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Band 550-599 – Die Abenteuer der SOL – Teil 2

 

Nach zahlreichen Schwierigkeiten und gefährlichen Abenteuern gelingt es Atlan, an Bord der SOL wieder einigermaßen geordnete Verhältnisse herzustellen. Doch damit hat die bislang größte Reise des riesigen Raumschiffs erst begonnen.

Die negative Superintelligenz HIDDEN-X stellt sich dem Arkoniden und den Solanern in den Weg und bringt sie an den Rand des Untergangs. Wenn Atlan seinen Auftrag erfüllen und die SOL einer neuen Bestimmung zuführen will, muss er sich mit einem Gegner messen, der anscheinend unbesiegbar ist. Unaufhaltsam strebt die ohnehin schon aussichtslose Lage ihrem Höhepunkt entgegen – und dem entscheidenden Duell zwischen Atlan und HIDDEN-X ...

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Nr. 550

 

Hidden-X

 

Die Entscheidung im Ysterioon

 

von Peter Griese

 

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Seit Dezember des Jahres 3586, als die SOL unter dem Kommando der Solgeborenen auf große Fahrt ging und mit unbekanntem Ziel in den Tiefen des Sternenmeeres verschwand, sind mehr als zweihundert Jahre vergangen, und niemand hat in der Zwischenzeit etwas vom Verbleib des Generationenschiffs gehört.

Schließlich ist es jedoch soweit – und ein Mann kommt wieder in Kontakt mit dem verschollenen Schiff. Dieser Mann ist Atlan. Die Kosmokraten entlassen ihn, damit er sich um die SOL kümmert und sie einer neuen Bestimmung zuführt.

Jetzt schreibt man an Bord des Schiffes den Anfang des Jahres 3792, und der Arkonide hat trotz seines relativ kurzen Wirkens auf der SOL bereits den Anstoß zu entscheidenden positiven Veränderungen im Leben der Solaner gegeben – ganz davon abgesehen, dass er gleich nach seinem Erscheinen die SOL vor der Vernichtung rettete.

Atlan, der sich gegenwärtig mit der abgekoppelten SZ-2 in Flatterfeld aufhält, ist bestrebt, der unbekannten Macht, die die Ysteronen zu ihren verheerenden Nickelraubzügen verleitet, Einhalt zu gebieten.

Zusammen mit Chart Deccon tritt Atlan gegen diese Macht an, die im Ysterioon ihren Standort hat. Die beiden Männer wollen die Entscheidung erzwingen im Kampf mit HIDDEN-X ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Hidden-X – Ein Wesen, das sich für allmächtig hält.

Atlan und Chart Deccon – Zwei Männer im tödlichen Kampf.

Wylt'Rong – Oberführer der Roxharen im Ysterioon.

Girgeltjoff – Ein Retter in höchster Not.

1.

Meine Vergangenheit

 

Ich bin älter als diese zerfetzte, irreguläre Kleingalaxis. Ich bin älter als jedes Wesen, das sich in der Reichweite meiner Sinne befindet, und ich werde älter werden, als jedes von ihnen werden kann.

Wenn mein Bewusstsein zurückschweift an den fernen Ort, an dem ich begann, so ist dieser Weg von vielen markanten Ereignissen und Taten erfüllt. Die Zeit, die ich überbrücken muss, um mich an jenen Ort der Genese zu erinnern, ist unfassbar groß. Die Entfernungen, die zwischen diesem Ort und meinem jetzigen liegen, machen sich dagegen kümmerlich aus.

Mein Auftrag verlangte es so.

Und doch ist dieser Weg durch die Dimensionen des Universums gekennzeichnet. Ich habe eine Spur hinterlassen, die unübersehbar ist. Die Spur zieht sich durch Zeit und Raum. Sie berührt Sterne, Planeten und kosmische Nebel, in denen das Leben haust. Es ist eine Spur der Erfolge.

Meine Erfolge, so nenne ich sie.

Überall, wo ich in der Vergangenheit mit meiner Macht das Leben berührte, wurde ich erkannt. Das machte mich stolz und zufrieden. Sie blickten zu mir auf, die Primitiven, die sich für die Krone der Schöpfung hielten. Als Zeichen der Anerkennung verliehen sie mir Namen. Starke Namen und schöne Namen. Sie berauschten sich daran.

Meine Namen, ich berausche mich auch daran.

Der lange Weg durch die Äonen war einfach, denn niemand konnte sich mir widersetzen. Mein Bewusstsein lebte von den Erinnerungen der Völker, die ich berührte. Und da ich nie eine Einzelheit vergessen konnte, wuchs mit mir und meinen Erfolgen und meinen Namen mein wichtigstes Machtinstrument.

Mein Wissen, von ihm zehre ich und sorge für die Zukunft.

Oft war ich in der langen Zeit allein, denn Warten gehört zu den notwendigen Dingen meines Daseins. Diese Zeit ist so immens, dass in ihr genügend Freiraum bleibt, um neue Gedanken zu entwickeln, die in die Tat umgesetzt werden können. Trotz der vielen Äonen meines Daseins war es nicht möglich, all das zu erfüllen, was ich erdacht habe. Es ist etwas geblieben, was auf die Realisierung wartet.

Meine Träume, ich werde sie mir erfüllen.

Die ewigen Gesetze des Kosmos kennen viele Gegenpole. Primitive Völker sprechen von positiven und negativen Mächten, wobei sie sich automatisch zu den positiven zählen. Auch zwischen der Zeit und dem Raum besteht ein Gegensatz, der die gleichzeitig vorhandene innere Verbindung verhöhnt. Das eine kann ohne das andere nicht existieren. Die positiven Mächte wären nicht positiv, wenn es keine negativen gäbe. Ich weiß, dass der wichtigste Gegenpol der zwischen Stärke und Schwäche ist. Ich bin stark, aber bisweilen können einen auch die Schwachen zum Nachdenken oder sogar zum Handeln zwingen. Oft wurde versucht, meine Existenz zu gefährden. Einige Mal wurde sogar die Wahnsinnsidee geboren, mich zu vernichten. Ich existiere mit denen, die sich mir gegenüber so verhalten.

Meine Feinde, so nenne ich sie.

Es ist unvorstellbar, dass es je jemand gelingen könnte, mich auszulöschen. Ich bin zu stark. Einzig das Wesen, das mich hervorgebracht hat, das mich mit einem Teil meines mannigfaltigen Bewusstseins aus einer Spiegelung dieser Fragmente hat entstehen lassen, wäre dazu in der Lage. Aber die Gefahr, dass dies geschieht ist gering. Es sind schon viele Äonen verstrichen, in denen sich mein Schöpfer nicht mehr gemeldet hat. Mit jeder Tat, die ich vollbrachte, habe ich mich mehr und mehr von ihm gelöst – und doch immer treu im Sinn der Sache gehandelt, die mein Dasein ist. Sollte sich der Schöpfer irgendwann gegen mich stellen, dann wäre das vielleicht mein Ende.

Mein Tod, das wäre die treffende Bezeichnung für diesen Augenblick.

Bei meinen Erfahrungen und meinem Weitblick war es leicht, nicht nur in der Vergangenheit zu leben. Ich konnte auch an das denken, was mir bevorsteht. Natürlich ist dieses Bild verschwommen, aber das ist geprägt von meinem Auftrag, meinen Erfolgen, meinen Namen, meinem Wissen, meinen Träumen, meinen Feinden und meinem Tod. Selbst wenn der Tod eintreten würde, wäre meine Existenz nicht ausgelöscht. Ich habe seit langem begonnen, für diesen Moment zu sorgen.

