Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Verbriefungen sind ein wichtiges und unverzichtbares Instrument zur Refinanzierung, zur Eigenkapitalentlastung und zum Risikomanagement der Banken. Vor allem bei der Finanzierung des Mittelstands spielen Verbriefungen eine bedeutende Rolle. Die Funktionsfähigkeit des Verbriefungsmarktes ist deshalb auch künftig zu gewährleisten.

Die im Zuge der Finanzmarktkrise beobachteten Schwierigkeiten europäischer Institute traten insbesondere im Zusammenhang mit dem so genannten Originate-todistribute- Modell auf. Sie sind dabei überwiegend durch unzureichende Verfahrender Risikomessung und –steuerung bei den Investitionen in Verbriefungspapiere und nicht durch die Verbriefung von Forderungen verursacht worden.

Voraussetzungen für einen funktionierenden Verbriefungsmarkt sind:

Die Europäische Kommission hat am 30. September 205 ihren Aktionsplan für die Kapitalmarktunion vorgestellt, mit dessen Hilfe ein echter Kapitalbinnenmarkt für alle 28 Mitgliedstaaten geschaffen werden soll. Der erste und dringendste Schritt des Aktionsplans ist u.a. die Wiederbelebung solider Verbriefungsmärkte.

Kapitalmarktunion: Ein Aktionsplan für mehr Unternehmens- und Investitionsfinanzierung

Als Beitrag zur Priorität der Juncker-Kommission, EU-weit mehr Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen zu schaffen, ist die Kapitalmarktunion eine tragende Säule der Investitionsoffensive. Ihr Ziel ist es, die Investitionsschwäche anzupacken, indem sie die Finanzierungsquellen für europäische Unternehmen und langfristige Projekte mehrt und diversifiziert.

Finanzierungsalternativen, die die Bankfinanzierung ergänzen – insbesondere die Kapitalmärkte sowie Risikokapital, Crowdfunding und die Vermögensverwaltungsbranche – werden in anderen Teilen der Welt stärker genutzt und sollten in höherem Maße zur Finanzierung von Unternehmen beitragen, insbesondere von KMU und Start-up-Unternehmen, die Schwierigkeiten bei der Kapitalbeschaffung haben. Breiter gestreute Finanzierungsquellen sind nicht nur gut für die Investitionen und die Unternehmen, sondern auch von zentraler Bedeutung für die Finanzstabilität, da sich mögliche Probleme im Bankensektor dann nicht mehr so stark auf die Unternehmen und deren Finanzierungszugang auswirken würden. Deswegen ist die Kapitalmarktunion auch wichtiger Bestandteil der Vollendung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion.

Außerdem will die Kommission Hindernisse für grenzübergreifende Investitionen in der EU beseitigen, um es Unternehmen und Infrastrukturprojekten zu erleichtern, unabhängig von ihrem Standort die benötigte Finanzierung zu erhalten.

Die Kapitalmarktunion ist ein mittelfristiges Projekt, beinhaltet aber auch einige wichtige zeitnahe Initiativen. Die Kommission stellt heute ein erstes Maßnahmenpaket vor, mit dem neue Impulse für hochwertige Verbriefungen und langfristige Infrastrukturinvestitionen gesetzt werden. Außerdem wird die Kommission noch vor Jahresende Änderungsvorschläge für die Prospektrichtlinie vorlegen, um die Kapitalbeschaffung für kleine und mittlere Unternehmen einfacher und billiger zu machen.

Darüber hinaus hat die Kommission zwei Konsultationen zu Risikokapitalfonds und zu gedeckten Schuldverschreibungen eingeleitet.

Im Einklang mit den Grundsätzen der besseren Rechtsetzung startet die Kommission auch eine Sondierung zur Gesamtwirkung der Finanzmarktgesetzgebung – um sicherzustellen, dass sie den gewünschten Effekt hat und beispielsweise keine doppelten Berichtsanforderungen oder Widersprüche zwischen einzelnen Vorschriften mit sich bringt.

Die Kommission verfolgt mit der Kapitalmarktunion das übergeordnete Ziel, den Anlegern neue Möglichkeiten zu eröffnen, Finanzierung und Gesamtwirtschaft besser miteinander zu verknüpfen und ein krisenfesteres Finanzsystem mit tieferer Integration und mehr Wettbewerb zu schaffen. Wir verfolgen einen pragmatischen, schrittweisen Ansatz, der auf sorgfältigen wirtschaftlichen Analysen beruht und die Risiken für die Finanzstabilität aufmerksam im Auge behält.

