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Nr. 1557

 

Die Bionten von Drumbar

 

Sie riskieren ihr Leben – ihre Waffe ist die Gewaltlosigkeit

 

Robert Feldhoff

 

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Den ehemaligen Zellaktivatorträgern läuft die Zeit davon. Während sie Mitte 1171 NGZ davon ausgehen konnten, aufgrund der ihnen durch ES gewährten Zelldusche noch eine Lebensspanne von rund sechs Jahrzehnten zur Verfügung zu haben, wissen sie nun, rund ein Jahr später, dass die Uhren der Superintelligenz anders gehen. Jedenfalls hat sich die ihnen zugestandene Gnadenfrist drastisch verringert, wie man ihnen zu verstehen gab.

Sollen all ihre opfervollen Bemühungen, den Aufenthaltsort von ES und seiner Kunstwelt zu bestimmen, umsonst gewesen sein? Die ehemaligen Unsterblichen und ihre Helfer wollen es nicht glauben.

Sie setzen vielmehr auch weiterhin alles daran, Wege zu finden, der gestörten Superintelligenz zu helfen, um auf diese Weise letztlich auch sich selbst zu helfen.

ES hingegen favorisiert neuerdings die Linguiden, was die Verteilung von Zellaktivatoren an 14 Friedensstifter eindeutig beweist. Sie sollen offensichtlich anstelle der Terraner die Funktion von Ordnungshütern in der lokalen Mächtigkeitsballung übernehmen.

Die Linguiden versuchen, den in sie gesetzten Erwartungen gerecht zu werden. Das zeigt sich, als eine Gettowelt überfallen wird. Zwei Friedensstifter bemühen sich um Hilfe für DIE BIONTEN VON DRUMBAR ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Faragit – Vorsteher von Ybor.

Nikki Frickel – Die Kommandantin der TABATINGA folgt einem Notruf.

Nuurim dak Alban – Eine Biontin von der TABATINGA.

Pabradoor – Ein Monkin-General.

Dorina Vaccer und Aramus Shaenor – Zwei Friedensstifter auf Drumbar.

Vorspiel

 

»Planet Drumbar ruft die Bewohner der Milchstraße! Wir benötigen Hilfe! Ich wiederhole: Hilfe wird dringend benötigt, bevor es zu spät ist! Wir werden angegriffen! Es geht um Tod und Leben, jede Stunde zählt!«

Hyperkomspruch. Sendestärke H17/30 hoch. Peilung TABATINGA: AHAS IUR 9.364.729.202. Blau-Nord. Halo der Milchstraße. Kegelbegrenzung schließt ein: Planeten Drumbar im Dreisonnen-System, Sterne Uliha, Lihama, Halil. Drumbar wird lokalisiert. Vermerk: Drumbar. Biontenwelt.

1.

 

»Vorsteher!«

Faragit fuhr auf dem Absatz herum, so sehr hatte der alarmierte Ton in der spitzen Stimme ihn erschreckt. Seine hundertachtzig Kilo Körpermasse ließen den ganzen Steg erzittern. Mit einem Arm stieß er gegen den Balken, den die Arbeiter vor einer Stunde erst aufgerichtet hatten – und konnte gerade verhindern, dass die Wucht der Bewegung das noch wacklige Stützelement kippen ließ.

»Steht nicht herum!«, brüllte er. »Helft mir!«

Der Balken war zwölf Meter lang. Die Spitze war ins Schwingen geraten, und er war trotz seiner Kraft kaum imstande, das Zittern länger auszubalancieren.

Mic und Garvas, die beiden »Ertruser«, setzten ihre Fleischmassen schwerfällig in Bewegung. Sie kletterten die Leitern hinauf und kamen über den schmalen Steg herangepoltert. Beide brachten mindestens das Doppelte seines eigenen Gewichts auf die Waage, was eine ganze Menge war. Insgesamt hatte ein einziges Brett von zehn Zentimetern Stärke nun neunhundert Kilo zu tragen.

Neunhundert. Fast eine Tonne. Und er stand zwanzig Meter über dem Boden.

Faragit wurde Angst und Bange bei der Rechnung. Seit mehr als drei Wochen bauten sie nun schon am Skelett eines neuen Vorratssilos. Der größte Teil der Balkenkonstruktion stand nun endlich, und er hatte nicht die Absicht, die Arbeit zu ruinieren.

