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Nr. 284

– ATLAN exklusiv Band 145 –

 

Eine Falle für die MEDON

 

Ein Arkonide erfüllt den Plan der Maahks – er ist ein »Umgestellter«

 

von Harvey Patton

 

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Das Große Imperium der Arkoniden kämpft erbittert um seine bloße Existenz, denn es muss sich sowohl äußerer als auch innerer Feinde erwehren. Die äußeren Feinde sind die Maahks, deren Raumflotten den Streitkräften des Imperiums schwer zu schaffen machen. Die inneren Feinde Arkons sind die Herrschenden selbst, deren Habgier und Korruption praktisch keine Grenzen kennen.

Gegen diese inneren Feinde ist der Kristallprinz Atlan, der rechtmäßige Thronerbe von Arkon, mit seinen inzwischen rund 14.000 Helfern bereits mehrmals erfolgreich vorgegangen. Seine geheime Zentrale, von der die meisten Aktionen gegen Orbanaschol ihren Anfang nehmen, ist Kraumon.

Auch auf diesem abgelegenen Planeten ist inzwischen bekannt, dass Orbanaschols Position immer unhaltbarer wird. Daher rechnet sich Atlan längst eine reelle Chance aus, den Usurpator zu stürzen, zumal die Sache des Kristallprinzen zunehmend an Popularität gewinnt.

Diese Popularität hat jedoch auch ihre Schattenseiten. Sie erregt die Aufmerksamkeit der Maahks, die folgerichtig zu dem Schluss kommen, dass Atlan an der Spitze des Imperiums ein gefährlicherer Gegner für sie wäre als Orbanaschol in seinen besten Tagen.

Die Methans ergreifen deshalb Gegenmaßnahmen. Sie präparieren EINE FALLE FÜR DIE MEDON ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Kristallprinz bekommt immer mehr Zulauf.

Carock Ekalv – Ein »umgestellter« Arkonide.

Mekron Dermitron – Der Kommandant der MEDON erhält einen neuen Auftrag.

Belschara, Saprest und Zefalon – Gefangene der Maahks.

Grek-1 – Ein Maahkkommandant stellt eine Falle auf.

Prolog

 

»Die Vorbereitungen sind abgeschlossen, Kommandant«, meldete Grek-7, der Leiter des seit langem vorbereiteten Geheimprojekts.

Er stand hinter seinem Vorgesetzten, aber das machte nichts aus. Die Maahks besaßen vier Augen, die so auf dem halbmondförmigen Kopfwulst saßen, dass sie damit ihre gesamte Umgebung übersehen konnten. Grek-1 öffnete die Lider über den hinteren Schlitzpupillen und sah seinen Offizier an.

»Sind Sie sicher, dass nichts übersehen wurde?«, fragte er mit der unbewegten Stimme, die allen Angehörigen dieser vollkommen emotionslosen Rasse eigen war. »Auch Arkoniden können in einem gewissen Rahmen logisch denken. Schon eine kleine Unstimmigkeit könnte sie misstrauisch machen und das gesamte Projekt zum Scheitern bringen.«

Grek-7 machte eine bejahende Bewegung mit seinem muskulösen Tentakelarm. »Wir sind vollkommen sicher, Kommandant. Alles wurde von einer Gruppe umerzogener arkonidischer Gefangener mehrfach überprüft und für gut befunden. Dem Start unserer Aktion steht nichts mehr im Wege.«

Grek-1 ließ die hinteren Augenlider wieder sinken. »Dann wollen wir unverzüglich damit beginnen«, bestimmte er. »Das vorgesehene Gebiet ist bereits erreicht. Schleusen Sie also das Objekt so bald wie möglich aus.«

Grek-7 salutierte und entfernte sich aus der Kommandozentrale des Walzenraumers. Zehn Minuten später öffnete sich eine Hangarschleuse und entließ ein winzig wirkendes Objekt. Es handelte sich um ein erbeutetes arkonidisches Beiboot, das gleich darauf Fahrt aufnahm und nach wenigen Minuten im Dunkel des weiten Raumes verschwand. Nur die Ortungsinstrumente konnten noch seine Bahn verfolgen, bis es in Transition ging und durch den Hyperraum aus ihrem Erfassungsbereich verschwand.

