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Susanne Klein

Rein in die Führung

Top-Manager erläutern
ihre Erfolgsstrategien

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Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Informationen sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Lektorat: Sabine Rock, Frankfurt | www.druckreif-rock.de

Umschlaggestaltung: Martin Zech Design, Bremen | www.martinzech.de

Umschlagillustration: Bim/iStockphoto

©2015 GABAL Verlag GmbH, Offenbach

Das E-Book basiert auf dem 2010 erschienenen Buchtitel „Rein in die Führung“ von Susanne Klein, ©2010 GABAL Verlag GmbH, Offenbach.

ISBN Buchausgabe: 978-3-86936-111-6

ISBN epub: 978-3-86200-979-4

Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlages.

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Inhalt

Einführung: Drop your Tools!

Teil 1: Vier Strategien

Strategie 1: Fokus – Aufmerksamkeit bewusst lenken

Strategie 2: Energie – Kraft an der richtigen Stelle einsetzen

Strategie 3: Kontakt – gelingende Beziehungen gestalten

Strategie 4: Resilienz – innere Stärke und Unabhängigkeit sichern

Teil 2: Einblicke in die Praxis – Interviews mit Führungskräften

Dr. Hans-Martin Blättner

Raiffeisen-Volksbank Miltenberg eG

Herbert Forker

Siegwerk Druckfarben AG

Martin Greiffenhagen

XL Airways Germany

Harald Hasselmann

Synovate Deutschland GmbH

Thomas Henkler

Int. Catering- und Food-Service-Unternehmen

Ingrid Hofmann

I.K. Hofmann GmbH

Martin Köhler

PartyLite Trading SA

Petra Krenn-Paul

O/D Ottweiler Druckerei und Verlag GmbH

Dorothea Kronenberghs

Directorbank

Prof. Klaus Leisinger

Novartis Stiftung für Nachhaltige Entwicklung

Wolfgang Moyses

Simona AG

Bertram Salzinger

inconso AG

Bernhard Schierenbeck

Grontmij A&T GmbH

Wolfgang Schraml

Océ Printing Systems GmbH

Wolfgang Stemmer

Elba Bürosysteme GmbH & Co. KG

Dr. Florian Stetter

Strabag Property and Facility Services GmbH

Thomas Ullrich

Sodexo Beteiligungsgesellschaft B.V. & Co. KG

Sonja Willems

Ethicon Germany-Austria-Switzerland, Johnson & Johnson Medical GmbH

Matthias Zander

Credit Suisse AG

Teil 3: Trends – was Führungskräfte auszeichnet

Teil 4: Erfolgsstrategien aus Sicht der Personalentwicklung

Literatur

Über die Autorin

Dank

Einführung: Drop your Tools!

Die Geschichte ist durch den amerikanischen Organisationsforscher Karl E. Weick weithin bekannt geworden: 27 Feuerwehrleute folgten der Aufforderung »Drop your tools and run« nicht. Sie legten ihre schweren Geräte nicht ab, als das Feuer, das sie gerade bekämpften, zu explodieren drohte – auch nach Aufforderung durch ihre Vorgesetzten nicht. Das Ergebnis: Sie konnten sich nur langsam bewegen und damit dem Brand nicht entkommen. Sie verloren ihr Leben.

Gründe für das Festhalten

Darüber, warum die Feuerwehrleute nicht in der Lage waren, ihre Tools abzulegen, hat Weick in der Zeitschrift Administrative Science Quarterly nachgedacht. Er fragte sich: Vielleicht haben sie die Anweisung nicht gehört? Vielleicht verstanden die Feuerwehrleute die Brisanz der Lage nicht? Vielleicht fühlten sie sich sicherer mit ihren Werkzeugen in den Händen? Vielleicht wollten sie auch an der Strategie festhalten, die sie für den Notfall gelernt hatten?

Offensichtlich fühlten sich die Männer wohler mit ihren schweren Geräten, obwohl diese sie letztlich in den sicheren Tod führten. In dieser Krisensituation fiel den Feuerwehrmännern das Loslassen sichtlich schwer – so schwer, dass sie ihr Leben riskierten. Welche Schlüsse können wir aus diesem speziellen Verhalten in einer ganz besonderen Situation für unseren (Berufs-)Alltag ziehen?

Warum das Bewährte so wichtig ist

Menschen reagieren nicht logisch. Das, was einmal gelernt wurde, wird immer wieder benutzt, auch wenn es für die aktuelle Situation unpassend ist. Etwas loszulassen, das bisher erfolgreich eingesetzt wurde, fällt nicht ganz leicht. Wir haben es eben als erfolgreiche Strategie kennengelernt und sehen keinen Grund, unser Verhalten zu ändern. Um Feuer effektiv zu bekämpfen, ist doch schweres Gerät notwendig – oder? Wer dabei stehen bleibt, sollte sich eines vergegenwärtigen: Verschiebt sich der Fokus, ändern sich die Tools. Das schnell zu realisieren und sich nach Alternativen umzusehen, setzt ein großes Maß an Flexibilität voraus.

Manchmal braucht es einfach auch einen Mutigen, der mit einer neuen Herangehensweise an eine Situation voranprescht. In einer vergleichbaren Situation wie der geschilderten wurde beobachtet, dass nur ein einziger Feuerwehrmann sich von seinen Tools lösen musste, um loszurennen. Es folgten dann binnen kürzester Zeit alle anderen.

Schlüsselfragen

Im Business braucht man sicher nicht gleich alle Tools »hinzuwerfen«, wenn man etwas Neues für sich entwickeln möchte. Vielleicht ist es einfach sinnvoll, sich die Tools nochmals genauer anzusehen und neu zu sortieren: Was benutze ich aus alter Gewohnheit und es passt bei näherem Hinsehen tatsächlich nicht mehr? Und was ist nach wie vor hilfreich?

Wenn Sie in eine Führungsposition hineinwachsen und aufsteigen, führen Sie immer mehr kraft Ihrer Persönlichkeit. Sie brauchen gar nicht mehr so viele Tools, sondern benutzen einfach das Instrument effektiver, das Sie bis jetzt noch nicht oder noch nicht systematisch genug anwenden: Ihre persönlichen Strategien.

Führen ohne Ballast

Ohne schweres Gerät, ohne gedankliche Begrenzungen durch alle möglichen Dos and Don’ts, die Sie im Laufe Ihrer beruflichen Laufbahn gelernt haben, lassen sich manche Situationen leichter managen. Die zunehmende Komplexität und Vielfalt macht es notwendig, mit einer entsprechend höheren Komplexität und Vielfalt darauf zu reagieren. Und es gibt kaum ein betriebswirtschaftliches Tool, das diesem Anspruch gerecht wird.