Der für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit zuständige Vizepräsident Jyrki Katainen erklärte: „Wichtigster Bestandteil der Investitionsoffensive für Europa ist die Beseitigung von Investitionshemmnissen durch Vertiefung des Binnenmarkts. Während meiner Informationstouren höre ich häufig, dass es für Versicherer nicht einfach ist, in Infrastrukturprojekte zu investieren. Deswegen hoffe ich, dass sie mit den Änderungen an der delegierten Verordnung Solvabilität II die richtigen Anreize für solide Investitionen erhalten.“

Der für Finanzmarktstabilität, Finanzdienstleistungen und die Kapitalmarktunion zuständige Kommissar Jonathan Hill erklärte: „Ich möchte, dass die Kapitalmarktunion den europäischen Unternehmen und vor allem unseren KMU dabei hilft, mehr Finanzierungsquellen zu erschließen. Ich möchte, dass sie den Konsumenten mehr Möglichkeiten bietet, ihr Geld zu investieren. Ich möchte Hindernisse aus dem Weg schaffen, damit Kapital ungehindert zwischen allen 28 Mitgliedstaaten fließen kann.“

Hintergrund

Im Februar 2015 leitete die Kommission eine Konsultation dazu ein, welche Maßnahmen ergriffen werden müssten, um Investitionen in der EU zu mobilisieren und einen Kapitalbinnenmarkt zu schaffen (IP/15/4433, MEMO/15/4434) und führte außerdem Konsultationen zur Prospektrichtlinie und zu Verbriefungen durch. Die Kommission erhielt eine Fülle von Beiträgen aus der Wirtschaft, von Anlegern, dem Finanzsektor, den nationalen Parlamenten, dem Europäischen Parlament, dem Rat und den EU-Bürgerinnen und -Bürgern.

Die über 700 Antworten zeigten eine breite Unterstützung für die Kapitalmarktunion. Auf die Konsultation folgte am 8. Juni 2015 eine hochkarätige Konferenz.

Die Konsultationsbeiträge zeigten, dass ein Binnenmarkt für Kapital zu mehr grenzübergreifender Risikoteilung, tieferen und liquideren Märkten und einer größeren Vielfalt an Finanzierungsquellen in der Gesamtwirtschaft beitragen würde. Die Konsultationsteilnehmer befürworteten das im Grünbuch vorgeschlagene schrittweise Vorgehen.

Der Aktionsplan basiert auf folgenden zentralen Grundsätzen:

Wichtige zeitnahe Maßnahmen sind:

Der Verbriefungsmarkt ist besser als sein Ruf

Gastbeitrag von Dr. Andreas Dombret. Veröffentlicht in der Börsen-Zeitung am 10.07.2015.

Der Markt für Verbriefungen hat es seit der letzten Finanzkrise schwer. "Teufelszeug" oder "an allem schuld" - so werden Verbriefungen auch heute noch vielfach beschrieben. Viele Menschen haben noch in Erinnerung, dass Verbriefungen minderwertiger Immobilienkredite in den USA ein Auslöser der Finanzkrise waren.

Dabei ist die grundlegende Idee einer Verbriefung eine gute: Ein Bündel von Forderungen wird in handelsfähige Wertpapiere umgewandelt und am Kapitalmarkt platziert. Unternehmen können so ihre Kundenforderungen verkaufen und mit den Erlösen Investitionen tätigen oder Fremdkapital abbauen. Banken haben ebenfalls Vorteile von der Verbriefung: Wenn sie Kredite in Wertpapieren bündeln und weiterveräußern, müssen sie automatisch weniger Kapital zur Abdeckung möglicher Ausfälle vorhalten. Mit dem frei werdenden Eigenkapital können sie dann neue Kredite vergeben.

Problematisch wird es, wenn durch Verbriefungen Risiken verschleiert und auf intransparente Weise im Finanzsystem verteilt werden - so geschehen in der amerikanischen Subprime-Krise. Von dem damals entstandenen Imageverlust hat sich der Verbriefungsmarkt in Europa noch nicht erholt. Und das, obwohl die Ausfallraten europäischer Verbriefungen während der Krise deutlich geringer waren als diejenigen der amerikanischen Emittenten. So lagen die Ausfallraten von Verbriefungen amerikanischer Wohnimmobilienkredite während der Finanzkrise zwischen 3% und 15%, während sie im europäischen Markt auf höchstens 1% kamen.

