Über das Buch:
Wie entrinnt man dem „Fluch der Ruhelosigkeit“?

Wir sehnen uns nach Ruhe – und haben dennoch oft Angst vor ihr. Ist es wirklich so erstrebenswert, dass die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben durchlässig wird, wie immer wieder behauptet wird? Die Bibel sagt: „Sechs Tage sollst du arbeiten, am siebten Tag sollst du ruhen.“ Ein geniales Gebot, es enthält den Befehl zum Faulenzen! Einmalig in der damaligen Zeit. Mit hoher Wirksamkeit – bis heute! Entdecken Sie den Segen des Ruhetags für sich persönlich. Ganz praktisch! Erfahren Sie, wie Sie den Ruhetag in Ihrem Lebensumfeld, im 21. Jahrhundert, so gestalten können, dass er für Sie zu einem Segen wird und Sie sich darauf freuen!

„Gottes Zeitmanagement für uns Menschen ist einfach und perfekt. Das Buch von Volker Kessler zeigt überzeugend auf, warum Gott uns den ‚Befehl zum Faulenzen‘ gab, wie wir ihn umsetzen können und wie wir in einer Zeit der Ruhelosigkeit wieder den Fokus auf das Wesentliche gewinnen. Eine kurze und prägnante Einführung in ein Zeitmanagement, das nicht aus mehrstufigen Prioritätslisten und komplexen Terminplanern besteht, sondern aus dem Segen des Ruhetages.“

Prof. Dr. Steffen Fleßa, Universität Greifswald

Über den Autoren:
Prof. Dr. Dr. Volker Kessler ist verheiratet mit Martina und hat 4 erwachsene Kinder. Der Mathematiker und Theologe war lange Jahre in einem internationalen Großunternehmen tätig. Seit 1998 ist er Leiter der Akademie für christliche Führungskräfte, seit 2012 Professor für Christian Leadership an der University of South Africa. Seine zahlreichen Publikationen erschienen im In- und Ausland.

Dank

Dieses Buch wäre beinahe nicht erschienen. Denn einige Verlagsvertreter waren der Meinung, in diesem Buch würde zu viel mit der Bibel gearbeitet. Eine solch „harte“ Kost sei heute nicht mehr verkäuflich. Ich hoffe sehr, dass diese Einschätzung nicht stimmt. Dennoch gebührt den anonym bleibenden Lektoren dieser Verlage ein Dank. Ihr kritisches Feedback hat zu manchen Überarbeitungen geführt. Für mich als Autor war interessant zu beobachten, dass auch jene, die das Manuskript ablehnten, auf Grund des Manuskriptes ihre Ruhetagspraxis überdacht haben. Das Manuskript hatte sogar bei den Kritikern eine beabsichtigte Wirkung.

Namentlich danke ich

– Prof. Dr. Steffen Fleßa, Greifswald, Monika Kuschmierz, Bergneustadt, und Heiko Schmidt, Stahlhofen, für ihre kritische Durchsicht und ermutigendes Feedback.

– Pfr. Dr. Klaus Eickhoff, Sierning (A), Elke Meier, Burbach-Holzhausen, und Dr. Andrzej Turkanik, Mittersill (A), für gute Literaturhinweise.

– den Mitarbeiter/innen des Verlags der Francke-Buchhandlung, namentlich Dr. Klaus Meiß, Anne Meiß, Kathrin Schultheis, Dr. Thomas Weißenborn für hilfreiche Kommentare und die gute Kooperation bei der Umsetzung des Projekts.

– sowie meiner Frau Martina und unseren Kindern Emanuel und Natanja. Sie haben mehrere Versionen Korrektur gelesen und mich ermutigt, das Manuskript zu veröffentlichen. Ob sie damit Recht hatten, entscheiden Sie!

