Die SAC-Klassifikation in der zahnärztlichen Implantologie
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Koordination: | Änne Klebba (QPC Berlin) |
Deutsche Übersetzung: | Mag. Wilfried Preinfalk und Per N. Döhler, M.A., Triacom Dental, Barendorf/Lüneburg |
Illustrationen: | U. Drewes (www.drewes.ch) |
Grafikkonzept: | Wirz Corporate AG, CH-Zürich |
Produktion: | J. Richter (QPC Berlin) |
Druck: | Bosch-Druck GmbH (www.bosch-druck.de) |
Printed in Germany
ISBN: 978-3-86867-041-7
Danksagung
Die Autoren richten ihren aufrichtigen Dank an Frau Ute Drewes für die künstlerische Gestaltung dieses Buchs samt Illustrationen. Dank gebührt auch Frau Jeannie Wurz für ihre ausgezeichnete Unterstützung beim Lektorat. Nicht zuletzt danken die Autoren der Straumann Holding AG, die als Unternehmenspartner die Aktivitäten und Publikationen des ITI unbeirrbar und kontinuierlich unterstützt.
Die rasante Entwicklung von klinischen Techniken und Biomaterialien in der zahnärztlichen Implantologie hat zu einer Erweiterung der klinischen Indikationen für diese Behandlungsmodalität geführt. Die zahnärztliche Implantologie ist heute integraler Bestandteil des zahnmedizinischen Alltags. Allerdings findet die implantologische Ausbildung von Zahnärzten meist erst nach dem Studium statt, wobei das Ermitteln des Schwierigkeitsgrades und der Risiken von Behandlungen keinen besonderen Schwerpunkt bildet. Seit 2003 empfiehlt das ITI (International Team for Implantology) die SAC-Klassifikation. Dabei wird zwischen einfachen (S = straightforward), anspruchsvollen (A = advanced) und komplexen (C = complex) Behandlungen unterschieden.
Im März 2007 organisierte das ITI eine Konferenz, die einen einheitlichen Umgang mit der SAC-Klassifikation zum Gegenstand hatte. Eine multidisziplinäre Gruppe aus 28 Klinikern reiste hierzu nach Mallorca. Das ITI ist stolz, die Ergebnisse dieser Konferenz nun in diesem Buch publizieren zu können.
Ziel des ITI ist die Förderung und Verbreitung des Wissens zu allen Aspekten der zahnärztlichen Implantologie und Geweberegeneration. Zusammen mit den Bänden der Reihe ITI Treatment Guide steht das vorliegende Buch für das Bestreben des ITI, die Entwicklung von praktischen Hilfsmitteln für Behandler und Lehrende zu unterstützen. Allen auf dem Gebiet der zahnärztlichen Implantologie tätigen Ärzten sei dieses Buch empfohlen.
Herausgeber und Autoren
Herausgeber/Autoren
Anthony Dawson, MDS
Suite 7, 12 Napier Close
Deakin, ACT, 2600, Australia
E-Mail: tony@canberraprosthodontics.com.au
Stephen Chen, M.D.Sc., Dr.
School of Dental Science
The University of Melbourne
720 Swanston Street
Melbourne, VIC 3010, Australien
E-Mail: schen@balwynperio.com.au
Autoren
Daniel Buser, D.M.D., Prof. Dr. med. dent.
Klinik für Oralchirurgie und Stomatologie
Zahnmedizinische Kliniken, Universität Bern
Freiburgstrasse 7, 3010 Bern, Schweiz
E-Mail: daniel.buser@zmk.unibe.ch
Luca Cordaro M.D., D.D.S., Ph.D.
Direktor der Abteilung für Parodontologie und
Prothetik
Eastman Dental Hospital Rom
Via Guido d'Arezzo 2, 00198 Rom, Italien
E-Mail: lucacordaro@usa.net
William C. Martin, D.M.D., M.S.
University of Florida, College of Dentistry
Clinical Associate Professor
Center for Implant Dentistry
Department of Oral and Maxillofacial Surgery
1600 W Archer Road, D7-6, Gainesville, FL 32610, USA
E-Mail: wmartin@dental.ufl.edu
Urs C. Belser, D.M.D., Prof. Dr. med. dent.
Abteilung für Prothetik
Zahnklinik der Universität Genf
Rue Barthélemy-Menn 19, 1211 Genf 4, Schweiz
E-Mail: urs.belser@medecine.unige.ch
Mitverfasser
Mitverfasser
Arne F. Boeckler, D.M.D., Dr. med. dent.
Funktionsoberarzt
Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
Universitätsklinik und Poliklinik für Zahnärztliche
Prothetik
Große Steinstraße 19, 06108 Halle (Saale)
E-Mail: arne.boeckler@medizin.uni-halle.de
Anthony J. Dickinson, B.D.Sc., M.S.D.
