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Band 600-649 – Anti-ES

 

Atlan und die Solaner konnten die durch HIDDEN-X repräsentierte Gefahr mühevoll abwenden. Dabei gingen die Koordinaten jenes Raumsektors verloren, in den der Arkonide die SOL nach dem Willen seiner Auftraggeber – der geheimnisvollen Herren hinter den Materiequellen – führen soll.

Für das legendäre Fernraumschiff der Menschen beginnt eine unglaubliche Reise an die entferntesten Orte des Universums – und eine gnadenlose Jagd nach den verlorenen Positionsdaten. Erneut bekommt es Atlan mit einem Feind zu tun, gegen den jede Gegenwehr sinnlos scheint.

Bei dem Gegner, der im Hintergrund die Fäden spinnt, handelt es sich um keinen Geringeren als Anti-ES, jene negative Superintelligenz, die die Menschheit schon einmal an den Rand des Verderbens brachte ...

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Nr. 600

 

Anti-ES

 

Der Arkonide in der Namenlosen Zone

 

von Peter Griese

 

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Die Entscheidung fiel – und Hidden-X ist nicht mehr!

Somit haben Atlan und die fast hunderttausend menschlichen und extraterrestrischen Bewohner der SOL die bislang gefährlichste Situation auf dem an Gefahren reichen Weg des Generationenschiffs fast unbeschadet überstanden.

Doch was ist mit dem weiteren Weg der SOL?

Die Verwirklichung von Atlans Ziel, das schon viele Strapazen und Opfer gekostet hat – das Ziel nämlich, in den Sektor Varnhagher-Ghynnst zu gelangen, um dort den Auftrag der Kosmokraten zu erfüllen, scheint nun außerhalb der Möglichkeiten des Arkoniden zu liegen. Denn beim entscheidenden Kampf gegen Hidden-X wurde Atlan die Grundlage zur Erfüllung seines Auftrags entzogen: das Wissen um die Koordinaten von Varnhagher-Ghynnst.

Doch Atlan gibt nicht auf! Eingedenk der Tatsache, dass das vergehende Hidden-X einen »Rächer« mit der Weiterführung des Kampfes gegen die SOL beauftragte, folgt der Arkonide einer vagen Spur.

Und diese Spur führt zu ANTI-ES ...

Die Hauptpersonen des Romans

 

 

Atlan – Der Arkonide in der Namenlosen Zone.

Anti-ES – Die Superintelligenz agiert aus dem Hintergrund.

Der Erste Zähler – Ein unsichtbares Wesen in Gefangenschaft.

Kik, Beyl Transot und Janvrin – Atlan begegnet ihnen.

Wöbbeking-Nar'Bon – Der Mächtige erzeugt den temporären Reinkarnationseffekt.

1.

 

Wöbbeking-Nar'Bon:

Atlan, du wirst einiges vielleicht nicht sofort in seiner ganzen Bedeutung verstehen. Du wirst an meiner Wahrhaftigkeit zweifeln. Du wirst Dinge nacherleben, die du erlebt hast, an die du dich aber nicht mehr erinnern kannst, Dinge, die bereits längst Geschehenes sind, und dennoch wirst du erst an meinem und dann an deinem Verstand zweifeln. Du wirst kausale Zusammenhänge vermissen, denn das, was ich dich nacherleben lassen werde, sind nur ein paar Mosaiksteinchen eines größeren Geschehens, das in seiner ganzen Dramatik für dich nicht in einem Guss zu verarbeiten wäre.

Ich werde es später dir überlassen, ob du mehr erfahren willst. Ich werde dich nicht drängen, obwohl es aus meiner Sicht wünschenswert wäre. Du wirst in jeder Hinsicht dein eigener Herr bleiben, nicht zuletzt aus einem simplen Grund. Es liegt nicht in meinem Interesse, dich von der Durchführung des Auftrags abzuhalten, den die Kosmokraten dir gegeben haben.

Bezeichne es als einen Zufall, auch wenn es in letzter Konsequenz keiner ist, dass durch deinen Sieg über Hidden-X die Koordinaten von Varnhagher-Ghynnst in den Besitz von Anti-ES gelangt sind. Dadurch entstand eine Verknüpfung verschiedener kosmischer Geschehnisse, die für dich Vergangenheit sind. Ein Teil davon wird vielleicht neu aufleben.

Du musst wissen, Atlan, dass ich nicht in der Lage bin, dir das Wissen zu geben, das deinen Aufenthalt bei den Kosmokraten betrifft. Der Grund dafür ist denkbar einfach. Weder in dir noch in mir existiert dieses Wissen in irgendeiner Form! Auch Anti-ES weiß nichts darüber, denn die Geschehnisse, die die aktuellen Ereignisse betreffen, vollzogen sich nicht in der Existenzsphäre der Kosmokraten. Sie vollzogen sich in der Namenlosen Zone. Du wirst erfahren, was das ist, doch heute soll es genügen, wenn ich deine Fragen beantworte und dir die Hintergründe dafür offenlege.

Die grundsätzliche Antwort kennst du. Der Sohn, von dem ich sprach, Chybrain, ist mein Sohn und dein Sohn. Die Macht, von der ich sprach, nennt sich Anti-ES.

Du sollst durch den temporären Reinkarnationseffekt erfahren, was damals, etwa im Jahr 3600 der alten terranischen Zeitrechnung, geschah. Der temporäre Reinkarnationseffekt wird dich diese Ereignisse unmittelbar und so direkt erleben lassen, dass du während dieses Nacherlebens keine freien Gedanken für dein jetziges Dasein haben wirst. Obwohl alles Vergangenheit ist, wird es für dich die reale Gegenwart sein. Es wird so sein, dass du plötzlich in diesem früheren Leben existierst. Du wirst dein Leben der Jetztzeit auf der SOL nicht kennen, aber du wirst mit dem Erleben der Vergangenheit deinen Freunden automatisch schildern, was du erlebst.

Ich habe diesen Weg gewählt, damit deine Mitstreiter ohne jeden Zweifel wissen, auf was sie sich einlassen, wenn sie weiter an deiner Seite bleiben. Nur wenn der letzte Solaner weiß, wem er folgt und hilft, wirst du Freunde, Helfer und Mitstreiter besitzen, die du so dringend brauchst.

So erlaube ich auch nun allen, dass sie mich hören. Du kannst jederzeit von mir verlangen, dass ich schweige. Ein Gedanke der totalen Resignation genügt, um dich aus dem Nacherleben des temporären Reinkarnationseffekts zu reißen. Eine Äußerung von dir wird ausreichen, und ich werde aus deinem Leben verschwinden und nie wieder erscheinen! Ich zwinge dich zu nichts.

Du wirst eines Tages auch erfahren, dass ich es bin, der dir zu danken hat. In der Vergangenheit sprach ich schon davon, und ich weckte Verwunderung dadurch in dir. Erinnere dich! Die Grüne Sichel von Nar'Bon erschien nicht ohne Grund. Sie war mein erster Dank an dich. Mein Auftauchen in dem Sternenuniversum, als du im geistigen Bann des Hidden-X gefangen und zum Untergang verurteilt warst, als du mit Valrik um deine Existenz kämpfen musstest, war mein zweiter Dank. Der dritte war deine Befreiung aus dem Auge zum Jenseits, als ich dir zeigte, wie ich bin.

Wenn du die Torturen der temporären Reinkarnationen überstehst und nicht aus eigenem Willen den Abbruch erzwingst, wirst du auch erfahren, wer ich bin.