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 978-3-86827-855-2
Alle Rechte vorbehalten
© 2008 by Verlag der Francke-Buchhandlung GmbH
35037 Marburg an der Lahn
Umschlaggestaltung: Verlag der Francke-Buchhandlung /
Christian Heinritz
Satz und Datenkonvertierung E-Book:
Verlag der Francke-Buchhandlung GmbH

www.francke-buch.de

Ein Wort vorab

Wie entrinnt man dem „Fluch der Ruhelosigkeit“? Manche sehnen sich nach Ruhe – und haben gleichzeitig Angst vor ihr. Angeblich soll die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben mehr und mehr verschwinden. Vielen gefällt dieser Gedanke.

In den zehn Geboten dagegen lesen wir: „Sechs Tage sollst du arbeiten, am siebten Tag sollst du ruhen.“ Gott gibt den Befehl zum Faulenzen! Ein geniales Gebot! Einmalig in der damaligen Zeit!

Es gibt teure Seminare, die Wege anbieten, um Ruhe zu finden. Der Tipp, den Ruhetag einzuhalten, klingt dagegen fast banal und zu einfach. Und dennoch ist er sehr wirksam – bis heute.

Mit diesem Buch werden Sie den Segen des Ruhetags neu entdecken – als effektive Methode gegen den Fluch der Ruhelosigkeit. Das erste Kapitel beschreibt das – gar nicht so neue – Phänomen der Ruhelosigkeit.

Das zweite Kapitel zeigt Ihnen den Hintergrund und Sinn des Ruhetages auf. Was ist mit dem Ruhetag eigentlich gemeint? Welcher Segen ist mit ihm verbunden? Welche Lebensqualität können wir dadurch gewinnen?

Diese praktischen Fragen werden im letzten Kapitel vertieft und für das Leben heute konkretisiert: Was bedeutet der Ruhetag für mich als Mitarbeiter/in, als Führungskraft, als Selbstständigen, als Familienfrau/mann, als Student/in ... im 21. Jahrhundert? Wie kann ich in meinem Lebensumfeld den Ruhetag so gestalten, dass ich an seinem Segen teilhabe und mich darauf freue?

Eingeschoben ist ein Kapitel über das Ringen der Juden und der Christen um den Sabbat in drei Jahrtausenden: Was bedeutet der Sabbat für den Juden? Hat Jesus nicht den Sabbat abgeschafft? Warum tun sich manche Christen so schwer mit dem Ruhetag? Können wir hier etwas von den Juden lernen?

Sie werden darüber staunen, wie viele Vorbehalte gegen den Ruhetag schon zweitausend Jahre alt sind. Wer es eilig hat und schnell die praktischen Anwendungen kennen lernen will, mag das dritte Kapitel überspringen. Wer dann die Tipps des vierten Kapitels wirklich umsetzt, findet sicher bald Muße, auch das dritte Kapitel zu lesen. Es lohnt sich!

I. Der Fluch der Ruhelosigkeit

In die Sprechstunde kam der Mann mit drei Handys. Ungläubig verfolgte Henri Chenot, Chef des Kurhotels „Palace“ in Meran, wie der Unternehmensberater die Geräte am anderen Ende seines Schreibtisches aufbaute und sofort losschnaubte: „Die Dinger einstecken? Unmöglich! Ich brauche alle drei: das eine fürs Büro, das andere für die Familie. Und das hier ist reserviert für meine Freundin!“1

Wie kommt ein Mann mit diesem Lebenstempo zur Ruhe? Einerseits suchen Manager Ruhe in luxuriösen Ruheoasen, andererseits haben sie Angst vor der Ruhe, Angst, die Verbindung nach außen, zur „Welt“ zu verlieren. Was macht man eigentlich, wenn man mit sich allein ist, ohne Möglichkeit zur Zerstreuung?

