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W. A. Hary

HORROR 011: Der Sensenmann

„Der Tod nimmt dir alles – nicht nur dein Leben!“


Nähere Angaben zum Autor siehe hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Wilfried_A._Hary


BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

HORROR 011:

Der

Sensenmann

W. A. Hary:

Der Tod nimmt dir alles – nicht nur dein Leben!“


Impressum:

 

Alleinige Urheberrechte: Wilfried A. Hary

Copyright Realisierung und Folgekonzept aller Erscheinungsformen (einschließlich eBook, Print und Hörbuch) by www.hary-production.de

 

ISSN 1614-3310

 

Diese Fassung:

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 Coverhintergrund: Anistasius

Titelbild: Thorsten Grewe

 

1


Der Tod stand in der Tür.

„Höchstpersönlich!“, versicherte er, und die tiefe, hohl klingende Stimme, die direkt aus einem Grab zu kommen schien, machte es fast glaubwürdig. Fast! Denn schließlich befand man sich auf einem Maskenball. Da gab es ausgefallenere Kostüme. Trotzdem war die Wirkung beachtlich. Ein paar als Hawaiigirls mit Baströckchen und Brustbinde verkleidete Damen kicherten hysterisch. Der einen verrutschte die Maske. In ihren Augen spiegelte sich leichtes Grauen wider.

Hinter dem Tod erschien der Gastgeber. Er hatte auf das Klingeln geöffnet und gab sich jetzt verärgert:

„Haben Sie denn eine Einladung?“, fragte er zum zweiten Mal.

„Ich denke, hier ist der Eintritt frei für jedermann?“ Wieder diese Stimme, die aus einem tiefen Grab zu kommen schien.

„Effektvoll!“, murmelte einer der Herren - wohl, um sich selber Mut zu machen, denn er zitterte, wobei das Fensterglasmonokel endgültig seinen Halt verlor. Es war nicht richtig an der Schnur befestigt, fiel hin und zersprang in tausend Scherben. Das einzige Geräusch.

„Frei schon“, schränkte der Gastgeber ein, „aber nur für geladene Gäste!“ Er schwitzte. Hilfesuchend schaute er sich um. Wo war Maryann, seine Frau? Nur er war unmaskiert. Das Ratespiel, wer sich hinter welcher Maske verbarg, gehörte mit dazu.

„Der Tod kommt immer ungeladen!“, wurde er belehrt.

Der Ungebetene schulterte seine Sense und trat näher. Dabei gewann man den Eindruck, als schwebte er knapp über dem Boden.

„Effektvoll, wirklich!“, murmelte der Mann, der sein Monokel verloren hatte. Er zitterte stärker.

Die Dame, die vergeblich versuchte, ihre Körperfülle in einem viel zu engen Fledermauskostüm unterzubringen, seufzte herzzerreißend und kippte um. Ihre Show misslang. Kaum lag sie, öffnete sie vorsichtig das linke Auge. Niemand achtete auf sie. Enttäuscht rappelte sie sich wieder auf.

Ein zweiter Herr brach den Bann.

„Lass ihn doch einfach herein, Peter! Ich finde die Maske ausgezeichnet!“

Jemand hatte die Musikanlage abgeschaltet, und jetzt ging es wieder weiter mit „Stayin' Alive“. Manch einer empfand diesen Titel in einer solchen Situation als sehr unpassend.

Der Sensenmann mischte sich unter die Gesellschaft. Der Gastgeber machte Anstalten, ihm zu folgen. Doch er gab auf und wandte sich achselzuckend ab. Es hatte ein weiteres Mal geläutet. Der nächste Gast.

Dieser war geladen!

Therese Gabriel verlor das Interesse an dem Geschehen und widmete sich der Musikanlage. Sie war sicher, dass man sie trotz der schrecklichen Hexenmaske erkannte - zumindest von männlicher Seite her.

Sie hatte nämlich außer der Maske nicht viel an, und einige der Herren kannten sie mit noch weniger.

„Zweimal fünfhundert Watt und zusätzlicher Anschluss für zwei Boxen!“, grollte es neben ihr anerkennend.