Bevor ich dich in die Vergangenheit führe, sollst du – und damit deine Solaner – hören, welche Meilensteine der Geschichte dazu führten, dass Anti-ES deinen Weg kreuzte. Du kennst diese Superintelligenz indirekt aus den Ereignissen der Jahre 3444 bis 3458. ES und Anti-ES führten das kosmische Schachspiel durch, durch das die Menschheit schwersten Prüfungen unterzogen wurde. Der Sinn dieser harten Prüfungen wurde dir später wohl klar, als die sieben Konzilsmächte nach der Milchstraße griffen. Weißt du noch, wie Perry Rhodan in ein Paralleluniversum verschlagen wurde, wo er sein negatives Ebenbild traf, das er töten musste? Weißt du noch, dass die PAD-Seuche alles Leben in der Milchstraße auszulöschen drohte, bis ein kurioses Zeitparadoxon den alten Zustand wiederherstellte? Natürlich weißt du es, denn du vergisst nichts, wenn es nicht Mächte wollen, wie es die Kosmokraten sind. Der Gipfel des Schachspiels, das in Wirklichkeit ein grausamer Kampf war, war die Entführung des Gehirns von Perry Rhodan in die Galaxis Naupaum. Die Auseinandersetzung endete mit einem üblen Regelverstoß von Anti-ES ...

Erinnerst du dich an sie? Den Ersten Spieler, ES. Den Zweiten Spieler, Anti-ES? Ich werde dir sagen, wie das Ende des Spieles war ...

 

*

 

Schmerzvolle Impulse strömten aus der Finsternis und drangen in das Bewusstsein des Ersten Spielers.

»Ich hatte Sie gewarnt!«, dachte er ernst. »Aber Sie lachten über meine Warnung und hielten sie für überflüssig.«

»... Schmerz ... Pein ... Leid ...«, hämmerten die wirren Gedankenimpulse des Zweiten Spielers.

»Das Hüllfeld«, dachte der Erste. »Die gewaltigen Energien, die im Feld gespeichert waren, fließen über die Brücke, die Sie für Ihre beiden Projektionen erstellten, direkt in Sie ab. Es wird noch eine Zeitlang dauern, bis die Schmerzen aufhören.«

»Tod ... ich sterbe!«, ächzten die Gedanken des Zweiten Spielers.

»Nein. Sie werden nicht sterben. Sie sind kräftiger gebaut, als dem Universum lieb sein kann, nahezu unverwüstlich, die Verkörperung alles Finsteren, Unguten. Sie sind die Finsternis selbst, und die Finsternis kann auf Dauer keine Macht des Kosmos besiegen oder beseitigen.«

Das Ächzen wurde leiser. Der Zweite Spieler begann sich zu beruhigen. Vielleicht lauerte er auch nur. Denn da war ja noch etwas. Da gab es eine Drohung, die ausgesprochen worden war, für den Fall, dass er gegen die Spielregeln verstieß und Waffen der vierten Kategorie einsetzte.

»Ich brauche Ruhe«, ließ sich nach einiger Zeit sein immer noch schmerzerfüllter Gedankenstrom vernehmen. »Sprechen Sie vorläufig nicht zu mir!«

Spöttisches Lachen antwortete ihm.

»Sie sind widerwärtig«, erklärte der Erste Spieler. »Ihre Skrupellosigkeit im Verein mit Ihrer Feigheit machen Sie zu dem abscheulichsten Geschöpf, das dieser Kosmos je hervorgebracht hat. Worauf spekulieren Sie jetzt in Ihrer kindischen Art? Darauf, dass ich unsere Abmachung vergessen habe? Dass ich aus lauter Mitleid darauf verzichten werde, Sie für den wiederholten Bruch der Regeln bestrafen zu lassen?«

»Bitte, sprechen Sie nicht mehr!« Der Gedankenstrom des Zweiten Spielers war nur noch ein peinerfülltes Flüstern. »Der Schmerz ... er ist unerträglich!«

»Ich werde sprechen«, donnerten die Gedanken des Ersten Spielers durch die Finsternis des Überraums, »solange gesprochen werden muss. Sie kennen unsere Abmachung, und die Hohen Mächte dieses Kosmos kennen sie auch, da sie Zeuge unserer Vereinbarung sind. Ich frage die Hohen Mächte: Hat der Zweite Spieler gegen die Abmachung verstoßen?«

Kein Gedanke wurde hörbar; aber ein Fluidum der Gewissheit durchzog das Bewusstsein des Ersten Spielers. Seine Frage war gehört und beantwortet worden: Die Hohen Mächte bestätigten, dass der Zweite Spieler gegen die Regeln verstoßen habe.

»Gemäß unserer Abmachung, ihr Hohen Mächte«, rief der Erste Spieler von neuem, »ist der, der die Regeln bricht, zehn Relativ-Einheiten in die Namenlose Zone zu verbannen. Ich beantrage, dass diese Verbannung sofort bewirkt wird!«

Der Zweite Spieler schrie entsetzt auf. Aber noch im selben Augenblick verstummte sein verzweifelter Schrei. Es war mit einemmal still in den Weiten des Überraums. Der Erste Spieler war mit sich allein. Die Hohen Mächte des Kosmos hatten seinen Widersacher in die Verbannung geschickt. Das Spiel war endgültig vorüber, und der Sieg gehörte dem Ersten Spieler, dem Mächtigen von WANDERER. Zehn Relativ-Einheiten lang war er unumschränkter Herrscher dieses Bereichs.

Zehn Relativ-Einheiten ... eine lange, lange Zeit!

 

*

 

Anti-ES hatte verloren, durch seine eigene Skrupellosigkeit. Die Verbannung war eine richtige und gerechte Strafe. Doch Anti-ES dachte darüber ganz anders. Es sollte keine einzige der zehn Relativ-Einheiten verstreichen, da holte es zu einem Gegenschlag aus.

Doch das, Atlan, ist eine andere Geschichte, die du erleben wirst, wenn du es später einmal möchtest. Denn du spielst darin eine entscheidende Rolle.

Der Kampf zweier Mächte, ES und Anti-ES, war zu Ende. Du und die Menschheit, ihr habt die Auswirkungen gespürt, ihr habt gelitten, gekämpft, aber ihr habt die tieferen Hintergründe nicht erfassen können. Es mussten Jahre vergehen, bevor die kosmische Geschichte der Menschheit an einen Punkt gelangte, wo der Einäugige etwas Klarheit schaffte. Und selbst dann sprach er nicht selbst, denn er war nichts weiter als ein Werkzeug.

Du weißt, von wem ich spreche?

Nein? Ich spreche von Laire, dem Roboter, der das Diesseits und das Jenseits kennt. Er mag allwissend auf dich wirken, doch er weiß nichts von der Namenlosen Zone. Und deswegen hat er dich dort nicht gefunden. Ich kann deine Gedanken verstehen, Atlan. Du machst dir dein Bild, doch die Wahrheit ist etwas anders. Laire, das robotische Geschöpf, dem die Loower ein Auge raubten ... das Auge! Das wirkliche Auge zum Jenseits, von dem du nichts weißt. Er hat in der Stunde deiner Verwirrung gesprochen. Er hat zu deinem Blutsbruder Perry Rhodan gesprochen.

Du weißt nichts davon, und auch nicht deine Solaner. Deshalb will ich dir sagen, was der Inhalt dieses Gesprächs war. Es ist wichtig, damit du später einmal die Zusammenhänge erkennst.

