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Nr. 129

– Im Auftrag der Menschheit Band 116 –

 

Kaiser der Milchstraße

 

Ultimatum an das Solare Imperium – ein Mann droht mit der Vernichtung

 

von Kurt Mahr

 

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Auf den Stützpunkten der USO, den Planeten des Solaren Imperiums und den übrigen Menschheitswelten schreibt man Anfang Januar des Jahres 2843.

Der Aufbau des Solaren Imperiums geht kontinuierlich voran. In der Galaxis herrscht relative Ruhe, abgesehen natürlich von den üblichen Geplänkeln und Reibereien an den Grenzen des Imperiums.

Dennoch sind die obersten Führungskräfte des Imperiums mit zunehmender Sorge erfüllt. Schuld daran ist ein Ereignis, das sich, obwohl es sich fern von der Erde und in ferner Vergangenheit abspielte, auch auf die Menschheit selbst auszuwirken beginnt.

Alles begann in dem Augenblick, da das Sternenvolk der Bernaler die Grenze der Dimensionen überschritt, sich aus den Fesseln der Körperlichkeit löste und zu Zeitnomaden wurde.

Die programmierten Urgene der Bernaler sind jedoch in diesem unserem Universum zurückgeblieben und finden Kontakt zu einzelnen Menschen, denen sie unheimliche Fähigkeiten verleihen – sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht.

Bilfnei Gloddus, ein Kartograph des Raumschiffs SMARGENT, ist ein solcher »Negativ-Kontakt«. Nach der Erprobung seiner neuen und überraschenden Fähigkeiten tritt er aus seiner bisherigen Unbedeutsamkeit und Anonymität heraus und beginnt eine Schreckensherrschaft.

Gloddus stellt Perry Rhodan ein Ultimatum – er sieht sich bereits als KAISER DER MILCHSTRASSE ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Bilfnei Gloddus – Ein Mann sieht sich als den Kaiser des Weltalls.

Lelle Salgouz – Gloddus' Gegenspieler wider Willen.

Atlan – Der Lordadmiral fungiert als Unterhändler.

Mii-Ür – Befehlshaber einer Flotte der Blues.

Annorvan Nossi – Gloddus' Vertrauter.

Docro Ktamvayn und Amos Dalcon – Zwei Männer kommen zur Vernunft.

1.

 

Mii-Ür musterte verwundert den Bildschirm. Auf ihm war die Wiedergabe eines fremdartigen Raumschiffs zu sehen. Das Fahrzeug war noch viel zu weit entfernt, als dass es so groß auf Mii-Ürs Bildschirm hätte erscheinen dürfen. Mii-Ürs Flaggschiff war eine der wenigen Einheiten von Motamvorc, in denen der Orter mit der Optik gekoppelt war und aus der Orteranzeige stark vergrößerte visuelle Darstellungen bezogen und ausgewertet werden konnten.

Mii-Ür warf noch einen letzten Blick auf die breite Linie seiner Kampfraumschiffe, die dem Fremden mit hoher Geschwindigkeit entgegenzogen. Motamvorc war nur noch ein kleiner Lichtpunkt am Rande der Bildfläche. Die Sonne des Systems stand hinter dem Flaggschiff und wurde im Augenblick nicht abgebildet.

Mii-Ür wiegte den schüsselförmigen Kopf hin und her, eine Geste der Zufriedenheit. Seine vier Augen, zwei auf der Vorder-, zwei auf der Rückseite des Schädels, leuchteten. Es würde ihm keine Schwierigkeit bereiten, das Geheimnis des Stützpunktes Motamvorc zu wahren – jenes Geheimnis, das darin bestand, dass sich eine kleine Schar von Gatasern dort niedergelassen und den Planeten in eine Flottenbasis verwandelt hatte, die im Augenblick der Kern- und Knotenpunkt der militärischen Macht des zersplitterten und entmachteten gatasischen Volkes war.

»Wir greifen an!«, befahl Mii-Ür.

Das Mikrophon, das vor ihm auf dem Pult stand, übertrug den Klang seiner Stimme bis zur letzten Einheit des Verbandes. Die vierzehn eintausend Meter durchmessenden Diskusraumschiffe erhöhten ruckartig ihre Geschwindigkeit. Mii-Ür verzog den Mund, der im Hals saß, da, wo dieser in den schlanken Rumpf mündete, zu einem bitteren Lächeln.

