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Christine Lawens

Whisky en vogue

Ein Franzose auf Abwegen

Kurzgeschichte

hockebooks

Neulich traf ich mich mit meinem Verleger zum Essen, um ihm die Idee für einen Fotoband über Champagner zu präsentieren. Er lachte, nannte es ein schönes Projekt, aber ich wäre zu spät. Der neue Gourmetführer von Monsieur Rocher sei schon im Lektorat. Was sie jetzt bräuchten, wäre was über Whisky. Zuerst über den schottischen, später dann über die anderen.

»Und Sie, Clarissa, werden diese Bücher schreiben.«

In Gedanken sah ich hügelige Heiden und torfige Anhöhen, reines Wasser, das durch die Bäche und Flüsse fließt. Ich sah Felder mit goldgelber Gerste, die sich im Wind wiegen, dachte an Stevenson Catroina, an den ständigen Zwist zwischen Highlandern und Lowlandern, an Islay und die Inseln. Skye, Mull und Jura, wo sich die See an schroffen Felsen bricht. Und an dieses göttliche Getränk.

»Aber wie ich sagte, es gibt ein spezielles Konzept für diese Reihe. Sagen wir mal, Sie sollen nicht nur die Leser überzeugen.«

Wie ein schläfriger Alligator tauchte ich aus meinen Fantasietümpeln auf.

Mein Gegenüber schien über etwas nachzudenken. Für wenige Sekunden schloss er die Augen. Er legte die Fingerspitzen aneinander, um sich zu sammeln. »Sie werden jemanden mitnehmen auf diese Reise, und Sie werden ihn davon überzeugen, dass Whisky etwas Besonderes ist.«

»Weiß nicht«, murmelte ich und nippte am Rotwein, »arbeite lieber als Solitär und schon gar nicht mit Laien.«

Mein Verleger hob beschwichtigend die Hände. »Rocher ist sicher kein Laie, weder was Geschmack noch was das Schreiben betrifft.«

Rocher? Das konnte nicht sein Ernst sein. Der lehnte doch schon alle Weine ab, die jenseits der französischen Grenzen wuchsen.

»Ich weiß, er ist ein bisschen schwierig, aber genau darum geht es. Wenn Sie ihn überzeugen, dann auch Ihre Leser. Und Sie sprechen französisch. Ich setze mein ganzes Vertrauen in Sie.«

Andererseits, Buch ist Buch, und seit meinem letzten waren schon zwei Jahre vergangen. Also fand ich mich einige Tage später im sonnigen Südwesten Frankreichs wieder, in einem kleinen, aber feinen Bistro, und mir gegenüber saß Monsieur Rocher und hatte noch nicht einmal an seinem Glas genippt, mir nur beim Trinken zugeschaut und gelächelt, als er mich nicken sah.