Es war das Jahr 3587 der dir bekannten terranischen Zeitrechnung. Die BASIS stand in der Nähe der manipulierten Materiequelle. Und Laire, der Roboter der Kosmokraten, sagte den bedeutungsvollen und inhaltsschweren Satz:

Ich bin gekommen, um den richtigen Mann mit mir auf die andere Seite zu nehmen.

Das war an Bord der BASIS Perry Rhodans. In deren Nähe fand auch jenes Gespräch statt, das du und deine Solaner kennen müssen, damit sie die tieferen Zusammenhänge begreifen. Ich will dir davon berichten, damit du eine saubere Antwort auf die Frage nach deinem und meinem Sohn bekommst, eine Antwort, die du auch verstehst.

Du lebtest damals, bedingt durch die Vorbereitungen zu dem Wechsel in eine andere Daseinsebene, in dem Wahn, Orbanaschol vor dir zu haben. Du unterlagst einem Stress, in dem du deinen besten Freund, Perry Rhodan, mit deinem größten Feind deiner Vergangenheit, Orbanaschol, verwechseltest.

Weißt du das noch? Die Geschichte ist hart, denn sie vergisst nichts. Die Geschichte kennt auch die Hintergründe, die sich damals deinem Erleben entziehen mussten, denn du warst im Begriff, den Schritt mit Laire durch die Materiequelle zu machen.

Es ist wichtig, dass du von dem Gespräch zwischen Laire und Perry Rhodan erfährst ...

 

*

 

Perry Rhodan:

»ES ist eine Superintelligenz«, meinte Laire, »und hat einen tieferen Einblick in alle Entwicklungen.«

»Den Kosmokraten ist ES also bekannt?«

»Wie kannst du das nur fragen?«

Ich starrte den Roboter an. Vermutlich wussten die Kosmokraten viel mehr über ES als wir. Vielleicht gab es sogar Verbindungen zwischen ihnen und dem Geisteswesen.

»Bist du in der Lage, den Kosmokraten eine Frage zu übermitteln?«, erkundigte ich mich.

Der Roboter bejahte.

»Ich möchte gern mehr über ES erfahren«, sagte ich hastig und voller Sorge, Laires Bereitschaft, als Vermittler zwischen den Kosmokraten und mir zu fungieren, könnte schnell wieder erlöschen. »Vor allem über seine Vergangenheit und seine Entstehung.«

Laire schien sich zu konzentrieren. Ich versuchte mir vorzustellen, auf welche Weise der Dialog zwischen ihm und den Mächten auf der anderen Seite funktionierte.

Schließlich sagte er: »ES entstand in ferner Vergangenheit aus unzähligen Einzelbewusstseinen. Damals wurden ...«

»Halt!«, unterbrach ich ihn. »Das ist mir zu allgemein. Was du mir sagen willst, weiß ich bereits. Ich will Einzelheiten erfahren. Wann genau entstand ES, und wer waren die Gründungsbewusstseine?«

»Eines muss ich klarstellen«, sagte der Roboter ungehalten. »Die Kosmokraten bestimmen den Umfang einer Antwort. Du musst dich mit dem begnügen, was sie dir mitteilen.«

Enttäuschung machte sich in mir breit.

»Also gut«, seufzte ich. »Sage mir alles, was man dir über ES berichtet.«

»Damals wurden nicht nur positive Bewusstseine zusammengefasst«, vollendete Laire seinen Satz. »ES musste auch negative Bewusstseine in sich aufnehmen. Das führte zu einer dramatischen Polarisierung innerhalb der entstehenden Superintelligenz. Es bestand die Gefahr, dass ES schizophren werden könnte. Das hätte das vorzeitige Ende von ES bedeutet. Doch die neue Existenzform war stark genug, um alle negativen Kräfte auszustoßen und abzusondern. Es entstand ein zusätzliches Multi-Bewusstsein.«

»Anti-ES!«, stieß ich hervor.

»Ja«, bestätigte Laire. »Aus den negativen Bewusstseinen wurde Anti-ES. Die Kosmokraten halfen ES beim Abstoßen der negativen Bewusstseine, denn ES war eine positive Kraft, die unter allen Umständen erhalten werden musste, auch im Interesse der Kosmokraten.«

ES als Werkzeug der Kosmokraten? Ich konnte es nicht glauben. Andererseits war es leicht vorstellbar, dass ES den Kosmokraten aus Dankbarkeit für deren Hilfe zur Verfügung gestanden hatte.

»Anti-ES wurde schließlich stärker, als es zunächst den Anschein gehabt hatte«, hörte ich Laire sagen. »Es kam schließlich zu einem dramatischen Zweikampf zwischen ES und Anti-ES, dessen Ausgang ungewiss gewesen wäre, wenn die Kosmokraten nicht erneut eingegriffen hätten. Die Kosmokraten meinen, dass du darüber informiert bist, Perry Rhodan, denn die Menschheit hat bei diesem Zweikampf eine Rolle gespielt.«

Ich war regelrecht benommen unter dem Eindruck dieser Informationen. Erneut wanderten meine Gedanken zurück in die Vergangenheit.

»Die Kosmokraten«, fuhr Laire fort, »waren die Hohen Mächte, die Anti-ES bestraften, weil es sich im Kampf gegen ES nicht an die Regeln dieses Zweikampfs hielt. Anti-ES wurde in die Namenlose Zone verbannt. Zehn Relativ-Einheiten wird Anti-ES in dieser Verbannung zubringen.«

Mir schwirrte der Kopf. Ich begriff, wie oberflächlich meine bisherigen Einsichten gewesen waren.

Wie wenig wusste ich eigentlich? Es sah ganz danach aus, als stünde ich mit meinen Erfahrungen über die Materiequellen und alles, was damit zusammenhing, erst am Anfang. Die Menschheit war im Begriff, einen Schritt in ihrer Entwicklung nach vorn zu machen, daran hatte ES keinen Zweifel gelassen. Wohin würde dieser Schritt uns führen?

»Zehn Relativ-Einheiten«, wiederholte ich. »Wie lange ist das?«

»Ein Zeitraum, der sich menschlichen Begriffen entzieht«, antwortete der Roboter. Er stieß ein Gelächter aus, bei dem ich den Eindruck hatte, dass es von den Kosmokraten initiiert wurde. Es war seltsam, einen Roboter im Auftrag von Unbekannten lachen zu hören. »Nach Ablauf dieser Frist wird Anti-ES sich gewandelt haben oder aufhören zu existieren. Du brauchst dir darüber also keine Gedanken zu machen.«

Es schien plötzlich, als ginge ein Ruck durch Laires Körper.

»Die Kosmokraten haben den Kontakt wieder abgebrochen«, erklärte er mir. »Vielleicht können wir das Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt fortsetzen.«

Ich seufzte.

»Im Augenblick«, gestand ich, »habe ich Mühe, mit dem Gehörten fertig zu werden.«

»Ich hoffe«, sagte Laire, »dass du nun über gewisse Dinge anders denkst.«

Ich starrte ihn an.

»Wo ist der Arkonide?«, erkundigte ich mich.

Er schien mit sich selbst um eine Entscheidung zu ringen. Schließlich deutete er auf den Ausgang.