1564 Malvern Road
Glen Iris, VIC 3146, Australien
E-Mail: ajd1@iprimus.com.au
Christopher Evans, B.D.Sc. Hons (Qld), M.D.Sc. (MeIb)
75 Asling St., Brighton
Melbourne, VIC 3186, Australien
E-Mail: cdjevans@mac.com
Hidekazu Hayashi, D.D.S., Ph.D.
Family Dental Clinic
2 Saki-cho Nara, Nara 630-8003, Japan
E-Mail: Hide1@nike.eonet.ne.jp
Frank Higginbottom, D.D.S.
3600 Gaston Avenue, Suite 1107
Dallas, TX 75246, USA
E-Mail: bottom@dallasesthetics.com
Dean Morton, B.D.S., M.S.
University of Louisville, School of Dentistry
Professor and Assistant Dean
Department of Diagnostic Sciences, Prosthodontics
and Restorative Dentistry
501 S. Preston, Louisville, KY 40292, USA
E-Mail: dean.morton@louisville.edu
Zahra Rashid, B.Sc., D.D.S., M.S., F.R.C.D. (C), F.C.D.S. (B.C.)
1466 West Hastings Street
Vancouver, BC, V6G 3J6, Kanada
E-Mail: zrashid@shaw.ca
James Ruskin, D.M.D., M.D.
University of Florida, College of Dentistry
Professor and Director, Center for Implant Dentistry
Department of Oral And Maxillofacial Surgery
1600 W Archer Road, D7-6, Gainesville, FL 32610, USA
E-Mail: jruskin@dental.ufl.edu
Thomas G. Wilson Jr, D.D.S., P.A.
Periodontics and Dental Implants
5465 Blair Road, Suite 200
Dallas, TX 75231, USA
E-Mail: tom@tgwperio.com
Inhalt
1 Einführung in die SAC-Klassifikation
A. Dawson, S. Chen, D. Buser
1.1 Einleitung
1.2 Liste der Teilnehmer der Konsensuskonferenz
1.3 Einführung in die SAC-Klassifikation
2 Determinanten der SAC-Klassifikation
A. Dawson, S. Chen
2.1 Definitionen
2.2 Annahmen
2.3 Kriterien für die SAC-Einstufung
2.3.1 Ästhetischer Stellenwert der betroffenen Regionen
2.3.2 Komplexität des Prozesses
2.3.3 Risiko von Komplikationen
3 Beeinflussende Faktoren
3.1 Allgemeine Einflussfaktoren
S. Chen, A. Dawson
3.1.1 Klinische Kompetenz und Erfahrung des Behandlers
3.1.2 Gesundheitliche Defizite des Patienten
3.1.3 Besonderheiten der Wachstumsphase
3.1.4 Iatrogene Faktoren
3.2 Ästhetische Einflussfaktoren
S. Chen, A. Dawson
3.2.1 Gesundheitszustand
3.2.2 Ästhetische Erwartungen
3.2.3 Lachlinie
3.2.4 Gingivaler Biotyp
3.2.5 Volumen des umliegenden Weichgewebes
3.3 Chirurgische Einflussfaktoren
S. Chen, D. Buser, L. Cordaro
3.3.1 Knochenangebot
3.3.2 Anatomisches Risiko
3.3.3 Ästhetisches Risiko
3.3.4 Komplexität
3.3.5 Komplikationen
3.4 Restaurative Einflussfaktoren
A. Dawson, W. Martin
3.4.1 Allgemeine zahnmedizinische Gesundheit
3.4.2 Restauratives Volumen
3.4.3 Volumen des zahnlosen Sattels
3.4.4 Okklusion
3.4.5 Provisorischer Zahnersatz
3.4.6 Belastungsprotokoll
3.4.7 Restaurative Materialien und Herstellungsmethode
3.4.8 Erhaltungsaufwand
3.5 Anwendung
A. Dawson, S. Chen
4 Einstufung von chirurgischen Fällen
4.1 Grundsätze der chirurgischen Einstufung
S. Chen, D. Buser, L. Cordaro
4.1.1 Allgemeine Kriterien
4.1.2 Lokale Kriterien
4.1.3 Klassifikationstabellen
4.2 Implantate zur restaurativen Behandlung von Einzelzahnlücken in Regionen mit geringem ästhetischem Risiko
S. Chen
4.2.1 Klinischer Fall (fehlender linker unterer Prämolar und Molar)
4.3 Implantate zur restaurativen Behandlung von kurzspannigen Lücken in Regionen mit geringem ästhetischem Risiko
D. Buser
4.3.1 Klinischer Fall (fehlender linker unterer Prämolar und Molar)