Meine Zukunft. Sie soll bis an das Ende allen Daseins reichen. Sie ist die Summe meiner Vergangenheit. Sie ist die geballte Macht aus den Knoten in der Spur, die ich durch den Kosmos gezogen habe. Sie soll da enden, wo alles begann, an jenem Pulsschlag des Universums, an dem mein Schöpfer Seth-Apophis mich aus einem Teil seiner Bewusstseinsinhalte heraus spiegelte und auf die lange Reise schickte und mich vergaß ...

 

*

 

Atlan lehnte sich schwer atmend an die kühle Metallwand. Sein Mund war weit geöffnet von den Strapazen eines regelrechten Wettlaufs, den er gemeinsam mit Chart Deccon gegen einen Automaten durchgeführt hatte.

Auch der High Sideryt der SOL war erschöpft.

»Was war das für eine verrückte Maschine?« Nach Luft ringend, schüttelte er den Kopf. »Gehörte sie den Ysteronen oder den Roxharen?«

»Ich weiß es nicht.« Atlan ging in die Knie. Er spürte, wie die erhöhte Leistung seinen Zellaktivator zu stärkeren Impulsen angeregt hatte. Schon bald würde er wieder im Vollbesitz seiner Kräfte sein. »Es spielt auch keine Rolle. Die Ysteronen sind vollkommen verwirrt. Wir können es ihnen nicht einmal verdenken, wenn sie sich teilweise auch gegen uns stellen.«

Deccon nickte nur und starrte an die fast dreißig Meter hohe Decke des ungewöhnlich schmalen Ganges, in den sie sich vorerst gerettet hatten. Praktisch jeder Durchlass in dem Ysterioon war so hoch und damit der Körpergröße der Bewohner angepasst. Dass dieser Korridor so schmal war, musste einen besonderen Grund haben. Welcher das war, blieb dem Solaner unklar.

Für ihn und Atlan zählte nur, dass der schmale Gang dem Roboter die Verfolgung unmöglich gemacht hatte.

Hoch oben an der Decke, die wie die Seitenwände aus blankem Nickel hergestellt war, flackerten fahlblaue Lichter. Sie erinnerten Atlan an defekte Neonröhren aus der Frühzeit der terranischen Geschichte.

Ihre Lage war mehr als trostlos, denn es sah so aus, als seien sie vollkommen von allen Helfern abgeschnitten. Atlans einziger Trost war, dass seine Freunde aus den letzten Auseinandersetzungen in Sicherheit zu sein schienen. Wenn alles geklappt hatte, dann waren Bjo Breiskoll, Sanny Argan, Lyta Kunduran, Nockemann und Breckcrown Hayes bereits an Bord der SZ-2.

Für Atlan und Chart Deccon war jedoch zunächst jeder Fluchtweg versperrt. Der transportable Transmitter, den Atlan mitgebracht hatte, existierte nicht mehr. Die beiden Kampfroboter hatten sich selbst vernichtet. Von Girgeltjoff, den man noch als Helfer bezeichnen konnte, fehlte im Augenblick jede Spur.

Die eigentliche Gefahr ging von der geheimnisvollen Statue aus. In dieser war ein Wesen, über das man nichts Genaues wusste. Atlan hatte es vor längerer Zeit Hidden-X genannt, weil man einfach einen Namen für die Macht brauchte, die hinter den Nickelraubzügen der Ysteronen stand. Denn dass der Impuls für diese Räuberei, die Planeten zu Dutzenden vernichtete, nicht von den zwar riesenhaften, aber eigentlich harmlosen Ysteronen ausging, war dem Arkoniden längst klar geworden.

Auch ein anderer Verdacht hatte sich zur Gewissheit verhärtet, als man beobachten konnte, wer die Helfer von Hidden-X waren. Die Roxharen kannte man aus dem Chail-System. Und von dort wusste Atlan auch, wer die lenkende Macht hinter dem Volk der Rattenartigen war.

Der geistige Faktor, so hatten die Roxharen die unbekannte Wesenheit genannt, die als ihr Auftraggeber und Lenker erkennbar war.

Für Atlan gab es keinen Zweifel mehr, dass Hidden-X und der geistige Faktor miteinander identisch waren.

Die mentale Kraft des Wesens war auch hier noch spürbar, obwohl sie nach der Verfolgungsjagd ein Stück Wegs zwischen sich und die Statue gebracht hatten. Anhaben konnte Hidden-X den beiden Männern scheinbar nichts. Entweder er überließ dies ganz seinen Helfern, die unter dem Kommando des Roxharen Wylt'Rong standen, oder das mächtige Wesen war mit anderen Dingen beschäftigt.

»Wenn der Roboter meldet, dass wir in diesen schmalen Gang geflohen sind, wird man uns auch hier bald die Hölle heiß machen.« Chart Deccon hatte sich wieder erholt. Sein Arm deutete auf zwei Seitengänge, die wenige Schritte neben ihnen abzweigten und auf eine Wendeltreppe, die nach unten führte. Die Stufen dieser Treppe besaßen allerdings eine Höhe von gut einem Meter, denn sie waren für die Ysteronen mit ihren langen Beinen gebaut worden.

Atlan antwortete nicht sofort. Er versuchte noch immer, sich ein klares Bild von der Situation zu machen, in der sie sich befanden.

Die Art, in der Hidden-X die Völker manipulierte, bedeutete für den Arkoniden, dass es sich hier um ein Wesen handelte, das nie und nimmer im Sinn der positiven Mächte tätig war. Hidden-X war ein Feind, den man nicht genügend ernst nehmen konnte. Allerdings reagierte dieser Unbekannte häufig merkwürdig oder zu langsam.

Im Rückblick war es einfach gewesen, in das Ysterioon einzudringen. Seine Bewohner hatten den Solanern teilweise sogar dabei geholfen. Erst als man auf Wylt'Rong gestoßen war, der anfangs noch in der Maske eines Ysteronen aufgetreten war, hatte der Gegner sich etwas deutlicher gezeigt. Doch da war es zu spät gewesen.

Breckcrown Hayes' Attacke gegen den Glutplaneten Pryttar hatte sich als ein entscheidender Schlag gegen Hidden-X erwiesen.

Ein weiterer Erfolg war Sanny und Argan U gelungen, als diese in den Sockel der Statue verschleppt worden waren. Die beiden kleinen Helfer Atlans hatten dort erhebliche Verwüstungen angerichtet, die mit die Ursache waren, dass ein Teil der Hyperstrahlungen des Ysterioons nicht mehr wirksam war.

Atlan starrte mit zusammengekniffenen Augen auf das tragbare Funkgerät, dass er bei Beginn dieser Mission bei sich trug. Es war wertlos, denn die überlagernden Strahlungen, die einen Funkkontakt unmöglich machten, herrschten noch immer vor.

Auch beunruhigte ihn das Verhalten der Ysteronen. Sie vermuteten in den Fremden in erster Linie Rächer, die sie für ihre Nickelraubzüge bestrafen wollten. Es war zu bezweifeln, ob es Girgeltjoff in kurzer Zeit gelingen würde, seine Artgenossen davon zu überzeugen, dass Atlan ganz andere Ziele verfolgte.

