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Alice Camden

 

Im Schatten der Todessteine

Rabenkönig

– Band 3 –

Impressum

© dead soft verlag, Mettingen 2016

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© the author

 

Cover: Irene Repp

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Bildrechte:

© Marcin Perkowski – shutterstock.com

© Yeko Photo Studio – shutterstock.com

© Quick Shot – shutterstock.com

 

 

1. Auflage

ISBN 978-3-96089-017-1

ISBN 978-3-96089-018-8 (epub)

Kapitel 1: Ilan

 

„Schhhhhh, Kara, ganz ruhig“, flüsterte Ilan und legte einen Finger an die Lippen. Kara gab einen leisen, gurrenden Laut von sich. Aufgeregt plusterte er sein schwarzes Gefieder auf. Schließlich neigte er den Kopf zur Seite, und blieb still sitzen. Ilan beugte sich vorsichtig ein Stück nach vorne und spähte vom Baum hinunter. Was waren das nur für merkwürdige Gestalten dort unten? Der Ast knarrte verdächtig unter seinem Gewicht. Ilan hoffte, das Geräusch würde sie nicht verraten.

Der Baum, auf dem er und sein gefiederter Rabenfreund saßen, hatte starke Äste und dichtes Blattwerk. Die beiden Fremden standen dicht am Stamm, Ilan musste sich weit vorbeugen, um die jungen Männer genauer zu betrachten. Ihre Kleidung war löchrig und abgewetzt. Man konnte gerade noch erahnen, dass die verschlissenen Lumpen, die der Größere am Leib trug, einmal eine Uniform der Schwarzen Garde gewesen waren. Eigenartig. Was trieb ein Schwarzgardist hier am Rande des Roten Waldes? Und wieso achtete er nicht auf seine Uniform?

Der Kleinere, der ihn begleitete, hatte helles Haar und war ohne Zweifel ein Grünthaler. Er trug ein Oberteil, das viel zu warm für die Jahreszeit war und eines seiner Hosenbeine war abgerissen. Sie waren in ein Gespräch vertieft. Angestrengt versuchte Ilan zu verstehen, was die beiden sagten. Er hielt sich mit beiden Händen an dem Ast fest und lehnte sich noch ein Stück weiter nach vorne.

„… durch den Roten Wald und die Sümpfe, zur Rabeninsel“, war alles, was er von so hoch oben auf dem Baum aufschnappen konnte.

Unruhig trat Kara von einem Bein auf das andere und blinzelte. Ilan strich ihm sanft mit einem Finger über die glänzenden schwarzen Federn am Rücken. Kara wurde ruhiger und spähte nun ebenfalls in die Tiefe.

„Ich glaube nicht, dass sie gefährlich sind. Aber wir sehen uns diese Gestalten besser mal aus der Nähe an, was meinst du?“ Er flüsterte ganz leise, um nicht gehört zu werden.

Kara streckte den Kopf gerade. Ilan nickte, schulterte seinen Bogen und zog zwei Jagdmesser mit langen Klingen aus der Halterung an seinem Gürtel. Für einen Moment fixierte er den Boden. Dann sprang er in die Tiefe und landete sicher vor den Wanderern. Entschlossen hielt er die Messer in Brusthöhe.

„Halt! Wer seid Ihr? Der Rote Wald ist Eigentum des valanischen Königshauses. Zutritt ist nur mit einer schriftlichen Erlaubnis des Königs oder eines Vertreters gestattet. Ich bin der Wildhüter dieses Gebietes und mir liegt eine solche Erlaubnis für zwei Wanderer nicht vor.“

Die beiden jungen Männer schienen völlig unbeeindruckt von seinem entschlossenen Auftreten zu sein. Der Grünthaler lehnte sich seufzend gegen den Größeren in der verschlissenen Schwarzgardistenuniform und erwiderte müde: „Bitte sag mir, dass die Wildhüter in deinem Land freundlicher sind als in meinem. Wenn ich heute noch einmal um mein Leben fürchten, kämpfen oder rennen muss, überlege ich mir ernsthaft, den ersten Höllensöldner meines Lebens anzurufen.“

Höllensöldner? Ilan konnte nicht fassen, was er da von dem Grünthaler hörte. Hatte er etwa einen Schwarzmagier gefasst, der Böses vorhatte? Vielleicht stand der Gardist sogar unter seinem Einfluss? Das würde sein Auftreten erklären. Besorgt warf er einen Blick zu Kara hinauf, der das Geschehen von einem Ast in der Nähe beobachtete. Da legte der Valaner seinen Arm um den Grünthaler. „Das wird sicher nicht nötig sein. Dieser Mann hält nur Unbefugte von seinem Gebiet fern. Hör Wildhüter, keine Sorge, wir … wir sind im Auftrag des Tempels hier. Wir mussten uns nur beeilen und konnten nicht auf das Ausstellen der Erlaubnis warten.“

„Dann zeigt mir wenigstens ein Schreiben des Oberen!“, befahl Ilan skeptisch und verengte seine Augen zu Schlitzen. Die Messer hielt er immer noch vor der Brust. Was sollte diese lahme Ausrede? Dachte der Gardist, er sei ein Narr, den man einfach belügen konnte?

Der merkwürdige Valaner sprach wie ein Edelmann und kam ihm jetzt außerdem seltsam bekannt vor. Doch es wollte ihm nicht einfallen, woher er diesen Mann kannte. Was trieb ein Edelmann in einem solchen Aufzug so weit ab der üblichen Routen? Etwas Ungutes geschah hier gerade, da war sich Ilan sicher. Aufmerksam straffte er seinen Oberkörper.

„Nennt mir Euren Namen. Ich brauche immer noch eine schriftliche Erlaubnis, sonst lasse ich Euch nicht passieren. Ihr da tragt die Uniform der Schwarzen Garde und doch seht Ihr darin wie ein Bettler aus. Erklärt Euch!“ Ilan sprach die Worte mit Nachdruck. So sehr seine Uniform auch beschädigt war, konnte Ilan dennoch die Beutel für die Wurfsterne, die der Kettenwerfer am Gürtel trug, sehr genau erkennen. Darin befanden sich gefährliche Waffen. Immer mehr Unbehagen stieg in ihm auf.

„Der Grünthaler ist Jan... Hannes! Hannes aus Thalweiler. Und bitte, redet in seiner Sprache. Er beherrscht inzwischen zwar etwas Valanisch, aber den Dialekt vom Sumpf, den Ihr sprecht, versteht er mit Sicherheit nicht. Ich bin ...“

Ilan zuckte zusammen. Dieser Mann ... der Valaner ... das war ...

„Oh, ich weiß jetzt, wer Ihr seid!“, rief er aufgebracht, trat einen Schritt zurück und nahm die Messer zur Seite. Schnell steckte er sie in ihre Halterung. Fast wäre er vor Schreck über seine eigenen Füße gestolpert. Dieser junge Mann vor ihm ... das Gesicht, die Art, wie er redete, die Gesten, ohne Zweifel, das war ... „Der Prinz! Ihr seid Prinz Talin, der Sohn des Königs“, stotterte er und vergaß vor lauter Aufregung, sich zu verbeugen.

Für einen Moment herrschte Stille.

