Weitere Bücher der Reihe

Die unendliche Barbara Cartland Liebesroman Kollektion ist die Gelegenheit alle fünfhundert dieser zeitlos schönen Liebesromane zu sammeln, die die gefeierte Liebesromanautorin geschrieben hat.

Die Reihe trägt den Namen Die unendliche Barbara Cartland Liebesroman Kollektion weil sie Geschichten solche der wahren Liebe sind. Jeden Monat sollen zwei Bücher im Internet veröffentlicht werden, bis alle fünfhundert erhältlich sind.

Die unendliche Barbara Cartland Liebesroman Kollektion, klassisch schöne Romane wahrer Liebe erhältlich überall für alle Zeit.

  1. Der Fluch der Hexe
  2. Die Brigantenbraut
  3. Zärtliche Indira
  4. Ein Fremder kam vorbei
  5. Der Clan der McNarn
  6. Der Liebesschwur
  7. Jawort unter Fremden Sternen
  8. Gefangene der Liebe
  9. Laß mich bei dir Sein
  10. Das Traumpaar
  11. Bezaubernde Hexe
  12. Die Zärtliche Versuchung
  13. Liebe unter Fremdem Himmel
  14. Hochzeit Mit dem Ungeliebten
  15. Hochzeit Mit dem Ungeliebten
  16. Liebe unterm Tropenmond
  17. Weiße Lilie
  18. Amor in Sankt Petersburg
  19. Die Zähmung der Wilden Lorinda
  20. Die Zigeuner-prinzessin
  21. Flucht ins Gluck
  22. Die Einsame Frau das Herzogs
  23. Sehnsucht nach dem ersten Kuß
  24. Schlittenfahrt ins Glück
  25. Das Mädchen und der Maler
  26. Die Weiße Sklavin
  27. Bleib bei mir, Kleine Lady
  28. Die Braut des Rebellen
  29. Nur ein Hauch von Liebe
  30. Geheimnis um Virginia
  31. Liebestrommeln auf Haiti
  32. Ich Schenke dir mein Herz
  33. Das Glück hat deine Augen
  34. Liebesglück in Schottland
  35. Der Herzensbrecher
  36. Die Flamme der Liebe
  37. Die Schmugglerbraut
  38. Der Marquis und das Arme Mädchen
  39. Die Herrin des Clans
  40. In Deinen Armen will ich Trämen
  41. Liebe mit Hindernissen
  42. Die Kapelle im Wald
  43. Zauber des Herzens
  44. Verzieh mir Liebster
  45. Der Prinz und die Tänzerin
  46. Triumph der Liebe
  47. Geliebte Lady
  48. Heimliche Liebe
  49. Ich Liebe Sie, Mylord
  50. Alle Zärtlichkeit für Dich
  51. Das Gefährliche Spiel
  52. Irrwege der Liebe
  53. Heimliche Brautschau
  54. Das Wunder der Liebe
  55. Geliebte Dominica
  56. Die Maske der Liebe
  57. Geliebte Stimme
  58. Die Liebenden von Valmont
  59. Die Vernunftehe
  60. Die Heimliche Geliebte
  61. Ich Begleite dich auf Allen Wegen
  62. Wie ein Trauma us der Nacht
  63. Reise ins Paradies
  64. Alvina, Engel meines Herzens
  65. Entführer meines Herzens
  66. Geküßt von Einem Fremden
  67. Dein Zärtlicher Blick
  68. Meine Stolze Prinzessin
  69. Verliebt in einen Engel
  70. Verwundetes Herz
  71. Im Garten der Liebe
  72. Indischer Liebeszauber
  73. Die Brautfahrt
  74. Die Intrigen der Lady Brandon
  75. Der Herzensdieb
  76. Porträt Eines Engels
  77. Diona und ihr Dalmatiner
  78. Sternenhimmel über Tunis
  79. Ein Junggeselle wird Bekehrt
  80. Liebe im Hochland
  81. Jagd nach dem Glück
  82. Deine Liebe ist ein Juwell
  83. Bis Daß der Tod uns Scheidet
  84. Lektion in Sachen Liebe
  85. Geliebt und glücklich
  86. Entscheidung des Herzens
  87. Im Zeichen der Liebe
  88. Opfer der Gefühle
  89. Garten der Sehnsucht
  90. Lady Bartons Rache
  91. Reise im Glück
  92. Nur die Liebe Zählt
  93. Prinzessin meines Herzens
  94. Liebe im Wüstensand
  95. Atemlos aus Lauter Liebe
  96. Liebende auf der Flucht
  97. Das Pfand der Liebe
  98. Melodie des Herzens
  99. Alles Glück der Erde
  100. Magie des Herzens
  101. Im Banne der Hexe

Glück am Seidenen Faden

Barbara Cartland

Barbara Cartland E-Books Ltd.