Es war ein vergleichsweise unbedeutendes Fahrzeug – aber es trug eine hochbrisante Fracht mit sich. Eine Fracht, deren Aufgabe es war, zu gegebener Zeit eine ganz bestimmte verhängnisvolle Wirkung zu zeitigen.

1.

 

Auf Kraumon, der verborgenen Stützpunktwelt des Kristallprinzen Atlan, herrschte eine rege Aktivität.

Überall wurde eifrig gebaut. Seit offenkundig geworden war, dass das diktatorische Regime des Imperators Orbanaschol III. immer mehr ins Wanken geriet, hatte Atlans Gefolge ständig neuen Zulauf erhalten. Neue Gebäude mussten errichtet werden, um sie unterbringen zu können. Der Zeitpunkt, an dem das weitläufige Tal ganz zugebaut war, ließ sich bereits absehen.

»Wir werden auch die subplanetaren Hangars bald erweitern müssen«, sagte Morvoner Sprangk. Er saß mit Atlan und dessen Pflegevater Fartuloon zusammen bei einer Lagebesprechung. »Wenn es so weitergeht und unsere Leute ständig neue Schiffe aufbringen, reicht der Platz nicht mehr aus. Sie offen auf dem Hafen herumstehen zu lassen, ist zu riskant.«

Atlan nickte und strich sich durch das schulterlange helle Haar. Die Ereignisse der letzten Monate hatten in seinem Gesicht unübersehbare Spuren hinterlassen. Es war schmaler geworden, feine Linien hatten sich in seine Züge gegraben. Sie ließen ihn älter erscheinen, als er war, strenger und männlicher.

An dem Bauchaufschneider Fartuloon dagegen schienen Zeit und Ereignisse vollkommen spurlos vorbeizugehen. Er befand sich nun schon seit zwei Jahrzehnten an der Seite des Prinzen, ohne dass sich seine Erscheinung merklich verändert hatte. Die gelblichen Augen in seinem runden Gesicht blitzten in ungebrochenem Feuer, sein schwarzer Vollbart wies noch kein einziges graues Haar auf. Nach wie vor liebte er ein gutes Essen über alles, trank gern und viel und sah noch immer gern nach hübschen Mädchen und Frauen.

Morvoner Sprangk dagegen, der den Stützpunkt leitete, war merklich gealtert. Er war bereits achtzig Arkonjahre alt gewesen, als er als einziger der »Armee der Gespenster« nach langen Kämpfen mit Maahks im Hyperraum gerettet worden war. Sein narbenübersätes Gesicht war zusehends faltiger geworden, seine große Gestalt hielt sich nicht mehr ganz so aufrecht wie früher. Er hatte die ganze Last der Verantwortung für Kraumon tragen müssen, während Atlan abwesend war. Es war jedoch nach wie vor vollkommen Verlass auf ihn.

Die Tür des Beratungszimmers öffnete sich, und Bragos Neschbar trat ein. Er war früher Beschaffungsmeister der arkonidischen Imperiumsflotte gewesen und bekleidete nun auf Kraumon ein ähnliches Amt. In seinen Händen lag die Verteilung aller zivilen und militärischen Güter, die durch die Versorgungskommandos herangebracht wurden. Seine Planung sorgte dafür, dass auftretende Mängel so schnell wie möglich behoben wurden.