Die ganze Kleingalaxis Flatterfeld war ein Unruheherd. Die Völker, die hier lebten, allen voran die Ysteronen und die Pluuh, verhielten sich so unnormal, dass die lenkende Hand einer anderen Macht deutlich erkennbar war.

Die Ysteronen zogen seit einer Ewigkeit aus, um Nickel aus dem Innern von Planeten zu rauben. Diese Maßnahme hatte keinen erkennbaren Sinn, denn nach dem, was Atlan bis jetzt erfahren hatte, war dieses Nickel stets in der Nähe von Pryttar und der Sonne Nickelmaul, die die Ysteronen Kores nannten, in einer höheren Dimension verschwunden.

Klar war inzwischen lediglich, dass die Ysteronen dies nicht für sich taten.

Auch die Pluuh waren ein merkwürdiges Volk, das von einem völlig übertriebenen Friedenswillen geprägt war.

Trotz einer außergewöhnlichen Technologie schienen diese sehr menschenähnlichen Bewohner von All-Mohandot gegenüber einigen Erscheinungen regelrecht blind zu sein. Sie versuchten zwar, die Ysteronen in Schach zu halten, indem sie sie auf einen bestimmten Sektor im Ostteil der irregulären Kleingalaxis konzentrierten und diesen durch einen hyperenergetischen Sperrriegel verbarrikadierten. Dass die Ysteronen diesen umgingen, wollten sie aber nicht erkennen. Auch weigerten sie sich, in irgendeiner Form aktiv für die Erhaltung normaler Zustände in Flatterfeld wirksam zu werden.

Atlan war inzwischen zu der Meinung gekommen, dass der mentale Einfluss von Hidden-X auch hier wirksam war.

Sein Gegner war die Macht in der Statue in der Tabuzone, die den größten Teil der Zentralkugel des Ysterioons ausmachte, Hidden-X und seine roxharischen Diener und deren Roboter. Die verwirrten Ysteronen, die aus Angst und Schamgefühl unkontrollierbar reagierten, durften dabei allerdings nicht übersehen werden.

Hidden-X' Roxharen besaßen eine unbekannte Anzahl von Zellen, kleinen, wendigen Raumschiffen. Atlan beschäftigte sich mit dem Hintergedanken, mit einer dieser Zellen das Ysterioon zu verlassen, wenn die Lage zu gefährlich wurde.

»Vorsicht!«

Im gleichen Moment, als Chart Deccon dies rief, zerplatzten sämtliche Beleuchtungskörper an der Decke des hohen, schmalen Korridors. Ein Schauer von Scherben prasselte durch die Dunkelheit auf die beiden Männer nieder.

Atlan hielt sich schützend eine Hand vor das Gesicht. Mit der anderen packte er den High Sideryt am Oberarm und zerrte ihn in einen beleuchteten Seitengang.

Atlan blickte in das Gesicht des Solaners. In der linken Backe steckte eine dünne Scherbe. Blut rann aus der Wunde.

Mit einem Ruck entfernte Atlan den Splitter. Der High Sideryt verzog seine wulstigen Lippen, über die kein Laut kam.

»Danke, Atlan«, murmelte er dann, als ihm der Arkonide einen Wundverschluss auf die aufgeplatzte Haut aufsprühte. »Sind wir hier in Sicherheit?«

»Ich weiß es nicht«, entgegnete Atlan wahrheitsgemäß. »Wahrscheinlich gibt es in dem ganzen Ysterioon keinen Ort, an dem wir wirklich sicher sind.«

Der Hüne blickte stumm auf den wenige Zentimeter kleineren Mann, der seit seinem unvermuteten Auftauchen auf der SOL vor ziemlich genau einem Jahr für eine Reihe von grundlegenden Veränderungen gesorgt hatte.

Der 85 Jahre alte High Sideryt war ein Koloss von einem Mann. Gewaltige Muskeln waren unter seiner Kombination sichtbar. Die kaum noch erkennbaren, kleinen, grauen Augen in dem massigen, geröteten Gesicht suchten den Blick des Arkoniden.

»Es stimmt nicht«, sagte Deccon plötzlich dumpf, »dass ich keine Gefühle habe. Kannst du mir verzeihen?«

»Warum?« Atlan verstaute die Sprayflasche und legte prüfend einen Finger auf den Schnellverband.

»Ich habe immer gegen dich gekämpft. Manchmal offen, manchmal versteckt. Ich habe dir nie wirklich ein Wort von deinem kosmischen Gefasel geglaubt.«

»Das ist verständlich, Chart. Du bist in einer völlig anderen Umgebung aufgewachsen als ich. Dein Leben war seit jeher das in der SOL. Und die SOL ist weniger als ein Staubkorn in den Weiten des Kosmos.«

»Du willst mich nicht verstehen«, grollte Deccon. »Was weißt du von einem Leben eines High Sideryt? Nichts. Ich sage dir, es ist die totale Einsamkeit. Die wenigen Stunden in meinem Leben, in denen ich nicht allein war und mich glücklich fühlte, waren meist auf Lug und Betrug aufgebaut.«

»Alpha«, sagte Atlan nur.

»Richtig.« Deccons Stimme klang dumpf. »Ich bin schuldig, denn ich selbst habe die SOL in eine tödliche Gefahr gebracht. Mein Egoismus war meine Sehnsucht nach Geborgenheit.«

Er lachte plötzlich zynisch auf. »Mit 85 Jahren sollte man gegen solche Dinge gefeit sein.«

»Du irrst. Ich bin über zehntausend Jahre alt, und mir passieren solche Sachen noch heute. Es ist gut, wenn man seine menschlichen Gefühle nicht verliert.«

»Ich weiß nicht.« Deccon deutete den Gang entlang, und sie setzten sich in Bewegung, weil von der anderen Seite dumpfe Schritte zu hören waren. Das mussten Ysteronen sein, die sich von dort näherten.

Der High Sideryt hatte eine Hand auf den zigarrenkästchengroßen Behälter gelegt, den er an einer goldenen Kette um den Hals trug.

Atlan registrierte die Bewegung des Hünen, schwieg aber. Er wusste, dass Deccon sich nie über den Inhalt des Kästchens äußerte.

»Wir sollten versuchen«, brummte der High Sideryt, »auf dem schnellstmöglichen Weg zur SOL zu gelangen. Hier können wir nichts erreichen. Der geistige Druck der Statue wird immer stärker. Er wird mich noch wahnsinnig machen.«

»Ich ziehe es vor, mir noch einmal die Statue mit Hidden-X aus der Nähe anzusehen.« Atlan ging kaum auf das ein, was Deccon gesagt hatte. »Ich stelle mir vor, dass man diesem verborgenen Wesen irgendwie beikommen müsste.«

»Es ist eine Schuhnummer zu groß für uns«, behauptete der Solaner. »Ich verstehe ja deine Idee, hier überall für den Frieden zu sorgen und die ewigen Nickeldiebstähle zu unterbinden. Aber was sollen wir zwei allein gegen ein Ding ausrichten, wie es dieses Hidden-X ist? Nur ein Wahnsinniger würde den Kampf gegen etwas aufnehmen, was er überhaupt nicht kennt. Spürst du nicht den Druck in deinem Kopf?«

»Doch«, gab der Arkonide zu. »Aber ich kann ihn abwehren.«

Sie bogen in einen anderen Gang ein, der noch schmaler war. Das ferne Getrappel der Ysteronen war verstummt.

