Großband Raumschiff Rubikon 7 - Vier Romane der Weltraumserie

Manfred Weinland and Oliver Fröhlich

Published by BEKKERpublishing, 2020.

Inhaltsverzeichnis

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Großband Raumschiff Rubikon 7 - Vier Romane der Weltraumserie

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Raumschiff Rubikon 25 In absoluter Fremde

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Raumschiff Rubikon 25 In absoluter Fremde | Manfred Weinland

von Manfred Weinland

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

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10.

11.

12.

13.

14.

Raumschiff Rubikon 26 Die Getilgten

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Raumschiff Rubikon 26 Die Getilgten | Manfred Weinland

Prolog

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

14.

Epilog

E N D E

Raumschiff Rubikon 27 Welt der Welten

Raumschiff Rubikon 27 Welt der Welten | Oliver Fröhlich

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Prolog | Nahe Vergangenheit

1. | Gegenwart

2. | Nahe Vergangenheit

3. | Gegenwart

4. | Ferne Vergangenheit

5. | Gegenwart

6. | Sehr nahe Vergangenheit

7. | Gegenwart

8. | Ferne Vergangenheit

9. | Gegenwart

10. | Ferne Vergangenheit

11. | Gegenwart

12. | Gegenwart

13. | Gegenwart

14. | Ferne Vergangenheit

15. | Gegenwart

Epilog

​Raumschiff Rubikon 28 Die Oort-Erde

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​Raumschiff Rubikon 28 Die Oort-Erde | Manfred Weinland

Prolog

Further Reading: 30 Sternenkrieger Romane - Das 3440 Seiten Science Fiction Action Paket: Chronik der Sternenkrieger

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Großband Raumschiff Rubikon 7 - Vier Romane der Weltraumserie

Über diesen Band:

Dieses Buch enthält folgende SF-Romane:

Manfred Weinland: In absoluter Fremde

Manfred Weinland: Die Getilgten

Oliver Fröhlich: Welt der Welten

Manfred Weinland: Die Oort-Erde

Am Morgen einer neuen Zeit.

Der Krieg zwischen den organischen und anorganischen raumfahrenden Völkern konnte im letzten Moment abgewendet werden. Die Menschen jedoch sind nach wie vor fremdbestimmt und als die Erinjij gefürchtet, die sich in ihren Expansionsbestrebungen von nichts und niemandem aufhalten lassen.

Abseits aller schwelenden Konflikte kommt es im Zentrum der Milchstraße zu einer von niemand vorhergesehenen, folgenschweren Begegnung.

Eine unbekannte Macht hat sich dort etabliert. Schnell zeichnet sich ab, dass es sich um keinen "normalen" Gegner handelt. Die Bedrohung richtet sich nicht nur gegen die heimatliche Galaxie, sondern könnte das Ende allen Lebens bedeuten.

Die Geschichte des Kosmos, so scheint es, muss neu geschrieben werden ...

COVER:DIETER ROTTERMUND

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker (https://www.lovelybooks.de/autor/Alfred-Bekker/)

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© dieser Ausgabe 2020 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Raumschiff Rubikon 25 In absoluter Fremde

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MANFRED WEINLAND

Raumschiff Rubikon 25 In absoluter Fremde

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfredbooks und BEKKERpublishing sind Imprints von Alfred Bekker

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© dieser Ausgabe 2018 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

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Raumschiff Rubikon 25 In absoluter Fremde

Manfred Weinland

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Am Morgen einer neuen Zeit.

Der Krieg zwischen den organischen und anorganischen raumfahrenden Völkern konnte im letzten Moment abgewendet werden. Die Menschen jedoch sind nach wie vor fremdbestimmt und als die Erinjij gefürchtet, die sich in ihren Expansionsbestrebungen von nichts und niemandem aufhalten lassen.

Abseits aller schwelenden Konflikte kommt es im Zentrum der Milchstraße zu einer von niemand vorhergesehenen, folgenschweren Begegnung.

Eine unbekannte Macht hat sich dort etabliert. Schnell zeichnet sich ab, dass es sich um keinen "normalen" Gegner handelt. Die Bedrohung richtet sich nicht nur gegen die heimatliche Galaxie, sondern könnte das Ende allen Lebens bedeuten.

Die Geschichte des Kosmos, so scheint es, muss neu geschrieben werden ...

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von Manfred Weinland

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1.

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––––––––

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EINE Geburt dauerte viele Jahre.

Und wenn der Moment der Verknüpfung kam, war es, als würde ein dicht gewebter Schleier fallen, der die Wunder der Welt – bis dahin hinter Grau und Stille verborgen – plötzlich sicht- und fühlbar machte.

Namenlos atmete ein.

Und atmete aus.

Schon das allein entfachte Euphorie in ihm.

Eine Zeitlang zappelte er hilflos, gewöhnte sich an die ihm zur Verfügung stehenden Sinne. Den erhaltenen Körper zu erkunden, war erste Pflicht. Alles andere musste warten. Nur wenn er lernte, sich optimal zurechtzufinden, würde er sich des Geschenks, ein Bewusst sein erlangt zu haben, würdig erweisen können.

»Aaaahhhh...«

Seufzend richtete er sich auf.

Der felsige Boden unter seinen scharfkralligen Füßen war eben und bot ihm guten Halt. Namenlos widmete sich erst seiner Umgebung, bevor er an sich selbst herabblickte.

Er stand auf einem kleinen Plateau mit kargem Bewuchs. Offenbar hatte das geistlose Wesen, in dem er erwacht war, sich an den Früchten des einzigen Baumes weit und breit gelabt, als es passiert war.

Namenlos blickte sich nach Gefährten des Übernommenen um, fand aber keinen Artgenossen dieser Spezies. Offenbar handelte es sich um einen Einzelgänger.

Umso besser, dachte Namenlos. Er wollte keine Komplikationen. Und so wie ihm der Name der Spezies, in der er geboren worden war, »zuflog« – Pieroos –, wusste er auch, dass er es schlechter hätte treffen können. Die Echsenart, in die eine Laune der Natur ihn gepflanzt hatte, bot Möglichkeiten, auf die manch anderer Vaschgane Zeit seines Lebens verzichten musste. Es gab groteske Auswüchse – aber natürlich hätte Namenlos es auch besser treffen können.

Trotzdem, er war zufrieden.

Fürs Erste.

Mit schnellen Sprüngen erreichte er den Rand des Plateaus, wo das Gelände steil abfiel. Etwa zwanzig Pieroo-Längen unter ihm schimmerte das dunkle Wasser eines Meeres, in dem sich zwei der drei Venlog-Monde spiegelten, die gerade am Himmel standen.

Es war Nacht. Aber der Körper, über den Namenlos fortan verfügen konnte, war mit hochempfindlichen visuellen Rezeptoren ausgestattet, die den kleinsten Lichtschimmer verwerteten.

Oh ja, ich hätte es sehr viel schlechter treffen können!

Eine Bewegung in der Ferne auf dem Wasser zog seine Aufmerksamkeit auf sich.

Ein Floß.

Die Größe konnte Namenlos auf diese Distanz nicht genau abschätzen, aber es schien sich um eine kleine Stadt zu handeln, nicht nur um ein schwimmendes Dorf.

