cover
Benjamin Spang

Helena - Eine Doppelmond-Novelle





BookRix GmbH & Co. KG
80331 München

Contents

Inhalt

 

Impressum

 

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

 

Lieber Leser

Danksagung

Weitere Bücher des Autors

Darf ich Sie kontaktieren?

Impressum


(c) 2016 Benjamin Spang, Am Franzschacht 4, 66299 Friedrichsthal


Email: kontakt@benjaminspang.de


Buchcover: Benjamin Spang
Lektorat: Nina C. Hasse


Viele weitere Infos über mich und meine Bücher:
www.doppelmondsaga.de

Snapchat: benjamin.spang
Twitter: @Doppelmond
Facebook: BenjaminSpang.Autor
Instagram: benjaminspang
Youtube: doppelmondsaga

HELENA


HELENA

1

1


"Die Augenbinde drückt auf meine Haare. Wann sind wir endlich da?", fragte eine der beiden Frauen. Vom Kutscher hörte man ein heiseres Husten, gefolgt von Spuckgeräuschen.

"Gestern Nacht, junge Dame, war ich dem Alkohol sehr zugetan", sagte er. Der Klang seiner Stimme bestätigte das mehr als deutlich. "Wenn ihr nicht kopfüber in den Seitengraben stürzen oder unter die Hufe meiner beiden Gäule geraten wollt, empfehle ich euch, dass ihr mich besser nicht ablenkt mit eurem Geschwafel."

Wieder hustete er und spuckte abermals das aus, was in seinem Hals nach oben rutschte.

Niemand antwortete. Anscheinend akzeptierten die Passagiere, dass die Fahrt erst vorbei sein würde, wenn sie angekommen waren. Auch Helena fiel es schwer, denn sie hatte Probleme mit der Augenbinde. Ihren kurzen blonden Haaren schadete sie nicht. Doch der Stoff scheuerte auf ihrer weichen Haut. Besonders auf ihren Ohren war es kaum auszuhalten. Jegliches Kratzen mit den Fingern brachte keinerlei Linderung, ganz im Gegenteil. Aber so waren die Regeln. Sie könnte sie jederzeit abziehen, aber das würde bedeuten, dass die Fahrt für sie zu Ende wäre. Dabei sollte man meinen, dass gerade diese Reise etwas Besonderes sein müsste, geprägt von Luxus und Komfort.

Angefangen bei dem Kutscher, der sie abgeholt hatte. Er sah nicht aus wie jemand, der auserwählte Schüler sicher von einem Ort zum nächsten bringen konnte. Verdammt, er sah noch nicht mal aus, als könnte man ihm einen Karren voller Schweinemist anvertrauen. Vom gesamten Erscheinungsbild her war er dem Schlag Mensch zuzuordnen, der dem Rest seiner Spezies einen Gefallen tat, wenn er seinen von Schweißausdünstungen umnebelten Körper innerhalb der eigenen vier Wände hielt. Sein Backenbart war stoppelig und wirkte, als hätte die Klinge seines Rasierhobels bei der Hälfte der Arbeit vor seinem pockennarbigen Gesicht kapituliert. Ebenso gaben sich seine fettigen Haare, die unter dem schwarzen Zylinder hervorkrochen, alle Mühe bei seinem ungepflegten Äußeren nicht aus der Rolle zu fallen. Das Nervigste an ihm jedoch war sein ständiges Zungenschnalzen. Helena dachte zuerst, er gäbe den Pferden damit Kommandos. Irgendwann aber war sie sicher, dass er nur versuchte, besonders hartnäckige Essensreste aus den Zähnen herauszupulen. Ein Schauer lief ihr den Rücken herunter, der ihr im Übrigen schon die gesamte Fahrt über schmerzte. Sie beugte sich vor, weg von dem harten Holz hinter ihr und ließ die Schultern kreisen, um sich ein wenig Entspannung zu verschaffen. Bei dieser Kutsche bestand definitiv Verbesserungspotenzial. Alleine das Wort Kutsche versprach schon zu viel. Es war eher ein alter Holzkarren, auf dessen Ladefläche man behelfsmäßig Sitzflächen in Form länglicher Bretter montiert hatte. Durch die Dauer des Ausflugs wurde das Sitzen zu einer wahren Herausforderung. Helena wunderte sich, dass die anderen Passagiere sich darüber noch nicht beklagt hatten. Hier und da hörte sie ein ungeduldiges Schnauben oder ein angespanntes Seufzen, mehr nicht. Dass ihr gegenüber zwei Frauen saßen wusste sie, seit der Kutscher sie zuhause abgeholt hatte. Kurz nach ihr stieg ein Mann dazu. Er fragte den Kutscher, wie lange die Fahrt dauere, bekam jedoch keine Antwort. Als er kurz darauf neben ihr Platz nahm, roch sie sein herbes Rasierwasser. Gesagt hatte er sonst nichts mehr, nur ein-, zweimal gehustet.

Je länger sie fuhren, desto mehr Zweifel hatte Helena, dass dieser Mistkerl von Kutscher sie zu ihrem Bestimmungsort bringen würde. Sie hatte eine Pistole unter seinem Mantel entdeckt, kurz bevor er ihr die Augenbinde aufzog.

Oder war dies die erste Prüfung? Ein erstes Aussortieren, bevor sie das Kloster erreichten?