Vorliegende Ausgabe ©2019

Copyright Cartland Promotions 1985

 

Gestaltung M-Y Books

www.m-ybooks.co.uk

Zur Autorin

Barbara Cartland wurde 1901 geboren und stammt mütterlicherseits aus einem alten englischen Adelsgeschlecht. Nach dem Tod des Vaters und Großvaters ernährte ihre Mutter die Familie allein.  Sie war zweimal verheiratet und hatte drei Kinder. Ihre Tochter Raine war die Stiefmutter von Prinzessin Diana von Wales. Sie schrieb über 700 Romane, die ein Millionenpublikum ansprechen. Barbara Cartland starb im Jahr 2000.

Vorbemerkung

Im 17. und 18. Jahrhundert galt eine Verlobung als ebenso verbindlich wie eine Eheschließung. Es war unvorstellbar, daß ein Gentleman einen »Rückzieher« machte. In einem solchen Fall würde er gewöhnlich von dem Vater oder einem Bruder der Braut zum Duell gefordert, um ihre Ehre zu rächen.

Eine Verlobung kam zustande durch »den Tausch von Ringen, einen Kuß, einen Handschlag in Gegenwart eines Zeugen«. In Frankreich war auch die Anwesenheit eines Geistlichen erforderlich, und in der englischen Aristokratie war es Sitte, eine Verlobung in der London Gazette, später auch in der Times oder der Morning Post anzuzeigen.

Nach altem jüdischen Brauch war eine Verlobung offiziell vorgeschrieben und ebenso verbindlich wie die Trauung selbst. In Europa hat sich die Verlobung als formeller Brauch vielfach bis heute erhalten.

Doch so manche Verlobung wurde gebrochen, und oftmals brannte einer der Beteiligten kurz vor der Hochzeit durch. Wilhelm der Eroberer verliebte sich in Matilda, eine junge Frau, die bereits einem anderen versprochen war. Er warb auf sehr rauhe Weise um sie ja, er schlug sie sogar, doch sie, verliebte sich in ihn und trug als erste Frau die Krone der Königin von England.

Viertes Kapitel

 

Die Vorstellung, daß Magnus Fane ein älterer Mann sei, hatte sich bei Delysia so festgesetzt, daß sie überrascht war, einem wenn auch nicht mehr sehr jungen, so doch gewiß nicht alten Mann zu begegnen.

Er sah ausgesprochen gut aus groß und schlank, mit breiten, kräftigen Schultern.

Obwohl er elegant gekleidet war, erweckte er den Eindruck, daß er bequeme Sachen bevorzugte und sich nicht mit modischen Dingen beschäftigte.

Während sie ihn anstarrte, sah er sie mit einer Mischung aus Zorn und Verachtung an, die er nicht zu verbergen suchte.

Er sagte kein Wort, und obwohl es bei dem Rollen des Schiffes nicht leicht war, machte sie einige sichere Schritte auf ihn zu.

Als sie nur noch wenige Schritte voneinander entfernt waren, deutete Delysia bewußt einen leichten Knicks an und blieb dann abwartend stehen.

Sie mußte sich jedoch an der Rückenlehne eines Stuhles festhalten, worauf er schroff sagte: »Setzen Sie sich!«

Sie gehorchte, doch bewegte sie sich so langsam, wie sie nur konnte, um ihre Unabhängigkeit zu demonstrieren. Sie ließ sich auf dem Rand des Stuhles nieder, der sich als sehr bequem herausstellte, legte ihre Hände in den Schoß und sah darauf hinunter. In wenigen Augenblicken ging es ihr durch den Sinn, würde sich Magnus Fane bei ihr entschuldigen, sie mit Fleur verwechselt zu haben.