Der Fremde hatte nicht mehr lange zu leben!

Mii-Ür hielt das Schiff für eine Einheit der Terraner. Er hatte ähnliche schon zuvor gesehen. Sie bestanden aus drei aneinandergereihten Kugeln, die starr miteinander verbunden waren. Diese Art von Raumschiffen diente besonderen Forschungszwecken, und man durfte als sicher annehmen, dass das Fahrzeug, das sich da dem geheimen Stützpunkt Motamvorc näherte, über keine nennenswerte Bewaffnung verfügte. Fast tat es Mii-Ür leid, dass er gezwungen war, den Terraner zu vernichten. Wer mochte wissen, welche Notlage ihn dazu veranlasst hatte, so tief in den Machtbereich der Blues-Völker einzudringen. Aber die Sicherheit der Basis Motamvorc ging über alle humanitären Bedenken.

Der Terraner musste ausgelöscht werden!

Die Entfernung schmolz rasch. Mii-Ür beabsichtigte, seine Einheiten erst im letzten Augenblick das Feuer eröffnen zu lassen. Aus geringstmöglicher Entfernung sollten sich vierzehn schwere Strahlsalven in den Leib des Terraners fressen.

Mii-Ür fand es merkwürdig, dass der Terraner keinerlei Ausweichmanöver machte. War sein Ortersystem beschädigt? Sah er die angreifenden Einheiten nicht? Oder war er in typisch terranischer Überheblichkeit davon überzeugt, dass niemand es wagen würde, sich an ihm zu vergreifen?

Die Sekunden tickten dahin. Die Entfernung betrug weniger als eintausend Kilometer. Der Terraner wurde von der hinter den Angreifern stehenden Sonne voll angestrahlt. Da schrillten die Alarmsirenen. Wabernde, blauweiße Energiebündel brachen aus den Geschützmündungen und schossen mit der Geschwindigkeit des Lichts dem feindlichen Raumschiff entgegen.

Im Kommandostand des Flaggschiffs, in dem Mii-Ür, umgeben von Stabsoffizieren, hinter seinem Kommandopult saß, war es die ganze Zeit über still gewesen. Jetzt jedoch wurde erstauntes Geraune hörbar, und schließlich gellte ein entsetzter Schrei auf. Fassungslos starrte Mii-Ür auf den Bildschirm. Was war mit dem Terraner los? Welche geheimnisvollen Kräfte wandte er an, um sich gegen den konzentrierten Angriff der vierzehn Blues-Einheiten zu schützen?

Das Dreikugelschiff hatte plötzlich zu pulsieren begonnen. In regelmäßigen Zeitabständen ging ein milchigweißes Strahlen von ihm aus, das rasch in den Raum hinaus vorstieß, dabei dünner und durchsichtiger und schließlich unsichtbar wurde. In diesem Strahlen schienen die ungeheuren Energien der Blues-Salven sich rettungslos zu verlieren. Die blauweiß glühenden, dicken Strahlbündel drangen nur eine kurze Strecke weit in den Nebel ein. Dabei wurden sie immer schwächer und hörten schließlich ganz auf, lange bevor sie das terranische Raumschiff erreichten.

»Nochmals Feuer!«, befahl Mii-Ür.

Aber im selben Augenblick schossen die vierzehn Einheiten seiner Flotte bereits dicht über den Gegner hinweg. Mii-Ür spürte ein merkwürdiges Gefühl im Magen. Er war plötzlich schwerelos. Entsetzt blickte er um sich. Die Offiziere seines Stabes schwebten hilflos in der Luft. Der Antigrav musste ausgesetzt haben. Ehe Mii-Ür noch dazu kam, sich dieses unglaubliche Vorkommnis zu erklären, fuhr ein heftiger Ruck durch das mächtige Flaggschiff. Mii-Ür wurde tief in seinen Sessel gedrückt. Die Offiziere wurden gegen die Wand geschleudert und sanken größtenteils bewusstlos zu Boden. Kurz darauf setzte die Schwerelosigkeit von neuem ein, und Sekunden später fuhr ein zweiter Ruck durch das Raumschiff, der alles, was dank der fehlenden Gravitation emporgeschwebt war, wieder an die Wände oder auf den Boden zurückschleuderte. Das Raumschiff stampfte und bockte, die Hülle begann zu ächzen, Mii-Ür verlor jegliche Orientierung. Er wusste nicht mehr, was unten und was oben war. Er versuchte, ins Mikrophon zu sprechen, aber das Mikrophon war verschwunden. Er musterte den Bildschirm, solange er bei dem unaufhörlichen Stampfen und Schütteln des Schiffes den Blick geradeaus gerichtet halten konnte, und sah, dass die Front seiner Flotte in totale Verwirrung geraten war. Unweit explodierte eine seiner Einheiten. Vermutlich hatten die starken Erschütterungen den Plasmatank undicht gemacht und auslaufen lassen.