Besonders im Bereich der Menschenführung ist es müßig, über »richtig« und »falsch« zu sprechen – oder nach Tools zu suchen, die für jeden Mitarbeiter und für jede Situation passend, angemessen und erfolgreich sind. Kaum vorstellbar, dass es so etwas gibt. Auf ein komplexes Umfeld kann nur ein komplexes System reagieren, wie wir Menschen das glücklicherweise sind. Das setzt natürlich voraus, dass wir diese innere Komplexität nutzen und nicht dem Bedürfnis nachgeben, alle Dinge um uns herum zu vereinfachen oder immer eine Ursache (einen Schuldigen) für ein Ergebnis zu suchen. Mit dieser Methode arbeiten wir eher aktiv daran, den Erfolg zu verhindern. Zielführend scheint in einem komplexen Umfeld ein anderer Ansatz zu sein: Wir sollten unsere Fähigkeit schulen, die innere Komplexität gut zu managen, im chaotischen Rahmen Klarheit zu schaffen und uns aktiv und eindeutig nach außen hin zu positionieren. Dafür sind bestimmte Strategien notwendig, um die es in diesem Buch geht.

Ideale Bedingungen für Führungskräfte?

Führungskräfte genießen heutzutage in der Regel eine exzellente Ausbildung. Sie lernen Werkzeuge kennen, mit deren Hilfe sie erfolgreich managen und anleiten können. Sie benutzen moderne Kommunikationsmittel. Sie denken und handeln global. Sie gehen immer wieder zu hochkarätigen Schulungen. Und es ändert sich auch etwas – doch vielleicht nicht genug?

Auf die Intuition hören!

Führungskräften widerstrebt es oft, sich auf ihre eigenen Fähigkeiten zu verlassen. Es fehlt manchmal einfach der Mut, auf die innere Stimme zu hören und so zu guten Entscheidungen zu kommen. Das Gefühl, äußeren Anforderungen gerecht werden zu müssen – also in gewissem Sinne »fremdgesteuert« zu sein –, überwiegt häufig. Dieser Ansatz ist immer noch sehr verbreitet, obwohl in verschiedenen Disziplinen bereits nachgewiesen wurde, dass mehr als 60 Prozent der Businessentscheidungen intuitive Entscheidungen sind.

Jenseits von Tools und Handlungsanweisungen können Führungskräfte ihre Aufmerksamkeit nutzen, um immer mehr und immer besser zu verstehen. Sie können präziser entscheiden, wie sie ihre Energie einsetzen und was sie fokussieren – ohne andere Dinge aus dem Blick zu lassen. Gleichzeitig achten sie darauf, auch im Stress des Büroalltags in ihrer Mitte zu bleiben. Herausragende und erfolgreiche Führungskräfte haben an der Entwicklung ihrer Persönlichkeit gearbeitet, sie haben ihre Stärken und Schwächen reflektiert und ihre individuelle Strategie aufgebaut. Sie haben die Autorität zur Führung nicht allein aus ihrer Rolle und hierarchischen Position, sondern aus ihrer Persönlichkeit heraus entwickelt. Das ist eine Erkenntnis, die ich aus 20 Jahren Coachingpraxis im oberen und mittleren Management ziehen kann.

Zentrale Führungsthemen

Im Coaching von Führungskräften sind unabhängig vom konkreten Thema immer wieder folgende vier Themen relevant:

Fokus: Aufmerksamkeit bewusst lenken

Energie: Kraft an der richtigen Stelle einsetzen

Kontakt: gelingende Beziehungen gestalten

Resilienz: innere Stärke und Unabhängigkeit sichern

Von Profis lernen

Wenn sich Führungskräfte aktiv mit diesen vier Themen auseinandersetzen und eine stabile Haltung dazu entwickeln, haben sie einen persönlichen Weg und damit eine Erfolgsstrategie jenseits von allem Fach- und Führungswissen entwickelt. An der Entwicklung dieser Erfolgsstrategien können Sie, verehrte Leserinnen und Leser, in Form der in diesem Buch enthaltenen Interviews direkt teilhaben. Dabei haben wir jeweils ausführlich über alle vier Strategien gesprochen und überlegt, wie die innere Aufstellung aussieht, um in einem dynamischen Umfeld gut sortiert erfolgreich agieren zu können. 19 Menschen aus dem Top-Management erläutern ihre persönlichen Strategien. Sie lernen als Leserin, als Leser viele individuelle Wege kennen und können eine für Sie persönlich stimmige erfolgreiche Strategie aus diesen Erfahrungen zusammenstellen.

Aufbau des Buches

Der erste Teil des Buches macht Sie zunächst im Detail mit den vier Strategien – Fokus, Energie, Kontakt und Resilienz – vertraut und gibt Ihnen wertvolle Hintergrundinformationen. Dann folgen im zweiten Teil die ausführlichen Interviews mit den Führungskräften. Im dritten Teil werden die Interviews ausgewertet: Welche Gemeinsamkeiten finden sich? Welche Unterschiede lassen sich erkennen? Kann man von bestimmten Trends sprechen? Im vierten Teil schließlich schauen wir auf Erfolgsstrategien aus Sicht der Personalentwicklung. Hier hat ein erfahrener Personalentwickler das Wort.

Vier Erfolgsfaktoren und das Wissen erfahrener Top-Manager: Freuen Sie sich darauf!

Susanne Klein, Oktober 2010

Teil 1: Vier Strategien

Teil 2: Einblicke in die Praxis – Interviews mit Führungskräften

Führungskräfte der oberen Etagen aus vielen verschiedenen Branchen haben sich mit den vier beschriebenen Strategien beschäftigt und stellen ihre Meinungen und Ideen dazu in den folgenden Interviews vor. Manchen Managern ist erst im Gespräch bewusst geworden, wie sie sich innerlich aufstellen, um nachhaltig erfolgreich zu sein. Gemeinsam haben wir Ideen entwickelt, was das Besondere an erfolgreichen Strategien ist und worauf es wirklich ankommt.