Gleichzeitig spürte sie, wie ihr Herz wie wild zu schlagen anfing, und sie hatte plötzlich wieder Angst.

»Ich nehme an, Miss Langford«, begann Magnus Fane mit schneidender Stimme, »daß Sie überrascht sind, sich an Bord meiner Jacht zu befinden. Aber ich bin fest entschlossen, Sie davon abzuhalten, das Leben meines Neffen zu ruinieren.«

Er hielt inne, als erwarte er, daß Delysia etwas sagen würde. Sie schwieg jedoch absichtlich, und er fuhr fort: »Als ich heute frühmorgens hörte, daß Sie ihn dazu verleitet hätten, mit Ihnen durchzubrennen, war ich entsetzt, und nur durch rasches Handeln habe ich Sie beide davor bewahren können, etwas derart Schändliches anzustellen!«

Er sprach mit harter, aggressiver Stimme, und Delysia war überzeugt, daß er diesen Ton gewöhnlich gegenüber seinen Untergebenen anschlug.

Sie wußte, daß sie recht gehabt hatte, als sie ihn als Diktator und Tyrannen eingestuft hatte, und sie spürte, wie der Haß auf ihn in ihr wuchs.

Magnus Fane fuhr fort: »Als ich aus dem Fernen Osten zurückkam, habe ich erfahren, in welcher Weise Sie und mein Neffe in dem Haus Ihres Vaters zusammengelebt haben. Ich nehme an, Sir Kendrick ist über Ihr Benehmen nicht im Bilde, und ich möchte Sie hier und jetzt darauf hinweisen, daß ich es nicht zulassen werde, daß man meinen Neffen für mögliche Konsequenzen aus diesem unsittlichen Treiben zur Verantwortung zieht.«

Einen Augenblick lang verstand Delysia nicht, was er damit meinte.

Dann, als sie begriff, fühlte sie sich wie vom Blitz getroffen: Er spielte darauf an, obwohl es schier unglaublich klang, daß Fleur ein Kind bekommen könnte!

Nie war ihr ein solcher Gedanke gekommen, doch nun, da ihr die Worte von Magnus Fane in ihrer ganzen Tragweite bewußt wurden, glaubte sie, daß sie vor Entsetzen darüber in Ohnmacht fallen würde.

Sie preßte die Hände in ihrem Schoß zusammen, bis die Knöchel weiß hervortraten.

Eben wollte sie noch protestieren und sagen, daß so etwas völlig absurd sei, als sie erkannte, daß es jetzt nur noch darauf ankam, daß Fleur Lord Sheldon heiratete.

Und plötzlich, als schiene ein Licht auf in all der Finsternis, die sie umgab, sah sie den einzigen Hoffnungsschimmer, den das Schicksal ihr bot, daß sie hier war und nicht Fleur.

Zur selben Zeit, da Magnus Fane sie wegen etwas beschuldigte, von dem sie immer noch nicht glauben konnte, daß ihre Schwester es getan hatte, waren Fleur und Lord Sheldon wohl auf dem Weg ins Ausland.

Wenn sie nicht noch heirateten, ehe sie England verließen, würden sie es tun, sobald sie fremden Boden betreten hätten.

Als ihr all das durch den Kopf schoß, wurde Delysia klar, daß sich die Situation nun völlig geändert hatte. Was auch immer geschah, nichts durfte Fleurs Heirat mehr verhindern.

Es fiel ihr immer noch schwer zu glauben, daß ihre Schwester, die sie liebte und immer hatte beschützen wollen, etwas derart Unrechtes getan haben sollte, einem Mann erlaubt zu haben, sie zu lieben, ohne mit ihm verheiratet zu sein.

Mehr noch, daß sie nicht vorausgesehen hatte, welche Konsequenzen aus solch tollkühnem Treiben erwachsen könnten.

Doch wußte Delysia, daß Fleur Tim Sheldon liebte und er sie und daß sie vergangene Nacht zusammen gewesen waren. So konnte sie nur inständig beten, daß ihre Schwester nicht für alle Zeit durch ein uneheliches Kind gebrandmarkt sein würde.

Nicht in ihren schlimmsten Vorahnungen hatte sie sich etwas derart Schreckliches ausgemalt, aber ihr war nun bewußt, daß das eigentliche Unglück darin bestünde, daß Magnus Fane eingriff und sie gewaltsam voneinander trennte.