„Handy darf am Pool nicht fehlen“ ist die Überschrift eines Berichts über den Kölner Rechtsanwalt Stefan Seitz, der Sportgrößen wie Fußballtrainer Christoph Daum und Fußballmanager Reiner Calmund vertritt2. Auf die Frage, wie viel der Vater von drei Kindern arbeitet, weicht er aus: „Das würde nur abschrecken. Sagen wir so, ich habe keinen freien Tag.“ Entspannung findet Seitz im Familienurlaub. Aber auch da gilt: „Ich ziehe den Stecker nicht raus. Vielmehr gehört es dazu, dass ich klischeehaft mit dem Handy in der Hand am Pool sitze. Mich belastet die Arbeit nicht.“

Gelingt diesem Rechtsanwalt schon, was der US-amerikanische Managementlehrer Lance Secretan als erstrebenswerte neue Wirklichkeit schildert? Dem alten Denken „Arbeit und Privatleben sind getrennte Dinge, das Privatleben muss einen Ausgleich zum Berufsleben schaffen“ stellt Secretan das neue Denken gegenüber: „Die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben wird verschwinden, unser Leben wird ganzheitlich, nahtlos und integriert sein.“3 Diese Vision erscheint auf den ersten Blick sehr verlockend und Secretan will seine Leser für diese Vision begeistern. Der Nachteil dieser Vision: Da Arbeit und Privatleben eins sind, arbeitet man irgendwie immer – und kommt nie wirklich zur Ruhe. So verlockend der Gedanke sein mag, wenn jeder Werktag wie ein Sonntag wird: Es ist dann eben auch jeder Sonntag wie ein Werktag.

Meine Frau und ich haben das Privileg, unser Geld mit einer Arbeit zu verdienen, die wir gerne tun, die uns begeistert und die wir in der tiefsten Bedeutung des Wortes als Berufung erleben: Wir sind gemeinsam engagiert in der Leitung der Akademie für christliche Führungskräfte (AcF). Wir sind so begeistert von dieser Aufgabe, dass wir Tag und Nacht darüber reden könnten: Im Büro, beim Mittagessen, beim Abendessen, beim Spaziergang am Sonntagnachmittag, ... Doch die Gefahr dabei ist: Wir ruhen nie aus von der Arbeit. Zumindest unser Schlafzimmer haben wir schon vor Jahren als „AcF-freie Zone“ deklariert. Allerdings müssen wir uns gelegentlich gegenseitig daran erinnern.

Ruhelosigkeit findet man nicht nur bei Managern. Grundsätzlich wird das Tempo am Arbeitsplatz immer schneller. Und auch die Familienfrau oder der Familienmann, die/der einen Mehrpersonenhaushalt managt, hat Schwierigkeiten, eine ruhige Minute zu finden.

Auch wenn man das Gefühl hat, die Zeiten würden immer unruhiger: Ruhelosigkeit an sich ist kein neues Phänomen. Im 17. Jahrhundert beobachtete der französische Mathematiker und Philosoph Blaise Pascal (1623-1662) in seinen berühmten Pensées (Gedanken) „die vielfältige Geschäftigkeit der Menschen“ und „entdeckt, dass alles Unglück der Menschen von einem Einzigen herkommt: dass sie es nämlich nicht verstehen, in Ruhe in einem Zimmer zu sein.“4 Dies sei deshalb so schwierig zu ertragen, weil der Mensch in der Ruhe über sich selbst nachdenke: seine eigene Verfassung, seine Schwäche, seine Sterblichkeit, sein Elend.

Daher kommt es, dass die Menschen so sehr den Lärm und den Umtrieb lieben, daher kommt es, dass das Gefängnis eine so entsetzliche Strafe ist, daher kommt es, dass die Freude an der Einsamkeit etwas so Unbegreifliches ist. ... Deshalb meiden die Menschen ... nichts so sehr wie die Ruhe; es gibt nichts, was sie nicht täten, um die Unruhe zu suchen.5

Pascal zeigt das Paradoxon auf, dass Menschen zwar vorgeben, Ruhe zu suchen, in Wirklichkeit aber alles tun, um diese Ruhe zu verhindern.

