die normalerweise durch ihren Kopfschmuck bewirkt wurde. Rabé fügte noch weitere Bänder hinzu, die über Padmés Rücken fielen.

„Hier.“ Sabé hielt ihr ein elfenbeinfarbenes Schultertuch hin. „Passt das dazu?“

„Ja, ich denke schon“, erwiderte Rabé. „Kommt ihr beide allein zurecht, während ich mich selbst herrichte?“

Sabé nickte und Padmé stand auf. Sie trug ihre Unterwäsche, aber das Seenkleid war rückenfrei, also zog sie das Oberteil aus, während Sabé das Kleid auf den Boden legte, damit sie hineinsteigen konnte. Nachdem die Zofe das Kleid hochgezogen hatte, drapierte sie das Schultertuch und die Stoffbänder darüber. Um das Gesicht der Königin zu schminken, musste sie auf einen Hocker steigen, weil Padmé sich jetzt, wo sie vollständig eingekleidet war, nicht wieder hinsetzen wollte, aber trotz allem brauchte Sabé nur zehn Minuten.

Nun wartete Padmé, während Sabé ihr eigenes Haar zurechtmachte und Yané Eirtaés Zöpfe flocht. Die beiden Zofen schlüpften anschließend in ihre roten Roben, und Sabé und Rabé zogen die tiefgrünen Kapuzen ihrer Gewänder hoch, sodass ihre Gesichter im Schatten lagen. Es war wirklich viel zu warm für die Roben, aber es ließ sich nicht ändern. Zumindest Sabé musste vollkommen verborgen bleiben, auch wenn Padmé bezweifelte, dass sie so kurz vor dem Ende ihrer Regentschaft noch einmal die Plätze tauschen mussten.

„Wir haben es bis hierher geschafft, weil wir immer vorsichtig waren, Eure Hoheit“, erinnerte Sabé sie. Auf Padmés ausdrücklichen Wunsch hin sprachen ihre Zofen sie nur mit diesem Titel an, wenn sie in Gesellschaft waren oder die Königin ihr volles Make-up trug. Der zeremonielle Tonfall verlieh Sabés Worten weiteres Gewicht und er ließ sie viel älter wirken, als das Mädchen unter der Kapuze eigentlich war. Auch das war ein Teil ihrer Tarnung, die sie überall mit sich hintrug.

„Ich weiß“, erwiderte Padmé. „Aber ich werde um euretwillen trotzdem versuchen, die Sache so kurz wie möglich zu machen.“

Die drei anderen Zofen verließen den Raum; sie würden beim Rest von Amidalas Gefolge stehen, während Sabés und Rabés Platz hinter der Königin war. Die Wände des Empfangsraumes waren fast vom selben Grün wie ihre Roben. Sollte der Kanzler eine private Audienz erbitten, würde ihre Gegenwart ignoriert werden, wohingegen die restlichen Zofen den Raum verlassen müssten. Es klopfte an der Tür und Panaka trat ein, als die Königin ihn hereinrief.

„Kanzler Palpatine wartet bereits seit fast zwanzig Minuten, Eure Hoheit“, meldete er. „Mariek und Tonra sind bei ihm. Er scheint es eilig zu haben, aber er versteht, dass Ihr ein wenig Zeit braucht.“

„Danke, Captain.“ Königin Amidala sprach in ihrer seltsam eintönigen Stimme – eine Stimme, die Padmé und Sabé gemeinsam entwickelt hatten, damit sie beide sie perfekt benutzen konnten. Die anderen beherrschten sie natürlich auch, aber nicht ganz so gut. „Bitte, begleitet uns in den Empfangsraum, damit der Kanzler nicht noch länger warten muss.“

Panaka ließ Amidala zuerst durch die Tür treten, aber dann ging er neben ihr, als sie den breiten Marmorkorridor hinabschritten. Zwei Wachen marschierten vor ihnen her, zwei weitere hinter ihnen. Ihre Stiefel klackten in einem harten Stakkato auf dem Boden, wohingegen sich Sabé und Rabé lautlos dahinbewegten. Sie nahmen nicht den direkten Weg, weil der durch den Garten führte – Rabé hatte wie immer gute Arbeit geleistet, aber sie war nicht sicher, wie gut die Bänder halten würden, falls sie der Brise draußen ausgesetzt würden. Als sie den Empfangsraum erreichten, war der Rest des Haushalts bereits versammelt. Amidala nahm ihren Platz auf dem Thron ein, Panaka zu ihrer Rechten, und die grün gewandeten Zofen machten auf der erhobenen Plattform einen Schritt nach hinten, sodass sie beinahe mit den verzierten, grünen Wänden verschmolzen.

