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Nr. 63

 

Die Bestie erwacht

 

von W. K. Giesa

 

 

 

Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Logghard, siebter Fixpunkt des Lichtboten und Ewige Stadt, hat auch am 250. Jahrestag der Belagerung allem standgehalten, was die Kräfte der Finsternis in einem wahren Massenangriff gegen die Bastion der Lichtwelt ins Feld führten. Somit haben die Streiter des Lichtes auf Gorgan, der nördlichen Hälfte der Welt, trotz des Debakels von Dhuannin und anderer Niederlagen gegen die vordringenden Heere der Caer eine gute Chance, sich auch weiterhin zu behaupten.

Mythor, der Sohn des Kometen, hat in der relativ kurzen Zeit, da er für die Sache der Lichtwelt kämpfte, bereits Großes vollbracht. Nun aber hat der junge Held nach seinem Vorstoß in die Schattenzone die nördliche Hälfte der Welt durch das Tor zum Anderswo verlassen.

Anderswo – das ist Vanga, die von den Frauen regierte Südhälfte der Lichtwelt, die lebend zu erreichen den wenigsten Reisenden vergönnt ist.

Mythor hat es jedenfalls mit Hilfe von Zahda, der Zaubermutter, geschafft. Er ist unversehrt nach Vanga gelangt, wo er schon von der ersten Stunde seines Hierseins an in gefährliche Geschehnisse verstrickt wird.

Die Gefahren, die Mythor und seinen Gefährten gegenwärtig drohen, sind schwarzmagischer Natur. Unser Held erkennt dies zu seinem Schrecken, als DIE BESTIE ERWACHT ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Mythor – Der Sohn des Kometen im Kampf mit den Enterseglern.

Gerrek – Der Beuteldrache wittert eine Spur.

Scida und Burra – Zwei Amazonen.

Yacubus – Ein steinernes Ungeheuer erwacht zu furchtbarem Leben.

Ramoa – Mythors Gefährtin in der Gewalt des Götzen.

1.

 

Der Nissenhort trieb ab.

Mit welcher Geschwindigkeit, konnte Mythor trotz der Dunkelheit mühelos verfolgen. Geradezu unheimlich schnell entfernte sich der abgespaltene Teil von der Schwimmenden Stadt Gondaha. An deren Rand blieben wütende Amazonen zurück. Im Zwielicht aufzuckender Blitze konnte Mythor sehen, wie sie drohend die Arme gegen den davontreibenden Nissenhort reckten, manche von ihnen mit den Waffen in den Fäusten.

Ihre Verwünschungen hörte Mythor nicht. Der aufkommende Sturm riss die Flüche mit sich ins Irgendwo, lange ehe sie die davongleitende Schwammscholle erreichen konnten.

Tief atmete Mythor durch und lehnte sich an einen Baumstamm. In der Dunkelheit verschmolz er fast vollkommen mit dem Stamm.

Ruhe!

Ruhe vor dem nächsten Sturm? Es konnte ihm gleich sein. Er hatte jetzt die Möglichkeit, sich kurze Zeit auszuruhen. Der Kampf gegen die Amazonen war hart genug gewesen. Die Abspaltung dieses Teiles der Schwammscholle war gerade rechtzeitig gekommen.

Mythor sah zum Himmel. Jagende Wolken zogen heran, ballten sich dräuend zusammen. Wieder zuckten Blitze und rissen einen Herzschlag lang Einzelheiten aus der Düsternis. Knapp fünf Schritte vor Mythor endete der abgespaltene Teil der Schwimmenden Stadt. Tief genug ging es hier hinunter, um den Wellen ein Überschlagen unmöglich zu machen – es sei denn, es kam höherer Seegang auf. Kaum bewegte sich der Nissenhort, lag ruhiger noch als ein großes Schiff. Die hohe Driftgeschwindigkeit war kaum wahrnehmbar, wenn Mythor nicht die in der Ferne entschwindende Stadt Gondaha ansah.

Leicht schob er ein Bein vor, an den Stamm gelehnt, und versuchte, sich im Stehen zu entspannen.

Ein riesiger, dunkler Schatten schob sich an ihm vorbei, rammte gegen sein harmlos vorgeschobenes Bein und verwirrte sich zu einem heillosen Durcheinander aus kurzen Beinen, langen Armen, einem Schwanz und einem rauchschnaubenden Drachenmaul. »Verrat!«, schrie jemand schrill. »Piraten! Räuber! Hilfe!«

»Gerrek!«, murmelte Mythor erschüttert. Selbst in dieser Situation brachte der Beuteldrache es noch fertig, erst über Mythors und anschließend über seine eigenen Beine zu stolpern. Mühsam entwirrte er sich und rollte sich zur Seite, einen unsichtbaren Gegner wild mit den Fäusten bearbeitend. Dabei kam er dem Rand der Schwammscholle gefährlich nahe.

»He!«, rief Mythor und sprang hinter dem sich weiter rollenden Mandaler her. »Warte ... verflixt!«

Gerrek schrie markerschütternd, spie eine Feuerwolke aus den Nüstern und kippte über den Rand. Mythors Arme schnellten vor, griffen zu und erwischten gerade noch das Ende des mannslangen Rattenschwanzes.

»Iieehk!«, schrie Gerrek entsetzt. »Man hat mich! Zu Hilfe!«

Mythor stemmte sich gegen das nach unten ziehende Schwergewicht des mit acht Fuß Körpergröße immerhin nicht gerade leichten Mandalers. Wenigstens hörte Gerrek auf zu strampeln und half dabei mit, rücklings wieder nach oben zu kommen.

Endlich hatte Mythor ihn wieder auf festem Grund und Boden. Aufstöhnend wischte er sich den Schweiß der Anstrengung von der Stirn.

»Du bist ein schwerer Junge, weißt du das?«, murmelte er keuchend.

»Es ist nicht zu fassen«, schrie Gerrek. »Erst stellt er mir ein Bein, dann wirft er mich fast von der Scholle und zieht dann auch noch an meinem Schwanz herum!« Der Beuteldrache kauerte sich nieder, grapschte mit seinen Krallenfingern nach dem Schwanz und begann ihn zu begutachten, ob ihm auch kein Kratzer zugefügt worden war. »Und ich dachte immer, du wärst mein Freund!«, klagte er und kippte schon wieder nach rückwärts der Tiefe entgegen.

Diesmal konnte Mythor eher zugreifen.

»Sofort verschwindest du vom Rand!«, herrschte Mythor ihn an, als Gerrek wieder auf seinen kurzen Beinen stand. Gerreks Knitterohren senkten sich. »Immer ich!«, protestierte er. »Sag lieber dem Rand, er solle sich von mir entfernen! Bin ich vielleicht dafür verantwortlich, dass dieser ... dieser Nissenhort von Gondaha abgebrochen ist?«

Bedächtig tappte er »landeinwärts«.

»Immerhin ist es verständlich«, behauptete er plötzlich.

»Was?«, fragte Mythor.

»Die Abspaltung«, sagte Gerrek finster. »Es heißt doch die Schwimmende Stadt und der Nissenhort! Kein Wunder, dass er sich von dieser Stadt abgesetzt hat, der arme ...«

Mythor grinste.

»Bück dich mal«, forderte er Gerrek auf.

Verwundert kam der Beuteldrache der Aufforderung nach. Mythor tippte ihm mit dem Zeigefinger an die Drachenschläfe. »Du spinnst ganz schön«, erklärte er.

»Ha!«, schrie Gerrek empört, richtete sich wieder auf, und Mythor fühlte einen kaum wahrnehmbaren Ruck an der Hüfte, auf den er nicht weiter achtete. »Ich bin maßlos von dir enttäuscht«, fuhr Gerrek aufgeregt fort. »Du unterschätzt meinen Verstand und mein klares Denkvermögen immer wieder, dabei ist es erwiesen, dass ich der Klügste aller Beuteldrachen bin!«

Weil der einzige, dachte Mythor bei sich und schmunzelte. Der liebenswerte, tollpatschige Beuteldrache mit dem Talent, zu unpassendsten Zeiten aufzufallen, wuchs ihm immer mehr ans Herz, je länger er ihn kannte.

Lamentierend und über die ganze Welt klagend, die seine Genialität stets verkannte, bewegte sich der Beuteldrache weiter, rammte dabei einen Baumstamm, weil er sich gerade Krokodilstränen aus den Augen wischen musste und darüber für einen Augenblick nichts sah, und da vernahm Mythor ein seltsames Geräusch.

Wie von Metall auf Holz ...

»Gerrek ...«, säuselte er.

Gerrek verzichtete darauf, ein sofortiges Fällen des Baumes zu verlangen. Aus unschuldigen Glubschaugen sah er den Gorganer an.

Mythor schüttelte sanft tadelnd den Kopf, griff in den Bauchbeutel des Beuteldrachen und zog Alton hervor, das Gläserne Schwert. Das also war der leichte Ruck gewesen, den er gespürt hatte ...

»Ganz aus Versehen, wirklich!«, beteuerte Gerrek händeringend, wobei sich seine Krallen ineinander verhakten. Verzweifelt versuchte er sie wieder voneinander zu lösen, wurde aufgeregt und stieß Feuer aus den Nüstern. Mythor ging schleunigst in Deckung. Er glaubte Gerrek das »Versehen«. Gerrek stahl alles, was nicht niet- und nagelfest war. Manchmal wurde es ihm nicht einmal bewusst, so wie jetzt. Er hatte Mythors Schwert gewissermaßen im Vorübergehen gemopst.

Der Gorganer lächelte und schob das Gläserne Schwert wieder in die Scheide zurück. Dann reckte er den Arm empor und schlug Gerrek auf den Rücken. »Komm, mein Alter«, schlug er vor. »Auf der anderen Seite stehen ein paar verlassene Hütten. Vielleicht findet sich darin ein ebenso verlassener, aber gut gefüllter Weinkrug!«

»Au ja!«, begeisterte sich Gerrek, wurde aber sofort wieder missmutig. »Du willst mich trunken machen und nach Geheimnissen ausfragen«, erklärte er.

»Alter Quatschkopf«, brummte Mythor und zog den baumlangen Beuteldrachen wie ein kleines Kind an der Hand hinter sich her.

Das Gewitter war näher gekommen, die Blitze zuckten häufiger, und über dem Nissenhort pfiff der Sturm. In den Schatten stand die Amazone Scida und sah dem ungleichen Paar nach. Dann setzte auch sie sich in Bewegung und folgte den beiden dichtauf über das Gondaha-Bruchstück.

 

*

 

Als Mythor die Tür einer leerstehenden Hütte aufstieß, hatte es gerade begonnen, zu regnen. Die Tropfen fielen dicht und entwickelten sich zu einem mittleren Sturzbach. Der Sohn des Kometen versuchte, sich im durch die Tür dringenden Sternenlicht zu orientieren und sah auf einem Tisch eine halb niedergebrannte Kerze stehen.

»Gerrek ...«

Der war hinter ihm und schüttelte sich wie ein nasser Wolf, obgleich er höchstens fünf oder sechs Tropfen mitbekommen haben konnte. Die Amazone Scida schob sich herein und zog die Tür hinter sich zu. Sofort wurde es dunkel. Entweder besaß die Hütte keine Fenster, oder sie waren mit Läden verschlossen worden.

»Huch!«, schrie Gerrek. »Ein Geist!«

»Sein Schandmaul schließe der tumbe Tölpel«, fauchte Scida ihn an. »Ich bin kein Geist, sondern eine Amazone!«

Der Beuteldrache murmelte etwas, das so klang wie, dass der Unterschied eigentlich gar nicht so beträchtlich sei. Scida trat ihm kräftig gegen das linke Schienbein. Der Mandaler stolperte vorwärts gegen den Tisch.

»Wenn du schon gerade am Tisch bist«, sagte Mythor in der Dunkelheit, der das Ramm-Geräusch vernommen hatte, »könntest du Licht machen. Mitten auf der Tischplatte steht eine Kerze!«

Gerrek sah in seine Richtung. Zwei gelbe Punkte glommen in der Finsternis.

Dann zuckte eine Flammenzunge aus Gerreks Nüstern. Sie wehte über die gesamte Tischfläche und setzte sie nur deshalb nicht in Brand, weil sie zu kurzlebig war. Aber dafür leuchtete die Kerze auf. Das Flämmchen flackerte unruhig.

»Was war das gerade?«, fragte Gerrek verwirrt. »Deine Augen, Honga ...?«

Mythor alias Honga, der wiedergeborene Tau-Held, zuckte mit den Schultern. Er antwortete nicht. Seine Augen! Sie waren ungewöhnlich hell und schienen in der Dämmerung oder Dunkelheit zu leuchten. Aber es schien nicht immer zu geschehen. Damals, in der Ebene der Krieger von Caer, hätte ihn dieses schwache Leuchten fast verraten. Aber entweder leuchtete es nicht immer, oder es war nicht jedem vergönnt, das Leuchten zu sehen.

Der Gorganer sah sich um. Die Hütte war klein und bestand offenbar nur aus zwei Räumen. Mythor ging zu der schmalen Zwischentür, die von einem Fellvorhang gebildet wurde, und sah in den angrenzenden Raum. Das schwache Kerzenlicht in seinem Rücken reichte aus, die Umrisse eines breiten Bettes zu erkennen, das leer war. Nicht einmal Decken lagen darauf.

Gerrek hatte inzwischen die »Wohnstube« einer näheren Untersuchung unterzogen. »Von Frischluft scheint man hier nie etwas gehalten zu haben«, maulte er. »Es gibt keine Fenster!«

»Wenn die Luft schlecht wird«, sagte Mythor grinsend, »wissen wir, dass wir dich vorher hätten hinausschicken sollen.«

»Willst du damit sagen, dass ich stinke?«, keifte der Beuteldrache und ließ etwas, das Mythor nicht erkennen konnte, in einer fast unauffälligen Bewegung in seinem Bauchbeutel verschwinden.

»Aber nein«, versicherte er. »Du rauchst nur.«

In der Tat quollen noch vereinzelte Wölkchen aus Gerreks Nasenlöchern.

Draußen rauschte der Regen und heulte der Sturm des Gewitters.

»Das Wetter hält an«, sagte Scida leise. Die alte Frau hatte der Unterhaltung der beiden Männer schweigend zugehört. »Wir werden für die Nacht Ruhe haben. Schlaft, denn morgen wird jeder seine Kräfte brauchen.«

»Mich hungert«, klagte Gerrek. Er machte sich daran, die verlassene Hütte zu durchsuchen. Vor einiger Zeit musste hier jemand gewohnt haben, denn es gab Schränke und Läden, die mit allerlei Gegenständen gefüllt waren. Vielleicht hatten hier Männer gewohnt, die später verschwunden waren wie so viele Bewohner von Gondaha.

Gerrek begann die Schränke nach Essbarem und Getränken zu durchsuchen und förderte schließlich einige Sachen zutage. Aber die Esswaren waren verdorben und verschimmelt; offenbar standen sie schon zu lange hier herum. Lediglich der Wein im großen Tonkrug, den Gerrek aufstöberte, hatte nicht gelitten. Gerrek nahm einen tiefen Zug und reichte den Krug schließlich an Mythor weiter.

Der Sohn des Kometen sah die Amazone an. Immerhin hätte es ihr gebührt, sich zuerst zu bedienen. Aber sie hatte die Augen geschlossen und war auf einem Stuhl eingeschlafen.

Offenbar meinte sie ihre Worte ernst.

Was beabsichtigte die Amazone?

Während auch Mythor versuchte, einzuschlafen, kreisten seine Gedanken unablässig um den Teil Gondahas, auf dem sie sich befanden.

Der Nissenhort!

 

*

 

Das Schwimmende Gefängnis maß zweihundert Schritt in der Länge und hundert in der Breite. Die Schwammscholle, die wie festes Land von Bäumen und Sträuchern, Büschen und Gräsern und Blumen bewachsen war, ragte hoch genug empor, um vor wild wogenden Wassern Schutz zu bieten. Sie war unregelmäßig gewachsen, hier höher und dort niedriger, und barg in ihrer Tiefe unzählige Höhlen und Grotten unterschiedlichster Größen.

Es war ein Gefängnis! Ringsum gab es nichts als Wasser. Land war nirgendwo zu sehen. Wer diesem Insel-Bruchstück schwimmend zu entkommen versuchte, würde den Versuch schwerlich überleben. Nicht allein, dass die Entfernung zum Land zu groß war – stumm zogen in den Fluten Raubfische ihre Bahnen.

Mythor war als erster erwacht und hatte leise die Hütte verlassen. Eine kühle Brise wehte. Unwillkürlich zog er sich den Umhang enger um die Schultern, der einmal dem Barbaren Kunak gehört hatte wie alles, was Mythor augenblicklich auf dem Leib trug. Kunak kam ursprünglich aus dem Land der Wilden Männer und gehörte der Amazone Scida, die ihn »gezähmt« und geschult hatte. Doch Kunak lebte nicht mehr. Und jetzt sah es so aus, als solle Mythor Kunaks Stelle einnehmen.

Es dämmerte. Das Gewitter war weitergezogen. Von den Blättern der Bäume tropfte es schwer herab, und dicht über dem Boden der Schwammscholle wallten dünne Nebelschleier. Mythor blickte gen Norden. Die graue Wand der Düsterzone ragte dort auf.

Langsam bewegte Mythor sich zwischen leerstehenden Hütten hindurch. Hin und wieder trat er über eine Pfütze hinweg oder hinein. Stellenweise hatte der Schwamm das Regenwasser noch nicht vollständig in sich aufgesogen.

Nichts regte sich, nur Zweige bogen sich im Wind. Aber die Leere täuschte. Wohl mochten die Hütten unbewohnt sein, aber Mythor wusste nur zu gut, dass sich in der Tiefe ein eigentümliches Leben regte. Die Nissen mit den in ihnen steckenden Enterseglern sowie die Besessenen, die diese Nissen pflegten ...

Und ausgerechnet auf diesem Teil Gondahas mussten sie sich befinden! Um wie viel mehr traf doch Gerreks erster überraschter Ausruf auf den abgebrochenen Teil als auf die gesamte Schwimmende Stadt zu: »Gondaha, die Verdammte!«

In der Tiefe lauerte das Unheil.

Nach einer Weile erreichte Mythor den Rand der Scholle. Es war die Stelle, an der sie abgebrochen war und wo sie gegen die Amazonen Galees gekämpft hatten. Bei Tageslicht sah die Bruchkante nicht mehr so gefährlich aus wie in der Dunkelheit der Nacht. Mythor lächelte, als er die Stelle erreichte, an der Gerrek fast abgestürzt wäre. Der Beuteldrache wäre höchstens zwei Mannslängen tief gefallen. Dort ragte ein Vorsprung wie eine spitze Nase hervor, und als Mythor ein wenig zur Seite trat, konnte er darunter eine Höhlenausbuchtung erkennen. Hier war offenbar eine leere Grotte in der Mitte gespalten worden.

Schulterzuckend wandte der Sohn des Kometen sich wieder ab. Der Wind peitschte immer noch heftig und sprühte ihm feine Wassertröpfchen ins Gesicht. Es wurde rasch heller. Die ersten Sonnenstrahlen glommen am Horizont auf.

Strahlen der Hoffnung?

Mythor drang in eine andere Hütte ein. Sie stand offenbar noch nicht so lange leer wie die andere, denn die übriggebliebenen Lebensmittel waren gerade noch genießbar. Mythor wickelte einige schmackhaft aussehende Dinge in ein Fell, knotete die vier Enden zusammen und machte sich auf den Rückweg. Er spürte Hunger, und wahrscheinlich würde der Beuteldrache unausstehlich, wenn nun auch das Frühstück ausfiele.

Rechts und links gab es dichten Bewuchs von Sträuchern. Dazwischen begannen sich angesichts der aufgehenden Sonne vereinzelte Blüten zu öffnen.

Blüten, die sich bewegten ...?

Unwillkürlich erstarrte Mythor. Von wandernden menschenfressenden Pflanzen hatte er seit seinem Aufenthalt auf den Blutigen Zähnen genug. Zwar hatte er auf Gondaha bislang keine Wanderpflanzen gesehen, was aber nicht ausschloss, dass es sie gab.