Erschrocken drehte sie den Kopf.

Der Tod deutete mit seiner Sense auf die Anlage.

„Wenn man die voll aufdreht, bleibt hier kein Auge mehr trocken, was?“

„Stayin' alive!“, plärrte es aus den Lautsprechern. Die Bässe gingen durch Mark und Bein.

Therese Gabriel schüttelte den Kopf.

Sie war verwirrt.

Den an den gleichnamigen Engel erinnernden Nachnamen verdiente sie nur ihrer normalen Erscheinung wegen. In Wahrheit war sie das, was die Maske jetzt darstellte: Eine durchtriebene Hexe, der Schrecken aller Ehefrauen.

„Möchte wissen, wer sich hinter deiner Maske verbirgt!“, krächzte sie. „Kennen wir uns schon? Bin sehr gespannt auf die Demaskierung nach Mitternacht.“

Er drohte mit dem knöchernen Zeigefinger, der aus dem zerschlissenen Kapuzenumhang ragte.

„Vorsicht, Therese, hinter der Maske des Todes verbirgt sich nichts als das Grauen!“

Ihre Augen glitzerten.

„Du hast mich erkannt?“

„Der Tod kennt jeden Lebenden!“

Sie lachte gekünstelt. Ihr Blick wurde starr, als der Unheimliche seine Rechte ausstreckte. Wie zögernd verharrte die Knochenhand über ihrer nackten, wohlgeformten Schulter. Dann senkte sie sich. Eine sanfte Berührung, die sie elektrisierte.

Mit einem Aufschrei wich sie zurück.

„Schreckhaft?“, grollte er. Der Lautstärkeregler bewegte sich wie von Geisterhand. Lauter schrien die Bee Gees aus allen vier Boxen:

„Stayin' alive!“

Therese Gabriel kratzte ihre Schulter. Sie fühlte sich eiskalt an.

Spontan warf sich die junge Frau herum und wollte davoneilen, doch gerade kam der Gastgeber mit einem Tablett vorbei. Die gefüllten Sektgläser fielen zu Boden und zersprangen in tausend Stücke.

„Scherben bringen Glück!“, versuchte jemand einen Scherz. Er blickte in Richtung des Todes. Das Lachen erstickte.

Die anderen Gäste wurden ebenfalls aufmerksam. Therese stierte vor sich hin, als könnte sie unmöglich begreifen, was sie angerichtet hatte.

Benno Clasen lachte schadenfroh. Zweimal hatte ihn Therese erhört. Dann nicht mehr. Und seitdem lebte er von seiner Frau getrennt. Sie war ebenfalls anwesend, weit genug von ihm entfernt, am anderen Ende der kleinen Halle.

Thereses giftiger Blick traf ihn. Er verstummte.

„Noch immer verliebt?“, grollte es.

Der Tod stand an seiner Seite. Benno Clasen zuckte zusammen.

„Verliebt?“, echote er verächtlich. „In die vielleicht? Sie versteht es großartig, Männer anzumachen. Mehr nicht! Ich hasse sie und gebe ihr für meine kaputte Ehe alle Schuld.“ Er drehte den Spieß um. „Was ist mit Ihnen? Auch trübe Erfahrungen mit ihr gemacht?“ Er grinste unverschämt.

Der Tod schüttelte den Kopf.

„Ich habe nur eine einzige Leidenschaft: die Lebenden heimzusuchen. Ich lade sie ein ins Jenseits. Auch da ist der Eintritt frei für geladene Gäste.“

Das Grinsen in Benno Clasens Gesicht erstarb.

„Mensch, Sie können einem vielleicht Angst einjagen. Nehme an, ein besonderer Gag von Peter Carlson, dem Gastgeber. Seine Partys sind stets ein voller Erfolg.“

„Auch diesmal!“, bestätigte der Sensenmann, „allerdings nur für mich!“

„Wie meinen Sie das?“, erkundigte sich Benno Clasen misstrauisch.