4.4 Implantate zur restaurativen Behandlung von ausgedehnten Lücken in Regionen mit geringem ästhetischem Risiko
L. Cordaro
4.4.1 Klinischer Fall (vier fehlende Zähne im linken seitlichen Oberkiefer)
4.5 Implantate zur restaurativen Behandlung des zahnlosen Unterkiefers mit Deckprothese oder festsitzender Brücke
D. Buser
4.5.1 Klinischer Fall (Extraktionen und Implantationen im zahnlosen Unterkiefer)
4.6 Implantate zur restaurativen Behandlung von Einzelzahnlücken in Regionen mit hohem ästhetischem Risiko
L. Cordaro
4.6.1 Klinischer Fall (fehlender oberer mittlerer Schneidezahn mit horizontalem und vertikalem Knochendefizit)
4.7 Implantate zur restaurativen Behandlung von kurzspannigen Lücken in Regionen mit hohem ästhetischem Risiko
D. Buser
4.7.1 Klinischer Fall (Implantatbrücke nach drei Extraktionen in der Oberkieferfront)
4.8 Implantate zur restaurativen Behandlung von ausgedehnten Lücken in Regionen mit hohem ästhetischem Risiko
S. Chen
4.8.1 Klinischer Fall (fünf fehlende Zähne in der Oberkieferfront)
4.9 Implantate zur restaurativen Behandlung des gesamten Oberkiefers in Regionen mit hohem ästhetischem Risiko
L. Cordaro
4.9.1 Klinischer Fall (implantatgetragene Brückenversorgung des zahnlosen Oberkiefers)
4.10 Sofortimplantationen (Typ 1) in Extraktionsalveolen von einwurzeligen Zähnen
S. Chen
4.10.1 Klinischer Fall (Sofortimplantation nach Extraktion eines mittleren oberen Schneidezahnes)
4.11 Sofortimplantationen (Typ 1) in Extraktionsalveolen von mehrwurzeligen Zähnen
S. Chen
4.11.1 Klinischer Fall (Sofortimplantation nach Extraktion eines ersten oberen Prämolars)
5 Einstufung von restaurativen Behandlungsfällen
A. Dawson, W. Martin, U. Belser
5.1 Grundsätze der restaurativen Einstufung
5.2 Einzelzahnersatz im Seitenzahnbereich
5.2.1 Prothetisches Platzangebot
5.2.2 Zugänglichkeit
5.2.3 Belastungsprotokoll
5.2.4 Ästhetisches Risiko
5.2.5 Okklusale Parafunktion
5.2.6 Provisorischer Zahnersatz
5.3 Einzelzahnersatz im Frontzahnbereich
5.3.1 Lagebeziehung zwischen den Kiefern
5.3.2 Mesiodistales Platzangebot
5.3.3 Belastungsprotokoll
5.3.4 ǰsthetisches Risiko
5.3.5 Okklusale Parafunktion
5.3.6 Provisorischer Zahnersatz
5.4 Ausgedehnte Lücken im Seitenzahnbereich
5.4.1 Ästhetisches Risiko
5.4.2 Zugänglichkeit
5.4.3 Prothetisches Platzangebot
5.4.4 Okklusion und Parafunktion
5.4.5 Temporärer Zahnersatz in der Einheilphase
5.4.6 Belastungsprotokoll
5.4.7 Befestigungsmodus
5.5 Ausgedehnte Lücken im Frontzahnbereich
5.5.1 Ästhetisches Risiko
5.5.2 Intermaxilläre Lagebeziehung
5.5.3 Prothetisches Platzangebot
5.5.4 Okklusion/Artikulation
5.5.5 Temporärer Zahnersatz in der Einheilphase
5.5.6 Implantatgetragener provisorischer Zahnersatz
5.5.7 Okklusale Parafunktion
5.5.8 Belastungsprotokoll
5.6 Zahnloser Oberkiefer (festsitzende Prothetik)
5.6.1 Prothetisches Platzangebot
5.6.2 Zugänglichkeit
5.6.3 Belastungsprotokoll
5.6.4 Ästhetisches Risiko
5.6.5 Temporärer Zahnersatz in der Einheilphase
5.6.6 Okklusale Parafunktion
5.7 Zahnloser Unterkiefer (festsitzende Prothetik)
5.7.1 Prothetisches Platzangebot
5.7.2 Belastungsprotokoll
5.7.3 Ästhetisches Risiko
5.7.4 Temporärer Zahnersatz in der Einheilphase
5.7.5 Okklusale Parafunktion
