Der Blick

in den See

Reflexion in Theorie und Praxis

2. überarbeitete Auflage

Mart Rutkowski

Inhaltsverzeichnis

Der Blick in den See – eine

Einstimmung Gebrauchsanweisung für dieses Buch

1.

Ansichten, Grundlagen und Überlegungen für die Erlebnispädagogik

1.1

Eine neue Definition von Erlebnispädagogik

1.2

Aus dem Erlebnis lernen – Ein Ausflug in die Neurophysiologie

1.3

Modell erlebnispädagogischer Prozessplanung

2.

Theoretische Aspekte von Reflexion

2.1

Die Berge sprechen lassen, heißt schweigen – Warum „the mountains speak for themselves“ kein passives Modell ist

2.2

Outward Bound Plus – Darstellung eines Modells und seiner Kritik

2.3

Aktion und Reflexion – Thesen zum Reflexionsbegriff

2.4

Eine Reflexion über Reflexion – Nachdenken über einen Begriff

2.5

Problem Methode – Praktische Parameter zur Auswahl von Reflexionsmethoden

2.6

Praeflexion – Über Sensibilisierung im Vorfeld

2.7

Riten und Rituale als Raum der Reflexion

2.8

Die Frage nach dem Schatten – Wie wir der Oberflächlichkeit entrinnen

2.9

Metaphorisches Arbeiten und was es für die Reflexion bedeutet

2.10

Die Kunst der Frage – Systemische Überlegungen

2.11

Das Sähen der Saat – Tipps zu Gruppenphasen, Gestaltung und Atmosphäre im Reflexionsprozess

2.12

Spezialfall „coole Jugendliche“ – Sprachliche Hinweise

3.

Praxisteil Reflexionsmethoden

3.1

Reflektieren aus dem Handgelenk oder „Wie kreiere ich blitzartig eine Methode?“

3.2

Die Assoziationstechnik oder „Wie finde ich eine Frage?“

3.3

Gestaltung der Methodensammlung

3.4

Kurz und bündig zum Warmwerden

Von Eier- und Sanduhren

Von Streichholz und Wunderkerze

Ein Wort – Ein Satz

Die Keksrolle

Telegramm/SMS schreiben

Gedankliche Momentaufnahme

Gesehen, gehört …

Reflektieren mit Gegenständen

Skalierungen

Gefühlskärtchen

Wetter-Stimmungsbarometer

Smilies

Flaschendrehen

3.5

Struktur gebend und vielfältig

Der Reflexionswürfel

Die Reflexionskamera

Der Reflexionsblumentopf

5-Finger-Reflexion

TZI-Reflexion

4-Seiten-einer-Botschaft-Reflexion

Positionieren zu Aussagen

Schatten und Licht

Kuchen-Reflexion

Die Reflexionsschleife

Oware-Reflexion

3.6

Weit offen und anspruchsvoll

Die offene Runde

Das Johari-Fenster

Der Sprechstab/Talking-Stick

Funneling-Methode

Handy-Reflexion

Zeitstrahl

Papierschiff und Meereskarte

Aufstellen nach Rollen

Fishbowl-Gespräch über die Gruppe

Der Rabe gibt Feedback

3.7

Wenig Worte, viel Effekt

Schreibgespräch

Stundensolo

Naturkunstwerk bauen

Symbol in der Natur finden

Landkarte malen

Das Innere malen

Mandala malen

Ein Haiku schreiben

Rücken an Rücken

Memorykarten

Knet-/Tonfiguren

3.8

Über sich sprechen

Der Mann, der …/die Frau, die …

Von Fahrradteilen

Labyrinth

Die Tasse T

Labeling-Technik

Zweiergespräch

Die Hühnerhof-Methode

Kalenderbilder

4.

Und das war erst der Anfang …

4.1

Hilfskärtchen

4.2

Reflexion … Was bleibt noch übrig …?

