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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nb.de abrufbar.

Impressum:

© 2011 Bernd Sternal

Herausgeber: Verlag Sternal Media, Gernrode

Gestaltung und Satz: Lisa Berg, Sternal Media, Gernrode

www.sternal-media.de

www.deutschland-kein-erfinderland.de

1. Auflage November 2011

ISBN: 978-3-8448-4199-2

Herstellung und Verlag:

Books on Demand GmbH, Norderstedt

Inhalt

Vorwort

Wie der Mensch zum Menschen wurde

Frühe Erfindungen

Der Beginn der Industriellen Revolution

Der Schneider von Ulm

Die Draisine – das Urfahrrad

Erster Erfindungsschutz

Werner von Siemens und das Patentschutzgesetz

Die Industrielle Revolution in Deutschland

Das „Telephon“ und Philipp Reis

Die Zeit der zwei Weltkriege

Der Holzgasvergaser

Nach dem Krieg

Bedeutende deutsche Erfindungen

Evolutionäre und psychologische Aspekte

Erfinderwesen in der Planwirtschaft – Abkocher lauern überall

Erfindungen in der jungen sozialen Marktwirtschaft

Planwirtschaft – Mangelwirtschaft – Ideenverhinderungswirtschaft

Die 1980er Jahre bis zur Wiedervereinigung

Vier Begrifflichkeiten

Mein Einstieg ins „Erfindergeschäft“

Der Walkman

Der PC revolutioniert die Welt

Der Erfinder und das Finanzamt

Priorität und Erweiterung des Patentschutzes

Der Flettner-Rotor

Invention und Innovation

Luffa cylindrica – ein EU-Forschungsprojekt

Die Honigmann-Lokomotive

Der Bio-Shad

Wer hat das Dynamit erfunden?

Kosten, Gebühren und Honorare

Erfindermessen und ihr Nutzen

Der Erfinder – das unbekannte Wesen

Der Drill Guide

Money back

Energiebedarf macht erfinderisch

Der Seebeck-Generator

Deutschland steigt aus!

Eine fast geheime Bundesstudie

Nady-GPS und Mobilfunk als Lebensretter

Der Businessplan

Der 11. September 2001

Über den Sinn und Unsinn von Erfindungen

Geheimprojekte

Der Ionenantrieb

Der Erfinder und sein Umfeld

Wo der Amtsschimmel wiehert!

Ein Geographisches Informationssystem das keiner wollte

Der Neuheitsaspekt einer Erfindung

Das BEUS-System

Unser BEUS-Businessplan

Celtee

Einige Gedanken zum Kraftfahrzeug

Zahlen und Statistiken

Mein Plädoyer

Vorwort

Ich bin Optimist, auch wenn das mitunter schwerfällt! Aber ich habe gelernt oder lernen müssen, der Mensch ist nicht die Krone der Schöpfung oder der Evolution und ich kann gut damit umgehen. Andere, viele andere, fast alle anderen aber glauben, sie haben diese Krone auf und sie verhalten sich dementsprechend. Schon Mark Twain formulierte zu dieser Anmaßung unserer Art: „Der Mensch ist das einzige Lebewesen, das erröten kann. Es ist aber auch das einzige, das Grund dazu hat.“

Wir müssen uns wohl oder übel die Frage gefallen lassen: Was wollen wir tun, mit unserer Welt? Wollen wir sie erhalten und pflegen für unsere Nachkommen oder wollen wir nur ein bestmögliches eigenes Leben leben? Allzu gern vergessen wir den evolutionären Zweck unseres Daseins – die Arterhaltung.

Da kommen wir schon auf den Kern meiner Darlegungen und Gedanken in diesem Buch. Ohne Kreativität, ohne Erfinder und Erfindungen würden wir nicht das sein, was wir heute sind. Wir sind als Mensch kein S-Klasse Modell der Biologie, eher das Gegenteil, wir sind ein unausgereiftes Modell mit vielen Fehlern und Unzulänglichkeiten, also eher ein in die Jahre gekommener Kleinwagen. Nur durch unsere Kreativität, unser Vermögen zu denken und aus unseren Gedanken Schlussfolgerungen zu ziehen, sind wir zu dem geworden, was wir sind – zu Menschen.