Kaum geboren, sehnte Namenlos sich auch schon nach Gemeinschaft. Geschickt kletterte er den Steilhang hinunter. Nah über dem Wasser ließ er sich einfach fallen. Er tauchte ein und begann sofort, sich mit kraftvollen Schwimmstößen auf das Floß zuzubewegen. Pieroos fühlten sich in Gewässern so heimisch wie an Land.

Die Entfernung schmolz rasch dahin. Namenlos war begeistert, wie leicht es ihm fiel, sich in dem erhaltenen Körper zurechtzufinden und seine natürlichen Ressourcen auszuschöpfen.

Größer und größer wuchs die schwimmende Stadt vor ihm auf.

Aber je näher er kam, desto deutlicher wurde, dass die Bewohner des Floßes um ihre Existenz kämpften.

Der Himmel über der gewaltigen Konstruktion war schwarz.

Wirklich schwarz.

Kein Sternenschimmer fand von dort den Weg nach unten.

Namenlos erkannte die Angreifer so treffsicher, wie ihm alles Wissen der Vaschganen zufloss.

Kargoys!

Unbeseelt, ein Albtraum der Meere.

Der eigentliche Körper eines Kargoys war nur wenig größer als der eines Pieroos. Wahrhaft gewaltig wirkten sie allein durch die beiden Federflügel, die ihnen aus den Schulterblättern sprossen. Und in einem Schwarm wie dem, der die schwimmende Stadt heimsuchte, waren sie der Schrecken schlechthin.

Der Schock fraß sich so tief in Geist und Körper von Namenlos, dass er wie in einem selbstmörderischen Reflex alle Bemühungen einstellte, sich nicht nur voran zu bewegen, sondern überhaupt über Wasser zu halten.

Sofort ging er unter.

Seine Augen waren von hauchdünnen durchsichtigen Häuten gegen das Salzwasser geschützt. Und unter der Oberfläche sah Namenlos nur unwesentlich schlechter als an der Luft. Der unterseeischen Welt hatte er bis zu diesem Moment noch keinerlei Beachtung geschenkt. Nun aber sah er weit voraus etwas, das ihm das wahre Ausmaß der Bedrohung ins Bewusstsein brannte, mit dem die Bewohner des Floßes zu kämpfen hatten.

Schlagartig fiel ihm ein, dass Kargoys häufig im Bündnis mit einer zweiten Venlog-Spezies auftraten – was sie fast unbesiegbar machte. Die Legenden waren voll von Flößen, die entvölkert über die Meere trieben, nachdem sie Attacken dieser Ungeheuer ausgesetzt gewesen waren...

Namenlos erwachte aus seiner Starre und kämpfte sich an die Oberfläche zurück. So gut er auch unter Wasser zu sehen vermochte, atmen konnte er dort nicht, und so holte er erst einmal prustend Luft.

An verschiedenen Punkten der Stadt loderten Flammen auf, offenbar waren Brände ausgebrochen.

Namenlos wurde ganz klamm zumute.

Kehr um!

Alles in ihm drängte darauf, zur Küste zurückzukehren und sich aus der Auseinandersetzung herauszuhalten. Er war nicht gerade erst geboren, um sein gewonnenes Dasein schon wieder wegzuwerfen...

Doch zu seiner eigenen Überraschung setzte sich ein anderer Trieb durch.

Der Wunsch zu helfen.

Namenlos fluchte den ganzen restlichen Weg zur Stadt. Verfluchte sich selbst ob seiner Torheit.

Wann immer der kurz untertauchte, konnte er den zweiten Schrecken sehen, der sich wie eine gewaltige Schlange dem Floß entgegen schraubte.

Tatsächlich setzte sich dieses Ungetüm aus einer Unzahl einzelner Körper zusammen – den gefürchteten Yulwürmern!

Die Bewohner der schwimmenden Stadt hatten schon kaum eines Chance, sich gegen einen so riesigen Schwarm von Kargoys durchzusetzen; die Würmer besiegelten ihren Untergang.

Und dennoch tauchte Namenlos mit den ersten Yuls aus den Fluten. Er hatte sich die äußere Kante des Floßes zum Anlanden ausgesucht, während die Würmer in der Mitte herauskamen.

Ganz in der Nähe versuchten Vaschganen, einen Brandherd unter Kontrolle zu bekommen. Das Feuer musste im entstandenen Chaos ausgebrochen sein. An Löschwasser mangelte es nicht, wohl aber an entschlossenem Handeln. Zumal die Kräfte auch anderweitig gebunden waren. Die Pieroos begnügten sich nicht damit, am Himmel zu kreisen. Ständig lösten sich Exemplare aus dem Schwarm und stießen auf die Floßstadt hinab. Namenlos hörte Schreie, die noch entsetzlicher waren als das schrille Kreischen der Geflügelten – Vaschganen, die bei lebendigem Leibe von Fängen zerfetzt und von Schnabelhieben zerhackt wurden.

Und dann gab es noch die ersten Opfer der Yuls, die von den Würmern angespien und von deren Verdauungssäften verätzt und zersetzt wurden...

Namenlos warf sich im letzten Moment zur Seite, als er aus den Augenwinkeln einen Schemen auf sich zujagen sah. Es war ein Yul, der sich mit seinem segmentierten Körper von den Planken wegschnellte und wie ein Katapultgeschoss auf den neugeborenen Vaschganen zu beförderte.

Es war ein einziger Herzschlag, der über Tod oder Leben entschied. Namenlos spürte, wie der Yul ihn im Vorbeifliegen streifte. Gleichzeitig regnete es Säure.

Wie durch ein Wunder verfehlte ihn sowohl der Wurm selbst, als auch dessen Ausscheidungen.

Der Yul landete mit einem dumpfen Geräusch und bog sein Kopfende sofort in die Richtung seines potenziellen Opfers. Es sah aus, als pendele er ein Visier nach Namenlos auf, um sich erneut, diesmal aber noch zielgenauer, auf ihn zu stürzen.

Doch noch während der Yul seine Segmentmuskeln spannte, erwischte ihn eine Tauren-Lanze mit der scharfen Klingenseite. Sie ritzte den Wurm nur an – aber durch die Spannung, die der Yul selbst aufgebaut hatte und die seine Haut zum Zerreißen spannte, bildete sich an dieser Stelle innerhalb eines Atemzugs ein von Kopf bis Körperende reichender Schlitz, aus dem die Gedärme des Yul dampfend hervorbrachen. Säure fraß Löcher in die Beplankung des Floßes, während sich ein mörderischer Gestank ausbreitete, der Namenlos fast die Besinnung raubte.

Zum Glück wehte eine steife Brise, die den Gestank stadtauswärts trieb, über das Meer, wo er keinen Schaden mehr anrichten konnte.

Namenlos wandte sich dem Vaschganen zu, der ihm zweifellos das Leben gerettet hatte.

»Du bist ein Troy , stimmt’s?«, dröhnte die Stimme des Insekts, das einen seiner natürlichen Stachel geopfert hatte, um den Yul zu töten.

Troy wurden die neugeborenen Vaschganen genannt.