Vor diesem Hintergrund sind auf Regulierungsebene einige Initiativen gestartet worden, die darauf abzielen, die europäischen Verbriefungsmärkte wiederzubeleben. Dazu gehören auch Vorschläge der EU-Kommission für einfache, transparente und standardisierte Verbriefungen (STS - "simple, transparent, standardised"). Die EU-Kommission will bis Herbst dieses Jahres einen Gesetzesvorschlag unterbreiten, der den Besonderheiten von STS-Verbriefungen Rechnung tragen soll. Das begrüße ich ganz ausdrücklich.

In eine ähnliche Richtung geht auch eine gemeinsame Initiative des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS) und der Internationalen Organisation der Wertpapieraufsichtsbehörden (IOSCO). Der BCBS hat im Juni dieses Jahres Kriterien für einfache, transparente und vergleichbare Verbriefungen (STC - "simple, transparent, comparable") veröffentlicht. Derzeit diskutiert der Baseler Ausschuss darüber, wie STC-Verbriefungen in das Baseler Verbriefungs-Rahmenwerk eingebettet werden können. Insbesondere geht es um die Frage, ob und inwieweit STC-Verbriefungen bei den Kapitalanforderungen gegenüber anderen Verbriefungen bevorzugt werden sollen. Aus meiner Sicht hängt die Antwort auf diese Frage davon ab, ob die STC-Verbriefungen im Vergleich zu anderen Verbriefungen weniger riskant und geringere Eigenkapitalanforderungen daher angemessen sind.

Die Vorschläge für hochwertige Verbriefungen können einen großen Beitrag dazu leisten, dem europäischen Verbriefungsmarkt neue Impulse zu geben. Aus meiner Sicht sind dabei zwei Dinge zentral: Erstens müssen die richtigen Anreize gesetzt werden, zweitens muss die Transparenz erhöht und die Komplexität verringert werden.

Das Problem von Fehlanreizen liegt in der Natur der Verbriefung: Wenn eine Bank weiß, dass sie ihre Kredite und deren Risiken in Form von Verbriefungen weitergeben kann, wird sie unter Umständen schlechtere Kredite vergeben als eine Bank, die ihre Kredite in der eigenen Bilanz behält. Diese Art des Fehlanreizes ist eng mit dem so genannten "originate to distribute"-Geschäftsmodell verbunden und hat in der amerikanischen Immobilienkrise eine bedeutende Rolle gespielt. In der EU wurde daher 2009 beschlossen, dass Banken einen Teil des verbrieften Kreditbündels in der eigenen Bilanz halten müssen. Durch diesen Selbstbehalt soll die Bank ein Interesse daran bekommen, streng auf die Qualität der Kredite zu achten.

Mit Blick auf die Komplexität zielen die aktuellen Vorschläge unter anderem darauf ab, dass die einer Verbriefung zu Grunde liegenden Forderungen weitgehend homogen sein sollen. Es sollen also nicht verschiedene Arten von Krediten miteinander vermischt werden. Gleichzeitig sollen Derivate nur für Zwecke des Hedgings verwendet werden dürfen, während Wiederverbriefungen explizit ausgeschlossen sein sollen. Transparenter sollen die Verbriefungen dadurch werden, dass für alle Transaktionen Offenlegungsanforderungen erfüllt werden müssen und ihre vertragliche Dokumentation standardisiert werden soll.

Bei allen derzeitigen Initiativen ist für mich entscheidend, dass international ein einheitliches Regelwerk für den Verbriefungsmarkt entsteht, das im Interesse Aller liegt - denn der Verbriefungsmarkt zeichnet sich vor allem durch seine Internationalität aus. Daher fordere ich, noch vor Abschluss der Arbeiten auf europäischer Ebene zu versuchen, einen möglichst weitgehenden Gleichklang der internationalen Regulierung herzustellen und insbesondere bei den Maßnahmen des BCBS alle Mitgliedsländer einzubeziehen.

