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Wilfried A. Hary (Hrsg.)

STAR GATE – das Original: Die 3. Kompilation

„Die Bände 21 bis 30 der laufenden Serie – zusammengefasst!“





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Titel


STAR GATE – das Original:

 

Die 3.

Kompilation



Wilfried A. Hary (Hrsg.)

Impressum:

Urheberrechte am Grundkonzept zu Beginn der Serie STAR GATE - das Original: Uwe Anton, Werner K. Giesa, Wilfried A. Hary, Frank Rehfeld.

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de.

ISSN 1860-1855

 

Diese Fassung basiert auf den Romanen 21 bis 30 der laufenden Serie!

 

© 2015 by HARY-PRODUCTION

Canadastr. 30 * D-66482 Zweibrücken

Telefon: 06332-481150

www.HaryPro.de

eMail: wah@HaryPro.de

 Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck und

Vervielfältigung jedweder Art nur mit schriftlicher Genehmigung von Hary-Production.

 

Titelbild: Karl-Heinz R. Friedhoff

Coverhintergrund: Anistasius

Achtung: „STAR GATE - das Original“ ist eine eigenständige Serie, die nachweislich Jahre vor Serien ähnlichen Namens begann, wie sie im Fernsehen laufen oder liefen oder im Kino zu sehen sind oder waren! Daher der Zusatz „das Original“!

 

 

 

 

 

Vorwort

 

Die Serie STAR GATE – das Original existiert nun schon seit 1986(!). Einige Autoren sind daran beteiligt. Viele Leser genießen das Heftformat, in dem die Serie in erster Linie erscheint, aber es gibt nicht wenige Leser, die immer wieder auch nach einem umfangreichen Buchformat verlangen, vergleichbar etwa mit den Silberbänden der Perry-Rhodan-Serie.

Für diese haben wir nun nach der 1. und 2. Kompilation die 3. Kompilation geschaffen, basierend auf den Bänden 21 bis 30 der laufenden Serie! Dabei konzentrieren wir uns ausschließlich auf die span­nenden Texte und verzichten bewusst auf alle Zusätze, wie sie in den Heften und auch in den Taschenbüchern zu finden sind.

Die Autoren dieser 3. Kompilation sind (in der Reihenfolge ihrer Verwendung):

Wilfried A. Hary

Richard Barrique

Frank Rehfeld

Manfred Rückert

Miguel de Torres

 

Die Kompilation beinhaltet die Romane:

021 „Martha“ Wilfried Hary

022 „Erfolgsaussichten: Null!“ Wilfried Hary

023 „Der Flug der PHAETON“ Richard Barrique

024 „Die Rebellen von Moran-Dur“ Frank Rehfeld

025 „Das Tor der Götter“ Wilfried A. Hary

026 „Rückkehr der Verbannten“ Manfred Rückert

027 „Der Verräter“ Miguel de Torres

028 „Ad Astra“ Wilfried A. Hary

029 „Tohuwabohu in Wohu Batohu“ M. de Torres

030 „Tanz am Tanzam Highway“ Miguel de Torres

 

Viel Freude beim Lesen dieser immerhin wieder ganze 10(!) Bände umfassenden Kompilation!

Euer Wilfried A. Hary (Hrsg.)

 

 

 

 

 

1


Der Fluggleiter landete auf einer genau vorgeschriebenen Zone innerhalb des undurchdringbar erscheinenden Dschungels. Die sieben Menschen schauten sich aufmerksam um.

„Keine Bange“, beruhigte Papaya Deran sie. „In der Landezone sind wir nicht gefährdet, falls Martha es nicht darauf anlegt. Denn jede Landezone wird von einem weiteren Schutzfeld geschützt, dessen Berührung für dieses Ungetier recht unangenehm ist.“ Beruhigt fühlten sich die Gefährten durch diese Worte allerdings keineswegs...

Der Ausstieg öffnete sich. Papaya Deran winkte ihnen aufmunternd zu.

„Na, worauf wartet ihr noch? Martha ist bereit, euch zu empfangen. Sonst wärt ihr nicht hier.“

„Also gut - auf zu Martha!“, sagte Yörg Maister und schüttelte dabei missbilligend den Kopf. „Ich kannte mal eine begnadete Reinemachefrau, die...“ Er schluckte den Rest rechtzeitig.

Sie entfernten sich von dem Fluggleiter.

Kaum hatten sie das getan, als sich der Ausstieg selbsttätig schloss und der Gleiter abhob.

Papaya Deran schien das nicht zu kümmern: Er lächelte gemein.

Ken sah es und es gefiel ihm keineswegs! Aber was hätten sie denn tun können? Seit sie auf dieser Welt waren, spielte man mit ihnen. Sie waren stets zwischen den Fronten - als ein Spielball der Kräfte. Ein übles Spiel löste dabei pausenlos das andere ab. Sie kamen nicht einmal dazu, Atem zu schöpfen.

Tanya kontrollierte den Dschungelrand. Dort tat sich jedoch überhaupt nichts. Stimmte das mit dem Schutzfeld eigentlich? Unwillkürlich zog sich ihre Nackenhaut zusammen.

Leichter Wind spielte in den mächtigen Baumkronen. Es bewegte sich noch etwas: Es schob sich hervor, wirkte zunächst wie ein überdimensionaler, glitschiger, nass schimmernder Schlangenkopf...

Tanya kniff die Augen schmal zusammen.

Oder war es eine mächtige Faust, die sich jetzt langsam öffnete?

Im nächsten Augenblick war der Spuk schon wieder vorüber. Tanya blinzelte verwirrt.

„Willkommen!“, rief jemand.

Die Stimme kannten sie von der Übertragung im Fluggleiter: Das war zweifelsfrei Martha! Sie war auf dem freien Platz erschienen, wie aus dem Nichts materialisiert.

Martha war ganz in schwarzes Leder gekleidet. Das Lederwams stand vorn leicht offen. Ein Ausschnitt, der bis zum Bauchnabel ging und üppige Brüste halb herausquellen ließ. Die Arme waren nackt und sie zeigten eine für eine Frau ungewöhnlich gut durchtrainierte Muskulatur.

Martha war eine Prupperin - aber eine, die es anscheinend mit jedem Mann doppelt und dreifach aufnehmen konnte.

Tanyas Haltung spannte sich automatisch - wie bei einer Tigerkatze, deren Todfeindin aufgetaucht war...

Martha hatte schwarz glänzende Lederhandschuhe an, mit Stulpen. In der Rechten hatte sie den Knauf einer Lederpeitsche. Sie ließ die Peitsche vorschnellen. Es knallte wie ein Pistolenschuss.

Ihre Füße steckten in Stulpenstiefel, die bis fast zu den Knien reichten. Darüber waren nackte, wohlgeformte Oberschenkel. Wenn sie sich bewegte, spielten die Muskeln. Wenn sie locker dastand, war sie berauschende Weiblichkeit.

Die sagenhaft langen Beine schauten unter einem winzigen Lederröckchen hervor. Wenn es wippte, konnte man darauf warten, bis es endlich mehr verriet von dem, was es verbarg.

Abermals ließ Martha die Peitsche knallen. Sie lachte dazu ein glockenhelles Lachen, das im krassen Gegensatz zu ihrer amazonenhaften Erscheinung stand.

„Martha liebt's stets ein wenig extravagant - mit einem gehörigen Schuss von Theatereffekt!“, erläuterte Papaya Deran mit gedämpfter Stimme.

Sein Lächeln war gefroren.

Ken interessierte sich eigentlich nur für eines an Martha: die Augen! Sie verrieten ihm, was dies für ein Wesen war: eiskalt, berechnend - betörend wie eine Schlange, die sich auf ihr Opfer konzentriert, um es gleich mit Haut und Haaren zu verschlingen...

Oder wie eine Spinne, die in ihrem Netz lauert! Ein recht großes, luxuriöses, ungewöhnlich aufwendiges, beeindruckendes Netz, zugegeben...

Und auch die Haupt-Blickrichtung interessierte ihn: Mario Servantes!

Der Spanier fuhr unwillkürlich einen Schritt zurück. Die Peitsche knallte direkt in seine Richtung.

Hatte sie ihn erwischt?


*


„Tretet näher!“, forderte Martha, die Ober-Prupperin.

„Warum sollten wir?“, erkundigte sich Yörg Maister respektlos. Auf ihn schien die Show genauso wenig Eindruck zu machen wie auf Ken.

„Weil ihr meine Gäste seid!“, erwiderte sie gespielt fröhlich.

„Dann seien Sie einmal eine gute, rücksichtsvolle Gastgeberin - und kommen sie zu uns! Dann brauchen wir wenigstens nicht so weit zu laufen.“ Yörg Maister konnte es mal wieder nicht lassen: Am liebsten hätte Ken ihm den Mund zugehalten, denn es erschien ihm wenig ratsam, Martha zu reizen, so lange sie in der deutlich überlegeneren Position war. Yörg Maister hatte das allerdings noch nie sonderlich gestört. Er hatte stets seinen eigenen Kopf und man konnte ihn nur mit einem disziplinieren: indem man es ihm unbequem machte!

Martha lachte wieder ihr glockenhelles Lachen, das Ken nicht darüber hinwegtäuschen konnte, wie gefährlich sie wirklich war.

Ken setzte sich als erster in Bewegung. Papaya Deran blieb eigenartigerweise noch zurück. Aus Vorsicht? Ja, was erwartete er denn eigentlich?

Ken schritt langsam näher. Keiner folgte ihm zunächst.

Jetzt war er in Reichweite der Peitsche. Sie zuckte vor, knallte direkt neben seinem Ohr.

Als Martha diesmal lachte, hörte es sich gar nicht mehr so an wie vorher. Es erinnerte vielmehr an das gefährliche Zischen einer Schlange kurz vor dem Zubeißen.

Nur noch fünf Schritte. Diese Entfernung überbrückte Ken mit einem einzigen Hechtsprung, mit den ausgestreckten Armen voraus.

Ein Aufschrei des Entsetzens ging durch die Reihen der Freunde: Ken Randall fuhr mitten durch Martha hindurch! Als wäre sie nur Luft!

Er landete auf dem harten Boden, krümmte sich rechtzeitig, rollte ab und sprang federnd auf die Beine.

Dann lachte Ken Randall schallend.

Nein, so leicht konnte man ihn nicht beeindrucken.

Er stand hinter Martha. Sie verdeckte ihn, obwohl er einfach durch sie hindurch gesprungen war, als sei gar nichts.

Da verstanden seine Gefährten endlich - von einer Sekunde zur anderen: „Ein verdammtes Holobild, mehr nicht! Ein billiger Jahrmarktseffekt!“

Ken schürzte wie anerkennend die Lippen, obwohl er genau das Gegenteil davon empfand: „Was war das Motiv, Martha?“ Er hob die Stimme: „Angst vor sieben Unbekannten und einem Unter-Prupper, der einst Polizeipräfekt war? Oder warum kommen Sie nicht persönlich?“

„In Ordnung, Ken Randall, hier bin ich - persönlich, wie gewünscht!“

Ken fuhr herum. Martha trat aus dem Dschungel. Sie war nicht allein: An der Leine führte sie eine Tigerkatze mit. Jedenfalls ähnelte dieses Wesen stark einem irdischen Tiger. Es war nur ein gutes Stück größer und als es die Zähne bleckte, kam Ken das Gebiss auch weitaus gefährlicher vor. Außerdem schienen die dolchähnlichen Reißzähne Gift zu absorbieren: Er sah es trotz der Entfernung an gelblichen Tropfen, die daran hingen.


*


„Mit Kätzchen, hm?“, rief Yörg Maister mit gespielter Begeisterung: „Ach, ist das nicht niedlich? - Süß!“ Jetzt klatschte er auch noch verzückt in die Hände.

„Wie bereits eingangs erwähnt“, sagte Papaya Deran tonlos: „Sie liebt es halt eben effektvoll!“

Martha ließ die Leine locker und schritt genau auf Mario Servantes los.

Der Spanier wäre gern geflohen, aber das ging nicht: Seine Knie waren zu butterweich und zitterten sogar.

Der Tiger beschnüffelte ihn aufdringlich. Als er den Kopf hob, konnte er Mario fast in die Augen sehen, denn er war annähernd so groß wie ein irdisches Pony.

„Siehst du, Mario?“, fragte Martha, „auch sie mag dich sehr!“

„Zum Fressen gern sogar!“, frotzelte Yörg Maister. Anscheinend verkraftete er die Situation anders gar nicht. „Ei, wie heißt die Kleine denn?“

Ken fand überhaupt nichts mehr lustig. Martha antwortete trotzdem - ohne ihren Blick von Mario zu wenden: „Genauso wie ich, Yörg: Martha. Merkst du denn nicht, wie ähnlich wir uns sind?“

„Ja, gewiss: Nur die Zähne sind ein klein wenig auffälliger. Ansonsten...“

Martha lächelte.

Mario Servantes fühlte sich als Opfer. Das war offensichtlich.

Martha sagte beruhigend: „Hast du eine Ahnung, was ich für dich alles aufs Spiel gesetzt habe - und noch aufs Spiel setzen werde?“

„Für mich?“, würgte Mario mühsam hervor.

„Spürst du es denn wirklich nicht?“ Es klang ein wenig enttäuscht.

Papaya Deran war neben Ken getreten. Er keuchte schwer - wie ein Asthmatiker. Aber das schien nicht der wahre Grund zu sein.

Ken sah ihn an. Dieser flackernde Blick: Papaya Deran hatte ganz offensichtlich eine Heidenangst. Vor was oder vor wem? Vor - Martha? Und wieso? Als würde soeben über sein Leben entschieden...

Ken konnte es nicht verstehen. Sein Blick ging zu
Mario und Martha hinüber.

„MM - Mario und Martha! Ist das nicht romantisch? Sag!“

Mario, der Frauenheld... So wirkte er zurzeit ganz und gar nicht.

Kens Blick ging zurück zu Papaya Deran. Jetzt gab es für ihn keinerlei Zweifel mehr: Papaya Deran hatte etwas mit der Prupperin! Er war ihr Liebhaber - und damit ihr Protegé. Und weil sie anscheinend weit mehr Gefallen an Mario fand als er befürchtet hatte, sah er gewissermaßen seine Felle davonschwimmen.

Mitleid hatte Ken dessentwegen nicht mit dem Prupper. Vielmehr mit Mario. Denn der Spanier war der Situation offensichtlich überhaupt nicht gewachsen.

Tanya und Ken sahen sich an. Sie hatten also richtig vermutet. Und in ihnen keimte nunmehr der schlimme Verdacht, dass sie nur deshalb von Papaya Deran aus der Höhle des Löwen gerettet wurden - wegen Mario. Sie hatte ihn wahrscheinlich zum ersten Mal im Röhrensystem gesehen.

Liebe auf den ersten Blick!, dachte Ken zerknirscht.

Ja, vorher konnte sie ihn unmöglich gesehen haben. Oder vielleicht doch? Kurz nach der Ankunft im Lasten-SG-Bahnhof gar?

Es war eigentlich gleichgültig. Sie hatte gesagt, sie würde seinetwegen viel aufs Spiel setzen. Gewiss, konnte sein... Aber doch sicher nicht - die Revolution?

Sie hatte Mario und er hatte nicht die geringste Chance, sich ihrer Zuneigung zu entziehen. Das hätte sich der smarte Spanier wohl niemals träumen lassen: vergewaltigt von einer Frau...

Zum Lachen war es dennoch nicht und Ken fragte sich bang, was denn nun aus IHNEN werden sollte?


*


Die drei Ba-to-neh mussten natürlich nach wie vor befürchten, belauscht zu werden, nachdem Jeromee Jeri-emos Damus von ihnen hatte gehen müssen. Deshalb rückten sie ganz nahe zusammen - immer zu zweit -, bis ihre Bauchmembranen sich berührten. Wenn sie die Membranen nun in Schwingungen versetzten, übertrugen sich die Schwingungen auf den anderen: So war eine quasi völlig lautlose Unterhaltung möglich. Und was zwei ausknobelten, teilten sie anschließend dem dritten mit.

Es gehörte zum Grundcharakter der Ba-to-neh, dass der dritte stets eifersüchtig und ungeduldig war, bis man ihn endlich informierte.

Die Überwachungsoptiken nahmen die Szene natürlich auf und den Bewachern gefiel es ganz und gar nicht.

Die Tür öffnete sich. Die beiden, die Jeromee Jeri-emos Damus abgeführt hatten, erschienen in der Öffnung, mit drohenden Lasern.

„Auseinander!“, bellte der eine. „Was fällt euch ein? Ich kann euch versichern, dass uns nichts, aber auch gar nichts verborgen bleibt. Ihr wisst, welche Methoden uns zur Verfügung stehen: Wir brauchen euch nur zum Verhör zu zwingen, dann erfahren wir alles. Und bei uns wird jegliche Art von Sabotage und dazu gehört auch ein Ausbruchsversuch, mit dem Tode bestraft. Gnadenlos!“

Die drei Ba-to-neh gingen tatsächlich auseinander. Aber keiner von ihnen dachte daran, sich einschüchtern zu lassen.

Sie schielten zu den Sann hinüber. Die fünf erwiderten ihre Blicke. Die Sann ruhten in scheinbar stoischer Gelassenheit in ihrer Ecke. Kaum, dass sich mal einer bewegte. Nun ging das schon seit fast drei Wochen so und ihre Aktivitäten wurden lediglich angeregt, wenn es zu den Mahlzeiten ging.

Die drei Ba-to-neh verstanden das nicht so recht. Überhaupt verstanden sie nur sehr wenig von den Sann. Obwohl sie auf TUSTRA die Aufgabe hatten, die Sann zu überwachen und direkt anzuleiten. Weil es sie niemals interessiert hatte und die Ba-to-neh immer der Meinung waren, dies alles sei sowieso nur ein ›vorübergehender Zustand‹.

Yörg Maister hatte ihnen endgültig darüber die Augen geöffnet und versucht, ihren Sinn für die Wirklichkeit wieder zu schärfen. Falls sie ihn auf TUSTRA überhaupt jemals besessen hatten. Denn die Ba-to-neh waren eine Rasse, scheinbar ohne jegliche Vergangenheit. Sie wussten nicht, woher sie stammten. Von Theorien, dass sie sogar die Ureinwohner von TUSTRA waren, hielten sie überhaupt nichts. Für sie war TUSTRA die Welt ihrer Unterdrückung und sie waren sowieso der Auffassung, der Herrscherrasse Prupper haushoch überlegen zu sein. Nur hatten die Prupper die besseren Waffen.

Kein Wunder, dass sie sich für das Höllenkommando im SG-Bahnhof Tustrada-Tor freiwillig gemeldet hatten: Eine Waffenlieferung vom KRYPP, um die Herrschaft der Prupper ein für allemal abzulösen...?

Da waren sie selbstverständlich mit von der Partie
gewesen. Und von allen Ba-to-neh waren keine mehr als gerade diese drei für diesen gefährlichen Job geeignet gewesen.

Spätestens in ihrer Gefangenschaft - ausgerechnet bei dem Haufen, für den sie vorher im wahrsten Sinne des Wortes Kopf und Kragen riskiert hatten - war ihnen klar geworden, dass sie aufs falsche Pferd gesetzt hatten: Falls es wirklich zur Revolution kam, änderte sich für die Ba-to-neh am wenigsten.

Seitdem war ihr Interesse für die anderen Unterdrückten natürlich noch mehr erwacht und Yörg Maister hatte ihnen eigentlich nur noch den entscheidenden Stups gegeben.

Wie aber könnte es möglich sein, mit den Sann Kontakt aufzunehmen, ihnen zu erklären, über was man brütete? Ohne die Überwacher aufmerksam zu machen? Denn die Ba-to-neh zweifelten keine Sekunde daran, dass die Bewacher ihre Todesdrohung wahr machten, sobald sie genügend Motive dafür sahen. Es erschien ihnen sogar als Wunder, dass es nicht schon längst geschehen war.

Wieso hielt man sie hier gefangen?

Ka-mah hatte dazu eine Theorie entwickelt - und diese drehte sich um das Computergenie Jeromee Jeri-emos Damus: Sie waren schließlich zu Freunden zusammengeschmiedet und Ka-mah war überzeugt, dass Jeromee Jeri-emos Damus niemals etwas tun würde, was ihnen schaden konnte.

Und so lange die Rebellen Jeromee Jeri-emos Damus brauchten, durften auch sie leben.

Das hatte einiges für sich und Ka-mah ahnte nicht einmal, wie nahe er der Wahrheit wirklich war.

Be-teh interessierte zurzeit allerdings ganz was anderes: Wie könnte man die Revolution, die sicherlich stattfinden würde, für eigene Zwecke nutzen? Damit es wenigstens einigermaßen so kam, wie sie es sich vorher erträumt hatten?

Em-eh war in dieser Beziehung etwas realistischer: „Erst einmal hier heraus kommen! Dann können wir immer noch überlegen, wieso wir noch leben und was wir als nächstes tun könnten!“

Und natürlich ärgerten sich Be-teh und Ka-mah maßlos über diesen Einwand - weil er unleugbar vernünftig war! So waren sie nun einmal - die Ba-to-neh. Aber wenn es darauf ankam, hielten sie zusammen - so wie in diesem Moment, als sie alle drei plötzlich erkannten, wie sehr die beiden Bewacher doch beeinträchtigt waren: sie hatten noch stärker den Drogen zugesprochen!

Früher wäre es ihnen nie aufgefallen, aber inzwischen hatten sich ihre Sinne für alle Vorgänge außerhalb des direkten Ba-to-neh-Bereiches zwangsläufig geschärft. Und sie hatten gelernt, ihre Bewacher richtig einzuschätzen.

Niemand brauchte ihnen jetzt einen Einsatzbefehl zu geben. Es brauchte auch niemand ihre Aktionen zu koordinieren.

Von der plötzlichen Erkenntnis, dass dies eigentlich die einmalige Gelegenheit zum Ausbruch war, bis zur entsprechenden Reaktion vergingen nur Sekundenbruchteile. Denn die Ba-to-neh waren wahre Denkgenies: Sie dachten so schnell wie Hochleistungscomputer.

Dabei hatten sie sagenhafte körperliche Eigenschaften.

Die Tür war zwar weiter als zehn Meter entfernt. Sie konnten sie also nicht mit einem einzigen Satz erreichen. Aber sie hatten schließlich ihre Tentakelarme, die aufgerollt etwa vier Meter lang waren.

Ihre Hälse pumpten und erzeugten in den beiden Bewachern Zorn. Deshalb traten die beiden jetzt vollends ein.

„Ich warne euch zum letzten Mal...“

Weiter kam der Prupper nicht, denn die drei Ba-to-neh sprangen wie ein Mann los. Sie segelten durch die Luft - bis etwa zwei Meter vor die Prupper-Füße.

Die beiden Prupper schossen mit Verzögerung: Ihre Reflexe waren durch die Drogen stark beeinträchtigt. Man hätte zur Bewachung besser Unter-Prupper genommen: In dieser Kaste wurden Drogen verabscheut. So hatte man am falschen Ende gespart, wie es den drei Ba-to-neh schien.

Umso besser allerdings für sie!

Ihre Tentakelarme schnellten vor und peitschten die Waffen aus den Händen der beiden. Ein weiterer Peitschenhieb - und die beiden Prupper flogen durch die geräumige Zelle wie zwei Kanonenkugeln - genau in die Ecke, wo die Sann-Gronmei thronten.

Die fünf stämmigen Burschen reagierten blitzschnell. Auch ihnen brauchte man nichts groß zu erklären. Es schien, als hätten sie die ganze Zeit über nur darauf gewartet, dass die drei Ba-to-neh endlich tätig wurden.

Hatten sie sich deshalb in die letzte Ecke zurückgezogen, weil ihnen klar gewesen war, dass nur die drei Ba-to-neh eine Chance bekommen würden - wenn überhaupt?


*


Die Sann fingen die beiden Prupper geschickt auf und legten sie auf den Boden. Zwei durchsuchten sie eilig und nahmen alles aus den Taschen, was möglicherweise von Nutzen sein könnte. Dann sprinteten sie hinter den drei Ba-to-neh her.

Die drei hatten die Waffen an sich genommen. Sie hielten sie in ihren geschickten Händen. Ihre Finger waren schlank wie die von Klaviervirtuosen. Die Ba-to-neh waren technisch begabte Genies. Sie hatten überhaupt drei ganz hervorstechende Eigenschaften, intellektuell gesehen: Sie waren Meister im Erlernen von Sprachen und im Erzeugen von Tonimitationen! Sie waren ungeheuer schnelle Denker, mit einer technischen Sonderbegabung ohnegleichen! Und sie waren zum Dritten Wesen mit fotografischem Gedächtnis!

Das brachte natürlich auch ›Nachteile‹ mit sich: Spezialisierung zum Beispiel. Denn wer ein fotografisches Gedächtnis hat, braucht praktisch keine Aufzeichnungen. So konnte sich keine Schriftsprache entwickeln, die über gewisse primitive Ausdrucksweisen hinausging. Und das beeinträchtigte selbstverständlich im erheblichen Maße ihre technisch-kulturelle Entwicklung trotz ihrer sonstigen Begabtheit.

Kein Wunder, dass sie als Rasse den waffentechnisch weit überlegenen Pruppern unterliegen mussten.

Außerdem waren die Ba-to-neh im Grunde ihres Wesens äußerst friedliebende Burschen, auch wenn sie für menschliche Begriffe so monströs-grausig wirkten und untereinander ständig im Streit zu liegen schienen.

Der Gang, den sie entlang fegten, war leer. Vor ihnen öffnete sich eine Tür. Zwei weitere Bewacher sprangen in den Gang.

Die Ba-to-neh hatten die erbeuteten Waffen auf Schockwirkung geschaltet und schossen sofort. Die beiden Prupper hatten nicht die geringste Chance.

Der kurze Zwischenfall hielt die drei Ba-to-neh ein wenig auf. Das durften die folgenden Sann begrüßen, denn sie konnten den Abstand verringern. Beinahe hatten sie befürchten müssen, den Anschluss zu verlieren. Und sie wollten die drei Ba-to-neh nicht allein fliehen lassen. Oder legten die es darauf an?

Nein, Ka-mah wandte sich kurz um und winkte ihnen mit dem freien Arm aufmunternd zu - vor seinem nächsten Supersprung von fast zehn Metern Weite, während dem er das Gleichgewicht mit halb aufgerollten Tentakelarmen hielt.

Es mutete an wie bei den irdischen Kängurus. Nur hatten die Ba-to-neh keinen Schwanz, um damit zu jonglieren. Dafür waren die Tentakeln gut.

Um zu sehen, ob die Sann gut mitkamen, brauchten sie sich nicht mehr umzudrehen, denn sie hatten die Nachfolgenden auch so im Blick - mit den Hinteraugen. Denn die Ba-to-neh besaßen ja drei Augen: zwei vorn und eins hinten - gewissermaßen zur Rückendeckung.

Die Sann-Gronmei bewiesen, dass ihre beinahe unförmig dicken Beine eine enorme Kraft besaßen: Sie machten weite Sprünge. Zwar nicht so weit wie die Ba-to-neh, aber dafür liefen sie, während die Ba-to-neh beidbeinige Sprünge absolvierten.

Ein grotesker Anblick, aber die Gruppe war damit ungeheuer schnell. Und die Hinteraugen der Ba-to-neh bewährten sich bald - um Verfolger zu entdecken, die hinten im Gang auftauchten und sofort ihre Waffen anlegten.

Die Ba-to-neh schossen schneller und die Schockwaffen auf TUSTRA hatten bekanntlich eine weit größere Reichweite als die Schockwaffen auf der Erde.

Auf einmal war der Gang zu Ende. Eine breite Tür verbarg, was dahinter folgte.

Die drei Ba-to-neh gaben sich nicht die Mühe, diese Tür auf konventionelle Weise zu öffnen. Das würde zuviel Zeit beanspruchen. Sie sprangen voll dagegen.

Ihre robusten, fleischig-massigen Körper schlugen ein wie drei Bomben: Die breite Tür zerfetzte mit ohrenbetäubendem Krachen.

Weiter ging es: Vor ihnen tat sich ein Notschacht auf - mit schmaler, umlaufender Treppe und einer glatten, ziemlich dicken Stange in der Mitte. Sie war offenbar mehr als Stützpfeiler zwischen mehreren Stockwerken gedacht, denn sie endete zwei Stockwerke höher und hatte ihren Ursprung drei Stockwerke tiefer.

Die Ba-to-neh sprangen daran, umschlangen sie mit den starken Tentakelarmen, damit sie die Hände mit den Waffen frei behielten und sausten abwärts - in der Art, wie man es manchmal in alten Filmen auf der Erde noch sah: wenn die Feuerwehr in den Einsatz musste!

Auch die Sann hatten damit keine Schwierigkeiten.

Die Gruppe erreichte in Rekordzeit die unterste Sohle. Gleichzeitig schrillte der Alarm durch das ganze Gebäude. Die Gruppe war allerdings entschlossen, den Ausbruch bis zum Ende durchzuführen - koste es, was es wolle. Sie wussten, dass sie nichts mehr zu verlieren hatten, denn auch in der Gefangenschaft hing ihr Leben nur an einem seidenen Faden. Und wenn sie einmal draußen waren, würden die Rebellen es schwer haben, ihnen zu folgen, denn sie mussten mit der Polizei rechnen und alles tun, um Aufsehen zu vermeiden. Denn die Polizei war im Großeinsatz: Fahndung nach den Terroristen. So würden die Fliehenden zwar möglicherweise vom Regen in die Traufe gelangen, aber das war ein Risiko, das sie gern eingingen.

Die nächste Tür wurde von ihnen wieder gesprengt, indem sie sich mit aller Wucht dagegen warfen. Und schon waren sie draußen.

Es war wie ein Wunder: Sie waren also nur im dritten Stockwerk untergebracht gewesen?

Nein!, berichtigten sie sich: Sie befanden sich nicht an der Sohle des Gebäudes, sondern vor ihnen war ein Highway, der breit ausladend zwischen den Gebäuden hing. Über ihnen waren weitere Highways, aus dieser Entfernung wie ein Gespinst, das die Gebäude untereinander verband, so dass dieses Viertel aussah wie uralte, spinnwebenverhangene Ruinen. Dabei war alles gigantisch. Und die acht Flüchtlinge waren nur winzige Pünktchen, die davon rannten.

Keiner der Rebellen wagte, ihnen zu folgen, wie schon eingeplant. Es schoss auch niemand, denn hoch über der Stadt kreisten Polizeigleiter und würden den Energieausbruch hier draußen sofort orten. Sie würden sich wie Habichte herab und auf die Szene stürzen. So aber blieben sie blind und taub. Außerdem suchten sie immer noch nach sieben prupperähnlichen Erdwesen - und nicht nach acht ETs...