Burnout-Prävention
im Arbeitsleben
Das Salamander-Modell
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Klett-Cotta
© 2013 by J. G. Cotta’sche Buchhandlung
Nachfolger GmbH, gegr. 1659, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
Datenkonvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Printausgabe: ISBN 978-3-608-89127-0
E-Book: ISBN 978-3-608-10640-4
Dieses Buch widme ich
meinen Eltern Ernst und Ilse Fengler,
meinen Geschwistern Ernst, Gerd und Monica
und meinen Kindern Fiona, Filia und Janne
Vorwort
I. Burnout-Prävention: Geschichte, Messung, Perspektiven
Stress, Burnout und Klinische Diagnosen
Schicksale des Burnout-Konzepts
Ferndiagnosen und posthume Diagnosen
Einzelsymptome des Burnout
Messung des Burnout
Verbreitung des Burnout
Fragebogen zum Selbsttest
Selbstverbrenner und Opfer der Umstände
Burnout und Persönlichkeitsmerkmale
Bedingungsgefüge des Burnout
Das Salamander-Modell
Burnout-Prävention als Stufenmodell
Perspektiven für Forschung und Praxis
II. Burnout-Prävention im Salamander-Modell
1. Burnout-Prävention der Person
Lockerung der Stressbiographie
Überprüfung von Idealen
Relativierung von Amt und Arbeit
Dosierung der beruflichen Identifikation
Die sogenannte Arbeitssucht
Kurzkonferenz mit dem Über-Ich
Vom Ehrgeiz zum Anspruch
Die Geschichte vom rechten Winkel
Auskunft unserer Stressorgane
Würdigung von Erkrankungen
Selbstwürdigung
Hilfsbereitschaft mit Augenmaß
Die vier Buchstaben der Selbstfürsorge: N-E-I-N
Sinnbesinnung
Life-Planning
Kunsterfahrung und künstlerische Ausdruck
Introversion und Extraversion
Begegnung mit der Natur
Flow-Erlebnisse
Entspannung, Aktivierung und Harmonisierung
Kurzurlaube
Fachliche Kompetenz
Spiritualität
Brief, Tagebuch, gute Gedanken und Gebet
Hilfen zur Regeneration
Gedankenstopp
Selbstbelohnung
Lektüre
Tages-Resumee
Bewältigungskompetenzen
2. Burnout-Prävention im Privatleben
Liebe und Vertrauen
Selektive Authentizität
Nähe- und Distanzregulierung
Stabilität und Wandel
Balancierte Verantwortung
Zuverlässigkeit im Kleinen
Würdigung der Tätigkeiten
Die 1:5-Regel
Faires Streiten
Risiken beim Aussprechen von Differenzen
Helfende Institutionen bei privaten Problemen
3. Burnout-Prävention in den Zielgruppen-Kontakten
Klärung eigener Empfindlichkeiten
Aneignung geeigneter Bewältigungsstrategien
Bejahte Zielgruppen
Diversifikation der Aufgaben
Lösbare Aufgaben
Differenzierte Rückmeldung
Erfolgserfahrungen
Bejahung von Erholungszeiten
Minipausen
Supervision und Coaching
Arbeitszufriedenheit
4. Burnout-Prävention im Team
Merkmale ausgebrannter Teams
Merkmale guter Teams
Kleinere Arbeitseinheiten
Nähe-Regulierung im Team
Solidaritätserfahrung
Feedback zur Arbeit
Heterogene Team-Zusammensetzung
Stressquellen im Mitarbeiterverhalten
Kommunikation im Team
Lockerung von Subgruppen-Polarisierungen
Guter Ruf des Teams
Messbare Team-Erfolge
Veröffentlichung funktionierender Vernetzungen
Überlastungs-Anzeige
Balancierte Hilfsbereitschaft
Spontanes kollegiales Coaching
Team-Reflexion der Leitungsfunktion