Wenn es gelingt, auf internationaler Ebene einen Standard für hochwertige Verbriefungen zu schaffen, wird das Vertrauen in dieses Finanzinstrument zurückkehren und den europäischen und internationalen Verbriefungsmarkt beleben. Das hätte vielfältige positive Auswirkungen für Kreditinstitute und würde der Realwirtschaft eine weitere nachhaltige Finanzierungsquelle erschließen.

Ziel des Buches

Dieses Buch gibt einen Überblick über

Verbriefungen im Überblick

Die Verbriefung von Krediten und Kreditrisiken – d.h. deren Einbettung in Wertpapiere, die dann am Kapitalmarkt platziert werden – haben sich als modernes Finanzinstrument in der deutschen und europäischen Kreditwirtschaft etabliert.

Banken gehen zunehmend dazu über, ihre Kreditrisiken aktiv zu steuern, d.h. Kredite während der Laufzeit zu veräußern und Kreditrisiken auf Dritte zu übertragen. Aktives Portfoliomanagement wird dabei in Wissenschaft und Praxis als „strategische Ressource“ und „entscheidender Faktor für den Erfolg der Banken“ angesehen. Für Banken ist es nicht die Frage, „ob sie zu einer aktiven Kreditportfoliosteuerung übergehen, sondern wann sie es tun“. Banken wandeln sich also vom Risikoträger zum Risikohändler. Einen Kredit bis zur Fälligkeit zu halten (buy and hold) ist damit nur noch eine Option unter vielen, deren Vorteilhaftigkeit im Einzelfall anhand von Rendite- und Risikogesichtspunkten untersucht werden muss.

Allerdings beginnt das aktive Portfoliomanagement nicht erst nach der Vergabe eines Kredits, sondern bereits zuvor: Die Option, einmal akquirierte Kreditrisiken zu einem späteren Zeitpunkt flexibel transferieren zu können, beeinflusst sowohl die Entscheidung, ob ein Kredit überhaupt vergeben wird, als auch die Gestaltung seiner Konditionen. In immer mehr Instituten werden Kredite vor der Vergabe daraufhin überprüft, inwieweit und zu welchen Preisen sie später veräußert werden können. Auf diese Weise lassen sich Kreditbeziehungen Marktpreise zuordnen, die Grenze zwischen Bank- und Kapitalmarktfinanzierung verschwimmt.

Spätestens hier kommt auch die betriebliche Finanzwirtschaft ins Spiel, in der die Finanzierung mit Bankkrediten hierzulande traditionell eine große Rolle spielt. Bei den Vertragsverhandlungen stoßen Unternehmen mehr und mehr auf Klauseln, die den Banken die spätere Veräußerung der Kredite erlauben, selbst wenn der Kapitaldienst bis dahin fristgerecht geleistet wurde. Sich gegen diese Vereinbarung zu sperren, kann – je nach Verhandlungsposition – bedeuten, dass der Kredit gar nicht oder nur zu deutlich schlechteren Konditionen gewährt wird. Gleichzeitig bewerben die Banken von ihnen mit attraktiven Konditionen aufgelegte Kreditprogramme – bei denen von Vornherein feststeht, dass die ausgereichten Kredite anschließend verbrieft werden – und haben als Zielgruppe vor allem mittelständische Unternehmen im Fokus. Der gehobene deutsche Mittelstand wird darüber hinaus auch von einigen Banken zur eigenständigen Forderungsverbriefung ermuntert, die von vielen Großunternehmen bereits seit Jahren durchgeführt wird.

Ob bewusst oder unbewusst – auch viele Privatpersonen sind bereits mit der Verbriefung in Berührung gekommen. Bewusst, weil sie sich anlässlich der einschlägigen Pressemeldungen mit dem Thema auseinandergesetzt haben oder – bei entsprechendem Vermögen – weil sie ihr Geld in Fonds angelegt haben, die ganz oder teilweise in Asset-Backed Securities investieren. Oder unbewusst, weil diese Anlageentscheidung von Dritten getroffen wurde, etwa der privaten Renten- oder Lebensversicherung. Möglicherweise hat auch der kürzlich bei der Hausbank abgeschlossene Konsumenten- oder Hypothekenkredit längst den Besitzer gewechselt, und die regelmäßig geleisteten Zins- und Tilgungszahlungen werden unmittelbar an eine schweizerische Großbank, eine britische Versicherung oder einen amerikanischen Hedgefonds weitergeleitet. Nicht ausgeschlossen ist, dass dasselbe mit der monatlichen Leasingrate des Autoherstellers passiert.