»Komm«, sagte er. »Ich führe dich zu ihm.«

 

*

 

Der Raum, in den Laire mich brachte, lag sechs Ebenen höher in einem Sektor der Fabrik, in dem offenbar Laboratorien und Werkstätten untergebracht waren. Ich erblickte eine derartige Anhäufung von Maschinen, Instrumenten und Schaltanlagen, dass es mir zumindest schwerfiel, Einzelheiten zu erkennen. Der Raum war vollgestopft mit allen möglichen Gegenständen, so dass ein Unkundiger sicher Stunden gebraucht hätte, um sich zurechtzufinden. Laire bewegte sich jedoch in dieser Umgebung mit schlafwandlerischer Sicherheit, und ich hatte nichts anderes zu tun, als ihm durch die schmalen Gänge zu folgen.

Schließlich standen wir vor einer kompliziert aussehenden Apparatur, die eine gewisse Ähnlichkeit mit einer überdimensionalen Fischreuse aufwies. Darin lag Atlan, völlig nackt, schlafend oder bewusstlos. Ich gebe zu, dass mir ein bisschen flau im Magen wurde, denn ebenso gut hätte ich dort liegen können – und das schien alles andere als angenehm und ungefährlich zu sein.

Es fiel mir keine gescheitere Frage ein als: »Was bedeutet das?«

»Das siehst du doch«, entgegnete Laire. »Er träumt.«

»Und wovon?«

»Von all den Dingen, mit denen er sich früher oder später auseinandersetzen muss. Ich glaube nicht, dass ich das Recht habe, dir darüber zu berichten.«

Der Verdacht, dass es bei diesem so genannten Training um alle möglichen Dinge ging – nur nicht um den Wechsel auf die andere Seite, lag auf der Hand. Aber was hatte es zu bedeuten, dass man den Arkoniden derart präparierte, bevor man ihn losziehen ließ?

»Ich möchte, dass du die Anlage abschaltest, damit ich mit ihm reden kann«, verlangte ich von meinem Begleiter.

Laire lachte.

»Das ist mein Ernst«, erklärte ich mit Nachdruck. »Dieser Mann ist mein Freund und Partner seit vielen Jahren. Ich mache mir Sorgen um ihn.«

»Die Anlage jetzt abzuschalten, könnte fatale Folgen für ihn haben«, unterrichtete mich Laire unbeeindruckt. »Er würde schwere seelische Schäden davontragen – und das ist noch nicht die geringste Gefahr. Wir müssen warten, bis die Traumprogramme abgelaufen sind, damit er sie in aller Ruhe verarbeiten kann.«

»Und danach? Kann ich mit ihm reden, wenn alles vorbei ist?«

»Das hätte wenig Sinn, denn er wird im Augenblick seines Erwachens alles vergessen haben, das heißt, die Kenntnisse werden in seinem Unterbewusstsein schlummern und nur bei Bedarf hervorgeholt werden.«

»Laire«, sagte ich drohend. »Was, zum Teufel, habt ihr mit ihm vor?«

»Das weißt du doch«, wich er aus. »Ich bringe ihn auf die andere Seite.«

»Aber das ist nicht alles?«

»Nein«, sagte er widerwillig. »Das ist nicht alles. Er wird eine Aufgabe zu erfüllen haben ...«

 

*

 

Wöbbeking-Nar'Bon:

Du wirst dich fragen, Atlan, woher ich das alles weiß. Du wirst es erfahren, wenn du längere Zeit freiwillig dem temporären Reinkarnationseffekt folgst.

Und noch etwas Grundsätzliches musst du wissen. Ich kann nicht jederzeit in deiner Nähe sein. Wenn du mich einmal rufst und keine Antwort bekommst, so erinnere dich daran. Es gibt Zeiten, zu denen ich eisern schweigen muss. Auch die Gründe dafür wirst du vielleicht in nicht allzu ferner Zukunft erkennen.

Nun sind die Grundlagen gelegt. Du und deine Solaner kennen das Fundament, auf dem du stehst, ich stehe, die SOL steht, Anti-ES steht ...

Entspanne dich!

Du wirst zunächst nicht viel spüren, wenn du in dir selbst in einer anderen Zeit der Vergangenheit neu existierst. Du wirst nicht wissen, dass du bereits jetzt – im Jahr 3807 – lebst, wenn du im Jahr 3600 in der Namenlosen Zone erwachst. Erlebe die Geschichte von der Geburt deines Sohnes Chybrain!

Lerne deine Feinde kennen. Und deine Freunde.

Die Namenlose Zone. Die Basis des Ersten Zählers ...

2.

 

Atlan:

Das Erwachen war von einer merkwürdigen Leichtigkeit. Ich fühlte mich ausgeruht und eigentlich pudelwohl. So streckte ich meine Glieder, während ich mich langsam erhob und umblickte.

Die Luft war warm und besaß einen angenehm frischen Geruch. Das Gras reichte mir bis an das obere Ende meiner Stiefel. Irgendwo in den nahen Büschen und Bäumen zwitscherten Vögel um die Wette. Die ganze Szene meiner Umgebung strahlte etwas Beruhigendes und Friedliches aus.

Und doch war alles falsch!

Ich brauchte fast eine Minute, um mir meiner Lage bewusst zu werden. Und selbst dann war das Ergebnis meiner Überlegungen ein einziger Schock.

Ich wusste nichts!

Ich vermochte nicht zu sagen, wo ich war oder was in meiner jüngsten Vergangenheit geschehen war. Alles, woran ich mich erinnerte, war die Zeit der Vorbereitung für das Durchschreiten der Materiequelle. Laire, der Roboter der unbekannten Kosmokraten, sollte mein Begleiter sein.

Das liegt Monate oder Jahre zurück, signalisierte mein Extrasinn. Es muss etwas Durchgreifendes geschehen sein, das ich im Augenblick noch nicht analysieren kann.

Ich hörte die Unsicherheit aus diesen Gedanken heraus, die in mir entstanden.

»Woher willst du das wissen?«, fragte ich halblaut zurück.

Ich weiß es nicht. Ich bin auf Vermutungen angewiesen. Es fehlt jeder Ansatzpunkt.

Ich ließ die fremde Umgebung auf mich wirken und versuchte, mich an irgend etwas zu erinnern. Da war nichts. Meine normale Erinnerung und das fotografische Gedächtnis signalisierten totale Leere.

Also musste ich mich an dem orientieren, was mir bekannt war. In Sekundenschnelle durchflog ich mein Leben, angefangen mit Arkon. Meine Überlegungen kamen an ein schnelles Ende. Nach einem bestimmten Zeitpunkt, der nach meinem Gefühl gestern oder vor Jahren gewesen sein konnte, wusste ich nichts mehr. Dieser Zeitpunkt war identisch mit der Situation Perry Rhodans und der BASIS in der Nähe der Materiequelle. Ich hatte mit dem Training begonnen, wie es Laire genannt hatte, einer Vorbereitung, die für meinen Aufenthalt jenseits der Materiequelle erforderlich gewesen sei.

Dann verlief sich jeder Gedanke im Nebel. Ich vermochte nicht einmal zu sagen, ob ich zu der Materiequelle aufgebrochen war, geschweige denn, ob ich sie erreicht oder gar durchschritten hatte.

Ich konnte die aufkeimende Panik nur schwerlich unterdrücken. Das fehlende Wissen erzeugte ein ungewohntes Angstgefühl in mir, das sich mit einer unbeschreiblichen Unsicherheit paarte. Ohne Kenntnisse der jüngsten Vergangenheit war ich hilflos wie ein neugeborenes Kind.