Unterstützungssitzungen im Team
5. Burnout-Prävention durch Vorgesetzte
Belastungs-Selbsttest für Vorgesetzte
Team-Belastungsdiagnostik durch Vorgesetzte
Vorbildfunktion
Gemeinsamer Arbeitsbeginn
Förderung und Forderung in der Probezeit
Anerkennung von Leistungen
Gerechtigkeitsbemühen
Die 1:5-Regel für Vorgesetzte
Monitoring der Gesprächskultur
Rollen-Klärung der Mitarbeiter
Selbstbestimmung im beruflichen Handeln
Verbindliche Arbeitsabläufe
Substrukturen in großen Teams
Wissens-Management im Team
Zielgruppenbezogenes Coaching durch Vorgesetzte
Balance von Konkurrenz und Kooperation
Vorgesetzten-Bindung an jeden Mitarbeiter
Förderung der Team-Kohäsion
Belastungsanalyse
Belastung als Konferenz-Thema
Gratifikationsanalyse
Eigene Standortbestimmung
Zirkuläres Selbstfeedback
Allseitige Loyalität
Mitarbeitergespräch zur Burnout-Prävention
Leitungs-Coaching und Team-Coaching
6. Burnout-Prävention in der Institution
Selbstanalyse in der Institution
Guter Ruf von Institution und Branche
Bejahung und Unterstützung der betrieblichen Mitbestimmung
Mitbestimmung
Organigramm-Analyse
Betriebsklima als Leitungsaufgabe
Soziale Ansprechpartner
Variable Arbeitszeit
Kindergarten- und Kita-Plätze im Unternehmen
Sicherheit der Arbeitsplätze
Betriebsinterne psychosomatische Ambulanz
Klärung von Stress erzeugenden Arbeitsbedingungen
Etablierung einer Burnout-Richtlinie
Räumliche Nähe
Begegnungs-, Sport- und Ruheräume
360°-Feedback
Eigenständige Coaching-Abteilung
Anfängermentorat
Coaching bei internem Stellenwechsel
Einarbeitung von Nachfolgern
Selektive Transparenz bei Prozessen der Umstrukturierung
Gemeinsinn und Hilfsbereitschaft
IT-Hygiene
Förderung von Fortbildung
Teilnahme an Fachkongressen
Realistische Zeitvorgaben
Etablierung von Springerfunktionen
Gewaltprävention
7. Burnout-Prävention in der Gesellschaft
Legislative, Exekutive und Jurisdiktion
Primat der Prävention vor der Krankenbehandlung
Protestbewegungen
Regionale Institutionen
Parameter der gesellschaftlichen Lebensqualität
Schlussbemerkung
Literatur
Es gab für mich mehrere Anlässe, dieses Buch zu schreiben:
In Teil I stelle ich den Stand der Burnout-Forschung einschließlich der wichtigsten Kontroversen dar. Hier stelle ich auch das von mir entwickelte Salamander-Modell der Burnout-Prävention vor. So können Sie sich ein Bild davon machen, wie Sie das Thema Burnout-Prävention nach der Lektüre in Ihr eigenes (Arbeits-)Leben einordnen wollen. Dazu gehören auch ein Selbst-Test sowie weitere praktische Übungen.
Den Hauptteil II habe ich entsprechend den 7 Ebenen des Salamander-Modells in 7 Kapitel untergliedert. Hier geht es um differentielle Belastungsaspekte, an erster Stelle aber um das, was auf jeder der 7 Ebenen praktisch getan werden kann, durch Initiative des Einzelnen wie auch durch institutionelle und politische Entscheidungen, um dem eigenen Burnout-Risiko oder dem anderer Menschen entgegenzuwirken. Dabei können Leserinnen und Leser sich während der Lektüre mobil zwischen den Kapiteln bewegen.