»Entschuldigen Sie bitte meine Verspätung, Kristallprinz«, bat er. »Offgur und Retsa Dolischkor tun, was sie können, aber die letzten Entscheidungen bleiben eben doch immer wieder an mir hängen. Es gab Differenzen zwischen den Bauleitern im Norden und Süden des Tales, die ich schlichten musste. Jeder meinte, er müsste bevorzugt werden, aber ich habe die Gemüter wieder beruhigt.«

»Es ist eben nicht leicht, den Mangel gleichmäßig zu verteilen«, grinste Fartuloon. »Dank Ihrer guten Koordination ist hier aber schon vieles erheblich besser geworden. Wenn ich daran denke, wie wir im Anfang improvisieren mussten ... Als ich im Auftrag Gonozals VII. diesen Stützpunkt einrichtete, konnte ich nicht ahnen, was sich einmal daraus entwickeln würde.«

»Auch Mekron Dermitron haben wir eine Menge zu verdanken«, warf Morvoner Sprangk ein. »Mit dem Mondträger hat Corpkor wirklich einen guten Fang gemacht. Die fünf Einsätze mit der MEDON waren ein voller Erfolg, er hat uns immer genau das herangeschafft, was wir am nötigsten brauchten. Sein Glanzstück war aber wohl die Kaperung der HAGAAR mit allen ...«

Er unterbrach sich, als er sah, dass ein Schatten über das Gesicht Atlans flog. Mit dieser Bemerkung hatte er einen wunden Punkt berührt.

Ra, der dunkelhäutige Barbar von einer unbekannten Welt, war einer der treuesten Anhänger des Prinzen gewesen. Trotz aller zusammen erlebten Abenteuer hatte er jedoch Ischtar nie vergessen. Die »Goldene Göttin«, aus der Rasse der Varganen war seine Geliebte gewesen, ehe sie sich Atlan zugewandt hatte. Schließlich hatte sie auch diesen verlassen und war mit ihrem Sohn Chapat mit unbekanntem Ziel verschwunden.

Nach Atlans Rückkehr nach Kraumon hatte Ra eine schwere seelische Krise durchgemacht. Die Sehnsucht nach Ischtar und das Heimweh nach seiner grünen Welt hatten ihn übermannt und sogar zu einem Selbstmordversuch getrieben. Schließlich hatte ihm Atlan die HAGAAR mit einer Besatzung von Freiwilligen zur Verfügung gestellt, um ihm zu helfen.

Ob und wann der Barbar seine Ziele erreichen würde, war für alle mehr als ungewiss. Atlan wusste aber, dass er den Freund und Kampfgefährten nie wiedersehen würde, und dieses Wissen schmerzte ihn.

Er überwand sich jedoch rasch und nickte Sprangk zu.

»Schon gut, Morvoner, machen wir weiter. Karmina Arthamin hat mich darauf hingewiesen, dass es uns an einem vor allem fehlt: an Kampfanzügen, die wir dann brauchen werden, wenn wir zum endgültigen Schlag gegen Orbanaschol ansetzen. Dieser Zeitpunkt ist nicht mehr fern. Zwar ist mein Plan, als Sieger bei den KAYMUURTES-Kämpfen nach Arkon zu gelangen, misslungen. Nun stellen sich aber selbst die Freunde meines Onkels in der Organisation Macht der Sonnen gegen ihn. Wir wissen bisher nichts Genaues darüber, aber die Unruhen im Imperium nehmen jetzt laufend zu. Diese Leute sind bestimmt nicht eben meine Freunde, aber sie arbeiten mir doch in die Hände. Sie unterminieren Orbanaschols Macht zusehends, zweifellos mit dem Ziel, einen Imperator ihrer Wahl ans Ruder zu bringen. Das dürfen wir aber auf keinen Fall zulassen. Wir müssen uns darauf vorbereiten, ihnen zuvorzukommen und gegebenenfalls einen Präventivschlag zu führen. Die Männer dazu haben wir, aber wo bekommen wir die unbedingt nötigen Kampfanzüge her?«

Sprangk hob die Schultern und wollte etwas erwidern, aber Bragos Neschbar kam ihm zuvor und hob die Hand.