Durch das Drumbar-Eisenholz lief ein lautstarkes Knistern. Garvas war der Erste, der ihn erreichte. Der Fleischkloß wankte mit verzerrtem Gesicht und ängstlich nach oben verdrehten Augen heran. Keiner der Ertruser war schwindelfrei.

»Nun los doch!«, brachte Faragit gerade noch heraus. Dann hatte Garvas zugepackt, und er konnte endlich den Griff lockern. In Garvas, Händen stabilisierte der Balken sich rasch, das Zittern ließ nach. Nur die klobigen Füße der beiden Riesen ließen noch die gesamte Konstruktion erbeben.

Der Vorsteher winkte die beiden nach unten.

»Vorsichtig!«, mahnte er, »sonst stürzt hier alles zusammen. Den Balken lassen wir stehen. Der hält auch so, wenn ihn niemand umstößt.«

Mic und Garvas schlichen fast hinunter; jedenfalls für ihre Verhältnisse. Tatsächlich brachten sie es dabei fertig, weder die Leiter zu zerstören noch sonst eine Katastrophe zu verursachen. Als sie unten waren, atmete Faragit erleichtert auf. Er wusste schon, warum er die Ertruser nicht am Bau haben wollte.

Es gab ungefähr vierzig von ihnen in der Siedlung Ybor. Sie gehörten zu jenen Genexperimenten, die noch am ehesten als geglückt angesehen werden durften. Die Ertruser waren über zweifünfzig groß, unglaublich aufgeschwemmt und verfügten über gewaltige Körperkräfte. Dagegen fehlte ihrem Naturell jede Aggressivität. Sie waren lammfromme, gutmütige Burschen. Weder besonders intelligent, nicht einmal am niedrigen Biontenmaßstab gemessen, noch völlig untauglich. Und auf den Feldern leisteten sie trotz grausam deformierter Glieder gute Arbeit.

Nur an Aufgaben, die Fingerspitzengefühl erforderten, ließ der Vorsteher sie nicht gern heran.

Hoch am Himmel stand die Sonne Uliha, weißgelb und um diese Zeit von gleißender Strahlungsintensität. Faragit beschirmte mit einer Hand seine Augen.

»Nun redet mal, ihr zwei! Was ist denn los?«

»Lal und Wieking sind weg«, sagte Mic. Der andere war kalkweiß im Gesicht, seine groben Poren waren von Schweißtröpfchen umsäumt.

»Ja«, ergänzte Garvas aufgeregt, »verschwunden. Wir können sie nicht wiederfinden.«

»Na und?« Faragit verstand die ganze Panik nicht. »Lasst sie doch ruhig ein paar Stunden allein. Vielleicht haben sie Spaß zusammen, nicht wahr?«

Verschwörerisch grinste er Mic und Garvas zu.

»Nein, nein«, wehrte sich Mic mit gequälter Miene. »Nicht, was du denkst. Wieking ist ein Neutrum. Die beiden sind bloß Freunde. Deswegen haben wir ja so viel Angst.«

»Deswegen?«, wiederholte er verständnislos.

»Ja, Vorsteher Faragit! Eben weil dieser Grund wegfällt. Lal und Wieking sind die klügsten von uns Ertrusern. Sie würden nie weggehen, ohne ein Wort zu sagen.«

»Wir glauben«, fügte Garvas hinzu, wobei seine Stimme zu einem Wispern herabsank, »dass sie weggebracht wurden. Entführt, Faragit! Oder getötet.«

Der Vorsteher lachte laut.

Dabei gab er wenig darauf, dass die Riesen zusammenzuckten und furchtsame Blicke in die Runde warfen. Der Stadtrand von Ybor war hundert Meter entfernt. Kein einziger Biont ließ sich blicken. Alle machten Mittagspause; eine Sitte, die er vor einigen Jahren eingeführt hatte.