Den See hinter sich lassen …

Über den Autor

Verwendete Literatur – Was in dieses Buch so einfloss …

Der Blick in den See – eine Einstimmung

Es ist früh am Morgen. Langsam gehe ich hinunter zum Wasser. Es ist ganz still. Ich setze mich auf den großen Stein am Ufer und schaue um mich.

Ein Wasservogel gleitet über der Oberfläche des Sees durch die Luft, nur um bald fast lautlos zu landen. Kalte Luft. Weiche Morgendämmerung. Ich denke an nichts bestimmtes und doch ist es, als würde vieles in mir sich ordnen und klären, jetzt in diesem kleinen Raum der Zeitlosigkeit, hier am spiegelglatten Wasser. Wie wird der heutige Tag wohl werden? Was wird geschehen?

Nachsinnen über das, was ich heute tun werde. Und: Ist es das, was ich wirklich tun will? Bin ich meiner Vision gefolgt oder schon längst von meinem Weg abgekommen? Ich schaue in die Weite zu den Bäumen, welche noch dunkel am Horizont stehen und schweigen. Ich bin hier. Das ist immer Teil meiner Vision gewesen. Ob ich das, was ich hier tue, auch gut mache?

Gut genug? Ich senke den Blick und er fällt auf die spiegelglatte Oberfläche des Wassers. Ich schaue genauer hin und sehe im Spiegel des Wassers mein Gesicht. Ob ich wohl erfahre, was jenseits davon ist, wenn ich tiefer blicke?

Gebrauchsanweisung für dieses Buch

Dieses Buch versucht Antworten auf all die vielen Fragen zu geben, die man uns in den letzten Jahren zum Thema Reflexion gestellt hat. Oftmals waren die Fragestellenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer1 unserer erlebnispädagogischen Weiterbildung. Sie wollten alles mögliche wissen:

„Wie bist Du in der Reflexion auf die Frage gekommen?“, „Woher weißt Du, welche Reflexionsmethode Du wann einsetzt?“, „Warum hast Du Dich an der Stelle gegen eine Reflexion entschieden?“, „Wann findest Du, sollte man eine Methode wie den Sprechstab besser nicht einsetzen?“ „Woher weiß ich, was ich in der Reflexion eigentlich will?“

Immer wieder kämpfen und ringen Erlebnispädagogen mit der Reflexion – Anfänger wie Profis. Und für Menschen am Anfang der erlebnispädagogischen Arbeit wie für alte Hasen ist dieses Buch geschrieben.

Im ersten Teil des Buches werde ich einige grundlegende Überlegungen zur Erlebnispädagogik anstellen: Ich werde Definitionen von Erlebnispädagogik betrachten, eine weitere Definition dazu stellen, Erkenntnisse über erfahrungsorientiertes Lernen zusammenfassen und über prozessorientiertes Arbeiten sprechen.

Diese Grundlagen sind maßgebliche erste Schritte, um dem eigentlichen Gegenstand dieses Buches näher zu kommen: der Reflexion.

Was ist Reflexion überhaupt? Woher weiß ich, – oder glaube zu wissen – welche Methode sich eignet? Welche Parameter ermöglichen mir unmittelbar vor der Reflexion zu entscheiden, welche Methode ich verwende?

Welche Fragen sind wichtig? Welche Fragen führen zu nichts? Und wie funktioniert die Verzahnung der Reflexion mit dem Frontloading und der Rahmengestaltung? Der zweite Teil dieses Buches versucht Grundlagen der Reflexion zu erforschen – denn die beste Methode nützt nichts, wenn sie nicht zur Situation passt. Dabei werde ich viele anschauliche Beispiele aus unserer erlebnispädagogischen Praxis einfließen lassen.

Im dritten Teil des Buches, einem ausführlichen Praxisteil, stelle ich meine persönlichen Lieblingsmethoden vor und erläutere detailliert, wie, wann und warum ich sie einsetze – und welche Tücken und Fallen jede Methode hat.