Der Grünthaler war bei der Erwähnung des Namens zusammengezuckt, der Prinz stand regungslos da, nicht ein Muskel in seinem Gesicht bewegte sich. Plötzlich begann er zu lachen. „Ach, solche Verwechslungen passieren mir ständig. Ich sehe dem Prinzen wohl sehr ähnlich, aber Ihr irrt euch. Ich bin ... “

„Nein! Ich irre mich nicht!“ Ilan trat wieder einen Schritt nach vorne. Er war fast so groß wie der Prinz und blickte ihm in die Augen, bevor er sich tief verbeugte. „Ihr seid es eindeutig, Hoheit. Im letzten Herbst war ich zu meiner Vereidigung auf der Burg und habe Euch gesehen. Ihr selbst habt uns neue Wildhüter doch vereidigt. Ihr mögt eine lange Reise hinter Euch haben, aber ich erkenne Euch. Ihr seid es!“

Wieder schüttelte der Mann den Kopf und klappte den Mund auf, als wolle er etwas sagen. Im gleichen Moment kam Kara angeflogen und setzte sich auf Ilans Schulter.

„Der Rabe ... das ist dein Rabe ...“  Für einen Augenblick starrte der Prinz ungläubig zu Kara. Ilan freute sich. Ja, er erkannte seinen Freund eindeutig.

„Ja, genau“, rief er erfreut. „Ihr habt Kara das Leben gerettet. Wisst Ihr noch? Er wäre fast getötet worden und Ihr habt es verhindert. Wir stehen für immer in Eurer Schuld. Wie könnte ich das jemals vergessen.“

Seufzend fuhr der Prinz sich mit einer Hand über das Gesicht. Jetzt wirkte er nervös und nachdenklich. Er sah seinen Reisegefährten an und nickte langsam.

Leise sagte er: „Ja, ich erinnere mich an dich, Waldhüter. Da waren diese Jungen, sie haben deinen Raben gequält und wollten ihn töten. Was für eine Schande für unser Land. Wölfe und Raben sind Freunde. Aber deine Dankbarkeit hat mich damals beschämt. Ich habe nur die Jungen verjagt, sonst nichts und du bist vor mir auf die Knie gefallen. Du sagst, du stehst dafür in meiner Schuld?“

„Ja, mein Prinz, ich stehe für immer in Eurer Schuld.“ Die schreckliche Szene vor Augen rieb er seine Wange an Karas Federn. Es war ihm, als würde es in diesem Moment geschehen, so lebendig waren die Erinnerungen.

 

Er sah seinen gefiederten Freund, wie er hilflos auf dem Boden saß, die brutalen Jungen standen im Kreis um ihn herum. „Tanz! Tanz du blöder Vogel“, riefen sie und warfen Steine nach ihm, damit er ausweichen musste. Sie standen so nah, dass Kara nicht wegfliegen konnte. Immer mehr Steine flogen. So schnell er konnte, rannte Ilan auf die Gruppe zu, aber Prinz Talin war schneller. Er und seine Männer waren gerade aus der Burg gekommen. Beherzt griff er sich den Größten der Unholde und packte ihn am Kragen. Schnell erkannten die anderen, wer ihr gemeines Spiel störte und rannten davon. Ilan hatte Kara vom Boden gehoben und war vor dem Prinzen auf die Knie gefallen. Bei den Geistern, er würde diesem Mann für immer dankbar sein.

„Nun, Wildhüter, wenn du glaubst, in meiner Schuld zu stehen, dann hör zu. Der Grünthaler und ich brauchen deine Hilfe. Dringend! Wirst du sie uns gewähren?“

„Jederzeit, mein Prinz.“ Ilan verbeugte sich erneut.

Prinz Talin schien zu überlegen. „Wie ist dein Name und wem unterstehst du?“, fragte er schließlich.

„Ich bin Ilan vom Sumpf, Hoheit. Ich unterstehe dem Königshaus. Der Wildhüter, der mich ausgebildet hat, war schon alt, er ist im letzten Winter gestorben. Jetzt wache ich alleine, über den Roten Wald und den Sumpf.“

„Gut, Ilan vom Sumpf. Diese Angelegenheit ist zu wichtig. Schwör mir die Treue!“

Ilan stutzte. Warum sprach der Prinz plötzlich so eindringlich und wie sah er eigentlich aus? Ilan fand keine Antworten.

„Natürlich“, beeilte er sich zu antworten. Er ließ Kara wieder auf den Baum fliegen und hielt sich eine Hand an die Brust. „Prinz Talin von Valan, ich schwöre Euch meine Treue.“ Ilan war sich sicher, er hatte das schon anlässlich des Vorfalls auf dem Burgplatz getan. Aber wenn der Prinz es verlangte ...

Und doch fragte er sich erneut, was hier vor sich ging. Auf der Burg hatte der Prinz so beeindruckend und gelassen gewirkt. Was war nur geschehen, dass er hier mit einem Grünthaler unterwegs war? Der blonde Junge hatte sich etwas abseits gestellt und betrachtete die Szene skeptisch.

Wieder wirkte der Prinz nachdenklich, bevor er sprach. „Nun dann ... Ilan, wir müssen unbedingt unentdeckt bleiben. Verstehst du?“

Nein, Ilan verstand nicht, aber er nickte.

„Gut. Mein Begleiter ... sein wahrer Name ist Jannis und er ist ... er ist mein Gefährte. Wir sind auf dem Weg zur Rabeninsel und wir brauchen jemanden, dem wir vertrauen können.“

„Ihr könnte mir vollkommen vertrauen, Hoheit. Ihr habt das Leben meines besten Freundes gerettet und die Krone gibt mir eine Aufgabe und zahlt meinen Lebensunterhalt. Ich stehe in Eurer Schuld.“

Ilan betrachtete den Jungen, den Prinz Talin nun als Jannis vorgestellt hatte. Er war selbst erst zweiundzwanzig, aber der Grünthaler schien noch etwas jünger zu sein. neunzehn, zwanzig vielleicht? In normaler Kleidung und gewaschen war er sicher ein hübscher Kerl. Blaue Augen, feine Gesichtszüge und halblanges, helles Haar machten ihn zu einer auffälligen Erscheinung in Valan. Ilan wunderte sich nicht, dass der Prinz Gefallen an ihm gefunden hatte. Aber ihn gleich zu seinem Gefährten zu erklären und eine Reise mit ihm zu unternehmen, schien ihm etwas übertrieben. Doch warum sollte der Prinz lügen? Ergeben nickte er dem jungen Mann zu.

„Ihr seid der Gefährte des Prinzen ... dann gilt meine Treue auch Euch. Auch Ihr könnte mir vertrauen.“

„Nicht doch!“, rief Jannis sofort und wehrte mit der Hand ab. „Ich bin ein einfacher Jungheiler. Bitte verbeug dich doch nicht vor mir. Und sprich nicht so förmlich mit uns.“

„Wie du wünschst, Jungheiler Jannis. Aber der Prinz ...“, wollte Ilan gerade entgegnen. „Der Prinz ist der gleichen Meinung wie sein Gefährte. Wir brauchen jetzt einen Freund, keinen Untertan. Lass die förmliche Ansprache und die Verbeugungen. Ich bin nur noch Talin. Der Prinz ist auf der Burg geblieben, die ich vor vielen Monaten verlassen habe.“

Ilan war sich nicht sicher, ob er ein Mitglied der königlichen Familie beim Namen nennen konnte, nickte aber.