Sie bilden sich ein, wenn sie dieses oder jenes Amt erlangt hätten, würden sie sich alsdann mit Freuden ausruhen, und sie spüren nicht die unersättliche Natur ihrer Begierde; sie glauben, aufrichtig die Ruhe zu suchen, und suchen in Wirklichkeit nur den Umtrieb. Sie haben einen geheimen Instinkt, der sie dazu treibt, die Zerstreuung und die Beschäftigung draußen zu suchen ... und sie haben einen anderen Instinkt, der sie erkennen lässt, dass das Glück in Wirklichkeit nur in der Ruhe liegt und nicht im Tumult; und aus diesen beiden widerstreitenden Instinkten bildet sich in ihnen ein verworrener Plan, ... der sie dahin bringt, durch den Umtrieb zur Ruhe zu streben und sich fortwährend einzubilden, die Befriedigung, die sie nicht haben, werde sich einstellen, wenn sie einige Schwierigkeiten, die sie vor Augen haben, überwinden und sich dadurch das Tor zur Ruhe öffnen können.
So verrinnt das ganze Leben: man sucht die Ruhe, indem man einige Hindernisse bekämpft; und wenn man sie überwunden hat, wird die Ruhe unerträglich.6

Als Mensch des 21. Jahrhunderts fragt man sich bei der Lektüre von Pascals Gedanken: Ist es wirklich schon fast vierhundert Jahre her, dass Pascal diese Zeilen schrieb? Pascal schrieb von den Zerstreuungen des 17. Jahrhunderts. Und schon damals galt: So verrinnt das ganze Leben: Man sehnt sich – angeblich – nach der Ruhe: „Wenn ich dies und jenes erreicht habe, dann habe ich endlich Ruhe“ und hat doch gleichzeitig Angst vor der Ruhe. Wenn man also „dies und jenes“ erreicht hat, sucht man sich ein neues „dies und jenes“, das man erst erreichen will, um dann Ruhe zu haben.

Der Kölner Psychologe Stefan Grünewald beschreibt einen ganz normalen Büroarbeitstag im 21. Jahrhundert, wo man hundert Prozesse parallel bearbeitet, aber nichts richtig zu Ende führt. Man hat das Gefühl, viel getan, aber nichts wirklich verrichtet zu haben.

Mit dem Handy und dem Laptop als mobilem Büro haben wir uns von den räumlichen und zeitlichen Zwängen befreit. Wir können arbeiten, telefonieren und Geschäfte abschließen, wo immer wir wollen. ...
Aber auch diese Flexibilisierung ist teuer erkauft. ... Selbst am Feierabend gelingt es nicht vollkommen abzuschalten. Wir befinden uns seelisch immer im Standby-Modus: Jederzeit kann uns der Kunde anrufen, und noch beim Ausschalten des Computers kurz vor dem Schlafengehen kann ein dringendes Mail uns wieder aus unserer mühsam erreichten Kissenseligkeit aufschrecken.
Auch die Grenzen innerhalb der Arbeitszeiten verschwimmen. ... Während des Meetings werden via Laptop Mails gecheckt und Termine disponiert. Während man einen Bericht verfasst, wird telefoniert oder per Internet der nächste Urlaubsflug gebucht.7

Man produziert eine unentwegte Betriebsamkeit, hat aber nicht das Gefühl, unter dem Strich wirklich mehr zu leisten. Aus dieser Unzufriedenheit heraus sehnt man sich nach „Entschleunigung“. Zeitsparprodukte boomen. Ratgeber für Ruhelose verkaufen sich. Der Kapitalismus zeigt seine Stärke: Er schafft mit dem Aufruf „schneller, schneller, schneller“ Probleme, lässt so Sehnsüchte nach Ruhe entstehen, und es entsteht ein neuer Markt, wo man mit Geld Ruhe erkaufen kann. Noch nie war Ruhe so teuer wie heute!





Durch diese häufige Wiederholung betont der Brief an die Hebräer: Es ist eine Strafe, wenn man nicht zur Ruhe kommen kann. Ruhelosigkeit ist ein Fluch. Die Menschen haben keine Ruhe. Dabei hat Gott die Ruhe schon am Anfang geschaffen.