Sie müssen heiraten, natürlich, sie müssen heiraten! sprach Delysia in ihrem Herzen.

Sie wußte, daß es nur einen Weg gäbe, das sicherzustellen. Sie mußte so lange vorgeben, ihre Schwester zu sein, bis deren Heirat bekanntgegeben würde. Dann konnte Magnus Fane daran nichts mehr ändern.

Sie spürte, wie sie von dem Schock, den dieser Gedanke in ihr ausgelöst hatte, zitterte. Doch selbst während sich ihre Nägel in ihre Haut gruben, zwang sie sich, gesenkten Blickes, kerzengerade sitzen zu bleiben.

»Sie werden verstehen«, sagte Magnus Fane, »daß ich Sie so lange ausschalten werde, bis mein Neffe zur Vernunft gekommen ist und das Mädchen geheiratet hat, mit dem er verlobt ist.«

Als er mit reden aufgehört hatte, spürte Delysia, ohne zu ihm aufzusehen, daß er sie forschend musterte, als sei er über ihr Schweigen überrascht.

Da sie fand, daß sie Fleur in irgendeiner Weise gegen seinen vorwurfsvollen Ton verteidigen müßte, sagte sie mit mutiger Stimme: »Ich vermute, Mr. Fane, daß Ihnen das Glück Ihres Neffen nicht am Herzen liegt?«

»Glück?« rief Magnus Fane. »Damit meinen Sie wohl, daß er jung und dumm genug ist zu glauben, mit Ihnen glücklich werden zu können!«

Wieder unterbrach er sich, da er erwartete, daß Delysia etwas entgegnen würde, doch als sie schwieg, fuhr er fort: »Ich habe es mir zur Aufgabe gemacht, Miss Langford, Erkundigungen über Ihre Vergangenheit einzuholen. Sie ist nicht gerade lang, jedoch ziemlich bunt, von Vorkommnissen, die Ihnen keineswegs zur Ehre gereichen!«

Delysia reckte ihr Kinn in die Höhe.

 »Ich weiß nicht, wie Sie zu solcher Behauptung kommen, Mr. Fane.«

»Wollen sie Kapitel und Vers?« fragte er sarkastisch. »Schön. Ich habe gehört, wie Sie dem Marquis von Gazebrooke nachgestiegen sind, bis dieser klugerweise von London fort aufs Land gezogen ist. Wie Sie eine Reihe anderer junger Peers dazu verleitet haben, Ihnen den Hof zu machen, bis entweder deren Familien oder ihr eigener Menschenverstand sie davon abgehalten haben, Ihnen den ersehnten Heiratsantrag zu machen.«

In spöttischem Ton fuhr er fort: »Ich kann Ihnen versichern, daß Sie für Ihr Alter einen sehr üblen Ruf genießen, und nach dieser letzten Eskapade dürften Ihnen vermutlich die meisten Türen in Mayfair verschlossen bleiben!«

Er sprach mit einer deutlichen Befriedigung, die Delysia nur noch wütender machte, als sie es ohnehin schon war.

Sie wußte jedoch, daß es keinen Sinn gehabt hätte zu behaupten, daß der Marquis eine Heirat vorgeschlagen, Fleur ihn jedoch abgewiesen hatte.

Obwohl sie selbst ihrer Schwester Glauben schenkte, war sie ziemlich sicher, daß Magnus Fane es nicht tun würde, und sie mußte ehrlicherweise zugeben, daß die Anschuldigungen, die er ihr an den Kopf geworfen hatte, ein Körnchen Wahrheit enthielten.

Sie fühlte jedoch, daß sie noch einmal ein Wort für Fleur einlegen mußte.