5.8 Zahnloser Oberkiefer (herausnehmbare Prothetik)
5.8.1 Prothetisches Platzangebot
5.8.2 Belastungsprotokoll
5.8.3 Ästhetisches Risiko
5.8.4 Temporärer Zahnersatz in der Einheilphase
5.8.5 Okklusale Parafunktion
5.9 Zahnloser Unterkiefer (herausnehmbare Prothetik)
5.9.1 Prothetisches Platzangebot
5.9.2 Anzahl der Implantate
5.9.3 Belastungsprotokoll
5.9.4 Ästhetisches Risiko
5.9.5 Provisorien
5.9.6 Okklusale Parafunktion
5.10 Schlussfolgerung
6 Praktische Anwendung der SAC-Klassifikation
6.1 Vorgehensweise zur Einstufung von Einzelfällen
A. Dawson, S. Chen
6.2 Beispiel für eine einfache restaurative Behandlung (Ersatz eines ersten oberen Molars)
S. Chen, A. Dickinson
Anmerkungen
6.3 Beispiel für eine anspruchsvolle Behandlung (Ersatz eines oberen mittleren Schneidezahnes)
C. Evans, S. Chen
Anmerkungen
6.4 Beispiel für eine komplexe ästhetische Behandlung (Sofortimplantation mit Sofortprovisorium)
F. Higginbottom, T. Wilson
Anmerkungen
6.5 Beispiel für eine komplexe Behandlung (teilbezahnter Kiefer)
W. Martin, J. Ruskin
Anmerkungen
6.6 Beispiel für eine komplexe Behandlung (zahnloser Kiefer)
D. Morton, Z. Rashid, A. Boeckler, H. Hayashi
SAC-Einstufung
Definitive Behandlung
Anmerkungen
6.7 Schlussfolgerung
7 Schlussfolgerung
S. Chen, A. Dawson
8 Literatur
1Einführung in die SAC-Klassifikation
1.1Einleitung
Die zahnärztliche Implantologie ist dank ihrer Fortschritte in den vergangenen 15 Jahren zum Versorgungsstandard für die Rehabilitation von voll- und teilbezahnten Patienten herangereift. Klinische und technische Entwicklungen haben das Indikationsspektrum für Implantatbehandlungen erweitert und diese Art der zahnärztlichen Versorgung auch niedergelassenen Praktikern zugänglicher gemacht. Parallel dazu werden Patienten immer komplexere Behandlungen angeboten. Umso wichtiger ist es geworden, dass sich die zahnärztliche Implantologie bei ihren chirurgischen und restaurativen Arbeiten weiterhin auf einem adäquaten Versorgungsniveau bewegt.
Dass klinische Situationen unterschiedlich schwierig sind und unterschiedlich hohe Risiken von ästhetischen, restaurativen und chirurgischen Komplikationen bergen, ist bekannt. Dennoch existierten in der zahnärztlichen Implantologie bislang keine einheitlichen Definitionen für den Schwierigkeitsgrad von Behandlungen und das Risiko von Komplikationen. Zur Unterstützung der Behandler in diesen Fragen organisierte das ITI (International Team for Implantology) vom 13. bis zum 15. März 2007 eine Konsensuskonferenz in Palma de Mallorca. Ziel der Zusammenkunft war die Erarbeitung von Richtlinien für restaurative und chirurgische Behandlungsszenarien nach Maßgabe eines Klassifikationssystems mit der Bezeichnung SAC. Dieses unterscheidet zwischen einfachen (S = straightforward), anspruchsvollen (A = advanced) und komplexen (C = complex) Behandlungen.
Diese Richtlinien sollen allen Behandlern als Richtschnur zur bedarfsgerechten Indikationsstellung und implantologischen Behandlungsplanung dienen. Ferner eignet sich dieses Buchs zur Konzeption von Ausbildungsprogrammen in der zahnärztlichen Implantologie mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad und wird somit auch ein wertvolles Hilfsmittel für die Lehre darstellen.