Ein Vaschgane erkannte einen anderen, wo immer er ihm begegnete. Und genauso fehlerlos ließ sich ein Frischling bestimmen, der gerade erst begonnen hatte, sich seiner Individualität und seiner erwachten Persönlichkeit zu erfreuen.

»Ja, aber...«, gab Namenlos zurück.

»Hast du schon einen Namen?«

»Nein, ich...«

»Für mich schon! Ein Bekannter, den ein Yul fraß, hieß Parv. Gefällt dir der Name?«

»Ich weiß nicht...«

»Ich habe dich gerettet. Du stehst in meiner Schuld.«

»Ich glaube nicht, dass Namen momentan das Wichtigste sind...«

» Akzeptierst du Parv?« Der Taure baute sich grimmig vor Namenlos auf. Er verfügte noch über mehr als ein Dutzend Lanzenstacheln. Dennoch war es ein Opfer, das er für den Pieroo gebracht hatte, daran gab es keinen Zweifel, denn die Stachel wuchsen nicht nach. Und das Schlimmste, was einem Tauren passieren konnte, war, irgendwann einmal nackt durch die Welt stiefeln zu müssen.

»J-ja...«

»Dann komm, Parv, mein Freund. Lass uns weitere Yuls aufschlitzen – und ebenso jeden Kargoy, der so dumm ist, zu uns herunter zu kommen!«

Parv überlegte, ob der Taure tatsächlich so tapfer war, wie er es vorgab zu sein, oder ob ihn vielmehr Größenwahn und Selbstüberschätzung leiteten.

»Stopp!«, keuchte Parv. »Und du? Wie lautet dein Name?«

»Das überlasse ich dir. Ich bin bisher gut ohne ausgekommen. Aber wenn dir Namen so wichtig sind, such mir einen aus. Womit wir quitt wären, oder, Parv?«

Das war der Augenblick, da dem neugeborenen Vaschganen dämmerte, dass er möglicherweise wahrhaftig einen Freund gefunden hatte – nicht bloß einen übergeschnappten Artgenossen.

Seite an Seite drangen Parv und Slig, wie der neugeborene Vaschgane seinen Gefährten getauft hatte – wobei er daran zweifelte, dass der Taure bis zu ihrer Begegnung tatsächlich namenlos durch die Welt gezogen war –, tiefer in die schwimmende Stadt vor.

Überall waren Kämpfe entbrannt, regierten Gewalt, Zerstörung und Tod. Als zwei Blockhütten weiter der Kadaver eines Kargoys in Sicht kam, bemerkte Parv, dass das tote Biest bereits ganz und gar von Pflanzen-Vaschganen überwuchert war. Erlegt worden war er offenbar von Dalaikämpfern, einer insektoiden, ursprünglich tief im Süden von Venlog beheimateten Spezies. Drei dieser Gattung standen abseits des mit Blutklingen bezwungenen Großflüglers und schienen sich zu beraten. Als Parv und Slig hinzutraten, nahmen sie sofort eine abweisende Haltung ein. Dalais galten allgemein als verschworener Haufen. Niemand konnte sagen, warum das so war, denn eigentlich hätte Vaschgane Vaschgane sein müssen, schließlich beeinflusste der Körper nicht den Geist, der ihm innewohnte. Doch das war graue Theorie. Dalai galten von allen Vaschganen als die schwierigsten. Sie waren mit Vorsicht zu genießen und schreckten auch nicht davor zurück, Artgenossen zu töten, wenn für sie dadurch ein Vorteil entstand.

Parv wusste dies so selbstverständlich wie vieles andere, aus dem er schöpfen konnte.

»Konzentriert euch«, wandte sich Slig respektvoll, aber furchtlos an das Trio, »nicht nur auf die geflügelten Scheusale. Es sind auch Wurmbestien unterwegs. Mein Freund hier...« Er zeigte auf Parv, dem das gar nicht recht war. »... sah eine riesige Meute auf Garabol zujagen – sie scheinen mit den Kargoys gemeinsame Sache zu machen!«

»Und warum erzählst du uns das, Taure ?«, fragte einer Chitingepanzerten herablassend. Obwohl Slig im weitesten Sinne einer ähnlichen Spezies angehörte wie sie, schienen sie ihn nicht annähernd für ebenbürtig zu erachten.

»Um euch zu warnen natürlich.«

Ein schrilles Zirpen schlug ihnen aus allen drei Mandibelmäulern gleichzeitig entgegen. Höhnisches Gelächter und dalaitypisch.

Im nächsten Moment landete etwas zwischen den Dalais – und überschüttete sie mit einem Regen, dem auch ihre eigentlich widerstandsfähigen Hautpanzer nichts entgegenzusetzen hatten.

Während sich die Dalais in Qualen am Boden wanden, stieg Rauch aus ihren Körpern, und dann entzündete sich auch schon der Erste. Dalaiblut und Yulsekret galten als hochexplosive Mischung.

Parv fühlte sich von Slig gepackt und hinter eine Hauswand gezerrt.

Keinen Moment zu früh. Die Dalais explodierten wie überreife Früchte. Danach war nur noch ekelerregendes Schmatzen zu hören, das darauf hindeutete, dass der Yul sich über seine vorverdaute Beute hermachte.

Als Parv einen Blick aus der Deckung riskierte, entdeckte er, dass der Leib des erlegten Kargoys wieder verwaist war; sein Gefieder hatte gelitten, war aber wieder zu sehen. Sämtliche Pflanzen-Vaschganen hatten offenbar panisch das Weite gesucht. Yuls galten nicht als Kostverächter. Ihnen war es egal, ob sie sich von Flora oder Fauna ernährten.

Parv hustete. Er zog den Kopf wieder zurück und wandte sich an Slig. »Der Rauch wird stärker. Ich fürchte –«

»Ja, du könntest recht haben. Es geht zu Ende mit Garabol. Ich hätte meinem Taureninstinkt vertrauen sollen. Er riet mir ab, die Stadt zu betreten, als sie im Hafen von Finral ablegte.« Auch aus seiner Brust drangen Geräusche, die vermuten ließen, dass ihm der Qualm zusetzte, der durch die Straßen der Floßstadt trieb.

»Was sollen wir tun?«, fragte Parv. Er vertraute auf die größere Lebenserfahrung des Freundes.

»Am besten wäre es zu fliehen«, seufzte Slig. Er strich sich über zwei, drei seiner Lanzenstacheln. »Aber Tauren gelten nicht gerade als begnadete Schwimmer. Und unglücklicherweise werden vermutlich bereits alle Versorgungsflöße, die eine Stadt dieser Größe mit sich führt, voll belegt sein mit Flüchtlingen. Hast du welche gesehen, als du kamst?«

»Nein.«

»Hm.«

»Wir könnten es versuchen, aber Feigheit gehört normalerweise nicht zu meinen hervorstechenden Wesenszügen.«

»Über die meinen konnte ich mir leider noch nicht klar werden«, erwiderte Parv, was beinahe wie Galgenhumor klang. »Dazu bin ich zu kurz auf der Welt.«

»Verstehe.«

Slig spähte nervös um die Ecke. »Der Yul ist so vollgefressen«, raunte er Parv zu, »dass wir ihn mühelos unschädlich machen könnten. Aber das hilft weder uns noch Garabol groß weiter. Schau nach oben.«

Parv folgte dem ausgestreckten Arm. »Sterne«, murmelte er. »Man kann wieder die Sterne sehen.«

»Du weißt, was das bedeutet?«

»Dass inzwischen vermutlich der komplette Schwarm auf der Stadt niedergegangen ist...«

Mit jedem Moment wurde deutlicher, dass der Untergang der Floßstadt unabwendbar war.

