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Brigitte Bjarnason

Dorsche haben traurige Augen

Geschichten aus Island

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Der ACABUS Verlag ist ein Imprint der Diplomica Verlag GmbH, Hermannstal 119k, 22119 Hamburg.

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Inhaltsverzeichnis

Richtung Norden

Der Unfall

Die Lawine

Fernweh

Elfensommer

Casanova on ice

Der Adler

Ein weiter Weg

Dorsche haben traurige Augen

Sind Sie es, Herr Kafka?

Er war anders

Jóhannes

Herbstsonate

Blaue Lupinen

Gummischuhe und Wollpullover

Das Ende der Reise

Richtung Norden

Sverrir: Zum wievielten Male fahre ich eigentlich diese Strecke? Von Süden nach Norden. Reykjavík – Akureyri und zurück. Ich habe aufgehört zu zählen. Seit fünf Jahren fahre ich den LKW. Alles Mögliche habe ich während dieser Zeit transportiert: Dünger für die Bauern, Kühlschränke, Möbel, Ersatzteile, Fisch. Mir ist egal, was ich auf dem Anhänger habe. Hauptsache keine lebenden Tiere. Schweine sind am schlimmsten. Die machen mich nervös.

Ich fahre nachts. In der Nacht ist weniger Verkehr auf den Straßen. Ab und zu kommt mir ein Kollege entgegen, oder einer dieser jungen, wilden Nachtschwärmer überholt mich mit 130 km/h. Im letzten Herbst, es regnete in Strömen und die Sicht war schlecht, ist vor mir so einer von der Straße abgekommen, hat sich mindestens drei Mal überschlagen. Der Junge hatte gerade eine Woche vorher den Führerschein gemacht. Heute sitzt er mit 18 im Rollstuhl. Seine Freundin war nicht angeschnallt und hat den Unfall nicht überlebt. Mann, war das ’ne Story. Ansonsten ist es ruhig auf der Straße, manchmal zu ruhig. Die Stille macht mich schläfrig. Dann trinke ich literweise Kaffee und drehe das Radio auf volle Lautstärke. Ein Nickerchen ist nicht drin. Ich muss meinen Zeitplan einhalten, sonst gibt es Ärger mit meinem Chef.

Im Sommer brauche ich sechs Stunden für eine Strecke. Im Winter acht, manchmal zehn endlos lange Stunden. Bei Glatteis und Schneegestöber krieche ich mit dem Laster im Schneckentempo durch das Land. Das ist Knochenarbeit und schlägt auf das Gemüt. An solchen Tagen möchte ich am liebsten meinen Job hinschmeißen.

Da vorne ist die letzte Ampel. Gleich bin ich aus der Stadt raus.

Sabine: Warum musste ich Idiot den letzten Bus verpassen? Nun stehe ich hier um zehn Uhr abends mit meinem überladenen Rucksack an der Straße und versuche, ein Auto anzuhalten. Ingibjörg, meine isländische Freundin, meinte, auf Island sei das kein Problem. In Deutschland hätte ich mich nicht getraut, alleine als Anhalterin durch die Nacht zu reisen … Viel Verkehr ist heute Abend nicht. Dabei stehe ich an der Hauptstraße, die rund um die Insel führt.

Sverrir: Steht da vorne nicht einer von diesen verrückten Rucksacktouristen? In Spanien oder Italien ist ein Sommerurlaub am Straßenrand vielleicht vergnüglich. Aber in Island? Eigentlich nehme ich grundsätzlich keine Anhalter mit. Ich kann mit diesen Fremden nichts anfangen. Vielleicht sollte ich heute eine Ausnahme machen. Dann wird die Fahrt nicht so langweilig. Das Mädchen sieht nett aus. Anfang zwanzig, schätze ich.

Sabine: Da kommt ein Lastwagen. Mensch, der hält tatsächlich an! Hoffentlich fährt er nach Akureyri. – „Do you go to Akureyri?“

Sverrir: „Já, Akureyri.“

Sabine: Er hat genickt, dann wird er wohl dahinfahren. – „Do you speak English, German?“

Sverrir: „Nei, ég tala bara íslensku.“

Sabine: Das kann ja heiter werden. Der Typ spricht weder Englisch noch Deutsch und ich kein Isländisch. Aber irgendwie muss ich heute noch nach Akureyri kommen.

