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Nr. 3053

 

Mars

 

Das Ultimatum der Topsider läuft ab – und der Advisor erwacht

 

Christian Montillon

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

 

Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

Prolog: Briefe aus einem fremden Universum

1. 12. November 2046 NGZ

2. Ein Traumspiel (10)

3. 13. November 2046 NGZ

4. Ein Traumspiel (11)

5. 13. November 2046 NGZ

6. Ein Traumspiel (12)

7. 14. November 2046 NGZ

Epilog: Aus: Hoschpians unautorisierte Chronik des 21. Jahrhunderts NGZ

Fanszene

Leserkontaktseite

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Mehr als 3000 Jahre in der Zukunft: Längst verstehen sich die Menschen als Terraner, die ihre Erde und das Sonnensystem hinter sich gelassen haben. In der Unendlichkeit des Alls treffen sie auf Außerirdische aller Art. Ihre Nachkommen haben Tausende von Welten besiedelt, zahlreiche Raumschiffe fliegen bis zu den entlegensten Sternen.

Perry Rhodan ist der Mensch, der von Anfang an mit den Erdbewohnern ins All vorgestoßen ist. Nun steht er vor seiner vielleicht größten Herausforderung: Er wurde vorwärts durch die Zeit katapultiert und findet sich in einem Umfeld, das nicht nur Terra vergessen zu haben scheint, sondern in dem eine sogenannte Datensintflut fast alle historischen Dokumente entwertet hat.

Mit seinem Raumschiff RAS TSCHUBAI ist Perry Rhodan einer Fährte gefolgt, die ihn ins Galaxien-Geviert der Superintelligenz VECU geführt hat. Von dort aus gelangte er durch die geheimnisvolle Zerozone in ein Universum, das untrennbar mit unserem verbunden ist und in das es auch die Erde vor Jahrhunderten verschlagen hat. Ihm bleibt aber wenig Zeit, die Menschheit neu kennenzulernen und zu erfahren, was die Isolation aus ihr gemacht hat, denn die Topsider jenes Universums stellen ein Ultimatum. Verhandelt darüber wird auf dem MARS ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Terraner erwartet Informationen.

Homer Gershwin Adams – Den Advisor erwartet ein zu frühes Erwachen.

Ghizlane Madouni – Die Flaggschiffkommandantin wird auf einem anderen Schiff erwartet.

Tergén – Der Vergleichende Historiker erwartet keine Antwortbriefe.

Furcht und Schrecken

sind die Strophen

im Lied des Krieges,

das Gott Mars uns singt.

(Anonyme Sammlung

altterranischer Weisen,

Kapitel 82 »Repas Oljoriga«)

 

Prolog

Briefe aus einem fremden Universum

 

Lieber Mésren,

wie soll ich einem Außenstehenden erklären, wie es sich angefühlt hat, mein Leben so lange mit dir zu teilen?

Ich glaube, dass es jedem helfen könnte, die Gesamtlage besser zu verstehen. Aber wie kann ich begreiflich machen, was die Zeit unserer gemeinsamen Existenz für sie bedeutet? Was du für mich bedeutet hast, bis du mir erst genommen wurdest und dann gestorben bist?

Doch der Reihe nach.

Ich sitze in einem kleinen Zimmer, das man mir in diesem Gebilde zur Verfügung stellt. Sie nennen es Gestänge des Pluto, ich sehe es als Wunderwerk an, denn der Begriff klingt viel zu nüchtern. Er taugt nicht annähernd, um die Gefühle zu beschreiben, die der Anblick in mir auslöste, als sich unser Gleiter der Landeplattform näherte.

Es ist schrecklich und erhaben zugleich, bizarr und wunderschön.

Etwas ist gestorben und zu neuem Leben auferstanden. Wie sonst soll man es bezeichnen, als ein Wunder? Und ist dieses Wunder nicht umso erstaunlicher, wenn ein ganzer Planet stirbt, um größere Herrlichkeit als zuvor zu erlangen?