„Ich werde bald den Maskenball auflösen und alle Gäste einladen - in meine Gefilde!“

Benno Clasen prustete los: „Wenn da mal Peter Carlson nichts dagegen hat!“

„Er wird es mit Sicherheit. Doch wird er kaum etwas tun können. Die Würfel sind gefallen. Alle werden der Einladung Folge leisten - ob sie wollen oder nicht.“

Benno Clasen hob die Stimme.

„He, hört mal alle her!“ Viele Augenpaare wandten sich ihm zu. Der Gastgeber reinigte eigenhändig und mit zornrotem Gesicht den Teppich. Es gelang ihm nur unzulänglich. Therese Gabriel stand wie unbeteiligt daneben. Es fiel ihr gar nicht ein, dem Mann behilflich zu sein.

Auch sie schaute herüber. Erst jetzt erkannte sie Benno Clasen - an der großgewachsenen, muskulösen Gestalt. Effektvoll hatte er sich als römischer Krieger verkleidet. Einige Frauen waren Feuer und Flamme - außer seiner eigenen.

„Gleich lädt uns der Tod ein, und der Eintritt ins Jenseits ist für uns angeblich frei!“, rief er aus.

Sie blickten den Sensenmann an und vergaßen zu lachen. Selbst Benno Clasen verlor plötzlich seine Heiterkeit.

„Nur noch eine halbe Minute!“, grollte der Unheimliche. „Kostet sie aus!“

Die Gesellschaft wurde von Unruhe erfüllt. Der Gastgeber erhob sich und ließ den Putzlappen in den Eimer fallen. Alle standen sie herum, als warteten sie auf etwas.

Auf was?

Auf den Tod?

Aber der war schon mitten unter ihnen, und er sprach die Einladung aus - die Einladung in die Hölle.

Die Anwesenden folgten ihm pünktlich.


2


Unruhe pachte in seiner Brust. Rex Gardiner wurde von ihr schon am frühen Morgen hochgetrieben. Er schlüpfte in den Morgenmantel und lief zum Zeitungskasten.

Rex Gardiner war groß und durchtrainiert. Seine widerspenstigen Haare wirkten immer etwas zerzaust. Er machte sich nichts daraus, und es stand ihm gut.

Rex nahm die Zeitung an sich und betrat wieder sein Haus im Eastend von London. Er wusste, dass er hellseherische Fähigkeiten besaß. Ihnen verdankte er auch seinen Reichtum. Die Fähigkeiten wuchsen im Laufe seines Lebens. Sie bescherten ihm zunächst die steile Karriere zum Chefinspektor bei New Scotland Yard. Später experimentierte er mit Glücksspielen - mit sagenhaftem Erfolg. Um kein Aufsehen zu erregen, zog er sich davon zurück. Auch beim Yard kündigte er. Seine guten Verbindungen dorthin blieben allerdings bestehen.

Rex Gardiner hatte sich dem Ungewöhnlichen verschrieben. Es war dies mehr als nur ein Hobby. Er betrachtete es als Lebensaufgabe.

In fiebernder Hast entfaltete er die Tageszeitung, während er sich in einen der Sessel im Wohnzimmer fallen ließ. Sein Extrasinn ließ ihn sich nur auf einen einzigen Artikel konzentrieren:

„London. - Ein Defekt in der Gasfeuerungsanlage führte in London zu einem schweren Unglück. Zum Zeitpunkt der Explosion fand in dem betroffenen Anwesen eine private Feier statt. Der Tod kam für die Beteiligten unerwartet. Scotland Yard kündigte Untersuchungen an, denn rätselhaft bleibt, wie ein Defekt mit solchen Folgen entstehen konnte. Ein vergleichbarer Fall ist nicht bekannt.“

Rex Gardiner las den Artikel noch zweimal. Dann ließ er die Zeitung sinken.

Sein Instinkt ließ ihn zum Telefon blicken. Lange brauchte er nicht zu warten. Es schlug an.

Rex Gardiner hatte außer hellseherischen Fähigkeiten noch die Gabe der Psychokinese. Das hieß, er konnte mit reiner Geisteskraft Gegenstände bewegen und sogar in energetische Prozesse eingreifen. Allerdings setzte er diese Begabung nur in Ausnahmefällen ein. Sie kosteten ihn jedes Mal viel Substanz.