Sverrir: Hätte ich mir ja denken können, dass das Mädchen kein Isländisch spricht. Verdammt, nun sitzt sie im Wagen.

Sabine: Hoffentlich dauert die Fahrt nicht so lange. Er sieht ja wenigstens harmlos aus. Typ braver Familienvater, oder? – Warum haben bloß alle Lastwagenfahrer diese Anhänger mit Silikonbusenweibern an ihren Spiegeln baumeln?

Sverrir: „Ertu búin að bíða lengi eftir fari?“

Sabine: Was hat er mich nun gefragt? – „Hhm, äh … I don´t understand.“

Sverrir: Das hat keinen Sinn. Nun habe ich dieses Mädchen die nächsten sechs, sieben Stunden im Wagen sitzen und kann kein Wort mit ihr reden. Eine schöne Sauerei.

Sabine: Es ist fast elf Uhr, und noch immer ist es hell. Klasse, diese Mittsommernächte. Das Land sieht so friedlich und verschlafen aus. Unvorstellbar, dass hier manchmal die Erde bebt und Vulkane Feuer und Asche spucken.

Sverrir: Da vorne kommt der Tunnel. Seit ich nicht mehr rund um den Fjord fahren muss, bin ich wesentlich schneller. Ist schon irgendwie ein komisches Gefühl unter einem Fjord zu fahren. Über einem Unmengen von Wasser. Eine Panne möchte ich hier unten nicht haben.

Sabine: Vielleicht sollte ich versuchen zu schlafen. Wir können uns ja doch nur per Zeichensprache verständigen. Aber die Landschaft ist wirklich toll. Diese moosbewachsenen Steine. Da kann man sich schon vorstellen, dass hier Elfen und Trolle wohnen.

Sverrir: Es wird Zeit für eine Pinkelpause. Da vorne halte ich an.

Sabine: Wieso hält er denn an, ohne ein Wort zu sagen? Hier ist keine Tankstelle, kein Bauernhof, keine Menschenseele weit und breit. Am Straßenrand stehen nur alte merkwürdig geformte Lavabrocken in einer gespenstischen Landschaft herum. Idealer Platz, um … Ruhig bleiben, Sabine, ruhig bleiben. Du hattest schon immer eine blühende Fantasie. Wie ein Vergewaltiger sieht er wirklich nicht aus. Oder sollte ich mich täuschen? – Ach, der musste nur mal pinkeln. Hatte echt für einen Moment ein mulmiges Gefühl im Bauch. Wenn der sich über mich hergemacht hätte? In dieser Einöde … Ich glaube, ich lese zu viele Krimis.

Sverrir: „Ég heiti Sverrir.“

Sabine: „Ich heiße Sabine.“

Sverrir: Sabine, ein hübscher Name. Sieht ganz sympathisch aus das Mädchen, schlank, lange dunkle Haare. Komisch, dass sie alleine unterwegs ist. So ein attraktives Mädchen hat doch bestimmt einen Freund.

Sabine: Sverrir. Das ist ja unaussprechbar. Bevor ich Ingibjörg auf der Uni kennenlernte, habe ich geglaubt, auf Island spreche man Englisch oder Dänisch. Ich habe so gut wie nichts von dieser Insel im Nordatlantik gewusst. Islandponys waren mir ein Begriff, Vulkane, Geysire, Gletscher. Dieses Klischee vom Land aus Feuer und Eis. Na, und dann brach dieser Vulkan unter dem Gletscher mit dem unaussprechlichen Namen Eyjafjallajökull aus und legte den Flugverkehr in fast ganz Europa lahm. Seitdem verschlinge ich alles Lesbare über Island und habe Ingibjörg mit Fragen über ihre Heimat durchlöchert.