„Was ... was führt Euch hier her, Hoheit? Ich dachte, Ihr seid mit Eurem Vater auf einer Reise durch das Land? Ihr seht nicht aus, als hättet Ihr ein Gefolge dabei?“

„Nicht so förmlich“, stöhnte der Prinz und lehnte sich gegen den Baum, auf dem Kara saß und alles aufmerksam beobachtete.

„Ilan, ich verspreche dir, wir erzählen dir alles, was du wissen musst. Aber sag, hast du etwas zu essen für uns? Ein Kaninchen? Ein Rebhuhn, irgendetwas? Wir nehmen auch Haferbrei. Und wenn du ein dünneres Hemd für Jannis hättest, wären wir dir sehr verbunden. Er hat seines zerrissen ... nein, ich habe es ihm zerrissen, aber das ist eine andere Geschichte.“ Er seufzte und schloss für einen Moment die Augen.

Ilan nickte, aber das Ganze ergab immer noch keinen Sinn für ihn. „Natürlich. Mein Haus liegt nicht weit von hier im Wald und gestern habe ich gute Beute gemacht. Es ist genug für alle da. Folgt mir.“

„Dich schicken uns die Geister des Lichts, Ilan.“ Der Prinz klang wirklich erleichtert und Ilan freute sich, Hilfe anbieten zu können.

Der Grünthaler Heiler lächelte zaghaft, so als wäre er unsicher, ob Ilan wirklich zu trauen sei. Dann rückte er seine Tasche zurecht und machte sich auf ihm zu folgen. Im Vorbeigehen strich er dem Prinzen über den Rücken.

Ilan schritt voran. Ab und zu blickte er über seine Schulter und schüttelte fast unmerklich den Kopf über die vertrauten Worte und Gesten, die er sah. Dieser Junge war also tatsächlich der Gefährte des Prinzen? Sonderbar.

 

Ilan eilte mit schnellem Schritt immer tiefer in den Roten Wald. Vorbei an all den sonderbaren Pflanzen, die es nur hier gab. In der Mittagssonne schimmerten sie wunderbar in unterschiedlichen Rottönen. Vom zarten Rosa, das die Blätter der großen Bäume zierte, bis zu dem dunklen Violett einiger Pilze am Wegesrand waren alle Schattierungen dabei. Er schnupperte. Obwohl ihm der Rote Wald so vertraut war, war sein einzigartiger Geruch immer noch etwas, das ihm auffiel. Anders, als der moosige und modrige Geruch in anderen Wäldern, roch es hier süßlich wie auf einer Blumenwiese.

Immer weiter lief er und wunderte sich, als Kara plötzlich von seiner Schulter flatterte. Wie ungewöhnlich. Erstaunt blickte Ilan ihm nach. Wenn sie unterwegs waren, blieb der Rabe sonst lieber in seiner Nähe, anstatt alleine zu fliegen. Nun, er wollte sich wohl ihre Gäste betrachten, denn inzwischen saß er auf Jannis Schulter.

Gedankenverloren strich Ilan sich eine Strähne seines braunen Haares aus dem Gesicht. Ganz bewusst hatte er es auf einer Seite recht kurz geschoren, damit es ihm bei der Jagd nicht vor die Augen fiel. Die andere Seite war kinnlang und aus demselben Grund mit einigen kleinen Zöpfen versehen. Ab und an löste sich einer der Zöpfe, aber das störte ihn nicht.

Während er vor den anderen in Richtung seiner Unterkunft schritt, dachte er über die Veränderung nach, die der Prinz in den zurückliegenden Monaten durchgemacht hatte. Noch im letzten Sommer war er ein auffällig schöner Valaner gewesen. Er war auch jetzt noch ein gut aussehender Kerl, aber er war wohl schon lange unterwegs und die Reise hatte ihm zugesetzt.

Ilan nahm an, solche Äußerlichkeiten waren für einen Prinzen von Bedeutung. Er selbst bemerkte sie wohl, aber sie hatten keine Bedeutung für ihn. Würde ihn sein Weg nicht ab und zu in ein Dorf und dort in ein Wirtshaus führen, Ilan hätte nicht einmal gewusst, dass er für andere Valaner schön anzusehen war und ihm ständig Frauen und Männer zuzwinkerten.

Oh, er sei ja so gut aussehend und sein Haar sei ja so besonders. Dabei war es nur ein wenig heller als das Haar der meisten seiner Landsleute. Vielleicht hatte er einen Grünthaler in seiner Ahnenlinie. Und sein Gesicht wäre angeblich schön. Ilan verdrehte die Augen, wenn er nur an solche Komplimente dachte. Er war Wildhüter, kein Prinz! Einer seiner Liebhaber sagte ihm einmal, er hätte wunderschöne braune Augen und lange Wimpern. Solche Reden, die Schmeicheleien, all das war Ilan nur lästig.

Oft sah er für Monate keine anderen Valaner und war froh darüber.

Jedes Mal wenn er sich in einem fremden Bett wiederfand, erschreckten ihn die Forderungen seiner Bettgenossen, die sich an ihre Komplimente anschlossen. Warum wollten sie ihm nach nur einer Nacht ständig nah sein? Mädchen schickten ihm Nachrichten mit einer Taube, Jungen besuchten ihn im Wald. Bei den Dämonen, er wohnte doch nicht umsonst alleine in einer verlassenen Gegend! Wenn er Besuch von sehnsüchtigen Liebhabern zu schätzen wüsste, würde er in einem der Dörfer leben. Wieso dachte er ausgerechnet heute daran, überlegte Ilan und drehte sich nach Kara und dem Grünthaler um.

Sie betrachteten sich gerade mit gegenseitiger Neugier und Jannis schien sich an dem schwarzen Vogel mit dem glänzenden Gefieder zu erfreuen. Sein königlicher Gefährte flüsterte ihm etwas ins Ohr, worüber er lachen musste.

Ilan schüttelte den Kopf. Wie lange die beiden wohl schon zusammen unterwegs waren? Und immer noch konnten sie sich gegenseitig aushalten? Was für eine Merkwürdigkeit, dachte er verwundert.

Prüfend betrachtete er den Pfad, der sich vor ihm durch den Wald schlängelte. Jetzt war es nicht mehr weit. Nur noch an dem Fressbeerenstrauch vorbei und dann ein kleines Stück geradeaus.

Gedenkenverloren lief Ilan weiter. Was er wollte, wenn er ab und an ins Dorf schlich, war ein anderer Körper, an und unter seinem, der sich so lange gut anfühlte. So lange bis Ilan einen Höhepunkt hatte und flüchtete. Wenn er Zeit mit einem Wesen verbringen wollte, das er aufrichtig liebte, dann blieb er zu Hause bei Kara.

Der kleine Grünthaler schien ja kein schlechter Kerl zu sein und doch ... der Prinz hatte so viel Zeit mit ihm verbracht, dass sich das Band der Gefährten aufbauen konnte? Ilan achtete kaum noch auf den Pfad und war froh, den Wald so gut zu kennen. Er hätte seinen Weg auch blind gefunden, da war er sich sicher. Seine Gedanken beschäftigten ihn unentwegt.