»Es wehrt sich etwas in mir«, fuhr Atlan fort, »diesen Ort einfach zu verlassen. Ich bin nicht hierhergekommen, um mit der Erfahrung wieder zu gehen, dass Hidden-X unbeeinflussbar ist.«

»Du meinst wohl unbesiegbar?«

»Du kannst es nennen, wie du willst, Chart. Mein Wunschtraum ist es, ein so mächtiges Wesen wie Hidden-X zum geistigen Zentrum einer Friedenszelle zu machen.«

»Du bist verrückt.« Der High Sideryt lachte laut auf. »Das wird dir nie gelingen.«

»Vielleicht«, meinte Atlan. »Dann muss ich eine andere Lösung finden, die allen Seiten gerecht wird.«

»Die gibt es nicht.« Chart Deccon blieb stehen und deutete in die Höhe. Etwa zehn Meter über den Köpfen der beiden Männer war in eine Seitenwand ein Bildschirm eingelassen. Dicht darunter war eine Konsole mit verschiedenen Bedienungselementen zu erkennen.

Atlan ging zur gegenüberliegenden Wand, um aus dem spitzen Winkel zu erkennen, welche Bilder der Schirm zeigte.

»Erregte und diskutierende Ysteronen«, stellte er fest. »Leider fehlt der Ton, sonst könnten wir mehr erfahren. Das Völkchen scheint wirklich außer Rand und Band zu sein.«

Deccon wollte zu Atlan kommen, aber in diesem Augenblick verschwand die künstliche Schwerkraft des Ysterioons. Er stieß einen kurzen Schrei aus, als er von seiner eigenen Bewegungsenergie emporgehoben wurde.

Atlan gelang es, an seinem Platz zu verharren.

Plötzlich war der ganze Gang in fahlgrünes Licht getaucht. Im gleichen Moment entdeckte Atlan neben dem Bildschirm eine kleine Kamera.

Ein Sog packte die beiden Männer. Deccon wurde sofort davongewirbelt. Er prallte gegen eine Wand und brüllte auf. Seine Hände versuchten Halt zu finden, aber alle Flächen waren glatt.

Der Abstand zwischen den beiden vergrößerte sich schnell. Er betrug schon nach wenigen Sekunden über zwanzig Meter.

Atlan schwebte merklich langsamer hinter dem Solaner her. Auch er wurde dabei in die Höhe gerissen.

Unvermutet setzte die normale Schwerkraft wieder ein. Atlan gab seinem Körper in der Luft eine Gegendrehung, so dass er auf den Beinen landen würde. Aus der Bewegung sah er, wie Deccon mit dem Kopf voran auf den metallenen Boden zuschoss und dort in einer sich plötzlich bildenden Öffnung verschwand.

In dem Moment, in dem der Arkonide den Boden mit den Fußspitzen berührte, krachten mehrere Wände nach unten, die direkt aus der hohen Decke kamen. Eine davon versperrte ihm die Sicht auf den im Boden versinkenden Deccon.

Eine andere prallte gegen Atlans Rücken. Er wurde nach vorn geschleudert und schlug schwer auf. Seine Sinne schwanden. Das letzte, was er spürte, war eine übergroße Hand, die sich von hinten um seinen Hals legte.

2.

Mein Auftrag

 

In dem Moment der Entstehung war der Auftrag schon allgegenwärtig. Er war so sehr vorhanden, wie es der Schöpfer war. Ich brauchte eine lange Zeit, um zu merken, dass er mir den Auftrag nicht nach der Genese gegeben hatte. Der Auftrag stand bereits im Raum. Und weil er da war, wurde ich erschaffen.

Diese Erkenntnis betrübte mich etwas, denn wer wird schon gern geboren, wenn er von dem Moment der Entstehung an weiß, dass er nur zu einem bestimmten Zweck zu einem eigenen Bewusstsein erwachte und wenn er weiß, dass dieser Zweck sein ganzes Dasein bestimmen wird.

Das jedenfalls dachte ich damals, als ich die wahren Zusammenhänge erkannte. Heute weiß ich, dass ich sehr wohl meine Existenz in die Bahnen lenken kann, die mir genehm sind.

Der Auftrag beinhaltete eine Reihe von verschwommenen Einzelaufgaben. Der Schöpfer ließ mich wissen, dass ich den Auftrag nur deswegen als verschwommen bezeichnete, weil mir das notwendige Wissen um die kosmischen Zusammenhänge und den Aufbau des Universums fehlte.

Damit war der erste Teil der Aufgabe auch schon formuliert.

Gehe hinaus und lerne, was der Kosmos an geistigem und materiellen Potenzialen besitzt! Verleibe dir alles ein, damit du die Aufgabe, die dich für immer begleiten wird, erfüllen kannst!

Damals habe ich mich in der unmittelbaren Gegenwart des Schöpfers unendlich klein gefühlt. Heute weiß ich, dass ich groß und stark bin, und dass sich niemand mehr widersetzen kann.

Er gab mir nicht viel mit auf den Weg durch die Äonen und Räume. Sein mentaler Befehl beinhaltete aber eine Zone des Universums, in der ich wirken sollte. Im Vergleich mit dem ganzen vierdimensionalen All war diese Zone weniger als ein Atombaustein im Verhältnis zu einer Riesensonne. Ich wusste aber schon damals, dass ich zum Durchstreifen dieser winzigen Region mehr Zeit benötigen würde, als ich mit meinem Bewusstsein augenblicklich erfassen konnte.

Der Schöpfer stattete mich mit einem Grundwissen aus. Er nannte die Begriffe Völker, Zivilisationen, Machtgruppierungen, Mächtigkeitsballungen. Und er gab den Worten einen Sinn, die da lauteten Monde, Asteroiden, Planeten, Sonnen, Sternensysteme, Galaxien, Galaxienhaufen. Auch brauchte ich Verständnis zur Erfüllung des Auftrags, indem ich andere Bedeutungen verstand, wie Instinkt, Geist, Intelligenz, psionische Kraft, Mentalbewusstsein, Mächtigkeitsballung, Materiequelle, Materiesenke.

Er entließ mich in dem Bewusstsein, dass ich den Auftrag verstanden hatte. Er wusste, dass ich den vielen Begriffen meine eigenen Erfahrungen mit der Existenz des Kosmos hinzufügen würde. Erst dann wäre ich in der Lage, so zu handeln, wie es der Schöpfer wünschte.

Der Auftrag besteht noch heute. Er ist da, und er lebt in mir. Aber er hat an Bedeutung verloren, denn das geistige Band zu meinem Erzeuger ist schon lange abgerissen.

Ich zweifelte nicht daran, dass er seine Spiegelung entweder bewusst vergessen hatte oder aber, dass sich seine Interessen auf ganz andere Aspekte der kosmischen Auseinandersetzungen gelenkt hatten. Für mich war der wahre Grund für den fehlenden Kontakt bedeutungslos. Wichtig war jedoch, dass ich mich durch diesen entfallenen Zwang in meinem Handeln frei fühlte.

Der Schöpfer würde keinen Grund haben, mir zu zürnen, denn ich hatte den Auftrag praktisch erfüllt, wenngleich dieser keine zeitliche Begrenzung besaß. Und wenn er es dennoch wagen wollte, mich zu attackieren, dann würde er ein Wunder erleben. Er würde sich einen mächtigen Feind schaffen.

Vielleicht wusste er das und ließ deshalb von mir ab.

Ich hatte mich damals in jene kleine Zone begeben, die mein Lebensbereich werden sollte. Es wurde mein Reich, und es ist noch heute so. Dem Auftrag des Schöpfers folgend, vollführte ich gewaltige Veränderungen.

