Jonathan Littell, 1967 in New York geboren, ist in Frankreich aufgewachsen. Für Die Wohlgesinnten erhielt er 2006 den Grand Prix du Roman der Académie Française und den Prix Goncourt. Im Berlin Verlag erschienen außerdem Georgisches Reisetagebuch (2008) sowie Das Trockene und das Feuchte (2009). Weiterhin lieferbar: die Studienausgabe von Die Wohlgesinnten inklusive Marginalienband (Berlin Verlag 2009).

ANHANG

IBV Internationale Bibelforscher-Vereinigung.

Ic: Abteilungsleiter Abwehr innerhalb der Stäbe der verschiedenen Gliederungsebenen, zuständig für Nachrichtendienst und Feindlage.

IdS Inspekteur der Sicherheitspolizei und des SD, siehe auch RSHA.

IKL (Inspektion der Konzentrationslager): Das erste Konzentrationslager wurde am 20. März 1933 in Dachau eingerichtet, weitere folgten. Nach der Ausschaltung der SA-Führung im Juni 1934 wurden die Lager der direkten Befehlsgewalt der SS unterstellt. Der amtierende Lagerkommandant von Dachau, SS-Obergruppenführer Theodor Eicke, wurde am 7. Juli 1934 zum »Inspekteur der Konzentrationslager« ernannt, am 10. Dezember 1934 richtete man ihm die dazugehörige Dienststelle »IKL« ein. Sie residierte zunächst in Oranienburg, und Eicke, der bereits einen Organisationsplan für die Lager erstellt hatte, wurde von Himmler mit der Reorganisation aller Lager beauftragt. Das »System Eicke«, das sich im Laufe des Jahres 1934 etablierte und bis in die ersten Kriegsjahre hinein währte, zielte auf die psychische, bisweilen auch physische Vernichtung der Lagerinsassen ab. Die von ihnen geforderte Zwangsarbeit diente eher der Drangsalierung und gehorchte noch nicht den brutalen Gesetzen der »Vernichtung durch Arbeit«. Anfang 1942 – Deutschland verstärkte nach dem Stocken des Russlandfeldzugs seine Kriegsanstrengungen und auf der Wannsee-Konferenz im Januar 1942 wurde die »Endlösung« beschlossen – gelangte Himmler zu der Erkenntnis, dass das von Eicke entwickelte System nicht mehr dieser veränderten Lage angemessen sei, die eine maximale Nutzbarmachung der Arbeitskraft der Häftlinge vor ihrer Vernichtung verlangte. Im März 1942 wurde die IKL dem SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt (WVHA) unterstellt, und zwar als Amtsgruppe D mit ihrerseits vier Abteilungen: D I – Zentralamt; D II – Arbeitseinsatz der Häftlinge; D III – Sanitätswesen und Lagerhygiene; D IV – KL-Verwaltung. Diese Umstrukturierung hatte nur mäßigen Erfolg: SS-Obergruppenführer Oswald Pohl, dem Chef des WVHA, gelang es zu keiner Zeit vollständig, die IKL umzubilden oder deren Stammpersonal auszuwechseln. Die Spannungen zwischen der politischpolizeilichen Funktion der Lager und ihrer wirtschaftlichen Aufgabe hielten bis zum Sturz des nationalsozialistischen Regimes an und wurden dadurch verschärft, dass zwei Lager (Auschwitz und Lublin – geläufiger unter dem Namen Majdanek) unter der Aufsicht des WVHA einen Vernichtungsauftrag hatten.

Kgf Kriegsgefangener.

KL (Konzentrationslager): Zeitgenössische offizielle Abkürzung für Konzentrationslager. In der heutigen Forschung sind beide Abkürzungen – KL und KZ – gebräuchlich. Bis Kriegsende existierten 22 Hauptlager und über 1200 Außenlager bzw. Außenkommandos. Zunächst entstanden, um politische Gegner und »rassisch Minderwertige« einzusperren und zu drangsalieren, zu foltern und auch zu ermorden, entwickelten sie sich während des Krieges immer mehr zum Reservoir für menschliche Arbeitskraft, die vor allem der Rüstungsindustrie zur Verfügung gestellt wurde.

Ab 1941 und im Zuge der angestrebten »Endlösung« entstanden die Vernichtungslager, ein Begriff, der sich erst nach dem Krieg einbürgerte, während zeitgenössisch aus Tarnungsgründen weiterhin von Konzentrationslagern die Rede war. In den Vernichtungslagern wurde die »fabrikmäßige Tötung« vor allem von Juden, aber auch von Sinti und Roma und russischen Kriegsgefangenen vollzogen. Die Lager bildeten ein in sich hochkomplexes System der Vernichtung und Ausbeutung, das eng mit staatlichen und wirtschaftlichen Instanzen verbunden war.

Die täglichen Pflichten der Lagerleitung oblagen einer der vom Lagerkommandanten beaufsichtigten Abteilungen, der Abteilung III, der ein Schutzhaftlagerführer – oder kurz Lagerführer – und dessen Stellvertreter vorstanden. Die mit der Organisation der Häftlingsarbeit beauftragte Abteilung, der Arbeitseinsatz, war der oben genannten Dienststelle unter der Bezeichnung IIIa angegliedert. Die übrigen Abteilungen: I – Kommandantur; II – Politische Abteilung (die Vertreter der Sipo im Lager); IV – Verwaltung; V – Sanitätswesen und Lagerhygiene (für Angehörige der SS und Häftlinge gleichermaßen); VI – Ausbildung und Unterhalt der Mannschaften; VII – SS-Wachmannschaften. Alle diese Stellen wurden von SS-Offizieren oder Unterführern geleitet, doch die Hauptarbeit erledigten die oftmals als »Privilegierte« bezeichneten »Funktionshäftlinge«.

KdO Kommandant der Ordnungspolizei.

KdS Kommandant der Sicherheitspolizei und des SD.

kv Kriegsverwendungsfähig.

Kripo: Chef der Kriminalpolizei von 1937 bis Juli 1944: Reichskriminaldirektor und Generalleutnant der deutschen Polizei, SS-Gruppenführer und zeitweiliger Kommandeur Einsatzgruppe B Arthur Nebe. Siehe auch RSHA.

Lebensborn e.V.: Von Himmler 1935 gegründeter, staatlich geförderter SS-Verein, der sich dem Kampf gegen die Abtreibung verschrieben hatte und sich für eine Steigerung der Geburtenrate einsetzte. Zuständig für die Führung der Waisenhäuser und der Entbindungsstationen für Angehörige oder Lebensgefährtinnen von SS-Mitgliedern, wurden Lebensbornheime auch in einigen der okkupierten Länder – wie in Norwegen oder Frankreich – errichtet; sie nahmen in ihre Entbindungsstationen ledige und nach den NS-Rassebestimmungen »rassereine« Mütter bzw. schwangere Frauen auf. Nach 1941 wurde vom Verein auch die so genannte Eindeutschung »rassisch wertvoller« Kinder – zumeist per Adoption durch linientreue reichsdeutsche Familien – durchgeführt, die teils aus Norwegen, vor allem aber aus Ost- und Südosteuropa stammten und zumeist verschleppt worden waren und/oder von ermordeten Eltern stammten.