»Tut mir Leid, ihr beiden, dass ich euch nicht ernst nehmen kann. Aber das ist absurd, versteht ihr mich? Nein? Absurd bedeutet so viel wie unsinnig oder vollkommen ausgeschlossen. Wer sollte einen Ertruser entführen, hm? Denkt mal darüber nach. Und wer hätte ein Interesse daran? Es gibt nicht einmal Tiere auf Drumbar, die sich an euch herantrauen.«

»Trotzdem, Vorsteher Faragit. Lal und Wieking brauchen Hilfe! Du musst ihnen helfen, weil du der Vorsteher bist. Das ist nicht appurt, sondern ganz klar.«

Er konnte sehen, wie Mic stur auf dem beharrte, was er sich in den Kopf gesetzt hatte. Der Kopf des Ertrusers war gesenkt, die Unterlippe störrisch vorgeschoben.

»Absurd heißt das Wort, nicht appurt. Nun gut, ich kümmere mich bei Gelegenheit darum. Verschwindet jetzt, ihr beiden!«

Mic ballte verbittert die Fäuste, schlich aber mit Garvas im Schlepptau in Richtung Siedlung davon. Auf den schrägen Plastikdächern brach sich grelles Licht, und da der Tag sehr klar war, konnte man am Himmel sogar die Lichtpunkte der Sonnen Halil und Lihama sehen.

»He, Garvas!«, rief Faragit den beiden noch hinterher, bevor sie zwischen den Fertighäusern verschwanden. »Du darfst dich von Mic nicht verrückt machen lassen.«

Ein paar Sekunden später tat es dem Bionten Leid, dass er die beiden so abgefertigt hatte. Denn so gewaltig und plump die Fleischklöße aussahen, so empfindsam und verletzlich war ihre Seele.

 

*

 

Die Kolonie der Bionten lebte vor allem vom Ackerbau. Aber es gab auch Viehzucht, weil unter den 12.000 Einwohnern Ybors viele waren, die auf tierisches Eiweiß und Milch nicht verzichten wollten. 12.000 ... Mehr von ihnen waren nicht mehr übrig. Keiner der Bionten war imstande, sich fortzupflanzen. Im Jahr 1146 NGZ hatte es noch 43.000 von ihnen gegeben, und in dreißig oder vierzig Jahren, so schätzte der Vorsteher, waren sie alle tot.

Bis dahin aber kämpften sie ums Überleben und um ihre Würde. Sie waren Bionten, die Krüppel der cantarischen Gentechnik – doch alle Fähigkeiten, über die andere Lebewesen verfügten, besaßen auch sie. In aller Friedfertigkeit und ohne allzu große technische Hilfe hatten sie diese Siedlung aufgebaut.

Die Ansprüche ans tägliche Leben stiegen von Jahr zu Jahr. Besonders gefragt war alles, was über die technischen Geschenke der Cantaro hinausging. In erster Linie gehörte dazu die Nahrung.

Der Ertrag der Äcker war so angewachsen, dass sie einen zusätzlichen Silo benötigten. Natürlich, sie hätten als Lagerplatz auch die leer stehenden Hütten verwenden können. Denn davon gab es eine Menge in Ybor, weil nur ein gutes Viertel der Ausgangsbevölkerung überlebt hatte. Aber zum ersten Mal hatten sie ein größeres Bauprojekt aus völlig eigener Kraft in Angriff genommen.

Nur für die Verkleidung war Kunststoff vorgesehen, der Rest entstand aus hartem Holz.

Faragit hatte sich hingehockt und schaute von einem Felsen aus auf das Gerüst. Oben fehlte noch ein Ring aus Balken, dann hatten die Rippen Halt. Und obwohl im Zeughaus noch eine Menge High-Tech-Geräte lagerte, betrachtete er den Silo als die größte Errungenschaft von Ybor. Diesen Silo hatten sie, die Bionten von Drumbar, allein gebaut, aus eigener Kraft.

Geräusche schreckten ihn aus der Versunkenheit.

Da hinten kamen die Arbeiter zurück.

Eine seltsame Prozession löste sich aus dem Schatten der nahen Gebäude. Darunter waren Wesen jeder Erscheinungsform. Das Gros ging auf humanoide Gene zurück, so viel konnte man sehen. Aber die Gentechniker der Cantaro hatten ihrer Experimentierfreude freien Lauf gelassen.

