Enteignung eigener Daten

Digitale Agenten in den eigenen vier Wänden: Dank dem Gang von Google unter die Thermostate-Hersteller können Sensoren im Privatbereich erkennen: ob Bewohner eines Hauses an- oder abwesend sind, was Bewohner ob der im Schlafzimmer vermessenen Luftfeuchtigkeit dort tun,

u.a.

Handel mit Gesundheitsdaten: der Handel mit Kranken- und Rezeptdaten ist ein Riesengeschäft. Es geht um Daten der absoluten Königsklasse. Verkauft an Pharmafirmen oder Unternehmen, die wiederum mit Versicherungen (zwecks Risikoprognosen) kooperieren was elektronische Fitnessbänder und Apps an Körperwerten messen: alles dies fließt (unkalkulierbar) auch bei Google zusammen.

Unsichtbare Wände: gegen die viele laufen könnten, u.a. bei dem Versuch: eine Versicherung abzuschließen, eine Wohnung zu mieten, einen Job zu bekommen.

Niemand kann heute wissen, welche Informationen vielleicht einmal gegen ihn verwendet werden.

Computer berechnen sozioökonomischen Status: in den automatisierten Vorgang fließen immer mehr Informationen aus allen möglichen Quellen ein, von denen der Einzelne nicht die geringste Ahnung hat (einmal angenommen Gesundheitsdaten)

Selektion im großen Stil: die elektronische Krankenakte wird zum Bestandteil von Personalentscheidungen. Algorithmen für das Scoring eines Kreditantrages sind gerichtlich sanktioniertes Geheimnis: obwohl es sich um die Zukunft des Einzelnen handelt, darf ihn das Zustandekommen seiner Prognose nicht interessieren ?

Intuitive Selbstzensur: Überwachungsmärkte setzen digitale Nutzer in einen Zustand permanenter Alarmiertheit: Das Zögern, bestimmte Suchbegriffe in die Google-Maske einzugeben, wird zur Norm.

Es geht um mehr als nur die Fütterung einer Werbemaschinerie: ein simples Hinterfragen weist die Richtung: alles diese gierige Abschöpfen von Daten, dieser Einsatz unermesslicher Ressourcen etwa nur deshalb, um noch mehr nervtötende, in der Überzahl schwachsinnige Werbeangebote platzieren zu können ?

Fachkompetenz, um Relevantes vom Irrelevanten zu trennen

Ein Journalist ohne Inhaltskompetenz ist wohl eher selten auch ein guter Journalist: weil dieser für die Vermittlung von Informationen über Kompetenzen verfügen muss, um seiner wichtigsten Aufgabe, nämlich Haupt- von Nebensachen zu unterscheiden, gerecht werden zu können. Ein Fachjournalist muss Relevantes von Irrelevantem zu trennen wissen: dafür braucht es Fachwissen.

 

Ein Fachjournalist vertritt zwei Seiten der gleichen Medaille:

Theorie und Praxis. Vertrauter Umgang sowohl mit ausgesuchten Wissenschaftsfeldern als auch mit praktischem Journalismus und der Kompetenz zum Schreiben. Immer öfter ist die Forderung nach tiefgreifendem außerjournalistischen Fachfeldwissen wahrzunehmen: umso stärker, je mehr das Internet auch traditionelle Bereiche des Fachjournalismus zu vereinnahmen sucht. Muss ein Fachjournalist deshalb immer gleich ein Doppelstudium absolviert haben ? In Zeiten der 68er-Generation galt einmal das Studium Generale schon fast als Standard. Aber in heutigen Zeit der G8-Philosophie ?

 

Wenn es für den Fachjournalisten nur ein Entweder – Oder gäbe, sollte er sich vielleicht doch eher für ein nichtjournalistisches Fachstudium entscheiden: Kommunikations- und Darstellungsweisen gehören zwar zum unabdingbaren Handwerkszeug, ließen sich aber als ein Fachstudium durch Learning by Doing  aneignen. Zumal im Studium, welchen auch immer, manche journalistische Fähigkeiten ohnehin gebraucht und Schritt für Schritt (nebenbei ?) erlernt werden. Unabhängig von solchen Überlegungen sieht sich der Journalist massiven Veränderungen gegenüber, u.a. durch:

digitale Konkurrenz

zeitliche Dynamisierung

veränderte Mediennutzung

Entgrenzung der Kommunikation durch Quereinsteiger

 

Auf der einen Seite nimmt die Komplexität vieler Sachzusammenhänge weiter zu, auf der anderen Seite verlangen Mediennutzer nach verständlicher, leicht verdaulicher und möglichst kurz gefasster  Berichterstattung. Auf der einen Seite wird danach verlangt, dass Ereignisse und Probleme mit viel Sachverstand und Kompetenz in einen Kausal- und Sinnzusammenhang gebracht werden, auf der anderen Seite kommt dem Fachjournalisten mehr und mehr die notwendige Balance zwischen dem publizistischen und wirtschaftlichen Aspekt seiner Existenz  abhanden. Möglich, dass vor einem solchen Hintergrund die digitale Gesellschaft an Wissen (nicht an Daten) zu verarmen droht: dies aber wäre zweifellos ein zu hoher Preis.

Heimat der digitalen Zukunft

Datenmeere für die Analyse, Vorhersage und Umformung – Abschöpfung und „Datenabgase“. An den Ufern neuer Datenmeere stehend wäre es wohl zu einfach, diese (nur weil man deren Bedeutung und Umfang nicht versteht) einfach als zukünftige Ordnung aller Dinge zu akzeptieren. Die kommerzielle Verwertung des Wissens über gegenwärtiges Verhalten breitet sich weiter aus bis hin „zu einer Beeinflussung und Umformung entstehenden Verhaltens“, um zukünftige Einkommensquellen zu erschließen. Jedes Glied der Wertschöpfungsketten soll durch Analyse, Vorhersage und Umformung zu Geld gemacht werden.