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Dr. Christine Hutterer

Problem:
Alkohol

Ein Ratgeber für Angehörige
und Freunde

Fotografien von Sibylle Fendt

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Inhaltsverzeichnis

Was wollen Sie wissen?

Maßvoll oder bedenklich?

Wie Ihnen dieses Buch hilft

Analysieren Sie Ihre Situation

Wann wird Alkohol zum Problem?

Die eigene Rolle (neu) bewerten

Sie sind mitbetroffen – ob Sie es wollen oder nicht

Sich selbst in den Blick nehmen

Ihre Belastungen wahrnehmen

Sonderrolle: Kinder im Haushalt

Hier bekommen Sie Hilfe

Wege aus der Hilflosigkeit: Die Geschichte von Rainer Fischer

Alltagskonflikte überwinden

Sie sind nicht hilflos!

Das Trinkverhalten verstehen

Wohin geht die Reise?

Schluss mit heimlich!

Mit Aggressionen und Gewalt umgehen

Nehmen Sie sich wichtig!

Wege aus der Hilflosigkeit: Die Geschichte von Monika und Michael Annecke

Veränderungen einleiten

Vom Alkoholkonsum abgrenzen

Nichtkonsum fördern

Die Bedeutung guter Kommunikation

Das große Ganze sehen

Wege aus der Hilflosigkeit: Die Geschichte von Gesa Schwarz

Den Weg aus der Sucht begleiten

Alkoholabhängigkeit ist behandelbar

Die Therapie vorbereiten

Den Betroffenen begleiten

Kontrolliertes Trinken – geht das?

Mit Rückfällen umgehen

Wenn der Betroffene keine Therapie macht

Wege aus der Hilflosigkeit: Die Geschichte von Sivia Ratzek

Abstinenz gemeinsam leben

Trockene Alkoholiker unterstützen

Partnerschaft und Freundschaft neu gestalten

Wege aus der Hilflosigkeit: Die Geschichte von Margarete und Rainer Sielaff

Hilfe

Adressen

Stichwortverzeichnis

Was wollen Sie wissen?

Probleme mit Alkohol haben unzählige Gesichter. Doch eines ist bei einer alkoholbedingten Suchterkrankung immer gleich: Es leiden viele Menschen mit und stehen der Situation hilflos gegenüber. Dieser Ratgeber richtet sich an Angehörige und Freunde, die ihren Weg heraus aus dem Teufelskreis finden wollen.

Bei uns dreht sich alles um den Alkohol. Ich habe schon alles versucht. Soll ich noch mal einen Versuch wagen?

Es ist typisch, dass sich in einem Haushalt mit einer alkoholkranken Person alles um diese dreht: Wie viel hat sie wieder getrunken, wann ist sie nach Hause gekommen, wie viel Geld wird für Alkohol ausgegeben usw. Dass der Betroffene ständig im Zentrum der Aufmerksamkeit steht funktioniert aber nur, solange er die Folgen seines Handelns nicht selbst zu tragen hat und das zu spüren bekommt. Genau hier sollten Sie ansetzen, wenn Sie noch einen Versuch starten möchten. Sie werden verstehen, warum der Betroffene trinkt, und lernen, wie Sie sich vom Alkoholkonsum abgrenzen, ohne den Betroffenen fallen zu lassen (siehe ab S. 99). Sie lernen, welche Wechselwirkungen zwischen Ihnen und dem Betroffenen existieren (siehe ab S. 110) und wie Sie die Situation ändern können. Außerdem erfahren Sie, wie Sie wieder mehr Lebensfreude gewinnen, unabhängig davon, was der Betroffene macht oder nicht macht. Ihre Verhaltensänderung kann dazu führen, dass der Betroffene seinen Alkoholkonsum reduziert oder sogar eine Therapie beginnt, auch wenn er zuvor nicht dazu bereit war.

Ich will meinem Bruder unbedingt helfen. Aber es kostet mich so viel Kraft, was kann ich tun?

Eine enge Beziehung zu einer alkoholkranken Person kann sehr belastend sein und führt nicht selten dazu, dass auch der Angehörige körperlich oder psychisch erkrankt. Viele Angehörige verlieren sich in der Betreuung des Alkoholikers und verlernen dabei, auf sich selbst zu achten. Doch auch mit einer alkoholkranken Person im näheren Umfeld ist ein zufriedenes Leben möglich. Viele Anregungen, was Sie tun können, um Ihre Lebensfreude und Kraft zurückzugewinnen, erhalten Sie ab S. 32. Angehörige fühlen sich häufig mit allen Sorgen und Problemen allein und trauen sich nicht, über das Alkoholproblem offen zu sprechen. Doch es gibt eine Reihe von Hilfsangeboten für Angehörige. Haben Sie den Mut, diese für sich in Anspruch zu nehmen, denn dort sind Menschen, die Ihre Nöte und Sorgen gut kennen und helfen können (siehe ab S. 57).

Wenn mein Mann betrunken ist, wird er sehr aggressiv. Wie kann ich mich und vor allem unsere Kinder schützen?