Es ist oft günstig, mit dem Kapitel und mit dem Ausschnitt aus dem eigenen Leben zu beginnen, für den Leidensdruck und Änderungsmotivation am größten sind, und sich dann zu den weiteren Kapiteln gemächlich vorzuarbeiten. Jedes Kapitel enthält zahlreiche Übersichtstabellen und Übungen, anhand derer die Gelegenheit dazu besteht, die eigene spezifische Belastung zu untersuchen und individuelle Burnoutpräventive Maßnahmen zu entwickeln.
Ich habe vielen Menschen zu danken. An erster Stelle haben meine Angehörigen an dem Prozess des Schreibens lebendig teilgenommen und mich immer wieder dabei unterstützt. Viele Gesprächspartner aus Seminaren, Vorträgen und Fortbildungen wie auch aus Psychotherapie- und Coaching-Prozessen haben mir von ihren Erfahrungen mit Burnout-Risiken berichtet. Auf Tagungen und Kongressen hatte ich immer wieder die Gelegenheit, im Diskurs meine Auffassungen vom Thema dem Urteil von Kolleginnen und Kollegen auszusetzen und zu überprüfen. Daniela Wiesmann und Stephanie Natividad haben einzelne Textpassagen geschrieben. Mein Mitarbeiter Oliver Reich hat die Endfassung des Textes erstellt. Frau Dr. Treml vom Verlag Klett-Cotta hat in engem Kontakt mit mir das Projekt begleitet, es dem Verlag gegenüber vertreten und mir wichtige Empfehlungen ausgesprochen. Ihnen allen danke ich für ihre kontinuierliche Zuverlässigkeit und die Qualität ihrer Beiträge.
Ich wünsche Ihnen als Leserinnen und Leser, dass Sie am Ende der Lektüre
Wenn Sie mit mir Kontakt aufnehmen wollen, mit Beispielen, Erfahrungen und auch zum kollegialen Austausch, so sind Sie herzlich dazu eingeladen: joerg.fengler@uni-koeln.de
Jörg Fengler, Köln und Bonn, April 2013
In diesem Kapitel werde ich von dem Konzept Burnout-Prävention in seinen Anfängen, Kontroversen, Kuriositäten und aktuellen Entwicklungen berichten. Dieses Kapitel bildet das Fundament für die sich daran anschließende 7 Kapitel umfassende Darstellung der Burnout-Prävention.
Die Untersuchung der Burnout-Entwicklung beginnt stets mit der Analyse der äußeren und inneren Stressfaktoren, die dazu führen können, dass ein Mensch gefährdet ist. Dabei ist folgender typischer Stressverlauf in Anlehnung an Selye (AAS = Allgemeines Adaptationssyndrom) eine gute Veranschaulichung:
Aus diesem Phasenmodell geht hervor, dass frühe Maßnahmen der Burnout-Prävention in Zeiten, in denen die Funktionsfähigkeit noch ganz oder teilweise erhalten ist, in jedem Fall späteren Interventionen vorzuziehen sind.
Sozialwissenschaftliche Begriffe entwickeln leicht ein Eigenleben, wenn sie hinreichend eingängig sind. Sie werden von Diskussion zu Diskussion weitergegeben und verlieren auf diesem Weg immer mehr den Charakter von Versuchen der Annäherung an Erfahrungen. Stattdessen gelten sie am Ende als erwiesene Tatsachen und gewinnen normative Bedeutung.
Ich werde aus diesem Grund von ausgewählten wissenschaftlichen wie auch gesellschaftlichen Episoden berichten, die für das gegenwärtige Verständnis des Burnout von Bedeutung sind. Wo ich Jahreszahlen nenne, beziehe ich mich u. a. auf Burisch (2006, S. 6 ff.), ergänze dessen Ausführungen aber auch durch eigene Beobachtungen. Eine genaue zeitliche Lokalisierung ist nur in einem Teil der Fälle möglich.
Dies ist der gegenwärtige Stand der Dinge. In Abschnitt 15 dieses Kapitels werde ich die Aufgaben nennen, vor denen Forschung und Praxis der Burnout-Prävention nunmehr stehen.