Deshalb stand er auf und warf die Zeitung auf den Nachbarsessel. Mit wenigen Schritten erreichte er das Telefon. Er hob ab und meldete sich.

„New Scotland Yard, Vermittlung!“, sagte eine nette weibliche Stimme. „Ich verbinde Sie.“

Ehe Rex Gardiner etwas sagen konnte, knackte es in der Leitung. Dann sprach eine tiefe Stimme, die an das Grollen eines Gewitters erinnerte.

„Superintendent Harold Watson!“ Das war Gardiners ehemaliger Chef.

„Grüß' dich, Harold!“, sagte Rex Gardiner. „Was kratzt deine Leber?“

Rex konnte sich vorstellen, wie Harold Watson jetzt am anderen Ende der Leitung das Gesicht verzog. Der gute Superintendent trank gern einen über den Durst. Aber seine Leber hatte etwas dagegen - mehr noch als seine Frau. Nach jeder durchzechten Nacht bekam er prompt die Quittung. Kein Wunder, dass das schlichte Wort Leber bei ihm Aggressionen erzeugte.

„Wir sollten es persönlich erörtern, Rex!“, schlug der Super vor.

„Es geht wohl um eine Gasexplosion, wie?“

„Ja, eine, die eigentlich nicht hätte sein dürfen.“

Mehr war aus Harold Watson nicht herauszukriegen.

Rex Gardiner grübelte, während er auflegte. Dabei verfluchte er die Tatsache, dass seine hellseherischen Fähigkeiten leider nicht perfekt waren. Der Blick in die Zukunft war unvollständig. Er musste sich mit Ahnungen und Visionen begnügen, und es war dabei seine Sache, alle Mosaiksteine zu einem brauchbaren Bild zusammenzusetzen.

Wenig später war er auf dem Weg zum Yard. Er war gespannt, was Harold Watson zu berichten hatte.

Oder wollte er Rex Gardiner nur neugierig machen?


3


Das Erwachen geschah langsam, Stück für Stück - und es war unangenehm. Frank McDowall konnte sich nicht erinnern, wann er sich jemals so unbehaglich gefühlt hatte.

„Kein Wunder!“, bemerkte jemand mit tiefer, grollender Stimme, „denn du bist tot!“

Frank McDowall erschrak. Er wollte den Kopf wenden, aber der Körper gehorchte nicht seinem Willen.

Er presste die Augen fest zusammen und versuchte, seine Gedanken zu ordnen.

Was sollte der Unsinn? Wieso sagte jemand, er sei tot? Und wo befand er sich überhaupt?

Seine Hände begannen zu tasten. Weich, eine Daunendecke, vertraut.

Sein Bett?

Er sperrte die Augen weit auf, starrte zur Decke. Ja, er war daheim, lag auf dem Rücken, den Kopf in den dicken, flauschigen Kissen. Sie fühlten sich feucht an, schweißgetränkt. Als hätte er schlecht geträumt,

„Nun gut“, sagte die Stimme an seiner Seite, „ich gebe zu, ganz tot bist du noch nicht. Deshalb bin ich schließlich da.“

Diesmal gelang es ihm, den Kopf zu wenden. Er hatte keine Schwierigkeiten mehr damit.

Das Grauen spiegelte sich in seinem Gesicht. Der Anblick, der sich ihm bot, raubte ihm schier den Verstand.

Vollends fand Frank McDowall in die Wirklichkeit zurück. Das Groteske der Situation wurde ihm bewusst:

Auf dem Bettrand saß der Tod persönlich! Er war in ein langes, zerschlissenes Kapuzengewand gekleidet, wie man es auf kitschigen Bildern oft sehen konnte. Auf der knöchernen Schulter ruhte die Sense. Ein nackter Totenschädel grinste Frank McDowall an. Der Kiefer klapperte, als der Unheimliche ein schauerliches Gelächter hören ließ.

Abrupt wurde der Tod wieder ernst.