1.2Liste der Teilnehmer der Konsensuskonferenz
Dieser Band dokumentiert die Ergebnisse der SAC-Konsensuskonferenz, die vom 13. bis 15. März 2007 vom ITI (International Team for Implantology) in Palma de Mallorca abgehalten wurde. Beiträge zu den Konsensuserklärungen der Konferenz und zum Inhalt dieses Buchs stammen von den folgenden Teilnehmern:
Urs Belser | Schweiz | Alessandro Januário | Brasilien |
Daniele Botticelli | Italien | Simon Jensen | Dänemark |
Daniel Buser | Schweiz | Hideaki Katsuyama | Japan |
Stephen Chen | Australien | Christian Krenkel | Österreich |
Luca Cordaro | Italien | Richard Leesungbok | Südkorea |
Anthony Dawson | Australien | Will Martin | USA |
Anthony Dickinson | Australien | Lisa Heitz-Mayfield | Australien |
Javier G. Fabrega | Spanien | Dean Morton | USA |
Andreas Feloutzis | Griechenland | Helena Rebelo | Portugal |
Kerstin Fischer | Schweden | Paul Rousseau | Frankreich |
Christoph Hämmerle | Schweiz | Bruno Schmid | Schweiz |
Timothy Head | Kanada | Hendrik Terheyden | Deutschland |
Frank Higginbottom | USA | Adrian Watkinson | Großbritanien |
Haldun Iplikcioglu | Türkei | Daniel Wismeijer | Niederlande |
1.3Einführung in die SAC-Klassifikation
Die SAC-Klassifikation ermöglicht eine Beurteilung von therapeutischen Einzelfällen hinsichtlich der möglichen Schwierigkeiten und Risiken. Sie dient allen Behandlern als Richtschnur zur Indikationsstellung und Planung von Implantatbehandlungen. Die Klassifikation umfasst drei Stufen: einfach (S = straightforward), anspruchsvoll (A = advanced) und komplex (C = complex). Diese Einstufung kann für die restaurativen und chirurgischen Arbeiten im therapeutischen Gesamtzusammenhang separat getroffen werden. Einfache Arbeiten sind mit einem niedrigen, anspruchsvolle mit einem mittelhohen und komplexe mit einem hohen Ausmaß an Schwierigkeiten und Risiken verbunden. Allerdings haben diese Einstufungen je nach Wissen, Können und Erfahrung des Behandlers auch eine subjektive Komponente. Verschiedene Behandler können also Einzelfälle durchaus unterschiedlich beurteilen. Das vorliegende Buch soll hier anhand von “standardmäßigen” Falltypen/Behandlungsszenarien eine objektive Sicht der Dinge ermöglichen. Gleichzeitig muss man wissen, dass sich die Einstufung eines Behandlungsfalls ändern kann, wenn andere Einflussfaktoren hinzukommen. Diese werden im weiteren Verlauf ebenfalls skizziert.
Sailer und Pajarola verwendeten die SAC-Klassifikation erstmals in einem Atlas der Mundchirurgie [Sailer und Pajarola 1999]. Sie beschrieben detailliert verschiedene oralchirurgische Szenarien wie das Entfernen von dritten Molaren und unterbreiteten hierzu die Einteilung in S (simple), A (advanced) und C (complex). 1999 wurde diese Klassifikation von der Schweizerischen Gesellschaft für Implantologie (SGI) im Rahmen eines einwöchigen Kongresses zu zahnmedizinischen Qualitätsrichtlinien verabschiedet. Die Fachkommission der SGI erarbeitete diese SAC-Klassifikation für verschiedene klinische Szenarien der zahnärztlichen Implantologie aus chirurgischer und prothetischer Sicht. Dieses Schema wurde dann im Rahmen der ITI-Konsensuskonferenz 2003 im schweizerischen Gstaad vom ITI übernommen. In den Ergebnissen dieser Konferenz wurde die SAC-Klassifikation für chirurgische Arbeiten dargestellt [Buser et al. 2005]. 2006 entschied die Education Core Group des ITI eine Änderung in der Wortwahl gegenüber der ursprünglichen Klassifikation: Der Begriff simple (= einfach) wurde im Englischen durch straightforward (≈ einfach oder unkompliziert) ersetzt.
Das folgende Kapitel gibt einen Überblick über die SAC Klassifikation und darüber, wie sie angewendet wird und welchen Determinanten sie unterliegt. Es wurden Kriterien zur Einteilung von Falltypen erarbeitet und normative Einstufungen nach dem SAC-Schema getroffen. Definitionen für diese Begriffe folgen im nächsten Kapitel. Die weiteren Kapitel des Buches erläutern im Detail die Anwendungen der SAC-Klassifikation in den Teildisziplinen der zahnärztlichen Implantologie. Es wird gezeigt, wie man chirurgische und restaurative Arbeiten im Rahmen von Implantatbehandlungen nach diesem System einstuft. Ebenfalls behandelt werden die Auswirkungen von Einflussfaktoren und Komplikationen auf die jeweiligen normativen Einstufungen.
Das SAC-Schema soll primär als Leitfaden zur Einschätzung des Schwierigkeitsgrades von therapeutischen Einzelfällen dienen. Daneben ist es aber auch ein geeignetes Hilfsmittel zur Risikoanalyse und Patientenversorgung. Eine weitere Anwendung liegt in der Patientenaufklärung. Anhand des Schemas lässt sich gut vermitteln, mit welchen Einschränkungen, Komplikationen und Ergebnissen einer Behandlung zu rechnen ist. Patienten können auf dieser Basis realistische Erwartungen zu möglichen Behandlungsergebnissen entwickeln. Die SAC-Klassifikation ist also für unterschiedliche Personengruppen und Anwendungen von Nutzen. Angehenden Implantologen bietet sie Orientierung bei der Indikationsstellung und Behandlungsplanung, so dass sie verantwortungsvoll und schrittweise ihre Erfahrungen sammeln können. Implantologen mit größerer Erfahrung mögen weniger Bedarf an solch grundlegender Orientierung haben. Ihnen bietet das SAC-Schema nützliche Rahmenbedingungen zur Planung von Implantatbehandlungen sowie zur Erkennung und möglichen Vermeidung vorhandener Risiken.