Was also steckt genau hinter der »Verbriefung«,

Arten von Verbriefungen im Überblick

Der Begriff „Verbriefung“ bezeichnet unterschiedliche Strukturen, bei denen nicht handelbare Finanzpositionen, wie Unternehmenskredite oder Leasing- und Kreditkartenforderungen, in handelbare Wertpapiere (im Englischen Asset-Backed Securities, kurz ABS) umgewandelt werden. Eine Verbriefung kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen.

Banken können verschiedene Rollen im Rahmen einer Verbriefungstransaktion ausüben:

Die Verbriefungen sind grundsätzlich nach

zu unterscheiden. Bei beiden Transaktionsformen soll jedoch das Risiko transferiert werden.

Während heute die unterschiedlichsten Vermögenswerte verbrieft werden, begann die Entwicklung des Finanzinstruments mit der Verbriefung von Hypothekenkrediten, die sich aufgrund ihrer langen Laufzeiten und prognostizierbaren Zahlungsströme für diese Transaktionsform besonders eigneten. Aus diesem Grund wird auch in dieser Arbeit zunächst auf die Kreditverbriefung eingegangen, beginnend mit der Struktur einer Transaktion und der an ihr beteiligten Parteien.

True-Sale-Verbriefungen

Verbriefungen in Form eines True Sales bilden die traditionelle Form. Eine Bank (Originator) veräußert hierbei einen Teil ihres Bestandes an Kreditforderungen an eine Einzweckgesellschaft (Special Purpose Vehicle, SPV, oder Special Purpose Entity, SPE).

Das SPV hat den alleinigen Zweck, die Forderungen anzukaufen. Durch die Emission von Wertpapieren refinanziert das SPV den Ankauf der Forderungen.

Als Sicherheit beziehungsweise zur Deckung der emittierten Wertpapiere dient das angekaufte Forderungsportfolio. Das SPV wird rechtlicher und wirtschaftlicher Eigentümer der Forderungen. Das SPV ist rechtlich unabhängig vom Originator. Das heißt, der Originator hat keinen Einfluss mehr auf die übertragenen Forderungen. Auch eine Insolvenz des Originators wirkt sich nicht auf die Forderungen aus (insolvenzfern).

Auf Basis des Forderungsportfolios werden im Rahmen der so genannten Strukturierung Wertpapiere mit unterschiedlichem Risikogehalt generiert, die unterschiedliche Tranchen bilden: die Senior-, Mezzanine- und First-Loss-Tranchen.

Die verschiedenen Tranchen bilden entsprechend ihren Risiko-Rendite-Profilen eine Rangfolge (so genannter Wasserfall), wobei die oberste Tranche (Tranche A) mit dem geringsten Risiko behaftet ist. Die unterste Tranche wird im allgemeinen Sprachgebrauch neben „First Loss Piece“ (FLP) auch „Equity Piece“ genannt.

Die Wertpapiere werden durch die Kapitalrückzahlungen der Schuldner des Forderungsportfolios getilgt. Dabei werden die Kapitalrückzahlungen der einzelnen Tranchen nach einem vorab festgelegten Verteilungsmechanismus vorgenommen, wobei die oberste Tranche zuerst bedient wird. Die Zuweisung von eventuellen Verlusten erfolgt in umgekehrter Reihenfolge. Je höher der Rang (Seniorität) der Tranche, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, dass sie von Verlusten aus dem Forderungsportfolio betroffen sein wird (so genanntes Wasserfallprinzip).

Die Risiken der emittierten Wertpapiere hängen von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel von der Bonität der Forderungen

Grundstruktur einer True Sale-Verbriefungsaktion

Synthetische Verbriefungen

Banken nutzen synthetische Verbriefungen primär zur Entlastung des Eigenkapitals und zum Risikomanagement. Die Vorgehensweise bei synthetischen Verbriefungen ähnelt der bei True-Sale-Verbriefungen.

Bei synthetischen Verbriefungen werden durch den Einsatz von Kreditderivaten lediglich die Ausfallrisiken der Kreditforderungen und nicht die Forderungen an sich auf das SPV übertragen. Der Originator behält bei dieser Art der Verbriefungen die Kreditforderungen in seiner Bilanz. Das am häufigsten genutzte Instrument des synthetischen Risikotransfers ist der Credit Default Swap (CDS), aber auch Garantien und Bürgschaften können genutzt werden.

