cover.jpg

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

2.

3.

4.

5.

6.

7.

8.

9.

10.

11.

12.

13.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

img1.jpg

 

Nr. 2466

 

Galaxis der Antikrieger

 

Auf der Suche nach CHEOS-TAI – ein blinder Passagier hilft

 

Michael Marcus Thurner

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag GmbH, Rastatt

img2.jpg

 

Die Lage für Perry Rhodan und die Menschheit ist verzweifelt: Eine gigantische Raumflotte, die Terminale Kolonne TRAITOR, hat die Milchstraße besetzt. Sie wirkt im Auftrag der Chaotarchen, und ihr Ziel ist kompromisslose Ausbeutung.

Die Milchstraße mit all ihren Sonnen und Planeten soll als Ressource genutzt werden, um die Existenz einer Negasphäre abzusichern. Dieses kosmische Gebilde entsteht in der nahen Galaxis Hangay – ein Ort, an dem gewöhnliche Lebewesen nicht existieren können und herkömmliche Naturgesetze enden.

Mit verzweifelten Aktionen gelingt es den Menschen auf Terra und den Planeten des Sonnensystems, dem Zugriff der Terminalen Kolonne standzuhalten. Sie verschanzen sich hinter dem TERRANOVA-Schirm und versuchen, die Terminale Kolonne zumindest zu stören. Währenddessen halten sich die SOL, die RICHARD BURTON und ihr Raumschiffsgeschwader in der Galaxis Hangay auf, um vor Ort gegen TRAITOR vorzugehen.

Für Perry Rhodan und die Besatzung der JULES VERNE, die unterwegs in Richtung Milchstraße sind, tauchen allerdings grundlegende Probleme auf: Der gerade erst wiederentdeckte GESETZ-Geber CHEOS-TAI setzt das Raumschiff aus – in einer GALAXIS DER ANTIKRIEGER …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Terraner sinnt darüber nach, wie er wieder in den Besitz von CHEOS-TAI gelangen kann.

Ekatus Atimoss – Der Dual geht auf Metaläufer-Pirsch.

Istorico – Der Ara inspiziert sein krankes Schiff.

Jason Colton – Ein Emotionaut sieht sich zum Handlanger von »Eierköpfen« verdammt.

Pan Greystat – Ein Metaläufer der besonderen Art verbirgt sich vor den gefährlichen Torranern.

1.

Pan Greystat

 

Stant neben Stant, Schraube neben Schraube, Soun-Halterung neben Soun-Halterung, Fassung neben Fassung.

Alle Teile lagen bereit, in Reih und Glied, nach der ihnen eigenen Logik sortiert. Pan Greystat legte sich das Werkzeug zurecht, bevor er die nächsten Schritte überlegte.

Er schob einen Kraftriegel in den Mund und kaute bedächtig darauf herum. Nur keine Hektik. Nur keine Fehler machen. Fehler kosten Kraft.

Er legte eine weitere Sauerstoffdüse in den Dekomprimator. Sie würde ihn während der nächsten Stunden mit der notwendigen Atemluft in seiner kleinen Höhle versorgen.

Greystat hatte dafür gesorgt, dass er seine Arbeit in möglichst großer Abgeschiedenheit verrichten konnte. Die Anwesenheit anderer Metaläufer machte ihn nervös. Sie sprachen zwar nicht offen aus, was sie über ihn dachten. Doch er kannte die abwertenden Gesten und die Blicke, die sie einander zuwarfen, wenn sie sich unbeobachtet wähnten.

Er schob die Mikrobestandteile des Donators näher zusammen. Sie mussten passend liegen. Stant neben Stant, Schraube neben Schraube, Soun-Halterung neben Soun-Halterung, Fassung neben Fassung. Daneben das Werkzeug.

Es kostete Greystat große Mühe, den Überblick zu behalten. Hatte er sich übernommen, war der Zusammenbau des Aggregats für ihn überhaupt machbar? Wie immer, wenn er eine Arbeit begann, türmten sich endlos viele Probleme vor ihm auf; so weit, dass er das Ziel dahinter gar nicht mehr auszumachen meinte. Der Mut drohte ihn zu verlassen, und er überlegte, alles stehen und liegen zu lassen.

Doch was hätte er tun sollen? Keiner seines Volkes wollte, dass er dessen Arbeit unterstützte. Ihre Bewegungen waren schneller, ihre Fingerfertigkeit übertraf seine bei Weitem, und mit ihren Gedanken waren sie ihm stets voraus.