„Eure Hoheit.“ Marieks klare Stimme hatte sofort die allgemeine Aufmerksamkeit. „Es ist mir eine Ehre, Kanzler Palpatine anzukündigen.“

In Theed wäre das Ganze noch viel zeremonieller gewesen: Musik hätte die Vorstellung des Kanzlers begleitet – vielleicht ein Stück aus seiner Heimatprovinz oder was immer gerade am Hof beliebt war – und natürlich wäre auch viel mehr Publikum dabei gewesen. Der Mangel an Pomp und Pracht machte Amidala aber nichts aus und auch Palpatine schien sich nicht daran zu stören. Er betrat den Raum mit entspannten Schritten, gefolgt von Sergeant Tonra, und ging geradewegs zu der erhöhten Plattform, auf der die Königin saß.

„Eure Hoheit“, sagte er mit einer Verbeugung. „Danke, dass Ihr mich empfangt. Ich weiß, zu dieser Zeit ist es eine ungewöhnliche Bitte, aber ich kann nicht lange genug auf Naboo bleiben, um auf eine traditionellere Audienz zu warten.“

„Wie immer ehrt uns Eure Gegenwart, Kanzler“, begrüßte Amidala ihn. „Eure Position im Galaktischen Senat wirft ein strahlendes Licht auf Naboo und es ist uns eine Freude, das zu würdigen.“

Palpatine setzte ein gewinnendes Lächeln auf und Padmé spürte, wie Panaka sich neben ihr entspannte. Die gute Laune des Kanzlers bedeutete gewiss, dass nichts Schlimmes im Verzug war; vermutlich wollte er ihr wirklich nur ein letztes Mal seine Ehrerbietung erweisen, bevor er wieder nach Coruscant flog.

„Dürfte ich Eure Hoheit um eine private Audienz bitten?“, fragte Palpatine wie erwartet. „Ich möchte dem guten Captain keine Unannehmlichkeiten bereiten, indem ich einen Spaziergang in den Gärten vorschlage. Vielleicht könnten wir uns also hier unterhalten?“

Padmé beugte sich betont auffällig zu Panaka hinüber, der sich seinerseits ebenfalls herüberbeugte.

„Bislang läuft alles genauso, wie wir hofften“, sagte er leise, die behandschuhte Hand vor seinen Mund haltend. Sie mussten sich nicht wirklich besprechen, aber sie hatten so viel Übung darin, so zu tun, als würden sie sich besprechen, dass sie ganz wie von selbst in diese Routine verfielen.

„Ja“, flüsterte Padmé. „Wir kommen hier schon zurecht, ganz gleich, wie lange er reden möchte.“

„Wie Ihr wünscht“, erwiderte er. „Aber mehr als zwanzig Minuten Eurer Zeit werde ich ihm nicht zugestehen.“

„Ich weiß Ihre Umsicht zu schätzen, Captain“, sagte sie.

Als er sich wieder aufrichtete, war es Königin Amidala, die das Wort ergriff.

„Meine Freunde, wenn ihr uns entschuldigen würdet? Ich möchte dem Kanzler seine Audienz gewähren.“

Die versammelten Mitglieder des Haushalts verbeugten sich und verließen den Raum. Panaka war der Letzte, der ging, und er blieb kurz stehen, als er von der Plattform hinunterstieg, um dem Kanzler die Hand zu schütteln. Wenig später waren nur noch vier Personen in dem Raum und zwei von ihnen verhielten sich so unauffällig, dass sie beinahe unsichtbar waren.

Palpatine trat auf die Plattform hinauf, hielt sich aber eine gute Armeslänge von der Königin entfernt.

„Ich weiß, meine Besuche lösen immer ein wenig Aufregung aus, aber ich freue mich sehr, Euch zu sehen“, sagte er. Er war nahe genug, dass sie sich in gedämpfter Lautstärke unterhalten konnten, und Padmé wechselte wieder zu ihrer eigenen Stimme; sie wollte zu ihm als Freund sprechen.