Parv hätte es nicht schlechter treffen können; das Schicksal durchkreuzte seine hochfliegenden Träume von einem langen und ausgefüllten Leben in der Vaschganen-Gemeinschaft auf grausamste Weise!

Aber zum Hadern war keine Zeit. Überall lauerte neue Gefahr, neue Not. Slig und er standen den Bewohnern Garabols bei, wo immer sie konnten. Aber neben den beiden animalisch kämpfenden Gegnern, den Kargoys und Yuls, wuchs sich die dritte Bedrohung – die immer ärger ausbrechenden Brände – zum eigentlichen Verhängnis aus.

Schwimmende Städte bestanden fast ausschließlich aus brennbarem Material, und die Feuer in den Öfen der Häuser gerieten mehr und mehr außer Kontrolle, sobald Kargoys damit begannen, die Bauten mit ihren mächtigen Schwingen zu zertrümmern. So viele Vaschganen hatten bereits ihr Leben verloren, und ein Ende des Sterbens war nicht abzusehen.

Slig, der die größere Erfahrung, die Floßstadt betreffend, hatte, bemerkte es als Erster.

»Wir kentern!«, rief er, und erstmals schwang etwas wie Furcht in seiner Stimme mit. Als Taure war er des Schwimmens nicht mächtig – erstaunlich genug, dass er sich überhaupt nach Garabol gewagt hatte.

Parv wollte etwas erwidern, als ihm plötzlich Gegenstände entgegen rollten. Kurz vor hatte es das abfallende Geläuf, das sie ihm entgegen schlitterten, noch nicht gegeben, war alles waagrecht ausgelotet gewesen. Doch offenbar hatte das Fundament der Stadt tatsächlich Schlagseite bekommen. Die Schreie in der Umgebung wurden panischer. Mit Mühe wichen Parv und Slig den auf sie zu jagenden Gegenständen und Gestalten aus.

Qualm dräute wie giftiger Nebel durch die Straßen. Mancherorts sanken Vaschganen einfach zu Boden, ohne dass es einen Zusammenstoß mit Kargoys oder Yuls gegeben hatte. Der Rauch raubte ihnen die Besinnung oder tötete sie auf der Stelle, je nachdem, wie anfällig ihre Körper gegen diesen heimtückischen Feind waren.

Plötzlich erschütterte eine gewaltige Explosion das Gebilde der Stadt. Das Wehklagen schwoll noch lauter an, und nur wenige Momente später stand die Straße, in der sich Parv und Slig befanden, unter Wasser. Garabol war geflutet, hatte sich schlagartig so weit abgesenkt, dass Parv bis zu den Oberschenkeln in dem salzigen Nass stand.

Slig keuchte entsetzt.

»Keine Sorge«, versuchte Parv, ihn zu beruhigen. »Wenn es noch schlimmer wird – und das wird es –, klammerst du dich an mich. Ich bringe uns an Land. Gib nur auf deine Stachel acht. Ich habe keine Lust –«

»Das war eine Explosion«, unterbrach ihn der Taure. »Sie kam vom Zentrum. Dort lagert in einem der Türme des Stadtoberen Schießpulver. Entweder es war eine Verzweiflungstat von Ibren, dem das alles hier gehört und der dafür tüchtig Steuern eintreibt, oder die Geflügelten stecken dahinter. Ich hörte von einer anderen Floßstadt, die sie so zum Kentern brachten.«

Parv machte keinen Hehl daraus, dass er das für Seemanngarn hielt. »Du redest von diesen Teufeln, als seien sie intelligent. Aber es sind Tiere – zumindest, bis sie zu uns gehören. Vorher jedoch...«

»Es gibt mehr zwischen Himmel und Erde, als wir ahnen«, beharrte Slig. »Und nun, da ich sterben werde...«

»Du stirbst nicht! Mag die Stadt untergehen, ich lasse dich gewiss nicht im Stich. Ohne dich würde ich längst nicht mehr leben, hast du das vergessen? Wie könnte ich dich da einem so grausamen Schicksal überlassen wie dem Ertrinken?«

»Die Küste ist weit. Allein magst du es bis nach Garabol geschafft haben. Aber mit einem wie mir als zusätzlichem Ballast, wird es unser beider Leben kosten!«

»Du unterschätzt mich.«

Für einen Moment wirkte Slig beeindruckt von dem Eifer, mit dem Parv ihm seine Hilfe versicherte.

»Wir werden sehen«, sagte er schließlich. »Aber wenn wir es versuchen wollen, sollten wir jetzt, sofort, zur Stadtgrenze eilen. Vielleicht finden wir dort doch noch ein Fahrzeug – oder etwas, woraus sich ein Provisorium bauen lässt. Und wenn nicht... nun, was bleibt mir dann noch anderes übrig, als mich deines Angebots zu erinnern? Wir sollten aber bereits ein Stück weit zwischen uns und Garabol gebracht haben, wenn die Floßstadt endgültig versinkt. Dem dann entstehenden Sog hätten wir nichts entgegenzusetzen.«

Parv war beeindruckt von Sligs analytischem Verstand.

»Worauf warten wir dann noch? Schnell!«

Sie ignorierten, was zu ignorieren war, und wateten so rasch sie konnten zum nächstgelegenen äußersten Rand des Floßes, der in der salzigen Brühe, die ihnen mittlerweile bis zur Brust reichte, nicht mehr sichtbar war und ertastet werden musste.

Allenthalben herrschten Chaos und Verzweiflung. Wer den Kargoys und Yuls entkommen war, sah sich nun vor dieselbe Entscheidung gestellt wie Parv und Slig: entweder mit der sterbenden Stadt unterzugehen – oder sich schwimmend zur Küste zu retten, was aber für die meisten ein kaum zu bewältigendes Unterfangen sein würde. Ihre Körper mochten kurze Strecken bewältigen können, doch Garabol hatte sich seit Parvs Betreten immer weiter von der Landmasse entfernt. So weit, dass auch Parv die Augen nicht länger vor der bitteren Wahrheit verschließen konnte: Ohne Slig hätte er vielleicht noch den Hauch einer Chance gehabt, aber mit dem Tauren...

Er verweigerte sich der letzten Konsequenz seines Denkens.