Pan Greystat griff nach dem Universal-Stronzer und pustete winzige Metallspäne aus der Aufnahme. Sorgfältig wischte er mit einem Mikrolappen darüber und schnippte das Tuch anschließend aus dem antistatischen Feld, in dem er sich während der Arbeit bewegen würde. Er legte Wert auf Präzision und Sauberkeit. Galten auf Evolux ohnehin die größtmöglich denkbaren Sicherheitsvorschriften und engste Toleranzwerte, so setzte er immer noch einen obendrauf und überprüfte jeden Handgriff, den er tat, mindestens dreimal.

Die Mytis-Dübelschrauben, die während der Arbeit »mitdachten« und sich optimal verspreizten, lagen nicht im rechten Winkel zueinander. Sorgfältig korrigierte er die Positionen. Eine von ihnen tauschte er aus, denn an der Kopfkante erkannte er eine schartige Vertiefung mit einem Maß von mindestens vier My.

Endlich war er so weit, die letzte Überprüfung war abgeschlossen. Alles war so, wie er es benötigte. Sein Starker Arm juckte in Erwartung der Arbeit, die auf ihn zukam.

Da stand der Korpus, in den er den Donator einfassen musste. Mit Prallfeldern würde er das mehrmalig formbare Transit-Metall in die benötigte Form bringen und die Materialüberschüsse mit dem Mikrodeformator abfräsen. Diese Hüllen waren so leicht wie ein Pappkarton zu falten, und selbst ihm fiel es leicht, die Toleranzwerte einzuhalten.

Pan Greystat betrachtete den energetischen Impulsgeber, dessen Innenleben er noch auf Evolux seinen Bedürfnissen angepasst hatte. Er musste mehrfach geschützt werden, sodass er selbst bei der vollständigen Zerstörung der JULES VERNE heil blieb. So sagten es die Sicherheitsvorschriften, denen er sich verpflichtet fühlte.

Nach dem Impulsgeber würde er sich um die Verkabelung und die unterschiedlichen Leiter kümmern, bevor er sich des Restes der Hardware annahm. In der Zwischenphase schlossen sich erste Leistungs- und Funktionstests an, und dann …

… und dann …?

Pan Greystat hatte es vergessen.

All die Bestandteile, groß und winzig klein, verschmolzen vor seinen Augen zu einer wogenden Masse. Zu einem Brei, zu einem labyrinthischen Durcheinander, aus dem es kein Entkommen gab …

Der Metaläufer schloss die Augen und konzentrierte sich von Neuem. Er hatte den Faden verloren, er musste nochmals von ganz vorne beginnen.

Das ist alles kein Problem, sprach er sich selbst Mut zu, es passiert dir nicht zum ersten Mal, dass du den Überblick verlierst. Du musst bloß den Einstieg in die Arbeit finden, dann funktioniert alles von selbst. Konzentrier dich, Pan Greystat. Lass den Starken Arm machen. Denk an die Dotierung, die dich erwartet, denk an Ruhm und Ehre.

Also nochmals von vorne: Stant lag neben Stant, Schraube neben Schraube, Soun-Halterung neben Soun-Halterung, Fassung neben Fassung. Daneben das Werkzeug. Alles war bereit. Pan Greystat biss vom Kraftriegel ab und konzentrierte sich erneut.

 

*

 

Zeit verging. Pan Greystat unterwarf sich nicht dem Diktat eines geregelten Tagesablaufs. Er arbeitete, wenn er Lust hatte, und er ruhte, wenn ihn die Erschöpfung zwang. Manchmal verfiel er in diesen ganz besonderen Rausch: Dann brachte er in einer schier endlosen Reihe von Handgriffen die wunderschöne Logik des Detonators zum Entstehen, zum Erblühen, ohne darüber nachdenken zu müssen.

Diese Perioden waren leider viel zu kurz, und sie endeten stets mit fürchterlichen Kopfschmerzen. Aber sie ließen Pan erahnen, in welchem Zustand der Glückseligkeit sich seine wesentlich geschickteren Artgenossen zeit ihres Lebens befanden.

Seine Erfolge erzeugten dennoch Befriedigung. Es gab nichts Schöneres, als ein weiteres Puzzleteil seiner endgültigen Bestimmung zuzuführen. Kleine Erfolge ließen ihn glauben, er könne auch größere erreichen, um irgendwann einmal mit jener Fingerfertigkeit zu hantieren, die ihn in den Rang eines anerkannten Metaläufers erhob.