Die SAC-Klassifikation bietet zu jedem Zeitpunkt des Behandlungsprozesses Einsatzmöglichkeiten. Eine normative Einstufung nach Kieferregionen und klinischen Manifestationen kann entsprechend der individuellen Patientensituation bei Bedarf angepasst werden. Das vorgestellte System ermöglicht Neueinstufungen nach Maßgabe von individuellen Faktoren bzw. entsprechend der Zwischenergebnisse der Behandlung.
2Determinanten der SAC-Klassifikation
2.1Definitionen
Tabelle 1. Klassifikation und Umschreibungen für Implantationszeitpunkte nach Zahnextraktion [Chen und Buser 2009].
Klassifikation | Terminologie | Wartezeit nach Extraktion | Angestrebter klinischer Zustand bei Implantation |
Typ 1 | Sofortimplantation | Sofort nach Extraktion | Extraktionsalveole ohne Heilung von Knochen oder Weichgewebe |
Typ 2 | Frühimplantation nach Weichgewe- beheilung |
Normalerweise 4 bis 8 Wochen | Extraktionsalveole mit abgeheiltem Weichgewebe ohne nennenswerte Knochenheilung |
Typ 3 | Frühimplantation nach partieller Knochenheilung | Normalerweise 12 bis 16 Wochen | Extraktionsalveole mit abgeheiltem Weichgewebe und deutlicher Knochenheilung |
Typ 4 | Spätimplantation | Normalerweise ab 6 Monaten | Vollständig ausgeheilte Extraktionsalveole |
Prozess: Alle Arbeiten, die im therapeutischen Gesamtzusammenhang anfallen (einschließlich Planung, Administration und Folgetätigkeiten zur Erhaltung der des Zahnersatzes) und somit mehr als nur die klinische Behandlung umfassen.
Normativ: Hierunter ist zu verstehen, dass eine bestimmte Einstufung innerhalb des Klassifikationssystems einem “standardmäßigen” Falltyp bzw. Behandlungsszenario entspricht. Die normative Einstufung zeigt die wahrscheinlichste Variante an, wie ein bestimmter Falltyp innerhalb des Klassifikationssystems zu bewerten ist. Sie kann sich ändern, wenn andere beeinflussende Faktoren hinzukommen oder Komplikation auftreten.
Implantationszeitpunkte nach Zahnextraktion: Zur Beschreibung des Zeitpunktes von Implantationen nach Zahnextraktion wurden in der Vergangenheit unterschiedliche Klassifikationen verwendet. Grundlage für dieses Buch bildet die Klassifikation von Chen und Buser [2008]. Diese wiederum ist eine modifizierte Form der Klassifikation von Hämmerle et al. [2004]. Tabelle 1 zeigt die verwendete Einteilung im Überblick.
Belastungsprotokolle (Belastungszeitpunkte nach Implantation): Erörterungen zu Systemen der prothetischen Belastung von Implantaten nach deren Einsetzen beruhen auf den Definitionen von Cochran et al. [2004]. Diese sind in Tabelle 2 zusammengefasst.
Tabelle 2. Definitionen für Belastungsprotokolle (Belastungszeitpunkte nach Implantation) [Cochran et al. 2004].
Belastungsprotokoll | Definition |
Sofortversorgung | Eingliedern von Zahnersatz ohne Okklusionskontakt bis spätestens 48 Stunden nach der Implantation. |
Sofortbelastung | Eingliedern von Zahnersatz mit Okklusionskontakt bis spätestens 48 Stunden nach der Implantation. |
Konventionelle Sp ä tbelastung | Eingliedern von Zahnersatz nach 3 bis 6 Monaten Einheildauer. |
Frühbelastung | Eingliedern von Zahnersatz mit Okklusionskontakt Frühestens 48 Stunden und spätestens 3 Monate nach der Implantation. |
Verzögerte Belastung | Eingliedern von Zahnersatz nach frühestens 6 Monaten Einheildauer in einem zweiten Behandlungsschritt (später als die konventionelle Einheilzeit von 3–6 Monaten). |
2.2Annahmen
Die SAC-Klassifikation geht davon aus, dass ein gebotenes Maß an Ausbildung, Vorbereitung und Sorgfalt in die Planung und Umsetzung jeder einzelnen Behandlung einfließt. Klassifikationen können nie ein geeignetes Instrument für Fälle darstellen, die erheblich von der Norm abweichen. Eine weitere Grundannahme ist die, dass jeder Behandler innerhalb der Grenzen seiner klinischen Kompetenz und Fähigkeiten agiert. Somit gelten für Klassifikationen die folgenden allgemeinen und speziellen Annahmen:
Allgemein:
Patienten:
Speziell:
2.3Kriterien für die SAC-Einstufung
Die normative Einstufung von bestimmten Falltypen beruht auf verschiedenen Kriterien, die nachstehend skizziert werden. Es folgt eine Erörterung der grundsätzlichen Determinanten.