Mischlinge: Der Begriff gehörte seit Verkündung der »Nürnberger Gesetze« im November 1935 zum juristischen Vokabular der nationalsozialistischen Rassengesetzgebung, die diesen Status – neben »Ariern« und Juden – in Abhängigkeit von der Anzahl nicht arischer Vorfahren festlegte.

NKWD (Narodny komissariat wnutrennich del, dt. Volkskommissariat für Inneres): Gegründet 1934 (Vorläuferorganisationen unter wechselnden Bezeichnungen seit 1917), zuständig für politische Überwachung und Strafjustiz, Grenzschutz, Hauptverwaltung für Arbeitsbesserungslager (Gulag), unentbehrliches Instrument für Stalin in den Phasen des Großen Terrors der 1930er Jahre; während des Krieges 1941 vorübergehend, ab 1943 endgültig (bis 1946) Herauslösung des NKGB (Volkskommissariat für Staatssicherheit) aus dem NKWD. Nach dem Krieg diverse Umorganisierungen der Zuständigkeiten und wiederum neue Bezeichnungen.

nkv Nicht kriegsverwendungsfähig.

NÖP (russ. Nowaja ekonomitscheskaja politika, NEP): Neue Ökonomische Politik.

NSKK Nationalsozialistisches Kraftfahrer-Korps.

NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt): Mit über 15 Millionen Mitgliedern eine der größten NS-Massenorganisationen.

Oflag Offiziersgefangenenlager.

Osti Ostindustrie GmbH.

OKH (Oberkommando des Heeres): Höchste Kommandound Verwaltungsbehörde des Heeres. Nach Beginn des Krieges und vor allem nach Übernahme des Oberbefehls über das Heer durch Hitler (19.12.1941) büßte das OKH seine Bedeutung ein, übte aber nach wie vor an der Ostfront den Oberbefehl über alle operativen Maßnahmen der kämpfenden Truppe aus; an allen übrigen Fronten hatte das OKW die höchste Kommandogewalt.

Dabei wies das im Osten eingesetzte deutsche Feldheer im Allgemeinen die folgende taktische Gliederung auf:

 

(taktische Gliederung)

(Bez. des Befehlshabers)

(Bez. der Stäbe)

Heeresgruppe

Oberbefehlshaber

Oberkommando

Armee

Oberbefehlshaber (Armee)

Armeeoberkommando (AOK)

Armeekorps

Kommandierender General

Generalkommando (GK)

Division

Divisionskommandeur

Divisionsstab

Regiment

Regimentskommandeur

Regimentsstab

Bataillon/Abteilung

Bataillonskommandeur

Bataillonsstab

Kompanie

Kompaniechef

 

Zug

Zugführer

 

Gruppe

Gruppenführer

 

Von der Division an aufwärts wurden der Truppe speziell ausgebildete Generalstabsoffiziere mit dem Dienstgradzusatz i. G. (im Generalstabsdienst) zugeordnet. Von besonderer Bedeutung waren die Abteilung Ia – operative Planung und Lagebeurteilung, die Abteilung Ib – Planung und Beschaffung von Versorgungs- und Nachschubgütern im weitesten Sinne, die Abteilung Ic – Erkundung und Auswertung der Feindlage. Je größer der militärische Verband, desto umfangreicher auch die Anzahl der Mitarbeiter in den einzelnen Abteilungen, die auf der Ebene der Führungsabteilung noch die Bereiche IIa (Adjutantur bzw. Offizierspersonal) und IIb (Unteroffiziers- und Mannschaftspersonal) umfasste.

Von den jeweils verantwortlichen Offizieren wurde im Alltag und im Schriftverkehr in Abkürzungen gesprochen und geschrieben, zum Beispiel: Ia der Division, Ic des Korps, IIb der Armee.

Oberkommando der Heeresgruppe: Übergeordnete Führungsebene mindestens zweier Armeen.

OKW (Oberkommando der Wehrmacht): Von Hitler per Erlass im Februar 1938 aus dem Wehrmachtsamt im Reichskriegsministerium gebildet. Hitler hatte sich am 4. Februar 1938 zum alleinigen Oberbefehlshaber der Wehrmacht erklärt, und das OKW sollte ihm als »militärischer Stab« dienen, wie es im Erlass hieß. Chef des OKW war bis Kriegsende GFM Wilhelm Keitel (zum Zeitpunkt seiner Ernennung General der Artillerie); das OKW umfasste u. a. den eigentlichen »Generalstab der Wehrmacht«, nämlich das Wehrmachtsführungsamt unter Generaloberst (letzter Dienstgrad) Alfred Jodl. Das OKH, OKL und OKM (die Oberkommandos des Heeres, der Luftwaffe und der Kriegsmarine) waren dem OKW untergeordnet.

Orpo (auch OrPo): Ordnungspolizei. Sammelbezeichnung für alle uniformierten Polizeitruppen, deren oberste Führungsebene als »Hauptamt Ordnungspolizei« im Juni 1936 unter SS-Oberstgruppenführer Kurt Daluege in die SS integriert wurde. Bataillone der Orpo wurden im Rahmen der »Endlösung« bei zahlreichen Massakern eingesetzt.

Ostministerium: Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete, geleitet vom NS-Ideologen Alfred Rosenberg, dem Verfasser des »Mythus des zwanzigsten Jahrhunderts«.

OT Organisation Todt.

OUN (Organisatzija ukrainskich nationalistiw): Organisation Ukrainischer Nationalisten.

Persönlicher Stab des Reichsführers SS: Unter dem SS-Obergruppenführer Karl Wolff eines der Berliner Hauptämter.

Revier: Krankenrevier, Krankenstation; in manchen KL auch als HKB, Häftlingskrankenbau, bezeichnet.

Pak Panzerabwehrkanone.

PK Propagandakompanie.

RKF (Reichskommissariat für die Festigung deutschen Volkstums): Das RKF sollte mittels organisierter »Umsiedlungen« und »Eindeutschungen« bzw. »Germanisierungen« Teile reichsdeutschen Grenzgebietes, vor allem aber okkupierte Länder und Gebiete »ethnisch säubern«. Zum Reichskommissar ernannte sich Heinrich Himmler am 7. Oktober 1939 selbst, nach einem entsprechenden Erlass von Hitler. Die Hauptbetätigungsfelder des RKF – Vertreibung und Vernichtung – waren organisatorisch unauflöslich miteinander verbunden: So übertrug Himmler, sobald das Gebiet um Zamoimageimage als vorrangiges Germanisierungsziel feststand, diese Aufgabe dem SS- und Polizeiführer des Bezirks Lublin, SS-Gruppenführer Odilo Globocnik, der auch die »Aktion Reinhardt« befehligt hatte. In deren Verlauf waren »Tötungsspezialisten« aus der »Aktion T4«, während der Tausende von psychisch Kranken und Behinderten im Reich ermordet worden waren, damit beauftragt worden, Vernichtungslager in Treblinka, Sobibór und Beimageimageec zu errichten und dort bereits ausprobierte Massenmordtechniken (Gaskammern, Einleitung von Kohlenmonoxyd) anzuwenden; die »Aktion Reinhardt« stand insofern in direktem Zusammenhang mit dem RKF, als Teile der zur Vernichtung vorgesehenen Juden sich vorgeblich deshalb in die Lager und die Gaskammern (angebliche Entlausung) zu begeben hatten, weil sie umgesiedelt werden sollten.