Der Pluto wurde zerstört – in diesem Teil des Dyoversum ungefähr zweitausend Jahre später als in unserem Heimatuniversum. In kosmischen Maßstäben ist diese Zeitspanne so geringfügig, dass ich mich frage, ob es so hat kommen müssen. Ob es ein allumfassendes Schicksal gibt, eine Vorherbestimmung. Kräfte, die beide Teile in eine Schablone pressen.

In beiden Teiluniversen fand Pluto sein Ende, so dicht aufeinander, nachdem sich der Zwergplanet zuvor Jahrmilliarden unbehelligt um seine Sonne drehte. Ist es nicht närrisch, bei einem solchen Ereignis von einem Zufall sprechen? Liegt nicht die Annahme viel näher, dass es die Konsequenz aus einer Entwicklung darstellt, die in sich logisch ist, selbst wenn menschlicher Verstand das nicht zu erfassen vermag?

Weißt du, Mésren, diese Fragen sind weit mehr als Philosophie, obwohl du sie garantiert mit einem lapidaren Handwedeln abgetan hättest.

Ich kann nun einmal nicht aus meiner Haut. Als Vergleichender Historiker prüfe ich Versionen der Geschichte auf Gemeinsamkeiten – seien es die widerstreitenden Varianten der Milchstraßenhistorie oder die zweier unabhängiger und doch verbundener Universen. Und sag, Mésren: Wie sollte man diese Gemeinsamkeit übersehen?

Die Fakten liegen auf dem Tisch, niemand mit einem gesunden Verstand kann sie anzweifeln – nur: Wie soll man sie interpretieren? Wie sie verstehen? Ist der menschliche Geist überhaupt dazu in der Lage, oder muss er angesichts von Ereignissen dieser Tragweite kapitulieren?

Es ist aufregend, ins Zwillingsuniversum vorgedrungen zu sein, das mit unserem im selben Urknall entstanden ist. Gerade für den Vergleichenden Historiker ergeben sich nicht nur unzählige Fragen – sondern auch Antworten. Zumindest hoffe ich das. Zu viel stürmt momentan auf mich ein, als dass ich meine Gedanken bislang hätte ordnen können.

Aber eigentlich wollte ich dir vom Gestänge erzählen. Bitte entschuldige meine abschweifende Art, du weißt, wie ich bin, sobald ich ins Schwärmen gerate oder mich etwas überwältigt.

Ich glaube, die Menschheit dieses Zwillingsuniversums hat den Schock über die Zerstörung des Pluto verarbeitet, indem sie den Wiederaufbau plante – dieses Wunder, das ich immer noch vor mir sehe, wenn ich die Augen schließe.

Sie haben die Planetentrümmer zusammengefügt, jedoch nicht zu der ursprünglichen Kugelgestalt, sondern zu einem gedehnten Oval. Ein Netz aus gewaltigen Stangen verbindet die Bruchstücke, Hunderte von Metern dick. Ein Netz umschlingt das ganze Kunstwerk – anders kann ich es nicht nennen, Mésren. Aus der Ferne sieht es filigran aus, als könnte ein Kind in den Maschen klettern, aber sie umfassen viele Kilometer.

Nähert man sich, erscheint das Gewirr der Stäbe und Pfeiler plötzlich in einer geheimnisvollen Ordnung und bildet zwei sich kreuzende Hauptlinien, die alles zusammenhalten. Wo die Linien sich treffen, liegt das Institut zur Erforschung des Dyoversums in einem Quader aus rot leuchtendem Kristall. So mag einst der Kern des Pluto geglüht haben, der längst in der Kälte des Weltraums erloschen ist.

Das Leuchten ist eigentümlich schön, es verwirrt die Sinne. Ich weiß nicht, was genau die Faszination bewirkt, aber der Anblick hat mich bis ins Innerste getroffen und erschüttert. Es ist Mahnmal der Katastrophe und Signal für einen optimistischen Aufbruch zugleich.

In diesem Institut sitze ich nun, in einem schmucklosen, einfachen Raum, der ebenso gut auf Terra liegen könnte oder auf einer beliebigen anderen Welt. Das Wunder umgibt mich, bloß vermag ich es nicht zu sehen, weil ich zwischen diesen vier Wänden eingesperrt bin.