Es muss irgendwelche Anzeichen geben, behauptete mein Extrasinn, die logische Schlussfolgerungen über die wahren Geschehnisse erlauben. Sieh dich um! Stelle Untersuchungen an!

»Du hast gut reden«, maulte ich und setzte mich auf einen Stein.

Der Himmel ist schwarz, und hier ist es taghell. Ich bemerke aber keine Sonne. Da stimmt etwas nicht.

»Es stimmt überhaupt nichts«, entgegnete ich und setzte meine eigenen Gedanken fort.

Ich musste annehmen, dass entweder das Durchschreiten der Materiequelle gar nicht erfolgt war, oder dass es gänzlich anders verlaufen sein musste. Wo steckte Laire, der mich doch begleiten sollte?

Eine unwichtige Frage. Du musst feststellen, wo du bist und warum du hier bist.

Ich stand wieder auf. In meiner näheren Umgebung erkannte ich nur Büsche und Bäume, die sich im Prinzip nicht von der Flora Arkons oder der Erde unterschieden. Auch das dichte Gras auf dem Boden passte in dieses Muster. Die Schwerkraft war normal, etwa ein Gravo.

Ich trug eine normale Bordkombination, fand aber keinerlei Ausrüstung, abgesehen von ein paar merkwürdigen Nahrungskonzentraten und einem Notizblock, den ich aber nicht weiter beachtete.

In einigen hundert Metern Entfernung ragte ein steiles Felsmassiv in die Höhe. Neben dem Hauptmassiv von etwa 75 Metern Durchmesser stachen zwei spitze und dünne Nadeln in die Atmosphäre dieser Welt.

Es ist nicht gesagt, dass du dich auf einem Planeten befindest, belehrte mich der Extrasinn. Der Eindruck kann eine Täuschung sein.

Andere Besonderheiten dieser seltsamen Landschaft konnte ich nicht erkennen. Das Busch- und Baumwerk versperrte mir eine weitere Sicht.

»Also gut«, sagte ich zu mir selbst. »Ich werde mich umsehen.«

Vorsichtig machte ich mich auf den Weg durch die Büsche. Bei dem dichten Bodenbewuchs kam ich nur langsam voran. Das Felsmassiv diente mir als Orientierungspunkt. Ich bewegte mich seitlich zu ihm.

Wie zufällig griff ich nochmals in die Taschen meiner Kombination und zog den kleinen Notizblock hervor. Ich vermeinte genau zu wissen, dass ich diesen in meinem Leben noch nie gesehen hatte. Es handelte sich um lose zusammengeheftete Papierblätter. Ich schlug das Büchlein auf und erkannte meine Handschrift. Was ich las, versetzte mich in noch größeres Erstaunen. Meine Augen flogen über eine Reihe von Stichworten, die ich irgendwann notiert haben musste.

Keine Erinnerung. Mnemo-Löschung.

Kein Zeitgefühl. Möglicherweise bist du schon eine Ewigkeit hier.

Wer ist der Erste Zähler?

Kik aushorchen. Beyl Transot weiß auch nichts.

Keine Nacht nach mindestens 100 Stunden!

Künstlichen Schacht in die Tiefe entdeckt.

Hüte dich vor dem achtbeinigen Panther!

Dies ist eine künstliche Welt.

Flüsternde Stimmen.

Der Extrasinn vergisst auch alles.

Wahrscheinlich genügt eine Schlafperiode, um die Mnemo-Löschung auszulösen.

Ich blätterte zurück. Hier standen ältere Notizen.

Ich weiß nichts, aber ich mache hier einen Strich. Und wenn ich wieder erwache, mache ich noch einen Strich, und dann mache ich es immer so weiter. Wie viele Wachphasen vor mir liegen, weiß ich nicht.

Unter diesen Sätzen fand ich 38 Striche, sorgfältig in Fünferpäckchen geordnet. So sehr ich mein Gehirn auch anstrengte, ich konnte mich nicht erinnern, diese Notizen gemacht zu haben. Unter dem Begriff »Kik« konnte ich mir nichts vorstellen. Die Anzahl der Striche bestätigte aber den Verdacht des Extrasinns, dass ich schon viel länger hier war, als ich es zuerst vermutet hatte. Wenn ich jeden Strich mit einer 24-Stunden-Periode gleichsetzte, so bedeutete dies, dass ich schon über einen Monat hier herumirrte und nach jeder Schlafphase meine gesamte Erinnerung verlor.

Das alles war unbegreiflich.

Ich blätterte das ganze Notizbuch durch, aber ich fand keine weiteren Hinweise. In meiner Brusttasche fand ich einen Schreibstift. Mit ihm trug ich meine weiteren Beobachtungen auf den leeren Seiten ein, denn ich sagte mir, dass ich irgendwann wieder schlafen würde (was trotz des Zellaktivators erforderlich war). Nach dem nächsten Erwachen würde ich wieder an einem Punkt Null meines Wissens stehen. Irgendwann während einer der letzten Wachperioden musste mir der Gedanke gekommen sein, mit diesen Notizen zu arbeiten.

Die Fragen, die ich mir stellen musste, wurden dadurch noch größer. Woher hatte ich den Notizblock? Wer oder was waren Kik und Beyl Transot? Woher stammten die Konzentratwürfel? Wer war der achtbeinige Panther?

Randfragen, meinte der Extrasinn. Aber sie können helfen, die Wahrheit zu ergründen. Suche weiter!

Ich setzte meinen Weg fort. Fußspuren auf dem Boden konnte ich nicht erkennen. Auch bemerkte ich keine Tiere, abgesehen von dem Gezwitscher, das mich ständig begleitete. Entdecken konnte ich die vermuteten Vögel aber nicht.

Es gibt keine richtigen Schatten, stellte der Logiksektor fest. Es fehlt eine Sonne, aber es herrscht Helligkeit.

Mir war dieses Phänomen auch schon aufgefallen, aber wegen der ganzen Ungewöhnlichkeit meiner Situation betrachtete ich dies als eine unwichtige Nebensache. Nun aber schaute ich mich gründlich um. Das Licht schien aus einer bestimmten Richtung zu kommen, die seitlich zurück in meiner augenblicklichen Bewegungsrichtung zu liegen schien. Dort jedenfalls wirkte alles, was ich sah, etwas heller, während es auf der Gegenseite dunkler war. Ich versuchte, mit einer Hand auf der anderen einen Schatten zu erzeugen, aber das gelang nicht.

Meine Logik besagt, dass sich hier das Licht nicht geradlinig ausbreitet. Es schwirrt willkürlich in alle Richtungen, und das von jedem Punkt aus.

»So wirkt es«, gab ich zu. »Es muss nach meiner Logik aber dennoch irgendwo eine Lichtquelle geben.«

Der Extrasinn schwieg zu dieser Feststellung. Ich vermutete, dass er noch größere Schwierigkeiten hatte als ich selbst. Der Widerspruch zwischen dem äußeren Bild dieser Szene und den erkennbaren Tatsachen und dem fehlenden Wissen war zu krass, zu unerklärbar.

Es muss eine vernünftige Erklärung geben, meinte der Logiksektor, aber das klang wenig überzeugend.

»Kannst du dich an nichts von früher erinnern?«, wollte ich wissen.

Mir geht es wie dir. Ich stehe vor einem Rätsel. Es fehlen sogar Hinweise darauf, was in den letzten Stunden auf der BASIS oder vor der Materiequelle geschehen ist.