Bei synthetischen Verbriefungen werden die Risiken aus einem ausgewählten Referenzportfolio der Bank durch einen oder mehrere CDS an ein SPV übertragen.

Das SPV erhält als Sicherungsgeber eine Prämie, deren Höhe von der Bonität der Referenzschuldner und der Laufzeit der CDS abhängig ist. Das SPV transferiert die vom Originator übernommenen Ausfallrisiken des Kreditportfolios dann an Investoren, indem es Anleihen, zum Beispiel Credit-Linked Notes (CLN), emittiert und so liquide Mittel erwirbt. Auftretende Kreditausfälle im zugrunde liegenden Portfolio führen zu einer Reduzierung der Höhe der Zins- und Rückzahlungen auf die emittierten Anleihen. Anteile am Risiko der Kredite im Portfolio können auch über CDS an den Kapitalmarkt weitergegeben werden.

Sofern das gesamte Kreditrisiko des Referenzportfolios mittels CLN an Investoren übertragen wird, liegt eine so genannte „fully funded“-Transaktion vor. Häufig wird jedoch der größte Anteil am Risikovolumen über einen so genannten Super-Senior-Swap und das restliche Risiko über CLN an den Kapitalmarkt transferiert. Diese Struktur wird als „partially funded“ bezeichnet.

Die emittierten Finanzinstrumente werden entsprechend ihrem Risiko-Rendite-Profil in mehrere Tranchen – Super-Senior-, Senior-, Mezzanine- und FLP-Tranche – unterteilt.

Grundstruktur einer synthetischen Verbriefungstransaktion (partially funded)

Externe Rating-Agenturen beurteilen die Bonität der einzelnen Tranchen. Die Emissionserlöse werden in erstklassige kapitalmarktfähige Wertpapiere (zum Beispiel Staatsanleihen) investiert, die als Sicherheit für die Ausgleichszahlungen des SPV an die sicherungsnehmende Bank, aber auch für Zins- und Tilgungszahlungen an die Investoren der CLN dienen. Für den Fall, dass einer oder mehrere Schuldner von Forderungen des Referenzportfolios (vertraglich festgelegtes Kreditereignis der CDS) ausfallen, muss das SPV eine Ausgleichszahlung an den Originator leisten. Hierfür verkauft es Wertpapiere aus dem Sicherheitenpool.

Gleichzeitig werden die vom Treuhänder bestätigten Verluste entsprechend dem Wasserfall – beginnend bei der FLP-Tranche – auf die einzelnen Tranchen durch Reduzierung des Nominalbetrags und des Zinses verteilt.

Vergleich von True-Sale- und synthetischen Verbriefungen

True-Sale-Transaktionen sind generell teurer als synthetische Transaktionen, da die Übertragung des Eigentums an den Forderungen mit einem großen Aufwand (rechtliche Anforderungen und hoher Dokumentationsaufwand) verbunden ist. Ein wesentlicher Vorteil für den Originator besteht jedoch neben der Entlastung der Bilanz und des Eigenkapitals um den veräußerten Kreditbestand darin, dass er häufig eine dauerhafte Refinanzierung erzielt.

Synthetische Verbriefungen sind hingegen flexibler als True-Sale-Verbriefungen, da an die Transaktion andere rechtliche Anforderungen gestellt werden, insbesondere findet keine sachenrechtliche Übertragung statt.

Synthetische Verbriefungen lassen sich zudem technisch leichter abwickeln. Auf dem deutschen Markt spielten zunächst synthetische Verbriefungen eine dominierende Rolle.

Aufgrund von Änderungen der steuerlichen Rahmenbedingungen (Befreiung des Kreditverkaufs durch den Originator von der Gewerbesteuerpflicht) wurden ab 2004 True-Sale-Transaktionen stärker in Deutschland genutzt.

ABCP-Programme

Im Rahmen eines „Asset-Backed Commercial Paper“-Programms (ABCP-Programm) verkauft der Originator Forderungen oder Wertpapiere an ein SPV oder Conduit, das zur Refinanzierung Commercial Papers (CP) mit kurzen Laufzeiten von 30 bis höchstens 36 0 Tagen emittiert.