»Los, komm! Nirgends sind mehr Flöße, und die Zeit, uns etwas zurechtzuzimmern, haben wir nicht. Klammer dich an mich! Wir brechen unverzüglich auf. Garabol kann jeden Moment vollständig absacken, sobald sich die Häuser und Türme gefüllt und vollgesogen haben, wird es ganz schnell gehen. Und du weißt, was dann kommt. Der Sog wird alle ins Vergessen reißen!«

»Du gibst nicht auf, was, Freund Ohne-Namen?«

»Der war ich mal. Schon vergessen? Jetzt heiße ich Parv!«

»Und ich Slig ... In Ordnung, was haben wir denn schon mehr zu verlieren als das, was ohnehin verloren scheint, wenn wir hier blieben?«

Er bestieg den Rücken des Pieroos so vorsichtig, wie es ihm nur möglich war. Die Taurenlanzen waren tückische Waffen, die auch einen Freund verletzen konnten, wenn man sie ungeschickt führte.

Parv stieß sich ab und machte kräftige Schwimmzüge, die beide Vaschganen von der untergehenden Floßstadt wegbrachten.

Nach einiger Zeit hörten sie hinter sich ein Gurgeln, und als Slig den Kopf wandte, presste er hervor: »Sie ist weg. Die ganze Stadt ist verschwunden. O Parv, mein Freund, ich kannte dort so viele...«

Auch Parv wurde eng ums Herz. Schon bald darauf spürte er, wie sich Slig auf ihm verkrampfte.

»Halt dich fest!«, ermahnte er den Tauren. »Wenn du abrutscht, kann ich dich nur schlecht wieder...«

»Irgendetwas stimmt nicht«, ächzte Slig. »Schau selbst. Hinter uns!«

Parv warf einen Blick über die Schulter, an Slig vorbei in die Richtung, aus der sie geflohen waren. Das Wasser dort hatte heftiger zu brodeln begonnen als in dem Moment, als die Stadt endgültig in die Tiefe gerissen worden war.

»Das sieht komisch aus...«

»Bedrohlich trifft es wohl eher. Als würde sie...«

»Ja?« Obwohl das »Schwimmen mit Gepäck« beinahe Parvs ganze Konzentration beanspruchte, konnte er das Geschehen hinter sich auch nicht ignorieren.

»Als würde die Stadt wieder... wieder zurückkehren

»Unsinn!«

»Ich weiß.«

Ohne in seiner Anstrengung nachzulassen, Slig und sich zur Küste zu befördern, blickte Parv nun immer öfter zu der Stelle, wo Garabol ihr nasses Grab gefunden hatte.

Die See dort kochte nun regelrecht. Und waren anfänglich noch die Schreie anderer Unglücklicher zu hören gewesen, die wie der Pieroo- und der Tauren-Vaschgane ums nackte Überleben kämpften, so waren diese inzwischen verstummt oder wurden zumindest übertönt vom unheimlichen Rauschen des aufgewühlten Meeres.

»Es nimmt immer weitere Bereiche ein. Es wird uns gleich einholen!«, warnte Slig.

Die Aussichtslosigkeit, einem »Gegner« wie diesem die Stirn zu bieten, ließ ihn erschaudern.

»Was mag das nur sein?« Obwohl er bereits ermattete, versuchte Parv, sie mit aller Kraft aus der gefährdeten Zone zu bringen.

Allerdings war es genauso, wie Slig es prophezeit hatte – das Brodeln holte rasch auf, und dann...

Die beiden flüchtenden Vaschganen wurden von unwiderstehlichen Kräften gepackt, geschüttelt und unter Wasser gezogen.

Slig schaffte es nicht länger, sich an Parv festzuklammern. Sein Stachelkörper rutschte von dem Taurenrücken und verschwand fast augenblicklich in dem für Blicke undurchdringlichen Mahlstrom.

Verzweifelt versuchte Parv, die Luft anzuhalten, aber irgendwann schienen ihm die Lungen zu bersten, und er holte Atem, ohne dass etwas anderes als aufgewirbeltes Wasser um ihn herum gewesen wäre.

Er hatte das Gefühl zu zerreißen.

Der brennende Schmerz erreichte sein Gehirn und legte sich wie ein zermalmendes Gewicht auf alle seine Sinne.

Seine Wahrnehmung erlosch wie eine Kerze im Wind.

Alle Hoffnung, die Parv in dieses viel zu kurze Leben gesetzt hatte, zerstob.

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2.

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––––––––

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ES WAR, ALS LIEFE EIN elektrischer Schlag durch das Rochenschiff – ein Energiestoß, der alles Leben für eine Sekunde – oder tausend Jahre? – an Bord betäubte, wie in Stase einfror.

Dann, ebenso schnell, wie es gekommen war, wich dieses Gefühl vollkommener Taubheit und Ohnmacht wieder.

»Uns gibt es noch – oder?«, quäkte die in diesem Moment schlecht modulierte Kunststimme von Jarvis.

Ja , dachte John Cloud, uns gibt es noch. Wir sind nicht gegen die Wand gefahren, am Zeitsiegel zerschellt. Anderenfalls wären wir kaum noch in der Lage, uns Gedanken über unsere Befindlichkeit zu machen. Nein, ganz offenbar sind wir durch das Siegel durch – und dort gelandet, wo das Böse zuhause ist. Der Schrecken, der die Ganf seit unvorstellbar langer Zeit verfolgt und jetzt auch das Angksystem überrollt hat.

»Heilige Galaxis – Sesha, Status!«, verlangte Scobee links von Cloud und an die KI der RUBIKON gerichtet.

Sesha antwortete so schnell, dass Cloud schon das allein als gutes Omen wertete.

»Status: Dimensionswälle beanspruchen neunzig Prozent der von den DE-Konvertern erzeugten Energie. Die verbleibenden zehn Prozent verteilen sich auf Bordsysteme und Antrieb...«

»Mit Status«, fiel ihr Scobee ins Wort, »meinte ich natürlich auch und vornehmlich die Schiffsumgebung. Wie sieht es dort aus?«

Cloud schaltete sich ein. Manchmal kam es ihm vor, als verhalte sich die KI anderen autorisierten Besatzungsmitgliedern gegenüber bewusst begriffsstutzig. Aber es hatte auch schon schwierigere Zeiten gegeben – Zeiten, in denen Sesha nur ihn als akzeptierte Person betrachtet und ihm sogar das Verlassen der RUBIKON untersagt hatte.

»Du beleidigst deine Intelligenz, Sesha«, sagte er. »Ich bin sicher, du hast sehr genau verstanden, was Scob von dir wissen will – und ich im Übrigen auch. Jeder an Bord... Sind wir durch das Siegel? Und wenn ja, wo befinden wir uns gegenwärtig? Immer noch auf Portas – was ich bezweifle –, oder dort, wohin die Ganf uns unbedingt befördern wollten?«

»Letzteres. Vermutlich«, erwiderte die KI. »Was ich bestätigen kann, ist: Wir befinden uns nicht mehr über der Oberfläche von Angk III. Die aktuelle Umgebung findet ihr in die Holosäule eingeblendet. Wir bewegen uns innerhalb einer auffälligen Konstellation aus Monden, die einen Riesenplaneten von Jupitergröße umlaufen.«

Beides war in der Holosäule zu sehen – als Simulation, die auch gleich die Position der RUBIKON einarbeitete.

»Dann sind wir jetzt... in Eleyson?«, fragte Assur, die sich ebenso wieder gefasst hatte wie alle anderen in der Schiffszentrale befindlichen Personen. »Unglaublich weit von der Milchstraße entfernt?«

Cloud bemerkte, wie ihre Stimme bei der Formulierung der Frage ins Schwanken geriet.