Das Band zwischen Gefährten war unauflösbar. Alle Valaner trugen diese Anlagen in sich und man konnte sich nicht gegen eine solche Verbindung wehren. Alleine der Gedanke, mit einem anderen Menschen so eng verbunden zu sein, ließ seine Glieder unruhig zucken.

 

Schließlich erreichten sie eine kleine Lichtung. Rostrote Büsche und hohe, leuchtend rote Bäume rahmten sie ein. Ilan blieb stehen, um auf seine Begleiter zu warten. Er stemmte die Hände in die Hüften und betrachtete zufrieden sein Haus. Zuerst war es nur eine kleine Hütte gewesen, aber er hatte mit den Jahren ein Haus aus Stein und Lehm daraus gebaut. Die Farbe der Blätter hatte das Dach und selbst den Schornstein, schnell rot gefärbt. Hinter dem Haus gab es sogar einen kleinen Kräutergarten, direkt neben dem Brunnen. Sie hatten nur einen Wohnraum, eine Schlafkammer und den angebauten Schuppen. Aber es war gemütlich und es gab alles, was man brauchte. Es ist ein richtiges Zuhause für Kara und mich geworden, dachte Ilan und musste lächeln.

Plötzlich verengte er die Augen. Stand da eines der Fenster offen? Ilan war sich sicher, dass am Morgen alle Fenster fest verschlossen waren.

Langsam näherte er sich, öffnete vorsichtig die Tür und erschrak. Sein Kopf zuckte zurück, als er in das Innere des Hauses blickte. Stühle waren umgeworfen, die Schubladen der hölzernen Kommode waren achtlos herausgezogen worden und ihr Inhalt verteilte sich über dem Fußboden. Sein weniger Besitz lag überall verstreut. Sogar im gemauerten Ofen hatte jemand herumgestochert. Die Asche bedeckte den schönen Schaukelstuhl, den er vor einiger Zeit getischlert hatte.

Seufzend lehnte sich Ilan gegen den Türrahmen und schüttelte den Kopf. Schon wieder. Schon zum vierten Mal in diesem Monat kam er nach einem Tag im Wald in sein verwüstetes Haus zurück. Wer tat so etwas?

Kapitel 2: Ilan

 

„Vielleicht galt dieser Einbruch uns? Was meinst du, Jannis? Es wäre möglich, dass uns jemand unbemerkt seit den Todessteinen gefolgt ist?“ Der Prinz zögerte noch das Haus zu betreten und spähte skeptisch in die Stube. Aber Ilan war längst dabei, aufzuräumen.

„Nein Pr... Talin, es ist nicht das erste Mal, dass so etwas geschieht. Diese Einbrüche haben schon vor zwei Monaten begonnen“, erklärte er und steckte die letzte Schublade zurück in die Kommode. „Immer wenn Kara und ich den Tag im Wald verbringen, passiert es. Gerade so, als würde jemand nur darauf warten, bis das Haus leer ist. Nicht wahr, Kara?“ Sein gefiederter Freund gab einen zustimmenden Laut von sich.

„Das bedeutet, dieser Jemand beobachtet dein Haus. Fehlt denn etwas nach den Einbrüchen?“ Der Prinz hatte die Arme vor der Brust verschränkt.

Ilan war gerade dabei die letzte Asche vom Boden zu fegen und lachte, bei dem Gedanken, jemand würde ihm etwas stehlen wollen. „Es fehlt nie etwas. Was sollte man hier auch mitnehmen wollen? Meinen Bogen, meine Messer, alles, was wertvoll für mich ist, nehme ich mit in den Wald.“

Schließlich war alles aufgeräumt, der Schaukelstuhl gesäubert und Ilan konnte beginnen, das Fleisch zu braten, das er aus dem Schuppen geholt hatte. Er stellte den Holzteller neben die Feuerstelle und gab etwas Öl in einen großen Topf. Ein paar Kräuter fehlten noch. Er nahm einen ganzen Bund vom Regal und warf sie in das brutzelnde Öl. Schon erfüllte ein angenehmer Duft den ganzen Raum.

Ganz selbstverständlich hüpfte Kara auf den Teller und begann, Stücke aus dem rohen Kaninchen zu picken. Ilan strich ihm eine Weile über das glänzende Gefieder und redete leise mit ihm. Kara gab kleine Laute zur Antwort, so wie er es immer tat, wenn sie sich unterhielten. Plötzlich erinnerte sich Ilan an seine Gäste und mit einem Mal war ihm sein Verhalten peinlich. Er zog seine Hand von Karas Federkleid zurück. Aus den Augenwinkeln sah er die fragenden Blicke der beiden, die in diesem Augenblick ihre Stiefel auszogen. Menschen waren so anstrengend, immer wollten sie für alles Erklärungen. Ilan seufzte und begann das Kaninchen zu braten.

Endlich war alles fertig. Er stellte das Essen auf den Tisch und zeigte auf die Stühle.

„Kara ist es gewohnt mit mir zusammen zu essen. Ich kann die Stelle, an der er gepickt hat, abschneiden, wenn es euch stört.“ Er setzte sich zu seinen Gästen und deutete auf das Kaninchen.

Jannis schüttelte den Kopf. „Vielen Dank für alles, Ilan. Und mach dir keine Sorgen, wir haben unser Brot wochenlang mit den Ratten geteilt, wir teilen auch unser Fleisch mit einem Raben.“

Jannis hatte es freundlich gemeint, Ilan verstand das. Aber es machte ihn trotzdem wütend, wenn jemand Kara mit einer Ratte verglich. In all den langen Abenden, die er friedlich nur mit seinem Freund verbrachte, hatte er fast vergessen, warum er die Menschen mied. Sie wussten immer alles besser und fühlten sich erhaben über die Tiere, mehr noch: über alle anderen Wesen. Wo sie doch in Wahrheit die Schwächsten waren, Wolfswandler, Heiler, oder was auch immer. Jetzt flatterte Kara auf den Tisch und lief freudig von einem zum anderen.

„Nicht“, rief Ilan und machte eine Handbewegung, um den Raben zu verscheuchen. Sofort tat es ihm leid, dass er mit seinem Freund geschimpft hatte. „Kara, flieg vom Tisch! Wir beide essen später zusammen. Lass unsere Gäste in Ruhe!“ Sein schwarzer Vogelfreund blieb vor Jannis stehen und öffnete den Schnabel. „Kara“, zischte Ilan jetzt drohender als zuvor.

„Schon gut, schimpf nicht mit ihm. Er ist doch nur hungrig“, sagte Jannis kopfschüttelnd und steckte dem Raben ein Stück Fleisch in den Schnabel. Schlagartig verbesserte sich Ilans Laune. Der junge Heiler schien doch nicht so übel.

Der Prinz betrachtete Kara neugierig. „Der Schwarze ist wohl schon lange dein Freund?“

„Seit vielen Jahren.“ Ilan sah auf die dunkle Tischplatte und überlegte wie viel er von sich preisgeben sollte. Nun, die beiden Männer waren in Not und schienen ihm vertrauensvoll. Immerhin war einer von ihnen ein Prinz und der würde seine Geschichte ohnehin gleich vergessen. Sicher hatte er Wichtigeres im Kopf. Ja, bei diesen beiden war seine Vergangenheit sicher. Ilan räusperte sich. „Ich komme aus einem der Dörfer am westlichen Rand des Sumpfes.“

„Oh nein ... aber das Fieber ...“, fiel ihm der Prinz ins Wort und ließ die Kaninchenkeule sinken. Entsetzt starrte er Ilan an.