Leider treten Alkoholkonsum und Aggressionen oder Gewalt häufig gemeinsam auf. Selbst ein im nüchternen Zustand gutmütiger Mensch kann unter Alkoholeinfluss gewalttätig werden. Wichtig ist, für den Fall der Fälle, einen Notfallplan zu entwickeln. Worauf es dabei ankommt, erfahren Sie auf S. 85. Daneben gilt es, Ihre Wahrnehmung zu schulen und frühe Anzeichen von drohender Gewalt zu erkennen, um einen Gewaltausbruch zu vermeiden. Kinder müssen besonders geschützt werden, denn Gewalt gefährdet ihre Gesundheit nicht nur auf körperlicher Ebene. Die Situation kann schwerwiegende Folgen für deren Zukunft haben. Was Sie beachten können, können Sie ab S. 46 nachlesen.

Wir sind sicher, unsere Tochter hat ein Alkoholproblem. Wie bekommen wir sie dazu, eine Therapie zu machen?

Häufig wünschen sich Angehörige, dass der Betroffene eine Therapie macht, aber dieser möchte nicht. Sie können ihn nicht dazu zwingen. Auch wenn das im ersten Moment frustrierend klingen mag: Ein Betroffener muss sein Alkoholproblem selbst erkennen und selbst den Wunsch entwickeln, etwas daran zu ändern. Es gibt aber auch eine gute Nachricht: Sie können an sich selbst und Ihrem eigenen Verhalten etwas ändern. Dazu müssen Sie sowohl das Verhalten des Betroffenen verstehen (siehe ab S. 71) als auch Ihr eigenes Verhalten analysieren (siehe ab S. 28). Wenn Sie an den Punkt kommen, an dem sich der Betroffene zu einer Therapie bereit erklärt, ist gute Vorbereitung das A und O. Was Sie beachten sollten und wo Sie Unterstützung erhalten, erfahren Sie ab S. 127.

Mein Freund trinkt viel und häufig. Wann wird es gesundheitlich bedenklich?

Es gibt medizinisch betrachtet keinen gesunden oder gefahrlosen Alkoholkonsum. Selbst das angeblich gesunde Glas Rotwein ist wissenschaftlich umstritten. Mit der Alkoholmenge steigt das Risiko, körperlich oder seelisch zu erkranken. Unabhängig von der Trinkmenge gibt es klare Kriterien für die Definition einer Alkoholgebrauchsstörung. Diese finden Sie auf S. 21. Der Konsum einer nahestehenden Person kann aber auch für Sie auf Dauer gesundheitliche Folgen haben, beispielsweise wenn Sie zunehmend Aufgaben des Betroffenen übernehmen oder durch Gewalt und aggressives Verhalten gefährdet werden. Mehr dazu erfahren Sie ab S. 39. Es geht also auch darum, dass Sie sowohl den Betroffenen als auch sich genau in den Blick nehmen.

Ich habe gelesen, dass ich als Ehemann auch Teil des Alkoholproblems sein kann. Stimmt das?

Zuallererst die wichtigste Botschaft: Sie als Partner sind nicht schuld. Niemand ist schuld am Alkoholproblem einer anderen Person! Alkoholkonsumstörungen sind Krankheiten, für die die Angehörigen nichts können (ebenso wenig wie die Betroffenen). Dennoch stimmt es: Durch die Sorge um den Betroffenen und den Wunsch zu helfen, gelangen Angehörige in einen Kreislauf der Verstrickung. Ohne es zu wissen und zu wollen, tragen sie durch ihr hilfsbereites Verhalten dazu bei, dass sich das Problem eher manifestiert oder verschlimmert statt löst. Ob Sie sogenanntes unterstützendes Verhalten praktizieren und wie Sie anders handeln können, erfahren Sie ab S. 99.

Meine Mutter kommt bald aus dem Entzug. Es sieht gut aus. Ich habe aber große Angst vor einem Rückfall.

Viele Angehörige setzen große Hoffnungen und Erwartungen in eine Therapie. In der Tat ist ein Entzug bei körperlicher Abhängigkeit ein erster, sehr wichtiger Schritt in Richtung Genesung (siehe S. 134). Doch nach dem Entzug geht die eigentliche Arbeit für den Betroffenen erst los. Er muss den Triggern (Auslösern) widerstehen, die ihn jahrelang dazu gebracht haben, zu trinken. Daher sind die Nachsorge und Rückfallprophylaxe weitere wichtige Bestandteile der Therapie (siehe S. 138). Eine Selbsthilfegruppe ist für viele Betroffene, aber auch für Angehörige, eine Anlaufstelle für konkrete Probleme im Alltag. Eventuell müssen auch Sie als Angehöriger Ihre Rolle neu finden. Die Angst vor einem Rückfall ist nicht unberechtigt. Allerdings ist ein Rückfall nicht unbedingt eine Katastrophe. Warum er auch eine Chance sein kann, erfahren Sie ab S. 146.

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Möglicherweise zweifeln Sie noch, ob Ihr Angehöriger ein Problem hat. Schauen Sie genauer hin.