Bei ABCP-Programmen wird das Programm in seiner Gesamtstruktur beurteilt. Dabei spielt auch die Bonität des Sponsors eine wesentliche Rolle. Die Commercial Papers weisen alle das gleiche Rating auf.

Grundstruktur eines ABCP-Programms

Typisierung von Verbriefungspapieren

Grundsätzlich sind alle Arten von Forderungen verbriefbar. Aus wirtschaftlichen Erwägungen werden aber meist Forderungen mit stabilen und prognostizierbaren zukünftigen Zahlungsströmen genutzt. Verbriefungstransaktionen werden nach der Art der verbrieften Forderungen verschiedenen Produktklassen zugeordnet, die jeweils forderungsspezifische Eigenschaften aufweisen.

Verbriefungen lassen sich in ABS im engeren Sinn, in Mortgage Backed Securities (MBS) und in Collateralized Debt Obligations (CDO) einteilen:

Anders als auf dem US-amerikanischen und den anderen europäischen Verbriefungsmärkten waren RMBS in Deutschland in den Jahren vor der Finanzmarktkrise nur anfänglich die dominierende Produktklasse. Ursache hierfür ist der stark entwickelte Pfandbriefmarkt.

Verbriefungen ABS i. w. S.
ABS/ABCP-Programm MBS CDO
  • Kreditkartenforderungen
  • Leasingforderungen
  • Handelsforderungen
  • Konsumenten-kredite
  • Forderungen aus Autodarlehen
  • Sonstige
  • Private Wohnungsbaukredite (Residential Mortgage-Backed Securities, RMBS)
  • Gewerbliche Immobilienkredite (Commercial Mortgage-Backed Securities, CMBS)
  • Firmenkredite (Collateralized Loan Obligations, CLO)
  • Handelbare Wertpapiere (Collateralized Bond Obligations, CBO)
  • Structured Finance CDO

Einteilung der Arten von Verbriefungspapieren

Durchführung einer True Sale-Verbriefungstransaktion

Im Rahmen der traditionellen Kreditverbriefung (credit securitisation) werden Buchkredite an eine allein dafür gegründete Zweckgesellschaft verkauft. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem „echten Verkauf“ (true sale). Gleichzeitig begibt die Zweckgesellschaft am Kapitalmarkt Wertpapiere, die mit den Zahlungsansprüchen aus den Krediten besichert sind (asset-backed securities, ABS). Durch die Verbriefung werden somit ursprünglich illiquide, d.h. nicht handelbare Vermögenswerte in handelbare Wertpapiere umgewandelt.

Die Grundstruktur einer traditionellen Kreditverbriefung ist in der folgenden Abbildung dargestellt. Initiiert wird die Transaktion von einer Bank, die sich auf diese Weise von ihren Krediten trennen möchte. Sie wird auch als Originator bezeichnet. Der Originator greift dabei in der Regel auf die Dienste eines Arrangers, zumeist eine auf strukturierte Finanzierungen spezialisierte (Investment-)Bank, zurück. Der Arranger berät den Originator, strukturiert die Transaktion und stellt den Kontakt zu den anderen Parteien her.

Grundstruktur einer traditionellen Kreditverbriefung; Quelle: Ricken (2007), S. →.

Zum Transaktionszeitpunkt überträgt der Originator, der zuvor in einer klassischen Beziehung zu seinen Kreditnehmern stand, die Kredite an die (Ein-)Zweckgesellschaft (special purpose vehicle, SPV)1. Diese bildet den Kern jeder traditionellen Verbriefungstransaktion und wird bei der Emission langfristiger Wertpapiere allein für die Durchführung einer Transaktion gegründet. Mit der Verwendung einer Zweckgesellschaft soll sichergestellt werden, dass die Kredite rechtlich und wirtschaftlich von der verkaufenden Bank separiert werden2. Die Zweckgesellschaft ist nur mit einer Mindesteinlage kapitalisiert und insovenzfest (bankruptcy remote) ausgestaltet. Die dazu notwendigen Maßnahmen unterscheiden sich nach der Rechtslage der Länder, in denen die Gesellschaft gegründet wird, und nach der Rechtsform der Gesellschaft. Unter anderem sorgen die Beschränkung der Geschäftstätigkeit und die Strukturierung der Ansprüche der Kapitalgeber dafür, dass eine Zweckgesellschaft nicht insolvent werden kann. Die mit fast 100% fremdkapitalfinanzierten Gesellschaften werden aus steuerlichen Gründen häufig in den dafür einschlägigen Rechtsräumen errichtet, etwa auf den Kanalinseln, in Irland oder Luxemburg, zunehmend seit einigen Jahren aber auch in Deutschland3.