„Ja, die Dörfer am westlichen Sumpf sind Dörfer der Geister geworden. Das Fieber hat sie alle getötet. Meine Familie, Eltern, Geschwister, meine Freunde, fast das ganze Dorf. Ich gehörte zu den Wenigen, die immun gegen das Fieber waren.“

Talin nickte mitfühlend und Ilan überlegte, ob er wirklich ... auch den Rest preisgeben sollte. Aber etwas in ihm wollte sich heute mitteilen und ... er wollte seinen Gästen erklären, warum er sein Essen mit Freude mit Kara teilte. Jederzeit.

„Das Fieber tobte schon eine ganze Weile. Sie hatten eine Krankenstation auf dem Marktplatz eingerichtet und wir warteten alle hoffnungsvoll auf Hilfe. Eines Morgens bin ich aufgewacht und durchs Dorf gelaufen. Dort wo am Tag zuvor noch die Kranken aufgebahrt waren, regte sich nichts mehr. Dann fiel mir auf ... ich war ganz alleine unter all den Toten. Eine ganze Weile konnte ich mich nicht mehr bewegen, so ... furchtbar war der Anblick. Und dann ... dann wollte ich mich dazulegen. Zu meiner Familie und meinen Freunden. Aber dazu hatte ich nicht den Mut. Als mir meine Beine endlich wieder gehorchten, da ... ich bin einfach weggelaufen. Ich bin so lange gelaufen, bis ich im Roten Wald angekommen war. Ich dachte, dort wird mich der Tod schon finden und mit meiner Familie zusammenbringen. Ich war doch erst zwölf Jahre alt und kannte keinen Ort, zu dem ich sonst hätte gehen können. Am Ende habe ich mich einfach auf einen Stein gesetzt und gewartet. Ganz alleine mit all den schlimmen Gedanken. Aber es kam kein Geist aus der Welt des Lichts und holte mich. Stattdessen hörte ich ein leises Piepsen unter einem Baum, den in der Nacht der Blitz getroffen hatte. Das Rabenpaar, das darin brütete, wurde getötet. Ihr Junges saß verletzt auf dem Waldboden und rief um sein Leben. Es war ... als würde das Küken nach mir rufen. Ich hob es auf und fütterte es mit Würmern, die es gierig verschlang. Ganz leicht lag es in meiner Hand und war noch fast nackt. So ein hässlicher kleiner Kerl. Aber er war stark und er hat überlebt. Da dachte ich, wenn der kleine Vogel mit seinem schmächtigen Körper, alles verloren hat und trotzdem so sehr leben will, dann kann ich das auch.“

Für einen Moment drehte Kara den Kopf zu ihm und nahm einen seiner Finger zärtlich in den Schnabel, dann ließ er sich wieder von Jannis mit Fleisch füttern. Ilan bemerkte, der Blick, mit dem Prinz Talin den Vogel auf dem Tisch betrachtete, hatte sich verändert.

„Kara, das ist ein passender Name für einen Raben.“ Er hielt Kara ebenfalls ein Stück Kaninchen vor den Schnabel.

Ilan bot seinem Freund den Arm an, damit er auf die Schulter laufen konnte. Kara würde noch Bauschmerzen bekommen, wenn die beiden ihn weiterhin so vollstopften. Sanft rieb der Rabe seinen Schnabel an Ilans Ohr, bis er lächeln musste.

„Mein hübscher Junge“, sagte er leise. Dann sah er das unterdrückte Grinsen seiner Gäste und erklärte: „So ist es zwischen uns. Ich bin eben mit ihm aufgewachsen. Kurz nachdem ich mich mit dreizehn zum ersten Mal verwandelt habe, wurde ich so oft wie möglich zum Wolf und bin mit Kara zusammen durch die Wälder gestreift. So ging das, bis vor zwei, drei Jahren. Erst als die Verwandlung schmerzhaft und anstrengend wurde, erst ... erst seit ich zwanzig wurde, machen wir diese Ausflüge seltener. Wisst ihr ... Nach der schrecklichen Zeit war ich zum ersten Mal wieder glücklich, wenn ich nur mit ihm zusammen im Wald sein konnte. Er ist frei seinem Willen zu folgen. Er kann wegfliegen, wenn er möchte. Aber er bleibt bei mir. Nun ... er ist auf mich geprägt.“ Ilan lächelte Kara an, der seinen gefiederten Kopf an seiner Wange rieb. Ilan war unsicher, war es denn richtig gewesen all das zu erzählen? Er war Menschen nicht gewöhnt. Sicher fanden ihn seine Gäste albern. Aber auch wenn sein Leben anders war als ihres, er war ein glücklicher Mann und dankbar für alles, was er besaß.

 

Da! Ein lautes Rumpeln aus der Schlafkammer schreckte Ilan auf und seine Gäste zuckten zusammen. Sofort griff der Prinz nach seinen Wurfsternen. Jannis hatte schnell ein langes Messer in der Hand, das wohl unter seinem Hemd versteckt gewesen war.

„Sagtest du nicht, sie kommen nur, wenn du nicht im Haus bist? Es ist heller Tag“, flüsterte Talin und stand vorsichtig vom Tisch auf.

Ilan war zuerst bei der Tür zur Schlafkammer. Seine beiden langen Jagdmesser in den Händen, öffnete er die Tür vorsichtig einen Spalt breit mit dem Ellbogen. Zuerst sah er eine riesige Federwolke, die sich über seinem Bett gebildet hatte und zuckte mit dem Kopf zurück. Was war das? Oh nein, jemand hatte das teure Federkissen und die Decke zerstört. Der Windhauch, der durch das zerbrochene Fenster blies, ließ die Federwolke immer weiter anwachsen. Ilan beugte sich erneut vorsichtig vor und spähte durch den Spalt in der Tür. Seine Gäste standen dicht hinter ihm.

„Schaut“, flüsterte Jannis plötzlich. „Schaut, auf der Kleidertruhe sitzt etwas.“

Und tatsächlich, durch all die Federn war auf der Kleidertruhe eine Gestalt erkennbar, die wütend am Deckel der Truhe kratzte. Große Klauen, wie die eines Adlers bearbeiteten das Holz. Durch die herumwirbelnden Federn war der Körper eines großen weißen Vogels zu erkennen, der entfernt an einen der valanischen Raubvögel erinnerte, aber so weiß wie ein Schwan war. Immer wieder flatterte das Tier aufgeregt mit den Flügeln. Es drehte sich herum und sah den Spähern in die Augen. Ilan konnte nicht fassen, was dort auf seiner Truhe hockte. Das war doch nicht möglich.

Vor ihm saß kein normales Tier. Der Kopf des Vogels war der einer menschlichen Frau. Oder war es ein Junge mit langen Haaren? Es war nicht auszumachen. Leuchtend blaue Augen starrten aus einem blassen Gesicht zu den Beobachtern hin. Den Kopf bedeckte langes, weißes Haar, das bis weit über den Vogelrücken reichte. Die Kreatur hatte aufgehört am Truhendeckel zu kratzen und bewegte den Kopf ruckartig wie ein Vogel hin und her. Sie schien ihre Flucht zu planen, ständig starrte sie zwischen dem zerbrochenen Fenster und den drei Männern hin und her.