RMfRuK (Reichsministerium für Rüstung und Kriegsproduktion): Bezeichnung des Reichskriegsministeriums unter Albert Speer.

Rollbahn: Die provisorische West-Ost-West-Trasse, auf der sich der militärische Güter- und Personenverkehr der Wehrmacht hauptsächlich bewegte. Der Nachschub für die Truppe wurde von den so genannten Fahrkolonnen besorgt, Einheiten in Kompaniestärke. Zuständig auf den verschiedenen taktischen Ebenen des Ostheeres waren die Abteilungen II der Stäbe.

RSHA (Reichssicherheitshauptamt): Nach der »Machtergreifung« am 30. Januar 1933 suchte die SS ihre Sonderrolle durch die Sicherheitsdienste zu erweitern. Nach langen internen Auseinandersetzungen, hauptsächlich mit Göring, gelang es Himmler im Juni 1936, die Kontrolle über alle deutschen Polizeien an sich zu reißen; die neuen politischen Polizeien wurden in gleicher Weise wie die Kriminalpolizei oder die anderen normalen Polizeien in der Orpo zusammengefasst. Diese Polizeien blieben jedoch Einrichtungen des Reiches, die aus dem Reichshaushalt finanziert wurden und deren Angehörige Beamte und damit den Einstellungs- und Beförderungsvorschriften des Reiches unterworfen blieben. Um diese bürokratische Trennung zu überspielen, wurde der Reichsführer SS im Rahmen des Innenministeriums zum Chef der deutschen Polizei ernannt. Die Kripo wurde der Gestapo zugeordnet, sodass damit eine Sicherheitspolizei (Sipo) entstand, die aber eine staatliche Organisation blieb. Der Sicherheitsdienst (SD) blieb weiterhin eine parteieigene Organisation im Rahmen der SS. Auf dem Umweg über eine »Personalunion« wurden Sipo und SD jedoch vereinigt: SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich wurde offiziell Chef der Sicherheitspolizei und des SD und bekam damit eine Dienststellung, die der seines Chefs Heinrich Himmler entsprach. In beiden Fällen waren Parteiämter – denn die SS war ja Teil der Partei- und Staatsämter, die Polizei war nach wie vor eine staatliche Institution – miteinander verbunden.

1939, unmittelbar nach dem Krieg gegen Polen, versuchte man diese seltsame Situation durch Schaffung einer Zwitterorganisation aufzulösen: des RSHA, in das Sipo und SD nach Verschmelzung eingingen und das zum wichtigsten der insgesamt zwölf Hauptämter der SS werden sollte. Die gesamte Verwaltung all dieser unterschiedlichen Organisationen wurde (nach der Umgestaltung 1941) in einem Amt I (Personal) und einem Amt II (Organisation, Verwaltung, Recht) zusammengefasst; der SD wurde geteilt in ein Amt III (Deutsche Lebensgebiete – SD-Inland) und ein Amt VI (Ausland – SD-Ausland). Die Gestapo wurde zum Amt IV (Gegnererforschung und -bekämpfung – Geheimes Staatspolizeiamt). Die Kripo wurde zum Amt V (Verbrechensbekämpfung – Reichskriminalpolizeiamt). Außerdem wurde ein Amt VII (Weltanschauliche Forschung und Auswertung – SD-Ausland) geschaffen. Die Ämter waren überdies jeweils durch eine Reihe von Unterabteilungen strukturiert (Referate); so leitete z. B. der »Organisator der Endlösung«, SS-Obersturmbannführer Adolf Eichmann, das Referat IV B 4 (»Judenangelegenheiten«) im RSHA.

Aber dies alles wurde zu keiner Zeit auf gesetzlicher Grundlage geregelt: Die Ministerialbürokratie verwahrte sich, über die Frage der Finanzierung des SD aus dem Reichshaushalt hinaus, gegen eine Vermischung von Staatsverwaltung und Parteiorganisation. So gab es, obwohl das RSHA de facto existierte, keinen entsprechenden Briefkopf, auch war es verboten, die Bezeichnung im Rahmen der Korrespondenz zu benutzen; Heydrich blieb offiziell der »Chef der Sipo und des SD«.

Der Aufbau des RSHA wurde auf allen regionalen Gliederungsebenen (Oberabschnitt, Abschnitt etc.) beibehalten: in jedem Verwaltungsbezirk fanden sich die Ämter III, IV und V, die allesamt der Verantwortung eines Inspekteurs der Sipo und des SD (IdS) unterstanden. Nach Kriegsbeginn errichtete man dieselben Strukturen in den besetzten Gebieten, wo aus dem Inspekteur allerdings ein Befehlshaber wurde, der bisweilen mehrere Kommandeure der Sipo und des SD (KdS) unter sich hatte.

RUSHA Rassen- und Siedlungshauptamt der SS.

SA (Sturmabteilung): Paramilitärische Verbände der NSDAP, gegründet 1920, die bei dem Aufstieg der Partei und kurz nach der Machtergreifung im Januar 1933 eine bedeutsame Rolle spielten. Im Juni 1934 liquidierte Hitler mithilfe der SS und mit Duldung der zu diesem Zeitpunkt noch so bezeichneten Reichswehr in der »Nacht der langen Messer« die Führungsriege der SA, darunter deren Stabschef Ernst Röhm. Die SA existierte bis zum Ende des Regimes, spielte jedoch – abgesehen von ihrem unheilvollen Einsatz bei den Pogromen der 1930er Jahre bis hin zum Novemberpogrom von 1938 – politisch keine Rolle mehr.

SD (Sicherheitsdienst des Reichsführers SS): 1931 von Himmler geschaffener Nachrichtendienst der NSDAP unter Leitung Reinhard Heydrichs. Ab Mitte der 1930er Jahre innerhalb des Reichs Ausspitzelung und Bekämpfung politischer Gegner sowie Erstellung politischer Stimmungsberichte (»Meldungen aus dem Reich«). Als SD-Hauptamt bzw. Amt III ab 1939 Teil des RSHA und an der Organisierung der Ausbeutung okkupierter Gebiete und Länder beteiligt. In das Amt III gingen ab 1944 große Teile der Abwehr über.

SEk Sondereinsatzkommando.

Sipo (Hauptamt Sicherheitspolizei; Geheime Staatspolizei und Kriminalpolizei). Siehe auch RSHA.

Spieß: Kompaniefeldwebel; Militärjargon für den Leiter des Innendienstes einer Kompanie, gemeinhin besetzt mit einem Portepee-Unteroffizier (Feldwebeldienstgrad).

SS (Schutzstaffel): Die ersten SS-Einheiten wurden im Sommer 1925 im Rahmen der NSDAP gebildet und waren ursprünglich als Leibgarde des Führers gedacht, der bereits um Schaffung eines Gegengewichts zur SA bemüht war. Heinrich Himmler wurde am 6. Januar 1929 zum Reichsführer SS ernannt. Durch ihre spezielle Treuepflicht gegenüber Hitler und aufgrund ihres Selbstverständnisses als NS-Elite setzte sie sich von der SA ab. Bei der Liquidierung der SA-Führung im Juni 1934 (»Röhm-Putsch«) spielte sie eine maßgebliche Rolle. In dem Bemühen, seine eigene Machtstellung zu sichern und auszubauen, gelang es Himmler – ab 1936 Chef der gesamten deutschen Polizei –, die Parteiorganisation ›SS‹ als eine Art staatliche Behörde zu etablieren. Höhepunkt dieser Bemühungen war 1939 die Gründung des RSSH. Dessen Hauptziel – gemeinsam mit elf weiteren SS-Hauptämtern – war die Errichtung eines großgermanischen Reiches sowie die Organisierung der »Endlösung der Judenfrage«.