Maßvoll oder bedenklich?

Alkoholprobleme sind weit verbreitet und zeigen sich nicht immer nur in Form einer schweren Abhängigkeit. Aktiv hinzuschauen und nachzufragen, kann helfen, Schlimmeres zu verhindern.

image Aus dem einen Bier hin und wieder wurden über Monate oder Jahre jeden Abend mehrere Flaschen nach der Arbeit, um den Ärger zu vergessen. Die Abende mit Kumpels enden jedes Mal in einem Vollrausch. Gemeinsame Hobbys oder Unternehmungen, mit denen Sie früher zusammen viel Zeit verbrachten, gibt es kaum noch. Wenn Ihr Ehemann, Ihre Freundin, Ihr Kollege oder Ihre Schwester Alkohol getrunken hat, fühlen Sie sich unwohl, und allzu oft sagen Sie dann lieber gar nichts, um Streit zu vermeiden. Manchmal schafft es der Betroffene nicht zur Arbeit, weil die Nachwirkungen des vorigen Abends zu schwer sind. Sie haben schon unendlich viele Versprechen gehört, dass sich jetzt wirklich etwas ändert, doch nichts ist geschehen. Diese Liste ließe sich endlos fortsetzen und vielleicht kommt Ihnen die eine oder andere Szene mehr als vertraut vor.

Vielleicht haben Sie bisher aber auch nur eine vage Vermutung, ein ungutes Gefühl, wenn Sie an den Alkoholkonsum denken, und haben das Thema noch nie angesprochen. Auch das ist nicht ungewöhnlich. Noch immer sind Alkoholprobleme schambehaftet. Man möchte nicht, dass das Umfeld mitbekommt, dass ein Familienmitglied oder der beste Freund trinkt. Noch immer gilt ein Alkoholproblem als Willensschwäche. Doch die Ehefrau, den Sohn, die Schwester oder den Freund, die Kollegin kennt man doch gar nicht als „Schwächling“. Aus diesem Grund rechtfertigt man gerne den Alkoholkonsum eines nahestehenden Menschen. Man spielt herunter, vergleicht die Trinkmengen mit anderen, glaubt Beteuerungen des Betroffenen oder findet Ausreden anderen gegenüber.

Ob der Alkoholkonsum einer Person noch maßvoll oder schon bedenklich ist, ist nicht immer leicht zu entscheiden. Ein recht guter und gleichzeitig pragmatischer Weg ist, auf das eigene Gefühl zu hören: Sie wundern sich über den Konsum Ihres Angehörigen? Sie machen sich Sorgen? Empfinden Sie die Konsumhäufigkeit, die Trinkmengen oder die Anlässe, aus denen Alkohol getrunken wird, als unangemessen? Sie stört das Konsumverhalten und Sie leiden darunter? Wenn Sie auch nur eine dieser Fragen mit „Ja“ beantwortet haben – und das ist sehr wahrscheinlich, wenn Sie dieses Buch gekauft haben –, dann ist der Alkoholkonsum dieser Person bedenklich. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der Alkoholkonsum ein als „normal“ angesehenes, gesellschaftlich akzeptiertes Maß übersteigt (siehe S. 17 f).

image Alkoholmissbrauch ist immer noch ein Tabuthema. Man redet nicht darüber, nicht innerhalb der Familie und erst recht nicht mit Außenstehenden. Dabei sind Alkoholprobleme weit verbreitet – in der eigenen Familie, bei Partnern, Eltern, Kindern oder Geschwistern, in befreundeten Familien, bei Nachbarn oder Kollegen. Und eine Lösung beginnt immer damit, darüber zu sprechen!

Wie Ihnen dieses Buch hilft

In diesem Buch stehen Sie als Angehöriger eines Menschen mit Alkoholproblem im Mittelpunkt. Es zeigt Ihnen, was Sie selbst tun können, um Ihre Situation zu verbessern.

image Das Buch ist für jeden, der sich Sorgen oder Gedanken über den Alkoholkonsum eines nahestehenden Menschen macht. Sie können sich davon angesprochen fühlen, auch wenn bei Ihrem Angehörigen (noch) keine Alkoholabhängigkeit diagnostiziert worden ist. Je früher Sie sich damit auseinandersetzen, wie Sie einer Alkoholkonsumstörung – so der medizinische Fachbegriff – in Ihrem nahen Umfeld begegnen können, desto besser sind die Chancen, dass der Betroffene einen Weg aus dem Konsum findet und dass es Ihnen selbst gelingt, gesund zu bleiben. Denn auch Sie leiden. Und vor allem dann, wenn der Alkoholmissbrauch Ihres Angehörigen bereits offensichtlich und sehr schwer ist, erhalten Sie hier Rat und Unterstützung.

Als Angehöriger sind Sie ebenfalls betroffen

Unter Alkoholproblemen leiden die Angehörigen häufig stärker als der Betroffene selbst. Zudem sind in der Regel im Umfeld eines Alkoholikers mehrere Angehörige belastet, sodass die Anzahl der mitleidenden Personen deutlich höher ist als die Zahl der Alkoholkranken.

Alkohol löst ein Verlangen nach Mehr aus. Die Grenzen zwischen unproblematischem Konsum, Missbrauch und Abhängigkeit sind fließend. Mit dem Alkoholkonsum steigt auch die Belastung der Angehörigen immer stärker an. Zudem ist es für Angehörige leider umso schwerer, eine Änderung beim Betroffenen zu erreichen, je größer dessen Alkoholproblem ist. Darum ist es gut, möglichst früh aktiv zu werden.

Dieser Ratgeber und die vorgestellten Hilfestellungen gelten, egal, ob Sie erwachsenes Kind oder Elternteil oder guter Freund oder Arbeitskollege sind. Weil aber häufig Ehe- oder Lebenspartner, und besonders häufig Partnerinnen betroffen sind, wird das Vorgehen beispielhaft an dieser Personengruppe durchgesprochen.

Der Ansatz dieses Ratgebers

Wie Sie vielleicht aus eigener Erfahrung wissen, bringt vieles von dem, was man fast automatisch macht, das Drohen, Schreien und Kontrollieren, nichts im Kampf gegen den Alkohol. Da Sie dieses Buch lesen, sind Sie dennoch weiterhin auf der Suche nach einem geeigneten Vorgehen, nach Tipps, was Sie tun können. Wahrscheinlich wird Sie der Ansatz, den dieses Buch verfolgt, überraschen. Denn die folgenden Kapitel beschäftigen sich vor allem mit Ihrer Situation als Angehöriger. Ihnen werden darin Wege aufgezeigt, wie Sie Ihren Fokus mehr auf sich richten können. Dieses Buch kann Ihnen helfen,

imagewenn Sie sich aufgrund der Alkoholproblematik hilflos fühlen,

imagewenn Sie Angst haben, dass sich der Betroffene durch das Trinken schwer schädigt,

imagewenn der Alkohol droht, Ihre Ehe oder Beziehung zum Betroffenen zu zerstören, oder

imagewenn der Alkoholkonsum des Betroffenen Auswirkungen auf Ihre Kinder hat.

Die Vorschläge und Tipps, die wir Ihnen dabei geben, basieren weitgehend auf einem erprobten, wissenschaftlich untersuchten und nachweislich Erfolg versprechenden Ansatz. Dieses Programm nennt sich CRAFT-Modell. CRAFT steht für „Community Reinforcement Ansatz: Das Familien-Training“. Es vermittelt Ihnen neue und hilfreiche Strategien im Umgang mit dem Betroffenen – und das in unterschiedlichen Lebenslagen. Die Wirksamkeit des Programms wurde in verschiedenen Untersuchungen belegt. Werden die einzelnen Teile vollständig durchgeführt, haben sich auch Betroffene in Behandlung begeben, die zuvor nicht dazu bereit waren.

Mindestens genauso wichtig ist aber, dass sich durch das Programm Ihre eigene Lebensqualität deutlich verbessert, und das unabhängig davon, ob sich der Betroffene letztendlich in Behandlung begibt oder nicht.

Trauen Sie sich, den Ihnen vertrauten Weg, der bisher keinen Erfolg gebracht hat, zu verlassen, und seien Sie offen dafür, neue Möglichkeiten der Interaktion mit dem Betroffenen zu erlernen.

image Das CRAFT-Programm ist ein von einem Therapeuten oder Suchtberater mit CRAFT-Ausbildung angeleitetes Programm, das zehn bis zwölf Einheiten umfasst. Das Buch kann eine CRAFT-Therapie nicht ersetzen. Doch Sie bekommen einen Leitfaden mit Übungen, Vorgehensweisen und Beispielen an die Hand, mit deren Hilfe Sie verstehen werden, wie Sie mit der Situation besser zurechtkommen, gleichzeitig gesund bleiben und obendrein auf eine Verhaltensänderung des Betroffenen hinwirken können.

Analysieren Sie Ihre Situation

Je nachdem, ob Sie Partner oder Bruder, Mutter oder Kind eines trinkenden Menschen sind, nehmen auch Sie unterschiedliche Rollen ein.

image Die Situation, in der Sie sich befinden, kann sehr unterschiedlich sein. Der Betroffene kann Ihr Partner sein. Es kann aber auch Ihr (erwachsenes) Kind, ein Elternteil, eine Schwester oder ein Bruder, ein guter Freund oder auch ein Kollege sein. Von Ihrer Nähe zu dem Betroffenen hängt teilweise ab, wie Sie agieren können, was Sie bewirken können und wie stark Sie selbst involviert sind. Eine Person, die täglich einen Trinker zu Hause hat, ist anderen Belastungen und Themen ausgesetzt als ein Arbeitskollege – und kann auch anders einwirken. Erstere Person bekommt das Ausmaß des Alkoholkonsums deutlich zu spüren. Leere Flaschen, zunehmende Unzuverlässigkeit, häufige Auseinandersetzungen, finanzielle Sorgen und Ängste, dass Außenstehende etwas merken könnten, oder aggressives Verhalten – all das kann auftreten. Ein Arbeitskollege hingegen wird eher mit der nachlassenden Leistung konfrontiert sein, die häufig zur Folge hat, dass Aufgaben des trinkenden Kollegen übernommen werden, sodass man selbst deutlich mehr Arbeit hat und dadurch zunehmend belastet wird.