In den 90er-Jahren begann die Presse, Prominente aus Sport und Showgeschäft mit Ferndiagnosen einer Burnout-Erkrankung (!) zu belegen. Sportler mit Minderleistungen; Sängerinnen, die Auftritte abbrachen; Filmschauspieler, die betrunken am Set erschienen, waren willkommene Adressaten solcher journalistischen Enthüllungen.
Ich sammelte zunächst aus Neugier die Namen der so »diagnostizierten« Personen. Als die Liste aber immer länger wurde, wurde mir der Charakter der Grenzüberschreitung und Sensationssuche dieser Spekulationen klar, die gewiss nur wenig oder nichts über die betreffenden Personen aussagten, aber viel über die Journalisten, die mit diesen Meldungen eine große Leserschaft anzusprechen hofften.
Mittlerweile werden auch bereits Verstorbene noch posthum mit der Diagnose Burnout versehen (vgl. Burisch 2006):
Diese posthumen Ferndiagnosen sind natürlich mit einer psychiatrisch-psychotherapeutischen Berufsethik auf keine Weise vereinbar. Ausnahmen sollten nur dann gelten, wenn sie im Kontext einer wissenschaftlichen Fragestellung ausgesprochen werden. Dies gilt übrigens in gleicher Weise, wenn lebende Prominente durch Psychiater und Psychotherapeuten mit Diagnosen belegt werden.
Anders stellt sich die Sache dar, wenn eine Person sich selbst mit einer psychischen Beeinträchtigung oder Störung outet, und auch, wenn Angehörige sich entsprechend äußern, wie dies z.B. nach der Selbsttötung des Hannoveraner Fußball-Torwarts Robert Enke geschah. In solchen Fällen mag durch die Mitteilung eine Diskussion angestoßen werden, die Information vermittelt, Schamschwellen senkt und Präventionsmaßnahmen anregt.
An welchen Erlebens- und Verhaltensweisen das Burnout zu erkennen ist – darüber besteht noch keine Einigkeit unter den Fachleuten. Burisch (2006) stellt eine Liste von Symptomen vor, die er den folgenden sieben Bereichen zuordnet:
An dieser Liste ist erkennbar: Die Einzelsymptome sind heterogen, hinterlassen aber oft bei dem Betreffenden selbst und auch bei Menschen aus seiner näheren Umgebung den starken Eindruck, dass sich irgendetwas schwer Fassbares im Leben des Betreffenden zum Schlechteren verändert habe und dass eine Hilfestellung von außen notwendig sei, um dem Betreffenden nachhaltig helfen zu können. Dem steht ein Bedenken gegenüber: Alle genannten Einzelmerkmale können auch im Zusammenhang mit anderen Krisensituationen auftreten und weisen nicht linear und zwingend auf ein Burnout hin. Das ist richtig. Es muss uns aber nicht zur Untätigkeit veranlassen oder gar zwingen. Vielmehr ist diese Feststellung eine Einladung dazu, auf vorschnelle Burnout-Etikettierungen zu verzichten, das Risiko einer Burnout-Entwicklung bei dieser Person aber doch im Auge zu behalten. Ein scherzhafter Arztspruch lautet: Man kann auch Läuse und Flöhe haben. Für unsere Erörterung bedeutet dies: Es kann für die Person eine multiple Belastung vorliegen, die sich aus körperlichen, seelischen und sozialen Komponenten zusammenfügt. Dann ist es durchaus in Betracht zu ziehen, dass ein Burnout einen Teil dieser Fehlentwicklung abbildet.
Verschiedene Instrumente zur Messung des Burnout haben vorerst nicht zu einem gemeinsamen Konsens geführt. Einige von ihnen will ich hier in Form einer kurzen Übersichtstabelle nennen (Tab. 1).