SSFHA (SS-Führungshauptamt): Stabstelle der Schutzstaffel.

SSPF SS- und Polizeiführer.

Stalag Stammlager (für Kriegsgefangene).

STO (Service du travail obligatoire): Aushebung französischer Zwangsarbeiter zum Einsatz in der deutschen Kriegswirtschaft.

Ustascha: Kroatische faschistische Bewegung, 1929 gegründet.

V A 1: Offizielle Bezeichnung des Referats »Rechtsfragen, internationale Zusammenarbeit und Kriminalforschung«.

Volksdeutsche: Im Gegensatz zu den »Reichsdeutschen« bzw. zu den als deutsche Staatsbürger im Ausland lebenden »Auslandsdeutschen« solche der deutschen Sprache mächtige und in deutschen Kulturkreisen lebende Deutsche, die seit mehreren Generationen in geschlossenen Siedlungsräumen vor allem in Ost- und Südosteuropa ansässig waren. Im Zuge der so genannten »Volkstumspolitik« wurden große Teile dieser »Volksdeutschen« unmittelbar vor und während des Zweiten Weltkriegs umgesiedelt – namentlich aus der Sowjetunion, Rumänien, Bulgarien, Jugoslawien – und erhielten die deutsche Staatsbürgerschaft.

Vomi (Volksdeutsche Mittelstelle): Ein Hauptamt der SS.

WVHA: Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt; eines der zwölf Hauptämter der SS. Es entstand 1942 im Zuge einer umfassenden Umstrukturierung des ökonomisch-administrativen Sektors, der die mit Fragen des Bauwesens und der Materialwirtschaft beschäftigten Gliederungen, die Wirtschaftsunternehmungen der SS und die Inspektion der Konzentrationslager (IKL) umfasste. Unter der Leitung des SS-Obergruppenführers Oswald Pohl, Himmlers grauer Eminenz in Wirtschaftsfragen, umfasste das WVHA insgesamt fünf Amtsgruppen: A (Truppenverwaltung); B (Truppenwirtschaft), verantwortlich auch für Verwaltung und Versorgung der Waffen-SS; C (Bauwesen) als Zusammenschluss aller im Bauwesen tätigen technischen Dienste der SS; D war die umbenannte IKL; W (Wirtschaftsunternehmungen), worin alle Unternehmungen des ungeheuren Wirtschaftsimperiums der SS zusammengefasst wurden, die auf den verschiedensten Gebieten – Bauwesen, Rüstung, Produktion von Gebrauchsgütern, Verlags- und Druckhäuser etc. – tätig waren.

KONKORDANZ DER DIENSTGRADE

SS (ohne Waffen-SS)

Wehrmacht (Heer)

Polizei

Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei

Generalfeldmarschall

SS-Oberstgruppenführer

Generaloberst

Generaloberst der Polizei

SS-Obergruppenführer

General der … (jeweiligen Truppengattung: der Artillerie, der Infanterie etc.)

General d. P.

SS-Gruppenführer

Generalleutnant

Generalleutnant d. P.

SS-Brigadeführer

Generalmajor

Generalmajor d. P.

SS-Oberführer

SS-Standartenführer

Oberst

Oberst d. P.

SS-Obersturmbannführer

Oberstleutnant

Oberstleutnant d. P.

SS-Sturmbannführer

Major

Major d. P.

SS-Hauptsturmführer

Hauptmann (Hauptmann der Kavallerie: Rittmeister)

Hauptmann d. P.

SS-Obersturmführer

Oberleutnant

Oberleutnant d. P.

SS-Untersturmführer

Leutnant

Leutnant d. P.

SS-Sturmscharführer

Stabsfeldwebel

SS-Hauptscharführer

Oberfeldwebel

Hauptwachtmeister

SS-Oberscharführer

Feldwebel

Zugwachtmeister

SS-Scharführer

Unterfeldwebel

Oberwachtmeister

SS-Unterscharführer

Unteroffizier

Wachtmeister

SS-Rottenführer

Stabsgefreiter

Obergefreiter

Rottwachtmeister

SS-Sturmmann

Gefreiter

Unterwachtmeister

SS-Oberschütze

Oberschütze

SS-Schütze (oder: SS-Mann)

Schütze (umgangs sprachlich: Gemeiner oder Landser)