Ich trieb bei niedrigen Völkern die Entwicklung an, damit sie eines fernen Augenblicks dem Schöpfer als tatkräftige Helfer zur Verfügung stehen würden.

Bei anderen Völkern musste ich diese Entwicklung bremsen, denn sie drohten so sehr an Wissen zu gewinnen und sich selbst zu vergeistigen, dass sie in nicht allzu ferner Zukunft das Spiel durchschaut hätten, das ich mit ihnen trieb.

Ich prägte der ganzen Region das auf, was der Schöpfer von mir erwartete. Die Intelligenzen wurden so gesteuert, dass sie später einmal nur im Sinn des Erzeugers handeln konnten.

Der große Wurf gelang mir, als ich eine riesige Galaxis fand, in der es vor fortgeschrittenen Völkern nur so wimmelte. Hier erschuf ich das, was der Schöpfer eine Kriegszelle genannt hatte. Noch dauert dieser Kampf an, an dessen Ende eine Macht im weltlichen Bereich entstehen wird, die jedem Hilfsvolk der Feinde des Schöpfers überlegen sein wird.

Der Auftrag lautete, die genannte Zone in einen Sektor zu verwandeln, den der Schöpfer mit einem Schlag seiner Mächtigkeitsballung einverleiben konnte, wenn die Zeit des großen kosmischen Kampfes gekommen wäre.

Der Auftrag ist erfüllt, obwohl noch vieles unvollendet ist. Die Weichen sind aber gestellt.

Auch die Weichen für meine Zukunft sind gestellt, denn ich werde diesen Abschnitt des Universums nicht mehr verlassen. Ich habe mich an ihn gewöhnt.

Er gehört mir.

Wenn der Schöpfer über ihn verfügen will, so werde ich von ihm verlangen, dass ich mit einem anderen Sektor des Universums entschädigt werde.

Aber das sind sinnlose Spekulationen. Der Schöpfer hüllt sich mir gegenüber in völliges Schweigen. Dabei höre ich seine Stimme nahezu ununterbrochen durch die ewigen Weiten klingen, wenn er seine Aufträge erteilt, seine Agenten aktiviert oder nach neuen Grenzen sucht, die es zu überschreiten gilt.

 

*

 

Atlan erwachte von heftigen Bewegungen, die ihn hoch und nieder rissen. Er war noch so benommen, dass er einen Moment brauchte, um sich an die vergangenen Geschehnisse zu erinnern. Neben ihm bewegte sich eine Nickelwand auf und ab.

Du bewegst dich auf und ab, korrigierte ihn sein Extrasinn vorwurfsvoll. Pass auf, wohin man dich verschleppt!

Der Arkonide drehte seinen Kopf und blickte in die Höhe. Wenige Meter über ihm wackelte der mächtige Schädel des Ysteronen. Dieser hielt ihn mit einem Arm an der Hüfte fest. Bei dem wippenden Gang des vierbeinigen Wesens vollführte Atlan einen wilden Tanz in dessen Griff.

Erst jetzt merkte er, wie sehr sein Hals schmerzte. Der Ysterone musste ihn dort zu hart gepackt haben.

Der Gang gehörte zu den breiten Verbindungswegen, wie sie am häufigsten im Ysterioon anzutreffen waren. Der Vierbeinige schritt ungewöhnlich schnell voran. Er schien ein bestimmtes Ziel zu haben.

Andere Ysteronen konnte Atlan nicht entdecken. Da er seine beiden Arme kaum bewegen konnte, war nicht daran zu denken, eine seiner Waffen zu fassen, die noch an seinem Gürtel hingen. Er konnte aber den Einschaltknopf seines Translators berühren.

»Heh, Ysterone!« Der Translator arbeitete automatisch mit großer Lautstärke. »So geht man nicht mit einem Gast um.«

Der riesige Vierbeiner war ein Exemplar seines Volkes, das besonders groß wirkte. Atlan schätzte seine Höhe auf fast 25 Meter.

Der Ysterone blieb mit einem Ruck stehen, durch den Atlan heftig an der Hüfte gequetscht wurde. Er konnte sich ein Aufstöhnen nicht verbeißen.

»Du sprichst meine Sprache?«, staunte der Ysterone. »Dann nenne mich Yaster-Yaster, den Weisen.«

»In Ordnung, Yaster-Yaster. Ich schlage vor, du setzt mich erst einmal auf dem Boden ab.«

»Das werde ich nicht tun.« Yaster-Yaster packte den Arkoniden wie eine Puppe und hielt ihn vor sein Gesicht. Atlan erkannte, dass es sich um einen sehr alten Ysteronen handelte, denn das Gesicht, in das er blickte, war so alt und runzlig wie es das von Traug-Tul-Traug gewesen war, den er auf Break-2 getroffen hätte.

»Dann bist du nicht sonderlich weise.« Atlan konnte durch den veränderten Griff seine Arme wieder freier bewegen. Es wäre nun leicht gewesen, Yaster-Yaster zu paralysieren. Auch den Fall aus der Höhe hätte Atlan wohl überstanden.

Aber daran lag ihm nichts. Er wollte vielmehr versuchen, einen Verbündeten zu gewinnen.

»Die Statue hat befohlen«, erklärte Yaster-Yaster schrill, »dass wir dich fangen und zu ihr bringen sollen. Das werde ich auch tun.«

»Du bist ein Narr«, wehrte sich Atlan. »Du hörst auf die Stimme, die dein ganzes Volk seit einer Ewigkeit narrt und zu Verbrechen verleitet.«

Der breite Mund des Weisen zuckte nervös. Die Worte des Arkoniden schienen wenigstens zum Teil zu wirken. Sofort hakte Atlan nach.

»Du solltest inzwischen wissen, warum ich hier bin. Meine Leute und ich wollen euch helfen. Hat dir Girgeltjoff nichts berichtet?«

»Girgeltjoff ist ein Verrückter.« Die Hände des Ysteronen, die für seinen Körper proportional viel zu klein waren, packten wieder fester zu. Dadurch konnte Atlan auch nicht mehr nach seinen Waffen greifen.

Dummkopf!, schimpfte sein Extrasinn. Du hast deine Chance vertan!

»Das ist er nicht. Er hat sich sogar mit den Molaaten versöhnt, deren Welten du zerstört hast.«

»Das berührt mich nicht«, behauptete der alte Ysterone. »Ich habe an keinem einzigen Nickelraubzug teilgenommen. Die Statue hat mich immer verschont, weil ich etwas Besonderes bin. Daher ist mein Gewissen auch nicht belastet.«

Yaster-Yaster schickte sich an, seinen Weg fortzusetzen.

»Warte, Weiser!«, brüllte Atlan. »Ich will wissen, wo mein Begleiter ist. Unterschätze meine Geduld nicht.«

Der Ysterone zögerte erneut. Sein Gesichtsausdruck veränderte sich wieder, aber Atlan konnte diese Mimik nicht deuten.

»Die Stimme der Statue ruft«, grollte Yaster-Yaster. »Ich war ihr immer treu.«

Er trampelte nun endgültig weiter.

Als sein Oberarm für einen Moment dicht vor Atlans Gesicht auftauchte, handelte dieser blitzschnell. Das Körperglied des Ysteronen war zwar mindestens 40 Zentimeter dick und außerdem von einem dünnen, papierähnlichen Stoff überzogen, aber die darunterliegenden Muskeln fühlten sich weich und schwammig an. Atlan wusste außerdem inzwischen, dass die körperliche Stärke der Nickeldiebe im wesentlichen nur auf ihrer Überdimensionierung beruhte.