Für Sie ist es in Ihrer Rolle häufig nicht leicht zu entscheiden, ob das Trinkverhalten einer Person „nur“ problematisch ist oder ob bereits eine Abhängigkeitserkrankung vorliegt. Einige Hinweise, die Ihnen helfen, dies einzuschätzen, finden Sie ab S. 16. Vielleicht ist das Problem aber auch bereits ganz offensichtlich und Sie hadern mit Ihrer Rolle gegenüber dem Betroffenen. Oder aber in Ihnen nagt ein unbestimmtes Gefühl, ob Sie sich anders verhalten sollten.

Angehörige wachsen in den Missbrauch hinein

Vielleicht haben Sie schon lange eine Ahnung oder sogar Gewissheit und haben trotzdem die Augen vor den Folgen verschlossen. Vielleicht wollten Sie damit den Betroffenen oder sich selbst schützen, weil Sie sich hilflos fühlten, aus Angst, was dann auf Sie zukommt, oder einfach deshalb, weil Sie den Betroffenen lieben und ihm glauben (wollen), wenn er behauptet, er habe alles im Griff.

Nicht nur die Entwicklung einer Alkoholerkrankung verläuft über einen längeren Zeitraum und in Phasen, auch Sie als Angehöriger entwickeln sich mit. Alkoholkarrieren beginnen sehr unterschiedlich. Über die Dauer werden sie sich aber immer ähnlicher und führen dann zur sozialen Isolation und zu der Zunahme an Belastungen. Das kann zum Beispiel bedeuten, dass der Betroffene ernsthafte Probleme am Arbeitsplatz bekommt, dass er unter Alkoholeinfluss Auto fährt und deswegen seinen Führerschein verliert – oder, schlimmer noch, einen Unfall verursacht. Es kann zu juristischen Problemen kommen und zu Konflikten im sozialen Umfeld, etwa im Freundeskreis, im Verein oder mit den Nachbarn.

image Das Trinkverhalten nicht verharmlosen! Angehörige verharmlosen lange Zeit die Trinkmengen und das Trinkverhalten: „Er hat ja gerade sehr viel Stress, das hilft ihm abzuschalten“ oder ähnliche Sätze werden innerlich oder gegenüber Dritten vorgebracht. Damit ist jedoch niemandem geholfen. Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl. Sie müssten keine Entschuldigungen und Rechtfertigungen für das Verhalten des Betroffenen finden, wenn das Konsummuster unproblematisch wäre.

In einer frühen Phase ist der spätere Missbrauch noch nicht abzusehen. Da Alkohol gesellschaftlich akzeptiert ist, wird der Konsum auch von den Angehörigen meistens erst einmal gebilligt. Spätestens wenn der Betroffene dann in die Phase der Sucht rutscht, werden die Hinweise unübersehbar, dass ein akzeptabler Rahmen verlassen wird. Doch selbst dann werden die Anzeichen für einen Alkoholmissbrauch von den Menschen im Umfeld des Betroffenen nicht unbedingt wahrgenommen.

Der Betroffene bekommt die Auswirkungen – die misstrauischen Blicke der Nachbarn oder Kollegen, die Reaktionen auf das wirre Zeug, das er im alkoholisierten Zustand erzählt, oder auch auf aggressives Verhalten – nicht direkt zu spüren. Es gibt häufiger Streit, aus dem Freundeskreis wird der Betroffene ausgegrenzt und zu Treffen und Feiern seltener oder gar nicht mehr eingeladen. Das Verhältnis zum Betroffenen wird angespannter.

imageVorhaltungen bringen nichts

Streitereien werden immer häufiger, das Wechselspiel aus Vorhaltungen einerseits und Beschwichtigungen andererseits ist für alle Beteiligten zermürbend. Mit der Zeit werden Sie feststellen (falls das nicht schon geschehen ist), dass die Drohungen und Zurechtweisungen, die Entschuldigungen und das Kontrollieren nicht zielführend sind. Der Betroffene wird dadurch nichts an seinem Trinkverhalten ändern.

Je stärker das Alkoholproblem wird, desto größer wird auch die Angst, dass das Umfeld davon etwas mitbekommen und abfällig reagieren könnte. All das Unangenehme zu verdrängen, scheint ein guter Weg zu sein. Doch die Gefühle von Schuld, Scham und Wut kämpfen in Ihrer Seele und lassen Ihnen keine Ruhe. Das führt ebenfalls zu Frust und zur Enttäuschung – über sich selbst und über den Betroffenen, dem es vielleicht scheinbar sehr gut geht, der aber dennoch die Ursache all Ihrer Sorgen ist.

Als Angehöriger sind Sie nicht allein!