Anwärter

Nun zur Mathematik. Die militärische Auseinandersetzung mit der UdSSR hat offiziell vom 22. Juni 1941 um drei Uhr morgens bis zum 8. Mai 1945 um 23.01 Uhr gedauert, was drei Jahre, zehn Monate, sechzehn Tage, zwanzig Stunden und eine Minute ergibt, abgerundet sind das 46,5 Monate, 202,42 Wochen, 1417 Tage, 34 004 Stunden oder 2 040 241 Minuten (die überzählige Minute mitgerechnet). Für das als »Endlösung« bezeichnete Programm legen wir den gleichen Zeitraum zugrunde: Vorher, als noch nichts entschieden oder systematisiert war, sind die jüdischen Verluste eher zufälliger Natur. Setzen wir unser Zahlenspiel fort: Auf die Deutschen entfallen 64 516 Tote pro Monat oder 14 821 Tote pro Woche oder 2117 Tote pro Tag oder 88 Tote pro Stunde oder 1,47 Tote pro Minute – dies der Durchschnitt für jede Minute jeder Stunde jeden Tages jeder Woche jeden Monats jeden Jahres für die Dauer von drei Jahren, zehn Monaten, sechzehn Tagen, zwanzig Stunden und einer Minute. Für die Juden, die sowjetischen eingerechnet, erhalten wir rund 109 677 Tote pro Monat oder 25 195 Tote pro Woche oder 3599 Tote pro Tag oder 150 Tote pro Stunde oder 2,5 Tote pro Minute für den gleichen Zeitraum. Auf sowjetischer Seite schließlich ergeben sich ungefähr 430 108 Tote pro Monat, 98 804 Tote pro Woche, 14 114 Tote pro Tag, 588 Tote pro Stunde beziehungsweise 9,8 Tote pro Minute, gleicher Zeitraum. Das ergibt unter dem Strich für meinen Tätigkeitsbereich einen Durchschnittswert von 572 043 Toten pro Monat, 131 410 Toten pro Woche, 18 722 Toten pro Tag, 782 Toten pro Stunde und 13,04 Toten pro Minute, und das für alle Minuten aller Stunden aller Tage aller Wochen aller Monate jeden Jahres des gegebenen Zeitraums, der, erinnern wir uns, drei Jahre, zehn Monate, sechzehn Tage, zwanzig Stunden und eine Minute umfasst. Diejenigen, die sich über die überzählige und in der Tat etwas pedantisch wirkende Minute lustig gemacht haben, mögen sich vor Augen halten, dass sie immerhin einen Mittelwert von 13,04 zusätzlichen Toten bedeutet, und sich, wenn sie denn dazu fähig sind, dreizehn Menschen aus ihrem Umfeld vorstellen, die in einer Minute getötet werden. Wir können auch eine Rechnung aufmachen, die das Zeitintervall zwischen jedem Toten bestimmt: Das ergibt für die gesamte Dauer des genannten Zeitraums im Durchschnitt einen deutschen Toten alle 40,8 Sekunden, einen jüdischen Toten alle 24 Sekunden, einen bolschewistischen Toten (die sowjetischen Juden eingerechnet) alle 6,12 Sekunden, insgesamt im Mittel einen Toten alle 4,6 Sekunden. Nun seid ihr in der Lage, euch anhand dieser Zahlen in konkreter Fantasie zu üben. Nehmt beispielsweise eine Uhr zur Hand und fangt an zu zählen: ein Toter, zwei Tote, drei Tote und so fort, alle 4,6 Sekunden (oder alle 6,12 Sekunden, 24 Sekunden, 40,8 Sekunden, falls ihr irgendeine besondere Vorliebe habt), wobei ihr versucht, euch diese Toten vorzustellen, wie sie dort aufgereiht vor euch liegen, eins, zwei, drei … Ihr werdet sehen, das ist eine gute Meditationsübung. Oder nehmt eine andere, aktuellere Katastrophe, die euch sehr nahegegangen ist, und zieht einen Vergleich. Wenn ihr Franzosen seid, dann betrachtet beispielsweise euer kleines algerisches Abenteuer, das eure Mitbürger so tief traumatisiert hat. Ihr habt dort, einschließlich der Unfälle, in sieben Jahren 25 000 Mann verloren: Das entspricht den Toten von einem Tag und knapp dreizehn Stunden an der Ostfront; oder auch den jüdischen Toten von rund sieben Tagen. Die Toten auf algerischer Seite rechne ich natürlich nicht mit: Da sie in euren Büchern und Sendungen so gut wie nie vorkommen, dürften sie für euch wohl keine große Bedeutung haben. Trotzdem habt ihr für jeden eurer eigenen Toten zehn von ihnen getötet, eine beachtliche Leistung, sogar an der unseren gemessen. Ich lasse es damit gut sein, obwohl wir noch lange fortfahren könnten, lade euch aber ein, macht ruhig allein weiter, bis ihr den Boden unter den Füßen verliert. Ich brauche das nicht: Schon lange ist mir der Gedanke an den Tod näher als meine Halsschlagader, wie es so hübsch im Koran heißt. Sollte es euch jemals gelingen, mich zum Weinen zu bringen, werden euch meine Tränen das Gesicht verätzen.

Den Schluss aus alledem finden wir – wenn ihr mir ein weiteres Zitat gestattet, das letzte, ich verspreche es – in einer treffenden Wendung des Sophokles: Nicht geboren zu sein geht über alles. Schopenhauer schrieb übrigens ganz ähnlich, dass es besser wäre, wenn es nichts gäbe: Wer die Behauptung, daß, in der Welt, der Genuß den Schmerz überwiegt, oder wenigstens sie ineinander die Waage halten, in der Kürze prüfen will, vergleiche die Empfindung des Thieres, welches ein anderes frißt, mit der dieses andern. Ja, ich weiß, das sind zwei Zitate, aber es ist dieselbe Idee: In Wahrheit leben wir in der schlechtesten aller möglichen Welten. Gewiss, der Krieg ist vorbei. Wir haben unsere Lehren daraus gezogen, das passiert nie wieder. Doch seid ihr euch wirklich sicher, dass die Menschen daraus gelernt haben? Seid ihr sicher, dass das nie wieder passiert? Seid ihr überhaupt sicher, dass der Krieg vorbei ist? In gewisser Weise ist der Krieg nie vorbei, oder er ist erst vorbei, wenn das letzte Kind, das am letzten Tag des Krieges geboren wurde, wohlbehalten begraben ist, und auch danach lebt er in dessen Kindern und in deren Kindern fort, bis sich das Erbe allmählich verflüchtigt, die Erinnerungen verblassen und der Schmerz abklingt, auch wenn zu dem Zeitpunkt jeder ihn schon längst vergessen hat und all das zu den alten Geschichten zählt, die nicht einmal mehr dazu taugen, Kinder zu erschrecken, schon gar nicht die Kinder der Toten oder derer, die gerne tot wären.