»Ich glaube, hier Abhilfe schaffen zu können, Kristallprinz. Vor kurzem ist der zweifache Mondträger Carock Ekalv zu uns gestoßen, der nach der Vernichtung seines Schiffes durch die Maahks desertierte. Bei seiner Vernehmung durch unsere Leute erwähnte er etwas von einem Depotplaneten der Arkonflotte, auf dem unter anderem auch Tausende von Kampfanzügen liegen sollen. Wenn seine Angaben stimmen, könnten wir den dortigen Stützpunkt überfallen, und mit einem Schlag wären diese Sorgen behoben.«

»Kein schlechter Gedanke«, räumte Morvoner Sprangk ein. »Wir werden aber leider damit abwarten müssen, bis unser Spezialist für diese Dinge zurückkehrt. Mekron Dermitron ist ja unterwegs, um die Ladung Majalla-Kapseln an den Mann zu bringen, die Fartuloon nicht ohne Hintergedanken in unseren Labors herstellen ließ.«

Atlan warf dem Bauchaufschneider einen fragenden Blick zu. Fartuloon grinste und kraulte wohlgefällig seinen Bart.

»Habe ich vergessen, dir davon zu erzählen? Bei dem ersten Einsatz auf Cherkaton hat Dermitron den halbtoten Prospektor Letschyboa mit einer Schachtel dieser Wunderkapseln wieder voll auf die Beine gebracht. Die Majalla-Pflanze ist im Bereich des Imperiums selten, wächst aber hier auf Kraumon in Massen. Dermitron wies mich darauf hin, dachte allerdings nur daran, durch einen Verkauf großer Mengen der Kapseln unsere Finanzlage aufzubessern.«

Atlan lächelte belustigt. »Du hast natürlich gleich wieder weiter gedacht, wie ich dich kenne. Was hast du in deiner schwarzen Seele ausgebrütet, Dicker?«

Fartuloons Grinsen wurde noch breiter. »Ich habe lediglich auf die schwarzen Seelen anderer spekuliert, mein Lieber. Du weißt doch, wie es überall in unserem famosen Imperium zugeht – jeder denkt zuerst an sich selbst. Es gibt unzählige verwundete Raumfahrer, die mit Hilfe dieser Droge erheblich schneller wiederhergestellt werden könnten. Die Zahl derer, die wirklich damit behandelt werden, dürfte aber mikroskopisch klein sein. Teure und seltene Dinge versickern meist in dunklen Kanälen und kommen den Reichen oder Männern mit guten Beziehungen zugute.

Das dürfte auch bei der Ladung Kapseln der Fall sein, die Dermitron absetzen sollte. Es lag also nahe, hier das Nützliche mit einem anderen Aspekt zu verbinden. Deshalb habe ich dem Pflanzenextrakt einen Stoff hinzufügen lassen, der auch mit den modernsten Analysemethoden nicht nachzuweisen ist. Er beeinträchtigt die übliche Wirkung nicht, wer diese Kapseln einnimmt, wird tatsächlich körperlich fit. Dafür muss er jedoch eine Nebenwirkung in Kauf nehmen: Die Chemikalie hemmt die Funktion seines Gehirns, macht ihn träge und vermindert seine Denk- und Urteilsfähigkeit. Begreifst du, was ich damit bezwecke?«

Atlan nickte. »Vollkommen, du alter Gauner. Es dürfte also in nächster Zeit eine ganze Reihe von Männern in führenden Positionen geben, die nur noch die Hälfte wert sind. Nicht die ehrlichen Leute und die Offiziere der Raumflotte, sondern die korrupten Elemente und Vasallen Orbanaschols ... Das hast du wirklich gut gemacht, Fartuloon! Wenn ich schon Imperator wäre, würde ich dich auf der Stelle zum Sonnenträger machen.«

