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Über das Buch

Voller Zauber ist die Winterwelt: Eisblumen blühen, Schnee glitzert, Kamine knistern. Weihnachten steht vor der Tür. Die Anthologie versammelt die schönsten Gedichte und Geschichten zur Winter- und Weihnachtszeit aus dem literarischen Werk von Vera Hewener. Heitere, nachdenkliche und besinnliche Verse laden zur Feier der stillsten, dunkelsten und dennoch hellsten Jahreszeit ein. Kalendernotizen führen durch das Brauchtum, die Fest- und Feiertage. Mit Übertragungen traditioneller Weihnachtslieder in die saarländische Mundart und saarländischen Mundartgedichten. Ein Buch zum Stöbern, Schmunzeln, Nachdenken und Innehalten mit Farbfotografien.

Über die Autorin

Vera Hewener, geboren 1955 in Saarwellingen, Dipl.-Sozialarbeiterin, veröffentlicht seit 1985 u.a. in Deutschland, Frankreich und der Schweiz, Einzelübersetzungen ins Französische und Ungarische. Vera Hewener erhielt für ihr Werk mehrere internationale Auszeichnungen und Literaturpreise u.a. „Superpremio Cultura Lombarda“ vom Centro Europeo di Cultura Rom (I) 2001, den „Grand Prix Européen de Poésie“ von CEPAL Thionville (F) 2005, zuletzt Goethe-Preis 2013.

Pressesplitter

"..fast meditativer Tonfall ... weil bei ihren Zeilen alles ein sicheres Maß hat. Zart, zerbrechlich und bewundernswert ist dieses Maß." Saarbrücker Zeitung, 09.03.2011.

„Vera Hewener versteht es, mit kräftigen Farben Bilder in unserem Kopf zu erzeugen, die jede Jahreszeit lebendig werden lassen. Es sind kleine Wortkunstwerke, die da für den Leser das Naturerleben plastisch darstellen. “ Heusweiler Wochenpost, 08.01.14

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© by Vera Hewener. Edition Calamus.

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Einwilligung in irgendeiner Form -durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren- reproduziert, eingescannt und in ein Netzwerk eingestellt werden.

Umschlaggestaltung und Layout: Vera Hewener

Fotografie Umschlag: Helmut Hewener

Fotografien Innenteil: Vera Hewener

Bildbearbeitung: Vera Hewener

1. Ausgabe 2014.

Herstellung und Verlag:

BoD - Books on Demand GmbH

In de Tarpen 42

D- 22848 Norderstedt

ISBN 978-3735749505

Winterboten

Kalendernotiz: Winter

"wintar" kommt aus dem Althochdeutschen: und bedeutet feuchte Jahreszeit. Der astronomische Winter beginnt auf der Nordhalbkugel um den Zeitraum der Wintersonnenwende am 21. oder 22. Dezember, wenn die Sonne senkrecht über dem südlichen Wendekreis steht und die Tage am kürzesten sind. 1780 wurde auf Anregung der Pfälzischen Gesellschaft für Meteorologie der Begriff "Meteorologischer Winteranfang" eingeführt. Im Unterschied zum astronomischen wird der meteorologische Winter auf der Nordhalbkugel den Monaten Dezember, Januar und Februar zugeordnet. Phänologisch hat der Winter nur eine Jahreszeit. Er kann je nach Klimazone vom meteorologischen Winter stark abweichen. Bereits im Oktober kann es zu Frost kommen. Nach dem Blattfall der Stiel-Eiche, des Spätapfels und dem Nadelfall der europäischen Lärche beginnt die Vegetationsruhe.

Die Temperaturen sinken allmählich unter den Gefrierpunkt. Sinkt der Taupunkt unter den Gefrierpunkt des Wassers, bildet sich Reif als kristalliner Belag auf Wärme abstrahlenden Flächen. Bildet er sich bei hoher Luftfeuchtigkeit direkt in der Luft, spricht man von Raureif. Aus den nadelförmigen Eiskristallen entstehen sechsstrahlige Sterne, sogenannte Dendrite. Eine Besonderheit des Raureifs sind Eisblumen.

Bauernregeln

Ist der Winter hart und weiß, wird der Sommer schön und heiß.

Eine gute Decke von Schnee, bringt das Winterkorn in die Höh.

Ist der Winter nass und frostig, werden alle Schrauben rostig.

Ist der Winter warm, wird der Bauer arm.