Die Skalen liegen zum Teil in unterschiedlichen Übersetzungen und Versionen vor, was die Übersichtlichkeit nicht gerade vergrößert. Ein kleiner Trost vielleicht: Auch viel komplexere Konzepte wie die Intelligenzmessung sind seit mehr als hundert Jahren in Konstrukt-Operationalisierung, Messtheorie und Validität umstritten und im Fluss. So findet sich der Burnout-Diskurs in dieser Hinsicht in guter Gesellschaft.
Über die Zahl der Personen mit einer Burnout-Diagnose in Deutschland existieren keine gesicherten Angaben. Das ist nicht verwunderlich:
Tab. 1: Messung des Burnout
Testbezeichnung | Skalen |
---|---|
Maslach und Jackson: Burnout Inventory (MBI, 1996) | Emotionale Erschöpfung, Depersonalisation, Leistungsunzufriedenheit |
Aronson et al.: Tedium Measure/ Überdruss-Skala (TM, 1983) | Überdruss |
Schaarschmidt und Fischer: Arbeitsbezogene Verhaltens- und Erlebnismuster (AVEM, 1997) | Subjektive Bedeutsamkeit der Arbeit, beruflicher Ehrgeiz, Verausgabungsbereitschaft, Perfektionsstreben, Distanzierungsfähigkeit, Resignationstendenz bei Misserfolg, offensive Problembewältigung, innere Ruhe und Ausgeglichenheit, Erfolgserleben im Beruf, Lebenszufriedenheit, Erleben sozialer Unterstützung |
Hagemann und Geuenich: Burnout-Screening-Skalen (BOSS, 2009) |
BOSS I: Beschwerden in den Lebensbereichen Beruf, eigene Person, Familie und Freunde; BOSS II: Körperliche, kognitive und emotionale Beschwerden |
In Zeitungsmeldungen werden oft Burnout und Depression zusammengefasst, manchmal werden die Begriffe Burnout und psychische Störung sogar als Synonyme verwendet, und in der Schlagzeile taucht dann nur noch das »Burnout« auf. Oder es wird von der dramatischen Zunahme psychischer Störungen im Arbeitsleben berichtet, während faktisch ja nur die Zahl der ärztlicherseits diagnostizierten und als Begründung für die Frühberentung gewählten psychischen Störungen zur Debatte stehen. In den Zeitungsmeldungen heißt es dann, die Zahl der Burnout-Erkrankungen (!) habe sich innerhalb von drei Jahren verdoppelt, 50 % der Deutschen litten unter Burnout, eine »Volkskrankheit« sei entstanden usw.
Ich habe die ältere Maslach-Version des Burnout-Fragebogens für Seminarzwecke geringfügig modifiziert, um Teilnehmerinnen und Teilnehmern zu verdeutlichen, was im Alltag des Arbeitslebens mit Erschöpfung, gefühlter Leistungsminderung und Entfremdung gemeint ist. Dabei habe ich alle Formulierungen verändert, in denen in einzelnen Items Hinweise auf Helferberufe vorkamen. In Seminaren lade ich manchmal zu einem Selbstversuch ein. Ich weise allerdings darauf hin, dass letztendlich nicht die Zahl der bejahten Items ausschlaggebend für eine Selbsteinschätzung des persönlichen Burnout-Risikos sein sollte, sondern die persönliche Beunruhigung über einzelne Antworten, die der Betreffende selbst an sich wahrnimmt. In diesen Seminaren besteht auch Raum für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Burnout-Konzept, die die Teilnehmerinnen und Teilnehmer letztendlich befähigt, sich ihre eigene Einschätzung von der Bedeutung des Konzepts für sie selbst sowie für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu bilden, für die sie eine Personalverantwortung haben. (Tab. 2)
Tab. 2: Selbsttest zur Einschätzung der eigenen Burnout-Gefährdung
Burnout-Diagnostik 1 = nein, gar nicht 3 = teilweise 5 = ja, sehr ausgeprägt |
||||||
---|---|---|---|---|---|---|
Emotionale Erschöpfung | ||||||