„Eine Rei“, flüsterte Jannis aufgeregt.

„Bist du sicher?“ Der Prinz klang nicht überzeugt.

„Das kann nicht sein“, bemerkte Ilan so leise wie möglich. Vorsichtig schloss er die Tür. Unsicher blickte er von Talin und Jannis zu Kara, der sich inzwischen auf seine Schulter gesetzt hatte.

„Wisst ihr denn nicht, was eine Rei ist? Eine Rei ist ein Zwischenwesen, das alle Welten bewohnt und sie mühelos durchfliegen kann. Sie reisen frei durch die Höllen, unsere Welt und die Welt des Lichts. Den Bewohnern dieser Welt zeigt sie sich nur in ihrer Todesstunde. Dann, wenn wir selbst die Welten wechseln. Was will so ein Wesen in meiner Schlafkammer und warum ist sie so wütend auf mein Kissen? Meint ihr ... “, er konnte kaum weitersprechen, so schrecklich war die Frage. „Meint ihr, dies ... ist unsere Todesstunde?“

Jannis schüttelte den Kopf. „Ach was. Sie bringt keine Todesbotschaft. Sie sucht etwas, da bin ich ganz sicher. Hast du nicht gesehen, wie verzweifelt sie an der Truhe gekratzt hat? Ilan, was kannst du nur in diesem Haus haben, das für ein Zwischenwesen von Bedeutung ist?“

Ilan zuckte erleichtert mit den Schultern. „Absolut gar nichts hier ist für so ein Wesen interessant. Außer sie sammelt Jagdmesser oder gut geschnitzte Bögen. Die überlasse ich ihr gerne, wenn sie dafür nicht weiter meine Einrichtung zerstört.“

„Was soll sie denn damit anfangen?“, fragte der Prinz missbilligend. „Sie sucht etwas, was für sie persönlich von Wert ist. Ich wusste nicht einmal, dass Reis Besitz haben, den sie verlieren können. Streifen sie nicht frei durch alle Welten? Sie haben Zauberkraft, oder?“

„Ja, haben sie“, bestätigte Jannis. „Aber man kann sie nicht anrufen. Sie gehorchen niemandem, folgen keinem Herren. Sie haben kein Interesse an den Geistern des Lichts. Die Dämonen und wir Bewohner dieser Welt sind ihnen auch egal. Sie treten auch niemals alleine auf, sondern ziehen in großen Schwärmen durch die Welten.“

„Was?“ Ilan war entsetzt über das, was er hörte. Sie traten in großen Schwärmen auf? Auf keinen Fall wollte er noch mehr dieser Kreaturen in seinem Haus haben. „Was tun wir jetzt? Ich nehme an, man kann sie nicht einfach verjagen?“, fragte er in Jannis’ Richtung. Der Heiler war offensichtlich belesen.

„Eine Rei kann man nicht verjagen, ganz recht. Sie ist so stark wie alle Männer aus Valan und Grünthal zusammen und ihre Zauberkraft ist enorm. Wir können froh sein, dass sie sich nicht um andere Wesen scheren. Aber ich fürchte, wenn sie hier etwas sucht, das ihr gehört, wird sie immer wieder kommen, bis sie es gefunden hat.“

Seufzend lehnte sich Ilan an die Wand. „Aber ich weiß doch nicht, was sie hier sucht. Bei den Geistern ... ich will einfach nur meine Ruhe haben.“

„Kraaaahh, Kraaah, Kraaaaahhh“, Kara begann laut zu schreien und mit dem Schnabel gegen die Tür zu hämmern. Er setzt sich auf die Klinke, die sich jedoch nur leicht nach unten bewegte.

„Ich glaube, er will in die Kammer“, bemerkte der Prinz.

„Kara nicht. Du kannst dort nicht hinein. Noch lässt die Rei uns in Ruhe, aber wer weiß, was sie tut, wenn sie sich gestört fühlt.“

Aber sein Freund gab nicht auf. Immer heftiger hackte er gegen die Tür, kleine Holzsplitter flogen durch die Luft. Sein Geschrei wurde ohrenbetäubend.

„Bei den Dämonen, lass den Vogel in die Kammer!“, befahl der Prinz ungehalten und hielt sich die Ohren zu.

„Au!“, rief Ilan. Kara war auf seine Schulter geflattert und hatte ihn in den Kopf gepickt. Ilan rieb mit der Hand über die Stelle. Es tat richtig weh. „Du irrer Vogel, was willst du nur von einem Zwischenwesen?“ Mit der Hand wollte er den Raben von seiner Schulter vertreiben. Reichte es denn nicht, dass sie Gäste hatten und sich ein eigenartiges Wesen in seiner Schlafkammer befand? Warum musste Kara ausgerechnet jetzt so aufsässig werden? Na, das war ja im Grunde recht oft, dachte Ilan und versuchte den Vogel noch einmal zu verscheuchen. Aber Kara krallte sich tief in sein Fleisch und pickte ihn noch einmal auf den Kopf. Dann bearbeitete er erneut die Tür und vergaß dabei nicht laut zu schreien.

„Kraaahh, Kraahhh, Krahh!“

Ilan gab sich geschlagen und öffnete die Tür gerade so weit, dass Kara hindurch fliegen konnte. Mit zitternder Stimme sagte er: „Er ist ein schlauer Junge, er weiß schon was er tut.“ Zumindest hoffte er es.

Ängstlich spähte er durch den Spalt in der Tür. Kara saß inzwischen auf der Kleidertruhe, direkt vor der Rei. Er gab kleine Plauderlaute von sich. Das weiße Zwischenwesen streckte den Menschenkopf wie ein Vogel nach vorne und schien zu lauschen. Als Kara verstummte, öffnete es den Mund. Scharfe Reißzähne wurden sichtbar. Eine Folge von merkwürdigen Klick- und Gurrlauten kamen nun aus dem Mund der Rei. Ilan fühlte ein dumpfes Gefühl der Angst in seinem Körper. Karas Schwanz wippte aufgeregt auf und ab, er hatte den Kopf zur Seite geneigt. Die eigenartige Unterhaltung endete damit, dass Kara aus dem Fenster flog und im Wald verschwand.

Aufgeregt rannte Ilan zur Tür und um das Haus herum. Bei dem zerbrochenen Fenster schaute er in den Wald und rief laut: „Kara! Kara? Wo bist du. Komm zurück!“

„Ilan, beruhig dich doch. Du hast gesehen, dass er sich mit der Rei unterhalten hat. Bestimmt wird ihm nichts geschehen.“ Beschwichtigend sprach Jannis auf ihn ein. Aber Ilan wollte sich nicht beruhigen. Der Prinz hatte immer noch seinen Wurfstern in der Hand und suchte die Umgebung mit den Augen ab.

„Was redest du, Grünthaler? Woher willst du wissen, dass ihm nichts geschieht?“, rief Ilan verzweifelt. „Mein Junge, mein Kleiner ... wenn ihm etwas passiert, dann..“ Wütend starrte er durch das Fenster. Die Rei saß ganz still auf der Truhe und schaute sie mit ihren unnatürlich blauen Augen an. Nur das weiße Haar wehte im Luftzug. Sie schien auf etwas zu warten.