Ich ahne, was ihr denkt: Was für ein schlechter, bösartiger Mensch, sagt ihr euch, kurzum ein in jeder Beziehung übler Typ, der lieber im Gefängnis schmoren sollte, als uns hier – halb unbelehrbarer Faschist, halb reuiger Sünder – seine unausgegorene Philosophie aufzutischen. Was den Faschismus anbelangt, wollen wir doch nicht alles durcheinanderbringen, und was meine strafrechtliche Verantwortung angeht, solltet ihr vorschnelle Urteile vermeiden, ich habe meine Geschichte noch nicht erzählt; zur Frage meiner moralischen Verantwortung schließlich gestattet mir einige Überlegungen. Die politischen Philosophen haben oft dargelegt, dass in Kriegszeiten der Bürger, zumindest wenn er männlichen Geschlechts ist, eines seiner elementarsten Rechte verliert, das auf Leben, und zwar seit der Französischen Revolution und der Einführung der Wehrpflicht, dieses mittlerweile universell oder nahezu universell anerkannten Prinzips. Allerdings haben sie nur selten darauf verwiesen, dass der Bürger gleichzeitig ein weiteres Recht verliert, das vielleicht ebenso elementar und für ihn vielleicht noch existenzieller ist, insoweit es sein Selbstbild als zivilisierter Mensch betrifft: das Recht, nicht zu töten. Niemand fragt euch nach eurer Meinung. Den Menschen, der oben am Rand des Massengrabs steht, hat es in den meisten Fällen ebenso wenig danach verlangt, dorthin zu kommen, wie denjenigen, der tot oder sterbend unten in dieser Grube liegt. Ihr werdet mir entgegenhalten, einen Soldaten im Kampf zu töten sei etwas anderes, als einen wehrlosen Zivilisten umzubringen; das Kriegsrecht erlaube das eine, aber nicht das andere; die allgemeine Moral desgleichen. Abstrakt betrachtet, ist das sicherlich ein gutes Argument, doch trägt es den Bedingungen dieses Krieges nicht im Entferntesten Rechnung. Die nach dem Krieg vollkommen willkürlich eingeführte Unterscheidung zwischen den »militärischen Operationen« einerseits, die denen jeder anderen kriegerischen Auseinandersetzung entsprachen, und andererseits den »Gräueltaten«, die von einer Minderheit sadistischer und kranker Täter verübt wurden, ist, wie ich zu zeigen hoffe, ein tröstliches Fantasiegebilde der Sieger – der westlichen Sieger, müsste ich hinzufügen, denn die Sowjets haben trotz aller Rhetorik immer gewusst, worauf es ankam: Stalin begegnete nach dem Mai 1945 und nach den ersten demonstrativen Betroffenheitsbekundungen der illusorischen »Gerechtigkeit« nur mit beißendem Spott, ihm ging es um die konkreten und praktischen Dinge, um Sklaven und Material für den Wiederaufbau, nicht um Gewissensbisse und Wehklagen, weil er so gut wie wir wusste, dass die Toten blind sind für Tränen und dass man sich für Gewissensbisse nichts kaufen kann. Ich berufe mich nicht auf den von unseren braven deutschen Anwälten so hoch geschätzten Befehlsnotstand. Was ich getan habe, geschah in klarer Erkenntnis der Sachlage, in der festen Überzeugung, es sei meine Pflicht, es sei unumgänglich, mochte es auch noch so unangenehm und betrüblich sein. Der totale Krieg bedeutet auch, dass es den Zivilisten nicht mehr gibt, und zwischen dem jüdischen Kind, das vergast oder erschossen wurde, und dem deutschen Kind, das den Brandbomben zum Opfer fiel, gibt es nur den Unterschied der Mittel; beide Tode waren gleich vergeblich, keiner hat den Krieg um eine einzige Sekunde abgekürzt; doch in beiden Fällen glaubten der Mann oder die Männer, die sie getötet haben, dass er gerecht und notwendig gewesen sei; wem ist ein Vorwurf daraus zu machen, wenn sie geirrt haben? Das gilt auch, wenn wir künstlich unterscheiden zwischen dem Krieg und dem, was der jüdische Rechtsanwalt Lempkin als Genozid bezeichnet hat, wobei anzumerken ist, dass es zumindest in unserem Jahrhundert noch nie einen Genozid ohne Krieg gegeben hat, dass der Genozid jenseits des Krieges nicht existiert und dass es sich bei ihm, wie beim Krieg, um ein kollektives Phänomen handelt: Der moderne Genozid ist ein Prozess, der den Massen für die Massen zugefügt wird. In unserem Fall ist er außerdem ein Prozess, der durch die Erfordernisse der industriellen Produktionsweise strukturiert wird. Wie der Arbeiter nach Marx dem Produkt seiner Arbeit entfremdet wird, so wird der Befehlsempfänger im Genozid oder im totalen Krieg moderner Prägung dem Produkt seines Handelns entfremdet. Das gilt selbst für den Fall, dass ein Mann einem anderen sein Gewehr an den Kopf hält und den Abzug betätigt. Denn das Opfer ist von anderen Männern dorthin geführt und sein Tod von wieder anderen beschlossen worden, und auch der Schütze weiß, dass er nur das letzte Glied in einer langen Kette ist und dass er nicht mehr Skrupel zu haben braucht als das Mitglied eines Erschießungskommandos, das im Zivilleben einen rechtskräftig Verurteilten hinrichtet. Wie der Schütze weiter weiß, ist ein Zufall dafür verantwortlich, dass er schießt, dass sein Kamerad für die Absperrung sorgt und ein dritter den Lastwagen fährt. Allenfalls könnte er versuchen, mit der Wache oder dem Fahrer zu tauschen. Ein anderes Beispiel, der Fülle der historischen Literatur und nicht meiner persönlichen Erfahrung entnommen: die Vernichtung Schwerbehinderter und psychisch Kranker deutscher Staatsangehörigkeit bei der so genannten »Aktion Gnadentod«, die zwei Jahre vor der »Endlösung« eingeleitet wurde. Hier wurden die im Rahmen einer Rechtsordnung ausgewählten Kranken in einem Gebäude von regulären Krankenschwestern in Empfang genommen, registriert und entkleidet; Ärzte untersuchten sie und führten sie in eine Kammer, die hermetisch verschlossen wurde; ein Arbeiter öffnete die Gaszufuhr, andere reinigten die Kammern; ein Polizist stellte die Sterbeurkunde aus. Nach dem Krieg befragt, antwortete ein jeder von ihnen: Ich, schuldig? Die Krankenschwester hat niemanden getötet, sie hat die Kranken lediglich entkleidet und beruhigt, die üblichen Handreichungen ihrer Zunft. Auch der Arzt hat nicht getötet, sondern lediglich eine Diagnose nach Kriterien bestätigt, die von anderen Instanzen vorgegeben waren. Der Hilfsarbeiter, der den Gashahn aufdreht, der Mann also, der in Zeit und Raum dem Mord am nächsten kommt, führt unter der Aufsicht seiner Vorgesetzten und der Ärzte eine bestimmte Verrichtung aus. Die Arbeiter, welche die Kammer säubern, genügen damit einer hygienischen Pflicht, einer höchst abstoßenden noch dazu. Der Polizist nimmt eine Amtshandlung vor, wenn er den Tod beurkundet und anmerkt, dass er ohne Verstoß gegen geltendes Recht eingetreten ist. Wer ist also schuldig? Alle oder niemand? Warum sollte der an den Gashahn gestellte Arbeiter größere Schuld auf sich laden als der Arbeiter, der für die Heizung, den Garten oder die Fahrzeuge zuständig ist? Das gilt für alle Aspekte dieses ungeheuren Unternehmens. Ist beispielsweise der Weichensteller bei der Eisenbahn schuld am Tod der Juden, die er über seine Weichen zum Lager geleitet hat? Dieser Weichensteller ist ein Bahnbeamter, seit zwanzig Jahren macht er die gleiche Arbeit, er stellt seine Weichen nach festen Plänen, er muss nicht wissen, was in den Zügen ist. Es ist nicht seine Schuld, wenn diese Juden durch sein Weichenstellen von einem Punkt A zu einem Punkt B befördert werden, wo man sie tötet. Trotzdem spielt dieser Weichensteller eine entscheidende Rolle im Vernichtungswerk. Ohne ihn könnte der Zug mit den Juden nicht zum Punkt B gelangen. Gleiches gilt für den Beamten, der die Aufgabe hat, Wohnungen für ausgebombte Volksgenossen zu requirieren, den Drucker, der die Deportationsbescheide druckt, den Lieferanten, der Beton oder Stacheldraht an die SS verkauft, den Unteroffizier von der Standortverwaltung, der ein Teilkommando der Sipo mit Benzin beliefert, und den lieben Gott dort droben, der das alles zulässt. Gewiss, man kann verschiedene Ebenen strafrechtlicher Verantwortung relativ exakt festlegen, sodass es möglich ist, einige zu verurteilen und alle anderen ihrem Gewissen zu überlassen, so sie denn eines haben; das ist umso leichter, wenn man, wie in Nürnberg, die Gesetze im Nachhinein macht. Doch selbst dort ist man mit einer gewissen Beliebigkeit vorgegangen. Warum hat man Streicher gehängt, diesen machtlosen Bauernlümmel, und nicht den elenden Lumpen Bach-Zelewski? Warum hat man meinen Vorgesetzten Rudolf Brandt gehängt und nicht dessen Vorgesetzten Wolff? Warum hat man Minister Frick gehängt und nicht seinen Untergebenen Stuckart, der die ganze Drecksarbeit für ihn erledigte? Glück hat er gehabt, dieser Stuckart, hat er sich die Hände doch nie mit Blut, sondern immer nur mit Tinte besudelt. Es sei noch einmal gesagt, der Klarheit wegen: Ich will hier nicht behaupten, ich sei an diesem oder jenem nicht schuldig. Ich bin schuldig, ihr seid es nicht, wie schön für euch. Trotzdem könntet ihr euch sagen, dass ihr das, was ich getan habe, genauso hättet tun können. Vielleicht mit weniger Eifer, dafür möglicherweise auch mit weniger Verzweiflung, jedenfalls aber auf die eine oder die andere Art. Die moderne Geschichte hat, denke ich, hinreichend bewiesen, dass jeder Mensch, oder fast jeder, unter gewissen Voraussetzungen das tut, was man ihm sagt; und, verzeiht mir, die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass ihr die Ausnahme seid – so wenig wie ich. Wenn ihr in einem Land und in einer Zeit geboren seid, wo nicht nur niemand kommt, um eure Frau und eure Kinder zu töten, sondern auch niemand, um von euch zu verlangen, dass ihr die Frauen und Kinder anderer tötet, dann danket Gott und ziehet hin in Frieden. Aber bedenkt immer das eine: Ihr habt vielleicht mehr Glück gehabt als ich, doch ihr seid nicht besser. Denn solltet ihr so vermessen sein, euch dafür zu halten, seid ihr bereits in Gefahr. Gern stellen wir dem Staat – ob er totalitär ist oder nicht – den gewöhnlichen Menschen gegenüber, die Laus oder das kleine Licht. Dabei vergessen wir jedoch, dass der Staat aus Menschen besteht, mehr oder weniger gewöhnlichen Menschen, ein jeder mit seinem Leben, seiner Geschichte, jeder mit seiner Verkettung von Zufällen, die dafür gesorgt haben, dass er sich eines Tages auf der richtigen Seite des Gewehrs oder Dokuments wiederfindet, während andere auf der falschen stehen. Dieser Gang der Ereignisse ist in den seltensten Fällen das Ergebnis einer Entscheidung oder gar einer charakterlichen Veranlagung. Und die Opfer sind in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle nicht deshalb gefoltert oder getötet worden, weil sie gut waren, ebenso wenig wie ihre Peiniger sie aus Bosheit gequält haben. Das zu glauben wäre reichlich naiv; man braucht sich nur in einer beliebigen Bürokratie umzusehen, und sei es die des Roten Kreuzes, um sich davon zu überzeugen. Stalin hat meine These übrigens auf bemerkenswerte Weise unterstrichen, indem er jede Generation von Henkern in Opfer der nachfolgenden Generation verwandelte, ohne dass ihm deshalb die Henker ausgegangen wären. Die Maschinerie des Staates nun ist aus dem gleichen Sand gebacken wie das, was sie Korn für Korn zu Staub zermahlt. Es gibt sie, weil alle damit einverstanden sind, dass es sie gibt, sogar – und häufig bis zum letzten Atemzug – ihre Opfer. Ohne die Höß, Eichmanns, Goglidzes, Wyschinskis, aber auch ohne die Weichensteller, die Betonfabrikanten und die Buchhalter in den Ministerien wäre ein Stalin oder ein Hitler nur einer jener von Hass und ohnmächtigen Gewaltfantasien aufgeblähten Säcke gewesen. Die Feststellung, dass die meisten leitenden Angestellten der Vernichtungsindustrie weder sadistisch noch verrückt waren, ist mittlerweile ein Gemeinplatz. Die Sadisten, die Psychopathen hat es natürlich, wie in jedem Krieg, gegeben, und sie haben unbeschreibliche Gräueltaten begangen, das ist wahr. Wahr ist auch, dass die SS größere Anstrengungen hätte unternehmen können, diesen Leuten auf die Finger zu sehen, obwohl sie es in höherem Maße tat, als gemeinhin angenommen wird; und das ist gar nicht so selbstverständlich: Fragt die französischen Generale, sie hatten ihre liebe Not mit ihren Alkoholikern, ihren Vergewaltigern und Offiziersmördern in Algerien. Doch das ist nicht das Problem. Verrückte gibt es immer und überall. In unseren friedlichen Vororten wimmelt es von Pädophilen und Psychopathen, in unseren Nachtasylen von durchgeknallten Megalomanen; einige werden zum echten Problem, sie bringen zwei, drei, zehn oder gar fünfzig Menschen um – dann zertritt sie derselbe Staat, der sich ihrer im Krieg bedenkenlos bedient, wie blutsaugende Insekten. Doch diese Kranken zählen nicht. Die wirkliche Gefahr – vor allem in unsicheren Zeiten – sind die gewöhnlichen Menschen, aus denen der Staat besteht. Die wirkliche Gefahr für den Menschen bin ich, seid ihr. Wenn ihr davon nicht überzeugt seid, braucht ihr nicht weiterzulesen. Ihr werdet nichts verstehen und euch nur ärgern, nutzlos für euch – wie für mich.