Mii-Ür war nicht umsonst bis zu seinem hohen Rang aufgestiegen. Er war ein Stratege, und er wusste, wann er es mit einem rettungslos überlegenen Gegner zu tun hatte. Und das war hier der Fall. Mii-Ür klammerte sich an den unteren Rand der Konsole und begann Schaltknöpfe zu drücken. Die Triebwerke sprangen an. Das Flaggschiff begann zu beschleunigen. In hoher Fahrt schoss es schräg nach oben aus der bisherigen Flugebene hinaus.

Die anderen Einheiten bemerkten Mii-Ürs Manöver und ahmten es schnellstens nach. So geschah es, dass ein Verband von nunmehr noch dreizehn Blues-Kampfschiffen, die eben noch ein vereinzeltes terranisches Forschungsraumschiff hatten vernichten wollen, vor eben diesem Raumschiff die Flucht ergriff.

2.

 

Der Mann im Sessel des Piloten war von höchst unscheinbarem Äußeren – so unscheinbar in der Tat, dass man sich wunderte, ihn überhaupt in diesem Sessel vorzufinden. Er hatte eine Durchschnittsfigur und ein Durchschnittsgesicht. Er hatte braune Haare von durchschnittlicher Länge, und seine Haut hatte die durchschnittlich blasse Färbung, die langer Aufenthalt im Innern eines Raumschiffs hervorrief.

Nur eines ließ erkennen, dass der Mann nicht bis hinab auf den tiefsten Grund seiner Seele so durchschnittlich und mittelmäßig war, wie es auf den ersten Blick den Anschein hatte. Das war der Ausdruck seiner Augen. In ihnen leuchtete ein verzehrendes Feuer, ein Funkeln wie das, das in den Augen Wahnsinniger zu sehen ist. Und doch wusste der Mann genau, was er tat. Er hatte die vierzehn Blues-Kampfschiffe getrost auf sich zukommen lassen. Er hatte gewusst, dass sie ihn zu vernichten trachteten, und trotzdem bis zum letzten Augenblick gewartet, bevor er seine übernatürlichen Fähigkeiten einsetzte, um erstens sich selbst zu retten und zweitens den Blues einen Schrecken einzujagen. Er wusste selbst nicht, wie die Waffe hieß, deren er sich bedient hatte. Sie lag in seinem Bewusstsein verankert, und er konnte sie aktivieren, indem er ganz einfach an die Aktivierung dachte.

Das war eine Begabung, die er im Zeitflimmern gelernt hatte. Eine der vielen Begabungen, die er sich erworben hatte – eine der zahllosen, die er noch erwerben würde.

Der Mann war Bilfnei Gloddus, einst Kartograph an Bord des Forschungsschiffes SMARGENT, jetzt jedoch unumschränkter Herrscher über Schiff und Mannschaft. Außer ihm befand sich nur noch ein einziges Wesen im Kommandostand der SMARGENT, ein hochgewachsener, dürrer Mann unbestimmbaren Alters, mit einem kahlen Schädel, der auf dem dünnen Hals ständig zu wackeln schien. Annorvan Nossi hatte kühle, graue Augen, eine prägnant geformte Nase und einen dünnlippigen Mund. Wer ihn zum ersten Mal sah, hielt ihn für einen verbitterten Mann. Wer ihn einige Zeit kannte, war bereit, in ihm einen im Grunde gemütlichen Menschen zu sehen, der niemand etwas zuleide tat. Wer aber Annorvan Nossi gut kannte, der wusste, dass er ein Scheusal war, ein mit einer verdrehten und verschrumpften Seele ausgestattetes Ungeheuer, das vor lauter Komplexen nicht mehr anders konnte, als seiner Umwelt soviel Schaden und Gemeinheit wie nur möglich zuzufügen.