„Jannis, lass gut sein. Ilan sorgt sich nur um seinen Freund. Ich wäre auch aufgeregt, wenn du nach einer Unterhaltung mit so einem Wesen einfach im Wald verschwindest“, sagte der Prinz und strich seinem Gefährten über den Rücken.

Nur einen Moment lang war Ilan dankbar verstanden zu werden, dann krochen Angst und Sorge wieder durch seinen Körper. Wo war Kara nur hingeflogen? Es war überhaupt nicht seine Art alleine Ausflüge zu unternehmen. Wenn sie zusammen im Wald unterwegs waren, kreiste der Rabe oft über seinem Kopf, aber wehe, Ilan verlor ihn aus den Augen. Dann begann Kara sofort mit einem fürchterlichen Geschrei, bis Ilan nach ihm rief.

 

Eine ganze Weile lief Ilan unruhig auf und ab, starrte immer wieder durch das rote Blattwerk nach oben. Und plötzlich war Kara wieder zu sehen. Lautlos segelte er durch die Baumkronen zu ihnen hinunter. In seinem Schnabel glänzten zwei kleine Gegenstände. Im Nu saß er wieder auf der Truhe und legte seine Beute vorsichtig vor die Rei. Ilan starrte wie gebannt durchs Fenster. Zwei winzige fast durchsichtige Eier lagen nun auf dem Truhendeckel. Wie Schmucksteine glitzerten sie im Licht des späten Nachmittags, das matt durch das Fenster fiel. Einen einzigen Klicklaut gab die Rei von sich. Dann steckte sie die Eier hastig unter ihre Flügel und verbeugte sich tief vor Kara.

„Bei den Höllendämonen, sie hat ihre Eier gesucht – Aber wieso hat sie in deinem Haus danach gesucht? Und wo hat dein gefiederter Freund sie gefunden?“ Jannis blickte verwunderte zu Ilan.

Ilan war zu verwirrt, um sich einen Reim auf diese sonderbare Angelegenheit machen zu können. „So gerne ich das wüsste, aber da Kara unsere Sprache nicht spricht, wird er es uns nicht erzählen können. Ich hoffe nur, die Rei ist jetzt zufrieden und lässt meinen Kara und meine Einrichtung in Zukunft in Ruhe.“

„Ich bin mir sicher, du musst ab jetzt nicht mehr so oft aufräumen, Ilan.“ Der Prinz verstaute seine Waffen. „Diese Rei hat das Einzige gesucht, was für sie von Wert war, ihre Eier. Und warum sie annahm, sie bei dir zu finden ... wer weiß. Auch Zwischenwesen scheinen bereit zu sein, für ihre Liebsten in den Kampf zu ziehen, selbst wenn es mit einem Federkissen ist“, ergänzte er grinsend.

Kara und die Rei schienen in eine Unterhaltung vertieft. Endlich hüpfte sie auf das Fensterbrett und breitete ihre Flügel aus. Ohne Ilan und seine Besucher eines Blickes zu würdigen erhob sie sich und löste sich scheinbar in Luft auf, noch bevor sie am Horizont verschwinden konnte. Kara hüpfte ebenfalls auf das Fensterbrett und dann auf Ilans Schulter.

„Mein Junge“, sagte er erleichtert und strich ihm über das Gefieder. „Mein hübscher Junge, ich hatte große Angst um dich. Du kannst dich doch nicht einfach mit fremden Wesen einlassen und irgendwohin verschwinden, wo ich dich nicht finden kann.“

Es war ihm egal, ob der königliche Besuch seine Worte hörte oder nicht. Die verzweifelte Rei, die auf der Suche nach ihren Liebsten sein Haus viele Male verwüstet hatte, konnte er gut verstehen. Er würde alle Welten durchwandern, um Kara zu suchen.

Kara hielt Ilans Ohr für einen Moment mit seinem Schnabel fest, dann breitete er die Flügel erneut aus. Schon flog er weit über die Baumkronen, bis er schließlich am Horizont verschwand. Entsetzt starrte Ilan ihm hinterher. Er hob seinen Arm und wollte nach ihm greifen. Doch sein Freund war längst nicht mehr zu sehen.

Kapitel 3: Ilan

 

„Mein Kopf tut weh“, stöhnte Ilan und griff erneut nach der Flasche mit Grünthaler Wein, die er für seine Gäste auf den Tisch gestellt hatte. „Wieso konnte Kara überhaupt mit dieser Rei reden und warum hat sie ihre Eier nicht wiederfinden können? Sind die Rei nicht magische Kreaturen?“

„Rei reden gewöhnlich nicht mit Menschen, nur mit Tieren“, erklärte Jannis. „Sie wahren das Gleichgewicht und scheren sich kaum um andere Wesen.“

„Sie hätte mit mir oder dem Prinzen reden können, in uns ist der Wolf. Das sollte genug Tier sein“, brummte Ilan. Sein Kopf fühlte sich schwer an.

„Ihr lebt den größten Teil eures Lebens als Menschen. Die Rei halten Menschen für die Störenfriede im natürlichen Gleichgewicht, weil sie schwächer sind als viele Tiere und sich trotzdem für die Herren der Länder halten.“

„Hm, ich fange an, diese Kreaturen zu mögen.“ Ilan seufzte und goss sich einen weiteren Becher Wein ein. „Wolltet ihr mir nicht eure Geschichte erzählen?“, fragte er seine Gäste, um sich von den düsteren Gedanken abzulenken. Wohin war Kara nur geflogen und warum war er noch nicht zurück? Der ganze verdammte Wein nützte nichts. Die Sorge um seinen Freund ließ sich einfach nicht ertränken.

„Ilan, kann ich deine Schlafkammer nutzen ... ich ... ich muss mich verwandeln“, bat der Prinz und sah zu Boden, als wäre ihm diese Bitte peinlich.

Ilan riss die Augen auf, vielleicht hatte er sich verhört oder vernebelte ihm der Wein doch schon den Kopf? Welcher Valaner verwandelte sich denn einfach, ohne Anlass? Sie feierten sicher kein Fest heute oder wollte der Prinz in der Nacht durch den Wald laufen? Nun, wer konnte schon ahnen, welche merkwürdigen Ideen in einem königlichen Kopf vor sich gingen. Der zierliche Heiler schien sich jedenfalls nicht zu wundern, daher wollte Ilan sich seine Verwunderung auch nicht anmerken lassen.

„Natürlich. Hier ist die Kammer.“ Er straffte seinen Oberkörper und zeigte mit der Hand auf die Tür neben dem gemauerten Ofen.

Als der Prinz verschwunden war, lehnte Ilan sich verwundert zu Jannis und flüsterte: „Es ist ein wenig merkwürdig sich einfach so zu verwandeln. Wir tun das selten ohne Anlass, wenn wir in Gesellschaft sind. Das ist etwas ... nur ganz junge Wölfe tun so etwas, um anzugeben.“ Ilan war auf die Antwort gespannt.