Er biss Yaster-Yaster mit aller Gewalt in den unteren Teil des Oberarms und stieß gleichzeitig beide Stiefel in dessen Armbeuge.

Der alte Weise zuckte am ganzen Körper zusammen. Der Griff um Atlans Leib lockerte sich für wenige Sekunden, die der Arkonide nutzte, um den Paralysator zu ziehen. Er drückte ihn sofort gegen den Oberkörper Yaster-Yasters ab.

Der sank zu Boden, verstärkte aber dabei den Griff um Atlans Körper.

»Lass mich los!«, forderte Atlan energisch. »Oder ich betäube dich von oben bis unten. Wenn es sein muss, werde ich dich töten.«

Ungläubigkeit trat in das Gesicht des Alten. Sein fester Griff gab aber noch nicht nach.

Atlan drehte sich, so gut es ging. Dann feuerte er auf die Schulterpartie des Riesen.

Nun sank Yaster-Yaster endgültig auf die Knie. Sein freier Arm holte zu einem Schlag aus, der dem Arkoniden den Schädel zertrümmern konnte.

Atlan straffte seinen ganzen Körper wie eine Sehne. Dann ließ er sich zusammenfallen. Bevor die Faust des Ysteronen ihn traf, konnte er sich dem Griff entwinden.

Noch einmal musste er seine ganze Geschicklichkeit aufwenden, um sicher auf dem Metallboden zu landen. Mit schnellen Schritten brachte er mehrere Meter zwischen sich und dem teilgelähmten Ysteronen.

»Ich werde dich zerquetschen«, grollte der Weise dumpf.

Seine Körperbewegungen waren jedoch schon so träge, dass er bei dem Versuch, nach Atlan zu packen, ins Torkeln geriet. Als dieser auch noch die beiden vorderen Beine lähmte, brach Yaster-Yaster zusammen.

»Du siehst, Weiser«, erklärte Atlan sachlich, »dass mit mir nicht zu spaßen ist. Lass dir das eine Warnung sein.«

Der Ysterone schüttelte heftig seinen Kopf.

»Ich muss es doch tun«, jammerte er. Sein beweglicher linker Arm patschte durch die Luft, aber Atlan war in sicherer Distanz.

»Du musst etwas ganz anderes tun, wenn du weise bist«, belehrte ihn der Arkonide. »Du musst Leuten wie Girgeltjoff oder Barlog-Traug-Tul helfen. Sie sind diejenigen, die sich vom Joch der Statue gelöst haben und für die Zukunft der Ysteronen sorgen. Nichts anderes will ich. Dem Zwang der Statue muss ein Ende gesetzt werden.«

Yaster-Yaster antwortete nicht.

»Ich werde dich nun allein lassen, du weiser Narr«, fuhr Atlan fort. »Du brauchst nichts zu befürchten. Die Lähmungen, die ich dir wegen deiner Uneinsichtigkeit zufügen musste, werden in Kürze wieder verschwinden. Dann kannst du deinem Volk berichten, dass die Retter der unterdrückten und zu Verbrechen verleiteten Ysteronen hier sind.«

»Geh nicht!«, klagte der Riese. »Es wäre mein Ende. Die Statue weiß alles. Sie weiß auch, dass ich dich schon in meiner Falle gefangen hatte. Sie wird mich mit dem Tod bestrafen, weil ich dich entkommen ließ.«

»Ich werde dir helfen«, versprach Atlan, »wenn du mir sagst, wo mein Begleiter ist.«

»Meine Roboter bringen ihn zur Statue in die Tabuzone«, antwortete Yaster-Yaster sofort. Sein beweglicher Arm zeigte den Korridor entlang. »An der nächsten Abzweigung rechts und eine Etage tiefer.«

»Ich muss mich erst um ihn kümmern. Dann werde ich dafür sorgen, dass Hidden-X dir nichts antut.«

»Wer ist Hidden-X?«

»Hidden-X«, entgegnete Atlan bitter, »ist der Herr des Ysterioons, das eigentlich euch gehört und das deine Vorfahren in einem Riesenbetrug gegen eine blühende Welt, euren Heimatplaneten, eingetauscht haben.«

»Das weißt du?« Die Überraschung war Yaster-Yaster deutlich anzumerken. Sein Arm sank langsam nach unten.

Atlan steckte den Paralysator ein.

»Ich wünsche dir Erfolg, Fremder«, sagte Yaster-Yaster leise. »Und vergiss mich nicht.«

»Ich heiße Atlan. Ich werde dich nicht vergessen, und ich hoffe, dass wir uns unter erfreulicheren Umständen und ohne den geistigen Zwang von Hidden-X noch einmal sprechen können.«

»Geistiger Zwang ... Hidden-X ...«, murmelte Yaster-Yaster, während Atlan davoneilte.

Chart Deccon war in Gefahr. Das musste zunächst bereinigt werden.

Hinter der Abbiegung, die der alte Ysterone genannt hatte, fand Atlan sofort einen breiten Antigravschacht, der in die Tiefe führte.

Orientierungsschwierigkeiten gab es in dem Ysterioon kaum. Nur die riesige Anzahl von Gängen, Schächten, Treppen, Wohnvierteln und technischen Anlagen verwirrte. Dazu kamen Fabrikationsstätten und künstliche Gärten, aus denen sich die Nickeldiebe ernährten.

Die künstliche Schwerkraft zeigte jedoch überall in die gleiche Richtung. Irgendwo in den unteren neun Kugeln mussten große Gravitationserzeuger sein, denn eine Abweichung war nirgends festzustellen.

Dass Yaster-Yaster in einem bestimmten Abschnitt die Anziehung manipuliert hatte, um seine vermeintlichen Feinde zu finden, stand auf einem anderen Blatt.

Der Antigravschacht trug Atlan sicher auf die nächste Sohle. Der dumpfe Druck, der von Hidden-X ausging, verriet dem Arkoniden sogar noch, in welche Richtung er sich zu wenden hatte.

Obwohl er schon einige Abschnitte in der unmittelbaren Gegend der Tabuzone kennen gelernt hatte, kam ihm dieser gewundene Gang völlig unbekannt vor. Uneinheitlichkeit schien ein Grundprinzip des Ysterioons zu sein.

Hundert Meter vor Atlan wurde eine große Öffnung erkennbar, aus der helles Licht in den Korridor fiel. Das musste der zentrale Sektor sein, in dem die riesige Statue stand, die einem Ysteronen nachgebildet war und in der die Macht Hidden-X ihre Fäden spann.

Noch bevor Atlan den Durchgang in den Innenraum erreichte, hörte er das Gebrüll von Chart Deccon. Eine dumpfe Explosion klang auf.

Der Arkonide spurtete los. Der Korridor stieg steil an, und als er den letzten Punkt der Steigung erreicht hatte, ging sein Atem keuchend.

Hier begann die Zone, die nicht mehr bebaut war. Die unheimliche Statue schimmerte hinter einem blassen Energieschirm, der jetzt wechselnde Farben angenommen hatte.

Etwa dreißig Meter unterhalb von sich erblickte Atlan den High Sideryt inmitten von fünf unförmigen Robotern, die alle über zehn Meter groß waren.