Versteh mich nicht falsch, Bruder, ich kann jederzeit gehen, niemand hält mich gefangen. Der Blick auf das Ganze jedoch bleibt mir verwehrt, solange ich meinen Blickwinkel nicht grundlegend wechsle, indem ich in ein Raumfahrzeug steige und mich weit genug entferne.

Leider habe ich nicht die Zeit, mehr zu schreiben – schon wieder nicht. Sichu Dorksteiger wird jeden Moment kommen, um mich abzuholen. Die Idee, dass ich sie hierher begleite, kam übrigens von ihr.

Ist das nicht verrückt? Erst wählt Perry Rhodan mich für sein Einsatzteam aus, dann ruft mich die Chefwissenschaftlerin der Liga an ihre Seite. Und das nach all den Jahren, in denen man mich und mein Fachgebiet eher belächelt hat.

Vielleicht war die Entdeckung des Dyoversums nötig und die eines siamesischen Zwillings unseres Universums, damit die Allgemeinheit begreift, dass die Vergleichende Geschichtswissenschaft Sinn ergibt. Ich meine ... sogar du hast mich jahrelang ausgelacht. Nicht dass ich es dir übel nehme. Längst nicht mehr! Ich habe dir vergeben.

Und nun bin ausgerechnet ich der, der ganz vorne mit dabei ist, einst selbst ein siamesischer Zwilling. Oder bin ich das immer noch? Hat sich an der Verbindung zwischen dir und mir etwas geändert, nur weil es die Operation gab und du gestorben bist?

Ich bin gespannt, wohin mich mein Weg führt. Mittlerweile rechne ich mit allem. Vielleicht kommt es am Ende so weit, dass ich einer Superintelligenz gegenüberstehe oder in den Schlund eines Kosmonukleotids schaue und sich mir der Urgrund der Schöpfung offenbart.

Ich vermisse dich, Mésren.

Oft glaube ich, ich müsste nur den Arm ausstrecken, um dich zu berühren, wie es dreißig Jahre lang war. In solchen Momenten spielt es keine Rolle, ob ich allein in meinem Zimmer bin oder umgeben von einem Dutzend Menschen. Dann bin ich einsam, auf eine Weise, die fast niemand verstehen kann.

1.

12. November 2046 NGZ

Was Perry Rhodan erlebte

 

Die Umgebung verschwand, als Iwán Mulholland teleportierte. Da Körperkontakt bestand, nahm der Mutant, der sowohl Mann als auch Frau war, Perry Rhodan mit sich. Der unterirdische Hochsicherheitsraum in der Maurits-Vingaden-Klinik blieb zurück, und mit ihm der tote Topsider, Farye Sepheroa und die anderen.

Mulholland und Rhodan erreichten nicht sofort ihr Ziel wie bei einer normalen Teleportation. Iwán war Schmerzensteleporter – er versetzte sich, indem er ein fremdartiges Gefilde durchwanderte, für eine quälende Zeit, bis er ins Standarduniversum zurückkehrte.

Rhodan hatte bereits den Mausbiber Gucky bei einer solchen Schmerzensteleportation begleitet; aber als Passagier von Iwán Mulholland fühlte es sich anders an.

Er sah selbstverständlich nichts, weil er sich in einem Zustand befand, der einer Bewusstlosigkeit glich. Nur seine Gedankenwelt blieb aktiv.

Wohin bringst du uns, Iwán?

Siehst du es nicht?, fragte Mulholland.

Rhodan teilte ihm mit, dass er blind war, taub und stumm. Nur seine Gedanken verbanden ihn mit der Außenwelt, und das auch nur, weil es mit dem Mutanten jemanden gab, der sie auffing und antwortete.

Er war bereits einmal mit Iwán schmerzensteleportiert – im Heimatuniversum. Damals hatte er den Eindruck gehabt, neben dem Mutanten durch eine graue Welt herzugehen und gleichzeitig getragen zu werden. Letzten Endes glich offenbar keine Schmerzensteleportation einer anderen – möglicherweise kam es darauf an, in welchem kosmischen Gefilde die Versetzung stattfand. Schließlich hatte es Rhodan nie zuvor in diesem Zwillingsteil des Dyoversums erlebt oder davon gehört.