1. | Ich fühle mich durch meine Arbeit emotional erschöpft | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
2. | Ich fühle mich am Ende eines Arbeitstages verbraucht | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
3. | Ich fühle mich schon am Morgen beim Aufstehen müde | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
4. | Den ganzen Tag zu arbeiten strengt mich sehr an | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
5. | Ich fühle mich durch meine Arbeit ausgebrannt | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
6. | Ich fühle mich durch meine Arbeit frustriert | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
7. | Ich habe das Gefühl, zu hart zu arbeiten | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
8. | Arbeitskontakte mit Menschen stressen mich sehr | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
9. | Ich habe das Gefühl, am Ende meiner Weisheit zu sein | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
Entfremdung | ||||||
10. | Ich habe das Gefühl, manche Menschen im Arbeitsleben zu behandeln, als seien sie Objekte | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
11. | Ich bin Menschen und Arbeitsvorgängen gegenüber abgestumpfter geworden | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
12. | Ich fürchte, dass mir meine Arbeit gleichgültiger wird | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
13. | Es interessiert mich nicht wirklich, wie die Ergebnisse meiner Arbeit aussehen | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
14. | Ich habe das Gefühl, dass mir oft die Schuld für Fehler und Versäumnisse am Arbeitsplatz zugeschoben werden | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
Eigene Leistungseinschätzung | ||||||
15. | Es fällt mir leicht zu verstehen, wie meine Vorgesetzten, Kollegen und Mitarbeiter über bestimmte Themen denken | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
16. | Ich gehe erfolgreich mit den mir übertragenen Aufgaben um | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
17. | Ich habe das Gefühl, dass meine Arbeit ein wichtiger Beitrag zur Gesamtaufgabe meiner Firma oder Institution ist | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
18. | Ich fühle mich sehr energiegeladen | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
19. | Es fällt mir leicht, eine entspannte Atmosphäre zu schaffen | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
20. | Ich fühle mich angeregt, wenn ich eng mit anderen Menschen zusammenarbeite | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
21. | Ich habe viele lohnende Ziele bei meiner Arbeit erreicht | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
22. | Bei meiner Arbeit gehe ich mit emotionalen Problemen sehr gelassen um | 1 | 2 | 3 | 4 | 5 |
Burisch (2006) unterscheidet zwei Arten der Burnout-Gefährdung:
Darüber hinaus müssen wir natürlich mit Mischformen rechnen, in denen sich das eine mit dem anderen zusammenfügt. Im Ergebnis können wir annehmen, dass die sog. Selbstverbrenner in manchen Fällen von einem intensiven Coaching oder einer Psychotherapie profitieren könnten, die Opfer der Umstände hingegen an erster Stelle durch Gespräche innerbetrieblicher Art über die Art und Modifizierbarkeit ihrer Belastung.
Es wird immer wieder die Frage gestellt, welche Persönlichkeitsmerkmale zur Burnout-Entwicklung disponieren. Aber hier kommen wir über Spekulationen und allenfalls Plausibilitäten kaum hinaus (Tab. 3).