2.3.1Ästhetischer Stellenwert der betroffenen Regionen
Eine allgemeine Determinante ist das Ausmaß, in dem ästhetische Fragen den therapeutischen Gesamtzusammenhang beeinflussen. Fälle, die keine ästhetisch relevanten Regionen betreffen, bedeuten ein geringes ästhetisches Risiko, womit bereits ein möglicher Problemfaktor wegfällt. Einfache Fälle dürfen per Definition kein ästhetisches Risiko umfassen. Jeder Fall, der die ästhetische Zone betrifft, ist automatisch als anspruchsvoll oder komplex einzustufen. Zu den ästhetischen Regionen im engeren Sinn zählen alle Kieferbereiche, die beim voll entfalteten Lächeln den Gingivalsaum oder Zahnersatz sichtbar machen. Im weiteren Sinn sind darunter aber auch Regionen zu verstehen, die dem Patienten aus ästhetischer Sicht wichtig sind [Belser et al. 2004].
2.3.2Komplexität des Prozesses
Der Schwierigkeitsgrad einer chirurgischen oder restaurativen Behandlung lässt sich anhand der Zahl der Arbeitsschritte und der Zahl der Areale beurteilen, in denen ein angemessenes Resultat erzielt werden muss. Grundsätzlich steigt die Komplexität mit der Anzahl der Behandlungsschritte sowie der Behandlungsziele, die im Hinblick auf ein zufriedenstellendes Resultat erreicht werden müssen.
Beispielsweise kann der Planungsbedarf für eine ästhetisch nicht relevante Einzelkrone relativ gering sein. Man kommt hier vielleicht mit einem unkomplizierten zweizeitigen Eingriff aus, wobei der Zahn extrahiert und einige Wochen später durch ein Implantat ersetzt wird. Auch die restaurative Behandlungsphase kann sich unkompliziert gestalten. Die normative Einstufung für ein Behandlungsszenario dieser Art würde somit aus chirurgischer wie restaurativer Sicht einfach oder unkompliziert lauten. Anders liegt der Fall für eine Einzelkrone in der ästhetischen Zone. Hier muss eine detailliertere Beurteilung und Planung vorgenommen werden, es kann die Zahl der chirurgischen sowie restaurativen Arbeitsschritte steigen, und es sind höhere Anforderungen an das Resultat zu stellen. Die normative Einstufung für diese Arbeiten würde mindestens anspruchsvoll lauten. Die beiden genannten Fälle sind ähnlich in der Anwendung, illustrieren aber gut die größere Komplexität von Behandlungen an ästhetisch heiklen Stellen.
Die Komplexität von Behandlungsprozessen kann man auch danach beurteilen, ob sich mit einiger Sicherheit ein berechenbares Resultat erzielen lässt und absehbar ist, welche Maßnahmen hierzu erforderlich sein werden. Können diese Fragen bejaht werden, darf die Einstufung allenfalls einfach oder anspruchsvoll lauten. Allerdings können noch andere Überlegungen hinzukommen. In komplexen Fällen wird das Resultat verstärkt von den Zwischenergebnissen der einzelnen Behandlungsschritte abhängen. Hier kann es notwendig werden, den Behandlungsplan zu modifizieren, weil sich die Gegebenheiten im Lauf der Behandlung verändern. Ist beispielsweise eine Sinusbodenaugmentation für Implantationen Voraussetzung, so wird das Resultat mehr oder weniger deutlich die Zahl, Größe und Positionierung der Implantate beeinflussen, und diese wiederum beeinflussen die Konstruktion des definitiven Zahnersatzes. Da sich also das definitive Resultat nicht eindeutig vorhersehen lässt, sind solche Fälle als komplex einzustufen.