Der Transmitter hat Palotta mit dem Suspensionsalkoven und den TARAS versetzt. Ich folge ihnen.

Wie kannst du das?

Die Energie der Transmitterverbindung wabert auf der anderen Seite der Ebene, hinter meinem Zielpunkt. Dort, wo der Ausgang liegt, den ich erreichen muss. Ich eile dorthin.

Aber verlierst du diesen Blick nicht?, fragte Rhodan. Palotta hat doch sein Ziel inzwischen erreicht.

Jede Schmerzensteleportation nahm exakt zwei Minuten und neun Sekunden in Anspruch, egal wie lange der Teleporter diese Zeitspanne auf seinem Weg durch die Zerozone subjektiv empfand – sogar, wenn er sich gefühlt für Stunden durch die fremde Landschaft schleppte. Ein Transmittervorgang hingegen geschah nahezu in Nullzeit.

Wir werden einhundertneunundzwanzig Sekunden nach ihm ankommen, ja, sendete Iwán einen Gedanken. Weshalb sollte mich das daran hindern, ihm dorthin zu folgen?

In dieser Vorstellung lag eine solche Unbekümmertheit, dass Rhodan nur staunen konnte. Der Mutant betrachtete offenbar Dinge als selbstverständlich, die Rhodan nicht für möglich gehalten hätte. Wie genau sahen seine Fähigkeiten aus?

Er gab einige Rätsel auf – unter anderem die Frage, warum er zwischen den Geschlechtern changierte und Männer ihn meist als männlich, Frauen eher als weiblich wahrnahmen – als Iwán oder als Iwa, je nachdem. Auch in der Eigenwahrnehmung hatte er keine festgelegte sexuelle Identität; er bezeichnete sich als es.

Aber – und das war momentan viel wichtiger – was würde geschehen, wenn sie ihr Ziel erreichten?

Der Verräter Gorin Palotta, ein TLD-Agent, hatte sie alle überrascht und Chaos in der Klinik angezettelt, in der Homer G. Adams in einem Alkoven in Suspension lag. Von Palotta kontrollierte Kampfroboter waren eingedrungen, hatten einen Transmitter rund um den Suspensionsalkoven errichtet – und diesen samt des Verräters und dreier TARA-C-Roboter abgestrahlt.

Sobald Iwán und Rhodan ebenfalls am Ziel ankamen, wo immer es liegen mochte, würden genau diese Gegner angreifen. Dank der SERUN-Kampfanzüge konnten die beiden einen offenen Kampf sogar gewinnen. Falls nicht weitere Feinde warteten. Und falls Palotta nicht erneut den Supsensionsalkoven mit dem entmaterialisierten Homer G. Adams als Geisel nutzte.

Zu viel Unsicherheit.

Ganz zu schweigen von den Sorgen, die Rhodan plagten, weil die anderen in der Klinik zurückgeblieben waren, in der – sofern die Worte des Verräters stimmten – sämtliche Maschinen Amok liefen. Andererseits konnten sich seine Enkelin, Rico und die TLD-Agenten durchaus selbst schützen.

Siehst du, wohin der Transmitter Palotta gebracht hat?, fragte er in Gedanken. Seinen Mund vermochte er nicht zu bewegen. Er spürte nicht einmal, dass er überhaupt einen Mund hatte.

Nein. Die Energie wird blasser. Ich kann sie bald nicht mehr sehen und werde den richtigen Ausgang aus dem Blick verlieren. Ich muss mich beeilen und dich zurücklassen, um schneller zu sein. Ich komme zurück und hole dich ab. Bist du einverstanden, hier zu warten?

War er das?

Die Vorstellung zurückzubleiben, blind, taub, stumm, ohne etwas zu fühlen, darauf angewiesen, dass es Iwán gelänge, ihn wiederzufinden, entsetzte Rhodan. Zumal er von Gucky wusste, dass ein Passagier, den der Mausbiber zurückgelassen hatte, verweht war.

Kann ich denn ohne dich in diesem Gefilde bestehen?

Sicher. Ich ... impfe dich. Jedenfalls etwas in dieser Art, mangels eines besseren Begriffs.

Gibt es keinen anderen Weg?, fragte Rhodan, der sich von Sekunde zu Sekunde mehr wunderte, wozu Iwán in der Lage war und wie sehr sich diese Schmerzensteleportation von allem unterschied, was er bislang gekannt hatte.

Solange ich dich trage, bin ich zu langsam.

Sobald du ankommst, werden Palotta und die Roboter dich angreifen.

Ich muss nur kurz bestehen, dann teleportiere ich wieder. Nach jeder Schmerzensteleportation brauchte Iwán eine Erholungspause, weil der Weg über die Landschaft ihn extrem auszehrte. Nach der ersten Teleportation benötigte er zwei Minuten und diese Zeit verdoppelte sich bei jeder direkt anschließenden Etappe. Wenn mich jemand entdeckt, werde ich sie ablenken und irgendeine Lügengeschichte erzählen, bis ich wieder verschwinden kann. Sobald ich weiß, wo das Ziel liegt, kann ich dich holen und mit dir dorthin zurückkehren. Aber wir müssen uns entscheiden, sonst verliere ich den Anschluss!

Tu es!, dachte Rhodan.

Obwohl er keinen Körper hatte, fühlte er, wie er losgelassen wurde, wie er abstürzte, wenige Zentimeter und ein Lichtjahr tief, und wie er aufschlug.

Im selben Moment, als er allein dort lag, endete seine Blindheit.

Er sah die Landschaft der Schmerzensteleportation, mehr noch, er roch sie, schmeckte sie, spürte und hörte sie. Sie schrie ihn an, dass sein Verstand zitterte.

Plötzlich umgaben ihn Türen – sie alle sahen aus wie jene in seinem Kinderzimmer vor so vielen Jahrhunderten. Dies war die Krücke, die sein Bewusstsein formte, um die Milliarden Ausgänge abzubilden, hinter denen jeweils ein anderes Ziel lag.

Rhodan sah Berge, Städte, Wasserfluten, Planeten und die glühenden Zentren von Sternen. Er hörte Lachen und Schreien und den Lärm von Schüssen; er vernahm Stille in unendlich weiten Gefilden und ausgedehnt über Jahrmillionen. Helligkeit überflutete ihn, und Dunkelheit blendete ihn so sehr, dass alle Farben erstickten, das Prisma des Regenbogens und noch viel mehr.

Durch jede Tür könnte er diese Landschaft verlassen, wenn er ein Schmerzensteleporter wäre. Doch ihm fehlte die Gabe, und er vermochte sich keinen Millimeter zu bewegen. Nur die Möglichkeiten rissen und zerrten an seinem Bewusstsein, und er glaubte, seine Seele müsste zerbrechen.

Wie hielt Iwán das aus? Oder empfand er es nicht so? Sah er nur das eine Ziel, dem er entgegenstrebte, und war blind für alles sonst?

Aber wieso ging es Rhodan anders?

Weitere Türen entstanden, nebeneinander, hintereinander, über- und untereinander, sogar ineinander, als es keinen freien Platz mehr gab.

So viele Möglichkeiten. Sie drohten ihn zu überwältigen, doch er hielt stand.

Er war Perry Rhodan!

Terraner.

Mensch.

Er hatte sich vor Superintelligenzen behauptet und mit Kosmokraten gesprochen. Er kannte fremde Universen und das Arresum. Seine Entscheidungen hatten das Schicksal ganzer Galaxien bestimmt. Er hatte den Berg der Schöpfung erblickt, Kosmonukleotide gesehen und war mit der Endlosen Armada gereist.

Perry Rhodan erhob sich. Rechts und links neben seinen Füßen führten Türen in die Tiefe, genau wie vor und hinter ihm. Und über ihm.

Er ging einen Schritt.