Vielleicht fühlen Sie sich auch sehr allein. So geht es vielen Angehörigen von Menschen mit Alkoholproblemen. Mit niemandem können sie offen reden und ihre Sorgen loswerden, zumindest erscheint es so. Das verleitet auch zu dem Gedanken, dass einem niemand helfen kann. Das stimmt nicht. Es gibt sehr viele Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden, nur wird kaum öffentlich darüber gesprochen. Es gibt durchaus Hilfsangebote für Angehörige von Menschen mit Alkoholproblemen, wie Sie in diesem Buch erfahren werden.

Sie sind mutig

Es braucht eine gehörige Portion Mut, trotz aller Ängste, ehrlich hinzuschauen und die Situation zu analysieren. Sie haben diesen Ratgeber nicht grundlos gekauft. Sie sorgen sich um Ihren trinkenden Angehörigen, um seine Gesundheit, den Arbeitsplatz oder Ihre finanzielle Situation. Oder Sie machen sich vorwiegend Sorgen um Ihre Kinder, die vom Alkoholmissbrauch in der Familie massiv betroffen sind. Möglicherweise müssen Sie sich auch mit aggressivem Verhalten und Gewalt auseinandersetzen. Vielleicht spüren Sie immer häufiger die Sorge um sich!

So wie man bei den Betroffenen von einer Alkohol- oder Drogenkarriere spricht, durchlaufen auch Sie als Angehöriger eine „Karriere“. Die Reihenfolge der Schritte kann sich unterscheiden, doch typisch sind ignorieren, entschuldigen, verteidigen, bitten, drohen, resignieren, laut werden, leise werden, funktionieren, immer wieder enttäuscht werden … Wahrscheinlich haben Sie eine Reihe dieser Schritte bereits durchlaufen, manche mehrfach. Doch eines haben Sie vielleicht noch nicht probiert:

Sie sind nicht allein!

Die Zahlen sprechen für sich. In Deutschland sind über 1,7 Millionen Menschen alkoholabhängig, weitere 1,6 Millionen missbrauchen Alkohol. Hinter jeder Person stehen mehrere Angehörige. Etwa 10 Millionen Menschen in Deutschland haben Angehörige mit einer Suchterkrankung. Es gibt also viele Menschen, die Ihre Situation verstehen, und entsprechende Hilfsangebote!

Beginnen Sie, Ihr Leben zu ändern

Sie können Ihren Umgang mit dem Betroffenen in einer Weise ändern, sodass Sie trotzdem zufrieden und lebensfroh sein können. Genau dieses Ziel verfolgt dieses Buch. Sie haben also einen wichtigen Schritt unternommen. Bleiben Sie mutig, gehen Sie einen Schritt nach dem anderen. Auch wenn der Weg weit erscheint und Sie gefühlt immer wieder von vorne beginnen, können Sie ans Ziel gelangen.

Wann wird Alkohol zum Problem?

Wenn Alkoholkonsum eine Funktion erfüllt, als Einschlafhilfe, zum Entspannen oder zum Vergessen…, wird es problematisch.

image Alkoholprobleme entstehen nicht von heute auf morgen. Die meisten Menschen wachsen im Laufe der Jugend oder des jungen Erwachsenenalters hinein in den Alkoholkonsum. Auf Feiern, zu diversen Anlässen oder einfach in Momenten der Geselligkeit wird Alkohol getrunken. Die Wirkung wird meist als angenehm empfunden. Manche Menschen schätzen die stimmungssteigernde und anregende, andere eher die entspannende Wirkung. Ängste und Stress treten für eine Zeit in den Hintergrund oder die Kontaktaufnahme und die Kommunikation sind leichter möglich. Bei größeren Mengen kann die Stimmung aber auch in Gereiztheit, Aggression und Gewalttätigkeit umschlagen.

Die Frage, wann Alkohol zum Problem wird, muss man von unterschiedlichen Seiten betrachten. Aus der Sicht des Trinkenden besteht oft lange Zeit kein Problem. Erst wenn man von anderen Personen auf den Konsum oder den eigenen Zustand angesprochen wird, wenn man bestimmte Aufgaben am Arbeitsplatz, in der Freizeit oder zu Hause nicht mehr wie üblich erfüllen kann oder wenn gesundheitliche Einschränkungen auftreten, entsteht bei manchen ein Problembewusstsein. Anderen Trinkenden ist schon früh klar, dass ihr Umgang mit Alkohol nicht der Norm entspricht, und sie trinken mit schlechtem Gewissen.

image Frauen und Männer trinken Alkohol oft mit unterschiedlicher Erwartungshaltung. Männer trinken häufig, da dadurch angenehme Zustände gesteigert werden. Frauen hingegen trinken tendenziell eher, um negative Gefühle zu verringern.