Ich war froh, in dem Extrasinn wenigstens so etwas wie einen Gesprächspartner zu haben, auch wenn mir dieser kaum helfen konnte.

Ist dies das Land der Kosmokraten?, fuhr er fort. Es war ungewöhnlich, Fragen von meinem zweiten Ich zu hören.

»Unwahrscheinlich«, antwortete ich. »Jedenfalls habe ich mir die Lebenszone der Kosmokraten ganz anders vorgestellt.«

Ich auch.

Dieses Eingeständnis zeigte mir wieder, dass der Logiksektor seine Grenzen erreicht hatte. Sein anschließendes Schweigen war nicht dazu angetan, mir neuen Mut zu machen oder meine Lage rosiger zu sehen. So setzte ich meinen Weg fort.

Es ging leicht bergauf, und plötzlich endete der Wald. Unwillkürlich rechnete ich damit, eine weite Ebene zu sehen, aber hinter einem wenige Meter breiten Streifen aus Gras und Sand sah ich nichts.

Die Landschaft endete hier einfach, und dahinter war nichts als lichtlose Schwärze.

Der leere Weltraum, folgerte der Extrasinn.

»Unsinn!« Der Logiksektor musste verwirrt sein, was bei den Merkwürdigkeiten dieser Welt kein Wunder war. »Wenn das der Weltraum wäre, dann müsste ich Sterne erkennen können. Ich sehe aber dort draußen keinen einzigen Lichtfleck.«

Du hast Recht. Das hörte sich fast kleinlaut an. Ich weiß auch nicht weiter. Es muss etwas Unfassbares geschehen sein, das in keinen Raster meiner logischen Überlegungen und Erfahrungen passt.

Da konnte ich nur zustimmen.

Meine Füße bewegten sich auf den bodenlosen Abgrund zu. Der feine Sand knirschte unter meinen Füßen, und das Gezwitscher der Vögel im Wald blieb hinter mir zurück.

Noch bevor ich den Rand erreichte, entdeckte ich eine verwaschene Fußspur im Sand. Auch ohne Vergleich mit meinen Stiefeln erkannte ich, dass hier ein zweibeiniges Wesen gegangen war, das um ein Vielfaches größer und schwerer gewesen war als ich.

Wenn es nicht so widersinnig wäre, meldete sich das Extrahirn, würde ich sagen, es handelt sich um die Fußstapfen eines barfüßigen Haluters.

»Der Eindruck täuscht nicht«, räumte ich ein. »Wenn ich wüsste, wo ich bin, könnte ich auch vielleicht erklären, wie einer der Riesen von Halut hierhergekommen sein könnte. So tappe ich aber weiter im dunkeln.«

Ich ging vorsichtig weiter bis zu dem Rand. Der Boden wölbte sich hier leicht abwärts und ging dann plötzlich in eine senkrechte Wand über. Ich kniete mich unwillkürlich hin, denn ich hatte das Gefühl, in eine endlose Tiefe stürzen zu können.

Ein breites Band aus blankem Metall bildete die Stelle, wo die senkrechte Wand begann. Diese selbst war, wie ich mich durch einen Blick überzeugen konnte, ebenfalls aus Metall.

Du hast dir schon bei einer früheren Erkundung notiert, erinnerte mich der Logiksektor, dass dies eine künstliche Welt ist. Nun hast du diesen Beweis erneut erbracht.

»Das mag sein. Nur kann ich mich nicht erinnern, diese Notiz gemacht zu haben. Da liegt das Problem.«

Ich streckte eine Hand über den Abgrund. Hier draußen herrschte keine Schwerkraft vor. Es war das bekannte Gefühl, das man hat, wenn man die Richtung und die Funktion eines Antigravschachts überprüft. Nur fehlte hier der schwache Sog in irgendeine Richtung.

»Zumindest kann hier niemand abstürzen«, stellte ich fest.

Ich setzte meinen Weg entlang des Abgrunds fort. In dem Dunkel des äußeren Gebiets tauchte ein mehrere Meter großer Haken auf, der außen an die Steilwand angeflanscht war. Ich beschleunigte meine Schritte, bis ich dieses Ding aus der Nähe betrachten konnte.

»Entfernt erinnert mich dieses Gebilde an Projektoren von Schutzschirmen«, teilte ich dem Extrasinn mit. »Was hältst du davon?«

Ich weiß nicht, lautete die resignierende Antwort. Mir fehlen Daten.

»Mir fehlt noch viel mehr.« Sarkasmus hatte inzwischen meine Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit verdrängt. Da mir ganz offensichtlich keine direkte Gefahr drohte, fasste ich wieder neuen Mut. »Und ich werde das suchen, was mir fehlt.«

Ich setzte meinen Weg am Abgrund entlang fort und kaute dabei einen der fremden Konzentratwürfel. Sie waren sehr schmackhaft, aber ich konnte mich nicht erinnern, Nahrung dieser Form und Farbe schon einmal gegessen zu haben.

Der Rand schwenkte erst leicht und dann immer stärker nach links. Ich hielt an, um mir auch darüber Notizen zu machen. Schließlich verengte der Randstreifen sich so sehr, dass die Bäume und Büsche zu meiner Linken bis an den Abgrund reichten. Ich drang durch das Unterholz und stand plötzlich wieder am Waldrand. Was ich jetzt vor mir sah, unterstrich die Erkenntnis, auf einem künstlichen Gebilde zu sein.

Auf einer Breite von etwa 200 Metern erstreckten sich sieben kastenförmige Öffnungen im Boden, die von mir weg leicht geneigt waren. Aus den Öffnungen drang schwaches Licht, das einen anderen Charakter besaß als die unerklärliche Beleuchtung der Landschaft. Ich verglich es mit dem kalten Neonlicht der frühen terranischen Geschichte. Erkennen konnte ich in den Öffnungen nichts.

Hinter dieser Galerie erstreckte sich eine weitgehend glatte Metallfläche in der Form eines Dreiecks, an dessen Grundlinie ich stand. Die Spitze des stark nach unten geneigten Dreiecks war etwa 400 Meter von mir entfernt. Dort erkannte ich kleine Projektoren und kurz davor eine Batterie aus Scheinwerfern. Als ich mich auf die Zehenspitzen stellte, entdeckte ich noch eine Reihe aus rechteckigen Fenstern in dieser Metallfläche, aus denen ebenfalls Licht schimmerte.

»Atlan, hübsch. Nicht wahr?«

Ich fuhr herum.

Wenige Schritte hinter mir hockte auf einem Baumstumpf ein kleines Wesen. Der Kerl war keinen Meter groß und erinnerte mich an einen Seestern, der auf seinen fünf Beinen aufrecht ging. Oben in der Mitte saß ein Kopf, der fast nur aus roten Haaren und einem großen Augenpaar zu bestehen schien. Der Körper war unbekleidet und von dunkelbrauner Farbe.

Das Wesen hob eines der fünf Beine hoch und benutzte es als Arm. Er winkte mir damit zu.

»Atlan. Du musst es immer wieder sehen. Nicht wahr?«

Das Interkosmo klang etwas holprig und primitiv, aber ich konnte jedes Wort genau verstehen.

»Du meinst«, fragte ich behutsam, »ich hätte mir das schon einmal angesehen?«

»Atlan. Kik weiß das. Nicht wahr?«

Kik! Das musste der Bursche sein, über den ich mir eine Notiz gemacht hatte. Kik aushorchen, hatte dort in dem kleinen Block gestanden.

