Rudolf Taschner
DIE ZAHL, DIE AUS
DER KÄLTE KAM
Wenn Mathematik zum Abenteuer wird
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.
Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches oder von Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren), auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – mit Ausnahme der in den §§ 53, 54 URG genannten Sonderfälle –, reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.
© 2013 Carl Hanser Verlag München
Internet: http://www.hanser-literaturverlage.de
Stand entspricht der Druckausgabe ab der 9. Auflage
Herstellung: Thomas Gerhardy
Umschlaggestaltung: Hauptmann & Kompanie Werbeagentur, Zürich unter Verwendung einer Fotografie von Heribert Corn
Datenkonvertierung E-Book: Kösel Media, Krugzell
ISBN 978-3-446-43683-1
E-Book-ISBN 978-3-446-43649-7
Vorwort
Erst die Null macht Zahlen groß
Das Geheimnis des vierten Jahres
Die mächtigen Zahlen des Drachen Tiamat
Zahl und Schrift
Mit Mathematik beginnt die Aufklärung
Der Maharadscha und die große Zahl
Die größten Zahlen der Natur
Von den kleinen zu den großen Zahlen
Die Vermessung der Erde
Astronomisch große Zahlen
Die größte Zahl des Universums
Nicht Rechnen, Schätzen will gelernt sein
Der größte Mathematiker
Ein Märtyrer der Mathematik
Die geniale Idee
Zweiter zu sein zählt nicht
Ägyptische Brüche
Die Rinder des Sonnengottes
Die größten Zahlen der Mathematik
Eine Zahl nach der anderen
Quadrat- und Kubikzahlen
Potenzen und Prozente
Die wichtigste Rechnung und das viele Geld
Donald Knuths Zahlenmonster
Geheimnisvolle Zahlen
4 294 967 297
Die Sucht nach Primzahlen
Eine Zahl, die aus der Kälte kam
Geheimnisse schmieden und lüften
Große Primzahlen
Illusion und Wirklichkeit
Die absolut sichere Methode
Der Zufall verspricht Sicherheit
Normale Zahlen
Kreatives Durcheinanderwerfen
Denken mit Zahlen
Ken Jennings’ und Brad Rutters Debakel
Die „Pascaline“, zur Unzeit konstruiert
Leibnizens Zahlen und Lovelaces Programme
Die elektrische Geburt der Zahlenmaschinen
Gelernters Skeptizismus und Turings Test
Der Anspruch auf Allwissenheit
Ein Gigant aus Göttingen
Kein „Ignorabimus“
Hilbert verbannt das geometrische Empfinden
Unendliche Dezimalzahlen
Ein Hotel voll Paradoxien
Ein unendliches Frage- und Antwortspiel
Hilberts Programm
Allmacht statt Allwissenheit
Der Mathematiker der Intuition
Eine Wissenschaft, auf Sand gebaut
Der größte Logiker des Jahrhunderts
Gespenster in Princeton
Die Ortung der Unendlichkeit
Anmerkungen
Nichts ist kälter als die Zahl.
Wobei „kalt“ im Sinne von unpersönlich, gefühllos, unerbittlich verstanden wird. Und in der Tat: Wenn jemand im hitzigen Disput „Zahlen auf den Tisch legt“, verstummen die Gegner. An den Zahlen gibt es nichts zu rütteln. Sie stehen für Endgültiges. Das mit Zahlen Versiegelte ist unumstößlich und unwiderruflich.
Während Heraklit den Wandel der Welt im Feuer, in der wärmenden Flamme verwirklicht sah, tritt ihm kühl Parmenides von Elea entgegen, der mit glasklarer Logik verkündet: Es kann kein Entstehen und kein Vergehen geben: Wie kann etwas aus nichts hervorgehen? Wie kann etwas, das existiert, plötzlich nicht mehr sein? Der Wandel, so Parmenides, ist nur Illusion. Seine Botschaft verheißt Bestand und damit Sicherheit. Null bleibt ewig null, eins bleibt ewig eins, und beide bleiben ewig voneinander verschieden. Nicht umsonst fordert der durch die eleatische Schule geprägte Platon von allen, die seine Akademie betreten, von allen, die er zu den künftigen Herrschern der Welt, zu den Philosophenkönigen heranzuziehen verspricht, mathematisches Wissen.
Wer die entscheidenden Zahlen kennt, gar mit ihnen zu manipulieren versteht, hat das letzte, das alles bestimmende Wort. Jenes Wort, das in den Augen aller anderen „zählt“. Es ist das Wort des Mächtigen. Und es ist ein kaltes Wort.
Doch Parmenides irrt.
Davon erzählt dieses Buch. Aus einer Legion von Geschichten über die vermeintliche Macht der Zahlen sind willkürlich einige wenige herausgegriffen. Nicht auf die historische Überprüfbarkeit in allen Einzelheiten – se non è vero, è ben trovato – wurde Wert gelegt, sondern auf die Botschaft, die mit den Erzählungen verbunden ist: Zahlen sind nicht einfach da. Zahlen sind erfunden worden, um Ordnung und Übersicht schaffen zu können. Zahlen haben uns zu dienen, nicht zu beherrschen. Zahlen sind nicht das Fundament des Daseins, denn dieses ist sicher nicht „kalt“. Aber verbindliche Markierungen zu seinem besseren Verständnis sind Zahlen sehr wohl.
Geschichten über Zahlen zu erzählen, Mathematik als eminente kulturelle Errungenschaft einer breiten Öffentlichkeit vorzustellen, ist seit mehr als zehn Jahren das Ziel von „math.space“, angesiedelt im Wiener Museumsquartier, unterstützt von den österreichischen Ministerien für Unterricht, Wissenschaft, Technologie und Finanzen und organisiert von meiner Frau Bianca, in dem in mehreren hundert Veranstaltungen pro Jahr die vielseitigsten Bezüge der mathematischen Zahlenwelt zur Wirklichkeit vor Augen geführt werden. Manches, wenn auch nicht alles von dem, was in diesem Buch berichtet wird, ist im „math.space“ angedeutet, teilweise nur skizziert worden. Schon allein darum, aber auch weil sie mir in allen Phasen meines Lebens unermüdlich und verlässlich zur Seite steht, will ich meiner Frau an dieser Stelle von ganzem Herzen danken. Unsere Tochter Laura lehrte mich durch ihre Fragen, dass jede tiefe Erkenntnis eine zwingende und zugleich einleuchtende Erklärung hat, und unser Sohn Alexander hat mein Manuskript genau gelesen, mich auf peinliche Fehler aufmerksam gemacht und mir mit Zuspruch, aber auch mit Kritik sehr geholfen.
Gedankt sei auch dem Verlag Hanser, ein besonderes merci cordialement Herrn Christian Koth, für das uneingeschränkte Vertrauen in mich als Autor, für die wunderbare Zusammenarbeit, für die schöne Ausstattung des Buches, das, wie ich hoffe, allen Leserinnen und Leser die Scheu vor den kalten Zahlen nimmt. Denn die Geschichten, die um sie herum gesponnen werden, lassen ihre Frostigkeit vergessen.