»Vermutlich werden Sie mir keinen Glauben schenken, Mr. Fane, wenn ich Ihnen sage, daß ich Ihren Neffen von ganzem Herzen liebe, ebenso wie er mich.«

»Wirkliche Liebe, Miss Langford«, entgegnete Magnus Fane, »übersteigt, wie ich glaube, Ihre Vorstellungskraft, und Sie dürften kaum etwas davon verstehen!«

»Da irren Sie sich«, antwortete Delysia, »und da Sie mich nur vom Hörensagen kennen und trotzdem verurteilen, ist es nur fair, wenn ich Sie frage, ob Sie selbst etwas von Liebe verstehen.«

Sie sah, während sie sprach, die Überraschung in Magnus Fanes Augen. Er zog die Augenbrauen in die Höhe, als sei ihre Frage eine Unverschämtheit, und entgegnete: »Wir haben über Sie gesprochen, Miss Langford, und ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie meinen Neffen heiraten würden, wenn er nicht reich, adelig und ein guter Fang wäre, wie es, glaube ich, im Volksmund heißt.«

»Ich versichere Ihnen, das ist die blanke Unwahrheit«, sagte Delysia nachdrücklich. »Ich würde ihn heiraten, selbst wenn er außer seinem Namen keinen Pfennig besäße und wir in einer Hütte leben und uns unser Essen erbetteln müßten.«

Da sie für Fleur eintrat, sprach sie im Tonfall vollster Aufrichtigkeit.

Sie wußte, daß ihre Schwester für Tim Sheldon die gleiche Liebe empfand wie einst ihre Mutter für ihren Vater, als sie zusammen durchgebrannt waren.

Einen Augenblick lang schien Magnus Fane überrascht, dann sagte er: »Schöne Worte, aber leicht zu sagen, solange die Situation nicht eingetreten ist.«

Er grinste sie höhnisch an, und Delysia sagte: »Liebe kann man nicht kaufen, und um recht viele Menschen macht sie zu deren eigenem Kummer einen Bogen. Aber hat man erst einmal die wirkliche Liebe gefunden, ist sie eine große Macht, und niemand ist stark genug, ihr zu widerstehen!«

Während sie sprach, hatte sie den Eindruck, als sähe er zynischer aus als je zuvor, und wütend fügte sie hinzu: »Was Sie vorhaben, heißt, zwei Menschen, die sich aufrichtig lieben, zu einem Leben in Elend und Einsamkeit zu verurteilen. Und was das schlimmste ist, blind vor lauter gesellschaftlichen Regeln, zwingen Sie Ihren Neffen in eine Ehe, die nur verhängnisvoll sein kann.«

»Wenn Sie die Wahrheit wissen wollen«, entgegnete Magnus Fane, »ich kann mir nichts Verhängnisvolleres für ihn vorstellen, als mit Ihnen verheiratet zu sein.«

Sein Verhalten war derart grob, wie Delysia es bei einem Gentleman nie für möglich gehalten hätte.

Sie stand auf und sagte, die Hände auf der Rückenlehne des Stuhls, um Halt zu finden: »Nach allem, was ich von Ihnen gehört habe, Mr. Fane, kann ich nichts anderes erwarten, als daß Sie voreingenommen sind und sich in diesem Fall selbst zum Richter und zur Geschworenenschaft ernennen. Ich kann nur sagen, daß das äußerst unfair und ausgesprochen unsportlich ist!«

Dann wandte sie sich um und ging, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren, so schnell sie konnte aus dem Salon und die Treppe hinunter in ihre Kajüte.

Dort ließ sie sich aufs Bett fallen und fing heftig zu weinen an.

Wie kann jemand so abscheulich zu Fleur und so rachsüchtig sein? fragte sie sich.

Obwohl sie über das Verhalten ihrer Schwester entsetzlich schockiert und völlig außer sich war, wußte sie doch, daß es einen ganz einfachen Grund dafür gab: Fleur war verliebt - über alle Maßen verliebt.

Mit einem Ton von Verzweiflung in ihrer Stimme begann sie zu beten: »Lieber Gott, versag ihm den Erfolg, sie zu entzweien. Fleur muß Tim heiraten! Wenn sie erst einmal glücklich verheiratet sind, spielt alles andere keine Rolle mehr.«

Gleichzeitig hatte sie schreckliche Angst davor, daß Magnus Fane, selbst wenn sie verheiratet wären, Fleur gegenüber so feindselig eingestellt bliebe, daß er Mittel und Wege fände, sie von ihrem Ehemann zu trennen.

Dann sagte sie sich, daß sie sich unnötige Sorgen mache. Wenn die Heirat rechtsgültig wär, konnte er überhaupt nichts mehr dagegen unternehmen.