Es ist schon spät. Ich sollte endlich versuchen, etwas zu schlafen oder wenigstens zu dösen. Der schwere Laster kriecht förmlich die Anhöhe hinauf. Dünne, milchige Nebelschleier liegen auf den kargen Heideflächen der Hochebene. Hier gibt es wirklich nicht viel zu sehen. Ab und zu einen Bauernhof, ein paar Pferde. – Mann, habe ich mich erschreckt. Weshalb hupt er wie verrückt? Sverrir: Jetzt habe ich das Mädchen geweckt. Diese verdammten Schafe! Müssen sich mit ihren Lämmern immer mitten auf der Straße aufhalten.

Sabine: Zwei zu Tode erschrockene kleine Wollknäuel rennen über die Straße zu ihrer Mutter. Das ist also das Rohmaterial für die dicken Wollpullover mit den bunten Mustern, die in Reykjavík in den Souvenirgeschäften verkauft werden. Die Schafe laufen hier anscheinend wild herum. Ob es stimmt, dass die Isländer gerne Schafsköpfe essen? Ich würde meinen Fahrer ja gerne ein bisschen ausfragen, aber das hat wohl keinen Sinn.

Sverrir: Dieses Schweigen, diese Stille ist ja nicht auszuhalten! Nun schalte ich das Radio ein.

Sabine: Isländische Musik. Ich mag Björk und Sigur Rós mit ihrer fast mystischen Musik. Die passt irgendwie zu diesem geheimnisvollen Land. Mein LKW-Fahrer liebt anscheinend eher traditionelle Akkordeonmusik … – Wie still es eben noch gewesen ist. Als wir kurz angehalten haben und der Motor für einen Augenblick ausgeschaltet war, hörte man absolut nichts. Draußen herrschte totale Stille. Kein Vogelgeschrei, nicht einmal das Rauschen des Windes in den Bäumen konnte man hören. Tja, Bäume. Wann habe ich eigentlich zuletzt Bäume gesehen? In Reykjavík? Zu Hause in Berlin vermisse ich oft die Stille. Die ganze Nacht rauscht der Verkehr an meiner Wohnung vorbei. Der Lärm der Stadt ist zur ständig anwesenden Geräuschkulisse geworden. Stille, so wie hier, kenne ich gar nicht mehr. Wenn ich meinen iPod nicht zu Hause vergessen hätte, hätte ich die Stille wahrscheinlich gar nicht wahrgenommen, sondern mir die ganze Fahrt über Musik in die Ohren gedröhnt.

Sverrir: Noch zwei Kilometer, dann komme ich an die Tankstelle, wo ich immer einen Hotdog esse und eine Cola trinke. Wie mache ich das bloß dem Mädchen klar?

Sabine: Ah, da vorne ist eine Tankstelle. Es gibt hier also doch noch Zivilisation.

Sverrir:„Ég aetla að stoppa hér og fá mér Coke og pylsu. AEtlar þú að koma með?“

Sabine: Er will hier anhalten. Am besten ich nutze die Gelegenheit und gehe aufs Klo. Ist ja echt Betrieb in diesem Laden. Dabei ist es schon nach Mitternacht. Irgendwie sehen alle Tankstellen gleich aus, so öde. Ah, da drüben sitzt mein Chauffeur und stopft sich einen Hotdog in den Mund. Ob er die beiden Typen in den schwarzen Lederjacken kennt, die da neben ihm sitzen? Wahrscheinlich sind das auch LKW-Fahrer. – Jetzt gucken sie alle drei zu mir herüber, tuscheln und grinsen blöd. Am besten ich tue so, als ob mich die Ansichtskarten auf dem Postkartenständer total interessieren, behalte die drei im Blick … Jetzt kommt einer der Lederjacken zu mir rüber. Oh je, was will denn das blonde Kraftpaket von mir?