Sie war nicht die Einzige, der diese Vorstellung Kraft und Beherrschung abverlangte.

Cloud sagte: »Jedenfalls hat ein Transfer stattgefunden, und die Wahrscheinlichkeit, dass er uns zur Herkunftsgalaxie der Ganf und Auruunen versetzt hat, ist groß. Gehen wir einstweilen davon aus. Ich glaube jedoch nicht, dass Sesha in der Lage ist, mit ihren Ortungssystemen verlässliche Daten zu ermitteln, die dies bestätigen oder widerlegen könnten. Habe ich recht, Sesha?«

»Auf dieses Thema wollte ich gerade zu sprechen kommen. Ein Intern-Check hat ergeben, dass hard- und softwaremäßig alle Ortungsgeräte voll einsatzfähig sind. Dennoch beträgt ihre momentane Reichweite nur ein paar Dutzend Lichtjahre.«

Cloud tauschte verblüffte Blicke mit seinen Freunden auf dem Kommandopodest. »Woran liegt das?«, wandte er sich schließlich wieder an die KI.

»Offenbar an unserer Umgebung.«

»Die Monde... der Planet, den wir sehen?«

»Ich spreche von einem sehr viel größeren Rahmen.«

»Du laberst vor allen Dingen in Rätseln «, knurrte Jarvis. »Spuck’s schon aus! Was für ein ‚Rahmen‘?«

»Der Rahmen geht vermutlich über besagte Ortungsreichweite hinaus«, sagte Sesha. »Der uns umgebende Weltraum selbst scheint die Schiffssensoren einzuschränken. Ich habe Abweichungen in einigen normalerweise universalgültigen Parametern entdeckt. Um es einfach und auch für die anwesenden Spezies verständlich auszudrücken: Die Physik des Raumes, in dem wir momentan kreuzen, unterscheidet sich offenbar in einigen Details von dem Raum, den wir kennen und aus dem wir kommen.«

»Der Weltraum hier ist anders ?«, fragte Jarvis fast beleidigt. »Wie sollte das gehen? Sind wir am Ende doch nicht dort gelandet, was uns die Ganf prognostizierten? Kann es sein, dass sie uns schon wieder getäuscht und betrogen haben und wir doch in ein völlig anderes Kontinuum geschleudert wurden?«

Cloud wusste, worauf er hinaus wollte.

Die Bractonen hatten von sich behauptet, Schöpfer des Universum zu sein, dabei selbst aus einem Raum jenseits ihrer Schöpfung zu stammen.

Die Ganf wiederum hatten beteuert, den Bractonen diese Überzeugung nur eingeflößt und über Äonen hinweg als ihre Marionetten benutzt zu haben. Das Universum ging demnach weder auf die Bractonen noch auf die Ganf zurück. Und die Ganf waren letztlich nichts anderes als Flüchtlinge, die irgendwann in der Milchstraße auf die Bractonen getroffen waren und sie seither nach Belieben, wie Marionetten eben, lenkten.

Aber was, wenn auch das nur ein weiteres Lügenkonstrukt der Ganf war? Wenn das versiegelte Portal auf Portas doch nicht nur in einen fernen Winkel dieses Universums, sondern in ein völlig anderes Kontinuum führte?

Die von Sesha festgestellten Abweichungen der universalen Kontanten schienen dies in den Bereich des Möglichen zu rücken.

»In unserer Lage tun wir gut daran, uns nicht auf Glauben zu verlassen, sondern uns an handfesten Fakten zu orientieren«, sagte Cloud. »Und die wären zunächst einmal: Wir befinden uns in einem fremden Sonnensystem, in der Nähe eines Riesenplaneten und dessen Monden.«

»Gibt es Hinweise auf eine Vorrichtung, die danach aussieht, als könnte es die ‚Gegenstation‘ der Torpassage sein, durch die wir gekommen sind?«, fragte Assur.

Clouds Lebensgefährtin lächelte ihm zu, als ihre Blicke sich begegneten. Er überlegte, wann sie beide zuletzt Gelegenheit gefunden hatten, sich irgendwohin zurückzuziehen und ihre Erfüllung einfach nur aus der Nähe und Berührung des anderen zu schöpfen.

Es musste eine Ewigkeit her sein.

»Inwieweit wirken sich diese Unterschiede auf uns aus, Sesha?«, fragte Cloud. »Können sie negative Auswirkungen auf die Besatzung haben?«

»Das kann ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt aus Mangel an Fakten nicht beurteilen.«

»Aber auf das Schiff haben sie Auswirkungen?«

»Bislang ist das nachweislich für die Reichweite und Genauigkeit der Ortungssysteme zu konstatieren.«

»Es kann also noch weitere Fallstricke geben, die uns nur noch nicht aufgefallen sind.«

»Mit einiger Wahrscheinlichkeit.«

»Unsere Sesha, präzise wie immer«, lästerte Jarvis.

Kopfschüttelnd sandte Cloud dem ehemaligen GenTec eine Rüge, die keiner Worte, nur eines Blickes, bedurfte.

»Kannst du bestätigen, dass die RUBIKON für die Außenwelt so sehr verkleinert ist, dass fremde Ortungssysteme wahrscheinlich nicht im Stande sind, uns anzumessen?«

»Das ist so, ja«, sagte die KI ohne Zögern.

» Wie klein genau sind wir für Externe?«, fragte Cloud. »Tatsächlich im mikroskopisch kleinen Bereich, wie Tecum es uns ankündigte?«

Sesha bejahte.

»Wir könnten uns theoretisch in den Blutkreislauf eines Menschen einschleusen, ohne irgendwelchen Schaden am Körper anzurichten«, murmelte Scobee. Ihr Lächeln, während sie dies sagte, verriet Cloud, dass sie dabei wohl an denselben Filmklassiker denken musste, wie er selbst gerade: Die phantastische Reise . Der Film war in den Sechzigern des 20. Jahrhunderts entstanden.

»Wenn ich kurz unterbrechen dürfte«, sagte Jarvis. »Aber ist euch schon aufgefallen, dass die Monde, zwischen denen wir herausgekommen sind, sich höchst exotisch zu ihrem Mutterplaneten verhalten?«

Cloud studierte die Ergebnisse der Ortung, die auf diese Distanz noch relativ verlässlich zu arbeiten schien. Noch bevor er sie kommentieren konnte, entfuhr es Assur: »Er hat recht! Das ist wirklich außergewöhnlich!«

Die Monde, sechzehn an der Zahl, unterschieden sich in ihrer Form und Größe nicht von zahllosen anderen Trabanten, die Cloud im Laufe der Zeit zu Gesicht bekommen hatte. Trotzdem besaßen sie eine Auffälligkeit, die sie zweifelsfrei in die Liga der Exoten einreihte: Alle sechzehn Monde umliefen den Riesenplaneten so, dass sie die immer gleiche Formation bildeten – eine Art kugelförmiger »Käfig«, dessen Maschen zwar enorm groß waren, der aber beim Umlaufen der jupitergroßen Welt nie die ihn auszeichnende Struktur und den Zusammenhalt derselben verlor.