Vielleicht bestünde die Möglichkeit, überlegte sie, die Heirat für ungültig erklären zu lassen, da Fleur noch nicht volljährig war und die Einwilligung ihres Vormundes hätte einholen müssen. Aber Delysia war sicher, daß sich ihr Vater, der Fleur geradezu anbetete, nicht nur weigern würde, gegen diese Heirat vorzugehen, sondern sogar Verständnis für sie hätte, da er selbst mit seiner Geliebten durchgebrannt war.

»Alles wird gut werden«, flüsterte sie, wie um sich zu beruhigen, »wenn sie genug Zeit haben, um zu heiraten, und für eine Weile im Ausland bleiben, wo Magnus Fane sie nicht finden kann.«

Sie war überzeugt, daß dies Tim Sheldon ohnehin vorhatte, um möglichen Beschuldigungen seitens des Herzogs von Dorset und dessen Tochter aus dem Weg zu gehen. Es war alles sehr verwickelt und angsteinflößend.

Gleichzeitig war es Delysia völlig klar, daß sie die Rolle ihrer Schwester so lange würde spielen müssen, bis Fleur in Sicherheit war.

Sie spürte, wie ihr Herz bei diesem Gedanken schneller schlug, denn Magnus Fane war in der Tat ein furchteinflößender Mensch.

Doch dann fiel ihr ein, daß Hugo Ludgrove zu ihr gesagt hatte, daß er für sie kämpfen würde und sie sich nur an ihn zu wenden brauche, wenn sie seine Hilfe benötige.

Das würde aber nicht leicht sein, da er keine Ahnung hatte, wie er sie finden sollte und sie selbst nicht einmal wußte, wohin man sie brachte.

Sie hatte das Gefühl, daß es dort, wo immer es sein mochte, unangenehm sein würde.

Sie fragte sich, wie sie es längere Zeit aushalten sollte, mit Magnus Fane zusammen zu sein und anhören zu müssen, wie er sie wegen Sünden beschimpfte, die Fleur begangen oder auch nicht begangen haben konnte.

Eines war jedenfalls sicher: Fleur hatte es nicht nötig, den Männern nachzulaufen, wie Magnus Fane es angedeutet hatte.

Sie waren ihr nachgelaufen, seit sie aus den Kinderschuhen war. Und Delysia wußte mit absoluter Bestimmtheit, daß Fleur nicht gelogen hatte: Ihr waren Heiratsanträge gemacht worden, doch hatte sie alle diese Männer unattraktiv gefunden.

Delysia hatte es ihrer Schwester immer angesehen, wenn sie versucht hatte, sie hinters Licht zu führen. Eigentlich hatte sie von klein auf in allem die Wahrheit gesagt, da sowohl ihre Mutter wie ihr Vater Lügen verabscheut hatten.

Magnus Fane hat Fleur nie gesehen, so hat er gar keine Ahnung, wie schön sie ist, überlegte Delysia. Das Beste, was ich tun kann, ist, immer Charme und gute Manieren zu zeigen, wie häßlich er sich auch benehmen mag. Vielleicht bekommt er durch mich eine andere Vorstellung davon, wie Fleur in Wahrheit ist.

Sie sagte sich, daß das ein vernünftiger Plan sei, aus dem einfachen Grund, weil Fleur, ob es ihm paßte oder nicht, seinen Neffen heiraten würde und sie sich später unweigerlich recht häufig begegnen würden.

Auch wußte sie, daß Tim Sheldon, obwohl bereits ein wohlhabender Mann, nachdem er den Besitz seines Vaters geerbt hatte, hoffte, von den ungeheuren Reichtümern seines Onkels zu profitieren.

Dabei fiel Delysia ein, daß Magnus Fane wahrscheinlich nicht so rasch sterben würde.

Immer noch war sie überrascht, einen verhältnismäßig jungen Mann angetroffen zu haben, während sie einen älteren Herrn mit grauen Haaren erwartet hatte.

Ja, sie schätzte, daß er obwohl gewiß schon über dreißig keinesfalls älter als fünfunddreißig wäre.

Ich vermute, er muß brillant gewesen sein, wenn er in so jungen Jahren solch eine Stellung erreicht hat, dachte sie. Aber im Fernen Osten liegen die Dinge wohl anders. Ein Engländer besitzt dort Möglichkeiten, die ihm in England nie geboten würden.