Wir haben auch das Geld erfunden, als Hilfsmittel, als Äquivalent zu Waren, die schwer mitzunehmen sind. Wir haben es nicht erfunden, um uns ihm unterzuordnen und auszuliefern. Der Löwe, der König der Tiere, auch er jagt im Rudel. Wenn das Rudel erfolgreich war, bedient sich zuerst der Chef, dann aber bekommt jeder in der Meute seinen Anteil. Kein Löwe käme je auf die Idee, seine Beute zu horten und den anderen vorzuenthalten, nur wir Menschen tun dies. Nicht, weil wir es brauchen, soweit wäre das noch in Ordnung, sondern nur damit wir unsere Machtstellung ausbauen und demonstrieren können. Dabei bleibt bei uns oft Derjenige auf der Strecke, der die Beute gemacht hat. Das sollte uns nicht nur zum Erröten bringen, sondern vor allem zum Nachdenken. Wie sagte schon Albert Einstein: „Keine Maus würde je eine Mausefalle erfinden!“ Wir Menschen dagegen tun dies tagtäglich.

Wir haben verboten, dass Schweine im Freien gezüchtet werden, angeblich als Schutz vor der Schweinegrippe. Stattdessen züchten und halten wir diese Tiere eingepfercht in engen Ställen, wo sie so frustriert und aggressiv werden, dass sie sich gegenseitig „ans Fell gehen“. Und was tun wir, wir schneiden ihnen die Schwänze ab. Schizophrenie der menschlichen Art! Aber warum tun wir das? Nur um immer noch mehr Umsatz zu generieren? Irgendwo ist doch sowieso das Ende der Fahnenstange erreicht. Ich glaube auch nicht, dass die Bevölkerung auf die Barrikaden gehen würde, wenn Schweinefleisch um einiges teurer werden würde. Die Schweine aber würden es uns danken, wenn sie artgerechter gehalten werden würden, unsere Gesundheit sowieso und die Wirtschaft? Der würden höhere Preise und damit einhergehend weniger Umsatz wohl auch nicht wirklich schaden. Sicherlich würden Produktionskapazitäten abgebaut werden müssen. Aber was wäre so schlimm daran? Die Betroffenen müssten sich umorientieren, statt produktiv mehr kreativ werden, wie zu allen Zeiten der menschlichen Geschichte. Und wir sollten sie nicht im Regen stehen lassen, sondern sie unterstützen!

Täglich hören und lesen wir: Bildung und Wissen sind unser höchstes Gut! Aber Bildung und Wissen sind abstrakt, bisher nicht wirklich messbar. Wir müssen beginnen, unser Humankapital zu bewerten und es auch als Wert anzusetzen. Längst haben wir erkannt, dass die Produktionsmittel in den Unternehmensbilanzen nicht das halten, was sie versprechen. Es sind die Menschen, die Entwickler und die Bediener der Produktionsanlagen, die den eigentlichen Wert ausmachen.

Auch müssen wir erkennen, dass nicht jeder humane Fortschritt auch einer der Evolution ist. Der Wissenschaftsphilosoph Michael Ruse sagt: „Die Evolution geht ziemlich langsam nirgendwo hin“. Humaner Fortschritt kann auch evolutionärer Stillstand oder sogar Rückschritt sein, denn wir verbessern unser Erbgut zum Beispiel nicht durch medizinischen Fortschritt. Anders herum verbessern wir aber auch die humane Situation nicht, indem immer weniger Menschen sich immer mehr der natürlichen Ressourcen an Energie, Wasser und Rohstoffen aneignen und damit zu Klimaveränderungen beitragen, die wieder neue humane Konflikte beinhalten.