2.3.3Risiko von Komplikationen
Kein therapeutisches Verfahren ist frei von Risiken. Stets können unvorhergesehene Ereignisse die Behandlung erschweren oder den Langzeiterfolg beeinträchtigen. Mit der SAC-Klassifikation lassen sich diese Risiken identifizieren und quantifizieren. Auf dieser Basis können dann Eventualitäten eingeplant werden, um Risiken zu begrenzen und ungünstige Ergebnisse auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Hier kann die SAC-Klassifikation als wertvolles Hilfsmittel für das Risikomanagement dienen.
Mögliche Auswirkungen von Komplikationen auf Behandlungsergebnisse:
Werden im Rahmen der Diagnose oder Planung bestimmte Risiken erkannt, dann können geeignete Maßnahmen eingeplant werden, damit eventuelle Vorfälle möglichst ohne negative Konsequenzen bleiben. Man kann den Patienten über diese Risiken aufklären und vor möglichen Nachteilen warnen. So lassen sich die Erwartungen des Patienten in die richtigen Bahnen lenken und er wird auf Eventualitäten vorbereitet sein.
Die folgende Aufzählung verdeutlicht, welche grundsätzlichen Faktoren den Schwierigkeitsgrad eines klinischen Prozesses und somit seine SAC-Einstufung beeinflussen können.
• Biologische Faktoren:
· Gewebevolumen (Hart- und Weichgewebe)
· Breite der keratinisierten Schleimhaut
· Vorliegen von Infektionen
· Okklusale Faktoren (z. B. Parafunktion)
• Technische Faktoren:
· Ausführung des Zahnersatzes
· Zahntechnische Gesichtspunkte
• Ästhetische Faktoren:
· Ästhetische Risikoanalyse [Martin et al. 2007]
· Notwendigkeit einer Weichgewebeaugmentation in ästhetisch relevanten Bereichen
• Patientenbezogene Faktoren:
· Unrealistische ästhetische Anforderungen oder Erwartungen
· Bereitschaft zur aktiven Mitarbeit an der Umsetzung des Behandlungsplanes
· Bereitschaft zur Befolgung der zur Umsetzung gegebenen Anweisungen und notwendigen Mitarbeit
• Prozessbezogene Faktoren:
· Zahl oder Komplexität der Arbeitsschritte im therapeutischen Gesamtzusammenhang
· Potenzielle Einflüsse auf die Koordination und Zeitplanung der Behandlungsprozesse. So stellen Sofortbelastungen oft höhere Anforderungen an Zeitplanung und Logistik.
Diese Fragen werden im weiteren Verlauf noch detaillierter erörtert. Allerdings ist im Rahmen der Diagnostik und Indikationsstellung das Potenzial von solchen Komplikationen zu berücksichtigen. Und genau dieses Potenzial fließt in die normative SAC-Einstufung ein.
3Beeinflussende Faktoren
3.1Allgemeine Einflussfaktoren
Normative Einstufungen können immer nur Standardfälle erfassen. Die folgenden Faktoren können (normalerweise erschwerend) hinzukommen und eine Änderung der Einstufung notwendig machen.
3.1.1Klinische Kompetenz und Erfahrung des Behandlers
Man darf voraussetzen, dass Implantatbehandlungen stets von Behandlern mit entsprechenden klinischen Fähigkeiten durchgeführt werden sollten. Gleichzeitig muss man aber hinzufügen, dass die normative SAC-Einstufung von therapeutischen Einzelfällen unabhängig von der Kompetenz des jeweiligen Behandlers vorgenommen wird. Wenn also die Einstufung für einen Falltyp einfach lautet, gilt dies für unerfahrene und erfahrene Behandler gleichermaßen. Ebenso wird ein Falltyp mit der Einstufung komplex für beide schwierig zu bewältigen sein. Der Unterschied liegt darin, dass der erfahrene Behandler die Kompetenz und das Wissen zur Bewältigung komplexer Fälle und möglicher Komplikationen besitzt. Der unerfahrene Behandler hingegen wäre gut beraten, solche komplexen Fälle an einen Kollegen mit größerer Erfahrung abzugeben.
3.1.2Gesundheitliche Defizite des Patienten
Patienten mit gesundheitlichen Defiziten sind oft schwieriger zu behandeln und anfälliger für Komplikationen (Tabelle 1). So kennen wir die erhöhte Wahrscheinlichkeit von postoperativen Komplikationen und Implantatverlusten bei Rauchern [Strietzel et al. 2007] und nicht eingestellten Diabetikern [Moy et al. 2005, Ferreira et al. 2006]. Diese Patienten gelten als Hochrisikogruppen für Implantatbehandlungen. Auch andere Umstände können Einfluss nehmen und sind bei der diagnostischen Beurteilung von Einzelfällen zu berücksichtigen. Manche lassen sich unter Kontrolle bringen, damit die Behandlung weitergeführt werden kann. In aller Regel sind hier aber Abweichungen vom standardmäßigen Behandlungsverlauf erforderlich.