Es war dumm von ihr gewesen, Fleur nicht danach gefragt zu haben, aber es war klar, daß die Mutter von Tim Sheldon die um einiges ältere Schwester von Magnus Fane sein mußte.

Ich hätte mehr Fragen stellen sollen, sagte sich Delysia.

Aber wer hätte es sich schon träumen lassen, daß sie sich je in einer solchen Lage befinden und Fleurs ganzes Glück davon abhängen würde, daß sie deren Rolle geschickt spielte.

Ich bin nie eine gute Schauspielerin gewesen, nicht einmal bei den Scharaden, die wir zu Hause als Kinder gespielt haben, dachte Delysia voller Verzweiflung.

Was nutzte es, intelligent zu sein, wenn sie Magnus Fane nicht hinters Licht führen konnte?

Sie hegte den unangenehmen Verdacht, daß er die Fähigkeit besaß, Menschen zu durchschauen, aus dem einfachen Grund, weil niemand so erfolgreich wie er hätte sein können, wenn er nicht über jenen seltenen sechsten Sinn verfügte, der im Umgang mit Menschen, egal welcher Herkunft und Hautfarbe, so ausschlaggebend war.

Was auch geschieht, er darf ihm bei mir nichts nützen, beschloß Delysia.

Wieder sagte sie sich, daß sie charmant sein müsse.

Sein irriger Eindruck von Fleur konnte nur von Frauen stammen, die sie nicht gemocht oder beneidet hatten. Wenn es ihr gelang, dieses Bild zu korrigieren, dann konnten die Dinge in Zukunft sogar besser laufen, als es sich Tim Sheldon erhoffte.

Wieder betete sie, daß Fleur und Tim so rasch wie möglich heirateten, niemand durfte sie daran hindern können.

Dann fiel ihr ein, daß, sie für den Aufenthalt bei Magnus Fane Kleidung benötigte, und sie war froh darüber, daß ihre Entführer umsichtig genug gewesen waren, einen von Fleurs Koffern mitzunehmen.

Sie machte den Koffer auf und entdeckte, daß er abgesehen von den eleganten Kleidern auch etwas enthielt, was sie im Augenblick am dringendsten benötigte - eine warme Jacke!

Sie hatte sie noch nie vorher gesehen, und sie war offensichtlich dazu gedacht, bei modischen Anlässen getragen zu werden.

Obwohl sie aus Satin gefertigt und mit eleganten Borten besetzt war, war sie auch mit Pelz eingefaßt.

Es handelte sich offensichtlich um einen sehr teuren Pelz, und Delysia wollte nicht raten, was er wohl gekostet hatte.

Da es jedoch die einzige Jacke in dem Koffer war, wußte sie, daß sie sie wohl würde tragen müssen, wenn sie nicht die ganze Reise über in ihrer Kajüte sitzen wollte.

Sie paßte nicht recht zu dem Kleid, das sie für die Kirche angezogen hatte. So schaute sie nach und fand ein anderes, das ganz so aussah, als wäre es dafür gedacht, daß man es unter der Jacke trüge.

Glücklicherweise waren sie und Fleur ungefähr gleich groß, aber als sie sich im Spiegel betrachtete, mußte sie lachen. Für eine Gefangene von Magnus Fane, unterwegs zu einer Art Besserungsanstalt, sah sie viel zu elegant aus:

Da ihr einziger Hut so zerdrückt worden war, daß sie ihn nicht in die alte Form bringen konnte, wählte sie einen langen Schal aus blauem Chiffon, wand ihn um ihr Haar und schlang die Enden im Nacken zusammen.

Er umrahmte ihr schmales, gut geschnittenes Gesicht, das nun ganz von ihren Augen beherrscht wurde, da ihre Wangen blaß und ausgezehrt wirkten von den Strapazen und Aufregungen der letzten Zeit.

Tatsächlich verlieh dies ihrem Aussehen eine besondere Schönheit und etwas Vergeistigtes, obwohl sie selbst ein anderes Bild von sich hatte.

Ihrer Ansicht nach war Fleur um so vieles hübscher als sie, daß man sie gar nicht miteinander vergleichen konnte.

Nachdem Delysia angezogen war, trat sie entschlossen aus ihrer Kajüte und stieg über die Treppe hinauf aufs Deck.