Teil 3: Trends – was Führungskräfte auszeichnet

Die Interviews bilden jeweils sehr individuelle Vorgehensweisen ab. Jede Karriere ist einzigartig. Das hängt mit den Menschen, den Lebenswegen und zum Teil auch mit den verschiedenen Branchen zusammen. Dieses Kapitel beschäftigt sich eingehend damit, wie sich die befragten Führungskräfte zu den einzelnen Schlüsselaspekten – Fokus, Energie, Kontakt und Resilienz – geäußert haben und welche Trends sich trotz der jeweils stark ausgeprägten Individualität herauskristallisieren. Diese Trends kann man im Ergebnis zusammenfassend als Erfolgsstrategien betrachten, die junge Führungskräfte gut für sich nutzen können.

Fokus

Ihren Fokus ziehen die Top-Manager überwiegend aus den langfristigen, strategischen Zielen des Unternehmens. Gleichzeitig reagieren sie kurzfristig und schnell, wenn es nötig ist. Für das langfristige Denken investieren die Interviewten auch entsprechend viel Zeit. Immer wieder betrachten sie ihre Fokussierung und überprüfen, ob sie mit ihrem täglichen Doing noch in dem definierten Korridor liegen. Dabei achten sie sehr darauf, dass die täglichen schnellen Entscheidungen nicht die langfristige Strategie untergraben. Relevant ist immer die Wirkung, die insgesamt erzielt werden soll. Im Hinblick darauf orientieren sich die Befragten an einem stabilen Zielbild. Im Zweifel wird sogar auf kurzfristige Gewinne verzichtet.

Was Zahlen bedeuten

Zukunftsszenarien und Wirkungszusammenhänge betrachten

Viele nennen Zahlen als Basis ihrer Entscheidungen. Manche betrachten die Zahlen täglich, andere wöchentlich oder monatlich. Einige Top-Manager finden es auch relevant, dass Zahlen immer nur die Vergangenheit darstellen und beschreiben und man deswegen aus ihnen nicht immer die Erfolgsfaktoren für die Zukunft generieren kann. Dennoch bieten sie eine gute Orientierung und Entscheidungsgrundlage. Um nach hinten gerichtet zu analysieren, helfen aus Sicht der Interviewten entsprechende Zahlen sehr. Alle legen deswegen auf gutes Zahlenmaterial sehr großen Wert. Ob mit diesem Material aber der Geschäftserfolg prognostiziert werden kann, darüber gehen die Meinungen auseinander. Von »Zahlen sind das eine – ich entscheide eher nach meiner Intuition« bis »Ich lasse mir morgens die Zahlen vorlegen und entscheide dann« sind die verschiedensten Handlungsoptionen vertreten. Letztendlich – und hier gibt es wieder mehr Übereinstimmung – bringt die Erfahrung eine brauchbare Entscheidungssicherheit mit sich.

In die Zukunft gerichtet scheint ein Verstehen der Wirkzusammenhänge, das Fokussieren von Kernprozessen und das Denken in Szenarien eine erfolgversprechendere Strategie zu sein als die reine Zahlenanalyse. Viele der Befragten finden es hilfreich, mehr als den nächsten Schritt zu denken und sich vorzustellen, wo die Entscheidungen hinführen – auch im Worst Case. Wichtig ist auch, sich Zeit zum Nachdenken zu nehmen und die möglichen weiteren Konsequenzen mit anderen Menschen zu diskutieren.

Welche Rolle spielt die berühmte »Intuition«?

Das innere Wissen nutzen

Einige Manager betonen ihre Intuition, die sie in Entscheidungsfragen leitet. Sie schreiben diesem inneren »Wissen, was richtig ist« eine große Kraft zu. Sie beschreiben es so, als kämen ihnen einfach zum richtigen Zeitpunkt die wichtigen Dinge in den Sinn. Näher zu erklären ist dieses Gefühl aber nicht. Das innere »Wissen, was richtig ist« steht ihnen auf jeden Fall zuverlässig zur Seite und ist eine stabile Größe bei der Entscheidungsfindung.

Den richtigen Fokus zu finden, hat auch viel mit Zuhören zu tun, da sind sich die Top-Führungskräfte einig. Die Intuition scheint eine Mischung aus Erfahrung und aus aktueller Information zu sein, bei gleichzeitigem gutem Gespür für zukünftige Entwicklungen. Deswegen versuchen die meisten Führungskräfte alle Informationsquellen zu nutzen, die über ihren direkten Schreibtisch hinausgehen.

Information – von innen und »outside the box«

Ungewöhnliche Informationsquellen nutzen

Entscheidend für ihre strategische Positionierung des Unternehmens sind für die Top-Manager die Informationen, die sie von Mitarbeitern, Kollegen und darüber hinaus außerhalb des Unternehmens bekommen. Dafür gibt es vielfältige Quellen: Kunden, Lieferanten, Banken, Kollegen aus vergleichbaren Unternehmen oder Umfeldern, Berater, Trends und Informationen zum Konsumverhalten. Von jedem Kontakt bringen die Manager neue Ideen mit. Sie achten darauf, neben den internen Informationen andere Quellen zu erschließen – mit dem Ziel, ihre rein in das Unternehmen und die Branche gerichtete Sicht zu erweitern. Den meisten ist es außerdem wichtig, Wissen mit anderen Personen in vergleichbaren Positionen auszutauschen und auch Anregungen aus vielen anderen Bereichen, beispielsweise Biologie, Kunst, Musik oder Literatur, mit in ihr Denken und Handeln aufzunehmen.

Ein Denken »outside the box« wird als erstrebenswert und bereichernd betrachtet. Ein aktives Interesse an Inputs von außen ist Voraussetzung, um das Unternehmen erfolgreich führen zu können. Damit sie ihren Fokus richtig wählen und ihre Intuition stärken, nutzen die Interviewpartner immer wieder Möglichkeiten, um ihren Horizont zu erweitern. Sie suchen systematisch nach neuen Impulsen, nach anderen Themen, nach interessanten Erfahrungen, um den richtigen Fokus in ihrem Business auch wieder finden zu können.

Über das Fällen von Entscheidungen

Wovon Entscheidungen abhängen

Für die tägliche Entscheidung, welche Themen heute im Fokus stehen, werden immer wieder die Kriterien »Menschen« und »Zahlen« genannt. Beim genauen Nachfragen wird deutlich, dass die aktuelle Entscheidung auf der Basis des analytischen Wissens gefällt wird. Es scheint den Managern intuitiv klar zu sein, welche Themen sie an einem Tag fokussieren möchten. Intuition wird auch hier für die kurzfristigen Entscheidungen als eine Mischung aus Erfahrungswissen, Kennzahlen und Marktkenntnis definiert.