Finanziert wird der von der Zweckgesellschaft an den Originator gezahlte Kaufpreis durch die Emission von Wertpapieren, die von Investoren erworben werden. Zu den überwiegend institutionellen Investoren, die die emittierten ABS kaufen und halten, zählen traditionell vor allem Banken, (Rück-)Versicherungen und Kapitalanlagegesellschaften (wie Pensionsfonds etc.), aber neuerdings auch verstärkt Unternehmen und Hedgefonds. Auch Privatanleger haben die Möglichkeit, in ABS zu investieren, allerdings bisher nur indirekt über entsprechende (Geldmarkt-)Fonds.

Bei der Emission der Wertpapiere wird zwischen privaten und öffentlichen Platzierungen unterschieden. Im Rahmen einer privaten Platzierung werden die Wertpapiere nur wenigen ausgewählten Investoren angeboten, die meist schon an der Ausgestaltung der Transaktion beteiligt sind. Bei der öffentlichen Platzierung werden die Wertpapiere dagegen einem breit gestreuten Publikum offeriert, meist unter Einbezug eines Bankenkonsortiums, wodurch sich die Liquidität der Papiere auf dem Sekundärmarkt erhöht.

Da die Zweckgesellschaft weder über Mitarbeiter noch über Betriebsmittel verfügt, werden ihre Funktionen von Dritten übernommen. Dadurch stehen die übertragenen Kredite vollumfänglich der Bedienung und als rechtlich selbstständige Haftungsmasse der Absicherung der Ansprüche der Investoren zur Verfügung. Das Servicing, also die Verwaltung, die Überwachung und das Inkasso der Kredite, obliegen dem sog. Servicer. In der Regel wird diese Funktion jedoch vom Originator übernommen, sodass dessen Beziehung zum Kunden unverändert bleibt. Für diese Dienste wird während der Laufzeit der Kredite eine Servicer-Gebühr gezahlt, die für das Kreditinstitut Provisionserlöse darstellt.

Aufgrund der komplexen Transaktionsstruktur und der häufig sehr hohen Anzahl der verbrieften Kredite ist es für die Investoren schwierig, die Bonität der Wertpapiere zu beurteilen. Daher wird diese Aufgabe regelmäßig von zumeist mehreren Rating-Agenturen übernommen. Sie beurteilen die Risiken der Wertpapiere sowohl im Vorfeld einer Transaktion als auch während ihrer Laufzeit und drücken ihr Urteil anhand der einschlägigen Rating-Noten aus.

Verwaltet wird die Zweckgesellschaft von Treuhändern (trustees), die so eine Mittlerfunktion zwischen den Beteiligten einnehmen und zudem die Interessen der Investoren schützen.18 Häufig werden dabei die Funktionen der Zahlstelle (paying agent), des Sicherheitentreuhänders (security trustee) und ggf. des Datentreuhänders (data trustee) von unterschiedlichen Parteien wahrgenommen.

Je nach Transaktion übernehmen externe Sicherungsgeber einen Teil der Risiken der Kredite und verbessern somit die Qualität der emittierten Wertpapiere.

Die Zins- und Zahlungsmodalitäten der Wertpapiere im Vergleich zu denen der ihnen zugrunde liegenden Kredite können zudem den Abschluss von Zins- und Währungsswap-Geschäften mit ausgewählten Swap-Partnern erfordern. Dabei können etwa feste gegen variable Zinssätze getauscht (fixed-floating) oder die Risiken von Marktzinsänderungen im Zeitablauf (floating-floating) abgesichert werden.

Daneben stellt meist ein Liquiditätsgeber, in der Regel eine Bank mit erstklassiger Bonität, eine Liquiditätslinie (liquidity facility) zur Verfügung, auf die die Zweckgesellschaft bei temporären Zahlungsengpässen zurückgreifen kann. Kommt es zu Zahlungsstörungen seitens der Kreditnehmer, können mit der so erhaltenen Liquidität beispielsweise Maßnahmen zur Verwertung der Sicherheiten eingeleitet werden.