Auch ist unsere derzeitige Wirtschaftskrise eigentlich keine, es ist eine Geldkrise. Sie ist hausgemacht, wie man so schön zu sagen pflegt, denn wir leiten einen Großteil unserer kreativen Energien in falsche Bahnen. Es wird spekuliert und gewettet, es werden Anlagemodelle kreiert, die nur das eine Ziel haben, das Äquivalent „Geld“ zu vermehren. Aber das funktioniert auf Dauer genauso wenig, wie es funktioniert, die menschliche Art ohne sexuelle Fortpflanzung zu erhalten. Es wird Geld in unvorstellbaren Größenordnungen ausgegeben, das wir nicht haben. Es wird verschwendet, subventioniert, gefördert, was das Zeug hält. Die Schulden werden den nachkommenden Generationen aufgebürdet, ohne andere Wahl.

Nur für die Kreativsten, für die, die eigentlich unseren Wohlstand erst geschaffen haben, ist kaum Geld da. Es muss daher dringend ein Umdenken stattfinden, was technische Kreativität anbelangt, in ganz Europa, aber besonders in Deutschland, wenn wir auch in Zukunft unseren Lebens- und Sozialstandard erhalten wollen. Geistiges Eigentum ist bei Veröffentlichung per Urheberrecht geschützt. Der Rechtsschutz von kreativen technischen Erfindungen dagegen ist mit hohem, vergleichsweise ungerechtfertigt hohem, finanziellen Aufwand einhergehend. Ist das noch zeitgemäß?

Gefordert ist nun unsere Gesellschaft, diese Schieflage und Fehlentwicklung zu korrigieren. Dazu ist es notwendig, den entsprechenden Druck auf unsere Politik auszuüben. Gut, das internationale Patentrecht können wir nicht im Alleingang ändern, aber unsere Politik kann Anstöße geben. Auch können wir notfalls einen nationalen Alleingang vornehmen, da wo es machbar ist, wie beim Atomausstieg. Unsere kreativen technischen Köpfe werden es uns danken und ich bin mir da ganz sicher, auch ausländische Erfinder werden sich dann Deutschland zuwenden.

Auch dürfen wir es nicht länger Bankern, Beamten, vom Staat abhängigen Wissenschaftlern sowie Angestellten des öffentlichen Dienstes überlassen, über das Potential von Erfindungen zu entscheiden. Wissenschaft und Erfinderkultur müssen unabhängig vom Staat agieren können. Nur so können wir die anstehenden Problemgebirge erklimmen und zukunftsträchtig unser Land, Europa und die Welt gestalten.

Damit dieser Witz niemals Realität wird:

Treffen sich zwei Planeten:

Eins: „Du siehst ja unheimlich schlecht aus!“

Zwei: „Na ja, ich hab mir Homo sapiens zugezogen.“

Eins: „Keine Angst, das regelt sich von selbst!“

Ich bitte auch um Verständnis, dass ich es in meinen Ausführungen und Darlegungen vermieden habe, Personen- und Firmennamen anzugeben und stattdessen, da wo es mir angebracht erschien, Alias-Namen verwendet habe. Denn ewige juristische Streitigkeiten, die brauche ich nun wirklich nicht. Auch wäre es sicherlich nicht gerechtfertigt, Ross und Reiter zu benennen, denn viele von den Akteuren haben wohl nicht unbedingt in böser Absicht so gehandelt, wie sie es getan haben. Ich möchte es ihnen jedenfalls nicht unterstellen. Die Erfindungs- und Erfinderproblematik als solche, ist keine einzelner Personen, es ist eine gesamtgesellschaftliche und als solche müssen wir sie auch sehen und ihr begegnen.

Wie der Mensch zum Menschen wurde

„Es war einmal“, so beginnen die meisten alten deutschen Märchen. Das trifft auch auf das Deutschland im neuen 21. Jahrhundert zu, wenn wir Deutschland nicht als Märchenland sondern als Erfinderland betrachten. Im 19. und 20. Jahrhundert begründete der Erfindungsreichtum, gekoppelt an Fleiß und Kreativität, den Aufstieg des vergleichsweise kleinen Deutschlands unter die führenden Wirtschaftsnationen dieser Welt. Wir lösten damit die besonders im 18. und 19. Jahrhundert führende Erfindernation England ab.