Wie die meisten Menschen habe ich nie zum Mörder werden wollen. Wäre es nach mir gegangen, hätte ich mich, wie gesagt, der Literatur zugewandt. Geschrieben, wenn ich das Talent gehabt hätte, falls nicht, sie vielleicht gelehrt, jedenfalls mit diesen schönen und friedlichen Schöpfungen gelebt, den besten, die menschliches Streben je hervorgebracht hat. Wer würde sich denn aus freien Stücken – die Irren beiseitegelassen – für den Mord entscheiden? Und dann hätte ich gerne Klavier gespielt. Eines Tages, im Konzert, beugte sich eine Dame mittleren Alters zu mir herüber: »Sie sind bestimmt Pianist, nicht wahr?« – »Leider nicht, gnädige Frau«, musste ich bedauernd antworten. Der Gedanke, dass ich nicht Klavier spiele und nie spielen werde, schnürt mir noch heute die Brust zusammen, manchmal mehr als das Grauen, mehr als der schwarze Fluss meiner Vergangenheit, der mich durch die Jahre trägt. Ich werde diesen Gedanken einfach nicht los. Als ich klein war, hat meine Mutter mir ein Klavier gekauft. Es war zu meinem neunten Geburtstag, glaube ich. Oder zum achten. Auf jeden Fall bevor wir nach Frankreich gingen, um bei diesem Moreau zu leben. Monatelang hatte ich sie angefleht. Ich träumte von nichts anderem als davon, Pianist zu werden, ein berühmter Konzertpianist: unter meinen Fingern Kathedralen, schwerelos wie Seifenblasen. Aber wir hatten kein Geld. Mein Vater war seit einiger Zeit fort, seine Konten gesperrt (das begriff ich erst später), und meine Mutter musste sich irgendwie durchschlagen. Doch in diesem Fall hatte sie das Geld aufgetrieben, ich weiß nicht wie, vielleicht gespart oder geliehen, vielleicht hatte sie sich sogar prostituiert, ich weiß es nicht, es ist ohne Belang. Sicherlich hatte sie ehrgeizige Pläne mit mir, wollte meine Talente fördern. So wurde uns an meinem Geburtstag dieses Klavier gebracht, ein schönes Stück. Selbst gebraucht hatte es bestimmt eine hübsche Stange Geld gekostet. Anfangs war ich Feuer und Flamme. Ich nahm Stunden; doch als die Fortschritte ausblieben, war ich rasch ernüchtert und gab auf. Vom Tonleiterüben hatte ich nicht geträumt, ich war wie alle Kinder. Meine Mutter wagte nicht, mir meine Faulheit und mangelnde Ausdauer vorzuwerfen, aber mir war schon klar, dass sie der Gedanke an das viele vergeudete Geld ärgern musste. Auf dem Klavier sammelte sich der Staub; meine Schwester brachte nicht mehr Interesse auf als ich; und ich verschwendete keinen Gedanken mehr daran, ich bemerkte kaum, dass meine Mutter es, sicherlich mit Verlust, wieder verkaufte. Ich habe meine Mutter nie wirklich geliebt, ich habe sie sogar gehasst, aber in diesem Fall tat sie mir doch leid. Allerdings war sie nicht ganz schuldlos daran. Wenn sie konsequent gewesen wäre, Strenge gezeigt hätte, als es notwendig war, hätte es mit dem Klavierspiel vielleicht geklappt, und das hätte mich glücklich gemacht, mir eine sichere Zuflucht geboten. Nur für mich zu spielen, daheim, wäre mir mehr als genug gewesen. Gewiss, ich höre häufig Musik und finde lebhaftes Vergnügen daran, doch das ist nicht das Gleiche, lediglich Ersatz. Genau wie meine Liebesabenteuer mit Männern: In Wirklichkeit, ich bekenne es, ohne rot zu werden, wäre ich lieber eine Frau gewesen. Nicht unbedingt eine Frau, die in dieser Welt lebt und handelt, eine Ehefrau, eine Mutter; nein, eine nackte Frau, die auf dem Rücken liegt, die Beine spreizt, vom Gewicht eines Mannes erdrückt wird, sich an ihn klammert, von ihm durchbohrt wird, in ihm zerfließt und sich in den grenzenlosen Ozean verwandelt, in dem er ertrinkt, eine Lust ohne Ende und ohne Anfang. Es sollte nicht sein. Stattdessen wurde ich Jurist, Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes, SS-Offizier, schließlich Direktor einer Spitzenfabrik. Das ist traurig, lässt sich aber nicht ändern.