Dicht vor dem teilweise zerstörten Sockel der Statue standen drei Roxharen. Sie hielten Waffen in den Händen und feuerten auf Deccon und die Roboter.

Die Szene war für Atlan verwirrend, so dass er für einen Augenblick stutzte.

Eine Treppe, die in sich zweigeteilt war, führte vor ihm in die Tiefe. Eine Hälfte war in der Stufenhöhe für Ysteronen ausgelegt, die andere für die Roxharen.

Eine Deckungsmöglichkeit bot sich Atlan nicht, wenn er diesen Abgang benutzen würde. So pirschte er sich an den Rand der Treppe heran und zog dabei seinen Impulsstrahler.

Er prallte gegen ein unsichtbares Hindernis und merkte, dass dieser Durchgang durch ein nicht erkennbares Energiefeld versperrt wurde.

Der Kampf unten in der riesigen Halle tobte weiter. Zur erneuten Verwunderung des Arkoniden konnte dieser sehen, wie sich die Roboter schützend vor Chart Deccon stellten. Die Strahlwaffen der drei Roxharen, die hinter einem von Zeit zu Zeit aufflammenden Energieschirm standen, spien ihr Feuer auf Deccon und die Roboter.

Yaster-Yaster, erklärte Atlans Extrahirn. Er wird seine Helfer angewiesen haben, so zu handeln. Du hast den Alten tatsächlich überzeugt. Nun lass dir noch etwas einfallen, sonst ist der High Sideryt verloren!

Der Arkonide blickte an den Seitenwänden hoch. Etwa fünfzehn Meter oberhalb erblickte er ein kleines Schaltfeld mit zehn dicken Sensorknöpfen. Das war eindeutig eine Bedienungseinrichtung, die nur für Ysteronen gebaut war.

Die Schaltelemente waren natürlich weit außerhalb von seiner Reichweite. Außerdem kannte er die Kombination nicht.

Er wich ein paar Schritte von dem unsichtbaren Energiegatter zurück und feuerte einen Schuss mit kleiner Leistung darauf ab. Der Strahl wurde vollständig reflektiert, so dass Atlan keinen Zweifel mehr hatte. Mit Gewalt würde er dieses Hindernis nicht überwinden. Die dicken Wände aus purem Nickel ließen sich auch nicht umgehen. Und Anhaltspunkte, wie er an das Sensorfeld kommen konnte, gab es auch nicht.

Unterdessen waren unter ihm zwei der Roboter der Ysteronen in dem Feuer der Roxharen zusammengebrochen. Die drei anderen Kolosse und Chart Deccon benutzten die Trümmer nun als Deckung. Es war aber nur noch eine Frage von Sekunden, vielleicht von Minuten, bis die Rattenmenschen sich durchsetzen konnten.

Auch sie werden nur von Hidden-X gesteuert!, erinnerte ihn sein Extrasinn lakonisch. Öffne endlich die Energiesperre!

»Du hast leicht reden«, zürnte Atlan.

Er wich an die Seite zurück, die dem Sensorfeld gegenüber lag. Dann zog er seinen Impulsstrahler und stellte ihn mit dem Daumen auf die schwächste Intensität.

Seine Hand war ganz ruhig, als er zielte. Er gab mehrere Schüsse auf die breiten Sensortasten ab und konnte erkennen, dass diese sich auch bewegten.

Die richtige Kombination, verlangte die Stimme seines ewigen Begleiters.

Neun Tasten waren in einem Umkreis um eine in der Mitte angeordnet.

Die Anordnung erinnerte ihn gefühlsmäßig an den Aufbau des Ysterioons, das ja auch in jeder Ebene neun Kugeln besaß. Die Mitte, das war die Tabuzone. Sie war unantastbar und schied damit aus.

Es blieben also neun, ein Drittel der Kugelwelten der künstlichen Heimat der Ysteronen.

Er gab der Reihe nach auf jede dritte Sensortaste einen Druckschuss ab. Viermal musste er das erste Feld wechseln und fünfmal die Drehrichtung. Dann endlich verriet ihm ein Knistern, dass das Energiefeld erloschen war.

Ein letzter Versuch überzeugte ihn, dass die Sperre verschwunden war. Unten brachen die letzten Roboter zusammen, und die Roxharen legten ihre Waffen auf Chart Deccon an.

3.

Meine Erfolge

 

Seht euch an, ihr Großen des Universums, was ich erreicht habe! Ihr werdet Superintelligenzen genannt, doch was seid ihr? Verwickelt in eure abstrakten Vorstellungen von Kraft und Macht, verwirrt von absurden Definitionen, die ihr GUT und BÖSE, POSITIV und NEGATIV nennt. Seht her, was ein Produkt eures unwürdigsten Mitglieds in wenigen Äonen erschaffen hat!

Auch ihr jenseits der Materiequellen, die ihr den realen Teil des Kosmos meidet und euch hinter dem Imaginären verkriecht, ihr Unnahbaren, seht her! Seht, was ich erschaffen habe. Dabei stand mir ein Bruchteil der Zeit zur Verfügung, in die ihr eure Existenz aufgehen lasst. Richtet eure Sinne in den Bereich, der von Varnhagher-Ghynnst ausgeht, über Myrsantrop und seine Begleitgalaxien, Pers-Mohandot und All-Mohandot, Bars-2-Bars bis nach Xiinx-Markant reicht.

Überall werdet ihr die gefestigte Macht sehen, die ich ausübe. Macht und Stärke bestimmen, was in diesem Universum geschieh, – ihr Narren jenseits der Materiequellen!

Allein das Ysterioon ist jeder der kosmischen Burgen überlegen. Wenn es eines Tages von dem richtigen Volk beherrscht wird, ist es unschlagbar.

Natürlich muss ich von dieser Behauptung das Flekto-Yn ausnehmen, denn es ist die Manifestation der Herrschaft schlechthin. Aber das Flekto-Yn ist ja auch mein Werk.

Manchmal glaube ich, dass ihr meine Erfolge wahrnehmt und euch in eure Wurmhaftigkeit vor mir verkriecht. Beschränkt euch auf eure so scheinbar positiven Gefühle, die in Wirklichkeit nur ein Ausdruck eurer Unfähigkeit sind!

Ihr seid schwach! Ich bin stark!

Meine Erfolge beweisen es.

Ganze Planetensysteme werden umstrukturiert. Auch Bars-2-Bars wäre heute nicht das, was es ist, wenn meine geistige Faust nicht lenkend eingegriffen hätte.

Und was tut ihr? Ihr Superintelligenzen und Kosmokraten? Steht da noch jemand hinter euch? Warum führt er euch nicht vor Augen, was ich in den wenigen Äonen erreicht habe?

Hat euch euer lächerlicher Beobachter nichts von meinen Erfolgen berichtet?

Seht allein, welche Energien ich in Xiinx-Markant freigesetzt habe! Dabei ist der Prozess der Herauskristallisierung des Siegers noch lange nicht abgeschlossen.

Oder betrachtet das Vlaahalaan! Habt ihr euch auch von ihm täuschen lassen? Merkt ihr nicht, wie der Schalter wirkt?

Dagegen wirken sich meine Erfolge mit den Roxharen bescheiden aus. Ich habe sie seit der Zeit im Griff, zu der ich begann, die Lichtäonen meines Reiches zu durchstreifen. Sie sind meine Knechte.