Sie besaß genügend Erfahrung, um sich an die Luvseite zu halten, die dem Wind zugekehrt lag. Sie genoß die frische Luft, und es schien, daß nicht nur ein Teil ihrer Erschöpfung, sondern auch ihre Angst beim Anblick des Meeres und der Sonne verflogen.

Sie fand eine Möglichkeit, sich zu setzen, lehnte sich zurück und ließ sich die Sonne ins Gesicht scheinen. Wie sehr liebte sie es doch, auf See zu sein, ging es ihr durch den Sinn. Wenn schon nichts anderes, so konnte sie zumindest das genießen.

Sie mußte über eine Viertelstunde auf Deck gewesen sein, als sich ein Schatten zwischen sie und die Sonne legte.

Als sie aufblickte, sah sie Magnus Fane, der sie überrascht musterte.

Er hatte die Kleidung, die er bei ihrer ersten Begegnung getragen hatte, gewechselt und trug nun Segeljacke und Schirmmütze.

Zu ihrer Überraschung sagte er mit einer Stimme, die völlig anders klang als bisher: »Haben Sie es bequem, Miss Langford?«

Delysia lächelte.

»Im Grunde lautet Ihre Frage, ob ich mich seekrank fühle. Die Antwort ist, nein. Ich bin, wie man so sagt, ein sehr guter Seemann. Ich liebe die See.«

Magnus Fane setzte sich neben sie.

»Das überrascht mich«, sagte er. »Ich habe immer gedacht, Frauen würden bei der ersten Welle seekrank und lägen stöhnend in ihren Kabinen, bis sie wieder trockenen Boden unter den Füßen hätten.«

»Ich bin mit meinem Vater schon einige Male bei ziemlich rauher See gesegelt«, entgegnete Delysia. »Ich muß Ihnen im Übrigen zu Ihrer neuen Jacht gratulieren, Mr. Fane. Sie ist sehr elegant, wie ich sehen kann, und ich bin noch nie so schnell übers Wasser geflogen wie jetzt.«

Sie unterhielten sich eher wie zwei Leute, die einander gerade bei einer öffentlichen Regatta vorgestellt worden sind, nicht wie Entführer und Entführte, stellte sie, während sie sprach, insgeheim mit einem leichten, belustigten Lächeln fest.

»Ich bin selbst sehr zufrieden mit der Jacht«, antwortete Magnus Fane, »und wenn Sie sich dafür interessieren, würde ich sie Ihnen gerne zeigen. Ich habe viele Neuerungen verwendet, die den englischen Schiffsbauern bislang unbekannt waren.«

»Ich würde sie mir sehr gerne ansehen«, sagte Delysia, »und ich finde, Der Seelöwe ist ein sehr passender Name.«

Als sie zum Lunch Platz nahmen, hätte sie am liebsten über die Art, wie sie und Magnus Fane sich benahmen, losgekichert.

Sie hatte den Eindruck, er müsse ebenso wie sie zu dem Schluß gekommen sein, daß es unsinnig war, sich weiter zu bekriegen, wenn sie auf unbestimmte Zeit zusammen sein mußten.

Er redete mit ihr, wie er es mit jeder anderen Dame getan hätte, die bei ihm zu Gast gewesen wäre, und sie bemühte sich, so angenehm wie möglich zu erscheinen. Sie vergaß auch nicht, alles, was er ihr zeigte, zu loben.

Sie war jedoch darauf bedacht, ihn nicht öfter als nötig direkt anzusehen.

Andernfalls fürchtete sie, würde er ihre Verstellung durchschauen und herausfinden, daß sie ihn nicht mochte.

Wenn er wirklich jenen sechsten Sinn besaß, vor dem sie solche Angst hatte, würde es ihm leichter fallen, ihre Gedanken von ihren Augen abzulesen, als sie aus ihren Worten zu erraten.

Man kann seine Stimme verstellen und sie zumindest unpersönlich erscheinen lassen, überlegte sie. Aber es dürfte gewiß sehr schwer sein, obwohl ich noch nie darüber nachgedacht habe, die wahre Meinung nicht durch Blicke zu verraten.

Während des Lunchs überredete sie Magnus Fane dazu, über den Fernen Osten zu erzählen.