Gegen seine Intuition trifft keiner der Befragten eine Entscheidung. Warum auch? Die Führungskräfte prüfen ihre Intuition aber nochmals an den relevanten Zahlen. Finden sie insgesamt eine Bestätigung, dann handeln sie. Manche handeln auch dann, wenn die Zahlen dagegensprechen. Sie sind sich einfach sicher. Nur aufgrund der Zahlen würde keiner handeln. Es müssen mehrere Kriterien stimmen.

Unpopuläre Entscheidungen

Die Entscheidungen werden in den meisten Fällen in einem Managementteam getroffen. Die Top-Führungskräfte haben zwar schon ihre Meinung, bei der sie auch tendenziell gerne bleiben möchten. Alle betonten jedoch ihre Offenheit, sich von guten Argumenten auch einmal umstimmen zu lassen. Es kann ja immer sein, dass sie bei ihren Vorüberlegungen etwas nicht ausreichend berücksichtigt haben. Viele Manager betonen, dass sie eigentlich keine Teamplayer sind – das ist in der Regel auch nicht ihre Rolle – und dass sie ihre eigene Meinung auch wohl überlegen und gut begründen können. Es ist dann nicht ganz einfach, ihre Überzeugung flexibel zu gestalten, aber es kann gelingen. Das liegt an der Qualität der Argumente aus dem Managementteam.

Wenn sie aber von einer Sache überzeugt sind, dann stehen die Top-Manager ganz klar dafür ein. Im Zweifelsfall werden dann auch unpopuläre Entscheidungen durchgesetzt. Sie stellen sich bei bestimmten Themen bewusst in den Wind und sind in der Lage, mit dem Unmut der anderen umzugehen. Führungskräfte zeichnen sich durch eine gewisse Hartnäckigkeit aus: Sie bleiben an relevanten Themen so lange dran, bis diese in ihrem Sinne umgesetzt sind.

Wirkung prüfen und Feedback nutzen

Aus (Miss-)Erfolgen lernen

Eine weitere Gemeinsamkeit besteht darin, dass die Interviewpartner genau die Wirkung ihres Handelns beobachten und daraus Schlüsse für zukünftige Strategien ziehen. Wenn etwas schiefgeht, dann beklagen sie nicht lange die Fehlentscheidung, sondern nehmen das Geschehene zur Kenntnis und lernen daraus. Sie fokussieren also immer die Seite des Erfolgs und sehen Misserfolg als Rückmeldung zu dem Korridor, in dem sie sich ergebnisreich und mit Erfolg bewegen können. Erfolgreiche Strategien werden repliziert oder für neue Aufgaben entsprechend modifiziert. Das betrifft auch das Tempo. Viele Dinge können gelingen – nur etwas langsamer, als es das Top-Management gerne sehen möchte.

Balance für Stabilität und Veränderung

Veränderung und Stabilität versuchen alle Interviewpartner gut zu balancieren. Keiner will ausschließlich an Bestehendem festhalten oder immerzu Innovationen einführen. Alle sind sich darüber einig, dass Veränderungen weise gewählt werden und den Marktanforderungen entsprechen müssen und dass es gleichzeitig eine gewisse Bereitschaft im Unternehmen geben muss, diese Veränderungen aufzunehmen. Die Trieb- und Bremskräfte im Unternehmen sollten der Führungsspitze bekannt sein. Eine Veränderung kann erst dann erfolgreich gestartet werden, »wenn die Triebkraft größer ist als die Bremskraft«, formulierte es einer der Top-Manager treffend. Wann diese Voraussetzung genau gegeben ist, entscheiden die meisten eher intuitiv. Einig sind sie sich auch darüber, dass man eine Organisation mit Veränderungsprozessen nicht überfordern darf.

Tempo und Überzeugung steuern

Die meisten Interviewpartner wissen genau, dass es eine gewisse Zeit braucht, bis die Früchte der Veränderung geerntet werden können. Wenn nach der ersten »Keimung« der Saat bereits wieder umgepflügt wird, um mit einer noch schneller wachsenden Saat mehr Umsatz zu generieren, dann haben die Veränderungen nicht die Möglichkeit, ihre Kraft zu entfalten. Die Veränderungszyklen abzuschließen und auch zu bilanzieren ist ein weiterer Erfolgsfaktor in der Unternehmensführung. Wichtig ist an dieser Stelle allen Befragten, dass das Kernteam gut informiert ist und die Veränderungen mitträgt. Außerdem leistet die Identifikation der Meinungsbilder und die Überzeugung aller Beteiligten einen erheblichen Beitrag zum internen Erfolg von Veränderungen.

Veränderungen am unternehmerischen Nutzen messen

Da Veränderungen viel Energie und Überzeugungskraft fordern, sollten es nicht zu viele auf einmal sein. Jeder Eingriff in ein funktionierendes System sollte sehr gut abgewogen werden. Der Aufwand, den Veränderungsprozesse mit sich bringen, und der gleichzeitige Fokus auf interne Prozesse, also weg vom Kunden, wird nach Meinung der Manager deutlich unterschätzt. Die Kunst besteht darin, Veränderungsprozesse so zu gestalten, dass der Kunde im Fokus bleibt und die Veränderungen für ihn und für seine Kunden einen direkten Nutzen stiften. Alle Befragten wissen genau, dass der unternehmerische Alltag ein stetiger Wandel ist. Außerdem sehen sie es als ihre Aufgabe an, jederzeit die Prozesse und Abläufe im Unternehmen zu verbessern.

Vorausschauend handeln

Auffallend ist, dass alle Führungskräfte die Wirkung ihres Handelns immer wieder in den Mittelpunkt stellen. Sie verharren nicht bei der Handlung oder dem gelungenen Prozess an sich. Sie freuen sich nicht einfach daran, dass sie eine gute Idee hatten, sondern prüfen sofort alle Ideen und Intuitionen auf deren Praxistauglichkeit hin. Es sind die »reflektierten Macher«, die sich hier in diesem Buch treffen. Alle packen die Dinge an, betrachten sie von verschiedenen Seiten und entscheiden sich dann für eine Handlung. Sie wählen den aus ihrer Sicht richtigen Zeitpunkt und beobachten genau, was passiert. Hieraus ziehen sie die entsprechenden Schlüsse und entwickeln damit sich und ihr Unternehmen weiter.

