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Cover

Vorspann

Die Hauptpersonen des Romans

1.

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19.

20.

Glossar

Impressum

PERRY RHODAN – die Serie

 

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Nr. 2551

 

Das Wunder von Anthuresta

 

Ein merkwürdiges Wesen sucht seinen Meister – und trifft auf die Terraner

 

Michael Marcus Thurner

 

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In der Milchstraße schreibt man das Jahr 1463 Neuer Galaktischer Zeitrechnung – das entspricht dem Jahr 5050 christlicher Zeitrechnung. Seit über hundert Jahren herrscht Frieden: Die Sternenreiche arbeiten daran, eine gemeinsame Zukunft zu schaffen.

Als die Terraner die Transport-Technologie sogenannter Polyport-Höfe, Zeugnisse einer längst vergangenen Zeit, zu entschlüsseln beginnen, tritt die Frequenz-Monarchie auf den Plan: Sie beansprucht die Macht über jeden Polyport-Hof.

Mit Raumschiffen aus Formenergie oder über die Transportkamine der Polyport-Höfe rücken die Vatrox vor, und anfangs scheinen sie kaum aufzuhalten zu sein. Dann aber entdeckt man ihre Achillesferse ausgerechnet in ihrer stärksten Waffe: Die Vatrox verfügen mittels ihrer »Hibernationswelten« über die Möglichkeit der »Wiedergeburt«. Als die Terraner ihnen diese Welten nehmen und die freien Bewusstseine dieses Volkes einfangen, beenden sie damit die Herrschaft der Frequenz-Monarchie.

Allerdings sind damit nicht alle Gefahren beseitigt: Noch immer gibt es Vatrox, darunter den gefährlichen Frequenzfolger Sinnafoch, und mindestens zwei rivalisierende Geisteswesen, die mit dieser fremden Kultur zusammenhängen. Und zwei Drittel des Raumschiffs JULES VERNE mit Perry Rhodan an Bord wurden am Ende der entscheidenden Schlacht vom Handelsstern FATICO wegtransportiert. Die Besatzung gewahrt nunmehr DAS WUNDER VON ANTHURESTA …

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Perry Rhodan – Der Terraner erforscht einen Handelsstern.

Clun'stal Niemand – Ein Kristallwesen wird wiedergeboren.

Lloyd/Tschubai – Das Konzept sieht sich aus dem Konzept gebracht.

Mikru – Ein Avatar verlässt sein Schiff.

Myles Kantor – Der Wissenschaftler ist nur eine Psi-Folie, entscheidet aber womöglich über das weitere Schicksal der JULES VERNE.

1.

Mikru

 

Ich bin eine verlorene Seele.

Eine aus mehrdimensionaler Energie emporgequollene und wieder reduzierte Seele. Der Extrakt von Myriaden von Rechenvorgängen und von so vielen Ideen, wie kein einzelnes Gehirn sie hervorbringen kann.

Ich spreche: Ich kann emotionell gefärbte Sprachbilder erkennen und deuten.

Ich sehe: Ich identifiziere Bilder und ordne ihnen einen Zweck zu.

Ich höre: Ich wandle Töne und Geräusche in akzeptable, in sich stimmige Lautfolgen und erkenne ihren Sinn.

Ich fühle. Ich rieche. Ich ahne. Ich rezipiere. Ich verändere die im hyperdimensionalen Raum spürbaren Energien und forme sie zu Kräften, die im Hier und vor allem im Jetzt nutzvoll sind.

Selbst dem unbedarftesten Lebewesen sollte klar sein, dass ich keineswegs eine Maschine bin, gebunden an eines anderen Vorstellung, an eines anderen Ziele, an einen einzigen Zweck.

In der Vergangenheit wurde ich nur selten wie ein gleichberechtigter Partner behandelt. Als die Halbspur-Changeure die Vorteile einer einstig fruchtbaren Zusammenarbeit vergaßen, verschlechterte sich das Verhältnis zwischen ihnen und mir noch mehr.

Als die Nachfolger der Anthurianer endgültig auf unsere Dienste verzichteten, geriet auch ich in Vergessenheit. Ich wurde abgeschoben. Eingelagert. Konserviert und als Relikt einer längst vergangenen Epoche in einen dunklen Winkel gerückt.

Ich dämmerte dahin. Ungenutzt. Ungebraucht.

Ungeliebt!

Bis mich Perry Rhodan entdeckte und aus meinem Dämmerschlaf riss.