Erfinder und Erfindungen gibt es schon so lange wie es Menschen gibt. Über den Zeitpunkt mancher Erfindungen in der menschlichen Geschichte lässt sich trefflich streiten und in steter Regelmäßigkeit gibt es dazu neue wissenschaftliche Erkenntnisse. Zahlreiche bedeutende Erfindungen wurden auch doppelt gemacht, wobei nicht die Floskel „der hat das Rad zum zweiten Mal erfunden“ gemeint ist.

Meistens wird auf der Liste der ersten menschlichen Erfindungen die Nutzung des Feuers genannt und da tritt schon das erste Missverständnis zu Tage. Feuer gab es schon, bevor es die Erde als Planeten gab und somit längst vor der menschlichen Art. Feuer ist ein chemisch-physikalischer Oxidationsprozess, bei dem Licht und Wärme entstehen. Dieser Prozess konnte nicht erfunden werden und seine Nutzung stellt keine Erfindung dar.

Also müssen wir weitersuchen nach der ersten Erfindung des Menschen. Aber wir werden sicher nicht fündig, indem wir eine Erfindung exakt benennen können. Auf jeden Fall war es ein Werkzeug, zum Beispiel ein Faustkeil, Grabstock, Wurfgerät oder ähnliches. Wichtig ist dabei nur, sonst ist es keine Erfindung, dass der Mensch das Naturmaterial bearbeitet hat, um ihm Eigenschaften zu verschaffen, die es so nicht hatte.

Da sind wir schon bei dem nächsten Missverständnis, dem zwischen Entdekkung und Erfindung. Diese Begrifflichkeiten werden oftmals verwechselt oder durch Unwissenheit falsch verwendet. Dabei meinen beide Worte ganz verschiedene Sachverhalte. Unter einer Entdeckung versteht man etwas bereits Vorhandenes, das bisher nicht bekannt war oder aber nicht oder aber anders genutzt wurde. Das wäre beispielsweise das bereits genannte Feuer.

Mit dessen Entdeckung aber allein wäre noch kein Nutzen verbunden, sieht man von dem Wissenszuwachs einmal ab. Eine Erfindung greift dagegen auf etwas Bekanntes zurück. Durch Kreativität, Erkenntnis und letztendlich Arbeit wird dieses Bekannte zu etwas Neuem, das einen höheren Nutzwert und bessere Qualität besitzt. So ist ein gefundener Stein, den die frühen Vertreter der menschlichen Art als Schlagwerkzeug nutzten, keine Erfindung. Ein Stein dagegen, der so bearbeitet wurde, dass er scharfe Schneidkanten und am Auslauf dieser Kanten eine Spitze hatte und dem eine Form gegeben wurde, die gut in der Hand lag, ist als Erfindung anzusehen.

In diesem Bereich gleitet die Definition einer Erfindung zum Teil ins Philosophische ab, daher möchte ich mich hier auch diesem Thema nicht weiter zuwenden. Mir geht es in meinen Darlegungen um die moderne Definition der Erfindung, die sich vorzugsweise auf technische, mitunter und zunehmend auch auf naturwissenschaftliche Verfahren und Gegenstände bezieht. Erfindungen, die maßgeblich dazu beitrugen, dass der Mensch zum Menschen wurde. Erfindungen, die Kreativität förderten, Intelligenz herausbildeten und unsere Kultur schufen: Wagenräder, Gerberei, Sonnenuhr, Pergament, Glokkenguss, Töpferscheibe, Wasserleitungs- und Straßenbau, Flaschenzug, Mühlen, Papier, Schiffbau, Schwarzpulver, Buchdruck, Spinnrad und Brille, um nur einige aus der unendlichen Fülle der frühen, bedeutenden Erfindungen zu nennen.

Erfindungen machten ganze Völker mächtig, erhoben sie über andere, die über dieses Wissen noch nicht verfügten. Sie waren mitentscheidend für die Herausbildung von Weltreichen und Imperien wie dem Perserreich, dem Alexanderreich, dem Römerreich, dem alten chinesischen Kaiserreich oder auch dem Mongolenreich.