Ich will dabei ins Detail gehen und auch Altbekanntes neu betrachten.

Auch wenn es viele grundlegende Fragen diskutiert, versteht sich dieses Buch als Praxisbuch. Als solches ist es sicher mehr Erfahrungsbericht als wissenschaftliche Untersuchung, mehr Impulsgeber als Nachschlagwerk.

Es wird keine universellen Wahrheiten vermitteln – aber mit etwas Glück zu spannenden fachlichen Diskussionen anregen.

Hier ein paar Worte dazu, wie dieses Buch zu lesen ist.

Der Aufbau des Buches versucht eine Gedankenentwicklung von vorne nach hinten – von den Theoriegrundlagen hin zur Praxis. Ein tieferes Verständnis des Praxisteils wird daher sicher über die vorherige Auseinandersetzung mit der Theorie gewährleistet.

Die Themen verzahnen sich jedoch wechselseitig miteinander. Und warum nicht einfach mit den Kapiteln anfangen, die einen am meisten interessieren? Hier also die Aufforderung: Wenn man das Buch ganz durchliest, ist die Reihenfolge, in der man die Kapitel liest, egal. Ist das nicht erfrischend?

Nun noch ein paar Worte zu einer kleinen sprachlichen Schwierigkeit in diesem Buch: Es war schwer herauszufinden, wessen Buch es eigentlich ist und aus wessen Perspektive das Buch geschrieben wird.

Am Rechner sitze zur Zeit ich, Mart Rutkowski, und wenn ich in diesem Buch „Ich“ schreibe, betone ich damit meine ganz persönlichen, subjektiven Eindrücke, Meinungen und Erfahrungen. Manchmal ist aber auch von „wir“ und „uns“ die Rede – dann wird zumeist von Erfahrungen gesprochen, die das Leitungsteam unseres Vereins SnakeTeam e.V. in seiner konkreten Arbeit gemacht hat. Diese Erfahrungen sind durch lange Zeiträume intensiver Reflexion, Literaturrecherche, Prozessanalyse und Selbstevaluation gestützt. Um alles noch komplizierter zu machen, wird manchmal auch ein verallgemeinerndes „Ich“ oder „Wir“ zu lesen sein: Hier ist die Rede von dem „Ich, das Erlebnispädagoge zu sich sagt“ oder dem den Leser einbeziehenden „Wir Erlebnispädagogen“.

Dann kommt jetzt noch ein Hinweis zu Fußnoten in eben einer solchen Fußnote2 (siehe unten).

An dieser Stelle möchte ich noch einigen Menschen danken: Rebekka für das langjährige gemeinsame Reflektieren unserer Arbeit und für diverse Theorie welche dieses Buch bereichert, Anke Makowka für gute fachliche Gedanken und die Keksrollenreflexion, Luise Germer für Impulse zum Kapitel über systemische Aspekte, Haiko Nitschke für seine Begleitung und die Weitergabe von Wissen über Riten und Rituale, Michael Rehm und Reinhard Zwerger für deren vielseitige Unterstützung durch kompetenten Rat und interessante Skripte sowie allen Freunden, die sich durch den Urtext zwecks Korrektur und Kritik durchgearbeitet haben.

1 Ich schreibe ab jetzt im Maskulinum weiter und möchte darin alle Menschen eingeschlossen wissen. Sofern ich eine geschlechtsspezifische Besonderheit aufzeigen will, weise ich gesondert darauf hin.

2 Ich liebe Fußnoten. Neben Quellenangaben streue ich in Fußnoten manchmal auch Ergänzungen, „Neben-Gedanken“, Querverweise. Abschweifungen und kleine Witze ein. Anders gesagt: Ich schiebe alles in Fußnoten, was m. E. nicht in den Fließtext gehört und was ich aber trotzdem schreiben will. An diese kleine Marotte müssen sich die Leserinnen und Leser dieses Buches nun wohl oder übel gewöhnen.