Dieses Wesen unterliegt nicht dem Effekt der Mnemo-Löschung, teilte mir der Extrasinn mit. Seine Folgerung war völlig richtig. Das erkannte ich. Und auch, dass er seine Resignation wieder abgelegt hatte.

Es war keine Resignation, wurde ich sofort belehrt. Mir fehlten nur jegliche Daten und Fakten. Kik ist ein klarer Faktor.

»Hallo, Kik«, sagte ich.

»Atlan. Hallo.«

Ich ging zu dem kleinen Kerl hinüber. Er sah ungefährlich aus. Auch konnte ich keine Waffen oder Gegenstände an ihm erkennen.

Kik rollte einen seiner kräftigen Arme (oder Beine?) unter seinen Kopf. Als er mir die Extremität dann entgegenstreckte, erkannte ich ein kleines Päckchen von Konzentratwürfeln, die denen völlig glichen, die ich in meiner Kombination gefunden und verspeist hatte.

»Atlan. Deine Ration. Nicht wahr?«

»Danke«, entgegnete ich und steckte das Päckchen ein.

»Atlan. Bitte, nicht wahr?«

An die komische Ausdrucksweise musste ich mich wohl erst gewöhnen. Ich hockte mich neben Kik auf den Boden und betrachtete ihn lange schweigend. Seine übergroßen Augen waren hellblau und verfolgten jede meiner Bewegungen.

»Kik«, sagte ich dann. »Wo bin ich? Was ist das hier?«

Der Kerl schüttelte sich vor Lachen.

»Atlan. Kik hat es gewusst. Nicht wahr?«

Was sollte das bedeuten?, fragte ich mich.

»Was hast du gewusst, Kik?«

»Atlan. Dass du diese Frage stellst. Du stellst sie jedes Mal.«

»Das mag stimmen, Kik. Trotzdem möchte ich dich bitten, meine Frage zu beantworten.«

»Atlan. Gern. Du bist auf der Basis des Ersten Zählers. Nicht wahr?«

Wieder ein Begriff aus meinen Notizen!

»Und wo ist die Basis des Ersten Zählers?«

»Atlan. Hier, nicht wahr?«

Es war zum Verzweifeln. Sonderlich intelligent schien Kik nicht zu sein. Oder aber er stellte sich dumm. Wer mochte es sein, der ihn beauftragt hatte, mich mit Konzentratwürfeln zu versorgen?

Möglicherweise handelt er aus sich selbst heraus, meinte der Logiksektor. Wie ein Abgesandter der Kosmokraten sieht er nicht aus.

»Wer ist der Erste Zähler, Kik?«

»Atlan. Du stellst immer die gleichen Fragen. Nicht wahr?«

»Das kann schon sein, Kik. Es gibt einen guten Grund dafür. Aber wenn du ohnehin weißt, was ich dich immer frage, so kannst du mir gleich alle Antworten geben.«

»Atlan, alle. Nicht wahr?«

»Ja, alle.«

»Atlan. Der Erste Zähler ist der Unsichtbare. Ihm gehört diese Basis. Ich bringe dir das Essen, weil du sonst verhungern würdest. Ich zweige die Portionen von meiner Nahrung ab. Das Licht kommt aus der Quelle der Jenseitsmaterie. Die Basis endet ringsum im Abgrund. Der Erste Zähler ist verschwunden. Wem die wispernden Stimmen gehören, weiß ich nicht. Der achtbeinige Panther war früher nicht hier. Er heißt übrigens Janvrin. Warum er Olp und Verynth getötet hat, weiß niemand. Ich lebe schon immer hier. Das Betreten der Innenbereiche der Basis ist verboten. Deine Sprache habe ich von dem fremden großen Ei gelernt, als dieses es noch wagte, sich zu zeigen. Nicht wahr?«

Kik hatte diesen Wust an Informationen mit einer solchen Geschwindigkeit herausgesprudelt, dass ich kaum folgen konnte. Dennoch speicherte ich jedes Wort sorgfältig ab, auch wenn ich damit rechnen musste, nach meiner nächsten Schlafperiode alles vergessen zu haben. Daher setzte ich mich erst einmal hin und notierte alles sorgfältig.

Eigentlich war es verwunderlich, dass ich nicht schon früher diese Notizen gemacht hatte, denn Kik musste mir das alles schon einmal gesagt haben. Als ich mit den Notizen fertig war, wandte ich mich wieder an Kik.

»Woher habe ich diesen Notizblock?«

»Atlan. Von Verynth. Nicht wahr?«

»Wer ist Verynth?«

Du musst fragen: »Wer war Verynth?«, belehrte mich der Extrasinn. Offensichtlich lebt dieses Wesen nicht mehr.

»Atlan. Mein Bruder Verynth. Nicht wahr?«

So war das also. Es gab noch mehr von Kiks Sorte. Und einen davon, diesen Verynth, hatte der achtbeinige Panther getötet, der Janvrin hieß. Das war noch alles etwas verworren, aber ich beschloss, diesmal Licht in die Sache zu bringen. Wenn es darauf ankam, konnte ich über einhundert Stunden ohne Schlaf auskommen. Wahrscheinlich war ich früher dazu nicht in der Lage gewesen, meine Situation zu klären, weil mir grundsätzliches Wissen fehlte.

»Wann kam ich hierher, Kik?«

»Atlan. Etwa als der Erste Zähler verschwand. Nicht wahr?«

»Kannst du eine genaue Zeit angeben? Es wäre wichtig für mich.«

»Atlan, ich kann es nicht. Aber du hast einmal gesagt, es seien wohl über hundert Tage. Ich weiß aber nicht, was ein Tag ist. Nicht wahr?«

Auch diese Auskunft beinhaltete etwas Schockierendes. Wenn ich schon über ein Vierteljahr auf dieser geheimnisvollen Basis herumgegeistert war, so konnte es eigentlich nur bedeuten, dass ich das Werkzeug unbekannter Mächte war oder aber, dass mein Hiersein gar keinen Sinn hatte. Beides war furchterregend, denn daraus folgte, dass eine Rückkehr in mein normales Leben nahezu unmöglich war. Ich hatte ja in dieser ganzen Zeit nichts erreicht!

Oder du hast vergessen, was du erreicht hast, versuchte der Extrasinn mich zu trösten.

»Es gibt nichts, was für diese Annahme spricht«, erklärte ich hart. Kik starrte mich schweigend an. »Aber es gibt einiges, das dafür spricht, dass dieser katastrophale Zustand geändert werden muss.«

»Atlan. Du bist wieder sehr bedrückt, nicht wahr?«

Dem kauzigen Wesen schien meine Verfassung auch nichts Neues zu sein. Ich zog es vor, ihm nicht zu antworten. Nachdenklich ging ich ein paar Schritte auf und ab.

Was war wirklich geschehen? Das war die zentrale Frage, an die sich alle Überlegungen und weiteren Schritte anknüpfen mussten.

Dann stieß Kik einen spitzen Schrei aus. Sein Körper straffte sich, die fünf Extremitäten zogen sich in die Länge.

»Janvrin!«

Ich sah Kik in dem nahen Wald verschwinden und drehte mich um. Da stand er vor mir, der achtbeinige Panther. Er war pechschwarz, und in seinen Augen loderte ein wildes Feuer.

3.