Annorvan Nossi war von Bilfnei Gloddus auf Stealaway aufgelesen worden, Gloddus' letztem Zwischenhalt, wo er sich der Bedrohung durch den USO-Agenten Neserp entzogen hatte, indem er diesen kaltblütig umbrachte. Nossi war Gloddus charakterverwandt, wenn man auch bei Betrachtung des Äußeren der beiden Männer niemals auf einen solchen Gedanken gekommen wäre. Gloddus, dem absoluten Herrscher über die Mannschaft dieses Raumschiffs, war die Einsamkeit zuviel geworden. Er brauchte jemand in seiner Nähe, mit dem er sich unterhalten konnte, ohne dass er ihn auf hypnotischem Wege dazu zwingen musste. Denn keines der Besatzungsmitglieder der SMARGENT sprach mehr aus eigenem Antrieb mit Bilfnei Gloddus.

Nossi saß im Sessel des Kopiloten und bediente das Kommunikationsgerät.

»Da wird ziemlich heftig gefunkt«, sagte er mit seiner spröde klingenden Stimme. »Und zwar zwischen Motamvorc und dem Verband, der gerade vor uns ausgerissen ist. Leider verschlüsselt.«

Aus dem Empfänger drang hochfrequentes Gezwitscher und Gepfeife. So klang die Sprache der Blues – zumindest der Teil, den menschliche Ohren vernehmen konnten; der Rest lag im Ultraschallbereich.

»Du zeichnest alles auf, nicht wahr?«, erkundigte sich Bilfnei Gloddus. »Wir werden ihren Kode nämlich brechen, und zwar im Handumdrehen.«

»Selbstverständlich«, grinste Annorvan Nossi. »Kein Pieps geht verloren!«

Bilfnei Gloddus verzog das Gesicht.

»Nossi ...«, sagte er, und seine Stimme hatte einen drohenden Klang.

»Ja?«

»Ich glaube, du schuldest mir etwas mehr Respekt, als du da an den Tag legst.«

Annorvan Nossi wusste nicht, wovon er sprach. Erstaunt starrte er Gloddus an.

»Wie ... wie meinen Sie das?«

»Erinnere dich, wie es dir auf Stealaway erging«, forderte Gloddus ihn auf.

»Schlecht«, klagte Nossi, »erbärmlich schlecht!«

»Und wem verdankst du, dass es dir jetzt besser geht?«

»Ihnen natürlich, wem sonst?«

»Und du bist dankbar, nicht wahr?«

»Selbstverständlich.«

»Und du respektierst mich?«

»Auch das. Aber ...«

»Das nächste Mal, wenn du mit mir sprichst«, fuhr Bilfnei Gloddus ihm in die Parade, »sag Sir zu mir, verstanden?«

Annorvan Nossi klappte den Mund wieder zu. Gloddus blickte nach wie vor starr geradeaus auf den Bildschirm. Nossi musterte ihn von der Seite her, und sein Gesichtsausdruck ließ erkennen, dass er in diesem Augenblick von seinem Retter und Meister nicht gerade die allerhöchste Meinung hatte.

»Selbstverständlich, Sir«, sagtet er. »Ich werde es niemals vergessen, Sir.«

Dann wandte er sich wieder den Geräten zu. Die Anzeige war erloschen.

»Der Funkverkehr hat aufgehört, Sir«, meldete er. »Wollen Sie die Aufzeichnung dem Rechner vorlegen?«

»Ja, natürlich. Gib sie her!«, antwortete Bilfnei Gloddus gut gelaunt.

 

*

 

Mii-Ür war vor Schreck purpurrot geworden.

»Das kann nicht Ihr Ernst sein, Epeer-Yin!«, stöhnte er. »Einen zweiten Angriff würden wir nicht lebend überstehen!«

Der Blick des alten Blues mit den Rangabzeichen eines Flottengenerals blieb hart und unerbittlich.

»Ich brauche Zeit, Mii-Ür! Sie müssen sie mir verschaffen. Der Stützpunkt Motamvorc muss ein Geheimnis bleiben. So, wie Sie mir den Terraner schildern, können wir ihn wahrscheinlich nicht an der Landung hindern. Aber wir können ihn aufhalten und inzwischen hier auf Motamvorc unsere Vorbereitungen treffen.«

»Epeer-Yin, er besitzt Waffen, von denen wir noch nicht einmal die Namen kennen!«, flehte Mii-Ür. »Er wird uns auseinanderrupfen. Er arbeitet mit gepulsten Schwerkraftschocks oder etwas Ähnlichem. Er ...«

»Mii-Ür, Sie sind Soldat!«

»Selbstverständlich«, murmelte Mii-Ür.