Und dann kamen die Rückschläge. Die negativen Momente, die ihn schier verzweifeln ließen. Wenn er nicht mehr weiterwusste und auf die Informationen des Meta-Nets zugreifen musste, die meist nur von Kindern und Jugendlichen genutzt wurden. Wenn seine Finger und Zehen allzu stark zitterten und er nicht dazu in der Lage war, die Handgriffe mit der notwendigen Präzision zu tätigen. Wenn er Schwäche spürte, seine Konzentration nachließ, er den Faden verlor, das abstrakte Planungsschema vor seinem geistigen Auge verschwamm und Pan Greystat nicht mehr ein noch aus wusste …

Er zog Nahrung aus dem kleinen Recyclingblock, den er neben seiner Schlafstelle aufgebaut hatte. Gierig trank er die Nährflüssigkeit, erleichterte sich unter Zuhilfenahme des Arbeitskatheters und reinigte sich, so gut es ging.

Trotz aller Schwierigkeiten war er weit gekommen. Er hatte seine Arbeit zu 90 Prozent vollbracht. Sämtliche Blackbox-Elemente waren miteinander verbunden, das Arbeitsfeld des Donators entsprach exakt den konventionellen Vorgaben, und auch die peripheren Elemente saßen bereits an ihrem Platz. Es fehlte nur noch der Kleinkram. Steuerfelder, die energetisch geflutet werden mussten, Versiegelungsarbeiten und die Anbringung von ein paar Zwischenversorgern samt Messleitern, die er aufeinander abzustimmen hatte.

Pan blickte auf seine holografisch aufbereitete Material- und Werkzeugliste. Pedantisch führte er Buch darüber, was er nutzte und verbrauchte. Ungefähr zwanzig Posten waren durchgestrichen; so viel hatte er durch unsachgemäßen Gebrauch zerstört. Er benötigte dringend zwei weitere Stants und zusätzliches Werkzeug, mit dessen Hilfe er geringfügige Beschädigungen beseitigen konnte.

Pan atmete tief durch. Die Luft in seiner kleinen Höhle schmeckte schal und abgestanden. Er musste sich also auch Sauerstoffpatronen besorgen. Er kratzte sich am Hinterkopf; dort, wo er im Gegensatz zu den meisten seiner Artgenossen ein kleines Haarbüschel sitzen hatte. Also: Werkzeug. Stants. Sauerstoffpatronen. Zwischenversorger und Messleiter.

Er stand auf und streckte die Knorpelstränge durch, bis sie knacksten. Er drehte sich im Kreis. Seine Arbeitsstätte befand sich in einem Hohlraum inmitten eines Haufens verschmolzener Materie, aus der einige wenige scharfgratige Trägerteile hervorragten. Er fasste eine bestimmte Stelle ins Auge und dachte sich auf ein anderes Energieniveau.

Seine Strukturläufer-Gabe machte ihn stolz. Wenn Pan sich konzentrierte und sich durch die immateriellen Welten treiben ließ, tat er dies mit einem Geschick, das sogar andere Metaläufer bewunderten.

Er glitt durch den Schlacketurm, der eine Stärke von mehreren Metern aufwies. Allzu grelles Licht empfing ihn in der offenen, von mehreren Trümmerfeldern gekennzeichneten Halle. Die Bewohner der JULES VERNE, diese Torraner, sahen in einem Frequenzbereich, den er nicht besonders mochte. Pan Greystat ließ sich durch den Deckboden sinken. Er durchfloss unterschiedliche Verbundmaterialien; einige Energieträger kitzelten auf niedrigem Niveau. Er nivellierte seine Fähigkeit. Gleich darauf spürte er keine Irritationen mehr.

Er suchte den Kontakt zum Meta-Net, um Neuigkeiten abzufragen. Die anderen Metaläufer waren zu jedem Zeitpunkt an zig Baustellen tätig, um das Schadenspotenzial auf Evolux so gering wie möglich zu halten. Sie hinkten dem Geschehen auf der riesigen Welt selbstverständlich stets hinterher. All diese ungeschickten Anwender, die sich mit der Produktion von Kobaltwalzen beschäftigten, zeigten eine Ungeschicklichkeit im Umgang mit Technik, die selbst er niemals erreicht hätte.

Das Meta-Net war stumm. Wie abgeschaltet.