Die Türen wichen zurück. Er mochte ein kosmisches Wesen sein, doch die Gabe der Schmerzensteleportation, die ihn von diesem Ort hätte führen können, blieb ihm verwehrt.

Düfte wehten ihm entgegen, nach Zimt, Feuer und Wüstensand. Er schmeckte Salz auf den Lippen, die Ahnung eines Meeres in einer fernen Galaxis. Er empfand eine Geburt, aber er wusste nicht, ob es die eines Lebewesens war oder ob eine Sonne zündete.

»Ich habe keine Angst«, sagte er und lauschte dem Klang seiner Stimme nach, die in den Weiten verhallte. Ob diese Worte durch die Ausgänge in tausend Welten getragen wurden?

»Wieso solltest du?«, fragte Iwán, der plötzlich bei ihm stand und ihm eine Hand auf die Schulter legte. Er hörte sich nicht erstaunt darüber an, dass Rhodan reden konnte. »Ich bringe dich ans Ziel.«

»Wohin ist Gorin Palotta geflohen?«

»Das Ziel liegt in einem Raum mit fünf Personen und vier Kampfrobotern«, sagte der Mutant. »Mach dich bereit! Wir müssen kämpfen.«

 

 

Was Farye Sepheroa erlebte

 

Das Transmitterfeld, das den Suspensionsalkoven, die drei TARA-C-Roboter und Gorin Palotta einschloss, hatte aufgeleuchtet und dematerialisiert, was sich in seinem Inneren befand. Palotta hatte die Maurits-Vingaden-Klinik verlassen, und mit ihm der Alkoven mit Homer G. Adams und die Kampfroboter.

»Was können wir ...«, setzte Farye Sepheroa an, brach jedoch mitten im Satz ab. Perry Rhodan war ebenfalls verschwunden, und mit ihm Iwa Mulholland. Sie verstand sofort – die Mutantin war teleportiert und hatte Rhodan mitgenommen. Nur – wohin? Hatte sie sich in den Transmittervorgang eingeklinkt? War das möglich?

Im Raum verblieben waren neben Farye selbst nur noch Rico, der Geheimdienstchef Sloud Silverman und der Ara Ammun-Si, der die Klinik leitete.

Außerdem die Leiche des Topsiders Grechta-Tsurg.

»Palotta hat uns verraten. – Wo ist er hin?«, rief Silverman, während sich Rico bereits am Transmitter zu schaffen machte. Wenn jemand diese Technologie durchschauen und Informationen über den Zielort des Transports herausfinden konnte, dann der arkonidische Roboter.

Farye verkürzte die Wahrheit ein wenig: »Iwa ist Teleporterin, sie ist offenbar mit Perry gesprungen.« Dass Mulholland nur die spezielle Abart der Schmerzensteleportation und darüber hinaus weitere Parafähigkeiten beherrschte, verschwieg sie.

»Ein geheimnisvoller Mensch, nicht wahr? Manche sehen ihn als männlich, andere weiblich, er ist Mutant ...« Silverman eilte zu den zerfetzten Überresten der Tür und ergänzte in ätzendem Tonfall: »Kann er vielleicht auch fliegen oder ... Beim Aktivator des Advisors! Dort draußen wird gekämpft, und ein Energieschirm versperrt den Weg!«

»Der Transmitter lässt sich nicht mehr aktivieren«, sagte Rico, »und es gibt keinen Zielspeicher. Was hier vor uns steht, ist für uns völlig nutzlos. Wie kaum anders zu erwarten.«

Alles andere wäre in der Tat überraschend gewesen. Gorin Palotta war ein Profi, er hatte Adams' Entführung offenkundig perfekt geplant und außerdem Zugang zu hochwertiger Technologie. Eine derart offensichtliche Möglichkeit, ihn zu verfolgen, hätte nicht ins Gesamtbild gepasst.

Ammun-Si stellte sich neben Silverman. »Soll ich den Energieschirm desaktivieren?«

»Das wird dir wohl nicht gelingen«, prognostizierte der TLD-Chef. »Wenn es stimmt, dass in der Klinik sämtliche Maschinen Amok laufen, hat Palotta alle Systeme infiltriert.«