»Sie wissen, worum es hier geht.« Epeer-Yins Stimme war hart und kalt. »Es geht um die Zukunft unseres Volkes.«

Ein letztes Mal nahm Mii-Ür alle Kraft zusammen und wagte einen Widerspruch.

»Unser erster Angriff hat den Terraner keine Sekunde lang aufgehalten! Wer sagt Ihnen, dass wir diesmal mehr Glück haben werden?«

»Sie werden mehr Glück haben müssen, Mii-Ür«, antwortete Epeer-Yin eisig. »Sonst stelle ich Sie vor ein Kriegsgericht. Fliegen Sie ihn direkt an, kreisen Sie ihn ein, tun Sie sonst etwas. Nur halten Sie ihn auf! Wenigstens ein paar Minuten lang. Unsere Vorbereitungen laufen auf vollen Touren.«

Mii-Ürs größte und nahezu einzige Sorge galt in diesem Augenblick dem eigenen Schicksal. Aber ein wenig war er doch auch neugierig.

»Was haben Sie vor, Epeer-Yin?«, fragte er.

Die Augen des Flottengenerals strahlten vor schadenfroher Heiterkeit.

»Sobald er sich der Oberfläche nähert, verliert sein Orter die Hälfte des vollen Raumwinkels. Durch Motamvorc kann er nicht hindurchsehen. Wir aber halten hinter der Oberflächenkrümmung eine Überraschung für ihn bereit ...!«

Mii-Ür glaubte zu verstehen.

»Wenn er aber an einer falschen Stelle landet?«

»Ist das eine plausible Befürchtung, Mii-Ür?«, fragte der General mit zurechtweisendem Ernst. »Er weiß, dass er auf Motamvorc nicht willkommen ist, also wird er nicht gerade in der Mitte von Xagsaiir landen. Ich wette, dass er sich eine verhältnismäßig einsame Gegend aussucht. Und die Kilü-Jop ...«

Er sprach den Satz nicht zu Ende. Mii-Ür machte die Geste der Zustimmung. Der Plan hatte Aussicht auf Erfolg. Nur schade, dass er ihn nicht mehr miterleben würde. Epeer-Yin verschwand vom Interkom. Die Offiziere im Kommandoraum des Flaggschiffs hatten die Unterhaltung mitgehört. Ihre Gesichter waren ernst und verbissen.

Mii-Ür rief die restlichen Einheiten seiner Flotte.

»Wir greifen von neuem an!«, erklärte er. »Diesmal direkter Anflug aufs Ziel.«

 

*

 

Bilfnei Gloddus hatte dank seiner umfangreichen neuen Kenntnisse den Bordrechner der SMARGENT mit einigen zusätzlichen Schaltungen versehen können, die den Computer zu der genialsten Maschine seiner Generation machten. Er besaß von Natur aus, weil die SMARGENT auf der Eastside unterwegs gewesen war, eine umfangreiche Kenntnis der Blues-Sprache. Innerhalb weniger Minuten gelang es ihm, die von den Blues benützte Verschlüsselung als einen statistischen Zerhackerkode zu identifizieren. Damit war der größte Teil der Arbeit schon geleistet. Kurze Zeit später bekam Bilfnei Gloddus durch den an den Rechner gekoppelten Translator die ersten Sätze zu hören. Dabei wurde er jedoch unterbrochen. Annorvan Nossi meldete, dass die Blues von neuem angriffen.

Gloddus begann Schwerkraftschocks auszustrahlen, als der Gegner noch weit von der SMARGENT entfernt stand. Die dreizehn Blues-Einheiten wurden hilflos durcheinandergewirbelt. Die diskusförmigen Raumschiffe drehten sich wie Kreisel um alle drei Trägheitsachsen, und da ihre Triebwerke nicht zu arbeiten aufhörten, schossen sie kunterbunt nach allen Richtungen davon. Eines der Fahrzeuge kam dabei aus Versehen der SMARGENT zu nahe. Es absorbierte die künstlichen Gravitationsschocks in voller Stärke und wurde davon zerrissen.