Frühe Erfindungen

Zur Zeit der Völkerwanderung hatten sich die Germanen, die Franken und die Goten besonders mit den Hunnen auseinanderzusetzen. Diese osteuropäischen Steppenvölker fielen wie Heuschrecken in Zentraleuropa ein. Ihr Markenzeichen: schnelle, wendige Pferde, durchschlagkräftige Kompositbögen, zweischneidige Langschwerter und für den Bodenkampf gebogene Kurzschwerter. Dieser erfindungsreichen Waffentechnik hatten die zentraleuropäischen Völker nichts entgegenzusetzen. Nochmals, in der Ottonenzeit, kamen deren vermutliche Nachfolger, die Magyaren, nach Deutschland und richteten gewaltige Verwüstungen an. Und wieder hatten die Nachfolger der Germanen diesen kriegerischen Völkern waffentechnisch nichts entgegenzusetzen. Aber Heinrich I. erließ seine Burgenbauverordnung und setzte so mit kreativen, erfinderischen Mitteln der Überlegenheit der Ungarn ein Ende, denn gegen diese massiven Verteidigungsbastionen vermochte die Waffentechnik der Magyaren nichts auszurichten.

So zogen sich Erfindungen durch die Menschheitsgeschichte und sorgten für kulturellen Fortschritt. Aber es kam auch zu Rückschritten! Durch den Untergang von Herrschaftskulturen wie zum Beispiel den Römern, gingen auch bereits gemachte Erfindungen wieder verloren. Die Gründe dafür sind so vielschichtig wie die Erfindungen selbst. So spielten gebrannte Ziegelsteine bei den Römern schon etwa 100 v. Chr. in der Architektur eine bedeutende Rolle. In Nordeuropa dagegen verschwand dieser „Backstein“ nach dem Untergang des Römischen Reiches vollkommen. Er wurde in Deutschland erst durch Mönche im 12. Jahrhundert wiederentdeckt, denn erfunden war er ja bereits 1.200 Jahre zuvor. Auch die Elektrizität war schon lange vor der Zeitenwende bekannt, also entdeckt, und es wird dem griechischen Naturphilosophen Thales von Milet zugeschrieben, sich schon 600 v.Chr. mit elektrostatischen Aufladungen beschäftigt zu haben. In das 1. Jahrhundert v. Chr. werden die sogenannten „Bagdad-Batterien“ datiert, deren Anwendung aber bis heute nicht geklärt ist. Etwa 1.700 Jahre hat es dann gedauert, bis sich in Nordeuropa erste praktische Anwendungen der Elektrizität durchsetzten. Eine weitere zum Teil wenig beachtete aber sehr bedeutende Erfindung, war die der Schraube. Ihre erste Anwendung ist als archimedische Schraube bekannt und wurde zur Wasserversorgung der hängenden Gärten von Babylon bereits im 7. Jahrhundert v. Chr. installiert. Griechen und Römer setzten dieses metallische Verbindungselement schon sehr vielfältig ein. Der erste Einsatz von Metallschrauben ließ in unseren Breiten wieder sehr lange auf sich warten. Erst im 15. Jahrhundert wurden sie gefertigt und mussten dann noch auf ihren Erfolg bis zur Industrialisierung im 18. Jahrhundert warten.

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Hier stoßen wir auf das nächste, schwere Missverständnis, die Deutung der Begrifflichkeiten Erfindung und Innovation. Letzterer Begriff ist heute eine Standardfloskel unserer politischen Klasse und wäre auf Grund seiner falschen Verwendung durchaus geeignet, als Wort oder Unwort des Jahres nominiert zu werden. Dazu aber später mehr!