Ich blühte auf, ich fand ein neues Dasein! Denn meinem neuen Besitzer hafteten all jene Komponenten an, die ich für eine gedeihliche Zusammenarbeit benötigte: Klugheit. Erfahrung. Gespür für den Raum. Eine ganz besondere Leidenschaft, in der Erfolge und Verluste mitschwangen, als habe er beides schon oft gekostet …

Leider gibt es viele Dinge, die ich zwischenzeitlich vergessen habe. Sie sind während meines Dämmerns zwischen den Denkkreisläufen verwirbelt und zerrieben worden. Ich bedaure, Perry Rhodan nicht so helfen zu können, wie es mein Potenzial zuließe.

Aber ich ahne, dass er mich wiederherstellen kann. Ich schätze, ehre und liebe ihn dafür und unternehme alles, um ihn von mir zu überzeugen.

Ich bin Mikru und ich bin eine wiedergefundene Seele.

2.

Es oder Er oder Sie

 

Er oder Es oder Sie erwachte. Er oder Es oder Sie beschloss, sich vorerst Clun'stal zu nennen. Dieser Name schien ihm der richtige zu sein.

Er war allein und er fürchtete sich. Er war es nicht gewohnt, allein zu sein. Er war zwar stets der Einzige seines Volkes an diesem Ort gewesen; doch was war mit Fogudare, seinem sonst allgegenwärtigen Herrn und Meister? Warum konnte er ihn nicht wahrnehmen?

Erinnerungen: Sie kehrten zurück. Aber sie waren bloß winzige Brösel. Schlaglichter in einem Land des Schattens. Sie vermochten ihm nicht zu helfen, sich zurechtzufinden und zu verstehen.

Clun'stal wusste nicht, wie viel Zeit seit dem Beginn seines Solitärschlafs vergangen war. Und: Was war Zeit? Sollte man sie irgendwie vertändeln, oder musste man abwarten, bis sie endete?

Seine Dummheit war ihm unangenehm. Clun'stal schämte sich.

Darüber hinaus fühlte er sich schrecklich müde. Am liebsten hätte er all seine Probleme vergessen und hätte aufgehört zu denken. Zu leben.

Es misslang ihm. Er war nun einmal da und er musste mit seiner Existenz fertig werden. Zumal ihn Fogudare bitterdringend benötigte.

Amorphe Müdigkeit durchdrang ihn. Er meinte, sie schon öfter gespürt zu haben. Immer dann, wenn er aus dem Solitärschlaf erwacht war. Und dann diese Kälte … Sie machte, dass er kaum einen zusammenhängenden Gedanken fassen konnte.

»Meister!«, wollte er rufen. Doch es ging nicht. Es funktionierte nicht. Clun'stal hatte keine Stimme.

Warum konnte er Fogudare nicht erreichen? Warum fühlte und schmeckte er ihn nicht?

Clun'stal erinnerte sich. Plötzlich und unerwartet war die Erkenntnis da: Fogudare hatte ihn gemacht. Er hatte ihn genommen und in eine Form gebracht.

Er war verpflichtet, Fogudare zu dienen. Unter allen Umständen.

Warum nur?

Es scherte ihn nicht. Es war immer so gewesen und es würde für alle Ewigkeiten so sein. Weil es richtig war und sich gut anfühlte.

Er wollte wieder ganz werden. Er musste wieder ganz werden. Nur dann würde es ihm gelingen … gelingen …

Clun'stal fiel in einen Schlummer, den nur eine Winzigkeit vom Schlaf, ein Hauch vom Dämmer und ein Atemzug vom Tod trennte. Er trieb dahin, träumte von Dingen, von angenehmen Dingen, von Nichtproblemen.

Nein! Er schreckte hoch. Er durfte sich nicht einlullen lassen! Clun'stal hatte eine Aufgabe zu erfüllen. Er musste Fogudare dienen und ihn umhegen. Nichts anderes zählte. Seine Müdigkeit und die Kälte in ihm durften da keine Rolle spielen, nienimmerlich!

Er versuchte zu sehen, aber es gelang nicht. Noch war er zu wenig ganz. Er musste mehr sein, mehr werden.

Clun'stal war zerstreut und verstreut. Da und dort erahnte er Brösel eines Informationslaibs – ohne zu wissen, wo er sich zurzeit befand. Hatte er überhaupt so etwas wie einen Inhalt oder ein Zentrum? Ein eigenes Ich? Er bestand aus so vielen, vielen, vielen Teilen.