Hatte er Frequenz und Zugriffskode vergessen? Nein. Die Daten stimmten. Er hatte die Handgriffe zur Aktivierung öfter als jeder andere Metaläufer getätigt.

Das Netz existierte nicht mehr.

Der Schreck brachte sein Herz zum Pochen. Was war geschehen? Was war schiefgegangen?

Er malträtierte das Funkgerät, suchte die Frequenzen ab, rief verzweifelt um Unterstützung und Hilfe. Indes sank er tiefer und tiefer. Deck um Deck glitt an ihm vorbei. Die Wechsel zwischen Hell und Dunkel wurden schneller. Bald schon würde er die Außenwandung erreicht haben, zurück auf den Boden Evolux’ sinken und in ihn eindringen, um zwei Kilometer tiefer auf Röhrenverbindungen zwischen den Metastädten zu treffen …

Und was, wenn die JULES VERNE mittlerweile gestartet ist?, dachte Pan voll Schrecken. Er bremste seinen Fall ab und kam auf dem Boden eines Servicegangs zu stehen. Er blieb unsichtbar, verharrte auf einem veränderten Energieniveau und tastete mit all seinen Sinnen und seinen technischen Möglichkeiten um sich.

Tatsächlich: Rings um ihn war eine Vielzahl von Energieträgern aktiviert. Der Verbrauch ging weit über jenen hinaus, den man von einem parkenden Schiff erwarten durfte. Andererseits war er nicht so groß, als befände sich die JULES VERNE im offenen Raum. Er lag irgendwo dazwischen. Seltsam.

Er musste dringend nachdenken. So viele unterschiedliche, einander widersprechende Vermutungen schossen ihm durch den Kopf. Alles verwirrte sich, wurde zu einem Ideenknäuel, dessen Anfang und Ende verloren gegangen waren.

Die JULES VERNE erschien ihm mit einem Mal riesengroß. Wie ein Ozean, in dem er sich verlieren und untergehen konnte. Es gab keinen sicheren Hafen, keinen Landepunkt. Alles hing davon ab, dass er so rasch wie möglich schwimmen lernte.

»Hilfe!«, rief, schrie, jammerte und weinte er über Meta-Funk. »Hilfe! Sagt mir, was ich tun soll!«

Wiederum antwortete niemand, sosehr er auch rief. Er verfluchte seine Kollegen. Sie hatten ihn sitzen lassen, keinen Gedanken daran verschwendet, dass er noch an Bord war.

Was konnte er tun? Was musste er tun?

Sollte er einen Torraner kontaktieren und ihn fragen, was geschehen war? Aber was, wenn sie ihn als Eindringling betrachteten und bestraften? Gerüchteweise hatte er gehört, dass sie störrisch waren und gewaltbereit. Vielleicht war es zu einem offenen Konflikt gekommen, und er befand sich auf dem Schiff von … von Flüchtlingen!

Ihm schauderte, und er stürzte bäuchlings zu Boden.

Ich muss mich weiterhin verstecken, sagte sich Pan Greystat. Sonst besteht die Gefahr, dass mich die Torraner jagen, mich mit Fragen bombardieren und von meiner Arbeit abhalten.

Er rappelte sich hoch und dachte an das Wichtigste in seinem Leben. An die Arbeit. Sie war der Inhalt allen Seins. Um sie drehte sich alles.

Was, wenn ich die Situation ignoriere und weiterarbeite? Erleichterung machte sich in ihm breit. Letztlich kann es mir egal sein, was rings um mich geschieht. Wichtig sind einzig und allein die Fertigstellung des Donators und die Dotierung. Die paar Teile, die mir fehlen, kann ich mir aus den Lagern der Torraner organisieren und mit ein wenig Zusatzaufwand adaptieren. Die Sauerstoffpatronen benötige ich auch nicht, wenn ich ein paar unauffällige Luftlöcher in meinem Versteck schaffe. Nahrung und Getränke sind dank des Recyclingblocks ausreichend vorhanden, und die Pläne zur Fertigstellung des Aggregats habe ich fix abgespeichert.

Das war die Lösung. Eine Greystat-Lösung. Sie ersparte ihm, allzu sehr über seine Probleme nachzudenken. Er würde sie vor sich herschieben. Wenn er den Donator fertiggestellt hatte, konnte er immer noch einen Beschluss fassen. Oder aber aus dem Fundus der Bordmittel einen zweiten Donator basteln.