Es gab viele Planeten mit einer großen Anzahl von Trabanten – aber diese umliefen ihren Fixpunkt normalerweise nicht mit so fein aufeinander abgestimmten Geschwindigkeiten und Bahnen, dass ein Konstrukt wie dieses herausgekommen wäre.

»Wir befinden uns offenbar innerhalb einer künstlich herbeigeführten Anordnung von Himmelskörpern«, sagte Cloud. »Oder hält jemand diese auffällige Konstellation für allein den Naturkräften geschuldet?«

Alle Anwesenden verneinten, selbst die KI.

»Aber wenn diese Konstellation bewusst und gezielt erschaffen wurde, müssen wir davon ausgehen, dass sie auch einen Sinn erfüllt«, fuhr Cloud fort. »Wir befinden uns aller Voraussicht nach in Feindesland – deshalb wage ich die Prognose, dass dieser Sinn und Zweck uns nicht sonderlich gut bekommen würde, wenn man unsere Anwesenheit bemerkt.«

»Vielleicht befinden sich auf den Monden einfach nur die technischen Voraussetzungen, um einen Transfer von A, dem Angksystem, nach B, dieser kosmischen Region, durchführen zu können«, warf Assur ein.

»Möglich. Aber sprach Tecum nicht davon, dass permanent von dieser Seite aus versucht werde, ins Angksystem einzubrechen?«, hielt Cloud dagegen. »Das spräche eher dafür, dass es hier kriegstechnische Objekte gibt, mit denen wir lieber keine Bekanntschaft machen sollten, solange wir uns noch innerhalb des ‚Käfigs‘ befinden.«

»Was hast du vor?«, fragte Scobee. »Wie willst du deine These überprüfen?«

»Zuerst sollten wir schleunigst den Raum, den die Monde umgrenzen, verlassen«, sagte er. »Sesha? Kannst du die RUBIKON trotz ihrer Schrumpfung so beschleunigen, dass wir die Mondanordnung hinter uns lassen? In akzeptabler Zeit, meine ich.«

»Versuch macht kluch«, spottete Jarvis, bevor die KI sagte: »Die nach außen repräsentierte Größe spielt bei unserem Antrieb eine untergeordnete Rolle. Ich beschleunige unter der Vorgabe einer Minimalemission, die von außerhalb angemessen werden könnte.«

»Genau darum wollte ich bitten.«

»Schiff nimmt bereits Fahrt auf, Commander. Durchstoßen die imaginäre Mondschale in drei Minuten.«

Die Zeit verging quälend langsam, weil Cloud bis zuletzt befürchtete, dass, wenn schon die RUBIKON als solche für fremde Ortungsgeräte unsichtbar blieb, doch vielleicht ihre Antriebsenergien messbar sein könnten.

Falls sie es waren, dann blieb es zumindest folgenlos.

Nach fünf Minuten erteilte er Befehl, die Triebwerke zu drosseln, sodass die RUBIKON nur noch aufgrund des vorherigen Schubs weiter durch den fremden Weltenraum glitt.

»Entfernung zum Rand des Gebildes aus Monden?«, fragte Cloud, an die KI gewandt.

»Rund zwei Millionen Kilometer.

»Das sollte reichen.«

»Reichen wofür?«, fragte Jarvis.

»Wir sind uns doch einig in der Annahme, dass die Konstellation der Monde etwas zu bedeuten hat?«

»Soweit gehe ich mit dir d’accord.« Jarvis nickte. »Und weiter?«

»Und weiter will ich jetzt mit einem Trick die Monde veranlassen, uns ihr wahres Gesicht zu zeigen.«

»Was für ein Trick?«

»Lasst euch überraschen. Ich ziehe mich für die Dauer des Tests zurück.« Mit diesen Worten aktivierte Cloud ohne weitere Erklärung den Deckel seines Sarkophagsitzes, der sich daraufhin blitzschnell schloss.

Sofort verschmolz er geistig mit der RUBIKON. Sesha war jetzt wie ein anderes Bewusstsein, mit dem er sich einen Körper – das Schiff – teilte.

Es bedurfte nur seiner Gedankenbilder, um die KI darüber zu unterrichten, was er vorhatte.

Und nur wenige Sekunden, nachdem sich der Sitz des Commanders geschlossen hatte, zeigte die Holosäule eine Veränderung innerhalb des »Mondkäfigs«.

Ein Objekt materialisierte sich dort.

Ein Objekt, das im ersten Moment wie ein weiterer, nur etwas kleinerer Mond aussah.

Bei genauer Betrachtung stellte es sich jedoch als goldene Kugel heraus, die von jedem Betrachter innerhalb der RUBIKON-Zentrale auf Anhieb erkannt wurde.

»Eine Tridentische Kugel!«, keuchte Scobee. »Ob das Kargor ist...?«

Die Wahrheit kristallisierte sich nur allmählich heraus – weil Cloud beschlossen hatte, selbst seine treuesten Gefährten zu überraschen.

Sekundenlang »hing« die CHARDHIN-Perle unbehelligt im Zentrum des Konstrukts aus sechzehn Monden. Dann...

»Größer, Sesha! Wir brauchen die Bilder größer – mit Schwerpunkt auf die Tridentische Kugel!«

Die KI – oder war es der Commander selbst innerhalb seines Sarkophags? – kam der Aufforderung sofort nach.

Die vermeintliche CHARDHIN-Perle rückte optisch näher heran, füllte beinahe den Durchmesser der Holosäule aus.

»Ich glaube, ich verstehe...«, seufzte Jarvis. »Das ist nicht Kargor – es käme auch etwas plötzlich. Das ist ein verdammter... Ghost

Er hatte die wahre Natur des Objekts im Mondkäfig kaum beim Namen genannt, da verschwand die gefakte CHARDHIN-Perle auch schon hinter einer ebenfalls kugelförmigen, aber bleigrau schimmernden Hülle, die zweifelsfrei von technischen Vorrichtungen projiziert wurde, die sich über die einzelnen Monde verteilten.

Von dort aus ergoss sich die bleifarbene Energie über den TK-Ghost, der von der RUBIKON generiert und in den Käfig gepflanzt worden war und kerkerte ihn ein.

Auf ähnliche Weise, wie Cloud gerade vorging, hatte die Crew auch schon die Treymor im Milchstraßenzentrum genarrt. Als es darum ging, die Negaperle – eine entartete CHARDHIN-Perle hinter dem Ereignishorizont des dortigen Super Black Holes – durch eine neue, intakte Station zu ersetzen.

Hier lief alles in einem etwas kleineren Maßstab ab, aber das Prinzip war identisch.

Die RUBIKON konnte wie einst die Satogaschiffe Raumschiff attrappen generieren, die von Uneingeweihten als materiell eingestuft wurden und jeden bislang bekannten Gegner zu täuschen vermochten.

Und bei dem, was dort soeben innerhalb der schalenförmig gruppierten Monde materialisiert war, handelte es sich um ein Geisterschiff aus dem Repertoire des Rochenraumers.

Cloud hatte sich aus gutem Grund für die Fälschung einer Tridentischen Kugel entschieden.