Manche der Bionten liefen auf drei oder mehr Beinen, andere waren blind und dünn wie Zweige, dafür jedoch mit sensiblen Greiflappen anstelle der Hände ausgestattet. Ein paar verfügten über mindestens ein Dutzend Augen – und bei solchen Bionten wusste Faragit nie, ob er gerade angesehen wurde oder nicht.

Übrigens trugen mindestens zehn Prozent der Handwerkerschar deutlich sichtbar Narben. Vor kurzer Zeit hatten sie unter der Ausrüstung im Zeughaus auch ein mobiles Medocenter entdeckt. Ein paar der Bionten verfügten über medizinische Ausbildung, so dass manche der schlimmsten Entstellungen seitdem beseitigt werden konnten.

Dabei ging es nicht um Kosmetik, sondern um humanitäre Hilfe. Die Cantaro hatten keineswegs nur sinnvolle Mutationen geschaffen. Was nützte beispielsweise eine Hand, die aus einem Fußballen hervorwuchs? Oder so fein verästelte Fingerbündel, dass sie fast nicht bewegungsfähig waren?

»An die Arbeit, Leute!«, rief er laut. »Und kümmert euch zuallererst um das obere Gebälk! Ich will nicht, dass der ganze Kram plötzlich zusammenkracht!«

Die Bionten winkten fröhlich. Vorsteher Faragit sah noch eine Weile zu, wie die besten Kletterer mit ihren vielen Gliedmaßen am Holz emporglitten, dann machte er sich auf den Weg ins Rathaus.

Dort warteten bereits die Ertruser. Sie alle hatten sich versammelt, und Mic und Garvas führten die Horde an.

»Wir haben alles noch einmal nachgesehen, Vorsteher. Die beiden sind verschwunden.«

»Bitte, Vorsteher«, flüsterte ein anderer der sanften Riesen.

»Ja! Wir müssen sie wiederfinden. Lal und Wieking haben sich auch immer um uns gekümmert.«

Seufzend senkte der Vorsteher den Kopf, hob dann den Blick und schaute die Ertruser von unten an. »Na gut.«

Faragit gab sich geschlagen. Er ließ mehr als dreihundert Bionten von den Feldern rufen und organisierte einen Suchtrupp. Stundenlang kämmten sie mit Unterstützung aus der Luft die Umgebung diesseits des Flusses durch. Kein Haus in Ybor blieb unbehelligt, kein einziges Zimmer. Er nahm sogar persönlich das acht Kilometer entfernte Zeughaus unter die Lupe. Nichts. Am nächsten Tag ließ er die Suche fortsetzen – doch als auch das ohne Ergebnis geblieben war, begann Vorsteher Faragit, sich ernste Sorgen zu machen.

Zwei Ertruser konnten nicht einfach verloren gehen. Selbst, wenn eine Meute Drumbar-Hunde die beiden angefallen hätte – was im Grunde ausgeschlossen war –, sie hätten von einer solchen Riesenmahlzeit Reste zurückgelassen.

 

*

 

Er wusste, dass es dumm war, aber Faragit fühlte sich für die beiden Verschwundenen verantwortlich. Er war der Vorsteher von Ybor. Wenn er nicht für die Sicherheit seiner Bionten garantieren konnte, wer dann?

Konnte es dann überhaupt jemand?

Und das Schlimmste für ihn persönlich war, dass niemand ihm jetzt zur Seite stand. Bis vor fünf Jahren hätte er noch immer mit Ruuba reden können, der Klon-Arkonidin. Aber seit seine Lebensgefährtin gestorben war, seit den Tagen der Seuche, hielt er zu allen anderen mehr Distanz. Die Liebe, die er für Ruuba empfunden hatte, verteilte Faragit nun gleichmäßig auf alle Bewohner der Siedlung.

Ruuba. Verdammt! Aber die Gesundheit aller Bionten war nun einmal angeschlagen. Jeder musste damit rechnen, dass ein künstlich verpfuschtes Biosystem jederzeit versagen konnte. Dann reichte schon eine kleine Schnupfenepidemie.

Seine Hütte bestand wie alle anderen aus einem einfachen Plastikgestell, aus vorgefertigten Einzelteilen, die man nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzt hatte. Durch zwei Fenster fiel Licht in den einzigen Raum, der ihm als Schlaf-, Wohn- und Badezimmer zugleich diente.