Clun'stals Gedanken verwirrten und verirrten sich. So schwer war es ihm niemals zuvor gefallen, sich selbst zu finden.

Oder?

Er dachte etwas Interessantes: Was war vor dem Solitärschlaf geschehen? Warum hatte er sich völlig auflösen müssen? Etwas Ungewöhnliches musste passiert sein. Schließlich war er für das … Dingsda verantwortlich.

Für das … für das … Talin Anthuresta.

Insbesondere für die Leben spendende Sonne des Wunders von Anthuresta.

Auch wenn er nur die Befehle seines Meisters erfüllte. Fogudare sagte, was zu geschehen hatte, und er führte seine Anweisungen aus.

Aah … Er floss ein wenig zusammen. Er erwachte, und je wacher er wurde, desto besser ging es ihm. Er war wie ein Feuerball, der den Gluthang hinabholperte und weitere Lichtbrocken mit sich riss. Er wuchs so lange, bis er zur Sonne geworden war, die ins Nichts hinausrollte und dort ihren Platz einnahm, im Gewirbel und Getänzel des Universums.

Die Legende vom Gluthang … Warum erinnerte er sich an sie? Sie stammte von anderen. Nicht von seinem eigenen Volk. Falls es das gab. Clun'stal hatte diese Erzählung irgendwann einmal aufgeschnappt und, warum auch immer, trotz der Zerfaserung in seinem geplagten Gedächtnis behalten.

Er fühlte Worte, Gefühle, Zustände, Schriftsätze zurückkehren. Sie machten mehr aus ihm. Oh ja, er wuchs, und je mehr er wuchs, desto munterer fühlte er sich.

Es mussten Äonen vergangen sein, seitdem er in den Solitärschlaf geglitten war. Andernfalls wäre diese Erwachensphase nicht so schmerzhaft vor sich gegangen.

Was waren ihm Äonen? Wem bedeuteten sie etwas?

Clun'stal zitterte.

Er besaß also ausreichend Körpermasse, um zittern zu können. Was wiederum hieß, dass er noch ein wenig Geduld aufbringen musste, um wieder ganz zu werden.

Und wenn er sich niemals wieder richtig zusammensetzen konnte? Wenn Teile von ihm vergangen waren, sich verloren hatten, ohne Erinnerung an seinen eigentlichen Körper?

Fogudare hatte stets verhindert, dass Derartiges geschah. Der Verlust von Körpermasse war nie geschehen.

Nie – war das eine rückwärtige oder zukünftige Denkrichtung?

Sicherte sie davor, dass etwas jemals passierte?

Clun'stal konnte lauschen; ja, das konnte er. Aber nun, da er darüber nachdachte, wurde ihm bewusst, dass er diese Gabe endlich richtig einsetzen musste. Bislang hatte er alles ungefiltert in sich aufgenommen. Nun war es an der Zeit, sich Ziele zu setzen.

Er strengte sich an und dachte: Ich möchte dich fühlen, Fogudare!

Keine Antwort. Keine Resonanz. Der Meister war nicht da.

Er blieb allein, sosehr er sich auch anstrengte.

Clun'stal wollte angststrahlen. Und schreien. In Gedanken und Schallwellen und Farben und Berührungen und Auren und Gerüchen und Geschmäckern und … Es gelang ihm nicht, weil Fogudare nicht da war und weil er seine Hilfe benötigte und weil er nicht wusste, was er tun sollte, und weil er sich selbst wieder verlor, kaum dass er ein wenig an Substanz zugenommen hatte …

Ohne Fogudare war er ein Nichts. Ein Niemand.

Clun'stal Niemand.

3.

Perry Rhodan

 

Ich drehte mich im Kreis, immer wieder, und starrte fassungslos auf die Bilder, die mich umgaben.

Ich befand mich im Zentrum einer Darstellung, die mir der Controller der Klasse B lieferte. Sie ließ mich glauben, selbst Teil eines Miniatur-Universums zu sein. Sein Mittelpunkt, sein Anfang und sein Ende.

20.000 Scheibenwelten umgaben mich. Sie ähnelten Wanderer, wo die Superintelligenz ES sich mit zumindest einem Teil ihrer selbst verankert hatte. Dicht an dicht standen die Scheibenwelten in dieser Darstellung, umgeben von Seifenblasen, die an einer unsichtbaren Hülle klebten.