Mit wenig viel bewirken

Anzahl der Themen begrenzen

Fokussiert werden insgesamt zwischen zwei und fünf Themen oder Ziele. Die Vorstellung, dass ein Manager eine unüberschaubare Zahl von Bällen in der Luft hält, kann mit diesen Interviews nicht belegt werden. Fünf Themen werden hier als obere Grenze betrachtet. Alle Befragten zeigen sich sehr fokussiert und können die Themen, die sie gerade voranbringen wollen, sofort benennen. Sie verfügen über eine gute, direkt abrufbare Übersicht über diese Themen und machen nicht den Eindruck, sich zu verzetteln. Im Gegenteil: Es scheint eine Stärke dieser Topleute zu sein, einen klaren Fokus in das Unternehmen hineinzutragen und sich mutig mit diesen Themen zu positionieren. Das erfordert nach den Berichten auch immer wieder Nachdruck und Überzeugungskraft gegenüber dem Managementteam. Und gleichzeitig muss man in der oberen Etage eine gewisse Flughöhe einhalten. Sich mit den Details zu beschäftigen, wird nicht unbedingt als hilfreich angesehen.

Am Ball bleiben

Die Auswahl der Fokusthemen bleibt über einen mittleren Zeitraum hinweg stabil und wird auch durch aktuelle Marktereignisse nicht gänzlich verändert. Man versucht, Kompromisse zu finden. Möglicherweise werden in schwierigen Zeiten manche Ziele zunächst zurückgestellt, um die aktuelle Situation zu managen. Sie werden aber sofort weiterverfolgt, wenn für die kurzfristigen Probleme Ansatzpunkte und Lösungen gefunden wurden.

Handeln ist besser als nicht handeln

Die Entscheidungsfreude im Hinblick auf die Fokusthemen und auf das Tagesgeschäft ist bei allen Interviewpartnern sehr hoch. Keiner der Befragten trifft unüberlegte Ad-hoc-Entscheidungen. Haben die Themen aber Entscheidungsreife, dann wird auch entschieden und der Entschluss wird umgesetzt. Dass eine Entscheidung auch einmal falsch sein kann, nehmen alle Beteiligten in Kauf. Sie präferieren überwiegend relativ schnelle Entscheidungen und finden sogar falsche Entscheidungen besser als keine Entscheidungen.

Komplexität verstehen

Alle Faktoren beachten

»Nur« aufgrund einer veränderten aktuellen Marktlage würden die meisten Interviewpartner die grundlegenden Strukturen und erfolgreichen Strategien nicht sofort zur Seite legen. Gute Zahlen und schlechte Zahlen sind nicht immer von richtigen oder falschen Strategien und Strukturen abhängig. Auch lässt sich die Ursache für Erfolg oder Misserfolg nicht immer genau feststellen. Es scheinen immer viele Faktoren zu sein, die einen unternehmerischen Erfolg beeinflussen, und durch eine neue strategische und damit strukturelle Ausrichtung ist kein weiterer Erfolg programmierbar. Zu viele Faktoren beeinflussen das Geschehen innerhalb und außerhalb des Unternehmens. Dieser hohen Komplexität sind sich die meisten Interviewpartner bewusst und versuchen deswegen auch nicht, eine komplexe Struktur mit einfachen Eingriffen zu kontrollieren. Einfache Lösungen, die nur im ersten Schritt eine positive Wirkung zeigen, lehnen alle Beteiligten ab.

Sieben Punkte für einen guten Fokus

Wenige Themen konsequent fokussieren

Sich für vieles interessieren

Intuition schärfen

Komplexität verstehen

In Wirkzusammenhängen denken können

Für Überzeugungen einstehen

Jedes Feedback nutzen

Energie

Etwas bewegen wollen

Die befragten Manager legen ihre Energie in teilweise sehr unterschiedliche Themen. Genannt wurden zum Beispiel Wachstum, Unternehmenskultur, Mitarbeiterentwicklung und Prozesse. Diesen Themen ist der Gedanke gemeinsam, darüber etwas bewirken zu können. Es ist allen Interviewten wichtig, etwas zu bewegen. Sie möchten beobachten können, wie die Impulse, die sie in das Unternehmen hineingeben, zu Erfolgen entwickelt werden.

Die meisten interessieren sich vor allem für neue und interessante Themen, in die sie viel Energie investieren. Läuft ein Thema, können sie sich auch gut wieder zurücknehmen und Verantwortung abgeben. Sie schieben gewissermaßen die richtigen Dinge an und betrachten dann aus der Distanz die Wirkung auf die anderen Bereiche und auf den Markt.

Menschen bringen den Erfolg

Menschen als Dreh- und Angelpunkt

Neben der Geschäftsentwicklung stehen bei den Befragten die Menschen ganz oben auf der Liste der Themen, in die sie immer wieder gerne Energie investieren. Aus Sicht der Führungskräfte findet die Differenzierung des Unternehmens über die Menschen statt. Erst der Mensch macht das Unternehmen aus, denn »sonst ist es nur ein Gebäude«, wie ein Interviewpartner so anschaulich formulierte. Menschen sind der Dreh- und Angelpunkt.

Alle Interviewpartner betonen immer wieder, dass sie ohne Menschen nichts erreichen können. Sie arbeiten mit Menschen, überzeugen Menschen und holen sich Feedback von Menschen. Für Menschen investieren sie Zeit und Energie. Besonders wichtig ist ihnen auch die Schnittmenge zwischen den Zielen der Menschen und den Zielen des Unternehmens.

Leidenschaft als Erfolgsmotor

Wie Leidenschaft entsteht

Menschen sind auch in vielen Fällen der Grund für die Leidenschaft, die Top-Manager beim Arbeiten empfinden. Sie wissen, dass sie für Menschen arbeiten und im Auftrag von Menschen arbeiten. Ein wesentlicher Punkt für die Leidenschaft ist auch der Spaß an der Aufgabe. Die meisten formulierten so etwas wie: »Ich habe das große Glück, genau den Job zu haben, der mir Spaß macht.« Alle betonen, dass die Arbeit an sich motiviert, weil sie sich genau an der richtigen Stelle fühlen. Die befragten Personen glauben fest daran, durch ihr Tun eine positive Wirkung erzielen zu können. Etwas gestalten zu können, das dem eigenen Wertesystem entspricht, ist in diesem Zusammenhang von besonderer Bedeutung. Das macht dauerhaft zufrieden und leistungsfähig. Das Gefühl der persönlichen Freiheit und Unabhängigkeit wird von den Befragten immer wieder erwähnt. Die Eigenständigkeit im Denken und Handeln, die sie sich erhalten können, hat für sie einen hohen Wert.