Die andere Perspektive

Wenn das Entspannen nach einem anstrengenden Tag nicht mehr ohne Bier funktioniert, wenn Gespräche nur möglich sind, wenn Alkohol die Zunge lockert, oder das Einschlafen ohne einen Gute-Nacht-Drink nicht klappt, ist das Anlass für Sorge. Für Sie als Angehöriger wird Alkohol zum Problem, wenn Sie ihn in Ihrer Partnerschaft bzw. im Verhältnis zum Betroffenen als störend oder problematisch empfinden und/oder wenn Sie sich Sorgen wegen seines Alkoholkonsums machen. Dann steht Ihnen Unterstützung zu. Vergleiche mit anderen („Der Kollege trinkt aber noch mehr“, „Sie steht ja noch jeden Morgen auf“, „Mein Mann trinkt ja meist nur am Wochenende zu viel, unter der Woche geht es ja“, „Ich werde ja nicht geschlagen“) helfen nicht weiter. Allein Ihr individuelles Gefühl von Sorge oder Hilflosigkeit ist entscheidend.

Aus Sicht des sozialen Umfelds, also der Freunde, der (entfernteren) Familie und der Kollegen, kann – je nach Beruf, Tätigkeit und Verantwortung – der Alkoholkonsum unter Umständen schon früh als problematisch erkannt werden. Möglicherweise wird aber auch der Prozess, der sich schleichend vollzieht, lange Zeit übersehen. Für die engsten Angehörigen kann sich das Bild wiederum ganz anders darstellen. Trinkt der Betroffene sehr regelmäßig, ist es die Regelmäßigkeit, die den Angehörigen aufstößt. Trinkt er dagegen zwar nur zu einzelnen, selteneren Gelegenheiten, dafür aber deutlich über das normale Maß hinaus, ist es vielleicht dieses Verhalten, das die Angehörigen stört. Fährt die konsumierende Person in angetrunkenem oder betrunkenem Zustand Auto und gefährdet dadurch sich selbst und andere, kann das wiederum die bedeutendste Sorge sein. Wird der Trinkende ausfällig, aggressiv oder gewalttätig, ist das ebenfalls eine große Herausforderung für sein gesamtes Umfeld.

Die medizinische Sicht

Aus medizinischer Sicht gibt es keinen gefahrlosen oder „gesunden“ Alkoholkonsum. Es gibt jedoch Faustregeln, durch die die Konsummengen in unterschiedliche Kategorien eingeteilt werden. Falsch ist die Annahme, dass nur eine Alkoholabhängigkeit zu schweren gesundheitlichen Schäden führen könne. Andererseits trifft es nicht zu, dass jeder, der viel trinkt, automatisch alkoholabhängig wäre. Dennoch steigt das Risiko, aufgrund des Alkohols körperlich oder seelisch zu erkranken, mit zunehmender Konsummenge an.

Die schwerste Form des Alkoholproblems ist die Alkoholabhängigkeit bzw. schwere Alkoholkonsumstörung. Der Betroffene ist körperlich und psychisch abhängig. Das Denken kreist überwiegend um den Alkohol. Wichtig dabei ist: Es handelt sich um eine Krankheit. Der Betroffene „kann nicht einfach aufhören“ zu trinken, selbst wenn er das möchte. Doch auch der schädliche Konsum ist bereits krankhaft und behandlungsbedürftig.

Generell kann man sich an folgender Faustregel orientieren: Alkohol wird zum Problem, wenn er getrunken wird, um damit etwas zu bewirken.

Schädlicher Konsum, Abhängigkeit und Alkoholgebrauchsstörung

Es gibt keine objektiv messbare Menge an Alkohol pro Tag, Woche oder Monat, die Ihnen zweifelsfrei anzeigt: Hier hat jemand ein Alkoholproblem. Die Empfindlichkeit gegenüber Alkohol ist von Mensch zu Mensch verschieden. Daher gibt es keine festen Trinkmengen, die man heranziehen kann, um einer Person einen Alkoholmissbrauch oder eine Alkoholabhängigkeit zweifelsfrei auf den Kopf zuzusagen. Richtwerte und allgemeine Beschreibungen geben wertvolle Hinweise, beachten Sie jedoch Folgendes:

Konsumklassen und was sie bedeuten

Um die Menge konsumierten Alkohols einschätzen zu können, helfen Standardgläser. 1 Standardglas = 10 – 12 g reiner Alkohol. 0,25 l Bier, 0,1 l Sekt oder Wein oder 4 cl Schnaps (ca. 40 Vol.-%) entsprechen jeweils einem Standardglas. Die folgenden Konsumklassen gelten als Richtwerte. Natürlich muss immer der Einzelfall betrachtet werden.

 

Frauen

Männer

Risikoarmer Konsum

bis zu 12 g Reinalkohol pro Tag

bis zu 24 g Reinalkohol pro Tag

Riskanter Konsum

zwischen 12 g und 40 g Reinalkohol pro Tag

zwischen 24 g und 60 g Reinalkohol pro Tag

Gefährlicher Konsum

zwischen 40 g und 80 g Reinalkohol pro Tag

zwischen 60 g und 120 g Reinalkohol pro Tag

Hochkonsum

mehr als 80 g Reinalkohol pro Tag

mehr als 120 g Reinalkohol pro Tag

Rauschtrinken

Tage mit 70 g Reinalkohol oder mehr bei einer Gelegenheit

Tage mit 70 g Reinalkohol oder mehr bei einer Gelegenheit

imageAlkoholprobleme haben viele Gesichter

Einerseits wird nicht jeder, der über das risikoarme Maß hinaus Alkohol trinkt, über kurz oder lang zum Alkoholiker. Es gibt Menschen, die viel Alkohol trinken, was zweifelsfrei ungesund ist, die aber trotzdem nicht abhängig sind. Andererseits kann sich auch bei scheinbar geringen Mengen ein Gewöhnungseffekt entwickeln und eine Abhängigkeit ausbilden. Das klischeehafte Bild vom verwahrlosten, Schnaps trinkenden und randalierenden Alkoholiker muss also nicht zutreffen.