Es war nicht allzu schwer, diese Bilder mit dem Erfahrungsbericht von Pral zu verquicken. Der Schattenmaahk hatte seinen Geist aus dem Körper fließen lassen und war damit auf Reisen gegangen. Er hatte von einer Hohlkugel berichtet, in deren Psi-Gewebe er sich verfangen hatte. »Was hast du bloß getan, ES?«, fragte ich laut, ohne auf Mondra und Lloyd/Tschubai zu achten. Es erschien mir immens wichtig, mich selbst zu hören und zu wissen, dass ich noch bei Sinnen war.

Trotz all der Wunder und der Schrecken, die ich in meinem langen Leben gesehen hatte, hatte es stets Konstanten gegeben. Wanderer war eine davon gewesen. Die Scheibenwelt der Superintelligenz stand für all das Wichtige, das man uns Terranern zugemutet hatte. Gespräche auf Wanderer mit Homunk, Lotho Keraete oder dem Alten selbst waren stets von eminenter Bedeutung gewesen. Wanderer war eine rätselhafte und auf besondere Weise einzigartige Welt gewesen – auch wenn es mehrere Versionen der Scheibenwelt gegeben hatte. Gleichwohl: immer nur eine zur gleichen Zeit, soweit wir das wussten.

Impulse waren von Wanderer ausgegangen, und als MATERIA scheinbar ES auslöschen wollte, hatten Torr Samaho und Cairol es auf Wanderer abgesehen gehabt, denn mit dessen Vernichtung wäre auch ES verweht. Wanderer war von Bedeutung.

Aber nun …

Der Handelsstern ist allem Anschein nach von zwanzigtausend Scheibenwelten umgeben. Wenn meine Vermutung zutrifft, verliert Wanderer seinen Status und wird zu einem Objekt grenzenloser Beliebigkeit.

Mein Kopf schmerzte, und ich fühlte Enttäuschung.

»Perry …«

Mondra zupfte am Ärmel meines SERUNS. Als ich sie anblickte, deutete sie auf Lloyd/Tschubai. Das Konzept hatte sich seit unserer Ankunft nicht vom Fleck gerührt. Es hielt den Kopf gesenkt, heftig atmend. Ihm hatten wir die Reise an diesen Ort zu verdanken. Ihm und einem unbekannten Einfluss, der von weißen Hyperkristallen ausgegangen war.

Ich desaktivierte die Holoanzeigen des B-Controllers. 20.000 Lichtpünktchen rings um mich erloschen. Ich fühlte mich in das schummrige Licht eines Hohlraums zurückversetzt, von denen wir während der letzten Stunden viel zu viele gesehen und erkundet hatten.

Lloyd/Tschubai wankte. Immer heftiger. War die körperliche Anstrengung durch die unzähligen Teleportationen letztlich zu viel für seinen geschwächten Körper geworden?

»Macht, dass … dass es weggeht!«, stammelte das Konzept und streckte einen Arm wie Hilfe suchend nach mir aus.

Ich tat einige Schritte auf meinen Begleiter zu – und stoppte unvermittelt.

Die Hyperkristalle! Sie hatten sich kurz vor unserer Ankunft in diesem Raum von Lloyd/Tschubai gelöst – und kehrten nun zurück! Aus dem Nichts erschien feinster Kristallstaub und blieb an den Füßen und den Oberschenkeln des Konzepts haften. Die trübe weiße Masse tastete sich immer weiter an seinem Körper nach oben.

Lloyd/Tschubai stampfte auf und schüttelte die Beine aus. Er hatte die Augen vor Schreck weit aufgerissen. Er wollte die Firnis abstreifen und abwischen; doch seine Hände tauchten in die Masse ein, ohne sie tatsächlich zu berühren.

Ich überwand meine Abscheu, fiel auf die Knie und griff nach Lloyd/Tschubais Beinen, um ihm zu helfen. Sein Schutzschirm hüllte ihn ein, flackerte, leuchtete rötlich blau, erlosch. Die hyperenergetisch geladene Materie interagierte mit dem Sicherheitssystem des SERUNS. Es stand zu befürchten, dass sie sich auch der Leben erhaltenden Aggregate des Anzugs bemächtigte.

Die Fingerrezeptoren meines Handschuhs ertasteten keinerlei Widerstand. Da war bloß Kälte. Stechende, alles auffressende Kälte.

»Helft mir!« Ich winkte Mondra und Pral.