Sverrir: Tryggvi und Jónas haben ganz schön geguckt, als sie meine Fahrbegleiterin gesehen haben. Haben mir sogar angeboten, das Mädchen mitzunehmen. Wäre nicht schlecht gewesen, den stummen Fisch hierzulassen. Aber ich traue den beiden nicht. Ständig machen sie irgendwelche „deals“, wie sie sagen. Tryggvi saß ein Jahr im Knast wegen so einem „deal“. Nee, kommt gar nicht in Frage, dass sie das Mädchen mitnehmen … Mensch, jetzt geht Tryggvi doch tatsächlich zu ihr rüber und quatscht sie an.

Sabine: Mann, dieser Typ macht mir echt Angst. Dieser stechende Blick in dem blassen, pickeligen Gesicht und dieses eklige Grinsen. Ob Sverrir den Kerl rübergeschickt hat? Vielleicht will er mich loswerden?

Tryggvi: „Do you like to go with me to Akureyri, pretty girl? I have a very fast car. Sverrir is a very boring man. We could have some fun together.“

Sabine: Spinnt der? Was soll diese blöde Anmache? Mit diesem Schwarzeneggertypen lasse ich mich auf keinen Fall ein. Wo bleibt Sverrir? Uff, er kommt rüber …

Sverrir: Nichts wie weg hier. Tryggvi ist ein Idiot. Egal was er von dem Mädchen wollte, es war garantiert nichts Gutes.

Sabine: Echt cool, wie Sverrir den Kerl einfach beiseite geschubst, mich an der Hand gefasst und aus dem Laden gezogen hat. Soviel Courage hätte ich diesem dickbäuchigen LKW-Fahrer gar nicht zugetraut. Anscheinend ist man als Anhalterin auch in Island vor aufdringlichen, zwielichtigen Typen nicht sicher. Man bin ich froh, dass wir wieder auf der Straße sind. Akureyri 186 Kilometer, steht auf dem Schild am Straßenrand. Bald sind wir da. Jetzt fängt es wieder an zu regnen.

Sverrir: Das Mädchen ist ganz blass im Gesicht. Ich glaube, Tryggvi hat ihr Angst gemacht. Seit zwanzig Minuten starrt sie stumm aus dem Fenster. Na, jetzt lächelt sie wieder. Ein hübsches Lächeln hat sie und blaue Augen.

Verdammt, der Wetterbericht sagt Sturm für den Norden an. Wenn im Süden gutes Wetter ist, ist im Norden schlechtes. Das ist ja nichts Neues.

Sabine: Mann, bin ich müde. Ich würde gerne schlafen, wenn ich schlafen könnte … neben mir ein fremder, schweigsamer Mann … draußen eine trostlose, nasse Landschaft. Grauer Nebel hängt bleiern über den Bergen. Nicht einmal ein paar Schafe sieht man am Straßenrand. Irgendwie ungemütlich. Ach, wäre es schön, wenn ich schon bei Ingibjörg wäre, gemütlich mit ihr auf dem Sofa säße, eine Tasse heißen Tee in der Hand und mit ihr über Gott und die Welt quatschen könnte. Vielleicht sollte ich sie anrufen. Verdammt, mein Handy kriegt keine Verbindung.

Sverrir: Will das Mädchen nicht endlich eine Runde schlafen? Scheiß Wetter! Wieso zieht der Laster auf einmal so stark nach links? Da stimmt etwas nicht. Ich muss anhalten.

Sabine: Ganz schön stürmisch hier. Die Windböen rütteln wie verrückt am LKW. Wahrscheinlich zieht eines der bekannten Islandtiefs über die Insel. Zum Glück stehe ich jetzt nicht irgendwo am Straßenrand, sondern sitze im Trocknen. – Er fährt langsamer, vielleicht ist es wegen des Wetters? Die Scheibenwischer bewältigen kaum noch die Wassermassen, die gegen die Windschutzscheibe peitschen. Irgendetwas scheint nicht in Ordnung zu sein. Sverrir wirkt auf einmal so angespannt.

Sverrir: Verdammt, Plattfuß! Ausgerechnet jetzt im strömenden Regen und meilenweit von der nächsten Tankstelle entfernt.