Jannis lächelte schüchtern. „Er hat keine Wahl. Komm Ilan, gieß mir noch einen Becher Wein ein, ich erzähle dir alles.“

Als Jannis nach einem weiteren Becher Wein seine Erzählung beendet hatte, starrte Ilan ihn ungläubig an. Was hatte er da gerade gehört? Man beschuldigte den Prinzen eines Mordes, hatte ihn dafür sogar mit dem bösen Wolfsfluch belegt. Von Kämpfen gegen Rachedämonen und verrückten Magiern hatte Jannis berichet. Und zuletzt waren die beiden für viele Wochen von Schwarzmagiern in einer Höhle eingesperrt worden? Kein Wunder, dass sie der Anblick eines Zwischenwesens in Ilans Schlafkammer nicht mehr sonderlich aufregte. Die Teile der Geschichte schwirrten in Ilans weinschwerem Kopf.

„Und nun?“, fragte Jannis vorsichtig. „Wirst du uns weiterhin helfen? Er ... Talin ist erschöpft, die Verwandlungen kosten ihn viel Kraft und ich kenne das Gebiet nicht. Wirst du uns durch diesen Wald und den Sumpf zur Rabeninsel bringen? Ich weiß, es ist viel velangt ...“

„Ja. Natürlich helfe ich euch. Ich sagte es schon, ich schulde dem Prinzen einen Gefallen. Kara ... er ist nicht nur mein Freund, er ist der einzige wirkliche Freund den ich habe und Talin hat sein Leben gerettet. Und außerdem … wenn je zwei Wanderer Hilfe brauchten, dann ihr beide.“

„Danke!“ Jannis flüsterte und berührte Ilans Oberarm leicht mit seiner Hand. Ohne den scharfen Blick des Prinzen in der Nähe mochte Ilan diese Berührungen. Der junge Heiler war wirklich ein guter Kerl. Was sagten sie über die Grünthaler? Sie galten alle als überaus schamhaft und alles war ihnen peinlich. Aber dieser Junge hat schnell gelernt, dachte Ilan anerkennend.

„Dann geh zu ihm, Jannis“ Ilan zwinkerte seinem Gast freundlich zu. Über der Erzählung hatte er für einen Moment seine eigenen Sorgen vergessen. „Er wartet bestimmt schon auf dich. Ich will meinem Prinzen morgen keine Fragen beantworten müssen. Ich bleibe hier und warte auf Kara, er kommt sicher bald zurück.“ Es lag mehr Hoffnung als Wissen in seinen Worten, dessen war er sich bewusst.

 

Seufzend setzte sich Ilan in den Schaukelstuhl am Kamin und starrte in die Flammen. Immer wieder strich er mit der Hand über die breite Armlehne des Stuhls und versuchte, das Gefühl der Leere herunterzuschlucken. Was, wenn Kara nie mehr zurückkäme? Schnell schüttelte er den Kopf. Etwas in ihm zog sich schmerzhaft zusammen. Das durfte nicht sein. Nein, das konnte einfach nicht sein.

Wie lange waren sie schon zusammen? Waren es schon zehn Jahre? Nicht eine ganze Nacht hatte er in den zehn Jahren ohne Kara verbracht. Selbst wenn die Lust so wild in ihm tobte, dass er nicht anders konnte, als sich in einem Dorf Befriedigung zu verschaffen, war er immer vor dem Morgengrauen zurück.

Auf den Prinzen und Jannis musste er verrückt wirken, dachte Ilan und presste die Lippen fest zusammen. Ein Mann, der sein Leben lieber mit einem Raben als mit einem Gefährten teilte. Wie sollten sie es auch verstehen? Sie konnten doch nicht wissen, dass Ilan keine Wahl hatte, dass er keinen menschlichen Gefährten haben durfte, sonst ... er beendete den Gedanken nicht. Es war ihm schon lange gleich. Er hatte Kara, der auf ihn geprägt war. Der Rabe war so lustig und munter und Ilan wollte mit niemandem sonst seine Zeit verbringen.

Immer wieder schlief Ilan vor Erschöpfung kurz ein, nur um gleich darauf wieder hochzuschrecken. Weit nach Mitternacht weckte ihn ein Klopfen aus seinem leichten Schlaf. Für einen Moment zuckte Freude durch seinen Körper, aber beim nächsten Klopfen hörte er enttäuscht, dass es nicht das Klopfen eines Schnabels auf Holz sein konnte.

„Bei den Höllen“, fluchte er und torkelte schlaftrunken, den Kopf schwer vom Wein, zur Tür. Im Vorbeigehen griff er sich eines der Messer, die auf dem Tisch lagen.

„Welcher Narr …“ Schimpfend riss er die Tür auf und traute seinen Augen nicht. Er hatte einen verwirrten Wanderer oder einen Betrunkenen aus dem Dorf erwartet. Aber wen er vor seiner Tür fand, war ein nackter Junge, nicht viel jünger als er selbst. Vielleicht neunzehn Jahre alt war der merkwürdige Besucher und fast so groß wie Ilan. Erschreckt schüttelte er den Kopf. Die schwarzen Haare fielen dem jungen Kerl in langen Wellen um den Kopf, über den Rücken, fast bis zur Hüfte. Schwarz-grün glänzten sie im hellen Mondlicht. In der Dunkelheit wirkten die Pupillen, die Ilan anstarrten, tiefschwarz. Unter all den Haaren war ein hübsches Gesicht mit feinen Gesichtszügen, großen, dunklen Augen mit langen Wimpern zu erahnen. Der junge Mann zitterte vor Kälte. Ilan verengte die Augen zu Schlitzen. Was sollte das? Was tat dieser komische Junge hier?

Langsam steckte er das Messer in seinen Gürtel und trat einen Schritt näher. Verdammt, wer war der Junge, er kam ihm merkwürdig bekannt vor. Verzweifelt suchte Ilan sein Gedächtnis nach diesem Gesicht ab. So ein zarter, feingliedriger Kerl könnte einer seiner Bettgenossen gewesen sein. Aber seit wann war es angebracht, mitten in der Nacht und unangekündigt andere Valaner zu besuchen? Und bei den Dämonen, warum war der Kerl nackt? War das hier vielleicht ein Spiel? Hatte er eine Wette verloren? Und vor allem: Hatte man ihm im Wirtshaus nicht gesagt, dass Ilan niemals jemanden in sein eigenes Bett ließ? Prüfend spähte Ilan in den Wald. Aber dort regte sich nichts. Der Junge war also alleine zu ihm gekommen.

„Aus welcher Taverne kennen wir uns und was willst du hier?“ Ilan konnte die Feindseligkeit nicht aus seiner Stimme filtern.

„Ilan“, sagte der schwarzhaarige Kerl leise und hob die Hände, als wolle er nach ihm greifen. Er klang erfreut und … merkwürdig krächzend.

„Ja, das ist mein Name. Aber deiner interessiert mich mehr“, schnaufte Ilan ungehalten. Es war eine der kühleren Sommernächte und hier im Wald konnte man ohne Kleidung auch in dieser Jahreszeit frieren. Ilan seufzte und trat einen Schritt zur Seite. Wenigstens würde der Fremde ihm nicht das Haus verwüsten. Waffen konnte er ja kaum versteckt haben. Ilan überlegte einen Moment. Dann seufzte er. Der da war wohl nur ein Verwirrter oder tatsächlich das Opfer einer Wette.