Dennoch hat man versucht, Kriterien festzulegen, mit denen Alkoholkonsum eingeordnet werden kann. Es existieren zwei Ansätze. Der eine Ansatz unterscheidet zwischen schädlichem Konsum und Alkoholabhängigkeit (nach dem internationalen Krankheitsregister ICD 10). Der andere Ansatz spricht insgesamt von Alkoholgebrauchsstörungen und unterteilt diese nach „moderat“ und „schwer“ (nach dem Verzeichnis für psychische Störungen DSM-5). Die Kriterien der Alkoholgebrauchsstörung finden Sie in der Checkliste auf S. 21, der Unterschied zwischen „schädlichem Konsum“ und „Alkoholabhängigkeit“ wird im Folgenden erklärt. Beide Modelle sollen Ihnen bei der Einordnung des Alkoholkonsums Ihres Angehörigen helfen.

imageSchädlicher Konsum. Als „schädlich“ wird der Konsum bezeichnet, wenn durch den Alkoholgebrauch nachweislich eine Schädigung der seelischen oder körperlichen Gesundheit des Konsumenten aufgetreten ist. Das betrifft schätzungsweise 3,1 Prozent der Bevölkerung (Männer 4,7 Prozent, Frauen 1,5 Prozent). Kennzeichnend für schädlichen Konsum ist, dass das Verhalten häufig von anderen kritisiert wird und auch oft unterschiedliche negative soziale Folgen hat. Für diese Form des Alkoholmissbrauchs gibt es im internationalen Verzeichnis aller anerkannten Krankheiten (ICD 10) einen Eintrag, sodass „schädlicher Alkoholgebrauch“ eine Diagnose ist, die ein Arzt stellen kann.

imageAlkoholabhängigkeit. Der Übergang vom schädlichen Konsum zu einer Alkoholabhängigkeit kann fließend verlaufen. Entscheidend für die Feststellung einer Alkoholabhängigkeit ist nicht vorrangig die getrunkene Alkoholmenge. Zur Diagnose müssen mindestens drei der folgenden Kriterien während des letzten Jahres gemeinsam erfüllt gewesen sein:

imageein starkes Verlangen oder eine Art Zwang, Alkohol zu konsumieren;

imageSchwierigkeiten, die Einnahme zu kontrollieren (was den Beginn, die Beendigung und die Menge des Konsums betrifft);

imageein körperliches Entzugssyndrom, wenn die Alkoholmenge reduziert oder abgesetzt wird;

imageGewöhnungseffekt (Toleranzentwicklung);

imageVernachlässigung anderer Interessen;

imageKonsum kann trotz Kenntnis der schädlichen Folgen nicht beendet werden.

Sowohl bei diesem Modell als auch bei der Definition der Alkoholgebrauchsstörung gibt es zentrale Aspekte, die das Trinken objektiv als krankhaft kennzeichnen. Das sind der zeitweilige oder dauernde Kontrollverlust und die fast immer fehlende Motivation, den Lebensstil zu verändern.

Vielleicht haben Sie schon öfter von „riskantem Konsum“ gelesen. „Riskant“ wird der Alkoholkonsum bezeichnet, wenn ein statistisch erhöhtes Risiko für die Ausbildung von Erkrankungen besteht. Dafür wird ein regelmäßiger Konsum von mehr als 12 g reinen Alkohols pro Tag bei Frauen und mehr als 24 g bei Männern angegeben. Als riskant gilt auch, wenn bei einigen Gelegenheiten mehr als die angegebene Menge konsumiert wird. In diese Gruppe fallen in Deutschland 14 Prozent der Erwachsenen im Alter zwischen 19 und 64 Jahren. Das entspricht etwa 7,4 Millionen Personen in dieser Altersgruppe. Gesundheitsschädigungen können auch schon bei riskantem Konsum entstehen. Der Körper versucht – häufig lange Zeit recht erfolgreich – die Schädigungen so gering wie möglich zu halten, indem sich Körperfunktionen der regelmäßigen Zufuhr des Zellgifts Alkohol anpassen. Beispielsweise reagiert das Gehirn mit einer Toleranzentwicklung, was zur Folge hat, dass mehr Alkohol vertragen wird. Auch der Magen-Darm-Trakt, die Leber und der gesamte Fettstoffwechsel passen sich an. Die Änderungen sind über kurz oder lang im Blutbild nachweisbar.

image Was ist ein körperliches Entzugssyndrom?