Auruunen verbanden damit höchstwahrscheinlich das seit Urzeiten gejagte Wild, ihren Erzfeind, die Ganf.

Dennoch ging Cloud davon aus, dass die Waffeneinrichtungen auf den Monden auf jedes eindringende Schiff reagiert hätten, ganz gleich, wie es ausgesehen hätte.

Dies hier war offenbar das Gebiet, wo die Verbindungsstrecke Angksystem-Eleyson endete.

Und hier hatten die Auruunen alles vorbereitet, um Ankömmlinge von der anderen Seite der Strecke gebührend in Empfang zu nehmen.

Die Kerkerkugel übertraf die vermeintliche CHARDHIN-Perle um das Doppelte an Größe.

Aber Jarvis hatte kaum die Frage ausgesprochen: »Woraus besteht das Ding? Energie? Metall?« – da löste sich das Gebilde auch schon wieder auf, beziehungsweise begann zu flackern .

»Was bedeutet das jetzt schon wieder?«, seufzte Assur.

»Ich glaube, ich weiß es«, sagte Scobee. »Offenbar erlischt die von uns generierte Fälschung in dem Moment, wenn sich die von den Mondanlagen projizierte Kugel vollständig um die falsche Perle geschlossen hat. Die Schale schirmt wahrscheinlich die Ghost-Emission komplett ab. Daraufhin ergeht mutmaßlich ein Signal an die Projektoren, dass sie keinen Grund mehr haben, die Kerkerzelle aufrecht zu erhalten. Aber in dem Moment, in dem sie erlischt, erscheint wieder der Ghost... und das ganze Spiel geht wieder von vorne los. Nur eine Theorie, zugegeben, aber...«

»Aber eine, die logisch klingt und sich mit unseren Ortungen in Einklang bringen lässt«, zollte Jarvis ihr Anerkennung. »Ganz schön clever, Scob, ganz schön clever.«

»Ich wünschte, dieses Kompliment könnte ich auch hin und wieder mal zurückgeben.«

»Hey, jetzt nicht gleich übermütig werden!«

Der Sarkophagdeckel über Clouds Sitz bildete sich zurück. Der Commander richtete sich aus der halb liegenden in die aufrecht sitzende Position auf. »Das war vorauszusehen«, sagte er in tatendurstigem Ton. »Vielleicht nicht genau im Detail, aber dass etwas passieren würde, war klar. Oder?«

»Du warst schon immer ein Hellseher«, spöttelte Assur.

Innerhalb der Holosäule hörte das Flackern auf. Offenbar hatte die RUBIKON aufgehört, eine geghostete Tridentische Kugel zu den Monden zu schicken.

»Ein feiner Trick und genau zur Situation passend«, sagte Scobee. »Hast du vielleicht zufällig während deiner Verschmelzung mit dem Schiff etwas herausgefunden, was uns hier entgangen ist?«

Cloud schüttelte den Kopf. »Ich bin schon froh, dass die Attacke offenbar nicht die Vernichtung des materialisierten Objekts zum Ziel hatte.«

»Sondern seine Gefangensetzung?«, fragte Assur.

Er nickte. »Anders lässt sich das Geschehen kaum interpretieren.« Er blickte nach oben. »Sesha? Hast du die Standort der Projektoranlagen auf jedem einzelnen Mond ermittelt und in die provisorischen Karten eingepasst?«

Die KI bejahte.

»Du willst die Anlagen aufs Korn nehmen?«, fragte Jarvis und grinste. Eine solche Aktion wäre ganz nach seinem Geschmack gewesen.

»Das wäre eine Option, über die wir nachdenken sollten.«

»Vergesst nicht, mit was für einem Gegner wir es vermutlich zu tun haben«, gab Assur zu bedenken. »Die technischen Möglichkeiten der Auruunen dürften unserer Bewaffnung ohne große Anstrengung Paroli bieten können – zumindest erweckt alles, was sie bisher aufgeboten haben, diesen Eindruck.«

»Du vergisst«, erwiderte Cloud, »dass die RUBIKON nicht mehr das Schiff ist, das uns die Foronen vor langer Zeit freundlicherweise überließen...«

»Nette Formulierung«, warf Jarvis noch breiter grinsend ein. »‚Überließen‘...«

Cloud ging nicht weiter darauf ein. Er fuhr fort: »Es wurde zuerst von den Bractonen und später von den Ganf verändert und den Erfordernissen angepasst. Erfordernissen, die die Ganf sehr viel besser überschauen können als wir.«

»Okay. Die RUBIKON ist ein Prachtschiff, definitiv – aber darüber sollten wir vielleicht später reden«, sagte Scobee mit ernster Miene. »Mir wäre es lieber, wir würden erst einmal viel Abstand zwischen uns und die gerade beobachtete Falle bringen. Ich glaube nicht, dass das Ghost-Manöver unbeachtet bleibt. Irgendwer wird irgendwem Meldung machen, selbst wenn wir davon ausgehen, dass die Anlage vollautomatisch arbeitet. Ein solcher Zwischenfall wird über kurz oder lang höchstwahrscheinlich diese ominösen Auruunen auf den Plan rufen. Etwas anderes zu glauben, wäre mehr als naiv.«

Cloud presste kurz die Lippen zusammen, dann sagte er: »Du hast recht. Ich sehe es genauso. Aber was ist die logische Konsequenz daraus? Ein sofortiges Absetzmanöver?« Er blickte von einem Freund zum anderen, dann schüttelte er den Kopf. »Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht ist gerade eine Gelegenheit, die wir nicht ungenutzt verstreichen lassen dürfen.«

»Was meinst du?«, fragte Scobee.

»Die Falle«, sagte er. »Vielleicht haben wir eine Möglichkeit, vor unserem Abzug noch etwas mehr über die Falle in Erfahrung zu bringen – oder sie sogar unschädlich zu machen.«

Scobee schlug die Hände über dem Kopf zusammen – symbolisch. Ihre Miene sprach Bände, aber sie kleidete ihre Skepsis auch in Worte. »Das halte ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt für keine so gute Idee. Lass uns lieber erst einmal im Verborgenen operieren. Noch besteht die Chance, dass wir nicht als die erkannt wurden, die wir sind. Das Täuschungsmanöver mit dem Ghost dürfte auch Auruunen in Erklärungsnöte bringen – hoffe ich zumindest. Wenn wir offen gegen die Mondbasen vorgehen, verspielen wir diesen Vorteil.«

»Von ‚offen‘ war nie die Rede«, erwiderte Cloud.

Jarvis strahlte. »Kommandounternehmen?«, fragte er.

» Verdecktes Kommandounternehmen«, bestätigte der Commander der RUBIKON. »Du allein, in perfekter Maske. Unsichtbar oder...« Er ließ den Satz unvollendet. Stattdessen fragte er: »Was hältst du davon?«

Der Sitz, in dem Jarvis gesessen hatte, war plötzlich leer.

»Wo ist er hin?«, fragte Assur überrumpelt.

»Er ist immer noch da – schätze ich«, sagte Cloud mit einem feinen Lächeln. »Habe ich recht, Jarvis?«