Mit zusammengekniffenem Mund stellte sich Faragit vor den Spiegel. Die sorgfältig polierte Fläche bedeckte mehr als zur Hälfte eine Hüttenwand; es war der größte Spiegel, den es in Ybor gab. Manchmal hasste er das Bild, das er zu sehen bekam, manchmal liebte er es aber auch. Immer allerdings verhalf der Spiegel ihm zu einer korrekten Einschätzung seiner Person. Dieses Bild eines Bionten, eines Irrwegs der Gentechnik, rückte vieles in ihm wieder gerade.

Hundertachtzig Kilogramm wog er. Und das bei seiner Größe von einsfünfundachtzig. Seine Leibesfülle war enorm. Doch obwohl der Körper so aufgedunsen wirkte, steckten unter schwammartiger Haut starke, bewegliche Muskeln.

Von Wasser hielt er nicht sehr viel. Nicht, seit Ruuba gestorben war. Um sich verbreitete er eine Ausdünstung, über die er schon viel Kritik hatte einstecken müssen. Er hatte einfach keine Lust mehr, auf sein Äußeres Acht zu geben.

Den Kopf trug er stets etwas nach links geneigt. Das hatte er sich angewöhnt, weil sein dünner Hals links ein bisschen stärker als auf der rechten Seite war. Mit einer Hand betastete Faragit die Stränge aus Haut und Fleisch an der Wange. Sie bildeten gewissermaßen sein Markenzeichen. Sie traten aus der linken Wange hervor und waren fest mit der linken Schulter verwachsen, wie ein Aderstrang oder eine Wurzel.

Durch das Fenster fiel zu wenig Licht – also trat der Vorsteher näher an den Spiegel.

Seine Augen hatte Ruuba immer am meisten bewundert. Das linke war grau, ein Symbol seiner Willensstärke, und das rechte schimmerte in goldbraunem Ton. Diese Farbe stand für die Ehrlichkeit in seinem Charakter, auch für Einfallsreichtum und ein gewisses Genie.

In einem Biontengesicht musste man die Feinheiten entdecken. Ebenmäßigkeit gab es nicht zu bewundern. So hing sein linker Mundwinkel weit herab, die Nase war verknorpelt und bedeckt mit Warzen, das rechte Auge saß wesentlich höher als das linke.

Sicher, er hätte im Medocenter einer der Ersten sein können. Schließlich schwebte er ständig in Gefahr, mit dem Wangenstrang irgendwo festzuhaken – was oftmals auch geschehen war. Aber die Reste waren immer wieder zusammengewachsen. Inzwischen trug Faragit seine Erscheinung sogar mit einer Art Stolz. Ein lebendiger Beweis, dass Bionten vom Erfolg nicht ausgeschlossen waren.

»Vorsteher Faragit!«

Jemand klopfte heftig an die Tür.

Er zuckte zusammen und kehrte aus tiefer Versunkenheit in die Realität zurück. »Herein, wenn es so eilig ist!«, rief er. »Nun los!«

Die Tür öffnete sich, und hereingestürzt kamen neben den Ertrusern Mic und Garvas zwei weitere Bionten.

Ihre Erregung war so offensichtlich, dass sich Faragit entschloss, bewusst gegenzusteuern. In aller Seelenruhe zog er einen Stuhl heran und nahm Platz. Zwei Neuigkeiten an einem Tag, das war entschieden zu viel für Ybor.

»Was gibt es denn?«, fragte er. »Heraus damit!«

»Es ist noch mal passiert«, meinte Mic leise.

Trotzdem ließ die Fülle seiner Stimme Faragits Ohren dröhnen.

»Was denn? Gibt mir niemand vernünftig Auskunft? He, Wstavec! Rede du!«

Seine Augen fixierten den verwachsenen Knochenzwerg, der sich im Halbschatten an der Tür im Hintergrund hielt. Wstavec liebte es nicht, im Vordergrund zu stehen. Dennoch, oder gerade deswegen, schätzte Faragit ihn als einen der schärfsten Beobachter von Drumbar. Bei den vielen Bionten, die wenig Intelligenz abbekommen hatten, durften sie alle um einen wie Wstavec froh sein.