Pan Greystat aktivierte das Flugaggregat und suchte den Weg zurück zu seinem Versteck. Er fühlte sich schon viel besser. Seine Sorgen waren vergessen. Arbeit und neue Herausforderungen warteten auf ihn.

Er kratzte sich an der Innenseite seines Starken Arms; dort, wo er seine Dotierung setzen würde, und er freute sich.

2.

Istorico

 

Er behielt alles im Auge. Er durfte sich von äußeren Umständen nicht beirren lassen. Sein Job war es, das Funktionieren der Eingeweide ihres Schiffs zu gewährleisten. Wie auch in organischen Körpern mochte der Ausfall einer … Innerei den Exitus der JULES VERNE bedeuten.

CHEOS-TAI hatte die JULES VERNE ausgestoßen, und diese hatte umgehend eine gehörige Sicherheitsdistanz zwischen sich und den GESETZ-Geber gebracht. Rufe gellten kreuz und quer durch die Kommandozentrale, große Teile des Holo-Globus füllten sich mit Daten.

Istorico filterte jene Informationen aus, die ihm wichtig erschienen, und legte sie blockweise auf kleinere Schirme, die rings um seinen Arbeitplatz schwebten. Drei Besatzungsmitglieder kümmerten sich um die weitere Auswertung. Sie suchten Querverbindungen zwischen marginalen Ausfallerscheinungen, unter denen die JULES VERNE litt. Ihm oblag es, die Übersicht zu wahren und eine Anamnese zu erstellen. Denn sein Schiff war krank, daran gab es keine Zweifel.

Doch hatte die Krankheit unmittelbar mit dem Hinauswurf aus dem Hangar von CHEOS-TAI zu tun?

Nein.

Die Probleme hatten viel früher begonnen. Zu jenem Zeitpunkt, da die Metaläufer begonnen hatten, ihre Fähigkeiten an diesem Wunderwerk terranischer Fertigung auszuprobieren.

Die Gedanken an die kleinen, schmerbäuchigen Wesen bereiteten ihm Unwohlsein. Unwirsch klickte er den Trivid-Markierstift ein und aus, ein und aus. Zum Glück befand sich niemand in der Zentrale, der seinem aufgeregten und einem Mediker unangemessenen Verhalten Aufmerksamkeit schenkte. Die Terraner und deren Abkömmlinge legten wenig Wert auf Form und Etikette und der Mausbiber Gucky erst recht nicht. Icho Tolot war viel zu sehr mit Auswertungsarbeit beschäftigt, um seinen Ausrutscher bemerkt zu haben.

»Meldung, Lanz!«, verlangte Perry Rhodan kurz angebunden von seinem Kommandanten.

»Ich kann nur wiederholen, was NEMO schon festgestellt hat: Die nächstgelegene Galaxis hieß in der Vergangenheit von Tare-Scharm Asdoran; im terranischen PGC-Katalog trägt sie die Bezeichnung 032861.«

»Entfernung?«, hakte Rhodan nach.

»Weniger als dreitausend Lichtjahre zu den Randbezirken.«

»Kennen wir Asdoran?«

»Nein. Terra hatte noch niemals Kontakt mit einem Volk dieser Galaxis.«

Kein Wunder, bei einer Entfernung von mehr als 43 Millionen Lichtjahren bis zur Milchstraße.

»Wo befindet sich CHEOS-TAI?«

Lanz Ahakin zögerte kurz. »Unbekannt«, sagte er dann.

Unbekannt.

Das bedeutete, dass sie in der Mitte des Nirgendwo festhingen, ohne realistische Chance, jemals wieder die Heimat zu erreichen.

 

*

 

Perry Rhodan ließ ihnen gar keine Zeit, damit sich das erste Entsetzen dauerhaft manifestieren konnte. Mit gewohnter Präzision verlangte er weitere Meldungen von den einzelnen Abteilungen.

Istorico kam bei der Beurteilung ihrer Situation eine ganz besondere Rolle zu. Eine Fehleinschätzung, und wenn sie in der Bewertung der einzelnen Aggregate auch nur um wenige Zehntelprozent falschlag, entschied über Wohl und Wehe. Alle strategischen Überlegungen basierten auf seinem Urteil.

»Istorico?«

Er hatte sich neuerlich Tagträumen hingegeben! Unter größten Anstrengungen vermied er einen veränderten Klang seiner Stimme oder gar ein Zusammenzucken.