„Es ist schon in Ordnung“, erklärte sie. „Um ehrlich zu sein, kommt mir ein wenig Ablenkung heute sehr gelegen.“

„Das kann ich mir vorstellen“, nickte er. „Nun, nicht wirklich. Im Senat laufen Treffen deutlich anders ab und ich werde mich nicht noch einmal um ein Amt auf Naboo bewerben. Aber ich werde zumindest so tun, als könnte ich es mir vorstellen.“

„Ich bin froh, dass Ihr nach Hause zurückkehren konntet, um zu wählen“, sagte Padmé. „Ich dachte, Ihr hättet Eure Stimme vielleicht per Fernwahl abgegeben.“

„Große Gesten gehören zu den schönsten Freuden, die mit großer Macht einhergehen“, erwiderte Palpatine. „Und es kann nie schaden, ein gutes Beispiel für die Öffentlichkeit abzugeben.“

Er zögerte einen Moment, lange genug, dass es ihr auffiel, und sie wartete schweigend, bis er fortfuhr.

„Habt Ihr Euch schon überlegt, was Ihr jetzt tun werdet?“, fragte er schließlich.

Padmé war zu erfahren, um in sich zusammenzusinken, doch einem geübten Auge entging sicher nicht, dass ihre Schultern bei der Frage ein wenig nach unten sackten. Sie hatte natürlich lange darüber nachgedacht, aber niemand hatte sie bislang so direkt danach gefragt. Eigentlich hatte sie vor, erst mit Sabé darüber zu reden, bevor sie es irgendjemand anderem erzählte, aber jetzt führte kein Weg mehr an dem Thema vorbei. Sie hoffte, dass Sabé es verstehen würde. Schließlich war dies längst nicht das erste Mal, dass sie als Amidala etwas sagen musste, was sie eigentlich lieber zuerst als Padmé gesagt hätte.

„Ich glaube, meine größten Stärken waren schon immer meine Entschlossenheit und meine Verhandlungskunst.“ Sie sprach noch immer mit ihrer eigenen Stimme, aber Amidala lauerte ganz dicht unter der Oberfläche. „Ich weiß, falls ich mich anstrenge, könnte ich viele andere Dinge erlernen, aber sie würden mir nie so am Herzen liegen wie die Politik.“

„Naboos einzigartige Kultur birgt die unterschiedlichsten persönlichen Ausdrucksformen“, sagte Palpatine. „Aber ja, es gibt Leute, die den Regierungsdienst antreten und sich den Rest ihres Lebens nicht mehr davon losreißen können. Leute wie mich.“

„Nun, die Regentschaft ist begrenzt“, entgegnete Amidala. „Und ich weiß, dass es Zeit ist, den Thron für die nächste Königin frei zu machen. Aber ich wüsste da etwas, was ich tun könnte. Ich habe gründlich darüber nachgedacht und mir einen vorläufigen Plan zurechtgelegt.“

„Falls ich Euch dabei behilflich sein kann, Eure Hoheit“, sagte Palpatine mit einem Lächeln – die Art, wie seine Lippen sich verzogen, konnte fast unheimlich wirken, wenn man ihn nicht kannte. Er schmiedete selbst ständig Pläne, oft mehrere auf einmal. „Es wäre mir ein Vergnügen.“

„Als Königin von Naboo musste ich mich auf die Politik dieses Planeten konzentrieren und seine Bedürfnisse über alles andere stellen“, begann Amidala. Sie wünschte, sie könnte Sabés Gesicht sehen. „Aber die Zustände auf Tatooine konnte ich nie akzeptieren, nicht seit ich vor beinahe vier Jahren dort war. Sklaverei ist ein Geschwür, Kanzler, und sie verseucht alles, wofür die Republik steht. So wie die Lage auf vielen Planeten im Äußeren Rand aussieht, kann ich keinen offiziellen politischen Wandel bewirken. Aber mir stehen Mittel zur Verfügung, die ich nutzen kann, um möglichst viele zu befreien und eine neue Heimat für sie zu finden, sofern sie das wollen.“

Sie spürte, wie ein Gewicht von ihrer Brust wich, jetzt, wo sie die Worte endlich ausgesprochen hatte. Kurz gestattete sie sich, an einen kleinen Jungen zu denken, der im All gefröstelt hatte, und an eine Mutter, die tapfer genug war, ihren Sohn dorthin gehen zu lassen, wohin sie ihn nicht begleiten konnte.

„Ihr meint, Ihr wollt sie kaufen?“, hakte Palpatine nach.

„Das Wort gefällt mir nicht, aber ja“, bestätigte Padmé ohne sichtbare Regung.