Sein Pflegevater winkte ab. »Kein Bedarf, verehrter Prinz. Du weißt, dass ich nicht zu jenen Leuten gehöre, die sich aus Auszeichnungen etwas machen. Mir genügt es vollauf, zu wissen, dass eine Anzahl unserer Gegner nicht voll auf dem Posten sein wird, wenn wir demnächst zum großen Schlag gegen den Diktator ansetzen. Dass die Zeit dazu fast reif ist, daran kann es wohl keinen Zweifel mehr geben, du hast es vorhin ja selbst gesagt.«

»Kommen wir zum eigentlichen Thema zurück«, warf der stets nüchtern und praktisch denkende Sprangk ein. »Ich hoffe, dass Mekron Dermitron bald zurückkommt, es kann sich nur noch um wenige Tage handeln. Inzwischen können wir schon die nötigen Vorbereitungen für den Einsatz gegen den Depotplaneten treffen. Bisher ist die MEDON immer nur mit einer kleinen Besatzung geflogen, die dafür natürlich nicht ausreicht. Ich werde also sofort eine Abteilung erfahrener Leute zusammenstellen, die der MEDON eine erhöhte Schlagkraft verleihen. Es könnte zu Kämpfen mit den Wachmannschaften des Stützpunkts kommen, und dafür muss Dermitron gerüstet sein.«

»In Ordnung, Morvoner«, stimmte Atlan zu. »Außerdem dürfte es ratsam sein, dass Ekalv bei dem Unternehmen mitmacht, weil er die Verhältnisse dort kennt. Unterrichten Sie ihn bitte davon, dass ich ihn nach dem Mittagessen sprechen möchte, um diese Dinge mit ihm zu erörtern. Wenn alles glatt geht, kann er dann selbst eines unserer Schiffe übernehmen.«

Es wurden noch mehrere interne Probleme besprochen, dann löste sich die kleine Konferenz auf.

 

*

 

Atlan verließ den kleinen Speisesaal, in dem er zusammen mit Karmina Arthamin, Fartuloon, Corpkor und Eiskralle gegessen hatte. Ein Gleiter brachte ihn zum Zentralgebäude von Gonozal-Mitte, in dem sich seine Befehlsstelle befand. Sie bestand allerdings nur aus drei kleinen Räumen, die größtenteils mit Computern und Nachrichtengeräten angefüllt waren.

Zuerst sah er einige Folien durch, die während seiner Abwesenheit von der Funkzentrale hereingereicht worden waren. Es handelte sich dabei um aufgefangene Hyperfunksprüche von Schiffen der Imperiumsflotte und arkonidischen Planeten. Die entlegene Position Kraumons brachte es mit sich, dass diese Nachrichtenquellen nur spärlich flossen. Außerdem gab es oft Schwierigkeiten bei der Entschlüsselung, denn natürlich wurden alle wichtigen Gespräche durch Verzerrer und Zerhacker gegen unbefugte Zuhörer abgesichert.

Trotzdem gelang es den Funkspezialisten mit Hilfe von Computern immer wieder, auch solche Sprüche zu »knacken«. Atlan las die Klarschriften und runzelte dann missmutig die Stirn. Auch diesmal war nichts dabei, das ihm wirklich von Nutzen war. Dass es bei den Kämpfen gegen die Maahks immer öfter Niederlagen für die Arkonflotte gab, wusste er längst. Die unfähigen Günstlinge des unfähigen Imperators begingen viel zu oft schwerwiegende taktische Fehler, die zu schweren Verlusten an Schiffen und Mannschaften führten.

Auch über die politischen Verhältnisse im Imperium ging aus diesen Nachrichten nur wenig hervor. Sie waren teilweise widersprüchlich und zeugten im großen und ganzen nur davon, dass die Wirren innerhalb des Sternhaufens weiter zunahmen. Das wurde aber auch nur in halben Andeutungen gesagt, denn in dieser Zeit konnte kaum noch jemand dem anderen trauen. Die POGIM und sonstige Geheimdienste waren aktiver denn je und stets bereit, verdächtige Leute zu eliminieren. Wirklich verlässliche Informationen brachten eigentlich nur die Raumer von Atlans kleiner Flotte von ihren Unternehmungen mit.