Sabine: Er ist verärgert. Stiert stumm auf die Straße. Was ist denn nur los? Jetzt steigt er aus. Schon wieder Pinkelpause? Oh, nee! Panne. Er muss einen Reifen wechseln. Und das bei diesem Sauwetter. Ob er Hilfe braucht? Wo ist bloß meine Regenjacke? Diese Fahrt verwandelt sich langsam in einen Albtraum.

Sverrir: Was will sie denn hier draußen im Regen? Das Mädchen hat doch bestimmt keine Ahnung von Autos.

Sabine: Viel konnte ich ja nicht für ihn tun. Er fühlt sich bestimmt komisch mit mir als stummes, hilfloses Anhängsel. Wenn hier eine Tankstelle wäre, würde ich Ingibjörg anrufen, damit sie mich abholt.

Sverrir: Geschafft! Das so etwas immer bei schlechtem Wetter passieren muss. Ich bin nass bis auf die Knochen. Ein heißer Kaffee wäre jetzt nicht schlecht. War aber nett von dem Mädchen, mir ihre Hilfe anzubieten, obwohl sie die meiste Zeit nur draußen im Regen herumstand und nicht viel machen konnte.

Sabine: Armer Kerl, der ist total durchnässt. Und ich sehe mit meinen nassen, klebrigen Haaren bestimmt wie eine Vogelscheuche aus. Aber immerhin können wir jetzt weiterfahren. – Ah, ein Schild. 90 Kilometer bis nach Akureyri. Ob er Schokolade mag? Ich glaub, ich habe noch eine Tafel im Rucksack.

Sverrir: In zwei Stunden liege ich neben meiner Frau im Bett. – Jetzt ist Sabine doch noch eingeschlafen oder schlummert sie nur vor sich hin? Eigentlich war es gar nicht so langweilig mit ihr, obwohl es mit der Verständigung ja nicht so gut klappte. – Na endlich. Es hat aufgehört zu regnen. Dafür fahre ich jetzt wieder in eine dicke Nebelsuppe rein. Mehr als 70 km/h sind hier im Tal nicht drin.

Sabine: Ich bin tatsächlich eingeschlafen. Endlich sind wir raus aus dem Nebel. Die ersten Häuser tauchen auf. Noch immer hängen dunkle Regenwolken über dem Fjord. Auf der anderen Seite sind schneebedeckte Berge. Hier sieht es anders als in Reykjavík aus, ländlicher, leerer … Da vorne ist eine Tankstelle! Da steig ich aus.

Der Unfall

Der Tag, an dem der Unfall geschah, begann wie jeder andere Frühsommertag am Fjord. Aufdringliche Sonnenstrahlen blinzelten durch einen Spalt zwischen den Vorhängen und kitzelten mich an der Nase. Die Zeiger auf dem Wecker zeigten auf vier Uhr. Beleidigt zog ich mir die Bettdecke über den Kopf und versuchte, wieder einzuschlafen. Im Halbschlaf döste ich vor mich hin, bis es Zeit zum Aufstehen war.

„Nonni! Wach auf!“

„Muss ich heute in den Kindergarten gehen?“

Ich nickte. Zwei warme kleine Arme legten sich fest um meinen Hals.

„Ich will aber nicht“, flüsterte mein Sohn mir ins Ohr. Tränen stiegen in meine Augen. Ich wusste, dass Nonni ungern in den Kindergarten ging. Als wir beide vorigen Sommer in das Dorf kamen, wurden wir auf der Straße von den Leuten freundlich begrüßt. Das war alles. In die fest geschlossene Dorfgemeinschaft wurden wir nicht aufgenommen. Wir waren Fremde. Mein Akzent irritierte die an Ausländer nicht gewöhnten Einheimischen. Nonni bekam zu der Zeit einen hartnäckigen Hautausschlag im Gesicht und an den Armen. Das war Grund genug für die anderen Kinder, ihn nicht an ihren Spielen teilnehmen zu lassen. Wir blieben geduldig. Einige Monate später heiratete ich einen Mann aus dem Dorf, Sveinn Sigurdsson. Ich hoffte, man würde mich und meinen Sohn nun endlich akzeptieren.