Alle Top-Manager spüren die Verantwortung für das Unternehmen und füllen diese mit Leidenschaft aus. Dadurch sind sie in ihrem Tun überdurchschnittlich präsent, was sie glaubwürdig und ausdrucksstark auftreten lässt. Die Leidenschaft ist hier der Erfolgsmotor. Ohne Leidenschaft, so formulierte es ein Befragter, gibt es kein gutes Management. Ohne Energie kein Erfolg, sagte ein Kollege. Bei alldem ist jedoch darauf zu achten, dass die Leidenschaft zum unternehmerischen Erfolg eingesetzt wird. Jeder Tag ist eine Herausforderung, das hält die Befragten jung, frisch und kreativ.

Wirkung erzielen

Rückfluss von Energie

Letztendlich sind es die unternehmerischen Erfolge, die die Personen zufrieden und ausgeglichen machen. Sie erleben sich selbst als kompetent und können ihre Ideen einbringen und umsetzen. Dadurch fließt ein großer Teil der investierten Energie an sie zurück. Manche stehen sogar auf dem Standpunkt, dass insgesamt mehr Energie zurückfließt, als sie aktiv investieren. Die Bilanz stimmt also.

Nicht immer sind die Befragten so erfolgreich, wie sie es sich erhoffen. Das birgt die Gefahr, Misserfolge zu sehr zu fokussieren. Die Top-Manager zeigen überwiegend die Fähigkeit, auf der einen Seite Erfolge nah an sich heranzulassen und zu genießen und auf der anderen Seite Misserfolgen distanziert zu begegnen und emotional nicht darunter zu leiden. Sie benutzen ihre Misserfolge eher als Lehrmeister: Was kann ich aus dieser Situation mitnehmen?

Langfristige Ziele zählen

Am meisten Freude bereitet es den Managern, ihr Unternehmen langfristig wachsen zu sehen. Die kurzfristigen Zahlen und Erfolge sind dabei nicht so wichtig wie langfristige Stabilität und das erfolgreiche Aufnehmen von Trends zur Positionierung. Dafür ist es manchmal notwendig, bestimmte Projekte mit voller Energie zu pushen, ein anderes Mal ist es sehr viel erfolgreicher, zunächst abzuwarten. Wann genau welches Vorgehen das richtige ist, entscheiden die Top-Führungskräfte intuitiv.

Kalkuliertes Risiko

Die Kunst: Risiken ausbalancieren

Die Risikobereitschaft bewegt sich bei allen Befragten in einem kalkulierbaren Rahmen. Ohne Risiken können keine großen Erfolge erreicht werden. Das ist allen klar. Aber »verrückte« Sachen macht auch keiner. Die meisten Führungskräfte schätzen sich selbst als mittelmäßig risikofreudig ein und nehmen sich die Zeit, um Risiken genau zu bedenken und abzuwägen.

Wenn Risiken in Kauf genommen werden, dann bewegen sich diese in einem Rahmen, der ein Scheitern verkraftbar macht. Man legt darüber hinaus im Prozess vertretbare Ausstiegsmöglichkeiten fest. Risiken sind also immer relativ zu ihrer Chance und ihrer Erfolgswahrscheinlichkeit zu betrachten. Bei allem Kalkulieren des Risikos braucht man nach der Meinung mancher Befragter immer noch etwas Glück, um erfolgreich handeln zu können.

Wovon Risikobereitschaft auch abhängt

Es muss natürlich auch immer die Menschen geben, denen man das Risiko vertrauensvoll in die Hände legen kann. In diesem Zusammenhang lässt sich ein neuer Trend feststellen: Wenn der aktuelle Geschäftsführer Mitbegründer des Unternehmens ist, dann nimmt im Laufe der Zeit seine Risikobereitschaft ab. Gerade am Anfang, darin sind sich viele der Befragten einig, braucht man neben guten Analysen und einer hervorragenden Positionierung auch eine gute Portion Glück.

Nach einer Konsolidierung geht es um viel mehr. Und hier darf das Ganze nicht mehr gefährdet werden. Wenn ein Projekt nicht zum Erfolg wird, dann ist das einfach schade. Es kann aber nicht so kalkuliert werden, dass der gesamte unternehmerische Erfolg auf dem Spiel steht. In dieser Frage sind sich alle Interviewten einig.

Verantwortung übernehmen

Jede Entscheidung birgt das Risiko, falsch zu sein. Oft weiß man das aber erst hinterher. Umso wichtiger ist es, dass die Verantwortungsträger auch tatsächlich die Verantwortung für Fehlentscheidungen übernehmen. Nicht zu entscheiden ist für keinen der Befragten eine Alternative.

Mit beiden Beinen auf dem Boden bleiben

Keiner der Top-Manager verliert wirklich die Bodenhaftung. Wenn man nicht mehr mit »wenig« zufrieden sein kann, kann man mit »viel« gar nicht richtig umgehen, lautet die allgemeine Meinung.

Realitäten im Auge behalten

Eine gewisse Bodenhaftung gibt das Beschäftigen mit langfristigen Plänen und Entwicklungen. Das kurzfristige Geld und die kurzfristigen Erfolge können schon mal dazu verleiten, die Realitäten aus den Augen zu verlieren. Laufen die Geschäfte beispielsweise über einen längeren Zeitraum sehr gut, dann gibt es eine Tendenz, die ersten Warnzeichen für einen abnehmenden Umsatz zu ignorieren und zu hoffen, die Turbulenzen mögen sich von alleine wieder glätten. Ein Gegensteuern kann dann etwas zu spät einsetzen. Erfolg macht bequem und lässt den Erfolgreichen schon mal abheben.

Alle Befragten beschreiben sich als Realisten mit natürlicher Bodenhaftung. Ein dauerhaftes »Abheben« passt ihrer Meinung nach nicht zu ihrer Rolle und zu ihrem Image. Dafür schätzen sich alle als viel zu verantwortungsvoll ein. Bodenhaftung übersetzen einige von ihnen auch mit Bescheidenheit und meinen, dass sie sich nicht über andere Menschen stellen möchten. »Wir sind nicht besser als andere«, sagten einige der Interviewten, »nur vielleicht handeln wir einfach konsequenter«, ergänzte eine Führungskraft.

Private Kontakte als Regulator

Viele Interviewte finden in ihrem Leben abseits vom Beruf die notwendige Bodenhaftung. Die Gespräche mit Familie und Freunden erden sie und geben ihnen die Fähigkeit, die wichtigen Tatsachen im Auge zu behalten. Hier stehen der Partner und die Kinder oft besonders im Vordergrund. Personen, die mit dem Business nichts zu tun haben, können manchmal besonders gut die Bodenhaftung wiederherstellen.