Der Beginn der Industriellen Revolution

Im frühen 18. Jahrhundert setzte zuerst in England die Industrialisierung ein. Die Einleitung dieser, als „Industrielle Revolution“ bezeichneten Epoche, hatte zahlreiche Ursachen. In England waren politische Systemänderungen dafür verantwortlich, die eine weitgehend freie wirtschaftliche Entfaltung ermöglichten. Diese neuen Freiheiten, die eine Abkehr vom vorhergehenden Absolutismus und der Grundherrschaft mit sich brachten, forcierten besonders den technischen Fortschritt. Zahlreiche Erfindungen wurden in wenigen Jahrzehnten gemacht und auch kurzfristig in die Praxis überführt. Genannt seien besonders: der mechanische Webstuhl, die Spinnmaschine, der hydraulische Zement, die Werkzeugmaschinen und das Puddelverfahren zur Stahlherstellung. Dies alles waren Meilensteine der Industrialisierung in England. Die erste Präferenz kommt aber der Dampfmaschinenerfindung durch Thomas Newcomen und der Weiterentwicklung durch James Watt zu. Die von Watt 1769 „neu erfundene“ doppelwirkende Niederdruck-Dampfmaschine eroberte in kürzester Zeit die Welt und läutete, zusammen mit den erfundenen Arbeitsund Werkzeugmaschinen, eine Periode der stürmischen industriellen Entwicklung ein.

Die ging auch an Deutschland nicht vorbei, sondern schwappte schon kurze Zeit später, ab etwa 1750, über den Kanal. Auch in England fand diese Industrialisierung nicht als nationale Erscheinung ihren Anfang, sondern als regionale. Die Grafschaft Lancashire im Nordosten Englands gilt als Wiege dieses Aufbruchs. In Deutschland kann Preußen als Initiator angesehen werden. Bereits im Jahr 1769 war man dort auf die „Feuermaschine“ aus England aufmerksam geworden. Der preußische Oberkonsistorialrat Silberschlag stand als technisch und naturwissenschaftlich interessierter Beamter dieser neuen Arbeitsmaschine besonders interessiert gegenüber. Auf seine Initiative hin wurde im Jahr 1785 die erste Dampfmaschine nach Wattscher Bauart in Preußen gebaut. Es war ein Plagiat, würden wir heute sagen! Aber damals gab es noch kein Patentrecht. James Watt hatte sich bereits 1778 bereiterklärt, der preußischen Bergbauverwaltung seine Dampfmaschinenmodelle zur Wasserhebung zu liefern. Da er mit seiner Firma Boulton & Watt keine rechtlichen Mittel zum Schutz seiner Erfindung hatte, forderte er ein vierzehnjähriges Liefermonopol sowie den Betrieb und die Wartung der Maschinen durch seine Fachleute ein. Solche vertraglichen Vereinbarungen waren damals üblich, bildeten sie doch den einzig möglichen Erfindungsschutz. Der preußische Staat wollte sich aber auf diese Bedingungen nicht einlassen. Unter dem Vorwand der Erwerbsabsicht sandte man Fachleute nach England und ließ sich, so gut es ging, mit der Funktionsweise der Dampfmaschine vertraut machen. Insgeheim fertigte man aber Baupläne an und kaufte 1779 eine englische Dampfmaschine. Die wurde dann in Altenweddingen bei Magdeburg in einer Braunkohlengrube eingesetzt.

Assessor Carl Friedrich Bückling (1756 bis 1812) war der preußische Spezialist für das Dampfmaschinenprojekt und reiste noch ein zweites Mal nach England, um sich weiteres Wissen anzueignen. Dann war er in der Lage, in Zusammenarbeit mit der Preußischen Akademie der Wissenschaften, eine Dampfmaschine nach Wattschem Vorbild zu konstruieren und zu bauen. Aber wie heißt es in einem alten Sprichwort: „Theorie ist das eine, Praxis das andere!“. Die erste nachgebaute, preußische Dampfmaschine wurde im Mansfelder Bergbau eingesetzt, aber sie war kein Erfolgsmodell. Ihre Störanfälligkeit war in aller Munde und begann das gesamte Projekt zu gefährden. Es wurde aber eine Lösung gefunden, die nicht konstruktiver Art war, aber bis heute gern praktiziert wird. Man warb einfach einen Fachmann von der ungeliebten Konkurrenz ab, der die technischen Probleme beseitigte. Dieser Fall kann somit wohl als erster der deutschen Industriespionage angesehen werden und die Protagonisten, der Deutsche Carl Friedrich Bückling und der Engländer William Richards, können sich die fragwürdigen Titel der ersten deutsch-englischen „Industriespione“ an die Brust heften.

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Schnell revolutionierte die Dampfmaschine dann viele Bereiche der Wirtschaft. Unzählige neue Erfindungen wurden in kurzer Zeit gemacht, einer der maßgeblichen Auslöser dafür war in Deutschland aber die Dampfmaschine. Die Deutschen erkannten ihr technisch-kreatives Potential. Einige der ersten eigenen deutschen Erfindungen waren: die Erfindung des Steindrucks (Lithografie) durch Alois Senefelder in München 1796; ein Telegraph, der 1809 von Samuel Thomas von Soemmerring gebaut wurde; Friedrich Krupp erfand 1811 das Gussstahlverfahren; die erste europäische Eisenbahnstrecke auf dem Festland 1835 von Nürnberg nach Fürth ist zwar keine Erfindung, aber ein Meilenstein in der Industriegeschichte; der Thüringer Johann Nicolaus von Dreyse erfand 1836 das Zündnadelgewehr und revolutionierte damit die Militärtechnik.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts folgte Erfindung auf Erfindung. Eine genaue Zuordnung zu Personen und Jahreszahlen ist oftmals nicht ganz einfach, denn viele Entwicklungen fanden auch parallel statt und erschwerend kam die unübersichtliche Rechtslage hinzu.

Der Schneider von Ulm

Gutenberg kennt jeder, wer kennt aber Albrecht Ludwig Berblinger? Wohl kaum jemand, erst wenn man sein Pseudonym – der Schneider von Ulm – nennt dämmert es dem einen oder anderen. Was war denn da nochmal mit diesem Ulmer Schneider? Hatte der nicht versucht zu fliegen und war dabei jämmerlich aufs Maul gefallen? Wir kommen der Sache schon erheblich näher! A. L. Berblinger wurde 1770 in Ulm geboren und war Schneider in Ulm. Gern wäre er Uhrmacher geworden, denn er interessierte sich schon von klein an für Mechanik. Aber sein Vater starb schon früh und er kam ins Waisenhaus, wo man ihn zu einer Schneiderlehre veranlasste. Er war geschickt in seinem Beruf, wurde Meister und war angesehen in seinem Handwerk. In seiner Freizeit aber beschäftigte sich Berblinger mit mechanischen Dingen und da er neben dem Geschick dafür auch noch kreativ war, wurde er (zum) Erfinder. Es wird angenommen, dass er den ersten Kinderwagen mit Rädern konzipierte und fertigte. Dann galt sein Interesse orthopädischen Hilfsmitteln. Bestürzt vom Elend vieler Soldaten, die versehrt aus den Napoleonischen Kriegen zurückkehrten und oftmals Arme oder Beine verloren hatten, stürzte er sich auf die Entwicklung einer mechanischen Fußprothese.

Wie erhaltene Zeichnungen beweisen, waren seine Prothesen durchaus gelungen und auch einsetzbar und seine Konstruktionen bilden bis heute die Grundlage des Prothesenbaus. Die Invaliden konnten sich seine Erfindung nicht leisten und der Staat war auch nicht bereit, die Kosten für seine Kriegsversehrten zu übernehmen. Wie alle Erfinder wollte auch Berblinger mit seiner Erfindung nur das Leben etwas erleichtern und verbessern, auch der Bedarf für seine Erfindung war da, aber wie so oft bremste der Staat aus, anstatt zu fördern und unterstützen. Verärgert wollte es Berblinger allen zeigen und beweisen und wandte sich der Fliegerei zu.

Er konstruierte und baute Gleitfluggeräte und wie immer funktionierten auch diese Erfindungen, zumindest bei Testflügen. Da wollte der Schneider von Ulm den hohen Herren zeigen, was in ihm steckte. Zuvor hatte er jahrelang an seinem Hängegleitfluggerät gebaut und sich dabei am Flug der Eulen orientiert. Nun wollte er dem König, Friedrich von Württemberg, sein Fluggerät vorführen. Am 30. Mai 1811 war der König, mit seinen Söhnen und dem Kronprinzen in Ulm, um sich die Flugvorführung des Schneiders anzusehen. Und wieder einmal waren es Politik und Verwaltung, die in die Pläne eines Erfinders eingriffen. Seine Flugtests und -übungen hatte er vor den Toren der Stadt am Michelsberg ausgeführt. Den Stadtvätern erschien es aber unangemessen, den König vor die Tore der Stadt zu bitten. Daher verpflichteten sie Berblinger, seine Vorführung innerhalb der Stadt, an den Ufern der Donau, zu machen. Alle Einwände des Erfinders, dass dort am Flussufer die Windverhältnisse ungünstig seien, ließen die Stadtoberen nicht gelten. So stellte sich Berblinger darauf ein, von einem Holzgerüst der Adlerbastei, seinen Flug zu starten. Aber die Flugvorführung an jenem 30. Mai wurde von Berblinger abgesagt. Warum, darüber gehen die Überlieferungen auseinander. Zum einen heißt es, sein Fluggerät wäre vom Transport beschädigt und er müsste es erst noch reparieren, wieder andere berichteten, dass er die Windverhältnisse für nicht geeignet hielt. Auf jeden Fall machte er an jenem Tag einen Rückzieher. Am folgenden 31. Mai trat er erneut zum Flugversuch an, der König war aber inzwischen abgereist. Er hatte Berblinger aber zwanzig Louis d‘or mit den anerkennenden Worten hinterlassen, „dass jede Erfindung zu weiterem Fortschritten aufgemuntert werden müsse, wenn sie auch gleich im Entstehen den Erwartungen nicht entspreche“. So ermutigt, startete er seinen zweiten Versuch.

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Er musste von dem errichteten Holzgerüst aus 20 Metern Höhe starten, um die etwa 40 Meter breite Donau zu überfliegen. Um diesen Gleitflug ausführen zu können, benötigte er aber entsprechende Aufwinde, die sein Fluggerät und ihn trugen. Aber die waren an jenem Tag wohl auch nicht ausreichend vorhanden. Angeblich stand er längere Zeit auf seiner Absprungplattform und wartete auf den nötigen Aufwind, da soll ihm ein Gendarm einen Stoß gegeben haben und Berbelinger stürzte kopfüber in die Donau. So war der Schneider von Ulm zum Gespött der Ulmer geworden. „Ikarus der Zweite“ wurde er genannt und ihm wurde vorgeworfen, der ganzen Stadt den guten Ruf zerstört zu haben. Berblinger verlor nicht nur seine Kunden sondern ihm wurden auch die Bürgerrechte aberkannt. Bettelarm, allein und von der Welt enttäuscht, starb er im Jahr 1829. Seine letzte Ruhestätte ist bis heute unbekannt und auch sein Name war lange Zeit vollständig ausgetilgt. Erst 1906 wurde Berblinger durch den Schriftsteller Max Eyths in seinem Roman „Der Schneider von Ulm“ wiederentdeckt. Im Jahr 1986 erhielt dieser geniale Erfinder eine späte Rehabilitation. Zum 175-jährigen Jahrestag seines Flugversuchs wurde ein Flugwettbewerb ausgelobt, bei dem sich herausstellte, dass seine Konstruktion flugfähig war und er bei entsprechenden Windverhältnissen die Donauüberfliegung durchaus geschafft hätte. Eine späte Erkenntnis, aber immerhin! Heute hängt im Ulmer Rathaus ein Nachbau von Berblingers Hängegleiter und der Wissenschaftspreis der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrtmedizin wurde nach ihm benannt.

Die Draisine – das Urfahrrad

Auch der große Erfinder seiner Zeit, Karl Friedrich Christian Ludwig Freiherr Drais von Sauerbronn, kam nicht ungeschoren davon, obwohl er erheblich bessere Voraussetzungen als Berblinger hatte. Der als Karl Freiherr von Drais bekannte und im Jahr 1785 in Karlsruhe geborene Edelmann, studierte Baukunst, Land- und Forstwirtschaft sowie Physik in Heidelberg.