„Ein bewundernswertes Ziel, Eure Hoheit“, lobte der Kanzler. „Aber auch ein ehrgeiziges, wenn man die juristischen Hürden bedenkt.“

„Wie Ihr selbst sagtet, ich habe den ganzen Rest meines Lebens“, erinnerte sie ihn.

„Eure Hoheit“, erwiderte Palpatine. „Es interessiert Euch vielleicht, dass ich gerade im Senat für einen Gesetzesentwurf werbe, der sich genau mit diesem Thema befasst. Es geht darum, den Transport solch unglückseliger Fracht durch das Gebiet der Republik zu verbieten, und ich hoffe, dass wir damit wirklich etwas bewirken können. Es ist nicht nötig, dass Ihr Euch in dieses Thema verstrickt.“

„Ich weiß, wie der Senat funktioniert, Kanzler.“ Sie sprach nun in Amidalas frostigstem Tonfall und Palpatine spannte unmerklich die Schultern. „Ich habe vor dem Senat gestanden und verzweifelt an sie appelliert, mein Volk – Bürger der Republik – zu retten, aber sie haben nichts getan. Ich werde vielleicht nicht viel bewirken, aber niemand kann mir verbieten, etwas zu versuchen.“

„Natürlich nicht, Eure Hoheit.“ Palpatine verbeugte sich. Als er wieder aufblickte, zögerte er erneut. „Es tut mir leid, aber ich fürchte, ich habe schlechte Nachrichten für Euch.“

„Die Verhandlung?“, fragte sie. Falls er nicht wirklich wegen der Wahlen hier war, dann konnte es nur einen anderen Grund geben, warum er die weite Reise unternommen hatte. Und das war der Prozess gegen die Neimoidianer, die vor vier Jahren ihren Planeten überfallen und versucht hatten, sie zu ermorden.

„Ja, Eure Hoheit“, sagte Palpatine. „Nute Gunrays dritte Verhandlung endete ohne Mehrheitsvotum der Geschworenen. Das ist natürlich nicht das beste Resultat, aber auch nicht das schlimmste, vor allem wenn man bedenkt, wie gewieft die juristischen Vertreter der Handelsföderation sind. Die Anwälte der Republik müssen einen neuen Ansatz finden, aber sie planen bereits ihre nächsten Schritte.“

Amidala konnte ihre Wut nicht öffentlich zeigen, also verwandelte Padmé ihr Gesicht in Stein.

„Danke, Kanzler Palpatine.“ Ihre eintönige Stimme war härter als jeder Fels. „Wir wissen Euren fortdauernden Einsatz zu schätzen.“

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„Dann finden wir heraus, was auf Tatooine gebraucht wird, und tauschen es gegen die Sklaven ein“, erwiderte Sabé.

„‚Wir’?“, wiederholte Padmé, hörbar emotional.

„Natürlich wir“, bestätigte Sabé. „Ihr habt seit vier Jahren nicht mehr die eigenen Schnürsenkel gebunden. Ihr werdet jede Hilfe brauchen, die Ihr kriegen könnt.“

„Das ist nicht fair und wahr ist es auch nicht“, lachte Padmé, während sie auf Sabés Arm gestützt von der Plattform stieg. Sie konnte jetzt mehr Bänder spüren, außerdem hatte sich eine der Haarnadeln gelöst und das Schultertuch kratzte bei jeder Bewegung gegen ihren Rücken. „Die meisten meiner Schuhe haben gar keine Schnürsenkel.“

„Das mag ja sein“, entgegnete Sabé. „Aber solange Ihr mich braucht, könnt Ihr auf mich zählen. Ich hatte nur darauf gewartet, dass Ihr mich fragt.“

„Danke, meine Freundin“, sagte Padmé, und sie meinte es mit jeder Faser ihres Seins.

„Kommt jetzt“, schmunzelte Sabé. „Euer Haar ist eine Katastrophe, ich habe Hunger und offensichtlich gibt es einiges, das wir besprechen müssen.“

Eine Stunde später saßen sie nach einem guten Essen und einer langen Unterhaltung im Sonnenschein auf der Terrasse. Rabé hatte gerade verkündet, dass man sie in Theeds berühmter Musikakademie aufnehmen würde, als Sergeant Tonra zu ihnen an den Tisch trat. Sabé grüßte ihn, zögerte aber, ihm den Stuhl neben sich anzubieten. Es war offensichtlich, dass seine Aufmerksamkeit ganz und gar der Königin galt, außerdem hielt er einen Datenblock in den Händen.