Berufliche Kontakte als Regulator

Auch der gute Kontakt zu Mitarbeitern aller Ebenen scheint in diesem Zusammenhang wichtig zu sein. Die Informationen, die im oberen Management ankommen, lassen sich durch ein paar zufällige Gespräche mit der Basis schnell anders interpretieren. Führungskräfte, denen das klar ist, laufen so lange im Unternehmen herum und sprechen mit den Menschen, bis sie tatsächlich einschätzen können, welche Folgen die Umsetzung einer bestimmten Idee haben könnte. Erst dann handeln sie. Aufschlussreich ist auch immer das Gespräch mit Kunden und das punktuelle Eintauchen in das operative Geschäft – wobei man die allgemeine Flughöhe natürlich nicht verlassen darf.

Eine weitere Quelle für Bodenhaftung ist das Feedback der Menschen, die mit den Top-Managern zusammenarbeiten. Für manche ist auch das Feedback anderer Mitarbeiter relevant. Nicht zuletzt ist der eigene Vorgesetzte oder gegebenenfalls ein Mentor oder Coach der richtige Gesprächspartner, um sich selbst immer wieder zu überprüfen und zu justieren.

Zurück zu den Basics

Dass sie ihre Bodenhaftung nicht verlieren, liegt in erster Linie daran, dass alle Interviewpartner genau wissen, was sie wollen. Den meisten ist durchaus bewusst, dass ihr Leben außergewöhnlich ist, und sie versuchen, sich nicht an die Annehmlichkeiten zu gewöhnen. Vielen ist es wichtig, sich auch mit den essenziellen Dinge zu beschäftigen: sich freuen an der Natur, sich freuen am Kontakt mit Menschen, zufrieden sein können mit einer Scheibe Brot. Alle formulierten eine Abscheu vor Arroganz und Überheblichkeit und raten auch jungen Menschen eher zu Bescheidenheit und Leistungsfähigkeit. Einige Interviewpartner berichten auch, dass ihre soziale Herkunft eher bodenständig ist und dass sie schon alleine aus diesem Grund nicht in der Gefahr sind, den Realitätssinn durch Verblendung zu verlieren.

Viele Befragte nannten in diesem Zusammenhang auch die Idee, sich mit anderen Themen als den unternehmensrelevanten zu beschäftigen. Sie möchten sich eine Art Weitblick verschaffen, die eigenen Aufgaben in einen größeren Zusammenhang einordnen. So relativiert sich die Wichtigkeit der eigenen Person und das bringt Menschen, die es nötig haben, wieder mit beiden Füßen auf die Erde zurück.

Sieben Punkte für Energie

Etwas bewegen

Sich mit Menschen beschäftigen

Wirkung erzielen

Mit Leidenschaft und Freude arbeiten

Risiken genau kalkulieren

Auf dem Boden der Tatsachen bleiben

Fehler genau betrachten

Kontakt

Werteorientierung

Die Verbindung zu Menschen ist für alle Interviewpartner eine wichtige Triebkraft. Genannt werden hier Begriffe wie: Offenheit, Achtung, Integrität, persönliches Einbringen, Übernahme von Verantwortung für das eigene Handeln, Ehrlichkeit, Klarheit, Respekt, Berechenbarkeit, Authentizität, Bewunderung für Menschen, Verbindlichkeit, Ernsthaftigkeit, Kommunikation, Konsequenz, Freundlichkeit auch in schwierigen Situationen, Anerkennung von Unterschiedlichkeit, Transparenz, Glaubwürdigkeit, Loyalität, Zuverlässigkeit, auch über unangenehme Dinge sprechen können.

Grundsätzlich: gerne mit Menschen arbeiten

Diese Aufzählung macht deutlich, dass es hier um mehr geht als um eine unverbindliche Zusammenarbeit. Die Zusammenarbeit gelingt nur dann, wenn alle sich gleichermaßen engagieren und miteinander kooperieren. Hier sind insgesamt die Erwartungen und Anforderungen der Führungskräfte an ihr Umfeld sehr hoch. Bewusst ist allen Befragten, dass sie dieses »Mehr« nicht umsonst bekommen, sondern dafür Zeit opfern müssen. Das tun auch alle gerne, wobei sie dabei leicht hinter ihrem eigenen Anspruch zurückbleiben. Der Alltag lässt das aus ihrer Sicht Notwendige manchmal nicht zu. Aber alle sind bemüht, sich dafür Zeit zu nehmen und unabhängig von Hierarchien zu kommunizieren. Keiner der Befragten gibt sich die Aura des unerreichbaren Chefs, den man weder sehen noch sprechen kann. Alle haben Spaß daran, durch ihr Unternehmen zu gehen und sich im direkten Gespräch mit den Mitarbeitern Dinge erklären zu lassen und Neues zu verstehen. Alle Befragten zeigen ein äußerst konsequentes Verhalten für den Fall, dass man nicht zusammenpasst. Wenn bestimmte Grenzen erreicht sind, dann wird eine Verbindung abgebrochen. Das ändert aber nichts an der grundsätzlichen Haltung, die alle formuliert haben: dass sie zunächst allen Menschen offen und vertrauensvoll begegnen.

Sich wohlfühlen mit Menschen

Gute Stimmung ist wichtig

Da die Führungskräfte viel Zeit im Unternehmen verbringen und leidenschaftlich bei der Sache sind, haben sie den Anspruch, sich mit den Menschen, mit denen sie sich am Arbeitsplatz umgeben, wohlzufühlen. Zwar sehen sie auch die Aufgabe, negative Energie zu absorbieren, aber es tut ihnen einfach gut, wenn die Menschen um sie herum ebenso positiv gestimmt sind wie sie selbst und genauso gerne zur Arbeit kommen. Gleichzeitig betrifft dieses Wohlfühlen den Respekt untereinander. Ziel kann es hier nicht sein, geliebt zu werden, darin sind sich viele Interviewpartner einig.

Wertschätzung – mehr als »gut gemacht«

Wie sich Wertschätzung im Unternehmen zeigt, ist sehr unterschiedlich. In einem Unternehmen drückt sich die Wertschätzung durch einen sachkompetenten Rat aus, in einem anderen durch das Übertragen von Verantwortung, in einem dritten über die Diskussion auf Augenhöhe, in einem anderen wiederum durch Vertrauen (ohne Kontrolle). Woanders besteht Wertschätzung darin, sich einfach Zeit für die Menschen im Unternehmen zu nehmen und sich andere Meinungen anzuhören, oder auch darin, seine Briefe selbst zu schreiben und seine Flüge selbst zu buchen. Dabei stehen Vertrauen und Verbindlichkeit neben der persönlichen Anerkennung im Vordergrund. Wertschätzung wird also nach Auffassung der Manager nicht nur durch direktes Feedback vermittelt. Im Grunde genommen halten die meisten Beteiligten dieses direkte Feedback durchaus für relevant und viele erwähnten auch im Nebensatz, dass sie selbst eigentlich mehr Anerkennung und Wertschätzung im direkten Kontakt aussprechen könnten.