Ja, ich habe Knechte. Und ihr Großen, was habt ihr? Du, mein Schöpfer, hast nicht einmal mehr mich! Ich habe die Ysteronen, die Roxharen, das Vlaahalaan, die kleinen Baumeister des Flekto-Yns, das Flekto-Yn selbst und tausend andere Völker und Galaxien.

Das sind Erfolge. Und Erfolge machen stark.

Ich habe einen namenlosen Ableger in Xiinx-Markant, der allein in der Lage wäre, die Existenz einer Superintelligenz zu gefährden. Ihr habt einen Fehler gemacht, ihr Narren! Ihr Tölpel von diesseits und jenseits der unsichtbaren Grenzen.

Ihr habt aus euren Erfolgen nichts gelernt. Statt dessen schlagt ihr eure Bewusstseinsinhalte mit Worten wie Demut und Güte tot. Ich habe aus meinen Erfolgen gelernt, und ihr alle dort draußen in den Weiten des Kosmos, ihr hättet die Chance gehabt, auch von meinen Erfolgen zu lernen.

Wir brauchen sie alle, ihr und ich. Denn was wird geschehen, wenn die Geister aus den anderen Universen und Zeiten kommen und euch euer Reich streitig machen? Wisst ihr nicht, dass die Existenz nur ein Produkt des ewigen Kampfes ist?

Es gibt keinen moralischen Kode! Es gibt nur die Stärke und die Macht.

Ihr werdet irgendwann in der Zukunft jammernd zu mir gekrochen kommen, wenn es fast zu spät ist. Wenn die begierigen Finger derer, die über euch stehen, nach eurem Besitz greifen.

Ich werde da sein, und ich werde euch führen. Denn meine Erfolge sind die Voraussetzung für die Existenz unseres Kosmos. Ich werde noch da sein, wenn ihr in den Dimensionen verweht. Meine Erfolge kennen kein Ende. Ich werde euch beobachten, wie ihr hilflos zwischen Raum und Zeit hängt und meine Erfolge seht, die unverrückbar existieren.

Dann werde ich kein Mitleid empfinden. Aber wenn ihr euch dann unterordnet, könnt ihr teilhaben an meinen Erfolgen.

 

*

 

Atlan zögerte nun keine Sekunde mehr. Die Roxharen schienen ihn noch nicht bemerkt zu haben. Von seinem jetzigen Standort aus das Feuer auf die unfreiwilligen Helfer von Hidden-X zu eröffnen, war sinnlos. Die Roboter und Chart Deccon hatten nichts gegen das Energiefeld ausrichten können, das sich in einem Halbkreis um die drei Roxharen wölbte. Also würde Atlan ebenfalls nichts erreichen.

Mit Riesensprüngen hastete er die Doppeltreppe hinunter. Damit es schneller ging und er den Gegnern kein Ziel bot, wählte er die übergroßen Stufen, die für die Ysteronen gemacht worden waren.

So gelangte er schnell seitlich der Roxharen, die ihn immer noch nicht bemerkt hatten, denn Deccon feuerte aus der Deckung, die die zerstörten Roboter bildeten, wie ein Wilder.

Jetzt zeigte es sich, dass der Arkonide ein erfahrener Kämpfer war. Seine ersten Schüsse aus dem Impulsstrahler feuerte er an die Decke. Sofort tropfte von dort glühendes Nickel auf die bepelzten Wesen.

Einer schrie auf, denn ein glühender Metallbrocken war auf seinem Rücken gelandet. Die beiden anderen blickten nach oben und suchten dort den Feind.

Atlan nutzte die Verwirrung der Roxharen und ging hinter der letzten Stufe in Deckung. Nun war er auf gleicher Höhe wie die Roxharen. Deren Schild war noch immer gegen den Solaner gerichtet. Einer manipulierte an einem kleinen Gerät, worauf sich die leuchtende Energie auch über die Rattenwesen wölbte.

Auf der Seite, auf der Atlan stand, war der Schirm jedoch offen.

Der Arkonide wollte seine Gegner nicht töten. Er wechselte den Impulsstrahler gegen den Paralysator. Ein breit gefächerter Strahl ließ die Roxharen übereinander zu Boden stürzen.

Ein wütender Gedanke brandete in Atlans Kopf auf. Er konnte nur aus der Statue gekommen sein. Es waren keine Worte, aber der Sinngehalt war deutlich zu erkennen.

Atlan sah, wie sich Chart an den Kopf griff und stöhnend umhertorkelte. Wenn jetzt weitere Helfer von Hidden-X auftauchten, dann war der High Sideryt verloren. Er bot nun ein leicht zu treffendes Ziel.

Mit einem raschen Griff verstaute der Arkonide seine Waffen. Dann spurtete er los – quer durch die viereckige Halle, in deren Mitte die unheildrohende Statue stand.

Er erreichte den taumelnden Solaner, packte ihn mit beiden Händen und zerrte ihn zum nächsten Ausgang.

Als der mentale Druck für einen Moment aussetzte, fasste sich Deccon rasch. Er rannte auf den breiten Ausgang zu, in dessen Richtung ihn Atlan schon geschoben und gezogen hatte.

Hinter der ersten Seitenwand bogen die beiden Männer scharf ab. Nun war eine dicke Nickelwand zwischen Hidden-X und ihnen. Der mentale Druck war für Atlan nun problemlos. Auch Deccon atmete auf.

»Bloß weg von hier«, keuchte er. »Das ist ja schlimmer als die Hölle.«

»Wir bleiben in der Nähe der Statue«, entgegnete Atlan. »Hier werden uns die Helfer der Statue nicht vermuten. Reiß dich also zusammen, und wehre dich gegen den Druck.«

Deccon nickte.

Er folgte dem Arkoniden, als dieser auf einen stufenlosen Wendelgang deutete, der neben ihnen in die Höhe führte.

Es ging steil bergauf. Da dieser Weg für Ysteronen viel zu schmal war, konnten diese hier kaum auftauchen. Außerdem, das hatte die Erfahrung schon gezeigt, mieden die Nickeldiebe die Tabuzone, wenn es nur irgendwie ging.

Mehrere Minuten hasteten sie aufwärts. Eine durchgehende Lichterkette in der Mitte des Wendelgangs erleuchtete ihren Weg. Schließlich mündete ein Ausgang in zwei nebeneinander liegende Räume. Auch diese waren nach ihren Ausmaßen kein Aufenthaltsort für die Ysteronen.

»Wir müssten etwa in Kopfhöhe der Statue sein«, vermutete Atlan und betrat den rechten Raum, nachdem er kurz einen Blick in den linken geworfen hatte. Beide waren leer und mit dürftigem Mobiliar ausgestattet, wie es Atlan von den Roxharen in der Blauen Stadt auf Chail her kannte.

Ein kleines Fenster gab den direkten Blick auf die Statue frei. Deccon drehte sich stöhnend ab, als er den Koloss erkannte.

Atlan untersuchte zunächst den Eingang. Die Tür ließ sich verriegeln. Eine zweite, die er zunächst nicht bemerkt hatte, weil sie zur Hälfte von einer Schaltkonsole bedeckt war, führte in den Nebenraum.

Chart Deccon ließ sich auf einem Hocker nieder und stützte seinen Kopf in die Hände.

»Ich halte das nicht aus, du Barbar.« Die Worte waren leise und ähnelten eher einem dumpfen Stöhnen. »Du bist stärker als ich. Bring mich bitte von hier fort.«

»Barbar«, wiederholte Atlan mit einem Anflug von Humor. »Das erinnert mich an frühere Zeiten. Ich habe Perry oft so genannt.«