„Ich frage mich, warum du dich wunderst. Hast du mich denn nicht erwartet?“

Die Erinnerung kam so ratenweise, wie das Erwachen von statten gegangen war.

Frank McDowall schielte zum Nachttisch. Dort lag ein umgekipptes Glas. Der Rest der Flüssigkeit bildete eine hässliche Lache. Leere Tablettenschachteln lagen daneben und teilweise am Boden. Die Vorhänge waren zugezogen und ließen nur so viel Licht herein, dass man alles gut erkennen konnte.

„Selbstmord!“, entfuhr es Frank McDowall. Er erkannte seine eigene Stimme nicht wieder. Sie klang krächzend, als gehöre sie nicht zu ihm.

War es die Stimme eines Sterbenden?

So fühlte sich Frank McDowall überhaupt nicht. Im Gegenteil. Trotzdem hielt ihn der Bann der Erkenntnis an seinem Platz.

Der Tod nickte.

„Ja, Selbstmord!“, bestätigte er. „Jede Hilfe kommt für dich zu spät. Ich bin da, um mich mit dir ein wenig zu unterhalten, um zu plaudern. Eine besondere Ehre für dich, Frank McDowall. Du kannst stolz darauf sein. Ich rede mit dir und lasse die Zeit vergehen, ehe ich dich endgültig mit mir nehme.“

Frank McDowall hielt es nicht mehr aus. Er erhob sich. Nichts und niemand hinderte ihn daran. Am Fußende verließ er das Bett. Seine nackten Füße berührten den Boden. Er drehte sich um und wollte etwas sagen.

Das Wort blieb ihm im Halse stecken.

Der Tod war nicht allein!

Jemand lag im Bett, auf dem Rücken, die Hände auf der Decke. Er schien friedlich zu schlummern.

McDowall wusste ganz genau, wer das war: Er selbst!

Diese Erkenntnis brachte ihn an den Rand des Wahnsinns.

Der Tod stand auf. Sein Gewand raschelte. Der Stoff war so alt, als wollte er jeden Augenblick in seine Grundbestandteile zerfallen.

„Na ja, allmählich müsstest du begreifen, dass du mir nicht entrinnst. Wer mit dem Tod so intime Bekanntschaft macht wie du, ist rettungslos verloren - als Lebender zumindest.“ Mit der Sense deutete der Unheimliche auf den im Bett liegenden Körper von Frank McDowall. „Noch gibt es eine gewisse Verbindung zwischen Körper und Geist. Sie schwindet zusehends. Ein leichtes Spiel für mich. Ich brauche nicht in Aktion zu treten, kann mir Zeit lassen. Es wäre eine Lüge, würde ich behaupten, dass ich es nicht genieße. - Willst du dich noch immer nicht mit mir unterhalten?“

„Unterhalten?“, ächzte Frank McDowall. Er begriff überhaupt nichts. Am Abend zuvor hatte er die Tabletten geschluckt, um Schluss zu machen. Sein Leben war ihm verkorkst vorgekommen. Jetzt war alles ohne Bedeutung für ihn. Er wollte nur begreifen, was hier vorging. Dabei wusste er es längst schon. War es denn nicht klar? War es nicht normal, wenn man nach einem Selbstmordversuch dem Tod begegnete?

Es schwindelte ihm. Er musste sich setzen - direkt dorthin, wo eben noch der Tod Platz gefunden hatte.

Wie elektrisiert sprang Frank McDowall wieder auf.

Der Unheimliche wiegte mit dem Kopf.

„Das begreife wer will. Erst rufst du mich, willst du mit Gewalt Schluss machen, du, ein kerngesunder Mensch, und dann erschrecke ich dich mit meinem Erscheinen. Warum diese Ablehnung? Bin ich nicht dein Freund? Für die meisten komme ich ungerufen und ungebeten.“

Frank McDowall ballte die Hände zu Fäusten.

„Ich - ich will nicht sterben!“, stöhnte er.

Der Tod trat auf ihn zu.

„Dieser Entschluss kommt zu spät. Du gehörst bereits mir. Deine Uhr ist abgelaufen!“