Ein wesentlicher Punkt ist, diese Wertschätzung im unternehmerischen Alltag auch auszudrücken. Dafür gehen die Manager erst einmal davon aus, dass jeder in positiver Absicht handelt. Sie versuchen immer, zunächst diese Absicht zu erkennen und zu verstehen, welche Gedanken sich der andere gemacht hat.

Vertrauen und Zutrauen

Erst einmal etwas zutrauen

Vertrauen und Verantwortung haben in allen Unternehmen einen wichtigen Stellenwert. Grundsätzlich gilt die Devise: »Warum soll ich nicht vertrauen?« Für viele Manager ist das eine Art Vorleistung. Sie vertrauen erst einmal, bis sie vom Gegenteil überzeugt werden. Grundsätzlich hat sich für diese Menschen diese Haltung auch bewährt. Die meisten wurden noch nicht oder selten enttäuscht. Sollen sie einmal enttäuscht worden sein, dann ziehen sie nicht den Schluss, dass es nicht gut ist, anderen zu vertrauen. Sie sehen die Enttäuschung vielmehr als Ausnahme und halten an ihrer Wertvorstellung fest. Ohne Vertrauen auf allen Ebenen kann nicht erfolgreich gehandelt werden. Die Top-Manager gehen in der Regel davon aus, dass Menschen immer ihr Bestes geben.

Vertrauen braucht Zeit

Andere Interviewpartner sind der Meinung, dass Vertrauen in der Beziehung zueinander und in der Zusammenarbeit miteinander wächst. Im Laufe der Zeit weiß man einfach, wer welche Fähigkeiten hat und wie man diese Person entsprechend einbinden kann. Beides ist für sie untrennbar miteinander verbunden. Und es ist wichtig, seine eigenen Handlungen an diesen Maßgaben zu überprüfen. Es ist tägliche Arbeit, eine Vertrauenskultur zu etablieren und zu halten.

Insgesamt gibt es die Auffassung, dass gute Mitarbeiter auch gerne und bereitwillig Verantwortung übernehmen. Das zeigt sich insbesondere dann, wenn etwas schiefgeht. Wenn jemand zu einem Fehler steht, haben die Manager vor dieser Haltung mehr Achtung, als wenn jemand sagt, er sei für dieses Thema nicht verantwortlich. Fehler zuzugeben wird als Stärke bewertet. Unternehmerische Wirkung ist aus Sicht der Führungskräfte erst dann möglich, wenn die einzelnen Aufgaben verantwortlich übernommen werden.

Vertrauen wächst durch Zutrauen

Vertrauen ist eine Basisqualifikation. Sollten die Manager feststellen, dass sie Personen an Bord haben, denen sie nicht vertrauen können, dann trennen sie sich lieber von diesen Menschen. Fehler dürfen passieren, aber dass Vertrauen missbraucht wird, möchten die Führungskräfte nicht tolerieren. Sie möchten darüber hinaus auch selbst fähig sein, Fehler korrigieren zu können.

Vertrauen wächst im Unternehmen durch Zutrauen. Wenn die obere Führungsebene den nachgeordneten und auch allen anderen Ebenen im Unternehmen zeigt, dass sie diesen Menschen etwas zutraut, dann steigt die Chance, dass sich diese Personen verantwortlich und im Sinne des Unternehmens verhalten.

Vertrauen und Kontrolle balancieren

Es muss im Unternehmen für die Mitarbeiter natürlich auch erst einmal möglich sein, Verantwortung zu übernehmen. Die Fähigkeit, eigenverantwortlich zu handeln, ist dafür wiederum die Voraussetzung. Ein Vertrauensverhältnis kann nur dann aufgebaut werden, wenn man gemeinsam auf eine erfolgreiche Zusammenarbeit zurückblicken kann. Das kann gelingen, wenn nicht nur delegiert, sondern das Ergebnis auch kontrolliert wird. Eine gute Form der Kontrolle zu finden und gleichzeitig Vertrauen aufzubauen, scheint vielen der Befragten ein empfindlicher Balanceakt zu sein. Vertrauen ja, ist hier die einige Meinung, blindes Vertrauen, nein.

Verantwortung wird in den Unternehmen aber nicht nur nach unten weitergegeben. Die Führungskräfte fühlen sich auch verantwortlich für das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter. Diese Form von Fürsorge liegt vielen der Interviewpartner am Herzen.

Standing, auch wenn es unangenehm ist

Letztendlich, meinen die Manager, ist Verantwortung nicht delegierbar. Die Verantwortung für alle Prozesse und Ergebnisse bleibt immer bei ihnen. Punktuell, im Rahmen einer Aufgabe, ist es möglich, Verantwortung zu übertragen. Die Gesamtverantwortung können sie aber aus ihrer Sicht nicht aus der Hand geben. Verantwortung bedeutet für sie auch, dass das Top-Management stehen bleibt, auch wenn es manchmal unangenehm sein kann, zu etwas stehen zu müssen.

In Bezug auf das eigene Wertesystem gibt es einen ganz klaren Trend: Die Führungskräfte legen einen für sich gültigen Handlungsrahmen fest und suchen sich ein Umfeld, in dem sie damit arbeiten können. Ihre Wertvorstellungen, ihre Beliefs und ihre Persönlichkeit müssen in dieses Umfeld hineinpassen. Sie gehen nicht den umgekehrten Weg, den manche Nachwuchskraft heute geht, und fragen: Was erwartet man von mir? Angehende Führungskräfte sollten sich eher fragen, wie sie selbst funktionieren und in welchem Umfeld sie mit dieser »Funktionsweise« am erfolgreichsten sein können.

Sieben Punkte für einen guten Kontakt zu Menschen

Sich Zeit für Kontakt nehmen

Sich wohlfühlen mit Menschen

Erreichbar sein und bleiben

Sich selbst und anderen etwas zutrauen

Verantwortung übernehmen

Verantwortlich handeln

Ein passendes Umfeld finden

Resilienz

Aus Krisen und Misserfolgen lernen