Der Kristallprinz legte die Folien zur Seite und nahm den Speicherkristall zur Hand, der eine Kopie von Carock Ekalvs Personalakte enthielt. Er legte sie in ein Visorgerät und las die Angaben ab, die auf dem kleinen Bildschirm erschienen.

Der zweifache Mondträger war zweifellos ein wichtiger Mann. Er war zweiunddreißig Arkonjahre alt, groß und schlank, mit einem ernsten, verschlossenen Gesicht. Früher hatte er ein Schlachtschiff befehligt, das bei einem Gefecht im Dribor-Sektor von den Maahks zusammengeschossen worden war. Dabei hatte er eine Schädelverletzung davongetragen, die ihn nach Ansicht der Ärzte für den aktiven Flottendienst untauglich gemacht hatte. Das Flottenkommando hatte ihm daraufhin den Posten eines Organisationsleiters übertragen, der für die Koordinierung des Nachschubs verantwortlich war.

Als solcher hatte er Einblick in Dinge erhalten, von denen Angehörige der kämpfenden Flotte nur selten erfuhren. Er war direkt mit der Vettern- und Günstlingswirtschaft und der überall blühenden Korruption konfrontiert worden, die der eigentliche Grund für den Niedergang des Großen Imperiums waren. Er hatte versucht, sich aus all diesen schmutzigen Dingen herauszuhalten, aber das hatte ihn bei verschiedenen einflussreichen Männern natürlich unbeliebt gemacht. Er war zunehmend unter Druck gesetzt worden, dem er sich schließlich durch die Desertion entzogen hatte.

»Es gab einfach keinen anderen Weg mehr für mich«, hatte er nach seiner Ankunft auf Kraumon Morvoner Sprangk erklärt. »Kein ehrlicher Soldat, dem das Wohl des Imperiums am Herzen liegt, um es zugrunde zu richten. Seit der Schlacht von Marlackskor, die durch das mutige Eingreifen von Atlan und Gonozal VII. entschieden wurde, war mir klar, auf welcher Seite in Zukunft mein Platz war. Ich bin froh und dankbar, dass ich nun zum Gefolge des rechtmäßigen Thronfolgers von Arkon gehören darf.«

Natürlich hatte man sich nicht nur auf seine bloßen Aussagen verlassen. Schon seit langem suchten Orbanaschols Häscher fieberhaft nach Atlans Geheimplaneten. Die Gefahr, dass sie ihn auf dem Umweg über angebliche Deserteure zu finden suchten, war groß. Man hatte ihn einem scharfen Test durch Lügendetektoren unterzogen, zu dem er sich ohne Zögern bereiterklärt hatte. Das Ergebnis war zu seinen Gunsten ausgefallen, seiner aktiven Teilnahme am Kampf für Atlan stand nichts mehr im Wege. Die Ärzte hatten festgestellt, dass seine Verwundung dabei kein ernsthaftes Hindernis war.

Atlan schaltete das Visorgerät wieder ab und nickte zufrieden. Ekalv war zweifellos ein fähiger Mann, der sein volles Vertrauen verdiente. Als erfahrener Kampfkommandant bot er sich als Führer eines Schiffes der Flotte von Kraumon geradezu an.

Wenige Minuten später traf er selbst ein. Er grüßte ehrerbietig, aber Atlan winkte sofort ab.

»Keine unnötigen Formalitäten, Carock«, sagte er einfach. »Bei uns zählen nicht die Leute, die am besten strammstehen können, nur auf Können und Leistung kommt es an. Setzen Sie sich, wir wollen uns ganz zwanglos unterhalten.«