Solchen Darlegungen gegenüber müssen allerdings ernsthafte Einwände geltend gemacht werden:
Tab. 3: Eventuelle zur Burnout-Entwicklung disponierende Persönlichkeitsmerkmale
Merkmale (Exemplarische Auswahl) | Begründung des Burnout-Risikos |
---|---|
Depression | weil Betroffene sich schon durch kleine Aufgaben überfordert fühlen können |
Histrionische Störung | weil Betroffenen nicht täglich spektakuläre Leistungen gelingen |
Idealismus | weil Betroffene sich ständig überfordern und ihren Idealen doch nicht vollständig gerecht zu werden vermögen |
Narzisstische Störung | weil Betroffenen nie so viel Bewunderung entgegengebracht wird, wie sie meinen, dass diese ihnen zustehe |
Pessimismus | weil Betroffene bei allen Aufgaben davon ausgehen, dass es ihnen nicht gelingen wird, sie zufriedenstellend zu erledigen |
Schizoide Störung | weil Betroffene sich nach Bindung sehnen, aber gleichzeitig dafür sorgen, dass sie nicht gelingen können |
Zwangsstörung | weil Betroffene täglich die Erfahrung machen, dass es die perfekte Lösung für ihre Aufgaben nicht gibt |
Trotzdem sind solche Hypothesen wertvoll. Denn in der Einzelfallberatung kann sich durchaus zeigen, dass sich eine bestimmte Haltung oder Eigenschaft wie ein Roter Faden als wiederkehrende Burnout-Risikofalle durch das Leben des Betreffenden zieht.
Als kleinster gemeinsamer Nenner von Untersuchungen, die eine Determiniertheit des Burnout durch Persönlichkeitsmerkmale oder Persönlichkeitsstörungen prüfen, bleibt also festzustellen, dass Letztere durch ihren starren Charakter die Möglichkeiten einer flexiblen Anpassung an unterschiedliche Anforderungen beeinträchtigen und sich so als wahrscheinlich wiederkehrend auftretende und spezifische Stressfaktoren erweisen, die in Verbindung mit anderen Stressoren bei verringerter Resilienz zur Burnout-Entwicklung beitragen können.
Wir können mithin Matthias Burisch, einem der am besten ausgewiesenen Experten auf diesem Gebiet im deutschsprachigen Raum, zustimmen, wenn er sagt, dass niemand genau weiß, was Burnout ist. Ich vertrete dennoch, so wie auch er, die Auffassung, dass es richtig und notwendig ist, sich mit diesem noch unscharfen Konstrukt im Interesse von Verhaltens- und Verhältnis-Prävention wissenschaftlich und gesamtgesellschaftlich zu befassen, und werde in den noch vor uns liegenden Kapiteln immer wieder dazu Stellung nehmen.
Mittlerweile gibt es eine größere Zahl von Annahmen darüber, wie ein Bedingungsgefüge von zwei dichotom konzipierten Merkmalen (hohe versus niedrige Ausprägung) im Zusammenhang mit einer Burnout-Entwicklung entstehen kann. Einige dieser Ansätze sind zu Theorien erklärt worden, manche von ihnen finden bei Burisch (2006) Erwähnung.
Alle diese Merkmalskonstellationen tragen dazu bei, dass in Burnout-Forschung und Praxisberatung bei Burnout-Klienten potentiell einschlägige Parameter einer Gefährdung Berücksichtigung finden.
Ich habe längere Zeit nach einer griffigen, bildhaften Darstellung gesucht, mit deren Hilfe ich meine Vorstellung von der multiplen Bedingtheit der Burnout-Entwicklung in Verbindung mit der multiplen Option zu Burnout-präventiven Maßnahmen darstellen wollte. Dabei bin ich schließlich auf das Bild eines Salamanders gestoßen, den ich anstelle seiner vier Beine, wie er sie in der Natur aufweist, mit je sieben Beinen rechts und links ausgestattet habe. Ein Künstler aus Düsseldorf hat mir freundlicherweise eine entsprechende Darstellung angefertigt (Mark Prouse, Kunstschmiede elements).
Das Salamander-Modell soll Folgendes zum Ausdruck bringen: Wenn wir uns dem Phänomen Burnout nähern, so nehmen wir als Ausgangspunkt die Erfahrung von Stress. Stress kann sich auf 7 Ebenen einstellen, die durch die 7 Beine auf der linken Seite des Salamanders abgebildet sind.
Nun ist dies nur die linke Seite des Salamanders. Auf der rechten Seite weist er 7 Burnout-Präventionsbeine auf, die die gleichen Bezeichnungen tragen wie die Stressbeine auf der linken Seite: