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Strategische Unternehmenskommunikation für
Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen

 

Herausgegeben von Simone Hoffmann

Simone Hoffmann

Markenbildung im Krankenhaus

Verlag W. Kohlhammer

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1. Auflage 2016

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-028707-5

E-Book-Formate:

pdf:       ISBN 978-3-17-028708-2

epub:    ISBN 978-3-17-028709-9

mobi:    ISBN 978-3-17-028710-5

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Inhalt

  1. Vorwort zur Reihe
  2. 1 Markenbildung im Krankenhaus
  3. 1.1 Image, Marke, Reputation
  4. 1.2 Marketing für Krankenhäuser? Ja. Aber mit zwei Ausnahmen.
  5. 1.3 Integrierte Kommunikation
  6. 1.4 Das Einfache ist nicht das Leichte: Markenbildung ist zunächst Denkarbeit
  7. 1.5 Wege zur Profilschärfung
  8. 1.6 Markenbildung im Gesundheitssektor: Eine Botschaftenstudie
  9. 1.7 Markenbildung im Gesundheitssektor: Eine Bilderstudie
  10. 2 Markenführung
  11. 2.1 Zentrale, dezentrale Steuerung: Aufgaben und Herausforderungen
  12. 2.1.1 Markenstrategien
  13. 2.2 »Wir kennen uns besonders gut im Healthcare-Bereich aus.« Na und? Arbeiten mit Agenturen
  14. 3 Budgetplanung
  15. 3.1 Der jährliche Budgetplan
  16. 3.2 Alle argumentieren mit Zahlen – auch die Kommunikation. Erfolgskontrolle mit wenig Geld
  17. 4 Praxisbeispiele
  18. 4.1 Corporate Publishing
  19. 4.1.1 Blog
  20. 4.1.2 Kommentarfunktionen im Internet
  21. 4.2 Zeitungsbeilage
  22. 4.2.1 Drei Fragen an … einen Zeitungsredakteur
  23. 4.3 Vortragsreihe
  24. 4.3.1 Drei Fragen an … einen Marketingexperten
  25. 4.4 Arzthelferveranstaltung
  26. 4.5 Marketing-Workshop
  27. 4.6 Webshop für Werbemittel
  28. 4.6.1 Pitchunterlagen
  29. 4.6.2 Die Präsentation
  30. 4.6.3 Auswertung
  31. 4.6.4 Die Arbeit danach
  32. 4.7 Ranking-Exposé
  33. 4.8 Imagefilm
  34. 4.9 Corporate Design und CD-Relaunch
  35. Exkurs: Auswahl einer Agentur für ein neues CD
  36. 4.9.1 Das Briefing
  37. 4.10 Regionale Netzwerkbildung
  38. Literatur
  39. Stichwortverzeichnis

Vorwort zur Reihe

 

Die Themen »Kommunikation« und »Marketing« erleben in der Gesundheitsbranche seit geraumer Zeit einen Aufschwung. Schaut man in die Programme von Kongressen in der Gesundheitsbranche, so fällt auf: Noch vor zehn Jahren tauchten die Themen entweder kaum oder als letzter Programmpunkt auf. Mittlerweile gibt es eigene Kongresse, die sich nur mit Kommunikation in der Gesundheitswirtschaft beschäftigen – zu Recht. Kommunikation für Krankenhäuser ist wichtig und wird in ihrer Bedeutung eher zunehmen. Denn 42% der Allgemeinkrankenhäuser haben 2013 Verluste geschrieben (DKI, Krankenhausbarometer 2014) und sind mittel- bis kurzfristig in ihrer Existenz bedroht. Eine Tatsache, die durch verschiedene politische Forderungen oder Rahmenbedingungen (Mindestmengenregelung, Investitionskostenfinanzierung, Mehrerlösausgleich, Zentrenbildung, sektorenübergreifende Qualitätskriterien, …) noch verschärft wird. »Die fetten Jahre sind [für Krankenhäuser] vorbei« (RWI-Institut, Krankenhaus Rating Report 2011), war der Krankenhaus Rating Report folgerichtig bereits 2011 überschrieben. Seither hat sich die Situation für Krankenhäuser noch verschärft.

Krankenhäuser, die zukunftsfähig sein und bleiben wollen, müssen nicht nur hervorragende Medizin und Pflege anbieten, sie müssen auch dafür sorgen, dass alle Zielgruppen (Patienten, Einweiser, lokale Politik, Kostenträger, Selbsthilfegruppen, …) davon wissen. Die damit verbundenen strategischen Kommunikationsaufgaben sind eine condition sine qua non für eine auf Leitungsebene konsentierte, strategisch medizinische Ausrichtung. Und diese strategischen Kommunikationsaufgaben gehören zur Kernkompetenz von Unternehmenskommunikation. Krankenhäuser sollten ihr Image oder die Anzahl der Patienten nicht nur dem Empfehlungsmanagement der Einweiser überlassen.

Zu Kommunikationsarbeit in einem Krankenhaus gehört auch Handwerk, jedoch eines, das von den Leitern und Lenkern eines Hauses als das wahrgenommen werden muss, was es ist: als ein Teil der Führungsaufgabe. Nur wenn die Leitungsebene eines Hauses erkannt hat, dass

arrow  Kommunikationsarbeit einen wichtigen Teil ihrer Führungsaufgabe ausmacht und

arrow  jeder Fachfremde, sei er Qualitätsbeauftragter oder Sekretär, der »das bisschen Pressearbeit« mitmachen soll, zwangsläufig und unverschuldet an dieser Aufgabe scheitern muss,

nur dann kann gelingen, was professionelle Kommunikationsarbeit zu leisten im Stande ist: Sie kann das hauseigene Profil nach außen und innen schärfen, für unterschiedlichste Zielgruppen aufbereiten und sichtbar machen, Mitarbeitern Orientierung und damit Führung bieten. Und sie kann Krisen vor der öffentlichen Eskalation versachlichen und damit klein oder unschädlich halten.

Kurz gesagt: Sie kann den Führungskräften eines Hauses Durchsetzungs- und Gestaltungsfreiräume nach innen und außen eröffnen und damit Wettbewerbsvorteile generieren.

Es gibt Hunderte Bücher, die sich mit Kommunikation und Marketing beschäftigen, es gibt einige Bücher, die sich mit Kommunikation und Marketing in der Gesundheitsbranche beschäftigen. Aber es gibt sehr wenige, die dieses Themengebiet mit dem praktischen Wissen aus vielen Jahren Arbeit in einem Krankenhausunternehmen beleuchten.

Die vorliegende Reihe »Strategische Unternehmenskommunikation für Krankenhäuser und Gesundheitseinrichtungen« zeigt mit jedem Band die unterschiedlichsten Aspekte von Unternehmenskommunikation auf: sehr praxisorientiert, da sämtliche Autorinnen und Autoren innerhalb der Branche arbeiten, und gleichzeitig auf einem hohen Reflexionsniveau. Allen Autorinnen und Autoren danke ich an dieser Stelle für ihr Engagement an dieser Buchreihe und für die auch nach Jahren der praktischen Arbeit nicht nachlassenden Lust an strategischer Unternehmenskommunikation.

Ohne die geteilten Erfahrungen der vergangenen zehn Jahre Krankenhauskommunikation hätte diese Buchreihe nicht entstehen können. Es gab viele Menschen, die mich an ihrem Wissen teilhaben ließen oder mit denen und für die ich spannende Projekte umsetzen durfte. Dazu zählen in besonderer Weise: Siegmar Eligehausen, Thomas Grünert, Dr. Christoph Hoppenheit, Bernhard Messer, Ernst-Martin Walsken. Agenturen gibt es wie Sand am Meer, aber nur wenige, mit denen man über viele Jahre konstruktiv, vertrauensvoll und verlässlich zusammenarbeitet. Das ist nicht selbstverständlich. Deshalb »Danke« an: Butter. (Düsseldorf), Kemper Kommunikation (Frankfurt) und GUCC grafik & film (Münster).

Darüber hinaus danke ich ausdrücklich Dr. Ruprecht Poensgen vom Kohlhammer Verlag für die stets angenehme, vertrauensvolle und verlässliche Zusammenarbeit. Meine Kinder haben sich nie beschwert über eine Mutter, die am Computer sitzt statt Kuchen bäckt (und wussten besser als ich, wie viele Seiten bereits fertig geschrieben waren), und mein Mann hat dieses Buchprojekt in jeglicher Hinsicht unterstützt: danke!

Münster, Simone Hoffmann

 

 

 

 

 

1        Markenbildung im Krankenhaus

1.1        Image, Marke, Reputation

42% aller deutschen Allgemeinkrankenhäuser haben 2013 Verluste geschrieben und sind mittel- bis kurzfristig in ihrer Existenz bedroht (DKI, Krankenhausbarometer 2014). Gleichzeitig fordert die Bundesregierung eine »Qualitätsoffensive« für Krankenhäuser. Demnach sollen künftig besonders diejenigen Häuser gefördert werden, die einen hervorragenden Qualitätsstandard haben.

Qualität aber kostet Geld. Und das Geld muss verdient werden und zwar in erster Linie durch Patienten, die den Weg in das eigene Krankenhaus finden – idealerweise, weil sie sich von genau diesem Krankenhaus eine bestimmte Dienstleistung oder Behandlung erhoffen. Weil sie also eine Bindung oder zumindest eine bestimmte Vorstellung von dem Image und den Leistungen eines Hauses haben. Schließlich vertrauen sie dem Krankenhaus ihre Gesundheit, ihren Körper und manchmal sogar ihr Leben an.

Unternehmensimages und Marken bieten Orientierung – diese Chance sollten Krankenhäuser nutzen, statt sich allein auf das Empfehlungsmanagement von Einweisern zu verlassen. Denn ein Krankenhaus, das ein Image hat, sich als Marke positioniert und Markenbildung als gesamtunternehmerische Aufgabe begreift, die systematisch, effizient und wirkungsvoll darauf abzielt, seine »Kunden« in den Mittelpunkt zu stellen, ist nicht nur für Patienten attraktiv.

Selbstverständlich ist so ein Arbeitgeber auch attraktiv für Stellensuchende. In Zeiten von akutem Fachkräftemangel, Fusionen sehr großer Ketten, Baupauschalen und politisch gewolltem Verdrängungswettbewerb ist Markenbildung auch für Krankenhäuser ein entscheidendes Kriterium für Erfolg. Es reicht einfach nicht mehr, gute Medizin und Pflege anzubieten. Jedes Krankenhaus muss dafür Sorge tragen, dass die (potenziellen) Patienten, die Kostenträger, die Einweiser, die Politik und viele andere Stakeholder auch davon wissen.

Krankenhäuser sollten also einen relevanten Teil ihres Budgets auf die Posten »Sichtbarkeit« und »Profilschärfe« – also auf ihre Kommunikation nach innen und außen1 - verwenden, wenn sie im Wettbewerb um Patienten, um finanziellen Zuwendungen, um politische Aufmerksamkeit – kurz: um Reputation die Nase vorn haben wollen.

Ein professioneller Markenauftritt gehört unbedingt dazu. Auch wenn Krankenhäuser nach der klassischen Marketing-Definition kein Marketing betreiben können, da kein Krankenhaus, das im jeweiligen Landesbettenplan auftaucht, auf einem freien Markt agiert. Auch der Begriff »Kunde« ist in dem Zusammenhang problematisch. Denn Patienten sind in erster Linie: Patienten. Und das sind sie, weil sie, und das ist der vielleicht wichtigste Unterschied im Gegensatz zu Verbrauchern für Autos, Rasierklingen oder Blumenerde, viel zu verlieren haben. Die Fallhöhe ist im Gesundheitssektor enorm. Patienten vertrauen einem Krankenhaus ihre Gesundheit und manchmal ihr Leben an. Sie kommen also aus einer per se geschwächten Position in das Krankenhaus. Größer könnte der Unterschied zu einem Autokäufer wohl kaum sein.

Aber während sehr viele Deutsche sagen können, welche Automarke für »Freude am Fahren« steht oder welche Schokolade besonders zart im Mund zergeht, ist im öffentlichen Bewusstsein der Menschen außerhalb der Branche kaum ein Krankenhausunternehmen für eine bestimmte medizinische Dienstleistung oder ein bestimmtes Attribut bekannt. So gut wie kein Krankenhausunternehmen ist in der Wahrnehmung der Öffentlichkeit eine Marke. Das ist aus Sicht der Krankenhäuser nicht nur schade. Vor dem Hintergrund des finanziellen Engpasses und des Konkurrenzkampfes unter den Krankenhäusern ist es fatal. Marke, Image, Reputation – das alles sind theoretische Begriffskonstruktionen, die sich »aus Kognitionen wie Wahrnehmungen, Einstellungen, Kenntnissen, Erfahrungen, Auffassungen, Glauben und Gefühlen bezüglich eines Objektes, einer Person bzw. eines Unternehmens zusammensetzen« (Mast 2013, S. 47). Definitorisch gibt es graduelle Unterschiede zwischen den Begriffen »Image«, »Marke« und »Reputation«. Letzten Endes sollen alle drei Begriffskonstruktionen jedoch helfen, Vertrauen herzustellen und zu erhalten, Orientierung zu erleichtern und Unsicherheiten zu reduzieren. Im Folgenden wird hauptsächlich der Begriff »Marke« bzw. Markenbildung verwendet.

1.2        Marketing für Krankenhäuser? Ja. Aber mit zwei Ausnahmen.

»MVZ«, »ISO«, »KTQ«, »IGV«, »ASV«, »IV« – dies ist nur ein winziger Bruchteil der Abkürzungen, die sich im Zusammenhang mit Krankenhäusern bzw. dem Gesundheitssystem finden lassen. Diese Aufzählung ließe sich beliebig weiterführen. Interessant daran ist: Von außen betrachtet könnten diese Abkürzungen kaum sachlicher, nüchterner, ja, vielleicht sogar gefühlloser sein. Im Gegensatz zu Abkürzungen zum Beispiel aus der Feinmechanik handelt es sich hierbei aber um Wortungetüme, mit denen kranke Menschen Hoffnungen für Heilung oder Linderung verbinden würden, würden sie sie entschlüsseln und verstehen können.

Ausgerechnet in unserer Branche wird offenbar erschreckend wenig Mühe darauf verwendet, die eigentliche Zielgruppe, nämlich die Patienten, dort abzuholen, wo sie stehen: in einer geschwächten, weil kranken Position, oft hilflos, weil sie mangels medizinischer Kenntnisse dem Krankenhaus mit ihren Medizinern und Pflegekräften vertrauen müssen.

Patienten können in der Regel die medizinische Qualität eines Hauses nicht beurteilen. Stattdessen bemühen sie ein Hilfskonstrukt, eine Art selbsthergestellte Ableitung: Ist das Personal freundlich, ansprechbar und hilfsbereit? Sind die Zimmer modern und sauber, das Essen gut, der Service aufmerksam? Nimmt man sie mit ihren Sorgen wahr? Wer sich in seinen Ängsten und Hoffnungen von einem Krankenhaus verstanden fühlt, dem wird es leichter fallen, sich für genau dieses Haus zu entscheiden, egal, ob er das eigentliche Kerngeschäft – Medizin und Pflege – beurteilen kann oder nicht. Den Patienten in seiner Entscheidung für ein bestimmtes Krankenhaus zu unterstützen, wird aber nur gelingen, wenn der Absender auch die Sprache der Zielgruppe spricht. Abkürzungen von Wortungetümen müssen sich da jedenfalls ganz hinten anstellen. Sie haben mit den oben beschriebenen Emotionen so viel zu tun wie ein Krankenhausaufenthalt mit einem Wellnessurlaub.

Es lohnt sich, sich auch für die Krankenhauskommunikation den Gesetzmäßigkeiten und Mechanismen von Marketingstrategien zu bedienen. Allerdings in dem Bewusstsein, dass sich Krankenhausmarketing in zwei Punkten wesentlich von anderer Marketingkommunikation unterscheidet:

1.    Krankenhäuser agieren nicht auf einem freien Markt. (Und damit ist Marketing in seiner definitorischen Bedeutung nur eingeschränkt möglich)

2.    Patienten sind Patienten sind Patienten. Und keine Kunden. Denn im Gegensatz zu Marketing für Autos oder Schokolade gibt es eine Fallhöhe: Es geht um Menschen, um deren Gesundheit und in letzter Konsequenz um Leben und Tod.