Zitate

"Bringe den Schlitten im Sommer in Ordnung, den Wagen jedoch im Winter." Russisches Sprichwort

Früher Frost

Kurz ist der Herbst

mit rotbrauner Tinte

schreibt er von

Übergang Lichtverdruss

das viel zu frühe Weiß

treibt schwarze Schatten

mir ins Gesicht

ich sehe Eisherzen

die mir der Frost ins Fenster malt

früher Frost

der alles was lebt

erstarren lässt

selbst Schneemännern

versiegelt er den Mantel kalt

mich friert

zu glauben

was er voraussagt:

dem schlägt kein Herz

der Wärme nicht sucht

Nordwind

Schon spuckt die Nebelkehle

kalte Töne ins Land

trompetet die Schwanengans

dem Steinkauz entgegen

Tore fallen ins Schloss

in den Zinnen gefriert der Schnee

die Zacken der Forke im Frost

Eisenlieder blechern im Rost

über den Boden

an dem der Nordwind zaust

Die Tannenmeise

Die Tannenmeise hat es schwer,

die Tann’ ist nur im Frühjahr leer.

Im Sommer spitzen sich die Nadeln;

wem’s gleich ist, wunde Federn tadeln.

Im Herbst wird’s eng im Ästeland,

zu viele Zapfen im Bestand.

Im Winter macht der Schnee sie glatt.

Drum will die Meise jetzt Rabatt

für die Gesellschaft in den Zweigen.

Will sich’s die Tanne nicht verleiden,

zahlt sie mit glänzendem Kristall.

Das mögen Tannenmeisen all.

Die Worte der Wälder

Das Grün der Täler verblasst

vor der Tiefe dunkel fallender Nebel.

Schweigsam wird’s sein,

wenn die Nächte in Tagen Einkehr halten

und meine Seele zwingt zum Licht.

Die Worte der Wälder lauten jetzt:

spitze Klänge des Frosts.

Durch die Äste wirrt Eiswind,

steift seinen Hauch über die Kronen

und im kalten Glas verliert ein Vogel gegen die Zeit.

Im grauen Blickfeld spinnt Silberfäden das Nebeldach,

gießt Kristalle ins Tal, die heimleuchten.

Ihr Funkeln flirrt mir plötzlich im Auge,

als ich, den Tag aufsammelnd, am Fenster stehe,

geblendet vom Glanz, nicht mehr wähnend

den farbigen Verlust vor der Lichtflut des Verschneiten.

Winterboten

Vertrocknete Blätter tropfen von Astkronen

am Wurzelwerk fügt Eichenlaub sich zum Kranz

gefrorener Boden unter Tritten knarrt

ein Eichhörnchen hurtig Vorräte verscharrt

zwischen den Stämmen streift Nebel umher

ein Hirsch darin sich verbirgt

Stechpalmen recken rote Köpfe

Zapfen wachsen aus Zedern hinauf

durch Winterheide kriecht der Wacholder

Tannen stellen ihr Nadelkleid aus

Winterwelt

Platzhirsche treiben die Herde

durch tiefes Schweigen

das an der Futterkrippe endet

Wintergäste weiden

Hasen kauern in Bodenhöhlen

Bachen das Gebüsch durchwühlen

über dem Dachsbau kugeln

Igel sich davon

Schneewasser rinnt durch Frostgräben

Eistöne klirren

von Fichten entrichtet

im Schneeflockentanz

Winternächte

Kannst du glauben dass winterliches Blau

deinen Himmel erfrieren lässt

wenn Kälte in dir feuert anheizt

glaubst du deinem Innersten

deiner eigenen Wahrheit

die dich finden lässt

des Winters Einsamkeit

friert in dir

wenn du erkennst

das ist das Erhellende dunkler Nächte

das von Sternen abstrahlt

bis der Tag reift aufgeht

um überzugehen

Jahr für Jahr

auf deinem Weg

zur Ewigkeit

Winters Einkehr

Wie Brausen der lodernden Scheite

verhielte sich wer das Winterhaus verlässt

sich im Gezweig der weißen Wege

dem Unsichtbaren zugeneigt

flügelschlagenden Wesen zu nähern sucht

obgleich Kälte das Herzlaub

zerfror es für die Frühlinge

verstarrt um zu festigen

schau in dein Inn‘res dein Einsames

dein nie nach außen getragenes Gesicht

die Welt die draußen

der Einkehr des Winters harrt

fällt auf sich selbst zurück

wie das Übermaß das uns umgibt

unauflösliche Nähe

eines einzigartigen Ereignisses

dieser einen Nacht:

Blicke ohne Worte

sein und nichts haben

als das reinste Gefühl der Gefühle

einer Wegwarte: Liebe

Winterliebe

Unter Schneeflockendecken

des Winterbetts

ruhen Schläfer

Schutz befohlen

Erd gewärmt

Zeit verdrossen

über ihnen

die Fackel der Christrose

die im Funkenflug

des Nordlichts

aufblüht

weißlippig

Schnee schnippig

Frostfrau

Winterliebe

Lichtgeburt

Schneehaus

Des Nordwinds klirrendes Eis

fiel aus dem tiefliegenden

rotgeränderten Sternenhimmel

lief am Morgen über die Felder

auf die Straßen entschlossen

an Türen zu klopfen

an Fenstern zu wachsen

im Schneehaus gefangen

Zeitträume aus Licht

flackern kerzengelb ins halbe Sonnenrund

das im bleichen Glas spiegelte und blendete

wie Engel die ihre flirrenden Flügel ausbreiten

um Wohnungen zu bewachen

der Taghauch wehte

öffnete Augen und Gedanken

Worte tauschend

Schneeflug lauschend

den glitzernden knisternden

Eistönen entweichenden

Winter zeichnenden Spuren

der kommenden Herrlichkeit zu folgen

Naats still

Im Newwel träämt die Strooß vom Licht

heat kään Gespräch kään Ton kään Laut

än alta Bòòm da Zeit vatraut

hat sich im Dunkeln ingericht

da Stamm im Bodden ingewurzelt

wo Blätta splittan rot wie Roscht

die Kält hat all sein Laub gekoscht

än Specht is aus em Nescht geburzelt

it is so still ma lauscht und lauscht

un waat dodruff dat wat pasiat

ma heat it Herz wie’t schlaat un friat

haut Naat hat sich de Zeit vatauscht

als frej um acht da Mojen mait

is alles weiß ma glaawt it kaum

die Sun strahlt wie än Glitzersaum

die Äscht om Boom han sich gefreit

un pletzlich heat ma Kinnalachen

ma wääs wat jetz kummt bleiwt un hält

wo Licht is alles leichta fällt

selbscht schwache Glut duut sich entfachen

Schneesturm

Guck moll wie drauß da Schnee vaweht

eich huck mich hin it Feia knittat

it Holz brennt longsom ab un splittat

de Stunn im Funkenflug vageht

eich honn mich in de Deck gemummelt

so hämelich is all die Wärm

de Kerz flommt uff gonz ohne Lärm

se flackert biet sich bis se brummelt

eich huck im Sessel it Feia knittat

draußen da Schneesturm heilt und dreent

ins Finschta hat die Naat sich geleent

än Wildsau Futta hat gewittat

om Daa danòò is alles stumm

kään Liftche zippelt ma om Oa

nix weißt druff hin wie’t gischta woa

wäa nit om Stall die Dia so krumm

Wenn Winta is

Winta, Winta,weiss un kalt

kummscht lòhea gefloo

feescht schnell iwwa Feld und Wald

Virrel furtgezoo

Schal un Händschen òòngezoo

eich muss trotzdem ziddan

Flocken hascht de abgewoo

kääna soll dò widdan

Bääm hònn schwea òn dia se tròòn

Äscht lossen sich hängen

kääna konn deich voahea fròòn

dat gääft nitt vafängen

Kinna bauen volla Freid

Schneemänna met Nòòsen

longsom gifft ma haut de Zeit

haut konn kääna ròòsen

Still is it draußen

än Hirsch reat will pussieren

Geweihe krachen

Schnee trippst hell vom Dach

de Sunn wärmt sich uff mittachs

än Reh trinkt Eistee

Der Winter

Vereister Schnee lässt frieren uns und zittern,

mit kühlem Atem bläst der strenge Wind,

wir stapfen Schritt für Schritt fast farbenblind

mit Zähneklappern, Eiszapfen zersplittern.

Am Feuer träumen, wenn die Äste knittern,

wenn draußen Regen strömt im Gegenwind

und alle langsam und bedächtig sind,

mit Vorsicht über eis’ge Wege schlittern.

Wer schnell geht, ausrutscht, stürzt zur Erde.

Auf’s Neue schlurft man, sucht sein Gleichgewicht,

bis irgendwann das Eis reißt und zerbricht.

Beim Öffnen schleift das Eisentor die Erde

im Kampf mit Winden aus Südost und Norden.