Alles, was ich hier niedergeschrieben habe, ist wahr, wahr ist aber auch, dass ich eine Frau geliebt habe. Eine einzige, die aber mehr als alles in der Welt. Nun war aber sie ausgerechnet diejenige, die mir verboten war. Es ist durchaus denkbar, dass ich, als ich träumte, eine Frau zu sein, als ich mir den Körper einer Frau erträumte, immer noch nach ihr suchte, mich ihr nähern wollte, sein wollte wie sie, sie sein wollte. Das ist sehr gut möglich, ändert aber nichts. Von den Typen, mit denen ich geschlafen habe, habe ich nicht einen einzigen geliebt, ich habe mich ihrer bedient, ihren Körper benutzt, das ist alles. Die Liebe dieser Frau hätte mir für ein ganzes Leben genügt. Macht euch nicht lustig: Diese Liebe war vermutlich das einzig Gute, was ich in meinem Leben zustande gebracht habe. All das, so denkt ihr gewiss, klingt ein bisschen merkwürdig für einen Offizier der Schutzstaffel. Doch warum hätte nicht auch ein SS-Obersturmbannführer ein Innenleben haben sollen, Begierden und Leidenschaften wie alle anderen? Von meiner Sorte, die ihr immer noch für kriminell haltet, gab es Hunderttausende; unter ihnen natürlich, wie überall, ganz banale Menschen, aber auch ungewöhnliche: Künstler, hochgebildete Männer, Neurotiker, Homosexuelle, Männer, die ihre Mutter liebten, was weiß ich. Und warum auch nicht? Keiner war typischer als irgendein Mensch in irgendeinem Beruf. Es gibt Geschäftsleute, die guten Wein und Zigarren lieben, Geschäftsleute, die vom Geld besessen sind, und Geschäftsleute, die sich einen Dildo in den After schieben, wenn sie ins Büro gehen, und unter ihrem edlen Zwirn obszöne Tätowierungen verstecken: Derlei erscheint uns selbstverständlich, warum nicht auch bei Angehörigen der SS oder Wehrmacht? Weit häufiger, als man vermutet, stießen unsere Stabsärzte auf Damenunterwäsche, wenn sie die Uniformen der Verwundeten aufschnitten. Die Behauptung, ich sei nicht typisch gewesen, besagt gar nichts. Ich lebte, ich hatte eine Vergangenheit, eine Vergangenheit, die mich belastete und teuer zu stehen kam, aber das kann passieren, und ich lebte sie auf meine Weise. Dann ist der Krieg gekommen, ich diente, ich wurde in schreckliche Ereignisse, in Gräueltaten verstrickt. Ich hatte mich nicht verändert, ich war noch immer derselbe Mensch, meine Probleme waren nicht gelöst, obwohl der Krieg mich vor neue stellte, obwohl diese Schrecken nicht spurlos an mir vorübergingen. Es gibt Männer, für die der Krieg oder sogar das Morden eine Lösung ist, doch ich gehöre nicht zu ihnen, für mich, wie für die meisten anderen Menschen, sind Krieg und Mord eine Frage, eine Frage ohne Antwort, denn wenn wir in die Nacht hinausrufen, antwortet niemand. Außerdem zieht eines das andere nach sich: Ich habe im Rahmen des normalen Dienstes begonnen und dann, unter dem Druck der Ereignisse schließlich, diesen Rahmen überschritten; aber all das hängt zusammen, ist eng miteinander verknüpft: Ob ich ohne den Krieg bis zu diesem Äußersten gegangen wäre, kann man nicht wissen. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht, vielleicht hätte ich eine andere Lösung gefunden. Wir wissen es nicht. Meister Eckhart hat geschrieben, dass ein Engel in der Hölle auf seiner eigenen kleinen Paradieswolke schwebt. Mir war immer klar, dass auch die Umkehrung gilt, dass ein Dämon im Paradies auf seiner eigenen kleinen Höllenwolke schweben würde. Ich halte mich allerdings nicht für einen Dämon. Für das, was ich getan habe, gab es immer Gründe, ob gute oder schlechte, weiß ich nicht, auf jeden Fall aber menschliche Gründe. Die, die töten, sind Menschen wie die, die getötet werden, das ist die schreckliche Wahrheit. Ihr könnt niemals sagen: Ich werde nicht töten, das ist unmöglich, höchstens könnt ihr sagen: Ich hoffe, nicht zu töten. Auch ich hoffte es, auch ich wollte ein gutes und nützliches Leben führen, Mensch unter Menschen sein wie alle anderen, auch ich wollte meinen Teil zum gemeinsamen Werk beitragen. Doch meine Hoffnungen sind getäuscht worden, man hat sich meiner ehrlichen Absichten bedient, um ein Werk zu verrichten, das sich als schlecht und verderblich erwies, und ich habe die dunklen Ufer überschritten, all dies Böse drang in mein Leben, und nichts von alldem kann wiedergutgemacht werden, niemals. Auch die Wörter nützen nichts mehr, sie versickern wie Wasser im Sand, und der Sand füllt mir den Mund. Ich lebe, ich tue, was mir möglich ist, so geht es jedem, ich bin ein Mensch wie jeder andere, ich bin ein Mensch wie ihr. Hört mal, wenn ich es euch doch sage: Ich bin wie ihr!

* Der Autor hat darauf verzichtet, die zahlreichen Ausdrücke und Abkürzungen, die außerhalb eines Kreises von Spezialisten unbekannt sind, zu erklären; daher sind am Ende des Bandes ein Glossar und eine Liste der militärischen Ränge angefügt. (Anm. d. Verl.)