 

Breckcrown Hayes:

In der Hauptzentrale der SOL war es totenstill geworden. Jeder der Anwesenden hörte auf die Worte, die aus Atlans Mund sprudelten. Der Arkonide hatte die Augen geschlossen und sich in dem Kontursessel zurückgelehnt. Schweißtropfen hatten sich auf seiner Stirn gebildet. Von Zeit zu Zeit trat einer der Medoroboter heran, entfernte die Tropfen und überprüfte die Körperfunktionen.

Da Atlan bei seiner Erzählung mehrfach wie in heftigen Krämpfen zusammengezuckt war, hatte ich die Roboter kommen lassen. Daran änderte sich auch nichts, als Bjo Breiskoll mir versicherte, dass Atlan nicht in einer wirklichen Gefahr schwebte.

»Er erlebt das alles wirklich«, behauptete der Mutant sichtlich verwirrt. »Er ist hier und auch dort, wo er in der Vergangenheit war, von der er bislang nichts wusste und wir auch nicht.«

Das mächtige Ei von Wöbbeking stand noch unweit der SOL. Gedanken von dort waren jedoch nicht mehr wahrzunehmen. Das mächtige Wesen in dem künstlichen Gaskometen korrespondierte allein mit dem Arkoniden, und von diesem erfuhren wir, was er erlebte.

In mir begann sich eine dumpfe Vorahnung auszubreiten. Ganz ohne Grund würde Wöbbeking-Nar'Bon Atlan diese Geschehnisse aus seiner Vergangenheit nicht wissen lassen. Da steckte mehr dahinter, als wir alle im Moment ahnen konnten. Der Sieg über Hidden-X war kaum drei Stunden alt, da tauchte dieses Riesenei hier auf, um Atlan – und damit uns, die Solaner – mit einem anderen Problem zu konfrontieren. Für den Arkoniden war die Sache ziemlich klar. Auch ich hatte es als Schock empfunden zu hören, dass ihm Hidden-X in der Stunde seines Todes die Zielkoordinaten seines eigentlichen Auftrags entrissen hatte.

Eigentlich unterstützte Wöbbeking-Nar'Bon Atlan nun, wenn er ihn auf die Spur von Anti-ES lenkte. Ich selbst hatte, wie alle Solaner, von dieser Superintelligenz noch nichts gehört. Unseren Vorfahren mochte sie bekannt gewesen sein, denn Anti-ES hatte auf die Menschheit lange Zeit vor dem Bau der SOL eingewirkt. Aber auf unserem Schiff war die Geschichte in Vergessenheit geraten.

Atlan war ein faszinierender Erzähler. Ob das nun an ihm lag oder an dem riesigen Wesen dort draußen, vermochte ich nicht zu sagen.

SENECA zeichnete jedes Wort von ihm und jede Geste auf. Dazu erzeugte er auf einem gesonderten Bildschirm Grafiken und Skizzen, die auf Atlans Schilderungen beruhten.

Gallatan Herts kam in die Zentrale. Ich hatte ihn vor Stunden mit einigen Beibooten nach den Planeten Stützpunkt I und Stützpunkt II geschickt, um die Integration der Bakwer zu unterstützen, die wir durch die Rettungstaten von Atlan und Bjo Breiskoll aus dem Flekto-Yn schaffen konnten, bevor dieses zerstört worden war. Er wollte etwas sagen, und ich erkannte an seinen zufriedenen Gesten, dass alles wohl zufriedenstellend verlaufen war.

Schließlich kam der Stabsspezialist zu mir herüber. Und als er mir etwas zuflüstern wollte, war Argan U blitzschnell an seiner Seite. Der Puschyde trat Herts gegen das Schienbein.

»Halt's Maul, Giftzwerg«, fauchte Argan. »Du hast Sendepause!«

 

*

 

Atlan:

Das Vieh war gut 2,50 Meter lang und besaß tatsächlich vier Beinpaare. Es bewegte sich geschmeidig in wenigen Metern Entfernung vor mir hin und her, als lauere es auf eine bestimmte Reaktion meinerseits. Das Fell war glänzend und glatt. Der ein Meter lange Schweif peitschte ruckartig durch die Luft, schwang auf und ab. Als Janvrin sein Maul zu einem Fauchen öffnete, sah ich die überlangen Eckzähne an Ober- und Unterkiefer.

Welchem Höllenschlund mochte dieses Biest entsprungen sein? Da ich keine Waffen besaß, war ich ihm aller Wahrscheinlichkeit nach hoffnungslos unterlegen.

Stimmt!, bestätigte mein Extrasinn mit der früheren Schärfe. Du hast trotzdem, eine Chance, denn schließlich bist du schon seit Monaten hier in dieser fremden Umgebung, und du lebst noch. Janvrin ist dir bekannt, auch wenn du die früheren Ereignisse vergessen hast. Du brauchst also nur das zu tun, was du früher getan hast, und er wird dir nichts antun.

»Eine wundervolle Logik«, spöttelte ich. »Was habe ich denn früher getan?«

Natürlich weiß ich das nicht, aber ich kann dir einen Rat geben, der dich vielleicht verblüffen wird. Eine außergewöhnliche Situation verlangt ein außergewöhnliches Verhalten.

»Sprich!«

Verlass dich ausnahmsweise einmal auf dein Gefühl!

Da ich viele Beispiele aus den ungezählten Tierwelten fremder Planeten kannte, fiel mir mein Entschluss leicht. Ich tat überhaupt nichts. Ich zeigte keine Reaktion und keine Furcht. Ich blieb einfach stehen. Dass sich dennoch in meinem Körper jeder Muskel für eine schnelle Reaktion anspannte, ließ sich nicht verhindern.

Der schwarze Panther umrundete mich. Dabei kam er immer näher. Ich spürte bereits den heißen Atem der Bestie, die ihren Kopf schaukelnd vor mir hin und her bewegte.

Als mich das Tier dann ansprang, kam meine Reaktion zu spät. Ich lag plötzlich auf dem Boden und war zu keiner Gegenwehr mehr fähig. Der mächtige Körper presste mich zusammen, und ich rechnete jede Sekunde mit dem tödlichen Biss.

Zu meiner Überraschung ließ Janvrin jedoch so schnell wieder von mir ab, wie er mich angesprungen hatte. Noch bevor ich mich aufgerichtet hatte, war er irgendwohin verschwunden.

Benommen stand ich da, aber ich war unversehrt. Das Geschehen war mir ein Rätsel, wie so ziemlich alles, was ich bislang auf der geheimnisvollen Basis des noch geheimnisvolleren Ersten Zählers erlebt hatte.

Du weißt nicht, was du vor der letzten Erinnerungslöschung erlebt hast, erinnerte mich mein Logiksektor.

Wohin sollte ich mich nun wenden? Sollte ich den Teil untersuchen, der hochtechnisiert wirkte und der wohl im Innern dieser merkwürdigen Landschaft zu finden war?

Ich habe eine gewisse Ähnlichkeit mit dem früheren Planeten WANDERER des Geisteswesens ES festgestellt, ließ mich der Extrasinn wissen. Oben eine kuriose Landschaft und im Innern eine unbegreifliche Technik.

»Der Vergleich hinkt«, antwortete ich. »Es gibt keine Kunstsonne, und außerdem ist das hier keine Scheibe.«

Woher willst du das wissen?

»Aus dem Abschnitt der Randzone, den ich gesehen habe, geht das klar hervor. Die Spitze in meinem Rücken ähnelt eher dem Bug eines Schiffes.«

Was hältst du von einer Erkundung der Lichtquelle, die Kik die Quelle der Jenseitsmaterie genannt hat?