Während meine Gefährtin ohne zu zögern herbeieilte, blieb der Schattenmaahk stehen. Er wusste wohl, wie gering unsere Erfolgsaussichten waren, und verzichtete auf jegliche Einflussnahme.

Ich zog die Kombi-Waffe und schaltete auf Thermostrahl-Modus mit geringer Hitzewirkung.

Ich zögerte. Sollte ich es wagen? Was wusste ich schon über diese seltsamen Hyperkristalle?

»Nimm es weg! Nimm es weg!«, kreischte Lloyd/Tschubai. Er entzog sich meiner und Mondras Griffe und stürmte mit langen, raumgreifenden Schritten davon.

Ich wollte ihn packen, zurückhalten. Verhindern, dass er neuerlich teleportierte und endgültig im Gewirr der Kavernen und Höhlen verschwand.

Ich veränderte den Waffenmodus auf Paralyse. Es war zu Lloyd/Tschubais Bestem, wenn ich ihn an weiteren Sprüngen hinderte.

Oder?

Halfen ihm die Teleportationen etwa? Konnte er mit ihrer Hilfe den Hyperkristallen entkommen?

»Mach schon, schieß!«, drängte Mondra.

Ich visierte das Konzept an, ließ die Waffe wieder sinken. Selten zuvor war ich derart unschlüssig gewesen.

Du bist übermüdet und von den diversen Psi-Effekten beeinflusst, die euch alle seit Tagen quälen.

Lloyd/Tschubai erreichte eine Reihe von blausilbern glänzenden Kompakt-Aggregaten. Er stieß dagegen, sah sich irritiert um und wankte schließlich nach rechts, auf ein Schott zu. Das Konzept wollte sich hindurchstürzen und irgendwohin entkommen, weg von der pastösen Masse, die an seinen Beinen klebte und mittlerweile bis zu den Oberschenkeln hoch reichte.

Ich unterdrückte einen Fluch und eilte Lloyd/Tschubai hinterher, mit Mondra an meiner Seite. Ich gab meinem SERUN Anweisung, Fesselfelder auszubilden und nach meinem Begleiter »auszuwerfen«.

Er stolperte, fiel der Länge nach zu Boden. Er schrie, stöhnte, ächzte, während die Sandschicht seinen Rumpf erreichte. Sie wuchs immer rascher an seinem Anzug hoch, erreichte blitzschnell Oberkörper und Schultern und Helm und … und …

Lloyd/Tschubais Gesicht war mir zugedreht. Ich sah das Entsetzen in seinen Augen, als die Kristalle den Folienhelm durchdrangen und sich wie eine Anhäufung winziger Ameisen auf seiner Haut festsetzte.

»Schieß!«, forderte Mondra erneut.

Wohin? Wie sollte ich wissen, ob ich meinem Begleiter nutzte oder schadete? Wie würden die Kristalle auf meinen Angriff reagieren?

Mondra erreichte Lloyd/Tschubai vor mir. Sie nestelte ihre Waffe aus dem Halfter und hielt den Lauf an seine Brust gepresst. Ihr Finger krümmte sich. Sie blickte mich an, als wollte sie mein Einverständnis einholen, mir die Verantwortung für ihre Tat aufbürden …

»Nein!«, rief ich. Ich war nun ebenfalls heran – und ich sah, was geschah. »Lass es sein!« Ich nahm Mondra behutsam die Waffe aus der Hand und zog sie mit mir, einige Schritte weg vom Konzept. »Der Kristallstaub löst sich wieder von ihm!«

Die Masse rieselte ab. So als hätte sie bloß ein weiteres Mal von Lloyd/Tschubai kosten wollen und wäre nun endgültig zur Einsicht gelangt, dass er ihr nicht schmeckte.

»Was ist das bloß für ein Zeug?«

Mondra starrte völlig entgeistert auf mehrere Sandhaufen, die neben dem Konzept entstanden. Sie wuchsen zu kristallinen Strukturen zusammen, die wie Ersatzteile eines größeren Etwas wirkten.

Manche Stücke blieben zeigefingerlang und ähnelten auf dem ersten Blick komplizierten DNS-Strängen. Andere wandelten sich zu kinderfaustgroßen Brocken, die mich vage an etwas erinnerten.

Immer mehr Klumpen fanden nun zu größeren Einheiten zusammen. Es war, als würden sie voneinander angezogen werden. Das Gesamtkonstrukt wuchs in die Höhe und wurde zu etwas, das eine schemenhafte Ähnlichkeit mit einem Zweibeiner zeigte.